Canis Lupus von Avialle ================================================================================ Kapitel 15: ------------ Unwillkürlich krallten sich Ayu als auch Takehiko mit ihren Händen im Fell der Weißen fest, jegliche Skrupel vergessend. Anders würden sie sich nicht auf dem Rücken des Tieres halten können. Taka selbst blieb davon vollkommen unbeeindruckt und lief stur weiter. Hindernisse wie Wälder oder auch ein Dorf, dass sie unter anderen Umständen umrundet hätte, wurden von ihr schlichtweg überflogen. Das Einzige, was ihre Reiterinnen gemeinsam hatten, waren ihre schmerzenden Hände. Ansonsten dachten sie an komplett verschiedene Dinge. Takehiko kam nicht umhin, die Wölfin zu bewundern und auch stolz darauf zu sein, auf dieser zu sitzen – und das auf dem Weg zu ihrem Herrn! Das würde ihrer Laufbahn sicher einen ordentlichen Schub nach oben verpassen! Oder sollte sie ihr Glück doch nicht weiter herausfordern, sondern sich einen Mann suchen? Mit diesem Erfolg hatte sie bestimmt Chancen auf eine gute Partie… Und müsste kein weiteres Mal einen solchen Auftrag durchstehen! Die zweite Inu dachte indes über anderes nach. Sie war auf dem Weg zurück zum Schloss der Inus. Und dieses Mal nicht im Auftrag ihrer Mutter, sondern weil sie… Ja, was wollte sie dort überhaupt? Als aller erstes musste sie mit Ayame reden! Die war bestimmt stocksauer auf sie… Nicht minder wichtig war aber auch Sesshomaru. Nicht nur, dass sie mit ihm sprechen musste, wenn sie bei den Hunden bleiben wollte, da gab es noch andere ‚Kleinigkeiten‘ zu klären… Davor graute es ihr sogar noch mehr als vor der Wut ihrer alten Freundin. Was sollte sie nur tun, wenn er ablehnend reagieren würde? Denn eines musste sie sich eingestehen: Er bedeutete ihr etwas und eine Zurückweisung würde sie nur schwer verkraften können. Unwillkürlich schmiegte sie sich noch mehr an den Körper ihrer Mutter an. Wenigstens auf ihre Familie war Verlass. Egal was kommen würde, sie hatte einen Ort, zu dem sie immer zurückkehren konnte. Obwohl sie sich hauptsächlich darauf konzentrierte, zügig voranzukommen, grübelte auch Taka ein wenig nach. An sich war sie mit dem Vertrag zufrieden, ihr waren nur ein paar Formulierungen zu schwammig. Weit bedeutender und auch der Grund, warum sie ihren Wald verließ, war Ayumi. Hoffentlich tat sie das richtige… Tief in sich hinein horchend stellte sie fest, dass sie ein gutes Gefühl bei der Sache hatte. So als ob sich bald alles klären würde. Ob sie etwas beitragen konnte? Immerhin war ihr alter Freund sehr sparsam gewesen mit dem, was er ihr und ihrem Gatten verriet… Nun, in naher Zukunft würde sie wissen, was die Götter noch für sie bereithielten! Letztendlich brauchten die drei Damen nur die Hälfte der üblichen Reisezeit und nach etwas mehr als einem Tag kam das Schloss des westlichen Herrschers in ihr Blickfeld. Von Takas Rücken aus waren zwei Seufzer zu hören, denn beiden Hündinnen schmerzte der gesamte Körper. Wer hätte gedacht, dass reiten so anstrengend sein konnte… Und das Skurrile an der ganzen Nummer war, dass es ihnen wohl schlechter als der Wölfin ging, denn deren Atmung hatte sich nur geringfügig erhöht und auch sonst zeigte sie kein Anzeichen von Erschöpfung. Aufregung machte sich in Ayu breit und auch Nervosität. Nicht mehr lange und sie würde sich gewissen Personen stellen müssen. Wie man wohl überhaupt auf die Reisegruppe reagieren würde? Ein Blick nach hinten zeigte ihr, dass auch Takehiko etwas angespannt zu sein schien. Ayus Ziehmutter machte keinerlei Anstalten langsamer zu werden und stürmte weiter auf das Anwesen, oder besser gesagt die dazugehörige Mauer samt geschlossenem Tor, zu. Hoffentlich verstand das niemand falsch! Was sollte das überhaupt werden?! Auf der Mauer indes hatten die Wachen bemerkt, dass sich ihnen etwas oder jemand mit hoher Geschwindigkeit näherte. Augenblicklich kam Bewegung in die Männer und einige legten die Hand bereits auf den Knauf ihrer Waffen, bereit diese sofort zu ziehen, sollte dies ein Angriff sein. Nur wer war schon so dumm und griff alleine dieses Schloss an? Auf dem Hof hinter der Mauer wurde es auch unruhig und wer dort stand, drehte den Kopf hoch zu den Wachen und rätselte, was diesen Aufruhr verursachte. Unter jenen Personen waren auch Ayame und Kisho, die sich gerade über ein paar unverfängliche Dinge unterhalten hatten. Jetzt aber wurde beider Blicke besorgt. „Was da wohl los ist?“, äußerte die Wölfin ihrer beider Gedanken laut und erntete ein Schulterzucken als Antwort. Etwas Ernstes konnte es nicht sein, sonst würden die Soldaten längst Alarm schlagen… Während all dies vorging, war Taka immer näher gekommen und in ihren Augen blitzte der Schalk auf, denn ihr entging nicht, welche Wirkung ihr Auftauchen bei den Hunden hatte. Das waren Momente, in denen sie ihr altes Leben vermisste, wenn sie irgendwo etwas Unruhe stiften konnte. Den Ernst dieser Situation hatte sie aber keineswegs vergessen, dennoch wollte sie die Hunde noch etwas necken. Ihr erster Auftritt nach so vielen Jahren im selbst gewählten Exil sollte denen immerhin in Erinnerung bleiben! Ohne wirkliche Anstrengung erhob sie sich in die Luft und schoss einfach über das Tor hinweg, kam erst auf der Mitte des Hofes wieder auf den Boden auf und dort auch abrupt zu stehen. Dass ihre Reiter bei dieser Aktion nicht von ihr runter geschleudert wurden, war dabei ein kleines Wunder. Auf ihrem Rücken richtete sich Ayu auf: „Kami, musste das sein?!“ Ihre Mutter brummte nur: „Ich bin kein Gott, sondern deine Mutter!“ Ayame, deren Kinnlade Richtung Boden gegangen war, als sie Taka erkannte, wurde durch die lautstarke Beschwerde Ayus und der Antwort darauf aus ihrer Starre gerissen. Die Soldaten wussten nicht recht, was sie tun sollten, aber die Tendenz schien eindeutig in Richtung angreifen zu gehen. Daher rief die jüngere Wölfin laut: „Lasst die Waffen unten, das ist Taka, die Alpha der Silberwölfe!“ Hinter Ayu richtete sich eine zweite Frauengestalt auf, die von allen sofort als Takehiko erkannt wurde. Erst jetzt ließen alle von ihren Waffen ab und Ayame lief dicht gefolgt von Kisho zu der Weißen hin, die anderen auf dem Hof hielten doch lieber Sicherheitsabstand. Zeitgleich kletterten die zwei Frauen von Takas Rücken, und während die grün gekleidete nur etwas die Hände bewegte, hatte Ayu überhaupt kein Problem damit, sich mitten auf dem Hof ausgiebig zu strecken und sich die schmerzenden Glieder zu reiben. Eine Bewegung links von den beiden ließ sie den Kopf zu Taka drehen, deren Körper sich verformte. Augenblicklich hielt Ayu in ihrer Bewegung inne. Träumte sie oder was war hier los?! Ihre Mutter nahm gerade nicht wirklich… Doch, sie tat es! Nach wenigen Sekunden hatte sich Taka zum ersten Mal seit einigen Jahrhunderten wieder in ihre menschliche Gestalt verwandelt. War bis eben noch getuschelt worden, so war es nun so still, das man eine Nadel hätte fallen hören. Allen Anwesenden war das Bild der Wölfin nur zu bekannt und genau so, wie sie der Zeichner abgebildet hatte, stand sie nun mitten unter ihnen. Eine Hand stemmte Taka in die Hüfte und sah sich um: „Hier hat sich ja einiges getan, aber nicht nur zum Besseren…“ Ihre weißen Augen fixierten Kisho, „Lange her.“ Der Mann brachte ein abgehacktes Nicken zustande. Dass sie sich noch an ihn erinnern konnte, dabei war er niemand von großer Bedeutung und hatte auch nie direkt mit ihr zu tun gehabt… Keiner von den Jüngeren wusste so recht, was er jetzt machen sollte – was auch nicht nötig war, denn Taka hatte längst für alle entschieden. „Also Kinderchen, dann wollen wir mal zu Sesshomaru gehen!“ Zielstrebig, immerhin kannte sie sich hier noch von früher aus, schritt sie voran und mit ein wenig Verzögerung folgten die drei Inus gemeinsam mit Ayame. Mit gehörigem Abstand hinter Taka gingen Kisho und Takehiko, danach Ayame und Ayu bildete das Schlusslicht. Sie traute sich einfach nicht, neben ihrer Freundin zu gehen. Das musste Ayu auch nicht, denn ihr früherer Schützling ließ sich neben sie fallen und strich ihr mit einer Hand über den Arm: „Schön, dass du wieder da bist. Ich habe mir echt Sorgen um dich gemacht.“ Ungläubig weiteten sich die Augen der Hündin und sie starrte die andere Frau an. Ayame war nicht wütend auf sie?! „Du…“ Schon hatte Ayame eine Hand erhoben und bedeutete Ayu so, still zu sein. „Nein, ich bin dir nicht böse. Ich kann es sogar verstehen. Also ja, ich weiß es. Die Kleider von Taka stehen dir übrigens.“ Jetzt war Ayu egal, wo sie sich befanden, sie blieb einfach stehen und zog Ayame in eine feste Umarmung, „Danke!“ Nur kurz hielten sie sich so, ehe sie sich voneinander lösten und Ayame ihrer Freundin zunickte, ihr somit zeigte, dass sie hinter ihr stand, egal was noch geschehen würde. Wenig später durfte Kisho feststellen, von wem Ayu ihre direkte Art hatte. Taka hatte das Arbeitszimmer des Fürsten erreicht und schob kurzerhand die Tür auf und trat unaufgefordert ein. Sesshomaru, der über einigen Berichten brütete, sah auf – die gerade noch wegen der Störung eisigen Augen weiteten sich ungläubig, als er sah, WER da einfach so rein spaziert kam. Warum hatte man ihn nicht informiert, dass die Alte auf dem Weg zu ihm war? Was tat sie überhaupt hier? Das war absolut untypisch für Taka! Hinter dieser traten jetzt auch ihre vier Verfolger ein und Ayu schloss die Tür, was ihr sofort die Aufmerksamkeit des Silberhaarigen einbrachte. Die zweite Überraschung an diesem Tag! Sie wohlbehalten und offensichtlich bei bester Gesundheit wieder zu sehen war ungemein beruhigend für ihn. Fragte sich nur, was zum Henker sie da trug. Nur warum wich sie seinem Blick aus? Sobald er die Möglichkeit hatte, musste er ein Gespräch unter vier Augen mit ihr suchen und daran würde ihn auch Taka nicht hindern! Besagter war nicht entgangen, dass der Fürst ihre Tochter im Blick hatte und sie für ihn in den Hintergrund gerückt war, daher räusperte sie sich vernehmlich. Damit hatte sie umgehend die Aufmerksamkeit aller Anwesenden. „Bringen wir’s schnell hinter uns, ich muss zurück zum Rudel. Punkt eins, etwas am Vertrag nachbessern. Einwände? Nein? Sehr gut.“ Nach dieser einseitigen Unterhaltung rührte sich niemand, alle warteten auf die Reaktion des Herrn des Westens. Mit einem Nicken gab dieser sein Einverständnis. Ayu und Ayame hielten sich ebenso wie Kisho im Hintergrund, während sich Taka und Takehiko gegenüber von Sesshomaru niederließen. Letztere der Frauen holte den Vertrag heraus und es folgte eine recht kurze Unterhaltung, in denen die Formulierungen verändert wurden. Danach durfte sich Takehiko zurückziehen, um ungestört die endgültige Version zu Papier zu bringen. Die im Raum zurückgebliebenen blickten alle auf Taka, die sich erhoben hatte und ans Fenster getreten war. Irgendetwas hatte sie noch vor, dessen waren sich alle bewusst „Ich vermute, die hier Anwesenden würden alle gerne wissen, wie es dazu kam, dass Ayu meine Tochter wurde.“ Damit schloss sie auch Kisho ein, wusste sie doch von ihrer Tochter, dass dieser ebenso großes Interesse daran hatte wie alle anderen auch. Und er hatte unter Taro gedient, konnte so vielleicht etwas dazu beitragen, alles zu entwirren. Jeder der hier saß sollte erfahren, was auch sie wusste. Sich an die Geschehnisse vor zweihundertzehn Jahren erinnernd schloss die einstige Kriegerin die Augen, rief sich alles ins Gedächtnis, um es möglichst Wort für Wort wiedergeben zu können… Ein Sturm tobte über dem Wald, in dem sie mit ihrem Rudel lebte. Bereits seit Stunden war der Himmel wolkenverhangen und ließ keinen einzigen Sonnenstrahl auf die Erde treffen geschweige denn den Mond oder die Sterne erkennen. Das gesamte Rudel hatte sich in die Höhlen zurückgezogen, sich auf ihren Schlafstätten zusammen gekauert und jeder der konnte, schmiegte sich an seinen Mitbewohner. Der Wind pfiff draußen durch die Bäume und drinnen kuschelten sich Welpen an ihre Eltern, kannten sie dieses Geräusch doch nicht und waren von der Naturgewalt die draußen tobte eingeschüchtert. Zu jenen Müttern, an deren Bauch ihr Nachwuchs lag, gehörte auch Taka. Keinen Tag alt waren die zwei Jungen, die sich an ihr wärmten. Ihr Gefährte lag seitlich zu ihr, dem Höhleneingang den Rücken zugewandt und schirmte die noch so empfindlichen Kleinen von dem kalten Wind ab, der regelmäßig hereinwehte. Mitten während des Sturmes hatte ihr Nachwuchs auf die Welt gewollt und außer dem stolzen Elternpaar wusste noch niemand von dem neusten Zuwachs im Rudel. Die eisblauen Augen des Leitwolfes wanderten abermals von seiner Gattin zu ihren jüngsten Sprösslingen. Für das Mädchen hatten sie längst einen Namen, doch für dessen Bruder noch nicht. „Kyo, und das ist mein letzter Vorschlag.“ Seine bessere Hälfte schnaubte nur: „Besser als die anderen. Dann soll er Kyo heißen.“ Ihre Blicke trafen sich und er erkannte, dass ihre schlechte Laune lediglich daher rührte, dass sie von der Geburt müde war und nicht über Namen diskutieren wollte. Wie eigentlich bei jedem Wurf, daher beschwerte sich Meiyo nicht. Ein den beiden nur zu bekannter Geruch wurde herangetragen und beider Köpfe wurden von ihren Pfoten erhoben. Meiyo brachte sich in eine sitzende Position. „Riechst du das auch?“ Eine bestätigende Kopfbewegung folgte, „Bei dem Wetter? So verrückt kann selbst Taro nicht sein!“ Gespannt lagen ihre Blicke auf dem Höhleneingang. Nach ein paar Minuten des Wartens trat eine schemenhafte Gestalt in ihr Blickfeld, die sich umso näher sie kam tatsächlich als Herr der Hunde entpuppte. Wie bei dem Unwetter nicht anders zu erwarten war er zügig unterwegs und trat hastig ein, beide Arme um irgendwas geschlungen, das in seinem Fell versteckt war. „Holla, was führt dich hier her? Hättest ruhig Sonnenschein mitbringen können!“ Gerade hatte Taro aber keinen Nerv für den Humor seiner alten Verbündeten, sein Gesicht blieb ernst. Außerdem besah er es auch als überflüssig darauf hinzuweisen, dass es mitten in der Nacht war. Das Wolfspaar wechselte einen Blick. Bei allem Vertrauen, Meiyo war nicht wohl dabei, irgendjemanden in die Nähe seiner Welpen zu lassen. Ein kurzes Blickduell zwischen den frischgebackenen Eltern und er gab sich, wie so oft, geschlagen. Damit auch der Fürst des Westens es etwas bequemer hatte, schob sich der graue Wolf hinter seine Gattin, blieb aber sitzen. Die Wölfin selbst bewegte sich nur etwas und schirmte ihre Jungen mit den Hinterbeinen und ihrem Schwanz ab, während Taro das stumme Angebot annahm und sich auf die so frei gewordene Stelle setzte. „Entschuldigt dass ich einfach so herein platze. Es ist sehr wichtig“, die goldenen Seen sahen von Taka zu deren Jungen und ein kleines Lächeln war auf seinen Lippen zu erkennen. „Man darf also gratulieren.“ Meiyo knurrte leise: „Warum bist du hier?“ Das Misstrauen ihres Gatten überging Taka ebenso, wie es der Fürst tat. „Wenn ich dir gegen die Drachen helfen soll, das kannst du vergessen.“ Abwehrend hielt der Inu eine Hand hoch, „Nein, nicht deswegen bin ich hier. Aber du hast recht, ich benötige deine Hilfe. Eure Hilfe.“ Bei den letzten zwei Worten trafen sich die Blicke der beiden Männer. Der Blauäugige senkte die Schnauze etwas: „Unsere?“ Eine direkte Antwort bekam er nicht, stattdessen löste Taro seinen Griff um was auch immer und schälte es aus seinem Fell hervor. Die Wölfe waren beide überrascht, als sie erkannten, was ihr Besucher dabei hatte. Beider Nasen bebten, versuchten mehr in Erfahrung zu bringen… Die Leitwölfin sprach als Erste wieder, „Die Kleine riecht nach Feuer und Rauch.“ „Sie ist Weise. Ihre Eltern kamen vor wenigen Stunden ums Leben.“ Wachsam zuckten Meiyos Ohren: „Was hat das mit uns zu tun?“ Der Fürst antwortete fest und ohne zu zögern, „Es wird Krieg geben, ich brauche einen Ort, an dem sie in Sicherheit ist. Und nein, ich kann sie nicht zu mir aufs Schloss nehmen, es gibt keine geeignete Amme dort. Wenn ich eine Alternative hätte, wäre ich nicht hier, Meiyo“, vorsichtig wurde das Mädchen auf den Boden gebettet und Taro legte seine nun freien Hände auf seine Oberschenkel. Was dann folgte, brannte sich der Wölfin auf ewig ins Gedächtnis. Der unbestritten mächtigste Youkai Japans verbeugte sich. „Ich bitte euch, nehmt sie auf und kümmert euch um sie. Eigentlich dachte ich daran, dass eine deiner Wölfinnen sie nehmen kann, denn eine hat immer Junge, aber unter diesen Umständen… Nirgends wäre sie in besseren Händen.“ Zum wiederholten Male wechselte das Paar Blicke, tauschte sich stumm aus. Niemals hätten sie damit gerechnet, dass sie Taro einmal um so etwas bitten würde. Und dann auch noch so? Wer konnte da Nein sagen? Dennoch, irgendetwas musste an der Sache faul sein, warum sonst sollte er zu ihnen kommen? Der Silberhaarige richtete sich wieder auf, „Niemand weiß, dass sie überlebt hat, geschweige denn, dass ich sie hierher gebracht habe. Ich möchte nur, dass sie sicher aufwachsen kann.“ „Wie stellst du dir das vor? Sie ist eine Inu!“, warf Meiyo ein. Schon allein die Tatsache, dass er nicht sofort ablehnte, war ein gutes Zeichen. „Ihr habt mein Wort, dass ich sie abholen werde, sobald dieser Krieg beendet ist. Von euch erwarte ich nur, dass ihr euch gut um sie kümmert und darauf vorbereitet.“ Wie als ob sie wüsste, dass es gerade um ihre Zukunft ging, begann sich das kleine Mädchen zu regen und gab leise Laute von sich. Etwas, dass die Wölfe nicht ignorieren konnten. Ein kleiner, hilfloser Welpe… Bei Taka meldete sich der ihr nur allzu bekannte Mutterinstinkt. „Sie ist schwach, hat lange nichts getrunken…“ Ihre weiße Schnauze schob sich näher an das kleine Bündel heran. Ihr Gatte hintendran wusste dieses Verhalten sehr wohl zu deuten, stellte aber ein anderes Problem fest: „Wenn sie hier leben soll, kann sie nicht in dieser Gestalt bleiben.“ „Ein Umstand, der sich ändern lässt. Also?“, erwartungsvoll wurde das Paar ins Auge gefasst. Ein kurzer Blickwechsel und beide senkten zur Zustimmung den Kopf. Taka fügte an: „Ich verspreche dir, ihr wird es an nichts Mangeln und wir werden sie wie eines unserer eigenen Kinder behandeln. Sie soll eine richtige Familie haben.“ „Ich danke euch beiden“, damit senkte auch der Fürst das Haupt und es war beschlossen. Blieb lediglich eine Sache zu erledigen, der er auch sogleich nachkam. Der InuYoukai schlug den Stoff beiseite und legte das Mädchen ganz frei. Er berührte ihre Haut und stellte fest, dass sie bereits etwas unterkühlt war. Es wurde aller höchste Zeit, dass sie Nahrung bekam und sich aufwärmen konnte! Darauf bedacht, sie nicht zu verletzen, legte er den Zeigefinger seiner rechten Hand auf die Stirn des Säuglings mit dem rotbraunen Haar und den kleinen, grauen Streifen auf den Wangen. Ihre smaragdgrünen Augen waren offen – und lagen auf der Schnauze ihrer neuen Mutter, so als ob sie schon wisse, was sie dieser zu verdanken hatte. Länger hielt diese Stille nicht, denn kaum, dass Taro begann, mit seinem Youki das Kind zu beeinflussen, winselte dieses auf und begann zu zappeln. Die Wölfin legte bei diesem Laut unwillkürlich die Ohren an, schon jetzt meldete sich ihr Instinkt, wollte die Kleine schützen. Dass all dies zu deren wohl geschah, musste sich Taka bewusst ins Gedächtnis rufen. Der kleine Körper verformte sich und nur wenig später wurde ein kleiner, brauner Welpe von Taro an den Bauch der Wölfin gelegt, so, dass die Kleine direkt an deren Gesäuge konnte. Noch ein paar Minuten verfolgten die drei Erwachsenen schweigend, wie die Kleine gierig trank und sich dann zwischen die zwei anderen Welpen fallen ließ, so als ob sie schon immer dazugehören würde. Zufrieden mit dem Erreichten stand Taro auf und ging auf den Ausgang zu. Auf halber Strecke blieb er aber stehen und drehte sich halb um. „Ach, noch etwas. Sie hat bereits einen Namen. Sie heißt Ayumi.“ Damit ging er endgültig. Dies waren die letzten Worte, die er an sie richten sollte, bevor er den Tod fand. Davon noch nichts ahnend beobachteten die Wölfe ihren Zuwachs. Meiyo ließ sich ganz zu Boden sinken und bettete den Kopf auf der Schulter seiner Gefährtin, sodass er ebenso wie sie die Welpen beobachten konnte. Leise brummte er: „Willkommen in der Familie, Ayu.“ . . . Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)