Weißer Rose Regensturm von Chibara-sama ================================================================================ Kapitel 5: Sanfte Wolken Nieselregen ------------------------------------ Schweigend saß Konan neben ihrem Partner. Der Wind riss an ihren Kleidern, doch es störte sie nicht. Ganz untypisch saß der Leader nicht auf seinem gewohnten Platz, sondern mit ihr unter einem Dach auf einem Steinquader. „Pain?“ „Hm?“, machte er und wandte sich ihr zu. Einen Moment war er irritiert, denn sonst hatte er ihr bernsteinfarbenes Augenpaar nie so nah vor sich. Wozu hatten sie eigentlich immer auf diesen gewissen räumlichen Abstand bestanden? Oder war nur er es gewesen, der Abstand gehalten hatte? „Wir müssen Acht geben, was wir Zetsu wissen lassen. Er trägt seine Informationen auch zu Madara.“ Konans Stimme war sehr leise, kaum mehr als ein Wispern, daher beugte sich der Leader unwillkürlich näher zu ihr. „Kein Zweifel?“, fragte er. Er war nicht überrascht, dass sie derartige Neuigkeiten hatte. Er hatte mit so etwas schon gerechnet, als seine Partnerin ihn bat, sie auf einen Rundgang zu begleiten. „Kein Zweifel.“, bestätigte sie und rückte unwillkürlich etwas näher an Pain heran, als sie den Beobachter spürte. Zetsu. Sie sah ihn nicht, doch war sie sich sicher, dass er da war. Doch nicht nur ein Augenpaar beobachtete sie. Irritiert wandte Itachi den Blick ab, denn ein seltsamer Stich durchzuckte ihn, als er Konan und ihren Partner so traut beieinander sitzen sah. War das etwa Eifersucht? Aber warum sollte er eifersüchtig sein? Seufzend strich er sich über die Augenbrauen. Er schalt sich einen Narren. War es wirklich nötig gewesen, sich ausgerechnet in Konan zu vergucken? Er machte sich über diesen Umstand nichts vor, und auch darüber nicht, wie aussichtslos das war. Konan liebte ihren Partner. Das sah sogar ein Blinder mit Krückstock. Innerlich schüttelte er den Kopf über sich selbst und wandte sich zum Gehen. Es würde ihm nicht gut tun, weiter hier stehen zu bleiben. Während Itachis Blick noch auf Pain und Konan ruhte, wurde er unbemerkt von Kisame beobachtet, der sich sehr zusammenreißen musste, um nicht laut aufzulachen. Es war aber auch zu komisch. Na, dich hat es aber ganz schön erwischt, was Itachi?, ging es Kisame durch den Kopf, als sein Partner davonschlich. Er freute sich schon auf den Eiertanz, den die Drei umeinander aufführen würden, wenn sie aufeinander trafen. Besonders was Konan dazu sagte, wollte er zu gern hören. Wahrscheinlich gar nichts, dachte der Haimann. Sie ist nicht gerade der Fan großer Worte. Kisame wischte sich über das Gesicht. Ein nervtötender Nieselregen hatte eingesetzt, der in Wolken vom Himmel fiel und unangenehm auf der Haut kitzelte. Der Regen trieb ihn dazu, seinen Posten zu verlassen und in Richtung Hauptquartier zu gehen. Der Leader und seine Partnerin waren wohl auf die gleich Idee gekommen, denn auf der Straße traf Kisame auf die Beiden. Er nutzte die Gelegenheit Konan einmal näher unter die Lupe zu nehmen. Also eines muss man Itachi lassen; einen exquisiten Geschmack hat er ja. Mit den blauen Haaren und den Bernsteinaugen ist sie ein ziemlicher Exot. Konan, die es offenbar nicht sonderlich mochte, wie ein seltener Vogel angestarrt zu werden, warf ihm einen ungnädigen Blick zu. Kisame musste grinsen, als er daran dachte, wie er neulich in ihr Zimmer gestolpert war. Sie war anscheinen eine von diesen Leuten, die sich immer von der Decke befreiten. Besonders lustig, wenn man nackt schlief und unerwarteten, morgendlichen Besuch bekam. Er musste zugeben, dass sie vielleicht etwas dünn war, aber sonst sehr hübsch aussah. Konan erriet offenbar seine Gedankengänge, denn sie verdrehte die Augen. So sieht sie noch nicht einmal Hidan oder Deidara an, wenn die beiden wieder große Reden schwingen. Das Ganze muss sie ja ziemlich aufkratzen, ging es ihm durch den Kopf. Kisame freute sich diebisch, dass es ihm gelungen war, Madame Eisklotz eine Reaktion des Unwillens zu entlocken. Er grinste noch breiter. Konan drehte den Kopf weg. Der Haimann lachte leise. „Ist etwas, Kisame?“, wollte der Leader wissen. „Nein, nichts.“ Der Haimann verbiss sich das weitere Gelächter, das ihm in der Kehle steckte, als er daran dachte, dass sich schon Itachis früherer Partner Orochimaru über Pains Unbeholfenheit in Liebesdingen lustig gemacht hatte. „Wenn man Konan frisst, springt der Leader hinterher und wird noch nicht einmal wissen, warum.“ Das waren die Worte dieses zumeist recht unangenehmen Zeitgenossen gewesen. Kisame gab ihm im Stillen recht. Im übertragenen Sinne. Konan spürte wieder einmal die Ausläufer von Kopfschmerzen. Am liebsten würde sie Kisame dieses Grinsen aus dem Gesicht wischen. Ihr Partner bekam nur die Hälfte dieser stummen Auseinandersetzung überhaupt mit. Außerdem hatte er andere Sorgen. Zwar waren Madara und Deidara an diesem Morgen aufgebrochen, doch der Uchiha hatte seinen Spitzel hier gelassen, und Pain wollte lieber vermeiden, dass Madara erfuhr, dass Konan seine Informationsquelle ausfindig gemacht hatte. Wie also konnte man Zetsu den Nachrichtenhahn zudrehen, ohne dass es auffiel? Eine schier unlösbare Aufgabe, denn bisher waren alle Aufklärungsmissionen an die Pflanze gegangen. Am einfachsten wäre es natürlich, den alten Uchiha zu töten, doch dazu bedurfte es eines Uchihas. Itachi? Ohne es zu merken, kaute Pain auf der Innenseite seiner Unterlippe und gab seinem Gesicht damit einen ergrimmten Ausdruck. Er konnte nicht einschätzen, in wie weit Itachi eingeweiht war und wie weit er gehen würde. Sollte er Konan nach ihrer Meinung fragen? Könnte sie vielleicht...? Energisch verdrängte er den Gedanken. Er war nicht bereit, seine Partnerin zu einer so erniedrigenden Aufgabe zu drängen. Der Leader spürte, wie seine Gedanken zum Ausgangspunkt zurückkehrten und anfingen, sich im Kreis zu drehen. Er kam hier eindeutig keinen Nanometer voran. Es war zum Schreien. Er wusste, warum er Politik noch nie gemocht hatte. Konan konnte das besser als er. Er würde sie wohl doch um diesen Dienst bitten müssen. Pain knirschte mit den Zähnen. In mäßigem Erstaunen legte Konan das Buch aus der Hand, als sie das Klopfen an der Tür hörte. Sie sah hoch, und ihr Partner schlüpfte in den Raum. Sie stand auf. „Hast du einen Moment Zeit?“ Konan zog eine Augenbraue in die Höhe und deutete auf die Kissen, die vor ihrem niedrigen Schreibtisch verstreut lagen. „Natürlich.“ Sie setzten sich einander gegenüber. „Hast du über Zetsu nachgedacht?“, wollte er wissen. „Madara ist die Wurzel.“, sagte sie knapp. „Zetsu ist an sich unwichtig.“ „Was machen wir mit dem Uchiha?“ „Das gleiche wie mit Hanzou Salamander.“ Ihre Stimme klang kalt. „Ich habe an Itachi gedacht.“, sagte der Leader. Konan strich sich eine Haarsträhne aus den Augen. „Weißt du, ob er eine solche Aufgabe annehmen würde?“ „Nein. Könntest du das herausfinden?“ Nun legte seine Partnerin gänzlich die Stirn in Falten. Sie wusste, worum er sie gerade bat. Und sie wusste, dass er es nicht gern tat. „Wie bald brauchst du die Informationen?“ „So bald wie möglich, bevor Madara Wind von der Sache bekommt.“ Konan maß ihren Partner mit einem prüfenden Blick. „Ich beeile mich.“, versprach sie und griff nach seinen Handgelenken. „Aber lass mich dabei in Ruhe. Ich will später nichts davon hören.“ „Danke.“ Konan zog ihre Hände zurück und sah ihrem Partner zu, wie er den Raum verließ. Nachdenklich starrte sie auf die Tür, die sich hinter ihm schloss. Zuerst würde sie Kisame beschäftigen müssen. Am besten mit irgendetwas Langwierigem, wie ein Meer mit einem löchrigen Eimer auszuschöpfen. Eher ziellos streifte Konan durch das Hauptquartier und versuchte, ihre Gedanken zu ordnen. Ohne es zu bemerken, fing sie an treppauf treppab in einer unregelmäßigen Schleife im Kreis zu gehen, durch dieselben Flure zu streifen, bis sie abrupt inne hielt, denn das weiche Rascheln von Stoff drang an ihre Ohren. Sie drehte sich um. „Konan?“ Itachi war aus seinem Zimmer getreten, nachdem sie zum wiederholten Mal an seiner Tür vorbeigekommen war. „Ja?“ Ihre Stimme klang entfernt. Der Uchiha trat ein paar Schritte näher und maß ihre Miene mit durchdringendem Blick. „Ist etwas?“ Er sah ihre Aufgewühltheit. „Nein.“, log sie, konnte jedoch nicht einmal sich selbst überzeugen. „Doch.“, korrigierte sie, als sie begriff, dass es sinnlos war, es herauszuzögern. „Ich muss mit dir reden.“ Mit unbewegter Miene bedeutete er ihr, einzutreten. „Madara?“, fragte Itachi, als er die Tür hinter ihr geschlossen hatte. Sie drehte sich zu ihm herum. Dicht standen sie voreinander. „Ja.“ „Der Leader will ihn tot sehen?“ Es war mehr eine Aussage denn eine Frage. „Und er will, dass ich das für ihn tue.“ Konan nickte. Was sollte sie auch anderes tun? Ein langes Schweigen breitete sich aus, das zwischen anderen Menschen wohl als unangenehm gegolten hätte, doch sie empfanden es eher als einvernehmlich. Sie erwischte sich dabei, wie sie den Uchiha und Pain miteinander verglich, und erwischte ihn, wie er seinen Blick auf ihr ruhen ließ. Unwillkürlich fragte sie sich, was in seinem Kopf vorging. „Was sagst du?“, brach Konan schließlich das Schweigen. Er wandte sich ab. „Ich will keine weiteren Mitglieder meines Clans töten.“ Aus einem plötzlichen Impuls heraus, griff sie nach seinen Händen und zog ihn näher zu sich heran. „Überleg dir das gut.“ Auf einmal wirkte er niedergeschlagen. Dämonen der Vergangenheit. „Diesen Satz habe ich schon früher gehört.“ Seine Stimme klang leise und melancholisch. „Tut mir leid.“ Er schwieg eine Weile. „Ich nehme den Auftrag an.“ Konan fühlte Erleichterung in sich hochkochen. Sie schaute ihn durchdringend an. „Kann ich etwas für dich tun? Du siehst müde aus.“ Ihre Frage kam spontan und aus einer eigenartigen Regung heraus. Itachi zog sie zu sich heran, legte seine Stirn an die ihre und schloss für einen Moment die Augen. „Bleib hier.“ Konan erschrak über diese Bitte, denn durch sie würde ihr klar, dass er mehr für sie empfand, als gut für sie beide war. Doch sie schlug sie ihm nicht aus. Was sie zu der Frage brachte, was sie wirklich wollte? Itachi oder Nagato? Oder keinen von Beiden? Sie saßen nebeneinander auf dem Sofa und hatten beide mehr von sich erzählt, als sie eigentlich gewollt hatten. Irgendwann, nach einer langen Periode des Schweigens, war Itachi eingeschlafen. Sein Kopf lehnte an Konans Schulter, während sie geistesabwesend in die Flamme der herunterbrennenden Kerze starrte. Ihre Papiertechniken brachten es mit sich, dass sie kein ungezähmtes Feuer mochte. Die Domäne der Uchihas. Es war gut, wenn Itachi diese Sache ausräumen konnte. Konans Blick streifte sein Gesicht. Er hatte eine eigenartige Wirkung. Mit leisen Worten hatte sie berichtet, welche Erinnerungen sie heimsuchten. Er hatte es ihr nachgetan. Untypisch für sie beide. Bleib hier. Der Satz hing wie eine Wolke im Raum und sorgte dafür, dass Konan Itachi nicht einfach zur Seite schob und ging, sondern sitzen blieb, bis sich die Schläfrigkeit durchsetzte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)