Christmas Heart von Ran34 ================================================================================ Kapitel 2: Advent, Advent... ---------------------------- Erschöpft kam Carolin Kastenhase am Samstagabend nach Hause, zog sich ihre Schuhe von den schmerzenden Füßen und legte Mantel und Schal ab. Erst jetzt fiel ihr auf, dass es nicht so dunkel im Flur war, wie sie es gewohnt war. Sie richtete sich auf und sah sich um, nur um verwundert festzustellen, dass ihre Kinder den Flur geschmückt hatten. Sich weiter umsehend, erkannte sie, dass auch das Wohnzimmer und die Küche geschmückt waren. Mit einem erschöpften Lächeln klopfte sie an die Türen ihrer Kinder, die fast simultan geöffnet wurden. Sie zog die beiden an sich und schloss sie in ihre Arme: „Danke… es tut mir leid, dass ich momentan so viel arbeite.“ „Schon gut. Es hat uns Spaß gemacht die Wohnung zu schmücken.“, sie konnte gar nicht sagen, wie dankbar sie in diesem Moment für ihren Sohn war, der sich nicht trotzig in seinem Zimmer einschloss, sondern ihr unter die Arme griff und sich so gut um seine Schwester kümmerte. „Ich habe mir zwischen Weihnachten und Neujahr frei genommen. Wir könnten alle zusammen auf den Weihnachtsmarkt gehen und Feuerwerk kaufen.“, schlug sie vor, woraufhin ihre beiden nickten. „Es ist das erste Adventswochenende… wie wäre es, wenn wir uns auf die Couch setzen und einen Film gucken?“ „Ich hol die Kekse.“, verkündete Lucy und war auch schon in der Küche verschwunden. Leise lachend gingen Liam und Carolin ins Wohnzimmer, zündeten die Kerzen an und machten eine DvD an. Am späten Abend war Lucy auf der Couch eingeschlafen, Kekskrümel auf ihrem Oberteil und in ihrem Gesicht. Liam stand auf und hob das kleine Krümelmonster hoch. Er trug sie in ihr Bett und deckte sie zu, ehe er das Zimmer verließ. Er wünschte seiner Mutter noch eine gute Nacht und verschwand dann in seinem Zimmer. Solche Abende, wie heute hatten sie nur noch selten. Er hatte sich schon oft Aushilfsjobs gesucht und versucht seiner Mutter etwas zur Haushaltskasse beizusteuern, doch sie weigerte sich das Geld anzunehmen. Ihr schien nicht klar zu sein, dass Liam und Lucy alles tun würden, damit sie etwas mehr von ihrer Mutter hatten, auch wenn sie nicht immer einfach war. Gedankenverloren sah der Schwarzhaarige wieder mal aus dem Fenster. Merklich mehr Weihnachtslichter leuchteten in den Fenstern und priesen die Weihnachtszeit an. Das Einzige, was er sich jetzt noch wünschen würde, wäre ein Freund, der mit ihm hier säße und in die kalte Nacht schauen würde. Liam merkte erst, wie spät es geworden war, als der plötzlich leicht fallende Schnee ihn aus seinen Gedanken riss und er auf die Uhr schaute. Es war eindeutig Zeit für ihn ins Bett zu gehen. Seufzend setzte er seine Brille ab und legte sich ins Bett. Noch ein wenig aus dem Fenster sehend, schlief er irgendwann in der warmen Biberbettwäsche ein. Am nächsten Morgen tapste er mit wirren Haaren und noch merklich verschlafen durch sein Zimmer, als plötzlich etwas an seinem Fuß kleben blieb. Verwirrt sah er hinab und erkannte, dass wohl ein Zettel von seinem Schreibtisch geweht sein musste. Den Zettel von seinem Fuß lösend faltete er diesen auf und betrachtete ihn eine Weile nachdenklich, bevor er leise fluchte. Er hätte Joy am Freitag Bescheid geben sollen, ob er den Job haben wollte. Seufzend legte er den Zettel wieder ordentlich auf seinen Schreibtisch und ging ins Bad. Während er langsam gänzlich erwachte und mit gemachten Haaren auch schon merklich frischer aussah, entschloss er sich den Job anzunehmen. Was hatte er schon zu verlieren? Liam ging zurück in sein Zimmer, holte sein Handy hervor und schrieb Joy eine SmS, in der er sich entschuldigte, dass er sich nicht früher gemeldet hatte und bestätigte, dass er den Job haben wollte. Das Handy in seiner Schlafanzugshose verschwinden lassend, schlurfte er in die Küche und setzte sich grade zu seiner Familie an Tisch, als er zusammenzuckte, da das kleine Gerät vibrierte. Er schreckte kurz hoch und holte das Handy hervor, ehe er las: Ich hatte schon befürchtet, du hättest es vergessen… Hast du heute Zeit vorbeizukommen, um alles zu besprechen? Bin im Laden. „Von wem ist das?“, fragte seine Mutter neugierig, während Liam schon am Antworten war. „Ein Kumpel, er fragt, ob ich heute vorbeikommen will, um mit ihm zu lernen.“ „Oh! Du hast einen neuen Freund gefunden? Das ist ja super.“ „Mhm. Er arbeitet in dem Café, in dem Jamie und ich immer abhängen.“ „Schön, geh nur. Wenn ihr zusammen lernt, dann finde ich das gut.“, sagte sie lächelnd. „Okay. Ich muss in einer Stunde los. Brauchst du noch irgendetwas? Soll ich etwas vom Weihnachtsmarkt mitbringen? Er wohnt in der Stadt.“ „Nein, nein, schon gut.“, winkte Carolin ab. „Kannst du mir Schoko-Weintrauben mitbringen?“, fragte seine Schwester daraufhin bettelnd. „Klar, mach ich, kein Ding. So, jetzt muss ich aber Frühstücken und michfertig machen.“, gesagt getan. Zwei Stunden später befand er sich in dem kleinen Café, ein Kakao in seiner Hand, gegenüber von Joy sitzend. „Super, dass du es so schnell geschafft hast.“ „Kein Ding, ich hatte eh nichts vor… aber… hätte der Laden nicht schon längst geschmückt sein sollen?“ „Ich steh nicht so aufs Schmücken. Weihnachten ist für mich ein Tag, wie jeder andere.“ „Das wird deinem Großonkel nicht gefallen, der hat immer den ganzen Laden total toll geschmückt.“, da war Liam sich wirklich sicher, zumal die Kunden Weihnachten hier wegen der tollen Atmosphäre häufiger herkamen. „Wo sind die Sachen? Im Keller?“ „Ich glaube schon, da müsste ich suchen.“ „Komm, ich helfe dir, sonst wird das bis Weihnachten nichts.“, frustriert seufzend zeigte Joy Liam den Keller und durchsuchte mit ihm Karton um Karton, bis sie schließlich fündig wurden. Zu zweit schleppten sie die schweren Kisten in den Laden, vier an der Zahl. Joy fragte sich ernsthaft, was man mit so viel Schmuck machten sollte, doch als Liam so ungehindert einfach loslegte, ging er ihm zur Hand. Zunächst hängten sie Plastiktannengirlanden auf, wodurch Joy immer mal wieder einen Blick auf den nackten Bauch oder Rücken und den wohlgeformten Hintern des Gothic bekam. „Du bist gar nicht so blass, wie ich vermutet hatte.“ „Es war ein guter Sommer, da bin ich ordentlich braun geworden, das hält bei mir immer ne Weile vor, auch wenn mein Gesicht meist nicht so braun wird.“ „Hast du`s gut. Ich werde immer nur Krebsrot.“, meinte der Rotschopf leise seufzend. Er wühlte in einer der Kisten und nahm einige Sterne und Engel heraus, ehe er diese nach und nach an den Girlanden anbrachte und irgendwie sogar ein wenig Spaß daran hatte. Er merkte nicht einmal, wie er von dem Schwarzhaarigen beobachtet wurde. Liam war froh, dass Joy endlich ein wenig Freude am Schmücken fand, da das Ganze so viel mehr Spaß machte. „Wie wäre es, wenn du ein paar Fensterbilder bastelst? Wir könnten sie hier aufhängen.“ „Uhm… meinst du? Ich weiß nicht recht.“ „Doch, die gefallen den Kunden bestimmt.“, versicherte Joy ihm, woraufhin Liam sich seufzend ergab und versprach ein paar Bilder zu basteln. „Oh man, ich hab Hunger… wie wäre es, wenn ich uns etwas zum Essen hole? Auf was hast du Lust?“ „Chinesisch?“ „Klingt gut. Machst du hier weiter? Ich gehe schnell zum Chinesen und hole uns etwas zum Essen. Irgendetwas, was du speziell möchtest?“ „Irgendetwas mit Geflügel, ich steh nicht so auf Rind und Schwein.“ „Alles klar, bis gleich.“, schon verschwand der Grünäugige aus dem Café und holte für sie etwas vom Chinesen. Gemeinsam setzten sie sich schließlich hin und aßen gemütlich ihr Mittagessen. „Sag mal… warum bist du eigentlich so ein Weihnachtsmuffel?“ „Ich schätze, weil meine Eltern in der Regel auch an Weihnachten gearbeitet haben. Es war ein Tag, wie jeder andere. Ich hatte irgendwann das Gefühl, dass sie mich mit ihren Geschenken kaufen wollten.“ „Oh… arbeiten deine Eltern sehr viel?“ „Ja, sie haben sich scheiden lassen und haben schon wieder neue Partner, aber es hat sich irgendwie nichts geändert, deshalb wollte ich eigentlich nur weg von zu Hause. Ich warte momentan noch auf einen Studienplatz hier an der Uni und arbeite solange bei meinem Großonkel.“ „Was willst du denn hier studieren?“ „Englisch und Religion auf Lehramt.“ „Oh! Wirklich? Du willst Lehrer werden?“ „Ja, ich würde gern Kinder unterrichten. Ich bin mir nur noch nicht sicher, ob in der Grundschule oder auf einer weiterführenden Schule.“ „Ich glaube, ich hätte nicht die Geduld dafür, aber ich bewundere Leute, die so etwas machen wollen oder machen. Ich lebe ja mit meiner kleinen Schwester und wir haben so eine Art Hassliebe entwickelt… vielleicht wird unser Verhältnis besser, wenn sie älter wird.“, Liam zuckte mit den Schultern und schob sich einen weiteren Bissen in den Mund. „Wie alt ist sie denn?“, fragte Joy interessiert, da er selbst ein Einzelkind war und keine Ahnung hatte, wie es war ein Geschwisterchen zu haben. „Acht. Wir zanken uns oft, aber ich habe meine kleine Schwester schrecklich lieb und mag mir ein Leben ohne sie nicht vorstellen. Unsere Mutter arbeitet zwei Jobs, aber sie hat sich dieses Jahr über Weihnachten frei genommen. Allerdings haben wir keinen Vater on top, der dann für uns da ist.“ „Ich wollte dir nicht zu nahe treten.“, irgendwie hatte er das Gefühl da in ein dickes Fettnäpfchen getreten zu sein, dabei versuchte er nur ein wenig mehr über den piercinggespickten Mann herauszufinden. „Schon okay, wir kommen gut zurecht. Sag mal, wegen dem Job… wir müssten da noch Zeiten und so absprechen.“ „Das machen wir, wenn mein Großonkel da ist, wir könnten aber nach und nach schon anfangen die gespendeten Spielzeuge zu sortieren und zu verpacken.“ „Die Kuscheltiere sollten wir nochmal waschen. Ich bin kein Fan von Milben und Ähnlichem. Seit meinem Studium bin ich, was das angeht merklich empfindlicher.“ „Ich dachte, du studierst Kosmetikologie.“, sagte er leise lachend. „Kosmetologie und ich habe Mikrobiologie und ähnliche biologischen Fächer, sowie Chemie. Viele unterschätzen das Studium.“, sagte Liam leise schnaubend, da es doch dieselbe Reaktion war, die er darauf immer wieder bekam. „Sorry… ich wollte dich nicht verletzen und du hast recht, wir sollten die Kuscheltiere nochmal waschen.“, bestätigte er nickend und fühlte sich ein wenig schlecht, als sie schweigend weiteraßen. War heute der Tag der Fettnäpfchen? Scheinbar… „Soll ich sie in den Waschsalon bringen? Oder wäschst du sie zu Hause?“ „Hmm… wenn es dir nichts ausmacht, wäre das echt super.“ „Es macht mir nichts aus, wenn ich einen Kaffee dafür bekomme.“, Liam schmunzelte, bevor er seinen Teller leerte. „Klar, kein Ding.“ „Sag mal… wenn ich der Weihnachtsmann bin… bekomme ich dann auch ein Rentier oder einen Weihnachtselfen?“, fragte er interessiert und funkelte sein Gegenüber an. „Nein… Nein! Denk nicht mal dran, das kannst du sowas von knicken.“ „Oooch, warum das denn?“, fragte Liam grinsend. „Weil ich nicht dein verdammter Elf oder irgendein doofes Rentier sein werde.“ „Schade.“, Liam war ein wenig über sich selbst überrascht, denn wenn er es nicht besser wusste, würde er sagen, dass er hier tatsächlich Anstalten machte zu flirten. Der Blick seines Gegenübers wollte diese Vermutung auch noch bestätigen. Wusste Joy etwa, dass er schwul war? War Joy vielleicht auch schwul? Mein Gott, was dachte er da? Nur weil ein hübscher Kerl mal nett zu ihm war, dachte er gleich, dass dieser schwul war. Er musste dringend an solchen Wahnvorstellungen arbeiten. Zumal er scheinbar ohne Radar geboren wurde, das ihm sagte, ob jemand ebenfalls schwul war oder doch total auf Frauen stand. Sie schmückten gemeinsam noch das Café, sodass es in weihnachtlichem Glanz erstrahlte, ehe sie sich verabschiedeten. So viel Spaß, wie heute hatte Liam schon lange nicht mehr gehabt. Er warf noch einen sehnsüchtigen Blick über die Schulter und sah zum Café, bevor er sich zu seinem Auto begab und mit dem kleinen Ford Ka durch die Dunkelheit der Straßen fuhr. Es war schon ziemlich kalt, wie er fand, doch noch fehlten Schnee und Eis. Allerdings sagte die Wetterfee im Radio für das nächste Wochenende Schnee voraus, auch wenn dieser nicht liegen bleiben sollte, aber immerhin wäre es Schnee. Liam freute sich jetzt schon darauf. Seinen kleinen Wagen in seiner Garage abstellend, stieg er aus und schloss die Tür zu dem Häuschen seines kleinen Autos, ehe er die Strecke bis zur Haustür lief. Er schloss sie auf und eilte die Treppen bis in den dritten Stock hinauf, wo sich ihre Wohnung befand. Selbst im Treppenhaus fand man hier und dort schon Weihnachtsdeko. Er wusste einfach, warum er diese Jahreszeit ebenso liebte, wie den Sommer. Die Tür zu ihrer Wohnung aufschließend verschaffte er sich schließlich Zutritt und schloss die Tür hinter sich wieder ab. Den restlichen Abend des ersten Advents verbrachte er mit seiner kleinen Familie. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)