Romeo von Shunya (Balkonien und Schulhofromanzen) ================================================================================ Kapitel 6: Neugierde -------------------- Gelangweilt sehe ich zu, wie Leander die Fotos auf dem Speicherstick im Computer auf einer leeren Seite anordnet und zurecht schneidet. Heute arbeiten wir alleine an dem Projekt, weil die anderen mehr oder weniger anderweitig beschäftigt sind. Mein Vorteil: Ich kann mir Leanders Zimmer ansehen. Es passt genau zu seinem erwachsenen und ausgeglichenem Charakter. Ob das an seiner Erfahrung liegt, dass er so erwachsen auf mich wirkt? Ich lasse den Blick durch sein Zimmer schweifen. An den Wänden hängen ein paar Poster von Bands, die ich nicht kenne und die Mehrheit aus meiner Schule wahrscheinlich auch nicht. Seine Möbel sind alle schwarz, nur die Wände sind weiß. Vielleicht steht er auch nur auf die Kombination schwarz-weiß? Das Bett auf dem ich liege ist ziemlich groß für eine Person und genüsslich strecke ich mich darauf aus. Mein Blick fällt auf Leander, der konzentriert vor dem Computer sitzt und sich durch nichts ablenken lässt. Noch ein paar Wochen, dann ist meine verstauchte Hand auch wieder in Ordnung. Ob wir dann wirklich Sex haben werden? Wie wird es sein? Mir wird schon ein wenig flau im Magen. Auf Schmerzen stehe ich nun mal nicht und so wie es aussieht, will Leander bei mir einlochen. Für ihn wird es dann bestimmt mehr Spaß machen als mir. Ob er hier im Zimmer schon irgendwo Kondome versteckt hat? Mist! Wieso haben sie uns in der Schule nicht richtig auf so etwas vorbereitet? Klar, wir durften so einem komischen Holzklotz in Penisform ein Kondom überstülpen, haben Geschlechtsteile gesehen, aber das war es auch. Mehr habe ich nicht gelernt. Praktisch weiß ich also überhaupt nicht was da so auf mich zukommen wird. „Leander?“ „Hm? Was ist?“, fragt er und ist immer noch völlig in seine Aufgabe vertieft. „Hast du Pornos? Also mit Männern?“ Leander hält inne und sieht zu mir. „Ja, ich habe welche. Wieso? Ich weiche seinem Blick aus und starre an die Zimmerdecke. „Nur so...“ „Willst du welche sehen?“ Ich schaue wieder zu ihm, spüre wie mein Gesicht anläuft wie eine Tomate und nicke. „Wir sind ja alleine, dann stört es auch keinen.“ Leander steht von seinem Drehstuhl auf und kommt zu mir ans Bett. Er hockt sich davor und zieht unter dem Bett eine Schublade hervor. Ich schaue über die Bettkante herunter und staune nicht schlecht. Da bunkert er also seine Schätze. Neben Rohlingen und DVDs, befinden sich da auch verschiedene Kondome und eine komische Tube. „Was ist das?“, frage ich und zeige darauf. „Gleitgel. Das brauchen wir, sonst flutscht die Sache nicht so richtig!“, meint Leander mit einem breiten Grinsen. „Ich könnte auch die Zunge nehmen, aber das dauert zu lange.“ Anzüglich leckt er sich über die Lippen, was mich ganz verlegen macht. Er nimmt einen Rohling heraus und hält ihn mir vor die Nase. „Der wird dir gefallen!“ Stirnrunzelnd sehe ich zu, wie Leander den Fernseher anschaltet, den Rohling seitlich hinein schiebt und den Porno startet. Ich lege mich seitlich aufs Bett und sehe Leander empört an, als er mir eine Packung mit Taschentüchern zuwirft. Demonstrativ schiebe ich sie zur Seite. „Dann ruf mich eben, wenn du eine helfende Hand brauchst oder einen Blowjob!“, witzelt er und widmet sich wieder dem Schulprojekt. Der Porno startet. Fast Boys 2. Was ist denn aus Teil 1 geworden?, frage ich mich irritiert. Wieso gibt Leander mir Teil 2? Die fetzige Musik am Anfang gefällt mir jedenfalls schon mal ziemlich gut. Den Anfang des Pornos sehe ich mir notgedrungen an. Wo liegt denn der Sinn darin, einen Kerl zu fesseln, wenn er sich nicht mal richtig wehrt und hinterher trotzdem freiwillig mit dem anderen schläft? Pornos sollen wohl keinen Sinn machen, stelle ich nüchtern fest. Als die beiden Jungs sich gegenseitig in der 69er Stellung ablecken, bin ich mir nicht sicher, ob ich das auch mal tun will. Mit großen Augen sehe ich mir die Sexszenen an, lausche dem Gestöhne der Jungs und so langsam regt sich doch mein kleiner Freund. Ich versuche es zu ignorieren, aber bei der nächsten Stelle, nachdem es zwei Jungs im Geräteraum getrieben haben, kann ich nicht länger kalt bleiben. Einzig ein nackter Junge liegt im Bett, wirkt noch etwa verschlafen und zu sehen ist lediglich die Hand eines Mannes, der scheinbar gleichzeitig filmt. Vor meinem geistigen Auge stelle ich mir vor, dass ich es bin, der da liegt und es Marius' Hand ist, die mich berührt. Mein Körper reagiert heftiger als ich dachte und mit geröteten Wangen sehe ich mir den Porno an. So eine Szene mit Hand kommt noch zwei Mal, relativ kurz, aber es hinterlässt einen bleibenden Eindruck, wenn man nebenbei seiner Fantasie freien Lauf lassen kann. Leander kommt zu mir und setzt sich vor mich auf sein Bett. Seine Hand streicht über meinen Schritt und unter dem Stoff zeichnet sich deutlich eine Beule ab. Leander dreht mich auf die Seite und legt sich auf mich. Automatisch spreize ich meine Beine und umarme den Jungen. Wir küssen uns gierig, berühren unsere Leiber und schon nach kurzer Zeit liegen unsere Klamotten auf dem Boden. Wir liegen nackt im Bett. Mir ist heiß und das ich nun Leander ohne irgendwelche störenden Stoffe an meinem Körper spüre, ist auch ein geiles Gefühl. Wir sind beide erregt, holen uns gegenseitig einen runter, auch wenn es etwas komisch ist, weil ich meine rechte Hand benutzen muss und ein wenig ungelenk bin, aber Leander nimmt es mir nicht übel. Leander beißt mir in den Hals, woraufhin ich keuche und ihn fest an mich drücke. Meine Hand vergräbt sich in seinen schwarzen Haaren und als ich meine Augen schließe, lasse ich meiner Lust freien Lauf. Wirklich leise sind wir auch nicht, aber zum Glück sind wir alleine im Haus. Ich umklammere Leander mit beiden Beinen und lache als mich seine Zunge im Ohr kitzelt. Abends sitze ich wieder vor meinem Computer, öffne Skype und warte sehnsüchtig auf meinen neuen Freund. Auch schon da? Ja, ich habe auf dich gewartet. Wow, vielleicht kommen wir das nächste Mal gleichzeitig? ♥ Lachend lehne ich mich im Stuhl zurück. Du hast mir immer noch nicht gesagt wie du heißt. Echt nicht? Dann hast du mich wohl total abgelenkt. Ich heiße Gino. Bist du Italiener? Ja. Was hast du heute so gemacht? Ich habe mit Leander am Schulprojekt weitergearbeitet. Davon habe ich dir doch gestern schon erzählt. Stimmt. Leander ist der Schwule mit dem du was am laufen hast oder? Ja, genau. Wir haben heute einen Porno gesehen und und uns hinterher einen runter geholt! Was denn? Ohne mich? Das geht ja mal gar nicht! Sorry. Nächstes Mal, holen wir dich dazu! ;D Ich hadere einen Moment lang mit mir, aber dann entschließe ich mich doch Gino zu fragen. Langsam tippe ich auf der Tastatur und fühle mich doch ein wenig mulmig. Will ich ihn wirklich treffen? Was ist, wenn er ja sagt? Ich meine, was soll ich dann mit ihm unternehmen? Zuerst einmal darf ich eine ganze Weile auf seine Antwort warten. Was ist mit ihm? Behagt die Frage ihm nicht? Will er mich gar nicht richtig kennen lernen? Wollte er nur chatten? Momentan ist es mir leider nicht möglich mich mit dir zu treffen. Können wir das auf ein anderes Mal verschieben? Erleichtert, dass er mir immerhin trotzdem noch zurückgeschrieben hat, tippe ich fleißig auf die Tasten ein. Kein Ding, ich freue mich schon drauf dich zu treffen! Was machst du heute Abend noch? Nicht viel. Und du? Ich auch nicht. Wie kommt ihr mit eurem Projekt voran? Ganz gut. Na ja, heute mussten Leander und ich alles machen, wobei eine große Hilfe war ich ihm nicht, wegen meiner lädierten Hand. Marius hatte eine Arzttermin, Vincent musste zum Klavierunterricht und was Lisa gemacht hat, keine Ahnung. Die ist sich einfach zu fein für uns. Stell dir vor, Marius dachte ich stehe auf sie! Als ob! Mit diesem Biest will doch kein Kerl zusammen sein! Vielleicht ist sie gut im Bett? Das ist mir so was von egal! Ich weiß, für dich gibt es nur Marius, von dem du mich immer zulaberst. Ich lächele und kratze mich am Kopf. Stimmt schon, sobald ich die Chance habe, schreibe ich über Marius. Was er so macht, was mich mal wieder an ihm begeistert und wie gerne ich doch mit ihm Zeit verbringen würde, betone ich besonders oft. Ich bin einfach nur hoffnungslos verknallt. Ich erinnere mich wieder an den Tag, an dem Marius zu mir gekommen ist und mir beim Waschen geholfen hat. Noch immer ist es mir schleierhaft, warum er auf einmal so hilfsbereit gewesen ist. Es ist ja nicht mal seine Schuld gewesen. Bist du noch da? Ja. Ich muss langsam mal in die Falle. Kommst du morgen on? Klar, für dich immer, Schätzchen! ♥ Kopfschüttelnd beende ich Skype und schlurfe vom Schreibtisch zum Bett. Ich lasse mich in die Laken fallen und umarme mein Kopfkissen. Meine rechte Hand wandert langsam herunter, unter die Decke und verschwindet in meiner Hose. Ich verstecke mein Gesicht in meinem Kissen und lasse meiner Fantasie freien Lauf, während ich mir noch gepflegt einen runter hole. Die Jungs um mich herum grinsen breit. Kein Wunder, denn heute fotografieren wir die Actionszene und darauf haben wir schließlich alle sehnsüchtig gewartet! Wir befinden uns in einer alten Lagerhalle, die nicht mehr benutzt wird und die man eigentlich auch nicht betreten darf, aber hier kann man nun mal die besten Fotos machen. Leider kann ich die Kamera nicht halten, also übernimmt Leander heute meinen Job. Marius und Vincent stellen sich in Pose, machen einen auf gefährlich, zielen aufeinander und geben ihr bestes. Leanders Hand auf dem Auslöser der Kamera hält kaum still. Fast wie ein Profi macht er die Fotos und scheint komplett in seiner neuen Aufgabe aufzugehen. Lächelnd sehe ich den Jungs dabei zu, wie sie ihren Spaß haben und wünschte, ich könnte mich irgendwie mit einbringen, aber momentan ist das dank meiner eigenen Dummheit einfach nicht möglich. Jetzt ist es aber passiert und ich kann es auch nicht mehr rückgängig machen. Ich muss damit leben und ansonsten ist es ja auch eine tolle Erfahrung, denn immerhin hänge ich sonst die meiste Zeit in der Schule und daheim alleine herum und bisher habe ich keine Freunde gehabt. Klar, man hat halt online so seine Kontakte, aber es macht wesentlich mehr Spaß mit jemandem zu sprechen, der einem wirklich gegenüber steht, mit dem man auch etwas unternehmen kann, worauf beide Lust haben und das ich endlich mal ein paar Leute näher kennen lernen durfte, durch dieses Schulprojekt, finde ich wirklich klasse. Ich wünschte, es würde auch dabei bleiben, aber sobald die Fotostory im Kasten ist, war es das und ich kann mir neue Freunde suchen. Der einzige, der an meiner Seite bleiben wird ist Leander und das nur, weil er auf mich steht. Das finde ich im Grunde genommen auch okay, aber hätte er kein sexuelles Interesse an mir, bleibt es eben fraglich, ob er auch sich auch so mit mir angefreundet hätte. Wieso ist es nur so verdammt schwierig für mich Freundschaften zu schließen oder habe ich nur einfach Angst, dass jemand herausfinden würde, dass ich auf Männer stehe? Es stimmt schon, Mitschüler können grausam sein. Ich will nicht gemobbt werden, weil ich mich zu Jungs hingezogen fühle. Mir reicht es schon, dass ich wegen meines Namens aufgezogen und gehänselt werde. Hätte ich diesen Namen nicht, würden sie mich bestimmt anders behandeln, mich nicht demütigen, auch wenn sie es vielleicht nicht wirklich realisieren, aber sie verletzen mich damit. Was gibt ihnen das Recht mich so schlecht zu behandeln, nur weil ich nicht in ihr perfektes Weltbild passe? „Romeo?“ Ich schrecke aus meinen Gedanken auf und sehe direkt in Leanders Augen. Ich lächele und kratze mich am Hinterkopf. „Sorry, ich war in Gedanken versunken.“ „Kleiner Tagträumer!“, flüstert Leander mir amüsiert zu. „Die Fotos sind im Kasten! Wir können Schluss machen!“, ruft er Vincent und Marius zu, die beide enttäuscht sind, dass die Prozedur so schnell schon vorbei ist. Lisa hingegen wirkt erleichtert. Jetzt kann sie sich auch endlich wieder an Marius hängen und ihn zulabern. Ich werfe Marius einen kurzen Blick zu. Ob Gino mir ein paar Tipps geben kann? Ich will weiterhin mit Marius reden, ihm nahe sein und Spaß mit ihm haben. Das muss doch irgendwie möglich sein oder? Irgendetwas muss ich doch tun können, damit wir in Kontakt bleiben. Es muss ja nichts ernsthaftes sein. Ich würde mich auch freuen, wenn wir einfach nur so Freunde werden könnten. Das wäre schon mehr als ich je zu hoffen gewagt habe. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)