Choppers Vorweihnachtsfreuden von Duchess (ein kleiner Adventskalender) ================================================================================ Kapitel 20: 20. Dezember - Manche Freunde ----------------------------------------- Wie schafften es seine Freunde eigentlich immer wieder verloren zu gehen? Im einen Moment schlenderten sie noch gemeinsam durch den Schnee und im nächsten waren sie auch schon weg. Der Schwarzhaarige schnippte von unten gegen die Krempe seines Strohhutes. Kleine Schneemassen fielen daraufhin ab und versanken in der dicken Schneeschicht am Boden. Es war den ganzen Tag über schon nicht richtig hell geworden. Jetzt dämmerte es auch noch. Er war mit Sanji und Robin Proviant einkaufen gegangen und mit ihnen bereits wieder auf dem Rückweg durch einen Wald gelaufen, als er plötzlich merkwürdige Spuren im Schnee fand. Als er ihnen folgte um nach zu sehen, ob es sich vielleicht um ein Monster oder etwas ähnlich Essbares handelte, war er kurze Zeit später auch schon allein. Jetzt stand er da. Knietief steckte er im Schnee, ringsum Tannen, deren Schnee beschwerte Äste tief hingen und jegliche Sicht versperrten. Auf sein Rufen antwortete der Wald mit eisiger Stille. Doch auch wenn Ruffy sich gerade einsam fühlte, alleine war er nicht. Der Schnee war durchzogen von Spuren aller Art. Er konnte viele leichte Vogelfüße erkennen, dünne aber tiefe Abdrücke wie von Rehbeinen und breite Schneisen, welche bis zum vereisten Waldboden reichten. Und dann gab es noch viele Varianten dazwischen. Nur leider konnte er aufgrund der vielen Spuren bei bestem Willen nicht mehr ausmachen, welche der Spuren denn nun zu ihm gehörten. Einfach seinen eigenen Spuren folgen fiel als Möglichkeit wieder hier herauszufinden also flach. Mist. Was also tun? Naja, eigentlich musste er ja nur geradeaus gehen. Früher oder später würde er schon das andere Ende des Waldes erreichen. Und so stampfte er fröhlich los. Baum um Baum zogen an ihm vorbei. Einer sah aus wie der andere. Irgendwie hatte er das Gefühl im Kreis zu laufen. Er hatte sich erbarmungslos verirrt. Bei dieser Erkenntnis blieb er nach einer gefühlten Ewigkeit stehen und verschnaufte. Selbst der Sack mit dem Proviant, den ihn Sanji aufgehalst hatte, damit Robin nichts tragen musste, wurde so langsam ganz schön schwer. Er seufzte. Doch statt der drückenden Stille antwortete ihm plötzlich ein leises Grunzen. Verwundert sah der Schwarzhaarige sich um und erblickte eine Kürbisgroße weiße Fellkugel, die ihn aus blauen Augen ansah. Auf den ersten Blick war das Wesen kugelrund und saß nur ein paar Meter hinter ihm in seiner Schneespur. Plötzlich drehte sich ein Teil der Kugel leicht. Die Stellung der Augen ließ Ruffy erahnen, dass das Wesen den Kopf schief gelegt hatte. Erst jetzt bemerkte er auch, das zwei lange Ohren mit schwarzen Spitzen vom Kopf abhingen und fast bis zum Boden reichten. Kleine Fellstümmelchen ragten in Brusthöhe aus dem Fell und zwei wesentlich längere lugten unter dem Bauch hervor. „Wer bist denn du?“, fragte Ruffy frei heraus und legte ebenfalls den Kopf schief. Das Wesen zuckte mit der Nase und stellte die Ohren leicht auf. Plötzlich streckten sich die Stümmelchen auf Brusthöhe leicht heraus und das Wesen beugte sich vor und schnupperte neugierig. „Oh, ein Häschen!“, entfuhr es Ruffy. Das Wesen zuckte zurück. „Nicht weglaufen!“ Der Schwarzhaarige ging langsam in die Hocke um es nicht noch weiter zu verschrecken. „Komm her zu mir“, lockte er und das Wesen hoppelte ein Stückchen näher. „Ich freue mich dich zu treffen.“ Er streckte einladend seine Hand aus. Doch das Wesen begann am Proviantsack zu schnuppern. Unwillkürlich musste daran denken wie er vor ein paar Tagen schon einmal mit Robin im Wald unterwegs gewesen war. Sie hatte ihm plötzlich mit ein paar zusätzlichen Händen festgehalten und den Mund verschlossen. Empört hatte er zu ihr gesehen doch Robin legte nur ihren Zeigefinger ausgestreckt an ihre Lippe und deutete dann in eine Richtung. Am Waldesrand standen zwei Rehe wie zur Salzsäule erstarrt. Ihre großen Ohren auf sie gerichtet schienen sie nicht zu wissen ob sie bleiben sollten oder lieber fliehen. Ruffy machte große Augen als sie sich tatsächlich dazu entschlossen zögerlich näher zu treten. „Sei ganz ruhig“, mahnte ihn Robin im Flüsterton. Die beiden Rehe traten noch ein Stückchen näher und bewegten sich mit so einer absurden Langsamkeit, dass Ruffy das Gefühl hatte, sie würden rückwärts laufen. Doch plötzlich blieben sie stehen und rissen alarmiert die Köpfe in die Höhe. Einen Bruchteil einer Sekunde später rannten sie auch schon zurück in den Wald und verschwanden. Robin hatte ihre Hände sinken lassen und sah ihnen bedauernd hinterher. Fragend sah er sie an. „Das waren Großohrrehe. Eine sehr seltene und sehr scheue Art. Kaum ein Mensch hat sie je gesehen. Wir hätten sie fast streicheln können“, antwortete sie ihm mit leicht traurigem Lächeln. „Aber wenn sie so scheu sind, warum sind sie dann auf uns zu gekommen?“ „Es ist möglich, dass der Winter sie dazu treibt.“ „Hä?“ „Wenn der Winter so streng wird, dass die Tieren kaum noch Futter finden, werden sie dazu getrieben sich selbst auch in gefährliche Situationen zu bringen. Beispielsweise sich uns zu nähern.“ „Aber wir hätten ihnen doch gar nichts getan! Ich hätte sie zu meinen Freunden gemacht und ihnen auch was zu futtern gegeben.“ Robin musste leise Kichern. „Stimmt, aber das wissen sie ja nicht.“ Ruffy hatte geglaubt Augen im Wald aufblitzen zu sehen. „Hey, ihr! Ich will euer Freund sein!“, rief er in den Wald. Doch dann spürte er Robins Hand auf seiner Schulter. Sie hatte den Kopf geschüttelt. „Pscht! Wenn du wirklich ihr Freund sein willst, dann musst du dich ihnen anpassen.“ Verwirrt wandte er ihr den Kopf zu. „Es gibt Freunde, die gerne deine Nähe suchen und viel Spaß mit dir haben.“ „Natürlich!“, grinste Ruffy breit. „Natürlich“, lächelte Robin. „Aber du musst auch verstehen, dass manche Wesen lieber eine gewisse Distanz halten. Nur wenn du diese Distanz akzeptierst kannst du auch mit ihnen Freundschaft schließen.“ Ruffy zog die Augenbrauen zusammen und legte die Stirn in Grübelfalten. So wirklich verstand er nicht was sie meinte. „Manche Freunde fühlen sich mit etwas Abstand wohler, das heißt nicht, dass sie nicht trotzdem deine Freunde sein können.“ „Aber zu seinen Freunden sucht man doch die Nähe?“ „Deine Feinde, die dir etwas antun wollen, suchen auch deine Nähe“, gab Robin zu bedenken. In Ruffys Kopf ratterte es. „Außerdem suchst du auch Abstand zu deinen Freunden.“ Mit großen Augen sah er sie an. Doch sie lächelte nur. „Du hast so viele Freunde auf der Grand Line verteilt. Jeder von ihnen hätte sicherlich auch gewollt, dass du bei ihnen bleibst, aber du wolltest weiterfahren und hast so Abstand zu ihnen gesucht. Sie haben es akzeptiert, sie haben es gefühlt, dass du dich nur wohl fühlst, wenn du weiter ziehen kannst.“ „Und trotzdem sind wir Freunde“, hatte er gemurmelt. Er hat Robins Worte nicht wirklich verstanden, aber gefühlt dass sie Recht hatte. Aber dieser Hase schien nicht darauf aus zu sein Abstand einzuhalten. Er hoppelte näher und schien sichtlich am Proviant interessiert. Grinsend setzte Ruffy den Sack vor sich auf den Boden ab und öffnete ihn. Sanji hatte dem verfressenen Strohhut nur wohlwissentlich nur Obst und Gemüse anvertraut. Der Hase stellte seinen langen Löffel jetzt hoch auf und sah hinein. Dann jedoch sah er Ruffy an. „Nur zu, nimm dir was.“ Doch der Hase sah ihn weiterhin an. Hatte er etwa doch keinen Hunger? Ruffy griff in den Sack, zog einen Apfel heraus und hielt ihn dem Hasen vor die Nase. Der Hase schnupperte. Sah Ruffy wieder an. Sah den Apfel an. Dann öffnete er sein Maul und verschlang den Apfel in einem Stück. „Ui, du bist aber hungrig!“ Etwas mutiger streckte der Schwarzhaarige nun seine Hand aus um das weiche Fell des Hasen zu streicheln. Der Hase rührte sich nicht. Doch als Ruffy das Fell mit den Fingern durchfuhr, musste er feststellen, dass es alles andere als weich war. Es war eher spitz und drahtig. Bei der ersten Berührung hatte er sogar das Gefühl gestochen worden zu sein. Von seinen Fingerspitzen ausgehend begann ein Kribbeln seinen Arm herauf zu krauchen und sich allmählich in seinem Körper auszubreiten. Der Hase ließ ihn nicht aus den Augen. Er starrte ihn an. Ruffy spürte Müdigkeit aufkommen, die ihn zu übermannen drohte. Plötzlich sah er wie in seinem Sichtfeld immer mehr und mehr Himmel auftauchte. Etwas sagte ihm, dass er nach hinten gekippt war. Aber er spürte außer diesem merkwürdigen schläfrig machenden Kribbeln nichts. Keinen weichen Schnee, keine Kälte, nichts. Dafür machte sich plötzlich ein merkwürdiger Gedanke in seinem Kopf breit. Ob er seine Freunde je wieder sehen würde? Er wusste nicht woher dieser Gedanke auf einmal kam. Aber er war da und vor seinem inneren Auge zogen die blassen Bilder der Erinnerung an sie vorbei. Wie er das Monster Zoro von seinen Fesseln befreite. Wie er auf Nami stieß und sie später aus Arlongs Fesseln befreite. Wie er Lysop den Lügenbaron kennen lernte, wie er auf die kämpfenden Köche traf und Sanji anheuerte. Wie er zusammen mit ihm gegen Warpol und für Chopper gekämpft hatte. Wie er Robin wider ihres Willens rettete und wieder rettete. Wie Franky zu ihnen stieß und sie schließlich Brook auf einem Geisterschiff aufgabelten. Mit all ihnen hatte er Freundschaft geschlossen. So viele Abenteuer hatten sie erlebt und so viel wollte er noch mit ihnen erleben. Doch dazu musste er die Sunny wieder finden. Aber warum konnte er sich jetzt plötzlich nicht mehr bewegen? Plötzlich tauchte das weiße Fellknäuel über ihm auf und starrte ihn an. Leicht öffnete der Hase sein Maul und entblößte hinter seinen schwarzen Lippen viele spitze weiße Zähne. Unwillkürlich kamen ihm Robins Worte wieder in den Sinn ‚deine Feinde, die dir etwas antun wollen, suchen auch deine Nähe’. Der Hase war ein Fleischfresser! Seine Nase zuckte. Was sollte Ruffy jetzt nur tun? Seine Freunde waren weit weg und er lag hier wie paralysiert. Verdammt. Doch plötzlich drang ein schrilles Fiepen an seine Ohren. Der Hase schreckte zurück, legte die Ohren dicht an den Körper und bleckte die Zähne. Das Fiepen kam näher. Der Hase wich zurück. Weiter und weiter. Bis Ruffy nur noch aus den Augenwinkeln wahrnehmen konnte wie er schließlich vor dem Geräusch davon raste. Dann hörte das Fiepen auf. Minuten vergingen. In denen gar nichts passierte. Ruffy konnte sich nicht bewegen, nur das Kribbeln und die nagende Müdigkeit fühlen. Doch da plötzlich tauchten große Rehohren vor ihm auf. Die schwarze Nase zuckte nervös als es sich vorsichtig näher zu Ruffy herunterbeugte. Als Ruffy sich nicht bewegte, schob das Reh seine Zunge ein Stück vor, rollte sie und stieß wieder einen lauten Fiepton aus. Ob es eines der Rehe war, die vor ihm und Robin davongelaufen waren? Doch dann gaben plötzlich Ruffys Augenlider nach und seine Sicht wurde schwarz. Im nächsten Moment spürte er neben dem heftigen Kribbeln auch, dass er getragen wurde. Langsam öffnete er die Augen und sah einen fliederfarbenen Schemen neben sich herlaufen. Das Ruckeln vom Tragen und die Wärme der Person, die ihn trug, ließen seine Sinne wieder erstarken. Endlich erkannte er Robin in dem Schemen vor ihm. Sie lief neben ihm her und bemerkte nun endlich, dass Ruffy die Augen offen hatte. „Oh, er wacht auf“, lächelte sie. „Was? Na endlich!“, knurrte sein Träger von vorne. In seine Nase sog er den Geruch von kaltem Rauch. Sanji trug ihn. „Du solltest doch nicht vom Weg abkommen und uns einfach nur folgen!“, schimpfte er ohne langsamer zu werden. „Du bist wahrlich fast schlimmer als unser Marimo! Und streichelst dazu noch einen Killerhasen! Wusstest du etwa nicht, dass die über ihr Fell ein Nervengift absondern mit dem sie ihre Opfer betäuben? Normalerweise lassen diese Viecher nicht mehr von ihrem Opfer ab. Wieso auch immer ausgerechnet der dies getan hat ist mir völlig schleierhaft. Als wir dich endlich im Schnee fanden. Konnten wir nur noch die Spuren im Schnee von dem Mistvieh finden und glücklicherweise wusste Robin was man bei so einer Vergiftung tun muss. Du solltest dich wirklich bei ihr bedanken! Und wenn du-“ So schimpfte Sanji noch eine Weile weiter. Doch Ruffy hörte ihm irgendwann nicht mehr zu. Er fühlte sich seltsam leer. Da Robin nun hinter ihnen laufen musste, weil der Weg zu schmal war, hatte er freie Sicht auf die karge Landschaft. Als sie schließlich zu den Häusern am Hafen ankamen war es bereits stockdunkel und hinter den Fenstern, an denen sie vorbeikamen brannten die Kaminfeuer. Ihr flackerndes Licht schien bis hinaus auf den Schnee und flackerte dort in orangeroten Farbtönen. Wo Ace jetzt wohl war? Ob es ihm gut ging? Beinahe hätte er ihn nach dem heutigen Tag wieder gesehen. Beinahe. Er spürte wie Wehmut in ihm aufstieg. Doch plötzlich riss ihn eine weiche, wärmende Hand, die aus seinem Rücken gewachsen war und sich auf seine Schulter gelegt hatte, aus seinen Gedanken. Robin. Leicht wandte er den Kopf nach hinten. Die Archäologin lächelte ihn an. Wenn er nicht gewesen wäre, wäre sie nicht mehr am Leben. Wenn sie alle sie damals in Water Seven aufgegeben hätten wäre sie jetzt wohl auch nicht mehr am Leben. Ob physisch oder psychisch. Mindestens einen dieser Tode wäre sie in Impel Down gestorben. Nur um ihnen ihren Freunden zu helfen. Jetzt war sie da. Sie lief hinter ihm her und versuchte ihn aufzumuntern. Ein Schwall Wärme stieg in ihm auf. Er musste unwillkürlich Grinsen und schmiegte seine Wange an Sanjis Rücken. Der Smutje bemerkte dies kaum. Viel zu beschäftigt tat er seinem Ärger kund. Plötzlich kamen ihm die flackernden Spiegelungen der Kaminfeuer im Schnee gar nicht mehr so traurig vor. Es schien eher als wollten sie ihm Hoffnung machen. Robin hatte Recht. Man musste seinen Freunden ihre Freiheit lassen. Nur dann konnten sie seine Freunde sein. Und auch dann wenn sie längst und unfreiwillig außer Reichweite waren schienen sie immer noch ganz nah. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)