Zwischen Alltagschaos und Liebesleben von ZerosWolf (Tausend Ideen in einer FanFiction) ================================================================================ Kapitel 12: Unverhofft ---------------------- Lucy wurde mit einem großen Jubel empfangen. Kaum dass sie die Gildenhalle betreten hatte, schrie jemand einen Toast auf sie und ihren Nachwuchs, der selbstverständlich auch ein Teil von Fairy Tail werden würde. Lucy bekam schon Panik, dass Natsu etwas mitbekommen könnte, aber er war nicht da. Wiedereinmal abwesend. Was trieb er nur in letzter Zeit? Sie hatte keine Zeit darüber nachzudenken, denn ihre Freunde nahmen sie in Empfang und schoben sie weiter in die Gildenhalle und löcherten sie dabei mit Fragen. Die häufigste Frage war eindeutig die nach dem Geschlecht der Kinder, aber diese konnte Lucy nicht beantworten. Sie wüsste es ja selber gerne! Außerdem nervte es tierisch, dass alle durcheinander fragten und ihr nichteinmal Zeit zum Antworten gelassen wurde! Dann bedrängten sie auch noch alle so – Hilfe, sie wollte hier raus! Wie aufs Stichwort kam Erza zu Lucys Rettung. „Lasst sie in Ruhe!“, donnerte die Rüstungsmagierin und die anderen Magier wichen von der Person ihres Interesses zurück. „Es ist nicht gut, wenn ihr Lucy so bedrängt. Lasst sie sich ersteinmal setzen, sie wird uns schon erzählen, was wir wissen sollen.“ Diese Ansprache wäre eindrucksvoller, wenn man Erza nicht die Neugier und Nervosität über diese Änderung in ihrem Freundeskreis ansehen würde, aber niemand hatte Lust, sich mit der S-Klasse-Magierin anzulegen. Arme Erza, es hatte sie sehr schockiert, dass ihre jüngeren Freunde diese intime, zwischenmenschliche Erfahrung die man Sex nannte vor ihr genossen hatten. Sie und ihre unglückliche Liebe konnten einem Leidtun. Es könnte so einfach zwischen Gérard und Erza sein, aber beide trauten sich nicht, den ersten Schritt nach vorne zu machen. Erza nicht, weil sie hinter ihrer starken Fassade einfach zu schüchtern war, Gérard nicht, weil ihn seine Schuldgefühle über sein Handeln unter Ultears Einfluss plagten. Wenigstens hatte Erza nach dem Liebesapfelchaos den Entschluss gefasst, Gérard ehrlich gegenüberzutreten, aber der Gefängnisflüchtige blieb verschollen. Dabei könnte Lucy wetten, dass er Erza genauso sehr sehen wollte, wie diese ihn. Wahrscheinlich beobachtete er sie immer wieder aus dem Verborgenen. Traurig. Irgendwann würde Lucy schon noch dafür Sorgen, dass die Zwei zusammenkamen, sie nahm es sich fest vor! Erza musste auch endlich glücklich werden! Aber jetzt bereitete Erza ersteinmal den Weg zu Lucys Stammplatz an der Bar, die sich dankbar dort niederließ. Sie gab es ungern zu, aber stehen war anstrengend und ihre Füße waren auch ein bisschen angeschwollen, was der Arzt aber als normal diagnostizierte. Es stand bereits ein Glas Saft und ein Teller mit verschiedenen Sandwiches für sie bereit. Lucy hatte zwar erst gefrühstückt, ausgiebig gefrühstückt, aber bei dem Anblick der mit viel Liebe zubereiteten Köstlichkeiten konnte sie nicht widerstehen. Sie musste schließlich für drei essen! „Also“, begann sie die Aufzählung der Dinge, die sie bereits wusste, „es sind zweieiige Zwillinge deren Geschlecht ich noch nicht kenne, da sie noch nicht weit genug entwickelt sind.“ Sie biss genüsslich in ein Salami-Käse-Paprika-Sandwich und kaute in aller Ruhe, während sie die alleinige Aufmerksamkeit genoss. „Ich bin im vierten Monat und der Geburtstermin wird zwischen Ende Februar und Anfang März liegen.“ Sie aß besonders langsam noch einen Bissen Sandwich, bevor sie sagte: „Mehr weiß ich noch nicht.“ Ein enttäuschtes Stöhnen ging durch die Menge. Lucy zuckte nur mit den Schultern und stopfte sich den letzten Rest Brot in den Mund, bevor sie nach dem nächsten Sandwich griff. „Wann willst du es Natsu sagen?“, fragte Levy vorsichtig. „Wenn du es ihm nicht sagst, sagen wir es ihm!“, rief Cana und die anderen Mitglieder brüllten zustimmend. „Das macht ihr nicht!“ rief Lucy empört. „Ich werde gleich zu ihm gehen. Hoffentlich ist er zu Hause.“ Sie seufzte. „Aber ich muss es ihm auf jeden Fall selbst sagen, also bitte, überlasst das mir.“ „Es ist eine Sache zwischen Lucy und Natsu, wir müssen uns heraushalten.“, bekräftigte Erza. Es war gut, ihr Unterstützung zu haben. Wenn jemand diese Meute unter Kontrolle halten konnte, dann der Meister und die Rothaarige. Auch wenn die Gildenmitglieder manchmal roh wirkten, Lucy konnte in jeder Situation auf sie zählen. Sollte der unwahrscheinliche Fall eintreten, dass Natsu die Kinder ablehnte, dann würden ihre Freunde sie auffangen und ihr helfen, egal was auch geschah. Fairy Tail war ihre große Familie und in wenigen Monaten würde sie dieser Familie zwei neue Mitglieder schenken. Lucy schluckte den letzten Bissen herunter und stand entschlossen auf. „Danke für das Essen.“, wandte sie sich an Mirajane, bevor sie verkündete: „Ich gehe jetzt zu Natsu!“ Die Magier die sie umgaben, bildeten eine Gasse und ihre Anfeuerungsrufe begleiteten Lucy den Weg hinaus. Sie war sich sehr sicher, dass wenigstens ihre engsten Freunde ihr nachschleichen würden, weil sie nicht warten konnten, bis sie hörten, was geschehen ist. Sollten sie doch! Lucy fühlte sich sogar sicherer mit ihren Freunden im Rücken. Sie war unheimlich nervös! Sie war sich zu 90% sicher, dass Natsu sich freute, aber er war so schrecklich unberechenbar! Auch wenn sie glaubte ihn zu kennen, er tat dann doch plötzlich immer wieder etwas unerwartetes. Etwas, dass man ihm nie zugetraut hätte. Manchmal machte sie das richtig fertig, deswegen hatte sie ja auch ihrem Herzen nicht nachgeben wollen. Es war merkwürdig. Noch bis vor zwei Tagen war sie sehr fest davon überzeugt, dass sie und Natsu niemals ein gutes Paar abgeben würden. Doch jetzt, wo sie wusste, dass die zwei kleinen Würmer in ihr waren, die Früchte Natsus Lenden, hatte sie plötzlich gar keine Bedenken mehr. Sie würden das überstehen, schließlich liebten sie einander. Lucy war die letzten Wochen sehr einsam gewesen, da Natsu kaum noch in die Gilde kam. Die anderen waren ihr auch wichtig, aber sie konnten ihr nicht das Gefühl von Heimat vermitteln, das Natsu ihr gab. Vermutlich weil sie Freunde waren, aber Natsu war mehr für Lucy, wenn sie zurückdachte, sogar schon immer gewesen. Natsu hatte immer einen wichtigeren Stellenwert für sie gehabt, zunächst als Teampartner, später als der Mann, für den ihr Herz schlug. Er war auch derjenige gewesen, der sie zu Fairy Tail geführt hatte. Das nannte man wahrscheinlich Schicksal. Abrupt blieb Lucy stehen. Das hier war eindeutig der Ort an den sie wollte, das Schild „Natsus und Happys Zuhause“ war unverkennbar, aber die Hütte hatte sich stark verändert. Die Löcher um die Baumäste waren gestopft worden und vermutlich sollte die Außenwand auch einen neuen Anstrich bekommen, was ein paar Farbstreifen unterschiedlicher Tönungen auf dem alten Putz vermuten ließ. Sah so aus, als hätte jemand verschiedene Farben ausprobiert. Die größte Veränderung stellte jedoch der Anbau zur Linken des Hauses dar. Mit Staunen betrachtete Lucy den professionell wirkenden Rohbau. Hatte Natsu das etwa selbst gebaut? Er war gar kein Vergleich zu der Hütte daneben! Da hatte der Feuerkopf doch tatsächlich in den letzten Jahren noch etwas anderes als Kampftechniken gelernt. Langsam trat sie näher, umrundete das Bauwerk. Es stand auf jeden Fall ein Erdgeschoss mit drei Räumen, der eine recht klein, vielleicht ein Schlafzimmer, überlegte Lucy. Dann war da noch ein Raum, in dem sie eindeutige Anzeichen für Wasseranschlüsse sah. Das konnte eigentlich nur ein vernünftiges Bad werden. Natsus derzeitiges Duschenprovisorium war eine Zumutung! Wozu wohl der große, dritte Raum gut sein sollte? Vielleicht ein Trainingsraum für ihren Kampffanatiker? Es würde sich sicher vorläufig als Kinderzimmer eignen, auch wenn sie irgendwann mal zwei brauchen würden. „Lucy?“ Die angesprochene schreckte stark zusammen, als sie eine wohlbekannte Stimme von über ihr hörte. „Geht es dir gut?“ Natsu sah mit hochgezogener Augenbraue vom Dach des Anbaus zu ihr runter. Lucy nickte schnell. „Ich bin nur gerade etwas schreckhaft“, murmelte sie. Ihr Hormone, die für ihre erhöhte Emotionalität sorgten, machten sie fertig. „Das meine ich nicht.“ Mit einem leichten Sprung landete Natsu neben ihr. Er richtete sich auf und musterte sie scharf. „Du bist sehr blass. Hast du wieder nichts gegessen?“ Wie scharfsinnig er manchmal war! „Ich hatte ein ausgiebiges Frühstück und drei Sandwiches von Mira“, entgegnete sie wahrheitsgetreu. „Ich habe meine Diät aufgegeben, war eh nicht gut für mich.“ Und für unsere Kinder, fügte sie in Gedanken hinzu. Es wäre die ideale Vorgabe, um ein „immerhin bin ich schwanger“ anzufügen, doch irgendwie wollten die Worte noch nicht über Lucys Lippen. Vielleicht, weil Natsus Anblick sie gerade so sehr faszinierte. Es machte den Eindruck, dass er schon seit Stunden hart arbeitete. Er trug nur Hose und Sandalen, sein Oberkörper war nackt und verschwitzt. Skeptisch hob er eine Augenbraue. „Das habe ich dir von Anfang an gesagt“, bemerkte er und griff ein Handtuch von einem nahegelegenen Baumstamm, um sich damit den Schweiß von der Stirn zu wischen. „Ja, ich hätte besser auf dich hören sollen“, seufzte Lucy und drehte sie wieder zu seinem Bauwerk um. „Du renovierst?“ Es war offensichtlich, aber sie brauchte die Frage, um das Gespräch in Gang zu halten. „Jah“, meinte Natsu und zuckte mit den Schultern, „irgendwie kam mir mein Haus zu klein vor. Jetzt war es an Lucy, ihn skeptisch anzusehen. „Zu klein wofür?“, wollte sie neugierig wissen. „Für dich und Happy reicht es doch allemal.“ Für Lucy und ihre Kinder allerdings nicht mehr, aber das wusste er ja noch nicht. Natsu seufzte und ließ sich auf den Baumstamm sinken. Es war ungewöhnlich, ihn so zu sehen. Ausdruckslos betrachtete er die kahlen Steinmauern vor ihm. „Ich dachte bisher immer, dass es reichte, wenn Happy bei mir ist, dass ich sonst niemanden an meiner Seite bräuchte.“ Er schielte zu Lucy. „Bis ich dich kennengelernt habe.“ Er sah wieder zu dem Neubau. „Ich weiß nicht, aber irgendwie habe ich seit jener Nacht“, er meinte natürlich diese schicksalhafte Nacht, in der ihre Herzen die Kontrolle übernommen hatte, „das Gefühl, dass ich etwas in meiner Lebensplanung vergessen habe. Ich habe nicht sonderlich vorausschauend gedacht, als ich dieses Haus gebaut habe. Damals gab es nur Happy und mich. Ich hatte noch keinen Wunsch, jemals eine Frau zu haben oder eine Familie zu gründen.“ Er strich sich die Haare zurück, die an seiner verschwitzten Stirn klebten. „Ich dachte mir, es ist an der Zeit ein bisschen zu planen. Manchmal möchte ich auch vorbereitet sein, wenn mein Herz wieder Amok läuft.“ „Solange deine Mutter sich nicht einmischt, ist das unwahrscheinlich“, lachte Lucy, besah aber zufrieden ihren Partner. Er hatte während ihrer gemeinsamen Zeit sehr an Reife zugelegt, aber dass er nun so erwachsen dachte und sogar sein Haus für seine Familienplanung vergrößerte, war ein großer Schritt nach Vorne. Lucy fiel auf, dass Natsu immer wieder mit den Schultern zuckte. Vermutlich hatte er sich durch das viele Arbeiten einige Verspannungen zugezogen. Sie konnte ja mal ein bisschen lieb zu ihrem zukünftigen Mann sein, dachte sie sich und trat langsam hinter ihn. Wie das klang, zukünftiger Ehemann. Es war für sie eine Tatsache, denn Natsu würde sie ganz sicher nicht alleine lassen, wenn er von den Kindern wusste. Langsam hob sie ihre Arme und gab ihrem Drang Natsu zu berühren nach. Sie legte ihre Hände auf seine Schultern und begann langsam, die versteiften Muskeln zu massieren. Natsu drehte fragend den Kopf zu ihr um, doch Lucy lächelte nur zurück. „Entspann dich einfach.“ Natsu sah sie mit dem Blick an, dem meistens ein „merkwürdig“ folgte, aber Lucy wusste ja inzwischen, dass dies bedeutete, dass er eigentlich etwas Positives zu ihr sagen wollte. Lucy versuchte von ihrer Massage abzulenken. „Was soll denn in den Anbau rein?“, fragte sie unbekümmert und beobachtete dabei ihre Hände, wie sie Natsus Muskeln knetete. „Na ja, ein vernünftiges Schlafzimmer, mit ner Frau in einer Hängematte schlafen wird schwierig“, er deutete auf den kleineren Raum. „Dann ein größeres Bad. Ihr Frauen liebt es ja anscheinend, längere Zeit dort drin zu verbringen.“ „Aber nur, weil wir für die Männer gut aussehen wollen“, bemerkte Lucy ein bisschen trotzig. Sie musste daran denken, dass sie im Krankenhaus nicht hatte vernünftig baden können. Dies musste sie ganz dringend nachholen! „Uns interessiert doch nicht wie ihr ausseht, solange eure Proportionen stimmen“, entgegnete Natsu trocken. Lucy drückte etwas fester mit ihren Daumen auf eine hartnäckige Verspannung, die sich überraschender Weise sogar dadurch löste, auch wenn Natsu dafür kurz jaulte. Schön, dann konnte sie wenigstens so tun, als ob ihr Strafversuch zur Massage gehören würde. „Und das dritte Zimmer?“, fragte sie unschuldig und massierte einfach weiter. „Hobbyraum.“ Natsu zuckte mit den Schultern. „Vielleicht mach ich mit eine Trainingsecke, vielleicht wird meine Frau auch das ganze Zimmer in Beschlag nehmen, dass sehen wir dann.“ „Und was ist mit Kinderzimmern?“, fragte Lucy ganz beiläufig. Sie wollte das Thema ganz langsam wieder auf den Grund ihres Daseins lenken. „Sollen in den ersten Stock“, erklärte Natsu. „Ich bin nur am Überlegen, ob ich zwei oder drei oder mehr baue.“ „Hm, mindestens zwei“, bemerkte Lucy und hoffte, dass dies der Grundstein zu ihrem Geständnis sein würde. Sie musste sich überwinden. „Zwei? Na ja, mindestens passt. Ich hätte gerne viele Kinder“, grinste Natsu. „Vier oder fünf wären schön, vielleicht auch mehr. Ich mag Kinder.“ Das wusste Lucy, auch wenn sie mit dem Plan nicht ganz einverstanden war. Drei war in ihren Augen die absolute Obergrenze, aber das würden sie ausdiskutieren, wenn sie durch die Zwillinge wussten, wie das Leben mit Kindern wirklich war. Man machte sich ja gerne Illusionen über ein fröhliches Leben, ohne die viele Arbeit zu bedenken die es bedeutete, ein Kind großzuziehen. Es war eine große Verantwortung und Lucy war sich ganz ehrlich nicht sicher, ob sie dieser schon gewachsen war. Sie hatte sich ja nicht bewusst entschieden, schwanger zu werden. Aber nun war es passiert und sie musste das Beste draus machen. Mit Natsu würde das schon klappen. „Kannst du nicht eine Option für ein zweites Stockwerk lassen?“, überlegte Lucy. Natsu schüttelte den Kopf. „Dann hätte ich die Statik anders bauen müssen. Außerdem würds scheiße aussehen neben dem Altbau.“ „Achso.“, meinte Lucy nur. Sie hatte ja keine Ahnung von solchen Dingen. Es würde sie schon interessieren, wo Natsu das Wissen her hatte. Sie traute ihm zu, dass er seine Hütte nur auf gut Glück zusammengezimmert hatte. Aber der Anbau sah richtig professionell aus. „Happy kriegt auch sein eigenes Reich“, grinste Natsu. „Bisher ist das Wohnzimmer ja bis zum Dach offen. Ich dachte mir, dass ich einen Zwischenboden einziehe und Happy sich dort oben breit machen kann. Er wird langsam zu alt, um ständig mit mir rumzuhängen. Jetzt grade ist er auch mit Charle unterwegs.“ Lucy entging der einsame Unterton in seiner Stimme nicht. Er hing so sehr an dem kleinen Kater, es war richtig süß mitanzusehen, wie er sich kümmerte. Bald würde er ja zwei Babys haben, die er umsorgen konnte. Lucy spürte, wie sich eine Verspannung unter ihren Händen löste und Natsu seufzte erleichtert. „Das tut gut“, schnurrte er und Lucy hätte gerade zu gern sein Gesicht gesehen. Ein kleines Lächeln huschte ihr übers Gesicht. In Zukunft würde sie ihm sicher öfter Massagen geben. Vielleicht massierte er sie ja auch mal? Okay, schlechte Idee. Sie war sich nicht sicher, ob er dafür seine Kraft genug unter Kontrolle hatte. Ein empörter Schrei, ein aufgeschreckter Natsu und ein Stock, der nur knapp mit hoher Geschwindigkeit vor Lucys Nase vorbei sauste. In ihrer Schockstarre nahm Lucy gerade noch wahr, wie ein Frau schrie: „Lass deine Finger von meinem Liebsten!“ Liebsten? Meinte sie Natsu? Verwirrt sah Lucy zu Natsu, der gerade sehr unbehaglich zu der jungen Frau sah, die nun wütend und drohend einen weiteren Stock schwenkend auf Lucy zukam. „Peggy“, murmelte er und es klang nicht erfreut, bevor er sich schützend vor Lucy stellte. „Beruhige dich!“, sagte er und sah die Frau streng an. „Dieses Weib hat dich nicht anzufassen!“, rief diese schrill und ihre Blicke hätten nicht tödlicher sein können. Natsu ging auf sie zu und legte ihr beschwichtigend die Hände auf die Schultern. „Mach nicht so einen Aufstand. Du weißt doch, dass Lucy meine Partnerin ist“, sagte er und zwang sie, ihn anzusehen. Lucy lief ein kalter Schauer über den Rücken, durch den Ton in seiner Stimme. Sie kannte diesen Ton, aber bisher hatte er ihn nur ihr gegenüber angeschlagen. Es war dieser vertrauliche, liebevolle Ton, den er bisher unbewusst ab und zu nutzte, wenn er mit Lucy sprach. Es war ihr noch nie wirklich aufgefallen, dass er so nur mit ihr gesprochen hatte und es missfiel ihr sehr, dass er nun mit dieser Frau so sprach. Wer war sie? Sie sah Lucy schon recht ähnlich, blond, weiblich gebaut – allerdings blauäugig und das ganze Gesicht voller Sommersprossen. Sie war niedlich, keine Frage. „Das gibt ihr aber noch lange nicht das Recht, meinen Freund zu massieren!“, jammerte sie nun und sah Natsu beleidigt an. Lucy fühlte sich kalt erwischt. Ihr Freund? Konnte das wahr sein? Hatte Natsu tatsächlich eine andere Frau gefunden, für die sein Herz schlug? Ausgerechnet jetzt? Natsu legte der Frau beschwichtigend die Hand auf den Kopf und wandte sich dann an Lucy. „Ihr kennt euch noch nicht“, stellte er fest. „Das ist Peggy.“ „Seine Freundin“, fügte Peggy hinzu und funkelte Lucy finster an. Wenn Blicke töten könnten. Lucy fühlte sich wie in einem schlechten Film. Jetzt hatte sie doch den Entschluss gefasst, dass sie ein Leben mit Natsu wollte, aber schon wieder gab es ein Problem. Dieses Problem hatte sogar einen Namen und ein Gesicht, dass Lucy ihr gerade am liebsten zerkratzt hätte. Stattdessen löste Lucy sich langsam aus ihrer Schockstarre und setzte ein Lächeln auf, dass mechanischer nicht hätte sein können. „Ah – achso, hallo“, sagte sie und sie merkte, dass ihre Stimme unnatürlich hoch klang. „Schön dich kennenzulernen.“ Aller Mut, den sie gefasst hatte um Natsu den Grund für ihren Besuch zu sagen, verflog mit dem Windstoß, der ihr um die Nase wehte. Sie hatte plötzlich das Gefühl, ganz schnell weg zu müssen. „Ich gehe dann mal besser“, brachte sie mit Müh und Not durch den Kloß in ihrem Hals heraus. Schnellen Schrittes ging sie an Natsu vorbei, ohne ihn anzusehen. Sie war schon fast um die Ecke, als ein unangenehmes Ziehen im Magen sie an etwas Wichtiges erinnerte. Wenigstens das musste sie in Erfahrung bringen. „Ach ja, Natsu“, begann sie und wagte nicht, sich umzudrehen, „welche Blutgruppe hast du eigentlich?“ Es war eine saublöde Frage, ohne dass Natsu den Grund für sie kannte. Er antwortete nicht direkt. Lucy war sich sicher, dass er sich fragte, wieso sie das wissen wollte. Mit Sicherheit würde er fragen. Würde sie es ihm sagen können? „Keine Ahnung.“, sagte er stattdessen. Lucy war irgendwie erleichtert, dass er doch nicht fragte. „Ein Arzt meinte Mal, dass durch meine Magie mein Blut irgendwie anders sei, weiß nicht, was er damit meinte.“ „Achso... so ist das“, stammelte sie. „Na dann, okay... Wir sehen uns in der Gilde!“ Lucy konnte nicht länger bleiben. Nicht bei Natsu und erst recht nicht bei Peggy. Mit großen Schritten entfernte sie sich von seinem Haus, doch je weiter sie kam, desto schwerer wurden ihre Füße, bis sie irgendwo mitten auf der Straße stehen blieb. Ihre Augen waren feucht und sie konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Die Passanten blieben stehen und sahen sie besorgt an. Es musste ein merkwürdiges Bild sein, wie sie da auf der Straße stand und heulte. Sie spürte eine Hand auf ihrem Oberarm und schon bald folgte jemand, der sie in eine tröstende Umarmung gegen einen harten Metallpanzer zog. Lucy wagte nicht aufzuschauen, aber sie wusste genau, wer diejenigen waren, die ihr gerade Trost spendeten. Ihre Freunde waren wie erwartet gefolgt und hatten das ganze Dilemma mitangesehen. Lucy fühlte sich erbärmlich, aber wenigstens sagte keiner was. Zum ersten Mal seit langer Zeit wusste sie keinen Rat. Sie wusste sich nicht zu helfen, nicht wie es weitergehen sollte, so sicher war sie sich gewesen, dass Natsus Herz noch immer ihr gehörte. Wie naiv sie doch war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)