Dukra Velniu von lupineia ================================================================================ Kapitel 5: ----------- Die umstehenden Leute hielten erschrocken den Atem an. Aus reinem Selbstschutz zog ich mein Katana samt Scheide, womit ich den Schlag abwehrte. Dabei zeigten die silbernen Runen, dieselben wie auf meinem Bauch, welche ich erst an meinem zweiten Tag hier bemerkte, genau in die Richtung des Angreifers. Seine Mimik war ein Wechselspiel aus Emotionslosigkeit und Überraschung, wobei Zweiteres überwog. Erst jetzt hatte ich Gelegenheit, ihn genauer unter die Lupe zu nehmen. Dunkelrotes, fast schon schwarzes Haar umrahmte ein schmales Gesicht mit einem markanten Kinn. Die blutroten Augen, die das Erkennungsmerkmal der Dämonen waren, waren leicht geweitet und die sinnlich geschwungenen Lippen leicht vor Unglaube geöffnet. „Entschuldigt meine Voreiligkeit. Ich wusste nicht, wer Sie sind“, ließ er endlich von sich hören, bevor er sein Schwert zurücknahm und eilig verschwand. Nun war es an mir, ihm geschockt nachzuglotzen. Wieso hatte er mich gesiezt? Kopfschüttelnd befestigte auch ich wieder mein 'Accessoire' am rechtmäßigen Platz. Um mich herum nahm ich das ganze Getuschel wahr. Es fing an, wenn ich nah und hörte auf, sobald ich außer Sichtweite war. Daraus schloss ich, dass meine Wenigkeit gerade eben für ziemlichen Gesprächsstoff gesorgt hatte. Während ich also die Hauptstraße, in der sich, wie bei uns, Supermärkte, Modeboutiquen, Kosmetikshops, Kiosks und ähnliche Geschäfte aneinanderreihten, entlang latschte, versuchte ich mit mäßigem Erfolg diese tratschenden Stimmen auszublenden. Fast am Ende der Straße, ich konnte das weiße Schild mit der Aufschrift 'Atvykimas' sehen, als mir der Kragen platzte. Ich war vor meiner Verwandlung nicht aufbrausend, ich war ruhig und konnte mit Tratsch umgehen, ohne auszurasten. Ich war selber eine Tratschtante. Umso mehr verwunderte mich meine Tat selbst. „Was zum Henker ist mit mir?! Hört sofort mit diesem Scheiß auf!“ Sofort legte sich eine beängstigende Stille auf die Einwohner der Höllenstadt, bevor sie noch heftiger als zuvor miteinander tuschelten. Hier und da schnappte ich etwas wie „Eine Joudas Angelas, die mit uns spricht!“ oder „Sie ist die!“ auf. Wieder versuchte ich es, wenigstens die letzten Schritte zu ignorieren. Ich schaffte es auch einigermaßen, schaute nur noch einige Passanten mit einem tödlichen Blick an. Erst nach dieser Quälerei war ich endlich an meinem Ziel. Groß ragte da Gebäude vor mir auf, mindestens 5 Meter hoch waren die Wände. Die Tür war halb so hoch und aus Ebenholz gemacht, mit silbernen angelaufenen Scharnieren. Ich seufzte einmal tief durch und stieß dann das Tor auf. „Hallo, was kann ich für dich tun?“, würde ich höflich empfangen. Ich musterte die Dame vor mir. Ein Anzug, schwarz, mit einem Bleistiftrock. Sie hatte schwarze Haare mit roten Strähnen, die ihre blutroten Augen, die Kennzeichen der Dämonen waren, zur Geltung brachten. Ein Schwert sah ich nicht, aber ich dachte mir nichts dabei, da sie ja eine Angestellte dieser Halle war. Trotz dessen fasste ich mich kurz: „Menschenwelt, Pausenhof des Gymnasiums in Ginninstadt, 13:15 Uhr.“ Empört über dieses Verhalten sah sie mich an. Doch schlagartig änderte sich ihre Mimik, als sie mein Katana in Augenschein nahm. Sie nickte also nur kurz, ehe sie sich an den Rechner, der wie ein Normaler bei uns aussah, setzte und auf die Tastatur eindreschte. „Das 2. Tor links.“ Nickend machte ich mich auf den Weg zu besagtem Tor und trat es einfach auf. Dann ging ich zügigen Schrittes nach Hause. Alles sah aus, wie es war, als ich verschwunden war. Es war ja auch nur ungefähr drei Stunden her, dass ich in die Hölle gegangen war. Lächelnd machte ich mich auf den Weg in die Klasse, um meine Schulsachen zu holen. Wie zu Schulbeginn wurde ich angestarrt, weswegen ich kurz an mir herunter sah und bemerkte, dass ich noch meine schwarz-roten Sachen an hatte, genauso wie ich mein Schwert noch immer bei mir trug. Das würde Ärger geben. Schulterzuckend ging ich in die Klasse, die gerade Schluss hatte. Geradewegs ging ich auf meine Sachen zu, nahm sie mir, als mich meine Sitznachbarin und beste Freundin Hannah stoppte: „Was haben Sie mit Lilis Sachen vor?“ Ich bemerkte, wie die anderen die Luft anhielten. Sah ich so furchterregend aus? „Was geht dich das an, Mädel?“, knurrte ich schon fast. Wenn ich schon furchteinflößend war, konnte ich das auch ausnutzen. Kurz sah ich die Angst meiner Freundin, meinte sogar, sie riechen zu können, bevor sie ihren ganzen Mut zusammennahm: „Ich bin ihre beste Freundin! Ich möchte wissen, was du mit Lilis Sachen vorhast!“ Spätestens jetzt hielten alle im Raum die Luft an. Die ersten fielen schon in Ohnmacht. Fast ließ mich die Tatsache grinsen, doch ich beschloss, etwas anderes zu tun, bevor noch die ganze Klasse medizinisch versorgt werden muss: „Was glotzt ihr so?! Versorgt doch eure Weicheier von Kameraden!“ Ich wandte mich wieder der braunhaarigen Schönheit zu: „Ah, die beste Freundin? Dann musst du Hannah sein.“ Hier setzte ich eine dramatische Pause. „Ich soll dir ausrichten, dass du dir keine Sorgen zu machen brauchst.“ Damit schritt ich zur Tür und zog, hoffentlich, siegreich von dannen. Ich wartete nicht mehr auf ihre Reaktion. Ich ging durch die Straßen meiner Heimat in Richtung Wald. Er war schon immer ein beruhigender Ort gewesen. Konnte ich kein Mensch mehr werden? Mein altes Aussehen zurückerlangen? Ich wusste nicht mal, ob ich das dort unten ansprechen durfte. Meine Freunde hier wollte ich nicht verlieren. Selbst Hannah hatte mich nicht erkannt. Und was war mit Mama oder Dean? Würden die beiden mich erkennen? Ich seufzte. Den ganzen Weg hatte ich nicht über meine Schritte geachtet, sodass ich jetzt vor meinem Haus stand. Ein rotes Backsteinhaus mit roten Schindeln und weißen Fensterrahmen. Durch das Küchenfenster konnte ich Dean sehen, der sich von der generell weiß gehaltenen Einrichtung deutlich abhob. Ich schluckte und betätigte die Klingel der Haustür. Als 'Fremde' konnte ich ja nicht einfach den Schlüssel benutzen. Die polternden Schritte meiner Mutter, die die Treppe runterkam, konnte ich laut und deutlich vernehmen. „Ja?“, hörte ich eine außer Atem geratene Stimme, als die Haustür aufgemacht worden war. „H-hallo“, brachte ich raus. Mein Entschluss, meine eigene Mutter zu belügen, geriet ins Wanken. Ich konnte doch nicht die Frau, die mich großgezogen hatte, anlügen! Eben diese musterte mich einige Zeit, bis sie genau ein Wort sprach: „Scheiße.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)