Blue Boy von Anemia ([Simon Cruz & Olli "Twisted" Kosunen]) ================================================================================ Kapitel 1: 1. Kapitel - Animal Attraction ----------------------------------------- * Peter war schuld. Ganz allein Peter. Er saß in dieser Nacht in meinem Ohr und hat mich zu all den Schwulitäten verleitet. Es tut mir leid, Olli. Eigentlich bin ich nicht so. Selbst nicht, wenn Frauen mich abblitzen lassen. Selbst nicht mit vier Promille im Blut. Aber du fordertest es geradezu heraus und das weißt du auch. Zu manchen Dingen gehören eben immer zwei. Zwei besoffene Typen, der eine derartig an Homosexualität gewöhnt, dass er Heterosexualität manchmal schon als seltsam empfand und der andere so offensiv metrosexuell, dass einem Normalsterblichen die Augen bluten konnten; da blieb einfach kein Raum für Unschuld. * "Da bist du ja schon wieder." "Ja. Back on track. Allzeit breit - äh, bereit." Diese Worte rangen Olli wundersamerweise erneut ein Schmunzeln ab. In Kombination mit seinem Blick, den er von unten zu mir hinaufwarf, strahlte er irgendetwas Sympathisches auf mich aus. Vielleicht lag das aber auch nur daran, dass er im Gegensatz zu meinen sehr verehrten Bandkollegen noch Augen für andere Frauen hatte - trotz Ehe oder Beziehung oder in was auch immer er steckte. Darüber hatten sich Peter und Martin bisher nicht ausgelassen, obwohl das gerade ein interessantes Gesprächsthema dargestellt hätte. Als wenn nichts gewesen wäre ließ ich mich wieder neben ihn auf meinen Hosenboden fallen. Liebäugelte erneut mit Ollis Schnapsglas, aber ja, er musste mich gar nicht so ansehen, ich wusste, dass ich bereits genug getankt hatte. "Hat die Braut dich nicht rangelassen, oder was?" Vernahm ich da etwa so etwas wie leichten Hohn in seiner Stimme? Sollten die Arroganz-Anschuldigungen doch der Wahrheit entsprechen? "Ach, die Alte war eh total verklemmt", erklärte ich schulterzuckend, woraufhin Olli neben mir leise vor sich hinlachte. "Wahrscheinlich warst du ihr einfach zu hacke. Man muss schon selbst ziemlich zu sein, damit man auch nen absolut Besoffenen vögelt." Sollte das ein Kompliment sein? Egal. Ich nahm es als solches. Und feuerte prompt eine kleine, plumpe Anmache zurück. Einfach, weil mir danach war und ich nicht erst lange über Gott und die Welt nachdenken wollte. Nicht heute. Nicht in diesem Zustand. "Da hab ich ja Glück, dass du schon fast so dicht bist wie ich." Ich hatte mich entspannt zurückgelehnt und erwartete fast schon mit Begierde Ollis Reaktion auf meine Worte. Er schien mir ein recht schlagfertiges Bürschchen zu sein und ich konnte nicht leugnen, dass solche Menschen einen gewissen Reiz auf mich ausstrahlten. Intelligenz wirkte immer sexy, egal, wie betrunken man war. Egal, ob es sich um ein Männlein oder ein Weiblein handelte. Egal, egal, egal. Fuck everything. Olli antwortete nicht sofort. Zunächst musterte er mich einmal mehr mit diesem abschätzenden Blick, der mich allerdings nur zu einem noch breiteren Grinsen animierte, hoffend, der andere würde nicht den Heteroklemmi spielen und sich auf so etwas wie einen kleinen Flirt einlassen. Ich meine, das war im Grunde alles nur ein Heidenspaß und nicht mehr. Niemals hätte ich ernsthafte Absichten gegenüber einem anderen Schwanz gehegt. Das war einfach nicht meine Art. Das überließ ich mal schön Peter. "Was soll denn das heißen?", meinte Olli letzten Endes, öffnete seine Lippen ein klein wenig, aber nicht, um mir eines seiner berauschenden Lächeln zu schenken, sondern um besser mit seiner Zunge gegen die Innenseite seiner Wange zu stoßen. Wie so ein übelster Proll. Die Arroganz, die förmlich auf seine Stirn geschrieben zu sein schien. "Was das heißen soll?" "Ja." "Dass dicht und dicht sich gern gesellt." Ein Kopfschütteln kam von Ollis Seite. Mehr nicht. Schade. "Ey, mach dich mal locker", lachte ich auf und klopfte Mister Dollface auf die Schulter. "Dein Keuschheitsgürtel sitzt eindeutig zu fest. Kneift's nicht?" Doch Olli wandte nur seinen Blick ab. Schade, schade, schade. Er wollte nicht mehr mit mir reden. Also konnte ich mich ebenso gut verpissen. Mit den Frauen hatte ich heute ohnehin kein Glück und irgendwie stand mir auch gar nicht mehr der Sinn nach prallen Titten. Nur Olli, den hätte ich ganz gern noch ein bisschen geärgert. Als Belohnung dafür, dass er mich vor einem bösen Sturz auf meinen ohnehin schon blöden Schädel bewahrt hatte. Aber man sollte schließlich immer aufhören, wenn es am schönsten war. Galt für die Sauferei, galt für das Piesacken wildfremder Puppengesichter. Galt für alles. "Ich mach los", kündigte ich also an, schwankte vor Olli herum und fiel nicht nur einmal fast auf ihn drauf. "Weißte was, ich komm mit." "Was? Mit zu mir?" "Nein. Ich hau auch ab. Wird langsam langweilig." "Ohne mich würdest du dich noch mehr langweilen, das schwör ich dir." Schließlich stand er vor mir und hielt mich schon aus Reflex an den Oberarmen fest. Wahrscheinlich, weil ich schon wieder umzufallen drohte. Wir blickten uns direkt an. "Ey, Püppchen", säuselte ich wie im Delirium, wurde aber bereits nach draußen gezogen und durfte die frische Nachtluft schnuppern. Mh. Das tat gut. Fast so gut wie das Glas Wasser vorhin. "Scheiße." "Was? Ich riech nichts." "Nee...Scheiße", beharrte Olli auf den Ausscheidungen. "Wie spät ist es eigentlich?" "Keine Ahnung", lallte ich vor mich hin, versuchte, mein Handy aus der Hosentasche zu angeln, aber meine Finger griffen fünfmal ins Leere, bis sie das Gerät zum Vorschein brachten. Nur leider war es mir erst recht nicht möglich, die Uhrzeit zu erkennen. Also konterte ich ganz einfach geschickt. "Ich glaube, es ist kurz vor nackig, Zeit zum Ausziehen." "Sehr witzig." Olli schnappte sich ungefragt mein Handy und warf nun selbst einen Blick auf den Screen. Ich lachte einmal mehr, als er merkwürdige Grimassen bei dem Versuch zog, den tanzenden, schwarzen Linien einen Sinn entlocken. Es half auch nichts, die Augen zusammenzukneifen. Haha. Olli war nicht weniger dicht als ich. Lediglich standfester, was es kaschierte. "Ach, scheiß drauf", meinte der andere schließlich und schob mir das Handy zurück in die Hosentasche, oder besser gesagt: Versuchte es. Es fiel garantiert nicht nur einmal zu Boden. Und Olli war derjenige, der sich bücken durfte. "Bück dich Fee, Wunsch ist Wunsch", kommentierte ich eifrig, bekam allerdings kein einziges Mal einen frechen Spruch zurück, was ich zutiefst bedauerte. Aber vielleicht lag es auch daran, dass Olli momentan andere Probleme hatte. Verloren starrte er in die Nacht, die lediglich von ein paar Straßenlaternen erleuchtet wurde. "Was'n los, Baby?", hakte ich gespielt besorgt klingend nach und grabschte nach seiner Wange. "Hat Mami vergessen, dich aus der Disco abzuholen? Ooooohh..." "Hör auf, so eine Scheiße zu labern, Mann", rügte Olli mich jedoch nur ärgerlich, fuhr dann aber weniger sauer fort. "Egal, wie spät es ist, es ist garantiert nach Mitternacht und um die Zeit fahren in Schweden doch keine Busse mehr, oder hab ich da was verwechselt?" Ich zog meine Mundwinkel nach unten und zuckte die Schultern. "Ey, du bist Schwede, du hast das zu wissen." "Man kann zwar alles essen, aber nicht alles wissen." Schweigen. Was bildete der sich auch ein, einem Besoffenen direkt auf den IQ zielen zu wollen? Meine Hirnzellen waren bereits vor Stunden in einen tiefen Schlummer verfallen, dort oben war längst Feierabend für heute. Ehe Olli weiter über seinen gottverdammten Bus schwafelte, steckte er sich eine Zigarette an und guckte wieder in das Irgendwo im Nirgendwo. Fraglich, was daran so spannend war. "Ich komme also nicht mehr ins Hotel. Nice." "Ein Glück, dass ich gleich um die Ecke wohne", warf ich ein und wackelte vielsagend mit den Augenbrauen. Nun hatte ich allerdings auch Appetit auf eine Zigarette bekommen. Nur leider war mein ganzer Vorrat an Kippen aufgebraucht. Schon aus diesem Grund musste ich ein Opfer abschleppen, das ich möglichst erfolgreich anpumpen konnte. "Schön für dich." "Nee, du raffst es nicht", schüttelte ich den Kopf. Olli schaute mich so ernst an, dass ich fast wieder hätte lachen müssen. Doch mehr als ein Glucksen kam nicht von mir. "Ich lade dich hiermit ein, in meinen heiligen Hallen zu nächtigen." Ich sah ganz genau, wie Ollis linke Augenbraue emporwanderte. "Du willst mich doch nur..." "Quark. Ich will gar nichts. Ich will nur nicht, dass so ein Püppchen wie du unter einer Brücke pennen muss. Weißt du, ich bin einfach nur kein Unmensch." Wieder schaute ich auf Ollis Zigarette, die er fast schon eine Spur zu galant zwischen Zeige- und Mittelfinger hielt. Ich konnte gar nicht anders, als mir kurz, aber wirkungsvoll über die Lippen zu lecken. "Na gut, ein bisschen Eigennutz ist schon dabei. Gib mir einfach, zwei, drei Kippen ab und du kriegst ne Nacht in einer warmen Stube. Deal?" Wir starrten uns regelrecht an. Keiner war gewillt, den Blick zu unterbrechen. Und ich dachte nur, dass man so ein Angebot unmöglich ausschlagen konnte. Bei Simme wars doch so schön. Warm. Kuschelig. Ja, besonders kuschelig. Denn Simme hatte nicht nur ein großes Herz, sondern vor allen Dingen auch ein großes Bett. Aber das musste ich ja nicht erwähnen, das würde Olli schon früh genug mitbekommen. Und wenn er einmal in meiner Wohnung stand, dann wollte er ohnehin nicht mehr weg. Großes Bett hin oder her. ***** "Mein lieber Schwan...trägst du eigentlich immer so enge Leggins?" Erst jetzt bemerkte ich die kleidungstechnischen Vorzüge Ollis. Klar, schon vorher hatte ich es zur Kenntnis genommen, dass Olli ein seltsam-tussiges Verhältnis zu allem zu pflegen schien, was glitzerte. Er trug glitzernde, silberne Armreifen und riesige Kreolenohrringe, die jedem Peter dieser Welt Konkurrenz machen könnten (Peter war für mich nur noch ein Synonym für alle schwulen Männer) und toppte das Ganze mit einem absolut auffällig funkelnden Oberteil, das er mir Sicherheit aus der Damenabteilung hatte. Doch ich fands echt nicht schlecht. Ich hätte schon arg lügen müssen, hätte ich behaupten wollen, dass es mich nicht ansprach. Deswegen ließ ich es einfach bleiben, denn als Pinocchio zu enden war ich nicht gewillt. Außerdem machte es mir trotz Ollis leider sehr zurückhaltenden Reaktionen noch immer viel Spaß, ihm freche bis obszöne Sachen an den Kopf zu werfen. Einfach, weil Ollis Optik förmlich danach schrie. Und einfach, weil mir eh alles egal war. Außerdem konnte man diesen Arsch, der gerade vor mir die Treppen hinaufging, unmöglich unkommentiert lassen. Das war ne Bombe, Alter Falter, damit hätte man Nüsse knacken können, ohne Zweifel! "Tja, ich kanns mir eben leisten, zu zeigen, was ich hab", kam es von Olli, der nun oben vor meiner Haustür angekommen war und darauf wartete, dass ich das Tor zur Hölle - pardon - das Tor zu unserer gemeinsamen nächtlichen Bleibe aufstoßen würde. Doch ich dachte gar nicht daran. Ich dachte an etwas ganz anderes. Und meine Hand anscheinend auch. "In der Tat, sehr ansehnlich", urteilte ich, grabschte im nächsten Moment allerdings schon nach seinen strammen Arschbacken. "Und schön fest. Mh. Ich mag Leute, bei denen man was zum Anfassen hat." "Simon..." Ganz dicht stellte ich mich nun hinter die blonde Glitzerpüppi und hauchte ihr etwas ins Ohr, während meine Hand wie angeklebt auf ihrem Arsch zu sein schien. "No homo." "No homo?" "No homo." "Gut, dann mach endlich die Bude auf, ich hab keinen Bock, die Nacht im Hausflur verbringen zu müssen und dazu auch noch mit deiner Pfote an meinem Arsch." Na, wer würde denn da gleich zickig werden? "Och, aber ich hätte darauf Bock", sagte ich klipp und klar an, griff ein letztes Mal fest in das pralle Sitzfleisch Ollis, fummelte dann aber nach meinem Schlüssel, den ich sogar wundersamerweise in den Tiefen und Untiefen meiner Hose ausfindig machen konnte. Nur die Einführung des Schlüssels in das Schlüsselloch gestaltete sich äußerst schwierig und es sah beinahe schon so aus, als würden wir tatsächlich im Hausflur schlafen müssen. "Also wenn du bei den Frauen auch solche Probleme beim Einfädeln hast wenn du besoffen bist, dann ist es kein Wunder, dass sie dich abblitzen lassen", kommentierte Olli das Geschehen. "Ich will dich erst mal sehen." Und prompt fing ich an, ein wunderschönes Lied zu trällern, welches ich irgendwann einmal aufgeschnappt hatte. "Last night, ouhouh, I stuck it in the wrong hole..." "Ja, sehr witzig. Steck du lieber den Schlüssel ins richtige Loch." Tat ich schließlich auch. Beinahe hätte ich geschrien wie ein Olympiasieger, als das Ding steckte und ich es nur noch drehen musste. "Ladys first", verkündete ich feierlich, als ich die Tür aufhielt und Olli mit der Hand den Weg wies. "Ich bin aber keine Lady", stellte er richtig, trottete dann aber trotzdem in die gute Stube und ich hinterher. "Du siehst aber aus wie eine heiße Lady", meinte ich anschließend noch. "Hoffentlich vergesse ich heute Nacht nicht, dass du nen Schwanz hast." "Glaub mir, das würdest du schon früh genug mitbekommen." "Ach, so weit würdest du mich gehen lassen? Bis in deine Hose? Ist ja interessant..." "Halt die Klappe, Simon." "Ist ja gut, ist ja gut", seufzte ich dramatisch und ließ mich, einmal im Schlafzimmer angekommen, von Müdigkeit überwältigt auf mein Bett fallen. Doch ich durfte die Augen noch nicht schließen. Also warf ich Olli einen Blick zu, der unschlüssig im Türrahmen verharrte und komisch auf mein großes Bett schaute. "Was denn?", wollte ich wissen, wartete aber gar nicht erst, bis der andere mir eine Antwort liefern konnte, sondern erhob mich wieder. "Machs dir schon mal ein bisschen gemütlich, ich geh schnell duschen. Ich riech wie ein Iltis." "Ab-aber..." Ich wusste, was er nun sagen wollte. Also kam ich ihm zuvor. Hielt dabei wissend den Zeigefinger in die Höhe. "Du hast gesagt, dass du keine Lady bist, also gibts auch beim Duschen kein Ladys first." Grinsend setzte ich hinzu: "Es sei denn, du willst mit mir gemeinsam duschen..." "Kein Bedarf." "Okay. Dann eben nicht. Ist ja nur mein Strom, den ich bezahlen muss." Mit diesen Worten ließ ich ihn stehen und sprang der mich erwartenden Dusche fast schon freudig entgegen. Nur leider flaggte es mich im Flur zweimal in die Ecke, aber auch das konnte einen wahren Krieger nicht aufhalten. "Sei brav, Schätzchen!", flötete ich noch, ehe ich im Bad verschwand und Olli sich schon mal mit seinem Schicksal anfreunden ließ. Schicksal Simmes Doppelbett. Ob er noch dachte, ich würde ihn auf die Couch abschieben? Nix da. Jemanden auf die Couch zu verfrachten war herzlos. Und Simme hatte nicht nur ein großes Bett und ein großes Herz, sondern auch einen großen Schwanz und große Eier. Aber das nur mal am Rande, weil ich ihnen gerade unter der Dusche Guten Tag sagte. Aus purer Absicht kehrte ich lediglich mit einer frischen Unterhose zurück in das Schlafzimmer, wo Olli schon mal unser Bett vorwärmen sollte. Hatte er natürlich nicht gemacht. Schüchtern hatte er anstelle auf dem kleinen Stühlchen Platz genommen, welches neben dem Nachtschränkchen stand. "Du hättest dich ruhig aufs Bett setzen können. Oder legen", lächelte ich ihn warm an, Olli aber hatte dem nichts hinzuzufügen. Also eröffnete ich ihm, dass er nun in die Dusche dürfte. "Aber nur kaltes Wasser verwenden", warnte ich ihn. "Sonst kostet dich die Nacht zehn Kippen, klaro?" Als er mich skeptisch anguckte, zwinkerte ich ihm zu. Dann war ich es, der allein zurückblieb. Doch im Gegensatz zu Olli legte ich mich schon einmal in die Federn und schaltete den Fernseher ein. Es interessierte mich nicht, was gezeigt wurde, Hauptsache, dieses bunte Flimmern hielt mich noch ein paar Minuten wach. So lange, bis Olli wiederkommen würde. Denn ich ahnte, dass es erst jetzt richtig spaßig werden würde. ***** Ich schmunzelte vor mich hin. Trotz des Fernsehers, der versuchte, mir in moderater Lautstärke irgendeinen belanglosen Mist näherzubringen, konnte ich Ollis hübsches Stimmchen laut und deutlich vernehmen. Ollis hübsches Singstimmchen, wohlgemerkt. Zwar vermochte ich nicht zu verstehen, was er da vor sich hinträllerte, aber das war im Grunde auch nebensächlich. Viel wichtiger war doch, dass er genau wie ich zu jeder Zeit den Sänger heraushängen ließ. Wäre ich nicht so breit gewesen, hätte ich wahrscheinlich auch ein Liedchen angestimmt, aber wie bereits erwähnt hatte mein Hirn für diesen Tag Feierabend. Schön, dass Olli noch frohen Mutes war. Tja, Alkohol machte eben fröhlich. So fröhlich, dass Olli selbst noch sang, als er wieder im Schlafzimmer erschien, ebenso wie ich nur mit einer engen, schwarzen Unterhose bekleidet. "Everybody's got an animal ins-" "Wow." Er hielt in der Bewegung inne. Blieb im Türrahmen stehen. Egal. So hatte ich wenigstens einen perfekten Blick auf das, was sich mir nun bot. "Was?" "Wowow, sagte ich." Alter Verwalter. Da entfleuchte mir ja prompt jegliche Müdigkeit aus den Gliedern. Dass Olli einen geilen Hintern für einen Typen hatte wusste ich bereits, aber dass er oben ohne dem Augenschmaus noch einen draufsetzen konnte, hatte ich nicht erwartet. Klar, Ollis Arme waren auch nicht von schlechten Eltern, aber was sich da auf seinem Bauch abzeichnete war etwas, das die Mädels sicher reihenweise in Ohnmacht fallen ließ. Hundertprozentig. "Was ist denn so 'wow'?" Amüsiert schüttelte ich den Kopf. "Stellst du dich so dumm oder bist du so dämlich, dass du es nicht raffst?" Ich erntete keine eindeutig identifizierbare Reaktion. Lediglich ein unsicheres Zucken mit dem rechten Mundwinkel. Gut, dann musste Onkel Simme eben deutlicher werden. Aber wehe, der Herr regte sich auf, wenn ich ihm auf die Sprünge half. "Komm mal ran, Baby." Die Erfolgsquote für diese Aufforderung schätzte ich auf gerade mal zwanzig Prozent. Doch wahrscheinlich war Olli so durcheinander, dass er gar nicht mehr darüber nachdachte, in welche Gefahrenzone er sich gerade begab. Vielleicht war er aber auch nur ein kleines Naivchen, das meine Warnschüsse nicht ernstgenommen hatte. So stand er schließlich vor mir, der stattliche Hengst. Sonnengeküsste Haut präsentierte sich mir hautnah - wie passend - aber das, was mir den Atem geraubt hatte, waren diese verdammt ausgeprägten Bauchmuskeln, die den Püppchenlook des Typen deutlich zu trüben wussten. Ich war verwirrt. Und angetan. Und vielleicht auch ein bisschen neidisch. Aber die Faszination überwog gerade alles. Überwog meine Gehirnzellen, die eh schon wieder in der Ursuppe zu schwimmen schienen. Leitete letzten Endes meine Hand. Alter Verwalter. "Menschenskinder, da hat aber jemand einen knackigen Body. Mein lieber Schwan." Präzise fuhren meine Fingerspitzen über jeden einzelnen Muskel und ich rechnete jeden Moment damit, dass Olli mir auf die vorwitzigen Pfoten haute. Doch nichts dergleichen bewahrheitete sich. Er ließ mich tatsächlich an sich herumfummeln, ja er schien meine Lobpreisungen sogar zu genießen, denn er stemmte nun eine Hand in die Hüfte und griff sich mit der anderen in die noch etwas feuchten Haare. Keine Frage, er präsentierte sich mir. Präsentierte sich mir wie ein Model. Wo war denn sein Keuschheitsgürtel hin? Hat er ihn unter der Dusche weggespült? Oder schwamm der mit meinen Hirnzellen in der Ursuppe herum? Keine Ahnung. Am besten nicht hinterfragen. Einfach genießen. Und ausnutzen. "Da kann ein Simme nicht mithalten", meinte ich, nachdem ich lange genug den straffen Oberkörper Ollis begutachtet hatte, mit Augen sowie mit Händen. Ich war nun aufgestanden, sodass ich Angesicht zu Angesicht vor Olli stand, ihn noch immer befummelnd, was er aber breit und sonnig grinsend hinnahm. "Gegen dich fühl ich mich ja wie der letzte Spaghettisultan. Mann, ich sollte wirklich mehr für meine Figur tun." Noch ehe ich es mir versehen konnte hatte meine Hand sich einmal mehr auf Ollis Arsch geschlichen und prüfte dort die Durchtrainiertheit meines Gastes zur Nacht. Leider stieß dies nicht auf Gegenliebe. Hätte ich doch nur weiterhin an der Front gefühlt. Entschieden packte Olli mein Handgelenk und gab es mir förmlich wieder. Doch das Grinsen wollte nicht mehr aus seinem Gesicht weichen. Ein Zeichen, dass er sich gar nicht so belästigt fühlen konnte, wie er vorgab. "Meine Güte, du machst ja London Konkurrenz", schüttelte er schalkhaft den Kopf, während ich schon wieder auf Grabschkurs ging. Dieses Mal musste aber wieder der Bauch dran glauben. Schließlich waren meine flinken Fingerchen dort willkommen, wie ich bemerkt hatte. "So, tu ich das?" Schweigen im Walde. Das war Antwort genug. Also peterte ich wohl gerade ziemlich arg. Aber scheiß doch drauf, ich war besoffen, ich durfte das. Und Olli war auch mehr Frau als Mann. Nein, er war ein Mischwesen, das mit absoluter femininer Eleganz überzeugte und im Gegensatz dazu krasse, männliche Muckies vorzuweisen hatte. "Apropos London", setzte ich dem Schweigen schließlich ein Ende, hielt sogar meine Finger still. "Du hast dem damals seinen Schniepel angefasst, oder? Iiiih, ernsthaft?" "Das ist ewig her, Schnee von gestern..." Mein Grinsen wurde nun so breit, dass ich kaum mehr aus den Augen gucken konnte. "Wenn du den angefasst hast, dann kannst du ja auch mal meinen anfassen. So einen kleinen gepflegten Geburtstagshandjob würde ich jetzt begrüßen, oh ja..." "Nee, danke, kein Interesse", kam es allerdings nur von Olli, der sich mir jetzt komplett entzog und Richtung Tür marschierte. "Ich geh lieber pennen." Ratlos guckte er sich um, seine Hand ruhte bereits auf der Klinke. "Sofa im Wohnzimmer, okay?" "Du kannst auch hier schlafen, falls du dich traust", gab ich keck kund, warf mich zurück in die Federn und rückte an das Fenster, sodass vorne noch ein schönes Plätzchen für Olli freigegeben wurde, ganz wie ich es geplant hatte. "Oder hast du Angst vor dem großen, bösen Homosimme?" Da warf letzten Endes sogar Olli den Kopf in den Nacken und verdrehte die Augen; dabei schlenderte er wieder auf mich zu. "Du bist echt ein Spinner, weißt du das?" "Ja klar. Und ich bin froh, nicht normal zu sein. Aber bevor du dich hinlegst, will ich, dass du mir ne Zigarette spendierst." Tat er bereitwillig. Braver Junge. Ein erster Rauchschwaden verließ meine Lungen. Wie gut das tat. Mann, Abstinenz würde wohl nie mein bester Freund werden. "So ein Zigarettchen in Ehren kann eben niemand verwehren." Obwohl Olli eben noch großartig angekündigt hatte, pennen zu wollen, wirkte er auf mich noch ziemlich munter. Er saß halb im Bett, stützte sich den Hinterkopf mit der Hand ab und starrte vor sich hin, wie ich im Dunkeln zu erkennen glaubte. Eine Weile lang ging ich nicht darauf ein, beguckte mir einfach nur dieses perfekte Mannsbild und genoss meine Zigarette, die auch irgendwie blumiger schmeckte als es Zigaretten gewöhnlicherweise taten. Wahrscheinlich waren Ollis Zigaretten einfach besser. Das erschien mir einleuchtend. "Zeig mal deine Frau." "Hä?" "Boah, bist du schwer von Begriff? Du sollst mir deine Frau zeigen. Bitte danke." Der blonde Schopf wackelte im Finsteren. Bestimmt schüttelte er den Kopf über mich. Pff, sollte er doch. "Wieso sollte ich sie dir zeigen?" "Ich will mir eben ein Bild von ihr machen. Und von deinem Geschmack. Muss ja wissen, ob sie es wert ist, dass du für sie alle anderen Frauen links liegen lässt." Daraufhin stellte Olli keine weiteren dummen Fragen, sondern suchte sich sein Handy aus der am Boden liegenden Hose, die er achtlos dorthin geworfen hatte, nachdem ich es ihm schulterzuckend erlaubt hatte. Das Display leuchtete hell auf und bald schon bewegte sich der helle Lichtpunkt kurz und hektisch. Und nein, dieses Mal lag es nicht an meiner Trunkenheit. "Hier." Gespannt robbte ich näher auf den anderen zu. Rechnete schon wieder eine gewisse Quote aus, als ich einfach den Arm um ihn legte und meinen Kopf ungeniert gegen seine Brust schmiegte. Ja, natürlich tat ich das nur, um besser auf das Handy sehen zu können. Fand sicher auch Olli, denn er gab mir nicht gleich den nächsten Korb, sondern ließ mich gewähren. Störte sich nicht einmal daran, dass ich meine Hand auf seinem Bauch ablegte. Ach ja, stimmt, Bauch war ja eine erlaubte Zone, ich vergaß. Nun aber Attention please, Simon Cruz. Was Sie sahen, war ein Foto. Ein Hochzeitsfoto, eindeutig. Olli trug so einen komischen spießigen Anzug mit Fliege, strahlte über alle vier Backen und führte eine Madame an der Hand, die - Ja, die ihm wie aus dem Gesicht geschnitten war. Lange, blonde Haare, dasselbe Lächeln, dieselbe Nase, dieselben Augen... "Ey, ist das deine Schwester?" Man hörte Olli amüsiert schnauben, während er mir das nächste Bild präsentierte. "Das ist meine Frau, du Kunde." "Aber die sieht so aus wie du." "Tja, da siehst du mal", kam es unverzüglich von Olli, dem so etwas wie Stolz in der Stimme schwang, wie ich meinte. "Ich kann mich ja schlecht selber ficken, aber da ich es gern tun würde, brauch ich ne Lady, bei der der Eindruck entstehen kann..." Ein ganz kleines Stück löste ich mich nun von seiner warmen Brust. Nur um ihn einen ungläubigen Blick zuzuwerfen. Direkt in sein Antlitz, welches wirkte wie das eines Königs. Eines Kaisers. Eines Gottes. Erhaben und so selbstbewusst, dass es schon fast nicht mehr feierlich war. "Ernsthaft?" "Klar." Er erwiderte schließlich meinen Blick. "Selbst du findest doch, dass ich eine übelste Granate bin. Oder?" Dieses 'oder?' schrie geradezu nach einer Erwiderung. Eigentlich wollte ich die Behauptung viel mehr so stehen lassen, denn wenn man sie aus dem Nichts an den Kopf geknallt bekommt, verwirrte sie einen schon ein wenig. "Kann ich nicht beurteilen, ich steh nicht auf Männer", nuschelte ich vor mich hin, ließ meinen Kopf allerdings widersprüchlicherweise zurück auf Ollis Brust sinken und meine Hand berührte wieder vorwitzig die muskulösen Erhebungen auf seinem Bauch. Nein, wirkliche Scham empfand ich nicht. Erst recht jetzt nicht mehr. Jetzt grinste ich vor mich hin, denn wenn ich so darüber nachdachte, fand ich Olli in meinen Zustand der vollkommenen Trunkenheit doch ziemlich lecker. Und genau das wollte er doch aus meinem Mund hören. Er, der sich vorhin noch gegen meine Grabschattacken gewehrt hatte und nichts von Schwulitäten wissen wollte. Ausgerechnet er. "Geile, scharfe Sau", murmelte ich also. Meine rauen Fingerspitzen glitten tiefer. Direkt über seinen Bauchnabel. Dort machten sie Halt. Man wollte ja nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen. "Was?" "Sag mal, bist du schwerhörig?" "Nö. Also, was hast du gesagt?" Der ärgerte mich doch absichtlich, keine Frage. War das die Rache für meine Frechheiten? Tze. Das würde ich nicht auf mir sitzen lassen. Kurz wendete ich mich dem Fenster zu, um den Rest meiner Zigarette zu entsorgen, die zum Schluss eh nur noch ungenutzt vor sich hingequalmt hatte. Dann aber widmete ich mich wieder Olli. Schmiegte mich an ihn, fast schon auf ihn. Er grinste. Und er grinste immer noch, als ich meine Hand an seine Seite legte und ihn ein Stück hinunterzog, sodass er beinahe in die Horizontale ging. Oh, wie nahe ich nun seinem hübschen Gesichtchen gekommen war. Und wie herrlich der andere die Zähnchen bleckte. Na, wie weit würde er mich dieses Mal gehen lassen? "Ach, so weit würdest du mich gehen lassen? Bis in deine Hose? Ist ja interessant..." "Geile, scharfe Sau, sagte ich", wiederholte ich meine Worte von vorhin, Olli dabei keine einzige Sekunde aus den Augen lassend. "Geiler Fickschlitten. Geiles Bückstück. Geile Bums..." "Was?" "Was, was?", äffte ich Olli nach, woraufhin dieser nur zu lachen begann und sich leicht neben mir räkelte. Kurz herrschte Stille zwischen uns, in der der andere wahrscheinlich etwas zu Verstand gekommen war. Man musste zugeben, es sah so aus, als würden tatsächlich noch Hirnzellen auf seiner Seite des Feldes spielen. "Wenn Noora wüsste, was du hier mit mir machst, du böser Bube…", erwähnte Olli schließlich mit Unschuldsstimme. "Sie würde dir die Augen auskratzen. Oder dich gleich vierteilen." "Sie weiß es aber nicht", erwiderte ich unverzüglich und kratzte nun etwas fester über Ollis Bauch, ließ ihn meine Raubtierkrallen spüren. "Und alles, was in diesem Raum geschieht, bleibt auch in diesem Raum. Das war so, das ist so, und das wird immer so sein. Mach dir keine Gedanken, Babe." Und dann überbrückte ich einfach die letzten Zentimeter zwischen uns und küsste ihn direkt auf den Mund. Ich staunte wahrlich nicht schlecht, als der andere mich bereits mit offenen Armen - oder passender offenen Lippen - empfing und mich in einen Zungenkuss verwickelte, der jedem Mann den Verstand gekostet hätte. Ein hocherotisch-intimes Spielchen entbrannte zwischen uns und unseren gierigen Zungen, die sich hungrig umkreisten, sich verließen und wieder trafen. Absolut heiß, absolut geil, absolut köstlich. Hätte ich noch Restverstand gehabt, jetzt wäre er spätestens flöten gegangen. Da ich aber längst keinen mehr besaß, rutschte meine Hand im Lustrausch von ganz allein über Ollis Bauchnabel hinweg bis zum Saum seiner engen Unterhose, den sie packte und ein kleines Stückchen nach unten zog. Doch bereits als ich Ollis warme Finger sich auf meine Pfote schieben spürte, wusste ich, dass hier mal wieder Schluss war. "Lass", raunte der andere mir zu, brach den Kuss ab und rutschte ein Stückchen von mir weg. "Da steh ich nun wirklich nicht drauf, sorry." "Das sah mir aber gerade ganz anders aus." "Das ist nur der Alk", redete der andere sich seufzend heraus. "Und außerdem bringst du mich ganz durcheinander. Wie damals bei Peter...ey, ich hatte nicht vor, rückfällig zu werden." "Ey, lass doch, morgen wissen wir eh nicht mehr, was wir heute Nacht gemacht haben. Wir sollten einfach -" "Nee, schon gut." Er machte eine kurze Pause, drehte sich endgültig von mir weg und machte gar Anstalten, sich aus der Bettdecke zu schälen. "Vielleicht sollte ich wirklich ins Wohnzimmer -" "Musst du nicht." Wieder handelte meine Hand. Weil Hand ja auch von handeln kam. Legte sich an seinen Oberarm. Drückte aber nicht fest. Ruhte einfach nur dort. Daraufhin drehte sich Olli zu mir herum, sodass wir uns einmal mehr direkt ansahen. Mein Hundeblick war sicher göttlich und ebenso unwiderstehlich. Ich hatte ihn ja auch monatelang vor dem Spiegel geübt. "Ich bin auch brav, versprochen. Keine Fummelei mehr, kein Knutschen, nicht mal mehr dreckige Sprüche wirst du von mir hören." Das überzeugte ihn glücklicherweise. Er ließ sich zurück in das Bett sinken, aber seine nette Vorderseite bekam ich heute nicht mehr zu sehen. Okay. So fiel mir auch das Einschlafen leichter. Eindrücke für einen heißen Traum hatte ich jedoch schon mehr wie genug gesammelt. * Everybody’s got an animal inside. No one has ever been so civilized. Animal attraction is everything there is. Love is just a feelin’ that we missed. * Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)