Hakuouki - The Demon of the fleeting Blossom von Ascian_Dragon ================================================================================ Kapitel 4: Kapitel 1.3 - Einsamkeit ----------------------------------- Februar 1864 Ich schob die Tür auf und erzitterte, als der kalte Morgenwind in mein Gesicht wehte. Dunkle Massen von Wolken sammelten sich stillschweigend über der Stadt, ein starker Wind wies ihnen den Weg in die weite Ferne. „Kalt...“ gab ich murrend von mir und rieb mir die Arme. Eine Woche war vergangen, seit ich hier bei der Shinsengumi lebte. Sie gaben mir die Erlaubnis, mich im Hauptquartier frei zu bewegen, doch nach draußen durfte ich nicht. Man gab mir ein eigenes Zimmer und die meiste Zeit saß ich dort allein. Ich hatte nicht die beste Gesellschaft, aber immerhin war dies eine bessere Variante, als getötet zu werden. Ich beschwerte mich nicht. Denn sonst konnte ich es vergessen, das sie mir bei der Suche nach meinem Vater helfen würden. Doch die ganze Zeit herum sitzen, das konnte ich nicht. Aber ich hatte keine Wahl. Seufzend blickte ich auf mein Katana. Zumindest meine Waffe hatten sie mir zurückgegeben. Ich bekam es, als ich klein war. Damals konnte ich nichts damit anfangen, übte mit einem Bambusstock die Grundlagen, ehe ich zu ihm griff. Seit Generationen gehörte es der Yukimura Familie. Der Unterricht, es führen zu können, war eine großartige Erfahrung für mich. Auch wenn ich bisher niemanden getötet hatte – und niemanden töten wollte – ich wusste, irgendwann würde es passieren, das ich diese unbenutzte Klinge in den Rumpf von Jemanden rammen würde. Mir wurde beigebracht, das ich mein Leben verteidigen sollte. Das tat ich auch und bisher hatte niemand größere Schäden davon getragen. Nur wer kämpft, kann gewinnen oder verlieren. Doch wer wegläuft, verliert mehr als nur die Ehre. Langsam begann ich wieder an meine Vergangenheit zu denken. Und wieder war mir bewusst: Ich war nicht normal. Immer wenn ich mich verletzte, schlossen sich die Wunden rasch. Der kleinste Kratzer war nach einigen Minuten weg. Je größer ich wurde, desto mehr realisierte ich es. Als ich meinem Vater davon erzählt hatte, sagte er, es wäre ein Geschenk gewesen, nur sollte ich es niemanden erzählen. Ich tat es wie befohlen. Ich wollte nicht als Monster abgestempelt werden. Doch mit der Zeit begann ich zu ahnen, was mit mir los war. Und ich hatte recht damit. Menschlich war ich nicht. Aber ich war auch kein Monster. Monster töteten wahllos andere – ob unschuldig oder nicht – und ich war nicht so. Ich war zwar anders, aber ich hatte gelernt, wie ein Mensch zu leben. Ich erfuhr ebenfalls, dass mein Vater eigentlich nicht mein richtiger Vater war. Meine leiblichen Eltern setzten mich vor langer Zeit aus. Ich dachte immer, sie wollten mich nicht, weil sie wussten, das ich ein Monster war. Doch gleichzeitig fragte ich mich, ob sie nicht wie ich waren und vielleicht andere Gründe hatten, mich loszuwerden. Dies hatte ich meinem jetzigen Vater nie erzählt, was ich darüber dachte, aber ich sah in ihm eine Vaterfigur, auch wenn ich es mir stets bewusst machte, das er es nicht war. Er verbrachte sein Leben damit, mich groß zu ziehen, dafür war ich ihm dankbar. Auch wenn meine Wunden nie mit einer Narbe zurückblieben, sondern ganz verschwanden, hatte es mich nie abgeschreckt mit dem Schwert zu trainieren. Ich wurde darin gut, besser. Meine Gedanken stoppten, als ich einige Krieger sah, die meine Anwesenheit bemerkten, ihre Gesichter verzogen und auf dem Absatz Kehrt machten. Ich verengte die Augen und blickte arrogant zur Seite. Ich hörte, ein eigenes Zimmer für eine einzelne Person war ein Luxus, den nicht jeder bekam. Selbst die Kapitäne nicht. Dies schien die Soldaten verärgert zu haben, das ein Kind – aufgetaucht vom Nirgendwo – besser behandelt wurde als sie selbst. Kein Wunder das sie sich über mich ärgerten und mich mieden. Sicher konnte ich es ihnen nicht übel nehmen. Doch was konnte ich dafür, wenn man mich nicht mit jemanden in ein Zimmer steckte? Das war allein die Entscheidung der Vorgesetzten. Und doch war ich es, der sie beneidete: Ein oder zwei Mal hatte ich den Einheiten beim Training zugesehen. Gerne hätte ich dort mitgemacht, aber es kam oft dazu, das ich für meine medizinischen Kenntnisse eingesetzt wurde. Schließlich war ich der Sohn eines Arztes und mit mancher Medizin kannte ich mich aus. Und trotzdem: Ich konnte mich frei bewegen, doch sagte Hijikata zu mir, ich sollte mein Zimmer nur wenn nötig verlassen. Es war ein Widerspruch an sich, aber ich gehorchte. Ab und zu wurde ich auf Botengänge losgeschickt, wenn sich einige zu fein waren, das kleine Stückchen durch die Zimmer zu gehen. Aber zumindest konnte ich etwas tun. Für so manche Kapitäne wurde ich dazu genötigt, Tee zu kochen. Als wäre ich ihr Hausmädchen. „Sie beobachten mich ja nur...“ Sollten sie nur. Immerhin hatte ich mich damit abgefunden, Dinge – die mich nichts angingen – zu ignorieren. Ein Fehler meinerseits und sie bekamen Schwierigkeiten. Vielleicht war es das Beste, mich von den Soldaten fernzuhalten. Auch wenn ich es verabscheute, allein zu sein, ich hielt mich an der Abmachung und wich jeder Konversation aus. Es kam selten vor, aber wenn mich einige Krieger ansprachen, gab ich nur wenige Antworten und verschwand auf mein Zimmer. Mittlerweile sprach niemand mehr mit mir, ich vermutete, der Großteil sah in mir sowieso ein arrogantes ignorantes Balg. Ich war eben ein guter Schauspieler. Gelangweilt zeichnete ich kleine Kreise, Punkte, Strichmännchen auf ein Blatt Papier. Sollte ich mich mit jemanden anfreunden, wenn ich schon hier eine Weile sein würde? Keine gute Idee. Ich würde sie sicher nur von der Arbeit abhalten. Der Pinsel stoppte, fiel auf das Blatt und hinterließ eine hässliche Spur Tinte. Irgendwie fühlte ich mich... mies. Eigentlich sollte ich durch die Stadt laufen und nach meinem Vater suchen. Aber stattdessen hielt man mich hier fest. Vielleicht sollte ich Hijikata um Erlaubnis – Halt, stimmt ja. Er war nach Osaka aufgebrochen vor einigen Tagen. … Vielleicht sollte ich diese Gelegenheit nutzen, während er weg war. Eventuell sollte ich mich einfach umsehen. Wenn ich hier schon fest saß, konnte ich genauso gut das Quartier genauer beobachten. Die Zeit hatte ich mir bisher nie genommen. Es gab einige Wege, die kannte ich in und auswendig, andererseits existierten mir nicht bekannte Wege. Ich schloss die Tür hinter mir und ging los. „Keiner da.“ kommentierte ich leise. Ich sah mich um. Die Gänge waren völlig leer. Vielleicht war es gut so, das niemand hier war. Entschlossen ging ich in eine Richtung. Wenn ich schon die Erlaubnis hatte, überhaupt hier herum zu laufen, warum nicht auch nutzen? Auf der anderen Seite mochte es eine schlechte Idee sein. Vielleicht gab es Dinge, die ich nicht entdecken sollte. Ich stieß auf eines ihrer Geheimnisse, als ich das erste Mal hier in Kyoto ankam. Auch wenn ich neugierig war, den Tod hervor eilen wollte ich nicht. Zudem hatte ich versprochen, jene Nacht zu vergessen – auch wenn es leichter gesagt als getan war. Kurz stehen geblieben wandte ich mich um, darüber einig, wieder in mein Zimmer zu gehen, als ich Stimmen hörte... Ich folgte dem Gang und blickte langsam um die Ecke. Am Tor standen – nicht ganz so gut sichtbar, wahrscheinlich beabsichtigt – Nagakura und Harada. Das ich ihre Stimmen von weiter weg gut hören konnte, war auch das von Vater erwähnte 'Geschenk', was mich von den normalen Menschen unterschied. Meine Sinne waren besser als durchschnittlich. „Hey.“ gab ich von mir, die zwei mit Absicht erschreckend. Nur verkniff ich mir das Grinsen. „Was?!“ Nagakura sah mich entsetzt an. Ich musterte sie kurz, sie schienen etwas zu verheimlichen. „Wohin des Weges? Dürfte ich mit?“ fragte ich direkt. Vielleicht konnte ich so die Gelegenheit nutzen, nach meinem Vater zu suchen, wenn ich unter Aufsicht war. Harada seufzte und hob eine Augenbraue. „Nun... mir ist das relativ egal, aber... du wirst dich sicher nicht amüsieren...“ „H-Hey! Nicht, du Idiot, wir können ihn doch nicht mitnehmen! Zudem hast nicht du die Entscheidung zu treffen!“ Der Größere schien nicht begeistert vom Vorschlag seines Freundes zu sein. Da war ganz sicher etwas. Dieser sah mich verwundert an. „Huh? Stimmt ja. Wir dürfen dich nicht rauslassen. Sie lassen dich nicht mal ohne Begleitung aus deinem Zimmer oder?“ „Wer sagt das?“ brummte ich und sah ihn verwirrt an. Begleitung? Seit wann das denn? Ein kurzes Schweigen herrschte, ehe ich die Hände in die Hüften stemmte. „Nun, wo wollt ihr überhaupt hin?“ „Nein, wir wechseln nicht das Thema- Ach was soll es. Wir sind auf dem Weg ins Shimabara.“ „Shimabara.“ wiederholte ich. Meine Züge entgleisten. „Im Rotlichtviertel?“ Nagakura sah abwechselnd zu uns, ehe er ertappt seufzte. „Komm schon, du erzählst einem Kind, das wir ins Shimabara gehen?“ „Du weißt doch, das ich nicht lügen kann. Außerdem ist daran doch nichts Schlimmes.“ „Denkst du. Du gehst ja nur zum Trinken hin.“ „Du etwa nicht, Nagakura-san?“ fragte ich leicht amüsiert. Ich konnte mir die Antwort denken, ich war schließlich auch ein Junge. Nicht das mich so etwas interessierte. Als er sich abwandte, wusste ich bereits Bescheid. Wenn ich mich recht entsann, gab es im Shimabara sicher hübsche Frauen, die einen bedienten. Leute wie Harada – die nur zum Trinken hin gingen – waren sehr selten. „Aber... ihr geht mitten am Tag hin?“ „Ist das nicht der Traum eines jeden Mannes?“ Harada störte es wohl wenig, das ich davon nun Bescheid wusste. Nur verstand ich seine Aussage nicht so richtig. Vielleicht meinte er die Freiheit eines Mannes, tagsüber hingehen zu dürfen? Oder die Freiheit, das Hijikata davon nichts mitbekam? Es sei denn, er war ihre Aktionen bereits gewohnt. „Sicher das es eine gute Idee ist, mitten am Tag trinken zu gehen?“ Eigentlich war es mir recht Schnuppe, wohin sie zogen. Es sollte nicht meine Angelegenheit sein. „Ich weiß was du meinst. Mitten am Tag so etwas durchzuziehen...“ murmelte der Rotschopf und rieb sich das Kinn. Dennoch, Kyoto ist in letzter Zeit recht gefährlich geworden. Da bleibt uns nachts nicht viel Zeit, Spaß zu haben.“ Der Punkt ging an ihn. „Ach scheiß drauf, was richtig ist. Ein Mann sollte leben! Wir sollten feiern, wann und wie wir es wollen!“ rief Nagakura und reckte die Faust in die Luft. Man merkte mir an, das ich mit sowas nicht vertraut war. Sicher machte es Sinn, was er sagte. Nachts hatte die Shinsengumi viel zu tun, da blieb nicht die Zeit zum Feiern. Aber würde so etwas nicht auch Tagsüber passieren? In Gedanken versunken, hatte ich erst mal nicht mitbekommen, als Toudou dazu stieß. „Oh... Kaoru, kommst du etwa mit?“ „Ne... ich habe nicht mal die Erlaubnis dazu. Bevor Hijikata mir den Hals umdreht, lass ich es lieber...“ Mit der Schulter zuckend sah ich, wie sich seine Züge verfinsterten. „Du gehst auch ins Shimabara, Toudou-kun?“ Kurz stutzte er, ehe er mich leicht verunsichert ansah. „Uh, nun... ja. Um, Kaoru... du musst mich nicht Toudou nennen, okay? Es fühlt sich so... alt an, weißt du? Und wir scheinen ja gleich alt zu sein.“ „Wie soll ich dich dann nennen?“ „Nenn mich einfach Heisuke. Das tun alle hier. Wir leben schließlich für eine Zeit zusammen, da geht das in Ordnung.“ „Meinst du?“ Er nickte begeistert. Irgendwie hellte sich meine Miene auf. „Okay... Heisuke.“ „Ja genau! Wie wäre es wenn wir von vorne anfangen? Hallo Kaoru, es ist mir eine Freude dich kennen zu lernen.“ Er verbeugte sich kurz. Mit einem Male war ich nicht mehr so angespannt. „Okay... Es ist mir ebenfalls eine Freude, Heisuke.“ Es war nichts besonderes, aber irgendwie fühlte ich mich aufgemuntert. Allein sein Anblick ließ mich manche Sorgen verdrängen. Es tat gut mit ihm zu reden, auch wenn wir anfangs nicht so das Vergnügen hatten. „Ihr geht aber dennoch hin, oder?“ harkte ich weiter nach. Sie scheinen gedacht zu haben, das ich sie so einfach ziehen lassen würde. Heisuke öffnete den Mund, schloss ihn jedoch wieder, unsicher was er sagen sollte. „I-ich gehe nicht wegen den Mädchen hin! Ich will nur mit den Jungs rumhängen, weißt du?“ Niedlich wie er sich zu rechtfertigen versuchte. Aber ich verstand ihn langsam. Die anderen sahen in ihm eine Art kleinen Bruder, daher drohte man zu vergessen, das Toudou – Heisuke – eigentlich erwachsen war. Zudem hörte ich, das er gut Alkohol vertrug. Während er so da stand und mich breit anlächelte, gab ich es auf, ihn aufhalten zu wollen, auch wenn ich dachte, das wäre das Beste für sie alle. „Nun, vielleicht kannst du uns davon abhalten zu gehen, wenn du dich wie eine Dame kleidest.“ Haradas Worte ruinierten die Stimmung. Entgeistert sah ich ihn an. „Bitte was?“ „Ja man! Du hast ja schon ein recht feminines Gesicht, du sähest sicher süß aus!“ „Du nennst einen Jungen gerade 'süß'...“ brummte ich nur zurück. Sollten sie doch in ihr Verderben gehen. Wie sie mich anstarrten. Ich hielt dem Blick stand, ehe Nagakura das Wort erhob. „Dafür das du uns reingelegt hast, musst du das einmal für uns tun!“ „Was?! Ihr habt euch selbst was eingeredet!!“ Okitas Kommentar sollte ich mir wirklich zu Herzen nehmen. Es fiel wirklich auf mich zurück und wurde schlimmer. „Tze, mal sehen.“ Heisuke sprang vor Freude in die Luft. Ich hatte nicht mal 'Ja' gesagt, als Harada weiter sprach: „Gut, das war kein klares 'Nein', also Kaoru. Vergiss nicht was du versprochen hast.“ „Wo war das bitte ein Versprechen?!“ keifte ich entsetzt zurück. Dem Trio schien mein Ausdruck zu gefallen, denn ich verbarg nichts. Ich spürte die Hitze in meinem Kopf aufsteigend. Beleidigt verschränkte ich die Arme. Nagakura seufzte und hob die Hand. „Sieh es mal von unserer Seite, Kaoru. Jeden Tag schuften wir für Kyoto-“ „Das ist nicht überzeugend genug.“ unterbrach ich knurrend. Auch wenn ich gerade schlechte Laune hatte, er hatte nicht unrecht. Es war normal für Männer, ins Shimabara zu gehen – da ich nicht normal war, zählte ich mich nicht dazu – Mit welchem Grund also sollte ich sie aufhalten? Ich hatte nicht das recht dazu. Vielleicht empfand ich es als Einziger, das es komisch wirkte, wenn Kapitäne tagsüber ins Shimabara gingen. Ich war nur ein Gast und es wäre beinah zu unhöflich, ihnen zu sagen was sie tun sollten. Dennoch nahmen sie sich die Zeit, mit mir zu reden. Im Grunde genommen waren sie recht in Ordnung. „Fein...“ Ein Teil von mir war ein wenig neidisch. Ans Shimabara hatte ich kein Interesse, aber dennoch war ich an diesen Ort gebunden. Mit ihrer Freiheit hätte ich nach meinem Vater suchen können, doch momentan konnte ich nichts tun. „Soll ich dir etwas mitbringen? Eine Kleinigkeit?“ fragte mich Harada. Sein Gesichtsausdruck war recht nett. Kurz überlegte ich. „Um... Gut, wie wäre es mit Pfirsichen? Die kann man ja auch später zusammen essen.“ schlug ich vor. Es wäre dumm von mir, seine nette Geste abzulehnen. Er lachte kurz, ehe er nickte. Heisuke sah mich entschuldigend an. „Sobald Hijikata-san dir die Erlaubnis gibt, raus gehen zu dürfen, gehen wir mit dir wohin du willst.“ Für diesen Gedanken schenkte ich ihm ein sanftes Lächeln. „Danke, Heisuke. Mach dir aber deswegen keine Sorgen. Auch wenn es gerade nicht geht, die Absicht dahinter zählt. Es ist sehr nett gemeint, das allein baut mich auf.“ Er runzelte die Stirn, dann nickte er. Ich trat einen Schritt zurück und sah zu, wie sie sich umdrehten, um aufzubrechen. „Wo wollt ihr denn hin?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)