Narbenengel von Sternenschwester (3x4) ================================================================================ Kapitel 1: Narbenengel ---------------------- Trowa lauschte gebannt dem harmonischen Spiel des Blonden. Er liebte die stolze Haltung und die eleganten Bewegungen, wenn dieser musizierte. Viele Leute beschreiben Quatre in diesen Momenten, aber auch zu anderen Okkasionen als einen Engel. Da war es auch egal ob sie sein Äußeres meinten oder nach seinem Inneren gefragt wurden. Doch dieser Beschreibung konnte der Franzose nicht zustimmen. Er verneinte nicht, dass der kleine Araber sehr zierlich gebaut war. Die schmalen Schultern, die schlanken Beine, die dünnen Armgelenke, und das hübsche Gesicht, machten ihn durch aus begehrenswert. Ebenso bestach der vierte Pilot durch sein sanftes und nachdenkliches Wesen. Immer versuchte er das Beste zu sehen und fiel nie durch unangenehmes Verhalten anderen gegenüber auf. In vielen Dingen bewies er eine Geduld ohne gleichen und wenn jemand um Hilfe bat, so zögerte er nicht, dieser Bitte so gut es ihm möglich war nachzukommen. Wenn man dies alles zusammengefasste, konnte man wirklich behaupten Quatre sei ein menschlich gewordener Engel. Doch Trowa wusste zu gut, dass sein Freund kein Engel war. Engel waren körperlich wie seelisch fehlerlos. Quatre, aber war dies nicht. Er hatte Fehler und war mit seinen Schattenseiten weit davon entfernt makellos zu sein. Der Krieg hatte seine Spuren auf dem Jungen hinterlassen und die Kämpfe hatten ihn gezeichnet. Narben und Hautverfärbungen überzogen den schlanken Körper, wie auch mancher Bruch der Knochen bis heute zu spüren war. Trowa hasste es wenn er diese Stellen berührte. Nicht jeder Bruch, welche sich der Blonde in den zahlreichen Konflikten geholt hatte, war nahtlos verheilt und die leichten Knubbel an den Knochen erinnerten den Franzosen immer daran, durch welche Hölle sie vier einst hatten gehen müssen. Doch nicht nur diese fremdverschuldeten Verwundungen zeichneten die blasse Haut des anderen. Es zog Trowa immer wieder das Herz zusammen, wenn er die dünnen und feinen Linien an Armen und Beinen des jungen Arabers sah. Zwar hatte er damals noch nie seinen Freund mit einer Klinge in flagranti erwischt, aber er wusste sehr wohl wie der Junge einst manchen seelischen Schmerz betäubt hatte. In diesem Punkt unterschied sich Quatre sehr von ihnen. Duo hatte sich mit Hilfe seiner fatalistischen Einstellung gegenüber gewissen Aspekten im Leben, ein wahres Schutzschild um sich gezogen, unterstützt von seinem Humor, welcher von den Jahren auf der Straße geprägt war. Wufei ging zuerst kurz durch die geistige Hölle, um sich dann mit mehr Elan wieder in die Affäre hineinzustürzen, angefeuert von der Furcht abermals zu scheitern. Er und Heero, jedoch waren schon zu sehr von ihrer Vergangenheit geprägt worden, so dass sie beide unfähig waren, den Schmerz, der ihnen der Krieg mit jeder Schlacht, mit jedem Kampf zufügte, wahrzunehmen. Siecher, die guten Ingenieure hatten nicht alle Menschlichkeit aus dem Japaner rausprügeln können, ebenso wie ihm die Söldner bei denen er aufwuchs, nicht jegliches, nur allzu menschliche Gefühl in ihm abgetötet hatten, doch sie waren beide in dieser Beziehung zu wahren Krüppeln verkommen, mit dem Gefühlsleben einer Schraube. Egal wie sehr sich Relenna und Quatre, wie auch Duo um sie bemühten, sie beide waren recht langsam im Lernen und gerade Heero tat sich schwer, diese verlorene Seite von ihm wiederzufinden. Oder besser, das was noch davon übrig war, denn vieles würde sich wahrscheinlich nie wiederzusammenfügen lassen. Quatre jedoch hatte niemand auf seine Aufgabe vorbereitet. Siecher, bevor sie ihn in seinem Gundam hatten steigen lassen, hatten sie sich um eine solide Grundausbildung in Strategie und Kampf bemüht, aber keiner hatte es für nötig befunden, den sensiblen Blonden, auch auf seine seelischen Qualen vorzubereiten. Sie hatten zugelassen, dass sein Engel langsam am Krieg zerbrach und bis heute war Trowa nicht bereit den Männern dieses nötige Übel zu verzeihen. Gut, Quatre war schon vorher kein wahrer Engel gewesen, doch die letzten Jahre hatten seine dunkle, bis dahin schlummernde Seite ans Tageslicht gebracht, die Trowa erst Stück für Stück entdeckte. Vielleicht war aber auch eben dass, war ihn bis heute an seiner Seite verweilen ließ. Das Gefühl, das ihn eben dieser zierliche, junge Mann brauchte, um langsam zu realisieren, dass der Alptraum vorbei war, gab ihm selber Halt. Selbst wenn schon diese Annahme eine gefühlte Illusion war. Denn wie gesagt seine Seele lag schon vor dem Krieg in tauschenden Stücken vor ihm am Boden. Erst allmählich begriff Trowa das die Musik aufgehört hatte und verwundert über den plötzlichen Abbruch der Musik suchte er den Blick der blauen Augen. Doch der junge Araber legte einfach sein Instrument zurück in den Geigenkasten und verschloss denn dann mit geschickten Handgriffen. Fast entschuldigend wandte er sich dann seinem Freund zu, der wie immer jede seiner Bewegungen mit Argusaugen verfolgte. Wortlos überbrückte er dann schließlich die letzten Meter zum Franzosen, um sich dann mit leicht verlegenen Blick auf seinen Schoß zu setzten. Trowa ließ ihn gewähren und schlang dazu seine Arme um den schlanken Leib. „Die Toten lassen mich nicht los…“ flüsterte eine helle Stimme Trowa ins Ohr, doch dieser vergrub das Gesicht in der knöchernen Halsbeuge des Blonden. „Ich weiß… Mich lassen sie ja auch nicht los.“, murmelte er als Erwiderung und war froh einen Halt gefunden zu haben, auch wenn dieser zerbrechlicher erschien als was er war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)