Rex von jonglicious (Sequel zu "Raptor") ================================================================================ Kapitel 2: 疑心 - Skepsis - ------------------------- Titel: Rex Autor: jonglicious Kapitel: O2 / ?? Genre: Horror, Drama, Humor Warnungen: AU!, OOC, Gewalt Rating: PG13 – NC17 Pairings: JongTae, Onkey A/N: Mjaaa, diesmal hats ein bisschen gedauert orz tut mir leid! Aber trotzdem .... ùwu Viel Spaß! --- 4 Monate nach der Hinrichtung Im Nachhinein betrachtet musste Jonghyun zugeben, dass er Taemins Reaktion verstehen und nachvollziehen konnte. Immerhin war er mitten in der Nacht durch das Wohnzimmerfenster in seine neue Wohnung eingestiegen und hatte es vorher auch nicht für notwendig befunden sich irgendwie anzukündigen. Erschwerend kam noch hinzu, dass Taemin damals die Radioübertragung mitverfolgt hatte und ein paar Stunden lang davon ausgegangen war, dass Jonghyun tatsächlich erschossen worden war. So etwas zu verarbeiten war ganz bestimmt nicht einfach. Vor allem weil Taemin es allein, beziehungsweise nur mit der Hilfe Jinkis und Kibums hatte schaffen müssen. All diese Dinge rechtfertigten Taemins Reaktion und machten sie durchaus verständlich. Dies wollte Jonghyun sich zumindest gerne einreden, damit der Schmerz an seinem Kiefer vielleicht eine Spur „angenehmer“ wurde. Wenn er vollkommen davon überzeugt war, dass er es nicht anders verdient hatte, würde es bestimmt einfacher werden. Natürlich wurde es nicht einfacher und auch der Kühlbeutel, den Jonghyun sich gegen die Wange drückte, machte es nicht besser. Das Eis war mittlerweile fast geschmolzen und Jonghyun wusste nicht, ob er wirklich um Nachschub bitten sollte. Taemin erinnerte in seinen Bewegungen immer noch an ein aufgescheuchtes Huhn, so wie er durch die Küche lief und offensichtlich versuchte einen klaren Kopf zu bekommen. Für Jonghyuns Geschmack bewegte er sich dabei allerdings eine Spur zu oft an dem Messerblock, der auf der Arbeitsfläche thronte vorbei. Zwar glaubte er nicht, dass sein Freund ihn gleich mit einem Messer attackieren würde, aber gegen ein bisschen Vorsicht sprach auch nichts. „Taemin, wie lange willst du es noch vermeiden mich anzusehen?“ „Weiß ich noch nicht.“ Entnervt hielt Taemin neben der Spüle inne und vermied es dabei sorgfältig zu Jonghyun hinüber zu blicken. Er ließ seinen Blick stur auf dem Inhalt des Spülbeckens ruhen, während er auf seiner Unterlippe herumkaute. Eigentlich hatte er das schmutzige Geschirr aus der Spüle in den Geschirrspüler räumen wollen, doch dann war er vor dem Fernseher eingedöst und hatte darauf vergessen. Taemin atmete tief durch und machte sich dann kurzerhand daran das Geschirr doch noch in den Geschirrspüler zu verfrachten. Nachdem er vier Monate und beinahe drei Tage auf Jonghyun gewartet hatte, schadete es dem Älteren nicht, wenn er nun ebenfalls ein bisschen warten musste. Und wenn es nur fünf Minuten waren, hauptsache er merkte ansatzweise wie unangenehm so etwas war. „Taemin, ich kann mir vorstellen, dass du wütend auf mich bist, aber-“ „Wütend?“ Taemin fuhr ruckartig herum und festigte dabei den Griff um das Glas, welches er eben noch aus der Spüle genommen hatte. Jonghyun machte sich das Ganze wieder einmal viel zu einfach. Man konnte nicht sagen, dass Taemin nur wütend auf den Älteren war. Die Sache war schon eine kleine Spur komplizierter und es ärgerte ihn, dass Jonghyun dies nicht erkannte. Normalerweise hatte der andere doch auch keine Probleme damit in Taemins Gedanken vorzudringen und zu erahnen was in ihm vorging. Wo waren diese Kunststückchen nun, wenn man sie einmal wirklich brauchte? Taemin rieb sich müde die linke Schläfe, nachdem er das Glas doch noch abgestellt und den Geschirrspüler geschlossen hatte. Das Beste war wohl den Älteren an seinen Gedanken teilhaben zu lassen, denn sonst würden sie noch bis zum Morgengrauen hier stehen und sich (in Taemins Fall) anschweigen. „Ich bin nicht wütend, Jonghyun“, begann er langsam und hob gleichzeitig seine Hand, um Jonghyun zu bedeuten, dass er still zu sein hatte, „Ich bin außer mir! Auf der einen Seite bin ich wahnsinnig froh, dass es dir gut geht und dass du wieder hier bist, aber auf der anderen frage ich mich, wieso das so verdammt lange gedauert hat. Hast du überhaupt eine Ahnung, was für eine Angst ich um dich hatte und was für Sorgen ich mir gemacht habe?!“ Taemin konnte deutlich spüren, dass seine Hände mittlerweile stark zu zittern begonnen hatten und dass auch seine Stimme drohte überzuschnappen, wenn er sich nicht für ein paar Sekunden sammelte. Schließlich verschränkte er kurzerhand die Arme vor der Brust, damit Jonghyun das Zittern nicht mehr so deutlich sehen konnte; bemerkt hatte er es, in dieser Beziehung machte Taemin sich nichts vor. „Und dann war da noch Minho!“ Jonghyun wusste es besser, als sofort nachzuhaken und Taemin über Minho auszufragen. Sein Freund hatte ihm vorhin ein eindeutiges Zeichen gegeben und er hielt es für besser, wenn er tatsächlich fürs Erste ruhig blieb. Langsam ließ er den Kühlbeutel auf den Küchentisch sinken und legte schließlich seine Hände auf der hölzernen Tischplatte ab, um seine Finger ineinander zu verschränken. Taemin hatte seinetwegen innerhalb des letzten Jahres und vor allem der letzten Wochen sehr viel aushalten und ertragen müssen. Dies war nicht selbstverständlich und das wusste Jonghyun auch zu gut, weswegen er sich weiterhin ruhig verhielt und dem Jüngeren die Zeit gab, die er brauchte. Trotzdem, würde Taemin ihm erzählen, dass Minho einmal mehr seine schmierigen Finger an ihn gelegt und ihn verletzt hatte, würde Jonghyun sich wohl nicht beherrschen können. Niemand schadete Taemin und überlebte es, das hatte er sich selbst versprochen. „Nach deiner Flucht war Minho wie ausgewechselt. Er war schon vorher“, Taemin stockte kurz, um nach einem passenden Wort zu suchen, „sehr zielstrebig, wenn es um dich geht, aber danach war er förmlich besessen davon dich wieder einzufangen. Zuerst hat er uns nur verfolgt und uns immer wieder die gleichen Fragen gestellt, aber dann wurde es schlimmer. Und immer die Blicke, die er uns zugeworfen hat! Als wüsste er bereits alles und würde nur noch darauf warten, dass wir einen Fehler machen.“ Schaudernd unterbrach Taemin sich selbst und senkte dabei seinen Blick auf seine Füße. Diese Blicke waren wirklich unangenehm gewesen und nicht nur einmal hatten sie Taemin auch in seine Träume verfolgt. „Nach ein paar Tagen ist es ihm zu dumm geworden und er ist uns bis nach Hause gefolgt. Er hat geklingelt und als Jinki ihm aufgemacht hat, hat er ihm ins Gesicht geschlagen. Minho war fest davon entschlossen ein Geständnis aus ihm herauszubekommen. So habe ich ihn noch nie gesehen.“ Der Rothaarige warf Jonghyun einen undefinierbaren Blick zu. Er hatte es damals bedauert, dass es so weit gekommen war mit Minho. Immerhin war dieser einmal ein Freund gewesen; ein sehr guter Freund, wie Taemin zu behaupten wagte. „Minho hat dann seine Waffe gezogen, als wir zurück ins Wohnzimmer gekommen sind. Jinki hat ihm nichts verraten, deswegen ist er auf uns losgegangen und dabei hat er auch Kibum verletzt.“ Taemin leckte sich langsam über die trockenen Lippen. Er hatte gesehen, dass Jonghyuns Mundwinkel gezuckt hatten; generell wirkte der Ältere nun sehr angespannt. Es musste ihm schwerfallen sich zu beherrschen und Minho nicht sofort zu jagen und anschließend büßen zu lassen. „Den beiden ist nichts passiert. Nicht wirklich zumindest. Aber Kibum hat jetzt eine Narbe an der Wange, von der er meint, dass sie ja sein Markenzeichen werden kann … ein Leberfleck ist ihm ja sowieso zu Mainstream …“ Jonghyun schnaubte leise, allerdings konnte man dabei so etwas wie ein kurzes Auflachen hören. Kibums Art hatte ihm von Anfang an irgendwie gefallen, auch wenn sie auf Dauer etwas lästig wurde. „Und dann?“, fragte er schließlich, um Taemin zu bedeuten, dass er fortfahren konnte, wenn er sich wieder dazu bereit fühlte. „Auf die Polizei zu warten war ein einziger Alptraum. Minho hat eingesehen, dass er von Jinki nichts erfährt, also hat er mich … befragt …“ Der Lauf der Waffe, der schmerzhaft fest gegen seinen Kiefer gepresst worden war, war eine Erinnerung, die Taemin am liebsten sofort gelöscht hätte. Er war sich bis zu diesem Tag nicht sicher, ob Minho nicht doch noch abgedrückt hätte, wäre ihm dazu mehr Zeit geblieben. „Hat er dich mit der Waffe bedroht?“ „Jonghyun-“ „Taemin.“ Jonghyun schlug mit seinen flachen Händen ungeduldig auf die Tischplatte und drückte schließlich seine Fingernägel knirschend in das Holz. „Hat er dich mit der Waffe bedroht?“ „Ja, das hat er.“ Taemin wischte sich unruhig über die feuchte Stirn und trat dann langsam auf Jonghyun zu, um ihm dabei zu bedeuten, dass er nichts weiter sagen sollte. Jonghyun war noch nicht an der Reihe etwas zu sagen. „Ich hatte wahnsinnige Angst, dass er mich vielleicht doch erschießt. Und auch danach hatte ich noch Angst. Du hast dich nicht gemeldet und ich wusste nicht, ob alles in Ordnung ist. Ich wusste nicht, ob ich dich jemals wiedersehen würde.“ Taemin war nun direkt neben Jonghyun stehen geblieben und hatte darauf gewartet, dass dieser sich von seinem Stuhl erhob. Es war unschwer zu erkennen, dass es Taemin nicht leicht fiel über diese Dinge zu sprechen. „Wieso musstest du verdammter Mistkerl dir unbedingt so viel Zeit lassen? Ich hab jeden Tag darauf gehofft, dass du einfach wieder auftauchst und dass dann alles wieder in Ordnung kommt. Aber anscheinend kannst du nur mitten in der Nacht, ohne ein Wort zu sagen, verschwinden, mehr nicht!“ Kraftlos schlug Taemin gegen Jonghyuns Brust und ließ sich schließlich leise wimmernd dagegen sinken. Jonghyun legte dabei wie von selbst seine Arme um die schmale Figur seines Freundes und streichelte behutsam über seinen Rücken. Nun auf Taemin einzureden und ihm zu erklären, dass es ihm nicht möglich gewesen war früher wieder aufzutauchen, hatte wenig Sinn. Selbst jetzt war es noch riskant bei Taemin zu sein und dass obwohl die Polizei und der Geheimdienst die Suche nach ihm von der Spitze der Prioritätenliste entfernt hatten. Leise seufzend lehnte Jonghyun seine Wange gegen Taemins weichen Haarschopf. Jeder verzweifelte Schluchzer, den Taemin zu unterdrücken versuchte, ließ sein Herz auf eine Art und Weise schmerzen, die er vorher so noch nie erlebt hatte. Er musste Taemin und auch Jinki und Kibum noch mehr Schwierigkeiten aufgehalst haben, als er ohnehin schon befürchtet hatte. „Geh nicht mehr weg, Jonghyun … bitte … bitte, Jjong …“, bat Taemin krächzend und blickte dabei flehend unter seinen verstrubbelten Haaren hervor. „Nie wieder.“ Jonghyun drückte Taemin eine Spur fester an sich, um seine Worte zu unterstreichen. „Ich geh nie wieder weg.“ -- Gegenwart, 2015 Es überraschte Taemin nicht, dass die Bettseite neben ihm leer war und jegliche Spur von Jonghyun fehlte, als er am nächsten Morgen aufwachte. Dies lag nicht nur daran, dass Jonghyun bereits in der Nacht zuvor angekündigt hatte, dass er noch vor Morgengrauen verschwinden musste. Es war auch schon so etwas wie zur Gewohnheit geworden und Taemin brauchte keine Vorwarnung mehr. Man musste wohl nicht extra erwähnen, dass Taemin dieser Umstand nicht sonderlich behagte und dass es ihm lieber gewesen wäre in den Armen seines Freundes aufzuwachen, aber man konnte eben nicht alles haben. Es war immer noch besser allein aufzuwachen, als Jonghyun erneut in einem Hochsicherheitsgefängnis zu besuchen und sich von ihm zu verabschieden. (Taemin bezweifelte stark, dass man ihm noch einmal so einen Besuch gestatten würde, weswegen es das Beste war einfach nichts zu riskieren.) Und trotzdem war es ein Jammer! So erwachsen Taemin an die Sache auch herangehen wollte, so gerne wollte er auch einmal in den Armen Jonghyuns aufwachen! Mit einem leisen Seufzen rollte er sich zur Seite und hievte sich schließlich in die Höhe, um nur wenig motiviert das Schlafzimmer zu verlassen und das Badezimmer anzusteuern. Als er am Abend davor den Wecker gestellt hatte, hatte er sich so gut wie keinen Spielraum gelassen. Wenn er nicht zu spät kommen wollte, musste er sich nun unbedingt zügig waschen und anschließend für die Vorlesungen fertig machen. Das allerdings bedeutete, dass er sich ein schönes Frühstück fürs Erste aufzeichnen konnte und dass war etwas, das Taemins Laune noch weiter drückte. Das wird ein Kampf, sagte Taemin sich selbst, nachdem er seine wilde Mähne im Spiegel betrachtet hatte. Er mochte die langen Haare (und bei Gott, er hatte bereits mehrmals am eigenen Leib erfahren WIE sehr Jonghyun seine Haare so mochte) und wollte sie eigentlich nicht wieder abschneiden lassen. Die Schulterlänge wollte er schon behalten, selbst wenn er sie sich demnächst wieder durchstufen ließ. Letzten Endes nahm Taemin seine Bürste zur Hand und befreite seine Haare von ein paar kleineren Knötchen, um sie schließlich mit einem Haargummi locker zusammen zu binden. Ein paar Strähnen waren ihm dabei durch die Finger gerutscht, doch Taemin fand, dass dies durchaus gewollt aussah, weswegen er sich die restlichen Haare, die ihm in die Stirn fielen, kurzerhand mit einer Haarklammer zähmte. Er hatte wirklich Glück, dass seine Mähne ihm so gut wie alles verzieh und er auch mit einer so hoffnungslos improvisierten Frisur noch durchaus annehmbar aussah. Hätte er von nun an jeden Morgen so lange im Badezimmer verbracht wie Kibum, hätte er sich die Haare persönlich mit einer Küchenschere abgeschnitten. Schmunzelnd schüttelte Taemin ob dieser Gedanken den Kopf und steckte sich anschließend die Zahnbürste in den Mund. Nun war er eigentlich schon so gut wie fertig; er musste sich nur noch die Zähne putzen und eventuell ein paar andere Sachen zum Anziehen suchen. Die hellblaue Pyjamahose, auf der vereinzelt lachende Wölkchen abgebildet waren, war vielleicht nicht ganz das Wahre. Aber leider so verflucht bequem! Taemin verließ das Badezimmer schnell wieder, nachdem er ein wenig Zahnpasta in das Waschbecken gespuckt und mit Wasser nachgespült hatte. Er wollte verhindern, dass er, während er sich umzog, gleich Zahnpasta auf die Sachen beförderte. Dies war ihm schon öfter als einmal passiert, aber deswegen hörte er trotzdem nicht damit auf sich während des Zähneputzens anzuziehen. Ein schneller Blick auf seinen Wecker verriet ihm, dass er mittlerweile wirklich Gefahr lief zu spät zu kommen und dass er besser noch einen Zahn zulegte. So hüpfte Taemin geradezu aus seiner Pyjamahose und den getragenen Shorts, um schließlich in ein frisches Paar zu steigen und sich für eine schlichte, dunkle Jeans zu entscheiden. Danach zog er im Vorbeigehen noch ein graues T-Shirt und frische Socken aus dem Schrank. So weit, so gut! Wieder im Bad angekommen, spülte Taemin sich den Mund aus und betrachtete sich noch einmal prüfend im Spiegel. Ja, so konnte er das Haus bestimmt verlassen – und selbst wenn sich jemand an seinem Erscheinungsbild gestört hätte, wäre es ihm egal gewesen. Ich hätte mich gestern Abend noch um etwas Essbares kümmern sollen. Wie soll ich den Vormittag mit leerem Magen überstehen? Taemin tätschelte bedauernd seinen leeren Bauch, während er das Badezimmer wieder verließ und nach seiner schwarzen Umhängetasche griff. Diese hängte er sich, ganz so wie es eben vorgesehen war, lässig über die Schulter und setzte sich dann noch eine Sonnenbrille auf. Es musste ja nicht jedem sofort ins Auge stechen, dass er einmal mehr eine fast schlaflose Nacht hinter sich hatte. „Oh?“ Taemin runzelte die Stirn und machte ein paar Schritte zurück, um noch einmal in die Küche spähen zu können. Im Vorbeilaufen war ihm aufgefallen, dass etwas auf dem Küchentisch stand; was es allerdings genau war, hatte er nicht ausmachen können. Neugierig betrat er die Küche und lachte im nächsten Moment freudig, aber auch irgendwie erleichtert auf. Auf dem Tisch befanden sich eine braune Papiertüte und außerdem noch eine Box, die sich bei näherer Betrachtung als Lunchbox herausstellte. „Mein Held“, säuselte Taemin glücklich, während er die Tüte unter die Lupe nahm und mit Wohlwollen zwei kleine Plastikfläschchen Bananenmilch und außerdem eine Schachtel Erdbeer-Pepero erblickte. Jonghyun hörte ihm also doch zu, wenn er von seinen Lieblingsnaschereien schwärmte! Selig lächelnd schloss Taemin die Tüte wieder und verstaute sie in seiner Umhängetasche – nicht allerdings ohne vorher eines der Fläschchen daraus hervorzuziehen und fürs Erste auf dem Tisch abzulegen. Für den Weg zur Universität brauchte er unbedingt irgendetwas, das ihn bei Laune hielt und nichts konnte das besser als leckere Bananenmilch. Ehe er noch auf die Box vergaß, wandte Taemin sich ihr schnell zu, um in dieser zwei Sandwiches, Kibums Kimbap, das Jonghyun offensichtlich im Kühlschrank gefunden und kurzerhand beschlossen hatte, es ebenfalls einzupacken und außerdem noch ein bisschen extra Gemüse. Dieser Anblick ließ Taemin sich zufrieden über die Lippen lecken und anschließend die Box wieder schließen. Am liebsten wäre er zwar sofort darüber hergefallen, aber er musste ja eigentlich immer noch zur Universität. „Ich liebe dich“, seufzte Taemin glücklich, während er sein Frühstück und wohl auch Mittagessen in der Umhängetasche verstaute und nach der Bananenmilch griff. Deutlich besser gelaunt, verließ Taemin seine Wohnung anschließend und nuckelte zufrieden an seiner Milch. Er war nicht auf U-Bahnen oder Busse angewiesen, um zur Universität zu gelangen – ein Umstand, über den er recht froh war. Taemin war noch nie ein Freund von U-Bahnen gewesen und er vermutete ein verstecktes Kindheitstrauma, aber jedes Mal, wenn er Jinki darauf ansprach, erklärte dieser ihm nur, dass er einfach eine „kleine, asoziale Assel“ war und machte sich dann lachend aus dem Staub. So asozial war er nun auch wieder nicht! Kopfschüttelnd rückte Taemin sich die Sonnenbrille zurecht und durchquerte schließlich gut zehn Minuten später das Haupttor der Universität, woraufhin er sich auf dem Campus wiederfand. Wie immer war hier viel los und Taemin musste einigen Studenten ausweichen, die es so eilig hatten, dass sie ihn nicht mehr wahrnahmen und ihn vermutlich auch über den Haufen gerannt hätten. So gestaltete sich der Weg über den Campus meistens als reinster Hindernislauf. Es dauerte nicht lange, bis ihm in der Menge ein paar bekannte Gesichter auffielen und im ersten Moment wollte er auch zu ihnen hinüberlaufen, doch dann hielt er doch inne. Sie würden sich doch später ohnehin im Hörsaal treffen und wenn er schon einmal vorging, konnte er Plätze reservieren und eventuell eines der Sandwiches verspeisen. Vollkommen in Ruhe! Wenn jemand neben ihm saß, musste er am Ende einen Bissen davon abtreten und das kam nicht in Frage. Futterneid auch noch! Als hätte asozial nicht schon gereicht. Taemin lachte leise in sich hinein, während er sich auf den Weg zum Hörsaal machte. Seine Kommilitonen waren im Prinzip nichts weiter als Bekanntschaften, denn richtige Freundschaften hatte er noch nicht geschlossen. Man arbeitete eben zusammen, wenn wieder einmal eine Gruppenarbeit anstand, aber mehr hatte sich daraus noch nicht entwickelt. „Taemin! Hey, Taemin! Guten Morgen!“ Verdammt. Taemin versuchte nicht allzu ertappt zu lächeln, während er sich umdrehte und den beiden anderen Studenten zuwinkte, ehe er doch noch zu ihnen hinüberging. Bestimmt wäre es nun angebracht gewesen die Sonnenbrille abzunehmen, aber seine guten Manieren waren an diesem Tag wohl nicht mit ihm zusammen aus dem Bett gestiegen. „Guten Morgen“, erwiderte er den Gruß schließlich, nachdem er bei den anderen angekommen war. „Warum steht hier noch rum? Wir haben nur mehr ein paar Minuten bis es losgeht.“ „Wir wollten noch auf jemanden warten, aber der scheint länger zu brauchen.“ „Verstehe.“ Taemin nickte langsam und hob dann seine linke Hand an, um einen Blick auf seine Armbanduhr zu werfen. „Dann gehe ich am besten schon einmal vor und halte euch was frei. Also, wir sehen uns dann.“ Er lächelte noch einmal knapp und wandte sich dann wieder ab, um endlich den Weg zum Hörsaal einzuschlagen. Dort würden sie sich dann schon wieder treffen und wenn nicht, dann war das genauso gut. Vielleicht war es ja diese Einstellung, die Jinki dazu verleitete ihn als asoziale Assel zu bezeichnen?! „Taemin, warte doch! Nur einen Moment. Taemin!“ Der Student, der ihn vorhin begrüßt hatte, war ihm gefolgt und hatte ihn sachte am Arm festgehalten. Er schien nicht ganz zu wissen, wie er Taemin am besten aufhalten sollte, weswegen er seinen Arm einfach weiterhin festhielt. „Nur eine Sekunde, okay?“ „Und wozu?“ Skeptisch zog Taemin seine Augenbraue in die Höhe, so dass sie schließlich auch über den Rand der Sonnenbrille kletterte. „Wir sehen uns dann im Hörsaal wieder, Daehyun. Ich will nicht schon wieder zu spät kommen.“ Noch während er auf den anderen eingeredet hatte, hatte er ein Dankesgebet an den Himmel geschickt. Manchmal dauerte es ein bisschen, bis ihm die Namen seiner Kommilitonen einfielen und dann war es hin und wieder auch schon zu spät. Doch nun war ihm der Name in genau dem richtigen Moment eingefallen und das war schon nicht schlecht. „Ja, das verstehe ich schon, aber wir haben ihm versprochen, dass wir dich aufhalten, sollten wir dich sehen.“ Der andere der beiden Studenten, Taemin glaubte, dass sein Name Junhong war, kratzte sich schwach lächelnd am Hinterkopf. Darauf wusste Taemin nichts mehr zu erwidern. Er konnte sich nicht vorstellen wer die beiden um so etwas gebeten haben konnte, aber neugierig war er schon. Langsam und deutlich skeptisch, zog er sich die Sonnenbrille vom Gesicht und klappte sie zusammen. Bestimmt wäre es besser gewesen, sich nun einfach umzudrehen und zur Vorlesung zu gehen, aber seltsamerweise wollten seine Beine dabei nicht ganz mitspielen. „Und wer genau wollte, dass ihr mich aufhaltet?“ „Das wäre dann wohl ich.“ Eine vierte Stimme machte sich auf einmal hinter Daehyun und Junhong bemerkbar. Der junge Mann, der soeben auf sie zugelaufen war, atmete ein paar Mal tief durch, um seine Atmung wieder unter Kontrolle zu bekommen. „Hallo.“ „Äh“, Taemin musterte ihn irritiert. Wer auch immer das war, er musste mindestens zwei Jahre älter sein als er selbst. Wieso er das so sicher sagen konnte, wusste Taemin selbst nicht so genau, sein Gefühl sagte es ihm einfach. Vielleicht ließen ihn aber auch die Akne-Narben, die sein Gesicht großflächig zierten, älter aussehen als er eigentlich war. Aber ansonsten konnte Taemin nichts Ungewöhnliches an dem anderen feststellen. Er hatte schwarzes, oder eher schon dunkelbraunes Haar, welches er zu einem kleinen Pferdeschwanz zusammengebunden hatte. Ein paar verirrte Strähnen hingen ihm ins Gesicht und Taemin kam nicht umhin zu bemerken, dass diese leicht fettig und vernachlässigt wirkten. Dafür allerdings schien er regelmäßig ein Fitnesscenter zu besuchen; die breite Brust und die ausgeprägten Oberarme sprachen zumindest dafür. „Auch Hallo“, schaffte Taemin es dann schließlich doch etwas zu sagen, bevor das Schweigen wirklich peinlich wurde. „Und du bist-“ „Mein Name ist Cho Youngcheol“, erwiderte der mutmaßlich Ältere wie aus der Pistole geschossen und lächelte breit. „Ich habe die Universität erst vor kurzem gewechselt und wollte dich gerne kennenlernen.“ „Mich kennenlernen?“ Nun endgültig skeptisch, verschränkte Taemin die Arme vor der Brust. Er konnte sich nicht wirklich einen Reim darauf machen, aber bestimmt würde man ihn demnächst noch erleuchten. „Ja! Ich bin vor kurzem über deine Arbeit über Raptor gestolpert und-“ „Wenn du mehr über ihn wissen willst, dann such auf Wikipedia nach ihm. Ich beantworte keine Fragen über Raptor.“ Taemins Miene hatte sich schlagartig verfinstert, als der andere auf seine Arbeit zu sprechen gekommen war. In letzter Zeit war es leider öfter vorgekommen, dass man ihn auf dem Campus auf Jonghyun angesprochen hatte. Viele der Studenten interessierten sich zwar nur dafür, wie es gewesen war mit dem ach-so-berüchtigten Psychopathen zu arbeiten, aber viele stellten auch unangenehme Fragen. Wie etwa, wie seine Beziehung zu Jonghyun gewesen war und ob er froh darüber war, dass er entkommen war. Wenn die falschen Leute die wahren Antworten auf diese Fragen hörten, konnte Taemin sich gut vorstellen sich in Nullkommanichts abermals in einem Verhörraum wiederzufinden. „Und wenn du mich jetzt entschuldigen würdest, die Vorlesung hat bereits angefangen und ich will sie nicht komplett verpassen.“ Damit setzte Taemin sich die Sonnenbrille wieder auf, um sich anschließend auf den Weg zum Hörsaal zu machen. Youngcheol sollte jetzt bloß nicht auf die Idee kommen ihm hinterher zu laufen und ihn am Ende unterm Gehen doch noch mit Fragen zu löchern. Taemin hatte sich sagen lassen, dass er durchaus unangenehm war, wenn er wirklich genervt war und Jonghyun war ein sehr empfindliches Thema, über welches er auch nicht mit jedem dahergelaufenen Spinner sprechen konnte. „Es geht mir nicht um Raptor-“ Taemin verlangsamte seine Schritte ein wenig und wartete darauf, dass Youngcheol fortfuhr. Wie schon gesagt, seine Neugier wurde ihm oft zum Verhängnis. „Ich interessiere mich nur für Rex.“ tbc ... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)