☾ Mikadzuki von Mimiteh ================================================================================ Kapitel 44: Leben ----------------- Mit einer harschen Bewegung wrang Sango sich das Wasser aus den Haaren, ehe sie sich zu den anderen ans Feuer gesellte. Sie hatten sich in Kaedes Hütte getroffen und wärmten sich am Feuer. „Wenn das so weiter geht, versinkt das Dorf noch im Schlamm. Seit es aufgehört hat zu schneien, regnet es. Was denkt sich das Wetter bloß dabei?“, schimpfte sie vor sich hin und bugsierte ihren inzwischen gut anderthalbjährigen Sohn näher ans Feuer, damit seine Kleider trockneten. „Wenn jetzt irgendwo ein Oni wäre, würdest du bedenkenlos wieder nach draußen rennen!“, neckte Miroku und hielt eines der Zwillingsmädchen davon ab, im Schlaf zu nahe am Feuer zu landen. „Was dagegen?“, fragte Sango mit blitzenden Augen zurück, aber sie lachte dabei. „Aber nein! Was wäre ich bloß ohne deinen Schutz, oh, große Taijiya?“, gab er theatralisch zurück, ohne darauf zu achten, dass Kagome sich ein Lachen nicht mehr verkneifen konnte. Sango stimmte ein. Längst beachtete niemand mehr das nasse, gewittrige Wetter, das seit Tagen nicht weichen wollte. Bis, ja bis vor der Hütte aufgeregte Stimmen laut wurden. „He! Kaede-san!“ Automatisch spannten die Freunde sich an. Kagome warf einen Blick über die Schulter, wo Kaede auf ihrem Lager lag und schwer atmend schlief. Das nasskalte Wetter setzte der alten Frau zu, sie hatte sich eindeutig erkältet. Keine gute Idee, sie zu wecken, wenn es nicht unbedingt nötig war. Also erhob Kagome sich und trat an die Tür. „Was wollt ihr?“, fragte sie die Dorfbewohner, die sich dort aufgeregt plappernd versammelt hatten. Alle waren in verschlammte Decken und Mäntel gehüllt, mit denen sie versuchten, sich gegen den unfreundlichen Frühlingsanfang zu schützen, aber durchnässt waren sie trotzdem. Jetzt sah eine der Frauen auf. „Am Dorfrand liegt ein fremdes Mädchen. Sie rührt sich nicht, wir konnten sie nicht wecken!“ Kagome zuckte zusammen. „Oh nein…“, hauchte sie, ehe sie sich zusammen nahm. „InuYasha!“, rief sie dann über die Schulter zurück. Sofort stand der Hanyô hinter ihr. „Was wollen die?“ „Sie haben jemanden gefunden, bewusstlos wohl. Wir sollten sie holen“ „Sie?“ „Ja, ein Mädchen. Jetzt kommt schon!“ Sie zerrte den groben Mantel vom Türstock und bemühte sich, nicht das Gesicht zu verziehen, als sie merkte, dass der Stoff noch immer klamm war. Langsam sollte sie sich doch daran gewöhnt haben, dass die Sachen bei diesem Wetter nicht richtig trockneten. Dann lief sie hinaus in den Regen. Es war leicht, den Ort zu finden, an dem das Mädchen lag, denn die Dorfbewohner hatten sich dort versammelt und das konnte Kagome selbst durch die Regenschleier erkennen. Zwei Frauen hockten bei der liegenden Gestalt, versuchten noch immer sie zu wecken, offenbar ohne Erfolg. „Wir nehmen sie mit ins Trockene. Hier draußen kann sie eh‘ nicht bleiben“, bestimmte Kagome auf den ersten Blick und InuYasha verstand die indirekte Aufforderung. Er beugte sich hinab und nahm das fremde Mädchen vorsichtig auf, folgte Kagome dann zurück zu Kaedes Hütte. Die Dorfgemeinschaft schloss sich neugierig an, aber niemand sagte mehr etwas. Die benehmen sich, als befänden wir uns auf einem Trauerzug…, dachte Kagome insgeheim, als sie InuYasha die Reisstrohmatte aus dem Weg hielt, damit er das Mädchen in die Hütte bringen konnte. Nun, wenn sie schon lange da draußen liegt, hat sie wohl auch keine großartigen Chancen… Rasch legte der Hanyô das Mädchen auf ein freies Lager, das hier immer für Notfälle bereitet war. Sango und Miroku standen bereits bereit, zu helfen, aber Kagome schüttelte knapp den Kopf. Hauptsache, die Arme trocknete jetzt ersteinmal. Sie hatte gemerkt, dass die Fremde noch auffallend kräftig atmete, auch wenn sie tatsächlich nicht wach zu kriegen war. Fieber hatte sie überraschenderweise auch nicht. Kagome kniete sich neben die Fremde und zog die bereitliegende Decke über sie, nahm ihr den völlig verdreckten Mantel ab und wickelte sie in den wärmeren Stoff. Viel mehr konnte sie im Moment nicht tun. Erst dann merkte sie, dass InuYashas Blick ihr im Nacken hing. „Was ist?“, wollte sie wissen, ohne aufzusehen. „Sie kommt mir komisch vor“, bemerkte er leise. Kagome runzelte die Stirn und betrachtete das Mädchen genauer. Es hatte schwarze Haare, die ihr nun nass an Wangen und Schultern klebten, trug Haori und Hakama in hellen Tönen, etwas ungewöhnlich, aber einer Reisenden doch angemessen. Gleichzeitig war es seltsam, dass ein Mädchen, offenbar jünger als sie selbst, allein unterwegs war. „Meinst du, sie hat Begleiter gehabt? Begleiter, die abhanden gekommen sind?“ „Keine Ahnung. Aber das meine ich nicht… schau dir die Geschichtszüge an. Kommen die dir nicht bekannt vor?“ „Schon… aber das muss nichts heißen. Manchmal meint man Dinge wiederzuerkennen, die man noch nie gesehen hat…“ „Ich weiß. Aber seltsam ist es trotzdem. Auch ihre Witterung ist komisch. Sie riecht ein bisschen nach Salz, vielleicht kommt sie von der Küste, aber da ist auch der Geruch von klarer Nachtluft und der verfliegt normalerweise bei dem Regen“ „Aber sie ist ein Mensch?“, fragte Kagome erfahrungshalber vorsichtig nach. InuYashas deutlich hörbares, erneutes Wittern zeigte, dass er sich da selbst nicht so ganz sicher war. „Ich denke… schon…“, erwiderte er dann zögernd, ehe er sich zurückzog. Kagome folgte ihm gleich darauf zurück ans Feuer, wandte aber den Blick nicht von der Fremden. InuYashas Anmerkung hatte sich nachdenklich gestimmt. ~*~ Im Schloss des Ostens – oder zumindestens in einem Seitenflügel – herrschte derweil Aufregung. Noch einmal erklang ein tierisch anmutender Schrei, dann war Stille. Die anwesenden Diener verharrten angespannt. Alle Blicke gingen in dieselbe Richtung, als sich wenig später eine Schiebetür öffnete und die in einen hellen Kimono gehüllte Gestalt der Wehmutter erschien. Mit zu Schlitzen verengten, rotgoldenen Augen musterte sie den Volksauflauf, ließ sich dann aber zu einem knappen Nicken herab, ehe sie an der Dienerschaft vorbei marschierte. Einem Laufburschen gelang es, kurz durch die noch offen stehende Schiebetür zu schielen, ehe sie ihm vor der Nase zugeschoben wurde, aber viel erkennen konnte er nicht. Er zuckte mit den Schultern, als die neugierigen Blicke nun ihn trafen. Enttäuscht verstreuten die Diener sich wieder. Sie alle wussten genau, wessen Gemach hinter dieser Tür war und das dort in dieser Nacht ein neues Leben das Licht der Welt erblickt hatte. Aber sie hätten gerne mehr erfahren. Nun, sie würden sich offenbar gedulden müssen. Natsu hob müde den Kopf, als Amaya sich neben sie kniete und ihr das Bündel übergab in dem das Neugeborene sich befand. „Ein Sohn, Natsu…“, murmelte die junge Schamanin, ehe sie verstummte. Natsu konzentrierte sich sowieso nur auf ihr Kind. Ein flüchtiges Lächeln glitt über ihre erschöpften Züge. Das Kleine hatte silberweiße Haare, aber einige Ponysträhnen zeigten meeresgrüne Spitzen, so wie ihre Schmucksträhne. Als es kurz blinzelte, konnte sie einen Blick auf silbriggoldene Augen erhaschen. „Du weißt, was du zu tun hast?“, riss Amayas leise Stimme sie aus ihrer Betrachtung. Natsu nickte langsam, ehe sie die Augen schloss. Sie musste ihren Sohn binden, also fühlte sie vorsichtig nach seinem Yôki – und prallte erschrocken zurück. Mit einem fassungslosen Keuchen riss sie die Augen wieder auf. Amaya sah sie von der Seite an. „Was ist?“, wollte sie wissen. Natsu versuchte mühsam, sich wieder zu sammeln, aber ihre Stimme zitterte, als sie antwortete: „Er… er ist unglaublich stark. Ich weiß nicht, ob es mir gelingt ihn… zu überwinden…“ Amaya schürzte etwas die Lippen, gab sich aber professionell. „Ich werde dir helfen“ Damit legte sie zwei Finger auf die Stirn des Neugeborenen, bereit ihre Schamanenkräfte einzusetzen. Dankbar versuchte Natsu es erneut, konzentrierte sich auf die dämonische Kraft ihres Sohnes, schickte ihr eigenes Yôki dagegen und versuchte, es zu umhüllen, zu überwinden. Sie wusste, dass ihre erste Einschätzung richtig gewesen war. Ohne Amayas Hilfe wäre es ihr nicht gelungen, den Kleinen zu binden. Endlich spürte sie, wie die Austrahlung ihres Sohnes zurückging, gemeinsam mit der ihren unterdrückt wurde. Sie hatte es geschafft. Tief atmete sie durch. Das hatte sie noch mehr Kraft gekostet, als die Geburt sowieso schon. Erschöpft legte sie den Kopf zurück, stützte den Hinterkopf gegen die Wand, an der sie saß. Dennoch fiel es ihr auf, dass Amaya sich absichernd umsah. „Was hast du, Imouto?“, fragte sie, aber die Jüngere winkte bloß ab. Dennoch wirkte sie nervös, so wie schon den ganzen Abend über, das wurde ihr erst jetzt klar, war es ihr doch zuvor nicht aufgefallen. „Amaya… sag schon“ Die junge Schamanin seufzte, blickte noch einmal richtung Fenster, durch das der noch fast volle Mond hineinschien. Es war tiefste Nacht. „Es… die Wachen sind unruhig. Irgendwo auf dem Schlossgelände ist ein Eindringling, aber, wer auch immer es ist, er unterdrückt sein Yôki so gut, dass wir ihn weder erkennen, noch finden können“ Wieder blickte sie absichernd zu der Fensteröffnung. Natsu hatte aufmerksam zugehört. Ihr Herz tat einen Sprung, als sie unwillkürlich zu dem Kind in ihrem Arm blickte. Könnte es sein… Sie gab sich der naiven Hoffnung hin und schloss erneut die Augen, konzentrierte sich, das fremde Yôki zu finden. Da, da war es. Sie fühlte genauer nach und unwillkürlich legte sich ein Lächeln auf ihre Lippen. Er war gekommen. Er hatte an sie gedacht. Erst da spürte sie, dass Amaya sie leicht an der Schulter rüttelte. „Natsu!“, rief sie leise. Deren Lächeln erstarb nicht. „Keine Angst, Amaya. Der, den du Eindringling nennst, wird euch nichts tun“, wisperte sie ruhig. Amaya machte eine überraschte Miene. „Du weißt, wer es ist?“, sicherte sie sich ab. Natsu nickte leicht. „Ja. Ich erkenne das Yôki, weil ich den Besitzer gut kenne. – Es ist der Vater von dem Kleinen hier…“ Der letzte Satz kam leise, unsicher, aber unüberhörbar erfreut. Jetzt strahlte Amaya erst recht Verblüfftheit aus. „Der Vater? Aber… damals, du hast doch gesagt, dein Kind wäre nicht…“, sie verstummte. „Nicht freiwillig entstanden, ja, Amaya. Ich habe gelogen“, gab Natsu freimütig zu. Amaya schnappte perplex nach Luft, bekam aber kein Wort heraus. Natsu lachte trocken. „Ich habe es getan, um mich, ihn und mein Ungeborenes zu schützen. Tôran hätte mich gemeuchelt, wüsste sie um die Identität des Vaters“ „Aber wieso?“ Amayas Raubtieraugen, die ebenso silbergrün waren, wie die ihrer älteren Schwester, leuchteten in der Dunkelheit. Natsu senkte den Kopf, sodass ihr die Haare ins Gesicht fielen. Das Glücksgefühl, das durch ihre Adern pulsierte, bekam wieder Gesellschaft von der Furcht, die sie die letzten Monate beherrscht hatte. „Dazu müsste ich dir sagen, wer es ist und das kann ich nicht“ „Warum nicht? Natsu, ich bin deine Schwester!“ Amaya schien entrüstet. „Vor allem bist du die oberste Schamanin und den Fürsten zu absoluter Wahrheit verpflichtet“ „Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass sie jetzt noch Fragen stellen!“ Natsu seufzte tief. „Tôran wird. Der Kleine sieht seinem Vater zu ähnlich“ Ihre Fingerspitzen glitten vorsichtig durch das weiße Haar ihres Sohnes. Jetzt wusste Amaya erst Recht nicht weiter. „Komm schon, Natsu…“ Die seufzte nur erneut. „Gelobst du Stillschweigen gegenüber den Fürsten und vorallem gegenüber Tôran?“, fragte sie nach. Amaya nickte, ohne zu Zögern. Bekräftigend legte sie zwei Finger auf ihr Schamanenamulett. Es gehörte zum Kodex der hohen Dämonen, nicht zu lügen. Aber wenn ein Schamane ein Gelöbnis brach, das er auf das Amulett geschworen hatte, dann bedeutete das den Tod. Natsu wusste das und nur deswegen überwand sie sich. „Sesshômaru. Der Vater ist Fürst Sesshômaru, der Inu no Taishô und Fürst der westlichen Länder“ ~*~ „Ich komme einfach nicht dahinter. Ich meine, Sesshômaru-sama war schon immer schwer zu durchschauen, aber diesmal verstehe ich ihn gar nicht. In den letzten Monden ist er regelrecht unkonzentriert, nein, eher… ruhelos“ Myôga patrouillierte unruhig auf dem Zweig, auf dem er sich befand. „Das kitzelt“, brummte Bokusenô bloß, worauf der Flohgeist verharrte. „Ich ahne etwas. Aber ich mag‘ mich nicht festlegen“, fügte er dann ernster hinzu und seine schmalen Augen fixierten den Flohdämon. Der kratzte sich am Kopf. „Willst du nicht einmal etwas andeuten?“ „Ich habe ihm nicht umsonst ausgerechnet jetzt den letzten Nachlass Oyakata-samas anvertraut. Er hat InuYasha in seiner Nähe geduldet und er war bereit zu beschützen. Ich habe das Gefühl, er ist erwachsen geworden – und vielleicht ist er dabei, auch die letzte Lektion Oyakata-samas zu verstehen. Du weißt, was seine letzte Frage, an Sesshômaru-sama war?“ „Natürlich! Ich war dabei“, schimpfte Myôga ungeduldig. „Schon gut, mein Lieber. Jedenfalls… mir scheint, er hat diesen bestimmten Jemand gefunden. Und mit dem hängt jetzt wohl auch seine Unruhe zusammen – nehme ich jedenfalls an“ Myôga dachte nach. Rin konnte Bokusenô nicht meinen, das war ihm klar, denn Rin hatte Bokusenô nie explizit kennengelernt. Rin war als schwaches, menschliches Geschöpf vermutlich eher die Lehrmeisterin gewesen, die Sesshômaru-sama den Weg gewiesen hatte, die Frage seines Vaters zu beantworten. Natürlich schützte er sie – immerhin galt Rin inzwischen am Inu-Schloss hochoffiziell als seine Ziehtochter, egal, wie schief die halbe Belegschaft geguckt hatte. Die Dienerschaft hatte seit diesem Tag zwei Mitglieder weniger, aber das war längst vergessen. Aber Bokusenô meinte jemand anderen. Kagome… nein, da ist eher InuYasha-sama zuständig… Da fiel bei Myôga der Groschen. „Meinst du wirklich?“, wollte er von Bokusenô wissen. Sie kannten sich gut genug, um die Gedankengänge des anderen annähernd nachvollziehen zu können. „Ich bin mir sogar ziemlich sicher. Wenn du dich nicht mal wieder aus dem Staub gemacht hättest, als es brenzlig wurde, dann wüsstest du, dass er ziemlich erschrocken ist, als das Onibi seine Reisebegleitung angreifen wollte. Und damit meine ich ganz bestimmt weder InuYasha-sama noch die neue Trägerin der Haru Tsume“ Der Flohgeist runzelte die Stirn. „Aber das würde bedeuten…“, er sprach nicht weiter, aber Bokusenô und er waren sich einig, dass das nicht nur eine Sensation, sondern auch ein ziemliches Problem wäre, sowohl emotional, als auch politisch. „Wenn dem so ist, hat sich der junge Herr wieder einmal den schwierigsten Weg ausgesucht den es gibt“ Bokusenô stieß ein Schnaufen aus. „Mag sein. Aber wenn er sich auf die besinnt, die hinter ihm stehen, dann hat er auch die beste Unterstützung, die er haben kann. Er muss sich nur überwinden und um Hilfe bitten“ Myôga lachte trocken auf: „Nur! – Bokusenô, du bist lustig. ‚Um Hilfe bitten‘, ehe Sesshômaru-sama das tut, freundet er sich lieber mit den Menschen an“ „Er hat bereits eine menschliche Ziehtochter und eine menschliche…hmm… Schwägerin“, hielt Bokusenô dagegen, aber auch er klang ernst. Sie wussten, dass die Situation, wenn sie sie richtig einschätzten, sehr, sehr heikel war. Jetzt kam es darauf an, ob Sesshômaru die richtigen Schritte setzte. ~*~ Es war schwerlich zu übersehen, wie Amaya zusammenzuckte. Nur mühsam unterdrückte sie eine erstaunte Nachfrage. Natsu hätte das nicht gesagt, wenn es nicht stimmen würde. Dennoch hörte es sich unglaublich an. Andererseits… der Zeitraum passte. Die Reise um der Sekai to Tia Willen. Nein, Natsu sprach bestimmt die Wahrheit. „Und… er ist also hier, ja?“ „Ja. Er muss irgendwie mitbekommen haben, dass es soweit ist. Was sollte er sonst ausgerechnet jetzt hier und verborgen noch dazu. Wenn er zu den Fürsten wollte, könnte er durchs Tor spazieren“ Natsu hielt noch immer den Kopf gesenkt, um zu verbergen, wie sehr ihre Augen leuchteten. Sie war glücklich, dass sie Sesshômaru tatsächlich nicht egal war, geworden war, denn obwohl sie so tat, sie kannte ihn ja kaum. Zu wenig Zeit hatten sie noch gehabt. Amaya hatte nicht mehr geantwortet, dachte sie nur ihren Teil zu den Dingen. Die ganze Szenerie wirkte noch immer unwirklich, dennoch drängte sich jetzt etwas anderes in ihr Bewusstsein. Zögernd erhob sie wieder die Stimme: „Übrigens, Natsu, du weißt schon, dass der Kleine hier nicht lange überleben wird, oder? Du bist niemandes Gefährtin, niemand wird ihn adoptieren, ihm nur einen Namen geben. Früher oder später werde ich ihn töten müssen“ Ihre Stimme klang rau, während ihre Finger fast automatisch zu dem kleinen, reingoldenen Dolch wanderten, den sie als oberste Schamanin trug, einzig um solch rituelle Tötungen durchzuführen. Natsu spannte sich an, nahm sich aber sichtlich zusammen. „Ich weiß, Amaya. Aber ich will noch nicht darüber nachdenken. Er ist mein Sohn, wie soll ich da über seinen vorgeschrieben Tod grübeln? Das will ich nicht, ehe es nicht soweit ist“ In ihrer Stimme lag fast etwas wie Tränen. Dann aber hob sie auf einmal ruckartig den Kopf. „Amaya?“ Die Schamanin sah ihre ältere Schwester aufmerksam an. Was war ihr noch eingefallen? „Kannst du mir einen ganz besonderen Gefallen tun?“ Amaya zog eine Augenbraue hoch. „Der da wäre?“ „Ich… ich möchte, das er wenigstens für mich, im Stillen, einen Namen hat. Kannst du… wenn er das Schloss wieder verlässt, kannst du dann zu Sesshômaru gehen und ihn um einen Namen für seinen Sohn bitten?“ Die Jüngere nickte zwar, war aber auch viel zu perplex, irgendetwas anderes zu tun. Mit einer solchen Aufforderung hatte sie nicht gerechnet, auch wenn sie das eigentlich hätte tun müssen. Zu gut kannte sie ihre Schwester. An der Beruhigtheit, die ihre Zustimmung in Natsu hervorrief, erkannte Amaya auch nur zu gut, wie wichtig dieser Auftrag Natsu war. Der Kleine scheint ihr wirklich wichtig zu sein… und sein Vater auch. Oh, wenn ich doch nur etwas tun könnte, dem Kleinen das Leben zu retten… es wird ihr das Herz brechen. Fünf Monde Galgenfrist hat sie noch, aber das wird es nur verschlimmern… Dennoch war Amaya fest entschlossen, die Bitte ihrer Schwester tatsächlich zu erfüllen. Aber noch befand sich Sesshômaru irgendwo auf dem Schlossgelände. Langsam erhob Amaya sich. „Schlaf jetzt, Natsu, du kannst es brauchen. Du wirst viel Kraft brauchen, deinen Sohn zu beherrschen… ich habe seine Stärke gespürt“, sagte sie und legte ihrer Schwester noch einmal kurz die Hand auf die Schulter, ehe sie das Zimmer verließ. Sie war vollkommen durcheinander. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)