Das erste Mal von dumm ([KaiSoo]) ================================================================================ Kapitel 5: Erste Schritte ------------------------- Es gab zwei Personen in seinem Leben, denen er alles anvertraute. Das waren sein treuer Therapeut und sein bester Freund Yixing. Es war ihm schon immer schwer gefallen, sich anderen Menschen anzuvertrauen, woher diese Scheu kam, hatte er nie gewusst. Aber in seiner Pubertät hatte er gelernt, dass es wichtig war, anderen Menschen seine Probleme zu erzählen. Es war wichtig jemand zu haben, der einen verstand, mit dem man Spaß haben und den man als Freund bezeichnen konnte, dem man sein Leben anvertrauen würde. Aber es war genauso wichtig, seine Probleme auch einer Person anzuvertrauen können, mit der man sonst nichts zu tun hatte. Mit der man nicht diesen engen Draht hatte, aber die dennoch wichtig für einen war. Es hatte zwei Jahre gedauert, bis er angefangen hatte mit seinem Therapeuten zu reden. Zuerst waren es nur scheue, leise Ja und Neins gewesen. Und das auch nur, weil sie im Tanzraum gewesen waren; sie hatten seine verdammten Probleme in dem Raum besprochen, der jetzt so unsagbar wichtig für Jongin war. Vielleicht war er auch gerade deswegen so wichtig für ihn geworden. Weil er dort laufen gelernt hatte. Nicht ihm direkten Sinne, aber im übertragenen. Dieser Mann hatte ihm so sehr geholfen und Jongin war ihm so verdammt dankbar. Denn er wusste, dass es manchmal schwer war mit ihm zu arbeiten. Weil er perfektionistisch war, weil er schnell frustriert war, weil er alles außer einfach war. Jongin konnte rechthaberisch sein und in seiner Pubertät hatte er sich nie Fehler eingestehen können – oder er hatte sich für alle Fehler der Welt selbst verantwortlich gemacht. Würde Jongin sagen, dass er es seiner Familie und seinen Freunden in einem gewissen Alter leicht gemacht hatte, würde er lügen. Jongin verdankte diesem Menschen so viel. Vielleicht auch seine ersten Worte, die er zu Kyungsoo gesagt hatte. Weil er sich ihm irgendwann geöffnet hatte. Es war ihm nicht einfach gefallen, diesem alten Mann zu erzählen, dass Jongin sich in einen anderen Mann verliebt hatte. Homosexualität war ein heikles Thema und man konnte nicht sehen, welche Menschen damit offen umgingen und welche nicht. Er hatte Angst gehabt es ihm zu sagen, aber letztendlich bereute er es nicht. Er hatte Wochen lang darum herumgeredet, aber offenbar hatte sein Therapeut ihn so im Griff, dass er ihn irgendwann weich klopfte. Und dann hatte er ihm alles gesagt. Er hatte von vorn angefangen, hatte nichts Relevantes ausgelassen und hatte ihm gesagt, dass er seine Hilfe brauchte. Weil er mit Kyungsoo reden wollte. Weil es nichts gab, was er lieber tun würde. Er hatte ihm nur geantwortet, dass Jongin das selbst tun musste. Dass er ihm die Worte nicht in den Mund legen konnte. Er hatte ihm geraten, dass er sich nicht dazu zwingen sollte, dass er es dann sagen sollte, wenn er glaubte, dass es der richtige Zeitpunkt war, Kyungsoo anzusprechen. Weil es eine Veränderung für ihre derzeitige Beziehung bedeutete. Jongin hatte sich klar darüber sein müssen, dass er so weit sein musste. »Wenn es so weit ist«, hatte er ihm gesagt, »dann schließt du die Augen, atmest tief durch und erinnerst dich daran, dass du keine Angst davor haben musst, mit ihm zu reden. Du musst keine Angst davor haben, dass er Dinge antwortet, die du nicht hören möchtest, nur weil du dich nicht traust Fragen zu stellen. Wenn es richtig ist, dann kannst du mit ihm reden und es wird keinen Grund geben dich zu fürchten, weil er sich freuen wird, dass du mit ihm sprichst.« Jongin hatte seine Worte nicht geplant. Er hatte sie schon so oft gedacht und so oft in den Chat oder in das Handy getippt, aber er hatte sie nie abgeschickt. Weil er sich vorgenommen hatte, es ihn irgendwann selbst zu fragen. Mit seiner eigenen Stimme. Weil er das konnte. Aber er hatte nicht geplant, dass das das erste sein würde, was er Kyungsoo sagen, oder fragen, würde. Die Worte waren einfach da gewesen. Und er hatte Angst gehabt, weil er nicht gewusst hatte, wie Kyungsoo antworten würde, wie er ihr Verhältnis denn überhaupt einschätzte. Aber er war gleichzeitig stolz gewesen, dass er es getan hatte und als er gespürt hatte, wie Kyungsoo den Druck seiner Hand erwiderte, war ihm klar gewesen, dass er das Richtige gefragt hatte. Und dass es keinen Grund zur Angst gegeben hatte. --- Jongin hatte noch nie eine Beziehung gehabt. Also, keine richtige mit Küssen und Geschlechtsverkehr. In der Schule hatte er sich mal in ein Mädchen verliebt und war öfters in ihrer Gegenwart gewesen, hatte mit ihr gearbeitet und auch manchmal zusammen mit ihr in der Pause gegessen. Aber das war keine Beziehung gewesen, auch wenn sich Jongin das als pubertärer Junge manchmal vorgestellt hatte. Er wusste also nicht so recht, was man in einer Beziehung denn tat. Aber eigentlich war es ihm vollkommen egal, was er und Kyungsoo alles tun würden, solange er in seiner Gegenwart sein konnte. Jongin wollte mit ihm Händchenhalten, wollte ihn küssen und wollte irgendwann, wenn sie beide bereit dafür waren, mit ihm schlafen. Aber er wollte es nicht überstürzen, weil er die Furcht hatte, dass er vielleicht irgendetwas kaputt machen würde, nur weil er es nicht aushalten würde. Aber er würde es schaffen. Weil er schon so lange hatte warten müssen, bis er mit Kyungsoo hatte sprechen können, da konnte er auch noch Monate darauf zu warten, ihn zu küssen. Solange es irgendwann passieren würde, war es in Ordnung. Das erste, was Jongin tun wollte, war, dass er immer mit ihm sprechen konnte. Egal wo sie waren. Egal ob es im Tanzstudio, in seinem Zimmer, auf der Straße, oder sonst wo war. Er wollte es wirklich schaffen. Und das hatte er Kyungsoo auch gesagt. Und Kyungsoo, sein Freund, hatte geantwortet, dass sie alle Zeit der Welt hatten und dass Jongin sich nicht unter Stress stellen sollte. Und dass es für ihn kein Problem war, wenn sie sich hier trafen, um zu reden. Denn Jongin wollte so viel nachholen. Auch wenn seine Stimme immer noch leise und oft unsicher war, wollte er Kyungsoo die Dinge, die er ihm geschrieben hatte, sagen. Das und noch so vieles mehr. Aber sie waren beide arbeitstätig, hatten oft stressige Tage und es war gar nicht so einfach, sich oft zu sehen. Meistens kam Kyungsoo ihn abends im Tanzstudio besuchen und sie sprachen ein wenig und machten sich zusammen auf den Heimweg. Ohne Hände zu halten. Auch wenn Jongin das wirklich gern würde, aber er glaubte, dafür war es noch zu früh. Weil noch niemand (außer Yixing) wusste, dass sie nun eine Beziehung führten. Und das war eigentlich auch nichts Schlimmes, aber Kyungsoo wirkte auf ihn wie der Typ, der solche Dinge eher für die eigenen vier Wände aufhob. So wie die meisten Koreaner. Damit kam Jongin klar. Für ihn war es Geschenk genug, in seiner Nähe zu sein, neben ihm zu laufen und sich im Bus leicht an ihn zu lehnen. Vermutlich wirkten sie nicht einmal wie ein Paar, sondern einfach nur wie gute Freunde. Denn Jongin kannte genug Leute, die nur gut befreundet waren, und ständig aneinander klebten. Minseok und Han waren das beste Beispiel dafür. Und Sehun auch. Aber das war ja auch nichts Außergewöhnliches. Es war nur unglaublich praktisch, dass sie direkt nebeneinander wohnten. Da waren spontane Besuche viel einfacher und auch der Grund, wieso Kyungsoo inzwischen den Dreh heraushatte, wie er Jongin in seinem Lieblingsspiel in den Boden stampfte. Dabei hätte er gedacht, dass Kyungsoo nur damit bewandert war, gut zu kochen. Und er war der Gott unter den Köchen, wie Jongin fand. Als Kyungsoo ihn das erste Mal gefragt hatte, ob er ihn zum Essen einladen konnte, hätte er eigentlich gedacht, dass sie irgendwo hingehen würden. Stattdessen hatte Kyungsoo jedoch für ihn gekocht (Jongins Lieblingsessen) und Jongin glaubte, dass das besser gewesen war als das, was er erwartet hatte. Seit Jongin den Mund aufgemacht hatte, waren drei Wochen vergangen. Er war nun schon drei Wochen mit Kyungsoo zusammen und die Welt war fürchterlich rosarot, auch wenn – oder gerade weil – sie noch immer ganz am Anfang standen. Sie hatten sich noch nicht geküsst, weil Jongin glaubte, dass Kyungsoo da genau so unsicher war, wie er. Und wenn er ehrlich war, konnte er es kaum erwarten, bis das passieren würde, denn er wollte wissen, wie sich diese vollen Lippen auf seinen eigenen anfühlten. Aber Jongin wollte sie nicht dazu drängen. Das würde alles von selbst kommen, wenn die Zeit reif dafür wäre. Heute war jedoch einer dieser Tage, an denen sie sich nicht sahen. Die waren schon öfters vorgekommen und Jongin fand es durchaus schade, aber es war auszuhalten, weil er ihm immer eine SMS schreiben konnte, wenn er wollte – und wenn Kyungsoo Zeit hatte, dann würde er ihm auch antworten. Alles in allem glaubte er, dass ihre Beziehung wirklich auf einem guten Weg war. Es war kein banales, sofortiges Küssen, kein schnelles gegenseitiges Besteigen. Es war romantisch und aufregend, weil Jongin nie wusste, wann etwas Neues passierte. Nicht, dass etwas Altes langweilig werden würde. Mit Kyungsoo würde so schnell nichts langweilig werden. Und Jongin war glücklich. Verdammt glücklich. »Wieso wolltest du unseren Termin eigentlich verschieben?«, wollte Minseok von ihm wissen, während er und seine Jungs in dem Raum standen und eine Pause machten. Jongin blinzelte und fühlte sich ein wenig ertappt. »Ehm, ich hatte zu tun«, sagte er dann. Minseoks Augenbrauen schossen in die Höhe. »Seit wann hast du denn bitteschön etwas Wichtigeres zu tun, als mit uns zu tanzen?« Denn das war vor Kyungsoo noch seine höchste Priorität gewesen. »Du hast es ihnen immer noch nicht gesagt?«, wollte Yixing dann wissen. Und Jongin warf ihm einen unzufriedenen Blick zu. »Sei still«, sagte er dann, ohne es wirklich ernst zu meinen. Vielleicht war es wirklich an der Zeit, dass er es den Jungs auch erzählte. Yixing hatte es natürlich als erstes, noch am selbigen Abend, erfahren. Seine Eltern wussten es noch nicht und seine anderen Freunde auch nicht. Nicht, dass es ihm peinlich war aber… vermutlich fiel es ihm einfach nicht ganz so einfach darüber zu sprechen. »Was hast du uns noch nicht gesagt?«, wollte Han dann wissen, sah ihn mit großen Augen an. »Ich uhm, hatte ein Date, könnte man sagen.« Seine Stimme war ruhig und leise. »Ein Date?«, wollte Zitao ungläubig wissen. »Ja«, bestätigte Jongin mit einem kurzen Schulterzucken. Denn einen Tag mit Kyungsoo zu verbringen, war schon irgendwie ein Date. Oder war es schon gar nicht mehr ein Date, wenn man in einer Beziehung war? Jongin war sich da nicht so sicher, aber er nannte es trotzdem ein Date, weil er fand, dass sich das richtig anhörte. »Und wieso erzählst du uns das erst jetzt? Wie lange schon? Wer ist es? Ist sie süß? Kennen wir sie?« Eigentlich hätte er die Frage von Han erwartet, aber stattdessen fragte Minseok ihn das alles. Jongin konnte sich nicht helfen, lachte leise und kratzte sich dann verlegen im Nacken, ehe er grinste. Seine Wangen fühlten sich heiß an. »Sein Name ist Kyungsoo und wir… wir sind seit drei Wochen zusammen.« Er wusste, dass es ihnen egal sein würde, dass Kyungsoo ein Mann war, denn mit Zitaos Neigung – von der sie alle wussten – waren sie alle immer klar gekommen. Also würde das bei ihm wohl nicht anders sein. Bei ihm war es vermutlich nur überraschender, weil er schöne Mädchen gern ansah und weil er das auch niemals leugnen würde. Aber er wollte auch nicht leugnen, dass er sich in einen Mann verliebt hatte. »Du hast eine Beziehung mit einem Kerl?«, wollte Zitao absolut überrascht wissen und sah ihn ungläubig und irgendwie vollkommen begeistert an. Jongin nickte. Plötzlich war ein lautes Lachen von Sehun zu hören. »Tao hat dich angesteckt«, scherzte er und erntete dafür einen Schlag, von Zitao, gegen den Hinterkopf. »Wieso hast du ihn uns noch nicht vorgestellt?«, wollte Han wissen. »Und wieso hast du uns das nicht gesagt?« »Ich… weiß ehrlich gesagt nicht, wieso.« »Du hast es nicht mal auf Facebook gepostet«, bemerkte Sehun. »Im Gegensatz zu Zitao gehört Jongin eben nicht zu den Personen, die alles an die große Glocke hängen.« Yixing kannte Jongin. »Hey«, verteidigte sich Zitao beleidigt. Denn, ja, dass die Sache zwischen ihm und Wu Yifan, Kris, wie auch immer, noch immer am Laufen war, und erster geworden als vermutet, hatten sie alle über die Internetseite mitbekommen. Aber Zitao machte selten ein Geheimnis aus irgendetwas. Er teilte Dinge gern mit, vielleicht auch, weil er sich nicht von den Meinungen von anderen beeinflussen ließ und gern angab. »Du solltest ihn uns vorstellen«, schlug Han vor. »Ja, bring ihn doch das nächste Mal mit. Oder wir gehen mal wieder was trinken und du lädst ihn ein.« Minseok hatte dumme und gleichzeitig grandiose Ideen. Jongin fand sie dumm, die anderen wohl alle absolut fantastisch. »Ich weiß nicht, ob ich möchte, dass ihr ihn jetzt schon kennenlernt«, gestand Jongin dann. »Was, wieso?«, wollte Han entrüstet wissen. »Er ist doch sicher nicht hässlich. Oder schämst du dich für ihn?« »Nein!«, kam es sofort von Jongin. »Ihr seid nur chaotisch, beschissen und peinlich.« Yixing gluckste kurz. »Außerdem hab ich ihm mal damit gedroht, ihn zu verprügeln. Ich glaub der will mich gar nicht wiedersehen.« »Was zur Hölle«, kommentierte Zitao. »Wieso kennt Yixing ihn, und wir nicht?«, fragte Han, der vollkommen in seinem Element war. »Das ist nicht fair. Wir sind doch auch deine Freunde. Außerdem will ich wissen, wer die Person ist, die dich so glücklich macht.« »Was?«, fragte Jongin etwas verwirrt. »Na, man sieht dir förmlich an, dass es dir die letzten Wochen verdammt gut geht. Du lächelst viel mehr als sonst.« Tat er das wirklich? Bewusst hatte Jongin das gar nicht wahrgenommen. »Also, was ist?«, wollte Sehun wissen. »Stellst du ihn uns vor?« »Ich… frag ihn mal«, gab Jongin sich dann geschlagen. »Im Notfall muss Yixing halt wegbleiben«, schlug Minseok grinsend vor. »Hey«, beschwerte sich Jongins bester Freund. »Könnt ihr vergessen.« Joning würde Kyungsoo wohl wirklich fragen, ob er seine Freunde kennenlernen wollte. --- Noch hatte er ihn nicht gefragt, aber gestern hatten sie nicht gechattet, sondern den Abend auf seinem Sofa, mit den ersten beiden Harry Potter-Filmen verbracht. Und Jongin hatte es geschafft, ihm ein gute Nacht zuzuflüstern, bevor Kyungsoo sich verabschiedet hatte. Das hatte vermutlich deswegen geklappt, weil der Raum, in dem er sich ebenfalls verdammt wohl fühlte, sein eigenes Zimmer war. Jongin glaubte, dass es immer leichter wurde, mit Kyungsoo mit seiner eigenen Stimme zu kommunizieren, denn das war ihm noch nie so einfach und schnell gelungen. Das erste Wort hatte mehrere Monate gedauert, und danach hatte er es nach drei Wochen geschafft, mit ihm, an einem anderen Ort, zu reden. Für Jongin war das ein absolut gewaltiger Schritt. »Jongin? Kennst du einen Han?«, wollte Kyungsoo von ihm wissen. Heute waren sie in Kyungsoos Zimmer, das Jongin nun schon zum dritten Mal betreten hatte. Sie lagen nebeneinander auf seinem Bett und hatten die Finger von jeweils einer ihrer Hände ineinander verschlungen. Jongin hatte die Zeit damit verbracht Kyungsoos unglaublich schönes Gesicht zu beobachten. Sein Profil war genauso bezaubernd, wie seine Frontalansicht. Alles an Kyungsoo war, in Jongins Augen, so fürchterlich perfekt und Jongin wollte ihn berühren. Auf die Frage hin vergaß er seine stillen Schwärmereien, blinzelte und nickte dann langsam, mit einer fein gerunzelten Stirn. Jongin wollte fragen, wieso er das wissen wollte, aber da war nicht genug Überwindung da, um seinen Mund aufzumachen. Aber Kyungsoo schien ihn zu verstehen. »Er hat mich letztens angeschrieben und uhm…« Kyungsoo stockte und Jongins Blick wurde finsterer. Kyungsoo sah ihn einen Moment an, gluckste dann. »Guck nicht so. Er war nicht halb so gruselig, wie Yixing.« Jongin wollte sehen, was Han ihm geschrieben hatte. Er setzte sich auf, löste den Griff um Kyungsoos Hand und deutete auf seinen Laptop. »Willst du es sehen?«, fragte Kyungsoo leicht verunsichert. Jongin nickte und Kyungsoo stand schließlich vom Bett auf, steckte das Stromkabel und die Maus aus und setzte sich dann mit dem Laptop, der gerade hochfuhr, neben Jongin zurück aufs Bett. Es dauerte nicht lange, bis Kyungsoo schließlich die Seite geöffnet hatte und in den Nachrichtenverlauf mit Lu Han ging. Und Jongin würde seinen Kumpel dafür am liebsten umbringen. Dieser dumme Idiot hätte wenigstens abwarten können! Er bekam den Laptop auf die Oberschenkel und Jongin scrollte den Verlauf nach oben. Lu Han ( ・ω・)ノ Hallo Kyungsoo Oh Gott, Han war so gruselig. Jongin hätte gern seine Handfläche gegen die Stirn geschlagen. Do Kyungsoo Hallo, Han…? Lu Han Wie gehts dir? (⌒▽⌒)☆ Do Kyungsoo Mir geht’s gut. Und selbst? Man könnte förmlich sehen, wie seltsam diese Situation für Kyungsoo hatte sein müssen. Aber Han war auch wirklich seltsam, wenn man mit ihm schrieb. Das war komisch, weil Han ein absolut normaler junger Mann war. Ein junger Mann, der Fußball spielte und verdammt muskulöse Arme hatte, tanzen konnte und sein Herz am rechten Fleck hatte. Aber in Facebook wirkte er einfach nur wie ein pubertierendes, unheimliches Schulmädchen. Jongin war sich ziemlich sicher, dass Luhans Startseite eine Seite mit japanischen Smileys war. Lu Han Mir auch Erzähl mir was von dir (◕‿◕✿) Heilige Scheiße, Lu Han! Jetzt klatschte Jongin seine Handfläche tatsächlich in sein Gesicht und Kyungsoo neben ihm lachte auf. Jongin las das Gespräch weiter und irgendwann schien sich Kyungsoo tatsächlich halbwegs auf ihn eingelassen zu haben. Vielleicht weil Han auch weniger gruseliger geworden war. Wirklich viel hatten sie nicht geschrieben, aber offensichtlich hatte Han Kyungsoo eine Freundschaftsanfrage geschickt, die sein Freund angenommen hatte. Das war ein großer Fehler gewesen, aber wenigstens konnte Jongin nun sehen, dass Luhan online war. Und genau deswegen tippte er nun auch etwas in den Chat. Do Kyungsoo alter luhan was soll das Lu Han Hey kyungsoo! Was soll was? (`・ω・´)” Do Kyungsoo wieso zur hölle creepst du meinen freund an?? Lu Han Oh Jongin Do Kyungsoo ganz genau Lu Han Whuuuups |・ω・`) |ω・) |・) |)/ Bye Kyungsoo neben ihm lachte erneut und legte seinen Arm um Jongins Schultern, vermutlich auch damit er einfacher auf den Bildschirm des Laptops sehen konnte. Do Kyungsoo idiot Lu Han Hey ich wollte ihn nur kennenlernen Weil du uns ja nicht vorstellen wolltest Do Kyungsoo ja jetzt weißt du auch wieso weil ihr dumm und peinlich seid außerdem wollte ich ihn euch vorstellen »Na, das hoffe ich doch«, kommentierte Kyungsoo mit einem Grinsen und Jongin sah zu ihm, erwiderte das Grinsen schmal, blickte dann jedoch wieder auf den Bildschirm, weil Han geantwortet hatte. Lu Han Yay ヽ(;▽;)ノ Do Kyungsoo na du kannst es jetzt vergessen Lu Han Was? Wieso? Das ist nicht fair Do Kyungsoo selber schuld »Du scherzt nur, oder?« Jongin schielte zu seinem Freund, der eine Frage gestellt hatte. »Ich fand ihn ganz nett. Verrückt, aber irgendwie niedlich.« Jongin boxte Kyungsoo in die Seite und sein Freund lachte leise auf. Lu Han Neeeeeeein ㅠㅠ Do Kyungsoo haha er findet dich niedlich hat er gesagt Lu Han Was? Warum? ( ̄へ ̄) Do Kyungsoo vielleicht weil du ständig diese beschissenen smileys machst und wie ein kleines mädchen wirkst Lu Han Ich bin älter und reifer als du! Do Kyungsoo ja offensichtlich Lu Han (ง •̀_•́)ง Wanna fight punk Wieso schreibst du überhaupt mit mir? Macht lieber rum Was. »Was?!«, verlieh Kyungsoo dem Wort, das Jongin dazu nur eingefallen war, eine Stimme. Jongin blinzelte etwas und schielte dann zu Kyungsoo, beobachtete seine Lippen für einen Moment und erinnerte sich daran, dass er wirklich gern mit Kyungsoo ‚rummachen‘ würde. Der Gedankengang trieb ihm das Blut in die Wangen und er wandte seinen Blick wieder auf den Bildschirm. Do Kyungsoo 凸(◕‿◕✿) Und mit dieser Antwort, die Han sicher verstehen würde, klappte er den Laptop schließlich zu und sah fast schon mit einem entschuldigenden Blick zu Kyungsoo und grinste dann schließlich, als er Kyungsoos leises und kurzes Glucksen hörte. Jongin erhob sich, legte den dunklen Laptop zurück auf den Schreibtisch, den Jongin von seinem Zimmer aus halb sehen konnte und setzte sich dann wieder neben Kyungsoo ins Bett. Er blickte ihn kurz an und dann wieder nach vorn an die Wand und biss sich unbewusst auf die Unterlippe. »Ich finde, er hat Recht«, sagte Kyungsoo dann und Jongin riss seinen Kopf sofort herum und starrte Kyungsoo ins Gesicht. Er wirkte im ersten Moment absolut perplex und dann zeigte er ein sehr breites Grinsen. Er fand das auch. Kyungsoo bewegte sich etwas, setzte sich bequemer hin und drehte seinen Oberkörper in Jongins Richtung. Urplötzlich trat ein fürchterlich schneller Herzschlag auf und Jongin wurde augenplötzlich nervös. Weil sie sich gleich küssen würden, oder? Jongin drückte seine Handflächen in die Matratze und sah in Kyungsoos dunkle Augen, die im Moment nicht aussahen, als wären sie von einem Reh, das im Scheinwerferlicht stand, sondern Jongin fand, dass der Blick fast schon lasziv wirkte. Ein weiterer Grund, wieso er noch nervöser war und seine Wangen noch dunkler wurden. Einen kurzen Moment sahen sie sich einfach nur an, ehe Kyungsoo erneut die Position wechselte, nun vor ihm auf dem Bett kniete und zu ihm hoch sah. Er hob seine Hände und Jongin konnte spüren, dass er wohl durchaus nervös war, weil seine Handflächen an seinen Wangen warm waren. »Schließ deine Augen«, flüsterte Kyungsoo und Jongin gehorchte sofort, konnte den schnellen Pulsschlag an seinem Hals spüren. Er schluckte und alles in seinem Kopf drehte sich darum, dass seine Lippen hoffentlich nicht spröde waren und dass er gar nicht wusste, wie gut er küssen konnte und dass Kyungsoo hoffentlich nicht enttäuscht sein würde. Jongin konnte hören, dass Kyungsoo sich etwas bewegte, spürte es an den Händen auf seinen Wangen und schließlich an Kyungsoos Atem auf seiner Haut. Und bevor Jongin in seine panischen und nervösen Gedanken verfallen konnte, drückte Kyungsoo ihm seinen ersten Kuss auf, von dem er schon so oft geträumt hatte. Die Situation war nicht romantisch, oder besonders, aber vielleicht musste sie das gar nicht sein. Sie war perfekt, eben weil es an einem völlig banalen Ort war, den Jongin mochte. Und wer dachte über den Ort nach, wenn man gerade die schönsten Lippen des Planeten auf seinen eigenen spüren konnte? Der Kuss hielt nicht lange, ein paar Sekunden, und als Kyungsoo sich von ihm löste, öffnete Jongin seine Augenlider wieder. Kyungsoo setzte sich wieder zurück auf seine eigenen Beine, da er sich für den Kuss wohl etwas erhoben hatte, damit sie auf selber Höhe gewesen waren, immerhin war Jongin geschätzte acht Zentimeter größer. Sie sahen sich an und Jongin bemerkte nicht, dass er Kyungsoo anlächelte, aber er konnte sein Lächeln sehen und im nächsten Moment, vollkommen ohne Vorwarnung, lehnte er sich nach vorn und vereinte ihre Lippen erneut. Nicht viel länger, aber vielleicht hatte Jongin das tun wollen, weil er eigentlich gedacht hätte, dass er den ersten Schritt zu ihrem ersten Kuss tun würde. Aber Kyungsoo war nicht halb so schüchtern, wie er manchmal wirkte. Kyungsoo war eigentlich gar nicht schüchtern. Jongin hatte nur langsam Abstand zwischen ihren Gesichtern genommen und gespürt, wie Kyungsoo nach einer seiner Hände gegriffen hatte. Sein aufgeregter Puls war dabei sich zu beruhigen, aber Jongin kam nicht von dem Gedanken ab, dass Kyungsoos Lippen nicht nur wunderschön aussahen, sondern sich genauso auf seinen Lippen anfühlten. Jongin dachte, dass sie das öfters tun sollten. Kyungsoo tat das auch. Dennoch blieb es an diesem Tag bei diesen zwei ersten Küssen. Und das war in Ordnung. --- Jongin hatte Probleme damit, seine Gefühle in Worte zu fassen. Es gab so viele Dinge, die er Kyungsoo gern sagen wollte, aber selbst wenn sie im Tanzraum oder in seinem (inzwischen viel ordentlicheren) Zimmer waren, konnte er so etwas nie ansprechen. Er wollte ihm sagen, dass er ihn jedes Mal, wenn er ihn zu lange ansah – was ständig vorkam – am liebsten küssen würde. Er würde ihm so gern sagen, dass er sich verdammt wohl in Kyungsoos Gegenwart fühlte und dass er einfach nur glücklich war, wenn sie sich ansahen und wenn Kyungsoo ihm dieses wunderschöne Lächeln schenkte. Er wollte ihm sagen, dass er jedes Mal aufs Neue nervös war, wenn sie sich sahen. Aber Jongin konnte das nicht. Wenn es um Gefühle ging, fing er immer an komisch zu reden und nicht direkt zu sein. Er redete so lange und verwirrend um den Punkt herum, dass er es am Schluss selber nicht mehr verstand. Wenn er mit Yixing sprach, ging das noch einigermaßen, aber bei allen anderen Personen kostete das verdammt viel Überwindung. Eigentlich hatten sie heute – weil beide einen freien Abend hatten – ihren Harry Potter-Filmmarathon weiter führen wollen, aber letztendlich hatte es damit geendet, dass sie beide unter einer Decke auf Jongins ausgezogenem Sofa saßen und redeten. Über völlig banale Dinge, wie ihre Schulzeit oder die Arbeit. Es war schön, wenn er mit Kyungsoo sprach, denn es war einfach so, als wäre selbst alles, was eigentlich total banal war, wichtig zu erwähnen. Kyungsoo war ein guter Zuhörer und Jongin sowieso. Er liebte es, wenn Kyungsoo davon sprach, wieso er Koch hatte werden wollen. Dieses Funkeln in seinen Augen und dieser Enthusiasmus waren schön und niedlich zugleich. Jongin könnte die Stunden nur damit verbringen, ihn anzusehen und ihm beim Reden zuzuhören. Jongin hatte bemerkt, dass Kyungsoo Dinge öfters mal vergaß, wenn er nervös war, aber auch, dass er nicht halb so oft nervös wurde, wie Jongin. Aber vielleicht konnte Kyungsoo das auch einfach gut überspielen. Jongins Hand hatte unter der dunkelblauen Wolldecke Kyungsoos Hand gesucht und sie sanft umgriffen, während er seine Schulter an Kyungsoos lehnte. Er würde müde, da er die letzte Nacht nicht gut geschlafen hatte. Aber früher ins Bett wollte er auch nicht, weil er nicht wollte, dass Kyungsoo schon ging. Er sollte einfach hier übernachten. Vielleicht würde Jongin den Vorschlag später einfach aussprechen. »Ich hab meinem besten Freund von uns erzählt«, sagte Kyungsoo dann plötzlich und Jongin drehte seinen Kopf etwas und beobachtete Kyungsoo von seiner Position aus. »Chanyeol?«, fragte er dann. Kyungsoo nickte und stimmte zu. »Er würde dich gern mal kennenlernen«, fing sein fester Freund an und Jongin erinnerte sich daran, dass seine Freunde Kyungsoo auch gern kennenlernen wollten, »wenn du also mal Lust hast...?« Kyungsoo sah ihn an und Jongin glaubte, dass er diesem Blick absolut nichts abschlagen könnte. Selbst wenn er wollte. Aber Jongin wollte Chanyeol kennenlernen. Jetzt, da er wusste, dass dieser Park Chanyeol nur Kyungsoos bester Freund war und Jongin mit Kyungsoo zusammen war, war Chanyeol keine Gefahr mehr für ihn. Also würde er ihn auch gern kennenlernen. »Klar, wieso nicht?« Kyungsoos Lächeln wurde breiter und freudiger. »Ich glaube, dass ihr euch verstehen werdet.« Jongin hoffte das zumindest. Vermutlich würde es für ihn ziemlich komisch werden, weil er ja eben nicht mit ihm kommunizieren können würde. »Aber er weiß, dass ich nicht mit ihm reden werde?« Er stellte die Frage, nur um sicher zu gehen. Denn mit Kyungsoo konnte er inzwischen schon absolut normal reden, wenn sie in seinem Zimmer waren. Seine Stimme war nicht mehr leise und er war inzwischen sehr locker geworden. Und er glaubte, dass es bald auch möglich wäre, dass er mit ihm außerhalb dieser zwei Räume reden könnte. »Natürlich!« Kyungsoo klang fast so, als wäre er etwas empört, dass Jongin daran gedacht, dass er es möglicherweise vergessen hatte. Jongin lächelte, weil der Tonfall amüsant gewesen war. Seine Augen lagen wieder auf Kyungsoos vollen Lippen, auf die vermutlich jedes Model neidisch war, und er sprach sich in Gedanken zu, dass er ihn küssen sollte. Nicht nur kurz und simpel, sondern richtig küssen. Nicht einmal unbedingt mit Zunge (obwohl er das natürlich auch gern probieren würde!), einfach nur intensiver. Er wollte wissen wie es sich anfühlte, wenn Kyungsoos Lippen sich aktiv gegen seine bewegten. Allein der Gedanke bescherte ihm ein Ziehen unterhalb des Bauchnabels. Kyungsoo hatte seinen Blick bemerkt; natürlich hatte er das, immerhin sahen sie sich gegenseitig an und als dann plötzlich ein Grinsen auf den vollen Lippen erschien, bemerkte Jongin, dass er seinem Freund geradewegs auf den Mund starrte. Ohne Vorwarnung lehnte sich Jongin etwas in Kyungsoos Richtung, näherte sich seinem Gesicht, weil er Kyungsoo zeigen wollte, was er wollte. Denn es war noch immer nicht einfach für ihn, sein Verlangen, gerade wenn es um so etwas ging, in Worte zu fassen. Und Kyungsoo brauchte keine Worte um zu verstehen, was Jongin wollte. Sein Freund lehnte sich ihm entgegen, nahm das letzte Stück Abstand, dass sie trennte und drückte ihre Lippen aufeinander. Jongin hatte aus reinem Instinkt die Augenlider geschlossen und genoss die simple Berührung, ehe Kyungsoo den ersten Schritt tat, seine Lippen ein bisschen öffnete und sie gegen Jongins bewegte. Jongin zögerte nicht lange, bis er die Berührung erwiderte und etwas planlos nach Kyungsoos Lippen schnappte. Sein Herz schlug aufgeregt, selbst als Kyungsoo plötzlich leise in den Kuss gluckste und die Berührung sanft brach. »Das müssen wir aber noch üben«, flüsterte Kyungsoo ihm gegen die Lippen und Jongin spürte die peinliche Wärme in seinem Gesicht. »Sei still«, fauchte er scherzhaft und grinste dann, ließ von Kyungsoos Hand ab und legte sie an den Oberarm seines Freundes, ehe er ihre Lippen wieder vereinte. Wenn er nicht gut küsste, mussten sie eben jetzt daran arbeiten, damit er sich besserte. Aber woher sollte Jongin auch wissen, wie man gut küsste? Für ihn war das hier alles eine völlig neue Erfahrung. Immerhin war Kyungsoo die erste Person – seine Eltern ausgenommen – die ihn geküsst hatten. Und er war nun mal kein Meister, der vom Himmel gefallen war. Aber er war energisch und er liebte es an sich zu arbeiten und vermutlich war er deswegen jetzt nur noch motivierter, ein guter Küsser zu werden. Außerdem mochte er es, wie sich Kyungsoos Lippen anfühlten. Er konnte es kaum in Worte fassen – es fühlte sich einfach gut an. Seine Lippen waren weder rau oder trocken, aber auch nicht so weich wie die Wolldecke, unter der sie lagen. Dennoch fühlte es sich perfekt an. Möglicherweise lag das auch daran, dass Jongin fand, dass alles an seinem Freund perfekt war. Wahrscheinlich kam es ihm nur so vor, aber er fand, dass er sich beim zweiten Kuss durchaus besser anstellte und gekonnter die Bewegungen von Kyungsoos Lippen gegen seine erwidern konnte. Ein paar Augenblicke verstrichen, ehe der Kuss gelöst wurde und Jongin drückte seine feuchtgeküssten Lippen einen Moment aufeinander, ehe er seinen Blick hob und Kyungsoo ansah, der ihn schmal anlächelte. Jongins Hand wanderte Kyungsoos Oberarm herunter und hielt schließlich oberhalb des Ellbogens inne. »Du solltest hier schlafen«, sprach er dann seinen Gedanken von vorhin aus. Kyungsoo wirkte einen Moment überrascht, schien aber nachzudenken. »Ich muss morgen früh arbeiten.« »Dann stellen wir eben früh genug den Wecker. Ich will nicht, dass du gehst.« Jongin wirkte für einen Moment wohl wie ein schmollendes Kind und Kyungsoo gluckste kurz, lächelte schließlich und lehnte seinen Kopf an die Sofalehne. »Wenn du mir Frühstück machst«, forderte er. »Deal.« --- Kyungsoo hatte bei ihm geschlafen. Zusammen, mit Jongin, auf dem Sofa. Weil sie beide zu faul dazu gewesen waren, ins Bett zu wandern. Jongins Plan war es gewesen, früh aufzustehen und Kyungsoo ein Frühstück zu machen. So, wie er es ihm versprochen hatte. Aber Jongin hatte knallhart verschlafen. Vielleicht hatte das daran gelegen, dass Kyungsoo ihn nicht geweckt hatte, als der Wecker geklingelt und Jongin sich einfach wieder zur Seite gedreht hatte. Letztendlich hatte Kyungsoo ihn dann irgendwann geweckt und, als Jongin noch vollkommen schlaftrunken gewesen war, in die Küche gezogen. Seine Mutter war bereits auf den Beinen und so wie es ausgesehen hatte, hatten sie und Kyungsoo sich um das Frühstück gekümmert. Das hatte dazu geführt, dass Jongin ein absolut schlechtes Gewissen gehabt und sich zehn Mal entschuldigt hatte, weil er sein Versprechen gebrochen hatte. Dass er in der Küche gesprochen hatte, war ihm gar nicht so wirklich aufgefallen und Kyungsoo hatte völlig normal mit ihm gesprochen, als wäre es nicht das erste Mal, dass sie sich außerhalb der zwei gewohnten Räume unterhielten. Das war ihm erst später aufgefallen, als Kyungsoo zur Arbeit verschwunden war und seine Mutter ihn darauf angesprochen hatte. Und das hatte Jongin für einen Moment wirklich verwirrt. Einfach, weil Kyungsoo kein großes Thema daraus gemacht hatte. Weil er das nicht voller Freude gesagt hatte, sondern weil er einfach so getan hatte, als wäre es völlig normal. Und Jongin glaubte, dass er sich durch diese Tatsache noch viel mehr in ihn verliebt hatte. Weil jeder ein großes Thema daraus machte, wenn Jongin mit ihm sprach und das konnte er inzwischen nicht mehr leiden. Ja, es war vielleicht ein großes, wichtiges Thema, aber er hatte es satt, dass jeder daraus eine gigantische Sache machte. »Er ist fast so süß wie seine Schwester«, sagte seine Mutter. »Er ist nicht süß, er ist verdammt attraktiv!«, hatte er sofort erwidert und hätte er nicht so ein gutes Verhältnis mit seiner Mutter, hätte er sich für die Aussage wohl ein bisschen geschämt. »Ach, du bist in ihn verliebt?«, fragte sie mit wissenden Augen, ließ die Frage nur rhetorisch wirken und Jongin sah sie ertappt, wie ein Kind, das ein Keks gestohlen hatte, an. »Woher...?!«, brachte er nur etwas verwirrt heraus. »Ich bin deine Mutter. Ich weiß doch, wenn mein Sohn verliebt ist. Außerdem ist er die letzte Zeit oft hier. Und du sicher auch bei ihm, wenn du zu Yixing gehst. Seid ihr zusammen?« »Uh«, machte Jongin völlig ertappt und kratzte sich im Nacken, grinste dann schließlich dämlich. »Ja, schon länger.« »Und wieso hast du mir das nicht gesagt?«, wollte sie wissen, klang aber nicht anschuldigend. Jongin zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht.« Er wusste es tatsächlich nicht. Es war nicht so, dass er Angst davor gehabt hatte, weil er wusste, dass seine Mutter ein verdammt offener Mensch war und Jongin wohl jedes Glück der Welt wünschen würde, egal in wen er sich verlieben würde. Das machte sie noch viel mehr zu einer perfekten Mutter. Und seine Mutter schenkte ihm ein absolut breites und süßes Lächeln. »Es ist schön, dass er dich so zum Strahlen bringt. Und er ist wirklich nett.« Dennoch fiel ihm nach dieser Aussage ein verdammter Stein von seinem Herzen. Immerhin war es etwas anderes, wenn seine Mutter seinen Freund akzeptierte, oder wenn sie sich für ihn freute. Zum Dank hatte er sie umarmt. --- Es waren ein paar Wochen vergangen. Jongin hatte angefangen mit Kyungsoo in seinem Zimmer zu reden, in allen anderen Plätzen, klappte es aber nach wie vor nicht. Die beiden verbrachten die Wochen mit viel Arbeit und hin und wieder einem stillen Spaziergang mit Monggu. Als Kyungsoo wieder bei ihm geschlafen hatte, hatten sie den ersten Schnee in diesem Winter am Morgen erlebt und sich danach eine halbherzige Schneeballschlacht geliefert, die Jongin klar gewonnen hatte. Wenn sie zusammen waren, sprachen sie viel; Kyungsoo hatte zum Beispiel von seinem drei Jahre älteren Bruder gesprochen, der zu Besuch kommen würde und der für ihn wohl so etwas wie ein ewiges Vorbild war. Er war erst vor Kurzem beim Militär gewesen und arbeitete nun als Techniker. Kyungsoo schien seine gesamte Familie wirklich sehr zu lieben und Jongin genoss es, wenn Kyungsoo darüber sprach. Sie küssten sich hin und wieder, manchmal nur ganz simpel und trotzdem wunderschön, manchmal etwas verlangender, stürmischer und erotischer. Jongin hatte sich zum ersten Mal getraut, seine Hand unter Kyungsoos Shirt zu schieben und Kyungsoo war ein wenig auf Tuchfühlung gegangen. Jongin hatte irgendwann gefragt, wie viele Beziehungen er schon gehabt hatte und Kyungsoo hatte ihm gesagt, dass er drei mit Mädchen gehabt hatte, aber dass er keine so sehr genossen hatte, wie die mit Jongin. Und dass er es auch noch nie so lange mit einem der Partner ausgehalten hatte. Kyungsoo hatte es als gutes Zeichen bezeichnet und Jongin in seinem Kopf als Liebe. Er hatte Chanyeol kennengelernt und Jongin musste gestehen, dass er Chanyeol wirklich mochte. Er war lustig und er hatte viel gegrinst und wirklich Spaß gehabt, auch wenn er nicht wirklich etwas gesagt hatte. Vermutlich war er auch einfach nur so stolz gewesen, weil Kyungsoo ihn als seinen Freund vorgestellt hatte und es das erste Mal gewesen war, dass Kyungsoo das zu einer anderen Person, in seiner Gegenwart, gesagt hatte. Chanyeol hatte es natürlich schon gewusst, aber es war trotzdem schön gewesen, es zu hören. Sie waren in einem Einkaufszentrum gewesen, hatten bei einem Italiener gegessen und Chanyeol hatte von sich und seinem Studium erzählt und Kyungsoo hatte Chanyeols Fragen beantwortet. Letztendlich hatte sich herausgestellt, dass Chanyeol kein Idiot war, weil Idioten kein Mathe studierten. Und die Vorurteile, die er damals aus reiner Eifersucht gehabt hatte, waren absolut verschwunden. Und er hoffte, dass er Chanyeol irgendwann wieder sehen würde. Und auch, dass er vielleicht dann selbst mit ihm sprechen konnte. Auch, wenn das sehr unwahrscheinlich war. Aber vielleicht passierte es ja irgendwann. Jongin war so optimistisch, wie noch nie. Und das lag alles nur an dieser reizenden, liebevollen Person neben Do Kyungsoo, die ihn, nachdem sie sich von Chanyeol verabschiedet hatten, in einen Drogeriemarkt gezogen hatte. Und als Kyungsoo mit ihm vor dem Regal mit Kondomen und Gleitgel (heilige Scheiße, da waren sogar Dildos!) zum Stehen gekommen war, glaubte Jongin, dass er so nervös wie schon lange nicht mehr geworden war. Kyungsoo hatte über sein offenbar absolut perplexes, überraschtes und leicht geschocktes Gesicht gegluckst. Kyungsoo hatte gesagt, dass er glaubte, dass sie mal Kondome und vor allem Gleitgel kaufen sollten und Jongin hatte mit heißen Ohren genickt und bei dem Gedanken daran, mit Kyungsoo intim zu werden, ein verdammtes Ziehen im Lendenbereich bemerkt. Das erste Mal, dass er mit seinem Freund Kondome gekauft hatte, war mit Abstand eines der peinlichsten Dinge, die er je in seinem Leben gemacht hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)