Mondgeflüster von Lilithen ================================================================================ Kapitel 3: Das Angebot ---------------------- Hier stand er nun also. Vom eindrucksvollen Empfang aus, reichte er der Rothaarigen desinteressiert seinen Clubausweis, während er seine Lederhandschuhe auf dem harten Holz drapierte. Kakashi bemühte sich um einen gelangweilten Ausdruck, aber er konnte nicht mit Bestimmtheit sagen, ob es ihm auch gelang. Momentan fühlte der Hatake sich wieder wie ein blutiger Anfänger. Zu laut hörte er das Rauschen seines eigenen Blutes in den Ohren, das dessen aufgeregt schlagendes Herz durch seine Venen pumpte. Es war schon komisch. Noch nie hatte er wirklich diese Form der Aufregung verspürt, nicht beim ersten Auftrag in seiner Laufbahn und auch nicht, als er das erste Mal vollkommen alleine agierte. Es erschien immer so, als wäre sich sein Körper der Wichtigkeit im Klaren gewesen und hatte mitgespielt, die Aufregung zurückgedrängt. Und es ärgerte ihn, dass gerade jetzt, gerade hier, der sonst so zuverlässige Dienst versagte. Natürlich fand er sich momentan einer ganz anderen Art des Stresses ausgesetzt. Ganz unabhängig davon, was mit ihm selbst bei einem Fehler passieren würde, das Himitsu war mittlerweile das Herzstück der Abteilung, der heißeste Hinweis, den sie alle jemals erhalten hatten. Es war aber nicht die Tatsache, dass das ganze Team ihm vertraute, die ihn unter Druck setzte. Es war der Name des vermeintlichen Inhabers. Madara. Kein Nachname. Kakashi wusste nicht, ob es sich dabei um ein Pseudonym handelte oder nicht, aber er konnte mit Sicherheit sagen, dass dieser Mann nicht zu unterschätzen war. Er musste vorsichtig sein, denn Madara verstand sich darauf im Schatten zu leben, gierte geradezu danach. Sie hatten unzählige Quellen gehabt, Kontaktleute in jeder erdenklichen Ecke und am Ende war es nur noch Orochimaru, der überlebt hatte. „Sie werden bereits erwartet, ich wünsche Ihnen heute Abend viel Spaß, mein Herr.“ Freundlich wurde er von der jungen Frau aus seinen Gedanken gerissen. Nun war er also da, der Augenblick, der alles entschied. „Ich denke nicht, dass ich die Dienste von Hitomi heute in Anspruch nehmen werde“, ein müdes Lächeln schlich sich auf seine Lippen, „und auch an keinem anderen Abend mehr.“ Für einen kurzen Moment stellte Karin ihre Verwunderung zur Schau, bevor ihre Gesichtszüge wieder in einen professionellen Trott fielen. „Wenn das so ist, werden ich mit Ihnen sofort einen neuen-“, sie kam nicht dazu ihren Satz zu Ende zu sprechen. „Sie verstehen nicht, meine Liebe“, fast schon zärtlich verließen die Worte seine schmalen Lippen, „Ich bin heute nur hier, um meine Mitgliedschaft zu kündigen.“ Es war erstaunlich, wie sehr sie seine Worte aus der Fassung brachten und sie sich offensichtlich selbst zur Ruhe zwingen musste. „Falls es die Uhrzeit sein sollte, die Ihnen Probleme macht, kann ich mit Ihnen bestimmt einen Lösungsweg finden.“, zu schnell formten ihre leicht glänzenden Lippen die Worte und legten so ihr Missfallen seines Vorhabens dar. „Ich bin mir sicher, dass Sie das tun würden, aber es ist nicht die Uhrzeit, es ist ein anderes Problem.“ Damit tauschte der Grauhaarige, die auf dem Holz liegenden Handschuhe, gegen das kleine Stück Plastik. „Wenn etwas zu Ihrer Unzufriedenheit war, dann“, sie geriet ins Stocken, „dann...“, ließ die Rothaarige den Satz in der Luft schweben. Stumm um Worte ringend, die ihn dazu bewegen würden hier zu bleiben. Langsam und stetig darauf bedacht seine innere Unruhe nicht zur Schau zu stellen, streifte er sich den ersten Handschuh über. „Es liegt nicht an Ihnen“, der zweite Handschuh wurde übergestreift, „Es liegt eher daran, dass es mir keinen Reiz mehr bietet und genau das ist es, was mir die eigentliche Lust bereitet. Die Tatsache, dass Hitomi es nie wirklich gewollt hatte. Nun ja, es hatte etwas Verbotenes, etwas Aufregendes. Und das fühle ich hier nicht mehr, den Kick etwas Verbotenes zu tun.“ Kakashi konnte ihren Zwiespalt deutlich aus ihrer feinen Mimik ablesen, seine Worte schockten sie, brachten sie zum Nachdenken. Zum Abwägen. Und genau das war es, was ihn seine behandschuhte Hand ihre Finger umschließen ließ. „Es tut mir leid, Karin“, augenblicklich schnellte ihr Kopf, von ihren ineinander geschlungenen Händen, zu seinem Gesicht, „Das war dann wohl unser letztes Mal, meine Liebe.“ Deutlich sah er die Röte auf ihren Wangen und das leichte Beben ihrer Lippen. Verschwunden war jeder Anflug der Diskretion, welche sie fast schon mit leidenschaftlicher Akribie auslebte. Er konnte nicht umher die lilahaarige Prostituierte dafür zu bewundern, wie zielgenau sie seine Wirkung auf die Frau vor ihm prophezeit hatte. Und während er für einen kurzen Moment sanft ihre Finger drückte, hoffte er, dass es nicht das einzige blieb, was eintreten würde. Ein letztes Mal lächelte der Polizist dem femininen Gesicht entgegen, um anschließend seine Finger zu lösen und sich zum Gehen zu wenden. Kakashi konnte fühlen wie sich seine Muskulatur bei jedem seiner Schritte weiter anspannte. Er musste die Fassung bewahren. Um jeden Preis und unabhängig davon, dass er dem Ausgang schon unheimlich nah war. Der Grauhaarige durfte sich nicht umdrehen, egal wie sehr seine Nerven spannten und drohten zu zerreißen. Einfach weiter laufen. Gerade, rational, bestimmt. Fest umschlossen seine Finger den Türgriff und drückten ihn nach unten. Zu fest, wie er feststellte, als er das leise Knarzen des Leders hörte. Aber das konnte ihm jetzt auch egal sein. Augenscheinlich hatte er verloren, denn die kühle Außenluft traf sein Gesicht und sein Fuß betrat den kalten Stein des äußeren Treppenabsatzes. „Stopp!“ Schrill erreichten die Worte seine Ohren und ließen ihn innehalten. Ohne seinen Finger von dem schmalen Türgriff zu nehmen, wandte er sich um. Karin hatte ihren Platz hinter dem Tresen aufgegeben, stand nun mittig im Raum und sah ihn mit einer Verzweiflung an, die er selten erlebt hatte. Kakashi konnte nicht umhin die junge Frau verwundert zu mustern. Ihre stolze Haltung war verschwunden. Sie war angespannt, leicht gebeugt und ihre perfekt manikürten Nägel vergruben sich in dem dunklen Stoff ihrer Hose. Die Rothaarige wirkte wie ein verschrecktes Kind, das mit der Situation überfordert war. „Wenn“, sie räusperte sich kurz, „Angenommen ich könnte Ihnen ein Angebot machen, von dem ich mir sicher bin, dass es Sie interessieren wird, wären Sie bereit mir zuzuhören?“ Er konnte deutlich sehen, wie sie schluckte, als sie zeitgleich ihre Finger entkrampfte. Fahrig strich sie sich über die Oberschenkel. Die Rezeptionistin war deutlich darum bemüht ihre Fassung zurückzugewinnen, aber das aufgeregte Zittern ihrer Hände war unverkennbar. Geräuschvoll nahm der Hatake seinen nächsten Atemzug, während er seinen Körper wieder gänzlich in den Empfangsbereich platzierte und die Tür schloss. Es dauerte einen Moment, bis er sich vollkommen bewusst wurde, was die Brillenträgerin ihm da vorgeschlagen hatte. Er war wieder im Spiel. „Nun, wenn du dir sicher bist, dass du nicht nur meine Zeit verschwendest“, seine Hand löste sich nun gänzlich von der Klinke, „Ich höre.“ Als wäre seine Aufforderung ein Startschuss gewesen, nahm sie die kleine Karte vom Tresen und sah ihn durchdingend an. „Wir führen noch einen separaten Bereich, hier im Erdgeschoss. Er ist für unsere besonders treuen Gäste.“, damit verschwand sie wieder hinter dem hölzernen Empfang und tippte konzentriert etwas in den schmalen Laptop. „Das dortige Angebot ist um einiges vielfältiger. Es ist möglich jedes Ihrer Bedürfnisse zu stillen, von einfacher Konversation, bis hin zu körperlichem Kontakt.“ Nur zu gut erinnerte sich Kakashi an die verborgene Tür, die er bei seinem ersten Besuch hier gesehen hatte. Eher durch Zufall, lag diese doch für gewöhnlich hinter einem schweren Wandteppich. Schon damals hatte er gewusst, dass damit etwas nicht stimmen konnte, allein schon anhand der verschreckten Reaktion der Rothaarigen auf den Fund. Umso erstaunlicher war es, dass eben jene Person nun offenkundig dazu bereit war, ihn in dieses Geheimnis einzuweihen. Dem Hatake war bewusst, dass es nicht gänzlich seine eigene Leistung war und er musste sich zusammen nehmen, um nicht fassungslos aufzulachen. Anko hatte von Anfang an recht behalten. Interessiert überbrückte der Grauhaarige die Distanz zwischen ihnen und stütze seine Unterarme auf den Tresen. Sehr wohl nahm er dabei das kleine, erleichterte Lächeln auf Karins Lippen wahr. Trotzdem war es noch für ihn noch nicht Zeit gelassen zu sein. Es war noch unklar, ob es sich bei diesem Bereich des Hauses nicht nur um etwas handelte, in dem Fetische ausgelebt wurden. Sollte das der Fall sein, hatte er rein gar nichts. Der Ausruf eines zufriedenen Lautes, zog seine Aufmerksamkeit an und er sah Karin nun wieder direkt ins Gesicht. Diese erwiderte den Blickkontakt, seine Clubkarte im festen Griff. „In diesem Bereich herrschen besondere Regeln. Der Kunde macht keine Termine, er äußert Wünsche“, interessiert horchte der Grauhaarige auf, „Für gewöhnlich sprechen wir dort den Eigenwert unserer Besucher an. Sie lernen dort in der Regel jeden Mitarbeiter kennen und können ungehindert ihre Qualifikationen offenlegen, bevor mir der jeweilige Name genannt wird. Dabei besteht der Reiz darin, dass es sich nicht nur um eine einfache Buchung handelt. Das Wiedersehen muss von beiden Seiten erwünscht sein.“ Abschätzend runzelte er die Stirn. Kakashi hatte schon von vielen skurrilen Angeboten gehört, die Bordelle anboten, um Kundschaft zu unterhalten, aber dieses war das Verworrenste. Was sollte verlockend daran sein ein Vorstellungsgespräch zu führen, bei dem man sich selbst verkaufen musste? „Abgesehen davon, dass es meine Zeit verschwenden würde, kann ich darin weder einen Sinn, noch einen Anreiz erkennen“, äußerte er gelangweilt und nahm seine Unterarme vom Empfang. „Das ist mir durchaus bewusst, aber die Einführung ist Pflicht, bei jeder Einladung. Ich bitte Sie, das zu entschuldigen und noch einen kurzen Moment zuzuhören.“ Ein beschwichtigendes Lächeln wurde dem Hatake entgegen gebracht und ließ ihn resigniert ausatmen. Er hatte das Wort Einladung sehr wohl verstanden, etwas worin er, zumindest laut Anko, das finden würde wonach er suchte. Aber egal wie sehr es den Polizisten auch in Unruhe versetzte hier festgehalten zu werden, er musste in seiner Rolle bleiben. Noch immer bestand die Gefahr, dass Karin skeptisch werden könnte und das war eine Komplikation, die er nicht gebrauchen konnte. „Um die Unklarheit, gegenüber des Reizes, aus der Welt zu schaffen“, elegant strich sie sich eine Strähne ihres roten Haares hinters Ohr, „Es ist der Wettbewerb. Für gewöhnlich wirbt man nicht allein um das Interesse, sondern muss den Gegenspieler übertrumpfen. Ob mit Charakter, Aussehen oder anderem hängt dabei allein vom Angestellten ab. Dieser Prozess ist Standard und unumgänglich... eigentlich.“, ungewöhnlich viel Nachdruck lag in ihrem letzten Wort und sie ließ einige Sekunden verstreichen, „Allerdings habe ich mir die Freiheit herausgenommen Sie direkt zu vermitteln, an jemand besonderen. Ich denke Sie werden mit ihm zufrieden sein.“ „Ihm?“ Kakashi war aufrichtig verwirrt. Zwar wusste er, dass es sich hier um ein gemischtes Gewerbe handelte, aber dass er nun an jemand männliches vermittelt wurde erstaunte ihn. „Sie schienen mir experimentierfreudig und glauben Sie mir, er wird Sie nicht enttäuschen. Katsumi ist unser Kernstück und bei weitem nicht für jeden zugänglich.“ Ein schelmisches Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus, während er sich zum wiederholten Male an diesem Abend seiner Handschuhe entledigte. „Und das ist erlaubt?“ Für einen kurzen Moment wirkte die Angesprochene zögerlich, fast ängstlich, ehe sie sich wieder fasste und in Richtung des Flures ging. Nicht ohne sich noch einmal umzudrehen und ihn anzulächeln. „Besondere Situationen erfordern besondere Ausnahmen.“ Damit deutete sie einladend hinter sich. „Wenn Sie mir nun bitte folgen würden.“ Augenblicklich setzte er sich in Bewegung, den Rücken der Rothaarigen, die schon im Begriff war loszugehen, fest im Blick. Kakashi konnte nicht sagen, ob es sein schlechtes Gewissen war, welches seiner Stimme diesen rauen Unterton beimischte. Immerhin hatte er sie in den letzten Monaten hinreichend manipuliert und es schien ihm als eine Art Wiedergutmachung nötig, wenn auch nur eine kleine, von der die junge Frau zehren konnte. „Ein böses Mädchen also“, seine Lippen waren so nahe an ihrem Ohr, dass diese schon beinahe ihre Haut berührten, „Die mag ich am liebsten“, hauchte der Grauhaarige, beinahe schon animalisch und erzielte sofort seine beabsichtigte Wirkung. Karins Wangen färbten sich in einem tiefen Rotton, während sich die feinen Härchen in ihrem Nacken aufstellten, „Ich bin wirklich interessiert.“ Und damit ließ er von ihr ab, vergrößerte den Abstand zwischen ihnen und sah nun in das verwirrte, rötliche Gesicht der anderen. Der Hatake war sich durchaus seiner Doppeldeutigkeit und der stillen Hoffnung, welche er damit in ihr weckte, bewusst. Genau das war seine Absicht gewesen, denn wenn sich der Verdacht Pains bestätigen sollte, würde jeder der hier Beschäftigten mit Konsequenzen rechnen müssen. Auch die Rothaarige, da sie offenkundig diesen Gesetzesbruch förderte. Und davor würde sie nicht weglaufen können. „Also dann“, sanft entzog er der jungen Frau die Karte aus ihren Fingern und hielt ihr diese vors Gesicht, „enttäusche mich nicht.“ Ein zaghaftes Nicken wurde ihm entgegen gebracht, bevor die Frau voran in den Flur schritt. Aufmerksam folgte der Grauhaarige ihr, durch das mittlerweile vertraut gewordene Gewölbe, vorbei an den verschieden Türen, welche die separaten Erfrischungsräume hinter sich verbargen. So oft war er in den letzten Monaten hier entlang geschritten, geradeaus durch, auf direktem Weg zur Treppe, welche nach oben führte. Wahrscheinlich lag es an diesem Umstand, dass er beinahe gegen den schmalen Rücken Karins stieß, als diese stehen blieb um den edlen Teppich zur Seite zu ziehen. „Eine letzte Regel muss ich Ihnen noch mitteilen.“, bestimmt verharrte ihre Hand auf dem schmalen Türgriff, „Was auch immer Sie in diesem Bereich sehen, besonders wen Sie dort sehen, bleibt unter Verschluss. Sie werden nichts nach draußen tragen und niemandem davon erzählen. Glauben Sie mir, das ist in Ihrem Interesse. Dieser Bereich wird vom Inhaber persönlich überwacht und bitte glauben Sie mir, wenn ich Ihnen sage, dass es nicht vieles gibt, was schlimmer wäre, als auf seiner schwarzen Liste zu stehen.“ Und damit öffnete sie die massive Tür und deutete mit einer grazilen Handbewegung an, dass er eintreten solle. Augenblicklich kam er dieser Aufforderung nach und betrat den Bereich. „Herzlich Willkommen im inoffiziellem Teil des Himitsu, mein Herr.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)