Ach, du süßes Internatsleben von Leto ================================================================================ Kapitel 13 Malik stand am Fenster als Mariku ihn von hinten umarmte. „Gehst du mir aus dem Weg?“ Mariku schmiegte sich an ihn. „Nein“, antwortete Malik, doch es war gelogen. Er versuchte es zu vermeiden mit Mariku allein zu sein, denn er wollte nicht mehr, dass dieser ihm nahe kam. Sagen konnte er es ihm jedoch nicht. Er brachte es einfach nicht über die Lippen. „Was ist dann? Fühlst du dich nicht gut?“ Mariku klang besorgt und Malik fühlte sich immer schlechter. Außer seiner Familie hatte sich noch nie jemand Gedanken um ihn gemacht. Er hatte zwar Freundinnen gehabt und war hin und wieder auch etwas verliebt gewesen, aber letztendlich war doch alles nur körperlich gewesen. Diese Irgendwie-Beziehung mit Mariku war ganz anders. Sie war jetzt schon intensiver als alles, was er davor hatte, selbst ohne Sex. Und das nagte an ihm. Er konnte Mariku nicht dasselbe geben was dieser ihm gab. Stattdessen wollte er weg von ihm und wünschte sich eher ihm nie begegnet zu sein. Doch trotzdem sagte er nichts, wenn Mariku ihn berührte, denn es fühlte sich gut an so umsorgt zu werden. „Der Schnee schmilzt langsam“, sagte Malik ohne auf Marikus Frage einzugehen. „Ja, ich find’s toll. Ich freu mich auf den Frühling.“ Malik nickte nur. „Und Ryou kommt auch bald wieder.“ Darüber war Malik mehr als erleichtert. Mit Bakura und Ryou um sie herum, würden sie nicht mehr so viele Gelegenheiten haben allein zu sein. Ryou hätte sich genervt an die Stirn gefasst, hätte er eine Hand frei gehabt. Im Moment konnte er sich nicht entscheiden, wen er nerviger fand: seinen Vater oder Bakura. „Willst du dich nicht noch ein paar Tage ausruhen?“, fragte sein Vater, während er Ryous Tasche aus dem Kofferraum des Mietwagens hob. „Nein“, erwiderte Ryou zum bestimmt fünften Mal. So gern er seinen Vater auch hatte, er war froh, wenn er endlich wieder weg war. „Dein Vater hat re… au!“ Ryou hatte Bakura mit einer Krücke leicht gegen dessen Schienbein geschlagen. „Brauchst du noch irgendwas?“ Es fiel Ryous Vater sichtlich schwer seinen Sohn zu verlassen. „Nein, wirklich, es ist alles in Ordnung und wenn was sein sollte, dann ist immer noch Bakura da.“ Sein Vater seufzte resignierend. „Pass auf dich auf.“ Er umarmte Ryou und küsste seine Stirn. „Wir sehen uns dann im Sommer.“ „Ja, tun wir. Bis dann.“ Ryou atmete erleichtert aus, als sein Vater endlich in das Auto stieg und wegfuhr. „Lass uns endlich reingehen. Ich erfrier hier sonst noch.“ „Sei vorsichtig.“ Er hob Ryous Tasche hoch. „Es könnte glatt sein.“ „Jaja.“ Er war zwar geschmeichelt von Bakuras Fürsorge, aber auch genervt. Er war schon jetzt froh, wenn er endlich die Krücken wieder los war. Bakura hielt ihm die Tür auf und Ryou musste drinnen kurz verschnaufen. Gehen war für ihn momentan sehr anstrengend, da er nur ein Bein belasten konnte und dieses auch nicht zu stark. „Soll ich dich hochtragen?“ „Nein, es geht schon.“ „Wirklich?“ „Jaaa“, sagte Ryou genervt. Der Weg die Treppe nach oben war beschwerlich und Ryou wünschte sich schon nach wenigen Stufen, das er doch zugelassen hätte, das Bakura ihn trug. Er war erleichtert, als er endlich oben war. Der Anblick, der sich ihm in seinem und Marikus Zimmer darbot, ließ ihn sich sofort heimisch fühlen: Malik, der mit einer Hand Mariku auf Abstand hielt. „Tut etwas, oder ich tu ihm wirklich weh.“ Ryou lachte. Ja, jetzt war er wieder am richtigen Ort. „Ryou, wie geht’s dir?“ Vorsichtig ließ sich Ryou auf sein Bett sinken. „Ich wünschte, man würde mich das nicht die ganze Zeit fragen.“ „Sorry. Ich kann verstehen, dass das nervt.“ Er ließ Mariku los und stand auf. „Aber du siehst schon viel besser aus.“ „Danke.“ Er lächelte. Er war so froh, wieder aus dem Krankenhaus draußen zu sein, auch wenn er sich unwohl bei dem Gedanken fühlte, dass er morgen auf seine Klassenkameraden treffen würde. Er hatte jetzt schon die Schnauze voll von ihren Fragen. „Könntet ihr vielleicht gehen? Ryou braucht Ruhe!“ „Boah Bakura. Ich schlag dich gleich!“ „Ich mein’s doch nur gut. Außerdem finde ich, dass Mariku und ich das Zimmer tauschen sollten, damit ich die ganze Zeit für dich da sein kann.“ In Malik zog sich alles zusammen. Er versuchte keine Miene zu verziehen, aber der Gedanke sich mit Mariku auch noch ein Zimmer zu teilen verunsicherte ihn. Nicht, dass er Mariku zutraute, dass er irgendwas gegen seinen Willen tat (von ihrer gemeinsamen Nacht im betrunkenen Zustand mal abgesehen), aber manchmal ließ ihn das Gefühl nicht los, das Mariku mit sich zu kämpfen hatte. Ihm entging das Zittern nicht, wenn sie sich küssten und die Art, wie Mariku ihn manchmal ansah, jagte kalte Schauer über seinen Rücken. Ryou entging es nicht, das Malik von dieser Idee nicht begeistert war. „Ich bin nicht dafür“, sagte er schließlich und sah wie Malik fast unmerklich erleichtert ausatmete. „Warum nicht?“ „Weil, wenn ich dich 24 Stunden am Tag ertragen muss, ich diese Krücken nehme und dich damit zusammenschlage. Außerdem“, er hob eine Krücke und verhinderte damit eine Unterbrechung seitens Bakura, „schlagen sich mit hundertprozentiger Sicherheit die beiden“, er deutete auf Malik und Mariku, „die Köpfe ein.“ „Aber…“ „Kein Aber, alles bleibt wie es ist und jetzt hab ich echt Hunger.“ Ryou stellte seinen Wecker ab und starrte an die Decke. Er war nervös, weil er nicht wusste, wie seine Mitschüler auf ihn reagieren würden. Deswegen fehlte ihm die Motivation aufzustehen. Er hatte sogar ein bisschen Angst, auch wenn er wusste, dass Bakura sowieso die ganze Zeit an seiner Seite sein würde. „Muss ich dir mit irgendwas helfen?“, murmelte Mariku verschlafen. Er ließ nur kurz sein Gesicht sehen und vergrub sich wieder unter der Decke als Ryou verneinte. Ryou hatte sich den Wecker etwas früher gestellt als sonst, da er nicht genau wusste, wie lange er im Bad brauchen würde. Seine Motorik war immer noch eingeschränkt. Er setzte sich an den Rand des Bettes und griff nach den Krücken. Etwas mühselig hievte er sich hoch und ging ins Badezimmer. Als er noch im Krankenhaus gewesen war, hatte er den Blick in den Spiegel immer so gut es ging vermieden, doch jetzt stellte er sich seinem gespiegelten Abbild. Sein Gesicht war schmäler geworden, er hatte viel Gewicht verloren. Wenn Bakura ihn berührte spürte er selbst wie dünn er geworden war. Er musste noch viel essen um sein Normalgewicht wieder zu erreichen. Er setzte sich auf den Toilettendeckel und zog sich sein Shirt über den Kopf. Die Rippen zeichneten sich deutlich ab und Ryou fühlte sich alles andere als wohl in seinem Körper. Er vermied den Blick nach unten und auf die Narben, die seine Arme zierten. Mariku hatte recht gehabt; sie würden ihn auf ewig daran erinnern, was für ein Idiot er gewesen war. An seinem Oberschenkel sah man deutlich die Stelle, an der sich das Glas durchgebohrt hatte, das Gewebe war noch nicht vollständig vernarbt. Er hatte Glück gehabt, nur wenige Millimeter weiter rechts und die Scherbe hätte die Hauptader durchstochen. Während er sich die Haare kämmte, überlegte er sich, sie abzuschneiden. Ob Bakura meckern würde? Oder würde es ihm sogar gefallen? Er hatte schon lange keine kurzen Haare mehr gehabt. Vielleicht sollte er sie abschneiden als Zeichen für einen Neuanfang? Er hielt inne. Zumindest hoffte er, dass es ein Neuanfang war. „Ryou!“ Mariku hämmerte gegen die Tür. „Lass mich rein, ich muss pissen.“ „Ich bin noch nicht angezogen“, erwiderte Ryou und zog sich einen Pullover an. Die Hose war immer das Schwierigste. „Beeil dich!“ „Jaja!“ Vorsichtig zog er ein Hosenbein über sein weniger kaputtes Bein. Er traute sich kaum das andere zu berühren oder gar abzubiegen, auch wenn der Arzt gesagt hatte, dass es völlig in Ordnung sei, so machte er sich Sorgen es schlimmer zu machen, wenn er nicht aufpasste. „Ryou!“ Wieder hämmerte Mariku gegen die Tür. „Ja!“ Er schloss den Knopf und stand wieder auf. Kaum hatte er die Tür geöffnet, drängte sich Mariku grummelnd an ihm vorbei. Seufzend setzte sich Ryou wieder auf sein Bett. Es würde sicher nicht mehr lange dauern bis Bakura kam. Allein wollte er jedenfalls nicht zum Frühstück gehen. „Wartest du auf deinen Ritter?“, fragte Mariku als er wieder aus dem Bad kam. „Nein, ich ruh mich aus“, erwiderte Ryou. Er würde Mariku ganz sicher nicht unter die Nase reiben, dass er etwas Angst davor hatte, alleine nach unten zu gehen. „Du hast nur Schiss.“ Oh, wie er ihn hasste. „Und jetzt wartest du auf deinen geliebten Bakura, damit er dir zur Seite steht.“ „Was wärst du nur ohne deine dummen Sprüche?“ „Ein netter Kerl“, antwortete Mariku grinsend. Ryou verdrehte die Augen. Er konnte den Spieß jedoch auch umdrehen. „Was läuft zwischen dir und Malik?“ Mariku, der gerade dabei war sich Kleidung aus seinem Schrank zusammen zu suchen, hielt inne. Er zögerte lange mit der Antwort. „Was soll laufen? Nichts.“ Allein die Tatsache, dass er keinen Spruch dazu abgelassen, sondern normal geantwortet hatte, machte ihn verdächtig. Dazu musste Ryou nicht mal sein Gesicht sehen. „Das macht auf mich aber nicht den Eindruck. Sag bloß, du und Malik…“ „Das geht dich nichts an, okay?“, fuhr Mariku ihn an und schlug die Badezimmertür hörbar hinter sich zu. Ryou grinste. Also lief was zwischen den Beiden. Mal sehen, ob er aus Malik mehr herausbekam. Mariku ließ sich nicht mehr sehen bis Bakura kam um mit Ryou zum Frühstück zu gehen. „Hast du gut geschlafen?“ Bakura gab Ryou einen Kuss auf die Stirn. „Ja.“ Er lächelte Bakura an und ließ sich von ihm hochhelfen. Er war zwar nervös, aber Bakura gab ihm Kraft. „Morgen Malik.“ Malik war an der Tür stehen geblieben. Sein Blick, der zuvor noch suchend durch den Raum gewandert war, richtete sich auf Ryou. „Morgen.“ „Mariku, kommst du? Oder soll ich dir alles wegessen?“ Missmutig dreinblickend kam Mariku aus dem Bad und sein Gesichtsausdruck änderte sich erst als er Malik sah. Sie schenkten sich nur einen kurzen Blick, doch für Ryou reichte es, um zu sehen, dass definitiv was zwischen ihnen lief. Ein bisschen überraschte es ihn schon. Was hauptsächlich daran lag, dass er nicht verstehen konnte, was irgendwer an Mariku fand. Malik würde schon wissen, was er tat. Zumindest hoffte Ryou das. Sie waren auf der Treppe, als Ryou vor lauter Grübeln eine Stufe übersah und das Gleichgewicht verlor. Bakura reagierte blitzschnell und bewahrte seinen Freund vor dem Sturz. „Danke“, murmelte Ryou und drückte sich mit schnell klopfendem Herzen gegen Bakura. Das hatte ihm vielleicht einen Schrecken eingejagt. Eigentlich rechnete er mit einem Spruch von Mariku, doch sowohl er als auch Malik starrten einfach vor sich auf den Boden. Als sie dem Speisesaal nahe kamen, hatte Ryou das Bedürfnis wieder umzudrehen. Ihnen waren auf dem Weg schon einige Mitschüler begegnet, die ihn neugierig angesehen hatten. Ryou hatte versucht, ihre Blicke zu ignorieren und Bakuras Anwesenheit schien sie davon abgehalten zu haben, ihn anzusprechen. Ryou hatte schon gehört, dass Bakura schon jemanden geschlagen hatte, der zu viele Fragen gestellt hatte. „Alles okay?“, fragte Bakura. Ryou atmete tief durch. „Augen zu und durch.“ Aller Augen richteten sich auf Ryou kaum als sie durch die Tür waren. Ryou hielt den Kopf aufrecht, vermied es jedoch irgendwen anzusehen. Sie setzten sich etwas abseits und Bakura warf den am nächsten sitzenden Jungen einen bösen Blick zu, sodass sich diese schnell wieder ihrem Frühstück widmeten. Trotzdem spürte Ryou die Blicke der Anderen in seinem Nacken. Er freute sich schon jetzt auf den Tag, an dem sich alles wieder normalisieren würde, und er sich nicht mehr wie ein seltenes Tier im Zoo fühlen musste. Als Bakura ihm das Essen brachte, sah Ryou ihn skeptisch an. „Wer soll das denn bitte alles essen?“ „Der Arzt hat gesagt, du musst viele Kohlenhydrate und Vitamine zu dir nehmen, also iss.“ „Du spinnst doch.“ Ryou nahm ein Brötchen von dem Berg, den Bakura gebracht hatte, schnitt es auseinander und bestrich es großzügig mit Marmelade. Während der aß beobachtete er Malik und Mariku. Die beiden vermieden es sich anzusehen oder gar anzufassen. Gerade so als wollten sie verbergen, dass sie einander nahstanden, doch damit machten sie es nur noch offensichtlicher. Ryou war neugierig und er hoffte, dass er Bakura einmal für eine Weile abschütteln konnte, damit er mit Malik sprechen konnte. Lustlos zerfledderte Malik sein Brötchen. Er hatte keinen Hunger und er war müde. Er hatte die ganze Nacht kaum geschlafen, weil er an Mariku hatte denken müssen. Er musste ihm sagen, dass ihre Irgendwie-Beziehung vorbei war, doch er wusste nicht wie. Er machte sich Sorgen, dass Mariku es nicht verstehen würde. Er hatte Mariku damals gesagt, dass es nur ein Test sei und Mariku hatte eingewilligt. Malik warf ihm einen kurzen Seitenblick zu. Trotzdem hatte er Angst es zu beenden. Er fühlte sich auf eine gewisse Art wohl bei Mariku. Es kribbelte, wenn sie sich küssten, weshalb es ihm auch so schwer fiel, doch er konnte es einfach nicht mit sich selbst vereinbaren. Mariku war ein Mann. Und er war auch einer. Das ging einfach nicht. Er konnte nicht mehr. Innerlich war er ein einziger Zwiespalt. Malik war froh, als der Unterricht begann und er etwas Ablenkung bekam, doch seine Gedanken wanderten immer wieder zu Mariku. Je früher er es beendete, desto besser. Am besten gleich heute. Er kratzte seinen Mut zusammen; er würde jedes Quäntchen davon brauchen. Was war nur mit seinem Selbstbewusstsein geschehen? Früher hätte er Mariku einfach klipp und klar seine Meinung gesagt ohne sich etwas dabei zu denken. Mariku brachte ihn total durcheinander. Wenn dieses Schuljahr doch nur endlich vorbei wäre und er wieder nach Hause könnte. Er wollte zu seinen Freunden, auch wenn er sich vor Kisara nicht mehr blicken lassen konnte. Das war wirklich peinlich gewesen. Er sah auf seine Hände, mit denen er sie berührt hatte. Ihre Haut war ganz weich gewesen. Er hätte sie in dieser Nacht ficken können und er Idiot haute einfach ab. Aber er hatte nichts gespürt, selbst jetzt fühlte er immer noch nichts. Malik schreckte aus seinen Gedanken hoch als Ryou seinen Namen rief. Der Unterricht war an ihm vorbeigerauscht ohne das Malik etwas mitbekommen hatte. „Geh schon mal vor Bakura, ich komm gleich nach. Jetzt geh schon.“ Er scheuchte seinen Freund weg, damit er und Malik alleine waren. „Kommst du heute nach dem Unterricht kurz vorbei? Ich würd gern mit dir reden.“ „Über was?“ Ryou grinste schief. „Das erfährst du dann schon.“ Nachdenklich sah Malik dem Jungen hinterher. Über was wollte Ryou mit ihm sprechen? Eigentlich passte ihm das nicht so gut, immerhin wollte er Mariku sagen, dass das zwischen ihnen nichts war. Aber vielleicht konnte er auch im Gespräch mit Ryou etwas Mut gewinnen. Ob er ihm von seiner Situation erzählen sollte? Lieber nicht. Er wollte nicht, dass irgendwer davon erfuhr. Malik ließ sich aufs Bett fallen. Den ganzen Tag hatte er entweder an Mariku gedacht oder sich gefragt, was Ryou von ihm wollte. Er rollte sich zusammen. Ob Ryou schon in seinem Zimmer war? Er hatte vorher noch mit Bakura gesprochen, auch Mariku war unten geblieben. Seufzend setzte sich Malik wieder auf. Es hatte keinen Sinn, sich noch weiter den Kopf zu zerbrechen. Er würde erst mit Ryou reden, dann mit Mariku und dann hatte er hoffentlich alles erledigt und bekam den Kopf wieder etwas frei. Er klopfte an der Tür bevor er eintrat, doch es war nicht Ryou, sondern Mariku, der im Zimmer war. Das Herz schlug ihm plötzlich bis zum Hals. „Ist Ryou da?“, fragte er und vermied es Mariku anzusehen. „Nein, noch nicht.“ Mariku zog die Stirn kraus. Was wollte Malik von Ryou? „Oh.“ Malik wusste nicht, was er tun sollte. Er schloss die Tür hinter sich und lehnte sich dagegen. Sollte er zuerst mit Mariku reden? Oder doch lieber wieder gehen? „Alles in Ordnung?“ Mariku ging zu ihm und legte ihm die Hand auf die Schulter. Malik wusste nicht, was er sagen sollte. Seine Kehle war wie zugeschnürt. „Malik? Was ist?“ Er klang so besorgt und Malik verlor all den Mut, den er den Tag über gesammelt hatte. Er hatte sich die Worte zuvor zurechtgelegt und es im Kopf immer wieder durchgespielt, doch jetzt fiel ihm nichts mehr ein. Mariku legte seine Hand auf seine Wange und hob seinen Kopf leicht an, doch Malik konnte ihm nicht in die Augen sehen. Er entzog sich seiner Berührung und ging Richtung Fenster. Eigentlich hatte er den Raum verlassen wollen, aber Mariku wäre ihm sowieso nachgekommen. „Bitte… mach das nicht mehr.“ Er hatte das Gefühl jeden Moment seine Stimme zu verlieren. „Was?“ Mariku sah ihn verständnislos an. „Mich so anzufassen. Ich will das nicht mehr.“ Es entstand ein unangenehmes Schweigen zwischen ihnen und Malik wollte nur noch gehen. „Warum?“ „Ich kann das einfach nicht. Wir haben das besprochen und du hast gesagt, es sei in Ordnung, dass wir das nur ausprobieren. Ich hab’s ausprobiert, ich hab der ganzen Sache eine Chance gegeben, aber ich kann das nicht weiter machen.“ Wieso fühlte er sich so schlecht? Mariku fühlte sich als hätte Malik ihn geschlagen. Er überbrückte die Distanz und packte Malik an den Schultern. In seinem Inneren tobte es. Die Gefühle überschlugen sich und seine Hände begannen zu zittern. „Aber es hat dir doch gefallen? Es hat dir gefallen, wenn ich dich geküsst habe!“ Als Malik nicht antwortete presste er seine Lippen auf die Maliks, doch dieser schubste ihn von sich und ging einige Schritte von ihm weg. „Lass das! Hör auf!“ Mariku ballte seine Hände zu Fäusten und versuchte sich zu beherrschen, auch wenn es ihm immer schwerer fiel. Er konnte Malik nicht verstehen. Er hatte die ganze Zeit gedacht, dass es gut lief zwischen ihnen und jetzt sagte Malik ihm einfach, dass es Aus war? Er konnte es nicht akzeptieren. „Nein!“ Seine Stimme bebte. Sein ganzer Körper war im Aufruhr und Mariku atmete tief durch um sich zu beruhigen, doch dafür war es zu spät. „Mariku…“ Malik wollte weiter zurückweichen als Mariku ihm nahe kam, doch das Bett stand im Weg und Malik landete darauf. Sofort war Mariku über ihm und drückte ihn auf die Matratze. „Lass mich los!“ „Nein“, wiederholte Mariku. Inzwischen zitterte sein ganzer Körper. Wieso konnte Malik nicht verstehen, dass er ihn liebte? Er wollte keinen anderen außer ihn. Er hatte doch alles getan was er wollte! „Mariku!“ Panik schwang in Maliks Stimme mit. Der Ausdruck in Marikus Gesicht jagte ihm Angst hat. „Lass mich gehen. Bitte!“ Plötzlich zwang ihm Mariku einen Kuss auf. Malik strampelte mit den Beinen und versuchte sein Gesicht wegzudrehen. „Bist du irre?“, rief er aufgebracht als Mariku von ihm abließ. „Lass mich gefälligst los, du kranker Perversling!“ Er stemmte sich gegen Mariku, doch war ihm kräftetechnisch unterlegen. „Ich zeig dir wie krank und pervers ich bin“, zischte Mariku. Er hatte die Beherrschung über sich verloren und war unfähig noch klar zu denken. Er umfasste Maliks Hanglenke mit einer Hand und schob mit der rechten sein Shirt nach oben. „Lass das!“ Malik wehrte sich vehement. „Hör sofort auf!“ Sein Kopf flog zur Seite als Mariku ihn schlug. Geschockt riss Malik die Augen auf. Tränen sammelten sich und liefen über seine Wangen. Er hatte seit Jahren nicht mehr geweint. Erinnerungen aus seiner Kindheit kehrten zurück und er schluchzte unterdrückt. Malik spürte Marikus Zunge an seinem Hals und schloss die Augen. Was passierte hier nur? Er erkannte Mariku gar nicht wieder. „Hör auf“, flehte er leise. „Bitte, hör auf.“ Doch Mariku legte nur die Hand in seinen Schritt. Er wollte nicht, dass das passierte. Was sollte er tun? „Mariku…“ Doch dieser schien ihn gar nicht zu hören. „Verdammt Bakura, kannst du nicht…“ Ryou blieb wie angewurzelt an der Tür stehen als sein Blick auf Marikus Bett fiel. „Wieso bleibst du…“ Bakura brauchte einige Sekunden um zu realisieren was passierte. „MARIKU!“ Er drängte sich an Ryou vorbei und rannte regelrecht zum Bett. Grob packte er Mariku an der Schulter und zog ihn zurück. Mariku knurrte. „Fass mich nicht an“, grollte er und schlug Bakuras Hände beiseite. Malik bedeckte sein Gesicht mit seinen Händen und wischte die Tränen weg. Er wollte sich nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn Bakura und Ryou nicht gekommen wären. Was hätte Mariku getan? Er selbst hatte sich wie gelähmt gefühlt. Unfähig sich Mariku zu widersetzen. Malik schluchzte. „Beruhig dich Mariku.“ „Drohst du mir?“ Mariku schnaubte verächtlich. „Verpiss dich mit deinem kleinen Freund und stör mich nie wieder!“ „Du lässt deine Finger von Malik!“ „NEIN!“ Mariku sprang auf und ging auf seinen besten Freund los. Er riss ihn zu Boden und schlug auf Bakura ein. „BAKURA!“, schrie Ryou aufgeregt. Er hatte noch nie erlebt, dass sich Mariku und Bakura gestritten hatten. Sie waren immer unzertrennlich gewesen. „Bleib weg!“, befahl Bakura als Ryou auf sie zu humpelte. Er bekam Marikus Haare zu fassen, zerrte an ihnen und riss seinen Kopf nach unten. Mariku keuchte schmerzerfüllt. Bakura wischte sich mit der freien Hand über die blutende Nase. Er zog sich unter Mariku hervor und nahm diesen in den Schwitzkasten. Mariku brüllte vor Wut, während Bakura ihn aus dem Zimmer zerrte. Sie hörten wie Bakura ihn draußen gegen die Wand schubste und einen Schmerzenslaut von Mariku. Dann knallte eine Tür und es wurde still. Ryou setzte sich zu Malik aufs Bett. Dieser hatte sich nicht bewegt. Sein Shirt war immer noch hochgezogen und die Hose stand offen, doch er hatte aufgehört zu weinen. „Malik?“, fragte Ryou vorsichtig. Damit hatte Ryou nicht gerechnet. War etwa das ihr Geheimnis gewesen? War so etwas schon öfter vorgefallen? In ihm zog es sich zusammen. Würde Mariku so etwas wirklich tun, obwohl er Bakuras Vergangenheit kannte? „Ich weiß nicht“, fing Malik an. Seine Stimme war leise, aber ruhig. Er nahm die Hände vom Gesicht und setzte sich auf. „Ich weiß nicht, wie das passieren konnte. Wieso er das gemacht hat…“ Ryou war erleichtert als er hörte, dass es scheinbar erst zum ersten Mal passiert war. „Ich wollte das nicht.“ Malik fuhr sich in die Haare. „Eigentlich mag ich ihn, aber…“, er machte eine kurze Pause, „…ich kann nicht mit ihm zusammen sein.“ Er ließ die Arme sinken. „Ich hätte nie zustimmen, es zumindest mit ihm zu versuchen. Das war so dumm.“ Ryou wusste nicht, was er sagen sollte. Er konnte sich ungefähr zusammen reimen, was in den letzten Wochen zwischen Malik und Mariku passiert war und er musste Malik zustimmen; es war wirklich dumm gewesen. „BIST DU EIGENTLICH NOCH GANZ DICHT?!“, schrie Bakura seinen Freund an und schubste ihn zu Boden. Er deutete sich gegen die Stirn. „DU BIST WOHL IRRE!“ Mariku sah Bakura verächtlich an und spuckte ihm vor die Füße. Im nächsten Moment flog sein Kopf durch die Wucht eines Schlags auf die Seite. Blut tropfte jetzt auch aus Marikus Nase und er leckte es weg, als es über die Lippen rann. „Er gehört mir, Bakura.“ Mariku grinste. „Und du kannst mich nicht von ihm fernhalten.“ „Er gehört dir weder jetzt, noch sonst irgendwann“, widersprach Bakura und wischte sich das Blut weg. „Und ganz sicher nicht nach dieser Aktion.“ „Er will mich verlassen!“, bellte Mariku. „Er hat gesagt, er gibt mir eine Chance und hat sich’s gutgehen lassen bei mir und jetzt sagt er mir einfach, dass ich ihn nicht mehr anfassen soll.“ Er leckte sich erneut über die blutigen Lippen. „Was glaubt er, wer er ist? Er denkt wohl, er kann sich alles erlauben!“ Bakura presste die Lippen aufeinander. Er sah die Tränen in Marikus Augen und wusste, wie verletzt er war. Er konnte nicht wütend auf ihn sein und ihn auch nicht verurteilen für das, was er fast getan hätte. Es war nicht seine Schuld. Er hatte gleich gewusst, das Malik nicht gut für ihn war. Eine Träne rann über Marikus Wange und er wischte sie schnell weg. Bakura fühlte einen unsäglichen Schmerz in seiner Brust. Immer, wenn Mariku weinte, dann geriet seine Welt ins Wanken. Mariku war immer der Starke von ihnen gewesen. Er hatte sich nichts gefallen lassen und war nicht auf den Mund gefallen. Er hatte Mariku immer bewundert, denn obwohl er es selbst nie leicht gehabt hatte, hatte er dieses unglaubliche Selbstbewusstsein um das ihn Bakura so beneidete. Mariku jetzt so gebrochen zu sehen, zerriss ihn innerlich. Das war alles Maliks schuld! „Warum tut er mir das an?“, flüsterte Mariku. Bakura setzte sich neben ihn auf den Boden und strich ihm über den Kopf. „Er wird dich nie verstehen.“ „Ich hab doch alles getan, was er wollte. Ich bin nie zu weit gegangen. Ich hab aufgehört, wenn er es gesagt hat. Warum nur?“ „Er ist nicht gut für dich, Mariku.“ „Aber ich liebe ihn!“ Mariku sah seinen Freund verzweifelt an. „Ich liebe ihn doch.“ Er umarmte Bakura. „So sehr.“ Mariku schloss die Augen. Bakura strich ihm über den Rücken. Inzwischen hatte sein Nasenbluten aufgehört. Er wollte Mariku nicht mehr loslassen. Diesmal war er es, der Mariku beschützen musste. „Ich muss gehen“, flüsterte Mariku plötzlich und Bakura schloss die Augen. Tränen stiegen in ihm hoch. Nein, nicht schon wieder. „Mariku…“ „Ich muss.“ Er löste sich aus Bakuras Umarmung und stand auf. Auch sein Nasenbluten hatte aufgehört. Er sah Bakura an und grinste schief. „Wir sehen echt scheiße aus.“ Doch Bakura konnte das Grinsen nicht erwidern. Er wollte nicht das Mariku ging. Er wollte ihn festhalten. Was sollte er denn ohne ihn machen? Er brauchte ihn doch. Doch er konnte weder etwas sagen, noch Mariku aufhalten. Er musste gehen und Bakura wusste das. Doch plötzlich sprang Bakura auf und rannte seinem Freund hinterher. Auf der Treppe holte er ihn ein. „Mariku!“ Mariku blieb stehen und sah zu ihm hoch. „Ich bin immer für dich da, egal was passiert.“ Mariku lächelte. Es war eins dieser seltenen Lächeln, die er nur wenigen Menschen schenkte. „Das weiß ich doch.“ Mit hängenden Schultern sah Bakura ihm hinterher. Ryou hatte er zwar gewonnen, doch Mariku vorerst verloren. Herr Minamoto, der Schulleiter, war noch in seinem Büro, sodass Mariku ihn nicht erst suchen musste. Mit gesenktem Blick trat er ein. Seine Hände, die er zu Fäusten geballt hatte, zitterten. Als er aufsah, sah er die Sorge in den Augen des Schulleiters. Mariku brachte keinen Ton heraus, doch er musste auch nichts sagen. Herr Minamoto wusste was los war. Seufzend griff er zum Telefon. Nur leise war das Tuten aus dem Hörer zu hören, doch für Mariku war es so laut wie Paukenschläge. Er wusste, was ihm jetzt bevorstand und er fürchtete sich. Er hasste es schon jetzt, doch er hatte keine Wahl. Ansonsten würde er jedes Mal die Kontrolle verlieren, wenn Malik in seiner Nähe war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)