Truth von Valetta (Sind wir wieder vereint?) ================================================================================ Kapitel 7: Annäherung --------------------- Italien – Rom Lavi hat gelogen, was die Mission anging, nur dem Bookman hat er die Wahrheit gesagt. Er hat ein unglaublich schlechtes Gefühl, was Meis Innocence angeht und wollte mehr darüber erfahren. Seine Information konnte er nur vom Vatikan direkt bekommen, aber so einfach würden sie diese wohl auch nicht hergeben. Er betrat den Orden und sah sich dort etwas um, als ihm gleich einige Kardinäle ins Auge fielen. „Guten Tag. Mein Name ist Lavi und ich bin ein Exorzist aus der europäischen Abteilung.“, stellte er sich vor. Die zwei Kardinäle sahen ihn verwundert an. „Was können wir für Sie tun?“. „Es geht um einen ehemaligen Crow, Toyama Mei. Sie ist ja jetzt eine Kompatible, aber es gibt Probleme.“, erklärte er und musterte die Männer etwas kritisch. „Bitte folgen Sie mir. Im Besprechungsraum können wir in Ruhe darüber reden.“. Der Rotschopf nickte und folgte den Männern. Sie kauften ihm die Geschichte also ab, aber er sagte ja auch die Wahrheit, jedenfalls zum Teil. „Also, worum geht es genau?“. „Es treten bei Toyama-san seltsame Phänomene auf, auf die ich jetzt nicht genauer eingehen kann. Ich wurde von unserem Abteilungsleiter geschickt, um Informationen über das Innocence einzuholen.“. Die Kardinäle sahen sich kurz an, als würde sie seine Geschichte anzweifeln. „Wäre es vielleicht möglich in ihren Aufzeichnungen zu schauen und mit dem Ausbilder von Toyama-san zu sprechen?“, fragte er noch und sah die Männer eindringlich ein. „Ihr Abteilungsleiter hat sie also hergeschickt? Sie werden doch sicher nichts dagegen haben, wenn wir ihn kurz anrufen.“, erwiderte der Linke und stand auf. „Das wird nicht nötig sein. Ich habe hier ein Schreiben, das von ihm stammt.“, unterbrach er ihn und reichte ihm das Schriftstück. Der ältere Mann las ihn aufmerksam durch, aber bei dem Siegel, das am Ende des Briefes war, verflogen jegliche Zweifel. „In Ordnung. Mein Kollege wird sie ins Archiv führen und ich werde nach ihrem Ausbilder suchen.“. Mit einem zufriedenen Lächeln ließ er sich ins Dokumentenarchiv führen, der Alte hat den Brief richtig gut fälschen können, dachte er. Als er alleine gelassen wurde, machte er sich direkt an die Arbeit. Zu seinem Glück wurde er von zwei Findern begleitet, die ihm helfen sollten. Nach einer einstündigen Suche, fanden sie schließlich das richtige Buch und blätterten darin herum. Aber was sie in dem Eintrag fanden, stellte Lavi nicht wirklich zufrieden. Das waren ganz normale Aufzeichnungen, die das Innocence selbst beschreiben und Meis Name stand dort, als momentaner Besitzer. Ein alter Kardinal betrat das Archiv und erhielt die Aufmerksamkeit der Besucher. „Sie wollten mich sprechen? Ich bin Meis Ausbilder, mein Name ist Lucio.“, stellte sich der alte Mann vor. Er hatte graues schütteres Haar, eingefallene Wangen und kleine braune Augen. Außerdem hatte er noch einen langen grauen Kinnbart. „Guten Tag, mein Name ist Lavi.“, erwiderte er lächelnd. „Was ist denn mit dem Kind? Ist alles in Ordnung mit ihr?“, fragte Lucio besorgt, denn der junge Kardinal erzählte ihm, dass es wohl Probleme mit seinem ehemaligen Schützling gibt. „Ich kann nicht wirklich auf die Probleme eingehen, weil ich selbst nicht weiß, was genau los ist. Mir wurde aufgetragen Informationen über das Innocence einzuholen, anscheinend würde ihr das wohl helfen.“. Bei der Liebenswürdigkeit, die der alte Kardinal ausstrahlte, fühlte er sich allmählich schlecht ihn so anzulügen. „Verstehe. Wie kann ich Ihnen denn behilflich sein?“. Er stellte sich zu dem jungen Mann und warf einen Blick in das alte Buch. „Ich muss wissen, wer der vorherige Besitzer des Innocence war.“. Der Kardinal brauchte nicht lange zu überlegen, weil es ihn selbst so sehr verwunderte. „Um ehrlich zu sein, ist Mei die Erste. Es war ein sehr altes Innocence, das wir vor zwanzig Jahren gefunden haben. Es sind sehr viele junge Leute gestorben, als sie sich mit dem Innocence synchronisieren sollten, es waren weit über zweihundert Kinder. Wir haben die Hoffnung schon aufgegeben, einen Besitzer zu finden, als es bei Mei endlich klappte.“, erklärte er und blickte wehmütig auf den Eintrag. „Sie müssen wissen, dass ich heute immer noch nicht ruhig schlafen kann, denn ich war bei allen Synchronisationsversuchen dabei. Die Kinder sind alle auf grausame Weise verstorben. Wesentlich grausamer, als bei anderen gescheiterten Versuchen. Als wäre in diesem Innocence der reine Hass manifestiert.“. „Wie meinen Sie das?“. Lavi sah ihn verwirrt an. Der Kardinal lief zu den Regalen und holte eine Kiste hervor, in dem sich zahlreiche Aufnahmerollen befanden. „Das sind alle Aufnahmen nur zu dem Innocence, die ich aber nicht mehr sehen möchte. Ich werde draußen warten, sollten Sie noch Fragen haben.“, erklärte er und verließ das Archiv. Mit einem mulmigen Gefühl holte er eine der Aufnahmekassetten heraus und legte es in die Standkamera, die dort stand, ein. Als er den Film abspielte, konnte er seinen Augen nicht trauen und schaltete die Kamera nach wenigen Minuten wieder ab. Lavi hatte in seinem Leben bisher viele Grausamkeiten gesehen, aber das war das Schlimmste das er je gesehen hat. Das Kind hat nicht nur die Kontrolle über das Innocence verloren, sondern auch über sich selbst und brachte sich auf brutalste Weise um. Als wäre darin wirklich der reinste Hass konzentriert. Der Rotschopf holte Lucio wieder hinein, er war immer noch blass. „K-Können Sie mir noch sagen, wie sie das Innocence gefunden haben?“, fragte er, immer noch fassungslos über das eben Gesehene. „Ja. Einige der Rekruten haben damals die Eisenrüstung und die Hellebarde in Chaumont in Frankreich gefunden. Erst als es hier ankam, verwandelten sich die Gegenstände in die Innocence-Form, deshalb waren wir uns sicher, dass es ein Ausrüstungstyp sein muss. Als die Synchronisation mit Mei erfolgreich verlief, nahm es die Form eines Kreuzes an.“, antwortete er. Lavi nickte und seufzte betrübt. Er überlegte, ob er ihn einweihen sollte und musterte ihn streng. „Wie wichtig ist Ihnen Mei?“. Der Kardinal sah ihn verwundert an. „Mei ist mir sehr ans Herz gewachsen. Nach dem Tod ihres Bruders, haben wir sie mit offenen Armen empfangen und ich wurde zu ihrem Ausbilder erklärt. Zehn Jahre haben wir hinter uns, sie ist wie ein eigenes Kind für mich und deshalb mache ich mir so große Sorgen!“, antwortete er. „Dann glaube ich Ihnen mal. Ich muss gestehen, dass ich weiß, was für Probleme sie hat und es betrifft nicht nur sie.“. Lucio sah ihn erwartungsvoll an. „Auf unserer letzten Mission, hat sie die Kontrolle über ihr Innocence verloren und dabei einen Freund angegriffen. Sie wurde von dem Innocence gelenkt, das seine Abneigung gegen Exorzisten nicht für sich behielt. Er hingegen behauptet, er würde das für Mei tun, um sie vor uns zu verteidigen.“. „Wie meinen Sie das? Ich verstehe nicht.“. „Ich meine damit, dass das Innocence ein Eigenleben hat. Sagt Ihnen der Name Gladys etwas?“. Der alte Kardinal wurde kreidebleich und stützte sich an den Regalen. „G-Grundgütiger. Das kann unmöglich sein.“, stammelte er und fasste sich an die Brust. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals, alles drehte sich und er fühlte sich, als würde er jeden Moment ohnmächtig werden. „D-Das kann nicht sein.“, wiederholte er erschrocken. Rumänien – Lugoj Mei schlug ihre Augen auf und richtete sich verwundert auf, als sie unter Schmerzen wieder zurücksackte. „Oh, du bist wieder wach. Sorry, das war ich.“, hörte sie Raphaels Stimme von der Seite. Er stand am Fenster und sah zu ihr. „Wo sind wir? Und was warst du?“. „Wir sind in Lugoj in einer Absteige, ich musste mich schnell um deine Wunde kümmern.“, antwortete er. „W-Was für eine Wunde denn, ich habe mich im Kampf doch gar nicht verletzt.“. Die Akuma haben sie im Kampf doch noch nicht einmal berührt, dachte sie und blickte zu ihrem Bauch. Es schmerzte höllisch. „Naja … du hast die Kontrolle über dein Innocence verloren und mich angegriffen. Ich habe dich mit meinem Flammenschwert angegriffen und zurückgeschlagen. Die Flammen haben deine Rüstung zum Schmelzen gebracht, aber ich wollte dich echt nicht so verletzen. Sorry.“. Sie legte einen Arm über ihre Augen und versuchte nicht zu weinen. „Wenn sich hier jemand entschuldigen muss, dann bin ich das.“, erwiderte sie mit zittriger Stimme. Das war ihre gerechte Strafe. „Ich hab schon mal etwas nachgeforscht, wegen dem Innocence und dem Phänomen.“. „Ich dachte die Sache mit dem Zug, war das Phänomen.“. Solange er wieder aus dem Fenster blickte wischte sie sich eilig durchs Gesicht und setzte sich vorsichtig auf. „Das war noch ein Phänomen, denn im Zug befand sich ein Innocence. Aber es war nicht das Innocence, nach dem wir suchen.“, antwortete er und blätterte durch die Dokumente. Einem ganzen Wald wurde jegliches Leben ausgesaugt und Tiere lebten dort auch nicht mehr, wenn sie überhaupt rechtzeitig entkommen konnten. Raphael packte seine Jacke und lief zur Zimmertür. „W-Wo willst du hin?“. „Ich kümmere mich darum. Du bleibst hier, sonst stehst du mir nur im Weg.“, erwiderte er ohne sich umzudrehen und verließ das Zimmer. Mei biss sich auf die Unterlippe und blickte auf ihre Hände. Er hatte doch Recht, sie war nutzlos und bereitete anderen nur Ärger, dachte sie. Überfordert verkroch sie sich unter die Decke. „Kardinal, können Sie mir denn keines der Innocence geben?“. „Wieso das denn? Du hast doch eben erst deine Ausbildung beendet.“. „Weil ich ein Exorzist werden möchte, wie Nii-san!“. „Wieso willst du ein Exorzist werden?“. „Weil ich den Menschen als Exorzist mehr helfen kann, als ein Crow.“. Der Kardinal lachte heiter auf. „In Ordnung. Aber nur unter einer Bedingung. Du führst noch als Crow Missionen aus und wenn ich sehe, dass du bereit bist, verspreche ich dir dich zum Exorzisten zu machen.“. Mei setzte sich wieder auf. Mit dieser Erinnerung sind sämtliche Zweifel beseitigt. „Verzeih mir, Nii-san. Ich werde mich nicht gegen den Orden stellen. Ich bin ein Exorzist und als Exorzist will ich den Menschen helfen und das kann ich nur mit der Hilfe vom Orden.“, sagte sie laut. „Gladys, dafür werde ich deine Unterstützung brauchen. Wahrscheinlich bist du selbst beschämt, einen Besitzer mit einem schwachen Herzen zu haben. Ich verspreche dir, das wird sich ändern.“. Mit großer Mühe schaffte sie es aufzustehen, die Wunde an ihrem Bauch schmerzte, aber sie musste da durch. Diese Strafe musste sie über sich ergehen lassen, denn das galt nicht als Ausrede, Raphael nicht zu unterstützen. Schließlich waren sie ein Team. Raphael erreichte den Anfang des verdorrten Waldes. Es dämmerte zwar, aber es störte ihn überhaupt nicht. Eher im Gegenteil, denn in der Nacht kämpfte er am liebsten. Mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen, beschwor er fünf Raben, denn er vermutete, dass der Wald ziemlich groß sein würde. Mit dem Befehl nach dem Innocence zu suchen, schickte er die feuerroten Vögel los. Er müsste sich nur noch auf die Akuma konzentrieren, denn seine Tiere sind Sensor-Typen. Entweder finden sie nervige Dämonen, Innocence, oder sogar Noah, indem sie explodieren. Der Exorzist lief los und entdeckte nach einer Weile schließlich Akuma. Sogar ein Level-Drei Akuma war dabei, wir er erkennen konnte und leckte sich genüsslich über die Lippen. Nichts liebte er mehr, als Herausforderungen oder zähe Gegner, an denen er sich die Zähne ausbeißen konnte. „Da habe ich aber einen schönen Fund.“, rief er laut und stellte sich vor die Dämonen. „Oh, ein Exorzist. Das hätte ich ja nicht erwartet.“. Der Level-Drei Akuma lachte teuflisch und ließ die niederen Dämonen ausschwärmen. Sie sollten das Innocence finden und zerstören, das war ihr Auftrag vom Millennium Earl. Raphael sammelte seine Kräfte und machte sich kampfbereit. Als er auf den Gegner zustürmte, brach er seine Bewegungen ab und der Grund, war sein nerviges Teammitglied, das plötzlich auftauchte. Er sagte ihr doch, dass sie im Hotel bleiben sollte. „Raphael-san!“. Schwer atmend blieb sie stehen und sah besorgt zu ihm. „Verdammter Idiot, du sollst doch im Hotel bleiben!“, brüllte er aggressiv. „Ich wollte dir helfen und ich bin schon einigen Akuma, auf dem Weg hierher, begegnet. Bitte sei nicht sauer, wenn ich sie alle hierher geführt habe. Zusammen können wir sie ja besiegen!“, erklärte Mei und lächelte gequält. Der junge Mann sah sie fassungslos an, seine zu Fäusten geballten Hände zitterten vor Wut. Wie konnte sie nur so dumm sein, hatte sie denn vor gar nichts eine Ahnung, fragte er sich. Sie eilte zu ihm, als die ausgeschwärmten Akuma eintrafen und nahm ihr Kreuz zur Hand. „Bitte gib mir Deckung.“, bat sie und aktivierte ihr Innocence. Als nach einer Weile die schwarzen Banden ausblieben, blickte sie fragend auf den kleinen Gegenstand. Etwas verwundert versuchte sie es noch einmal, doch wieder passierte nichts. „Gibt es Probleme?“, fragte der Level-Drei kichernd. „Ich verstehe das nicht, wieso funktioniert es nicht?“, murmelte sie verständnislos vor sich hin und nahm das schwarze Kreuz genauer unter die Lupe. Raphael schnaubte allmählich. „Du kannst es nicht aktivieren, weil es beschädigt ist.“, presste er zornig hervor. Mei verstand kein Wort. „Was meinst-.“. Ehe sie ihre Frage stellen konnte, wurde sie vom Rotschopf zur Seite gestoßen und stürzte schmerzvoll zu Boden. Sie verstand überhaupt nichts, doch als sie seinen schmerzerfüllten Aufschrei hörte und sah wie er blutend zu Boden ging, schaltete ihr Verstand gänzlich aus. „Raphael-san?“, rief sie ängstlich und eilte zu ihm. Er hat doch nicht etwa? Er hat doch nicht etwa den Angriff für sie abgefangen? „Raphael-san!“. Nachdem sie ihn auf den Rücken drehte, erschrak sie über die schwere Wunde, die sich über seinen gesamten Oberkörper erstreckte. „Hoppla, das war ein Versehen.“. Mit dem Level-Drei, lachten alle anderen Akuma im Chor. Mei presste die Lippen zusammen und wischte sich durchs Gesicht. Bestimmt würde er nur noch wütender sein, wenn sie jetzt weinen würde, dachte sie. Aber was sollte sie tun, wenn ihr Innocence wirklich beschädigt ist? Ohne Gladys, kann sie es nicht mit diesem Akuma aufnehmen. Nicht mit einem Level-Drei. Bisher hatte sie höchstens gegen Level-Zwei Akuma gekämpft und damals tat sie sich als Crow schon gegen diese schwer. „E-Es tut mir so leid.“, stammelte sie mit zittriger Stimme und richtete sich auf. Vielleicht würden sie Verstärkung bekommen, vielleicht könnte sich Raphael auch so weit regenerieren, dass er wenigstens fliehen kann. Sie müsste jedenfalls so viel Zeit wie möglich schinden. Mutlos holte sie ihre Talismane hervor und blickte auf diese. Wenn sie in den Orden zurückkehren, hat er jedes Recht dazu, ihr den Kopf abzureißen, dachte sie und blickte wieder zu dem mächtigen Dämon. „Wo ist denn dein Innocence, Exorzist?“. „Zu deinem Glück habe ich keines. Aber meine Fähigkeiten als Crow werden reichen, um dich zu vernichten!“, erwiderte sie und warf das Papierstück hinter sich. Mei stürmte auf ihn zu und zerknüllte weitere Talismane in ihren Händen. „Kureha Nenki!“. Mit der magischen Formel wurden ihre Hände in Flammen gehüllt und sie holte zum Schlag aus. Durch den Hieb in den Boden und der Zerstörungswut des Talismans, löste sie eine gewaltige Explosion aus. „Tch.“. Die junge Frau richtete sich wieder auf, dieser Akuma war verdammt schnell und durch das Innocence, hatte sie seit zwei Wochen kein Training mehr. Ihre Schnelligkeit hat nachgelassen, dachte sie wütend und sah sich um, als sich der Rauch lichtete. Sirrende Laute ließen sie zurückblicken, die Level-Eins Akuma schossen ihre Plasmakugeln auf den bewusstlosen Exorzisten. „Mamori Bane!“. Sie aktivierte ein weiteres Siegel und sah zufrieden zu, wie die Geschosse an dem Schild abprallten. „Bist du zu feige, um alleine zu kämpfen? Zeige dich!“, rief sie laut und sah sich weiterhin um. „Ich bin direkt hinter dir, kleine Exorzistin.“. Erschrocken drehte sie sich um und wollte einen weiteren Schild beschwören, doch es war zu spät und sie zu langsam. Mit einem gewaltigen Hieb schlug er den Blondschopf weg. Mei prallte an einem Baum ab und fiel blutend zu Boden. Sonst war sie immer so stolz darauf, dass sie unter allen Crow für ihre Schnelligkeit bekannt war. Aber was brachte ihr die Schnelligkeit, wenn sie keine Kraft und keine Erfahrung hatte. Sie hätte Lucio nicht drängen dürfen und lieber noch mehr Missionen ausführen sollen. Alles was sie tat, war falsch. Tatenlos musste sie zusehen, wie der Level-Drei Raphael packte. Sie sah zwar etwas Leuchtendes auf seiner Brust, aber nicht genau was. Ihr Sichtfeld war zu dunkel um etwas Genaueres zu erkennen, als es schließlich ganz schwarz wurde. „I-I … Ich.“. Der Akuma kniff die Augen zusammen und musterte den Rotschopf in seinem Griff kritisch. Seine braunen Augen waren halboffen. „Oh, du lebst?“. „Was … Was glaubst … du denn, Bastard.“. Mit einem verschmitzten Grinsen legte er seine Hand auf seinen Panzer und schlug ihn mit einem Feuerball zurück. Raphael keuchte auf, als er auf dem Boden aufprallte und richtete sich mühsam auf. Die große Wunde auf seiner Brust leuchtete rötlich, das Blut nahm das Aussehen von Lava an und verschloss die Verletzung nur langsam. „D-Diese dumme Kuh. Wenn ich sie … in die Finger bekomme, dann-.“, fing er fluchend an, unterbrach sich aber, als er sie nicht unweit von ihm am Boden liegen sah. Schwankend ging er auf sie zu und merkte, dass sie nur bewusstlos war. Seine Verletzung war auch fast wieder verheilt, er müsste diesen Kampf schnell beenden und das konnte er nur mit dieser Technik. Nach diesem Zauber, kann er eine Zeit lang sein Innocence nicht mehr einsetzen, aber das war ihm jetzt egal. Ächzend stellte er sich vor sie hin. Er muss schnell sein, sonst würden sie beide auch sterben. „Ich habe ein Geschenk für euch!“, rief er den Akuma mit einem heimtückischen Grinsen. Raphael streckte beide Hände vor sich, beschwor hunderte seiner Feuerraben und sammelte all seine Energien. „Jigoku no Hanabi.“. Die Tätowierung fing an rot zu glühen, auch wenn es furchtbar schmerzte, durfte seine Konzentration nicht nachlassen. Die rotgefiederten Vögel flogen krächzend durch die Akuma. „Kai!“, rief er den Tieren zu. Eilig packte er die junge Frau und lief so schnell wie seine Beine ihn tragen konnten. Nacheinander zerbarsten die Raben in zahlreiche Feuerbälle, die in einer Kettenreaktion detonierten. Obwohl der Exorzist schon das Ende des Waldes sehen konnte, wurde er von der Druckwelle des gewaltigen Ausbruchs eingeholt und gegen einen Baum geschleudert. Fluchend zwang er sich wieder auf die Beine und hob Mei auf seine Arme. Seine Wunden waren wieder verheilt, aber im Gegensetz zu ihm, war sie ein normaler Mensch. Er musste sie so schnell wie möglich in ein Krankenhaus bringen und danach könnte er nach dem Innocence suchen. Mei versuchte ihre Augen zu öffnen, aber ihre Lider waren so schwer. Nur langsam und mit viel Mühe konnte sie diese endlich öffnen und versuchte mit ihrem verschwommenen Sichtfeld irgendetwas zu erkennen. Viel konnte sie nicht erkennen, wenn das weiß sie so blendete. Vielleicht würde reiben helfen, dachte sie, aber sie konnte ihren Arm kaum bewegen. Wieso fühlte sie sich so furchtbar kraftlos, fragte sie sich genervt. Zumindest klärte sich ihre Sicht allmählich und sie erkannte ein helles Zimmer. Links von ihr saß ein bekannter Rotschopf und sie musste unweigerlich lächeln, als sie ihn schlafen sah. Seine Beine übereinander geschlagen und die Arme vor seiner Brust verschränkt. Ihr fiel wieder das seltsam rötliche Leuchten ein, zu gerne würde sie wissen was das war. Aber so wie sie ihn mittlerweile einschätzte, würde er ihr nichts sagen. Die junge Frau musterte sein schlafendes Gesicht, er kann ja richtig friedlich aussehen. Moment, da stimmte doch etwas nicht. Irgendetwas war anders, dachte sie und sah ihn genauer an. Seine seltsame Tätowierung war nicht mehr da, wie konnte sie überhaupt verschwinden? Eine Krankenschwester betrat das Zimmer, sie wollte eigentlich nur die Tropflösung austauschen und sah, dass die Patientin wieder bei Bewusstsein war. „Sie sind wieder wach! Wie fühlen Sie sich?“, fragte sie aufmerksam und tauschte den Beutel gegen einen vollen. „Was ist passiert?“, fragte sie kraftlos. Die Frau blickte lächelnd zu dem schlafenden Exorzisten. „Der junge Herr hat Sie hierher gebracht. Sie waren sehr schwer verletzt und ich werde den Oberarzt herbringen.“, erklärte sie und verließ den Raum. Im selben Moment, in dem die Tür zu fiel, wachte Raphael geruhsam auf. Gähnend streckte er sich ausgiebig und bemerkte er jetzt, dass Mei wach war. „Danke.“, flüsterte sie und lächelte so gut es ging. „Tch. Wenn du hier draußen bist, dann bist du dran. Das garantiere ich dir.“, schimpfte er und verließ den Raum. Wenn sie nicht gewesen wäre, dann müsste er jetzt nicht für eine unbestimmte Zeit ausfallen, dachte er genervt. Die Akuma, hätte er locker mit seinen normalen Fähigkeiten besiegen können. Was sollte er so lange überhaupt machen? Er sah den Oberarzt ihr Zimmer betreten und wandte sich wütend zum gehen ab. Sie wäre beinahe drauf gegangen und das war seine Schuld. Wenn er ihre Waffe nicht durchschlagen hätte, dann hätte sie ihr Innocence aktivieren können und sie hätten die Mission mit Leichtigkeit beendet. Aber sie hätte auch einfach auf ihn hören sollen und in dem verdammten Hotel bleiben. Haare raufend holte er sich einen Kaffee und betrat das Dach des Krankenhauses. Noch heute fragte er sich, wie ihn seine Familie damals im Stich lassen konnte. Mei war nur sein Teammitglied und er konnte sie schon nicht im Stich lassen. Oder ist er doch nicht so kalt, wie er das immer geglaubt hat? Nein, es war sein Stolz, der ihn davon abhielt, die Mission abzubrechen und die Angst vor General Sokaro – wenn er sie hätte sterben lassen, dann wäre er genauso dran. Ja, das wird es sein, dachte er und starrte in die am Horizont stehende Sonne. Raphael ging wieder hinein, er musste wissen, wann sie endlich in den Orden zurückkehren können. Dieser Ort ging ihm schon auf die Nerven. Der junge Mann hatte schon die Türklinke zu Meis Zimmertür in der Hand, als er inne hielt. Es sind nur vier kleine Worte, die er sagen müsste. So schwer könnte das doch nicht sein, dachte er und betrat schließlich das Zimmer. Die Krankenschwester besprach wohl noch etwas mit ihr, aber sie ging auch direkt. „Raphael-san!“. Mei warf ihm ein gequältes Lächeln zu, als er sich wieder in den Stuhl setzte. Sein schlafendes Gesicht mochte sie lieber, als das grimmig aussehende, das er sonst hat. „Ich muss noch für mindestens eine Woche hier bleiben, zur Beobachtung und weiteren Tests. Du kannst ruhig schon in den Orden zurück gehen.“, erklärte sie. „Außerdem möchte ich mich entschuldigen. Ich habe dich in Gefahr gebracht und die Mission gefährdet, weil ich so unwissend bin. Vielleicht sollte ich zumindest dieses Mal auf dich hören und deinen Ratschlag beherzigen.“. Der Rotschopf sah sie fragend an. „Du hast gesagt, ich soll mein Innocence an jemanden weitergeben, der es kontrollieren kann. Wenn ich mich auf die Missionen als Crow konzentriere, kann ich dann vielleicht nütz-.“. „Halt die Klappe.“, zischte er und durchbohrte sie mit zornigen Blicken. Mei lachte gequält. „Schau doch, ich bin ein nutzloser Crow und ein nutzloser-.“. „Halt endlich die Klappe!“, wiederholte er wütender und sprang auf. „Wie wäre es wenn du deine Energien, die du in deine sinnfreien Reden investierst, lieber in dein verdammtes Training steckst!“ „A-Aber du hast doch gesagt-.“ „Scheiß auf das Gelaber von anderen. Ich verabscheue Menschen, die sich von anderen lenken lassen! Wo ist denn jetzt dein bescheuerter Kampfgeist hin, mit dem du mich bisher immer genervt hast?“. Raphael biss die Zähne vor Wut zusammen und verließ das Zimmer. Der Exorzist lehnte seine Stirn gegen die Wand, dessen Kälte ihn beruhigte. Er wollte sich entschuldigen und stattdessen fuhr er sie nur wieder an. Irgendwie musste es das anders lösen und wusste auch schon wie. Mei seufzte und blickte betrübt auf ihre Hände. Sie konnte es ihm wirklich nie Recht machen, egal was sie tat. Hörte sie nicht auf ihn, war es falsch. Wollte sie auf ihn hören, war es auch falsch. Auch während den Untersuchungen, für die sie in ein Labor gebracht wurde, überlegte sie, wie sie sich bei ihm entschuldigen könnte. Sie hasste es sich mit jemandem zu streiten, vor allem mit jenen, mit denen sie eng zusammen arbeiten muss. Als sie auf ihr Zimmer zurückgebracht wurde, sah sie den Exorzisten vor dem Fenster stehen. „Raphael-san, es tut mir leid. Ich werde mir mehr Mühe geben, versprochen.“. Der Rotschopf sah zurück und musterte sie kritisch. Schließlich schob er ihr einen Teller mit Essen hin. „Hier iss das. Du hast seit Tagen nichts gegessen und das Essen hier wird wohl auch miserabel sein.“, murmelte er und stellte sich wieder ans Fenster. Die junge Frau sah den Teller, der mit einem dicken Teigfladen und einer hellen Soße hergerichtet ist, blinzelnd an. „Eh? Hast du das etwa gemacht? Du kannst kochen?“, fragte sie überrascht. Sein verärgertes Schnalzen entlockte ihr ein kleines Lachen und schnitt ein kleines Stück mit ihrer Gabel ab. Neugierig tunkte sie es in die Soße ein und schob es sich in den Mund. „Mmmh! Das schmeckt ja wahnsinnig lecker! Was ist das denn?“, murmelte Mei mit vollem Mund und nahm noch ein Stück. Ihr ganzes Gequieke zauberte ihm ein kleines Lächeln auf den Lippen. „Das ist eine spanische Spezialität, Idiot. Eine Tortilla mit Wurst. Eine Schande eigentlich, weil es am besten mit scharfer Chorizo schmeckt.“, erklärte er und setzte sich zu ihr. Der junge Mann hielt inne, als er ihr glückliches Gesicht sah und bei jedem Stück, das sie aß, quietschte. „Du bist wirklich ein Idiot.“. „Wieso, Raphael-san? Das hast du doch nur für mich gekocht und es schmeckt auch unglaublich lecker!“, erwiderte sie wieder mit vollem Mund. „Tch, hör gefälligst auf mit vollem Mund zu reden!“, schimpfte er, aber bei ihrem Lächeln konnte er nicht länger wütend sein. Überfordert wandte er seinen Blick ab. „Und hör auch mit diesem furchtbaren –san auf.“, fügte er noch genervt hinzu. „Wenn du dann in den Orden zurückkehrst, richte Komui-san bitte aus, dass ich nach Rom zurückkehre. Ich glaube ich bin ein besserer Crow, als ein Exorzist.“. „Ich werde nicht alleine in den Orden zurückgehen, dann kann ich mir direkt mein eigenes Grab schaufeln. Außerdem wirst du gefälligst Exorzist bleiben. Wer braucht denn schon Krähen.“. Mei sah überrascht zu ihm. „Was denn? Ich habe schon vier Tage auf dich warten müssen. Dann werde ich weitere sieben auch noch überleben.“, erklärte er und schreckte leicht auf, als er die Tränen in ihren Augen sah. „Jetzt fang nicht auch noch an zu heulen!“. Lachend wischte sie sich durch das Gesicht. „E-Entschuldige, ich … ich glaube, ich habe etwas im Auge.“, hickste sie und lachte. Genervt reichte er ihr ein Taschentuch und seufzte schwer. „Iss jetzt auf und leg dich schlafen. Wenn die sieben Tage um sind und du immer noch nicht fit bist, bin ich weg.“. Der Blondschopf stopfte den letzten Rest in sich hinein und legte sich brav ins Bett zurück. Nachdem Raphael das Zimmer verließ, bildete sich ein breites Grinsen auf ihr Gesicht. Er hatte also doch einen weichen Kern, den er nur nicht zeigen kann. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)