Truth von Valetta (Sind wir wieder vereint?) ================================================================================ Kapitel 1: Das neue Zuhause --------------------------- Als CROW-Mitglied hatte Mei bisher weniger mit Akuma zu tun, aber jetzt, da man herausfand, dass sie mit einem Innocence kompatibel ist, ändert sich die Sachlage natürlich. Erst spät in der Nacht stand die junge Frau nun vor den großen Toren des schwarzen Ordens und sah sich dort etwas verloren um. Diese Abteilung befand sich zwar in der Nähe einer Stadt, lag aber auf einem Kilometerhohen Felsen und dementsprechend laut, waren die Blitze, die in dem dunklen Himmel umherzuckten und grummelten. Nachdem einer der Blitze nur einige Meter von ihrem Standpunkt aus in den Boden einschlug, schreckte sie auf und klopfte schließlich mit dem Türklopfer gegen die Tür. Nur nach einem kurzen Augenblick wurden die Türen geöffnet und der Blondschopf betrat die große, leere und vor allem dunkle Halle. „H-Hallo?“, rief Mei verängstigt in die weite Finsternis. Plötzlich tauchte ein kleines Lichtlein auf, gefolgt von einer tiefen, aber sanften Stimme. „Entschuldige, der Strom ist wohl ausgefallen. Liegt bestimmt am Gewitter, was führt dich hierher?“, fragte die Person. Er hielt die Kerze auf Augenhöhe, damit konnte sie sein Gesicht erkennen und sah zu dem Mann mit dunklen Haaren und Brille. „Ah, ich wurde von der Zentrale geschickt. Ich bin der ehemalige CROW, der vor kurzem erst mit Innocence kompatibel wurde.“, erklärte Mei und fasste langsam Vertrauen zu ihm. „Ach, stimmt ja. Da war ja letztens ein Brief, den die Zentrale geschickt hat. Bitte folge mir.“, erwiderte er und lief voraus. Die junge Frau eilte ihm hinterher, als die Tore sich direkt hinter ihr schlossen und sie in dieser Finsternis nicht länger alleine bleiben wollte. Als sie gerade zum zweiten Mal einen Raum betraten und einige Stufen gestiegen sind, ging das Licht wieder an, als der Mann gerade die Türklinke in die Hand nahm. „Na endlich!“, gab er erfreut von sich, pustete die Kerze aus und öffnete die Tür. Der Raum war groß, sehr groß sogar und dafür, dass er diese Größe hatte, befanden sich nur einige Bücherregale, ein Schreibtisch und ein Sofa davor darin. Dazu befanden sich hier und da Meterhohe Papierstapel, auch der Tisch war ziemlich zugemüllt, wie Mei jetzt erkennen konnte. „Bitte, nimm Platz.“, sagte er noch und bat seine Assistenten, nach dem Brief von der Zentrale zu suchen. „Du sagtest, dass du von der Zentrale geschickt wurdest?“, fragte der Dunkelhaarige noch einmal nach, während er seine Hilfskräfte weiter anstachelte. „Ja. Ich war bis vor kurzem als CROW tätig, als sich herausstellte, dass ich mit einem Innocence kompatibel bin.“, antwortete sie und lächelte leicht über die überforderten Männer, die sich durch die Papierberge wühlten. „Ich hab ihn!“, kreischte der Eine und eilte zu dem Dunkelhaarigen. „Ah ja, hier steht es ja. Toyama Mei-san, ehemaliger CROW und jetzt eine Kompatible.“, las er laut vor. „Gut, dann bist du ab heute eine Exorzistin des schwarzen Ordens. Mein Name ist Komui Lee, ich bin der Abteilungsleiter hier und heiße dich herzlich Willkommen!“, fügte er noch mit einem breiten Grinsen hinzu. Mei stand auf und verbeugte sich vor dem Mann. „Linali-chan, komm direkt in mein Büro. Wir haben Zuwachs und du sollst ihr bitte den Orden zeigen und sie zu einem freien Zimmer führen!“, rief er in ein Mikrofon und stand schließlich ebenfalls auf. „Und du kommst noch mit mir mit. Hevlaska soll direkt deine Synchronisationsrate bestimmen.“, sagte Komui noch und hielt ihr die Tür auf. Das Herz der jungen Frau hämmerte immer stärker gegen ihre Brust, je weiter sie gingen. Wie viel Prozent sie wohl haben würde, fragte sie sich die ganze Zeit und wurde auf eine Plattform gebeten, die hoch gefahren wurde. „Habe keine Angst, es wird nicht weh tun, nur etwas unangenehm sein.“, rief Komui ihr zu. Fragend blickte Mei hinunter, als sich eine weiße Tentakel um sie schlang und sie von der Plattform zog. Sie blickte ängstlich zu dem Wesen, dass sie nun in ihrem Griff hat und wurde immer näher zu ihrem Gesicht gebracht. „Fürchte dich nicht. Mein Name ist Hevlaska und ich beschütze die Innocence, die sich hier befinden.“, sagte sie mit sanfter Stimme. Ihre hellbraunen Augen sahen sie überrascht an und schlossen sich schließlich, als sie ihre Stirn gegen Meis drückte. Sie fühlte ein seltsames Kribbeln in ihren Gliedern, dass sich immer mehr verstärkte, je länger das dauerte und allmählich wirklich unangenehm wurde. Letztendlich wurde sie erlöst und wieder auf die Plattform gestellt. „Du bist wirklich schön mit deinem Innocence verbunden. Die Rate liegt zwar bei Dreiundsiebzig Prozent, aber wenn du dich in das Training reinkniest, ist noch viel Luft nach oben.“, erklärte Hevlaska schließlich und lächelte die junge Frau liebevoll an. Der Blondschopf atmete erleichtert auf und verließ die Plattform wieder, als sie hinunterfuhr und die drei Stufen hinuntersprang. Als sie in das Büro zurückkehrten, wartete dort bereits ein Mädchen auf sie, das neugierig zu ihnen blickte, nachdem sie den Raum betraten. „Ah, du musst die neue Exorzistin sein. Ich bin Linali!“, stellte sie vor und nahm ihre Hand in ihre. „Mei, freut mich sehr.“, erwiderte sie lächelnd und wurde von der Grünhaarigen direkt mit sich gezogen. Gemeinsam streiften sie durch die Flure, währen Linali ihr sämtliche Räume zeigte und sich nun auf den Weg zu den Schlafräumen machte. Dort kam ihnen ein schlecht gelaunter Schwertkämpfer entgegen, der die beiden Frauen nur kurz ansah und wieder weiterging. Mei hingegen sah ihm noch eine ganze Weile nach, riss sich von Linali los und lief dem jungen Mann hinterher. „Yuu?“, rief sie nach ihm. Angesprochener drehte sich direkt um und sah sie wütend an. „Du bist doch Yuu, oder nicht?“, fragte sie und trat einen Schritt auf ihn zu. „Kennen wir uns? Mal abgesehen davon, nenn mich nicht beim Vornamen, Kleine.“, zischte er verärgert und musterte sie kritisch. Noch nie hatte es ein Neuling geschafft, seinen Unmut so schnell auf sich zu ziehen. „Erkennst du mich denn nicht? U-Und was ist denn mit deinen Haaren passiert? Sie sind so lang und hast du sie gefärbt?“, bohrte sie weiter und wollte gerade eine seiner langen Strähnen in die Hand nehmen, als er zurückschreckte und ihr seine Schwertklinge vors Gesicht hielt. „Fass mich nicht an. Ich erkenn dich ganz bestimmt nicht, also hau jetzt ab!“, brüllte Kanda wütend. „A-Aber, Yuu! Ich bin es doch, Mei. Deine Schw-.“, fing sie an und erkannte erst jetzt seine dunkelbraunen Augen. Dieser junge Mann war wie ein Ebenbild ihres geliebten Bruders, aber irgendwie auch nicht. Was ging hier vor? „Ich bin doch deine Schwester.“, beendete sie ihren angefangenen Satz kaum hörbar. „Ich kenne dich nicht, Kleine. Lass mich mit deinem Scheiß in Ruhe.“, fuhr er sie verärgert an und wandte sich zum gehen ab. „Mei? Mach dir keinen Kopf wegen Kanda-kun, er ist immer so.“, erklärte Linali, als sie sich zu ihr stellte. Der Blondschopf sah dem Schwertkämpfer bedrückt nach, das war auch definitiv das Schwert, mit dem ihr Bruder kämpfte. „I-Ich verstehe das nicht.“, murmelte sie immer noch ungläubig. „Niemand kann verstehen, warum er ständig so mies drauf ist. Aber nimm dir das nicht so zu Herzen, komm ich zeige dir dein Zimmer. Du bist bestimmt müde.“, erwiderte das Mädchen und führte sie zu einem freien Zimmer, das ab heute ihres sein würde. Ihr Gepäck stand bereits dort, dass von der Zentrale hergeschickt wurde. Hastig öffnete sie den dunklen Koffer und wühlte durch ihre Sachen, als sie das alte Foto schließlich fand. Es ist alles, was sie als Erinnerung an ihren Bruder hat und strich über das Bild. Mei wusste, dass er bei einem Akuma-Angriff vor zehn Jahren ums Leben kam, das hatte ihr die Zentrale so gesagt. Aber dieser Mann von eben, er gleicht ihm bis aufs Haar. Gut, er hat lange Haare statt Kurze, eine dunkelblaue Farbe statt blonde und braune Augen statt blaue. Auch nicht wirklich eine Ähnlichkeit, jeder normale Mensch würde sie wohl für Verrückt halten, aber sie hatte das seltsame Gefühl, dass an ihm etwas nicht stimmte. „Hat dein Geist von diesem Exorzisten Besitz ergriffen, Yuu-nii?“, murmelte sie und blickte auf das Foto von ihr und ihrem älteren Bruder. Die junge Frau seufzte schwer, als sich auch noch ihr Magen meldete und laut knurrte. Mühsam richtete sie sich auf und lief etwas gedankenverloren durch die Flure, als sie wieder aufsah. Eigentlich wollte sie zur Cafeteria, aber dieser Raum vor ihr, sah ganz und gar nicht nach dem Eingang zu besagter Cafeteria aus und öffnete sie schließlich. Es war wohl die Bibliothek der Abteilung und die war verdammt groß. Noch größer als in der Zentrale und für Mei war es schon die größte Bibliothek in ganz Europa. Die Tür quietschte ziemlich laut, als sie diese schloss und bemerkte nicht, dass die Aufmerksamkeit von zwei Männern auf ihr lag. „Suchst du etwas Bestimmtes?“, rief schließlich einer der Männer ihr zu und erschrak sie damit, sie glaubte hier alleine zu sein und blickte zögernd hinter sich. Ein junger Rotschopf und ein alter Mann saßen dort, umringt von einigen Bücherstapeln. Der Rothaarige musste sich wirklich zusammenreißen, nicht zu ihr zu springen und sein übliches „Strike“ von sich zu geben, denn diese Dame war ganz nach seinem Geschmack. Er stieß einen tiefen Seufzer aus, als er etwas genervt zu seinem Meister blickte und grummelte ihn an. „Entschuldigt, ich wollte euch nicht stören. Irgendwie habe ich mich auf dem Weg zur Cafeteria verlaufen.“, erklärte Mei mit einem verlegenen Lächeln. Normalerweise verlief sie sich nie, aber die Sache mit diesem Kanda, machte ihr schwer zu schaffen. Der Jüngere warf einen Blick auf die Uhr und sprang auf. „Woah, wir arbeiten seit vier Stunden ununterbrochen. Wird Zeit für das Abendessen, bis dann, alter Mann.“, sagte er noch, packte die junge Frau und eilte aus der Bibliothek. Der Ältere sah seinem Schüler entnervt nach, hat er gerade wirklich aus vier Minuten, vier Stunden gemacht, fragte er sich und seufzte. „Ich bin übrigens Lavi und der alte Knacker von eben ist Bookman. Wer bist du denn, meine Schöne?“, fragte er mit einem charmanten Lächeln und zog sie hinter sich her. „M-Mei.“, erwiderte sie und blickte beschämt zu Boden. Er sah ja wirklich nicht schlecht aus, aber wenn er schon so offensichtlich flirtet, sollte sie sich lieber nicht auf ihn einlassen, dachte sie noch und driftete mit ihren Gedanken wieder zu dem dunkelhaarigen Schwertkämpfer ab. Dabei achtete sie nicht auf ihren Weg, obwohl sie schon von Lavi gezogen wurde und lief in Jemanden hinein. „Ah, sorry, Yuu.“, hörte sie die laute Stimme des Rotschopfs und sein anschließendes Lachen. Mei sah vorsichtig hoch und wurde direkt mit einem finsteren Blick konfrontiert. „Hast du keine Augen im Kopf, Kleine?“, presste Kanda wütend hervor und riss sich wirklich extrem zusammen, nicht beide um ihren Kopf zu erleichtern. „E-Entschuldige.“, erwiderte sie mit zittriger Stimme und wich seinem Blick direkt aus. „Hey, jetzt sei mal nicht so gemein, Yuu. Mei-chan kann doch nichts dafür, wenn ich sie so hastig mitgezogen habe.“, mischte sich Lavi ein und schmollte den jungen Mann an. Der Blondschopf schluckte, sie sehnte sich jetzt mehr den je nach ihrem Bruder. Wieso musste dieser Typ ihm auch so ähnlich sein, fragte sie sich und hielt ihre Tränen zurück. „W-Woher hast du dieses Schwert?“, fragte sie heiser. Lavi sah sie fragend an, während der Schwertkämpfer nur ein übliches „Tche“ hervorbrachte. „Das geht dich nichts an.“, schimpfte er und lief weiter. Mei saß nun still am Tisch und aß nur eine Kleinigkeit, auch der quirlige Rotschopf konnte ihre Laune nicht anheben oder sie zum Reden bewegen, obwohl er wie ein Wasserfall redete. Am nächsten Morgen wurde sie von einem lauten Klopfen gegen ihre Zimmertür aufgeweckt, die sie schließlich verschlafen öffnete. „Sorry, für die frühe Störung. Aber Komui will dich sprechen.“, erklärte Lavi und lächelte gequält. „Ich bin in fünf Minuten bei ihm.“, erwiderte sie müde und rieb sich die Augen, während sie die Tür wieder schloss. „Lass dir Zeit, ich warte auf dich!“, hörte sie ihn noch rufen und lächelte leicht. Nur einen Moment später trat sie aus dem Zimmer hinaus und sah den jungen Mann wirklich noch dort stehen. „Danke.“, sagte sie und erwiderte sein Lächeln, als er sie wieder mit sich zog. Seltsam, normalerweise hasste sie es, wenn man sie so hinter sich her zog und mochte das schon bei ihrem Bruder nie. Verwundert blickte sich zu ihm hinauf und sah sein glückliches Gesicht, irgendwie erhöhte sich dabei ihr Herzschlag und wandte ihren Blick verlegen zu Boden. Seine Hand war so warm und vor allem weich, obwohl sein Griff auch nicht so fest war, hatte er ihre Hand fest im Griff. Dieses seltsame Wortspiel entlockte Mei ein Schmunzeln und sah seinen verwunderten Blick. „Ich habe gerade nur an Komui-san gedacht.“, log sie und lachte verlegen. Im Büro angekommen, spannte sich der Körper der jungen Frau direkt an, als sie beim Abteilungsleiter diesen Kanda stehen sah. „Schön, dass ihr so schnell herkommen konntet.“, begrüßte Komui die Exorzisten und holte einen kleinen Stapel mit Dokumenten hervor. „In Spanien, genauer gesagt in Madrid, ist ein Innocence aufgetaucht. Findet es und bringt es hierher.“, erklärte er knapp und präzise, während er eine Kopie gerade dem Schwertkämpfer reichte. „Wir brechen sofort auf.“, murmelte Kanda und verließ das Büro direkt. Mei sah ihn wieder bedrückt nach, was dem Rotschopf an ihrer Seite nicht entging. Bei einer ruhigen Minute, würde er sie offen darauf ansprechen. Die jungen Erwachsenen saßen im Zug und waren damit auf dem Weg zum Auftragsort. Als der Dunkelhaarige das Abteil verließ, um sich die Beine zu vertreten, sah Lavi seine Chance um mit ihr zu reden. „Ich will ja nicht neugierig sein, aber hast du dich etwa in Yuu verliebt?“, fragte er direkt. Mei fiel alles aus dem Gesicht und konnte vor Überraschung kein Wort hervorbringen. „Also doch.“, murmelte er etwas niedergeschlagen. War ja klar, bisher waren alle Frauen, für die er sich interessierte, in Kanda verliebt, dachte er und blickte wieder aus dem Zugfenster hinaus. „W-W-Wie zum Teufel kommst du darauf?!“, fragte sie schließlich erschrocken. „Weil du ihn schon die ganze Zeit immer so komisch anstarrst.“, erklärte Lavi und sah wieder zu ihr, als sie ihm ein Foto unter die Nase hielt. Eine jüngere Mei und ein junger Mann neben ihr, zierten das Foto und er sah sie fragend an. „Das ist mein Bruder.“, erklärte sie. „Und?“, erwiderte der Rotschopf verwirrt, was hatte das jetzt mit seiner Frage zu tun, fragte er sich. „Sieh genau hin. Findest du nicht, dass da eine sehr, sehr große Ähnlichkeit zwischen ihnen ist? Zwischen meinem Bruder und ihm? Sogar vom Charakter sind sie sich total ähnlich.“. Er sah sich das Foto genau an, Lavi konnte da schon eine Ähnlichkeit sehen, aber dieser Typ ist blond und sein Freund Blauhaarig. Gut, man kann sich ja die Haare färben, aber der junge Mann war nicht blöd. Zwischen den Personen auf dem Foto war mindesten ein Jahresunterschied von zehn Jahren, der zwischen ihr und Kanda nicht gegeben ist. „Und weiter? Sie sehen sich ja schon ähnlich, aber dein Bruder müsste jetzt ja um die Dreißig sein und Yuu ist erst Neunzehn.“, erwiderte er. „Er wäre heute Neunundzwanzig, wenn er noch am Leben wäre.“, antwortete Mei und blickte etwas traurig auf das Foto in seinen Händen. „Ich kann dir trotzdem nicht ganz folgen, Mei-chan.“, gestand Lavi und gab ihr das Foto zurück. „Er trägt das Schwert meines Bruders bei sich. Auch wenn der Griff anders aussieht, habe ich das Zeichen, dass in der Klinge eingraviert ist, erkannt.“. „Was für ein Zeichen?“, fragte er weiter, nun hatte sie seine Neugier geweckt. „Ren. Die Lieblingsblume meines Bruders war Lotus.“, erklärte Mei schließlich. Das Gesicht des Rotschopfs wurde kreidebleich, als er daran dachte, dass sich in Kandas Zimmer eine Lotusblume befand. „W-Wie heißt dein Bruder denn mit vollem Namen?“, fragte er weiter. „Toyama Yuuki.“, antwortete sie und sah ihn fragend an. Das gab dem beständigen jungen Mann den Rest. Es gab Akuma, Seelen, sie als Exorzisten und er glaubte ja auch etwas an Gott. Aber das war selbst für ihn zu hoch, Kanda konnte auch nicht seine Wiedergeburt sein. „U-Und wann ist er gestorben?“. „Vor genau zehn Jahren.“, erwiderte Mei und machte sich über seine Reaktionen allmählich Sorgen, als er gerade seinen Kopf an seinen angewinkelten Arm abstützte. Definitiv keine Wiedergeburt, da sie sicher im selben Alter wie Kanda ist und trotzdem war da diese große Ähnlichkeit zwischen ihnen. Wenn sich der Schwertkämpfer die Haare abscheiden und blond färben würde, würde er ihn von ihren Bruder sicher nicht mehr unterscheiden können. Sie haben ja sogar dieselben Gesichtszüge, diese Ähnlichkeit war schon fast unheimlich. Die Tür wurde aufgerissen und die junge Frau von Kanda gepackt und mit sich gezogen, nachdem er die Tür hastig wieder zuschob. In einem leeren Zugabteil warf er sie unsanft zu den Sitzen, schob die Tür zu und legte das Schloss um. Fragend sah sie zu ihm auf und sah seinen finsteren Blick. „Ich habe euch gehört, was erzählst du da für einen Scheiß?!“, brüllte er fast. „Ich wünschte mir auch, dass es anders wäre. Aber ich kann auch nichts für die Tatsache, dass du das Schwert meines Bruders bei dir trägst!“, erklärte der Blondschopf verzweifelt. Der junge Mann beugte sich etwas zu ihr. „Misch dich nicht in Angelegenheiten ein, die dich nichts angehen. Sonst wird das noch böse enden.“, drohte er und starrte ihr zornig in die Augen. „Dann sag mir bitte nur, woher du dieses Schwert hast.“, flehte Mei fast und konnte ihre Tränen kaum noch zurückhalten. Man hat ihr nur gesagt, dass er von einem Akuma getötet wurde, seinen Körper bekam sie aber nicht zu Gesicht und litt daher sehr darunter, sich nicht richtig von ihm verabschiedet zu haben. „Ich habe es erhalten, nachdem sie mich auf seine Kompatibilität getestet haben.“, antwortete er. Mehr musste sie auch nicht wissen, obwohl es ihn auch reizte mehr über sein altes Ich herauszufinden. „Nachdem man mir sagte, dass er von Akuma getötet wurde, durfte ich ihn nicht sehen. Ich durfte mich nicht von meinem eigenen Bruder verabschieden.“, erklärte sie schließlich und wischte sich durchs Gesicht, vor ihm weinen wollte sie auch nicht. Nachdem ihre Eltern auch von Akuma getötet wurden, ersetzte er ihr die Familie. Ihr Bruder war alles für sie und litt unter seinem Tod mehr denn je. Kandas Herz schmerzte bei ihrem Anblick und er gab sich große Mühe damit, sie nicht einfach in seine Arme zu nehmen und zu trösten. Er zweifelte, dass sie sich über die Wahrheit freuen würden, zu wissen, dass ein Teil ihres Bruders in ihm ist. Oder besser gesagt, der Hauptteil, sein Gehirn, aber mit gelöschten Erinnerungen. Der junge Mann ließ sich auf den Sitz neben sie fallen und seufzte schwer. „Was für ein Mensch war er denn?“, fragte er. Vielleicht könnte er sie damit trösten, wenn sie über ihn oder besser gesagt sich erzählen kann und nebenbei noch etwas über sein altes Ich erfahren. Die ganze Sache war dermaßen verzwickt und ihm ging das schön gehörig auf die Nerven. Diejenige die ihn am besten kennt, sitzt direkt neben ihm und trotzdem kann und will er nicht mit ihr offen darüber reden. Als wäre eine Blockade in seinem Kopf, die ihn davon abhielt. „Er war der tollste Bruder, den man sich nur vorstellen kann. Unsere Eltern sind bei einem Akuma-Angriff ums Leben gekommen und er hat sich danach um mich gekümmert. Obwohl er anderen gegenüber immer schlecht gelaunt war und oft geschimpft hat, war er zu mir richtig lieb. Vor allem hat er sich mit Mara oft gestritten, aber eigentlich war er total in sie verliebt.“, fing sie an und wischte sich dabei die letzten Tränen aus dem Gesicht. „Mara?“, fragte Kanda nach. Nun hatte sie seine Neugier geweckt und hörte ihr gebannt zu. „Seine Freundin. Er hat ihr, bevor er zu seiner letzten Mission angetreten ist, seine Liebe gestanden. Mara war auch richtig lieb und ich habe sehr darauf gehofft, dass die beiden heiraten würden.“, antwortete sie und blickte zu dem Dunkelhaarigen. Sein Gesicht war blass und sie erkannte seine Anspannung. „Alles in Ordnung?“, fragte Mei und sah ihn etwas besorgt an. ________________________________________________ (Übrigens entstand der Name Mara aus Mala und damit aus Alma, ich hoffe daher sehr, dass das Laborpersonal damals ebenfalls nicht sehr einfallsreich war, was die Namensauswahl anging :D) Kapitel 2: Zweifel? ------------------- „J-Ja. Erzähl weiter.“, erwiderte der junge Schwertkämpfer und versuchte sich zusammenzureißen. Das Laborpersonal war ja dümmer, als er geglaubt hatte. Dass Almas Name nur ein Anagramm seines richtigen Namens war, wäre ihm niemals in den Sinn gekommen. Der Blondschopf legte ihren Kopf schief und sah ihn fragend an, erst bedrohte er sie und sie sollte sich nicht in seine Angelegenheiten einmischen und jetzt fragte er sie zu ihrem Bruder aus. Sie wusste nicht wirklich was sie davon halten sollte. „Wieso interessiert dich mein Bruder so sehr?“, fragte sie schließlich. Kanda fühlte sich ertappt, versuchte aber sein Gesicht zu wahren und sah sie weiterhin gleichgültig an. „Wenn du Lavi lang und breit erklärst, dass er mir so ähnlich ist, will ich mir auch ein Bild davon machen.“, erwiderte er und wich ihrem Blick aus. Mei holte wieder ihr Foto hervor und wollte es ihm gerade zeigen, als er es ihr aus der Hand schlug. Aufgebracht hob Mei das Andenken vom Boden auf und sah ihn verärgert an. „Was sollte das jetzt?“, fragte sie wütend. „Dein Bruder ist tot, also finde dich damit ab. Geh den Leuten mit deiner Geschichte nicht auf die Nerven!“, fuhr er sie plötzlich an und verließ das Abteil direkt. Irgendwie fürchtete er sich davor. Eigentlich würde er wirklich mehr wissen wollen, aber sein Leben war, so wie es bisher war, vollkommen in Ordnung. Im Zugrestaurant angekommen ließ er sich auf einen freien Platz fallen und stützte seinen Kopf mit beiden Armen ab. Er kann sich kaum noch an sein Gesicht erinnern, nur so schemenhaft und an Maras Gesicht, konnte er sich auch nur schlecht erinnern. Kanda sah immer nur ihr liebevolles Lächeln, dass er so sehr liebte, mehr nicht. Der Dunkelhaarige holte sein Schwert hervor und musterte die Gravur in der spiegelglatten Klinge. Gewundert hat er sich über dieses Zeichen bisher nie und glaubte nur, dass es etwas mit den Illusionen der Lotusblüten und der Blume in seinem Zimmer zutun hätte und jetzt wusste er, dass es also seine Lieblingsblume war. Deswegen war er also mit ihr verbunden. Kanda stieß einen tiefen Seufzer aus und rieb sich die Schläfen, sein Kopf schmerzte fürchterlich und dieses Mädchen ging ihm jetzt schon gehörig auf die Nerven. Wieso musste sie in den Orden kommen und sein Leben so auf den Kopf stellen, obwohl es ihr wahrscheinlich nicht anders ging, dachte er. „Ich durfte mich nicht von meinem eigenen Bruder verabschieden.“, erinnerte er sich an ihre Worte und an ihr verweintes Gesicht und sah nun betrübt aus dem Zugfenster hinaus. Dieses Gefühl, jemanden so sehr in seinen Armen halten zu wollen, spürte er das letzte Mal, als er nach dem Tötungsversuch des Laborpersonals, wieder ins Leben fand. „Hey, Kleine. Das Gehirn deines verstorbenen Bruders ist in meinem Kopf, also bin ich irgendwie zum Teil dein Bruder. Sorry, aber meine Erinnerungen wurden wegen eines Experiments gelöscht und ich erinnere mich an nichts mehr.“, dachte der junge Mann und ächzte genervt. Als würde er ihr das so einfach sagen können. Sie würde alles hinterfragen, vielleicht würde sie sich auch vom Orden abwenden und vielleicht würde sie ihn auch hassen, fragte er sich direkt weiter und sah die Person zornig an, die zu ihm an den Tisch trat. „E-Entschuldigung, möchten Sie etwas bestellen?“, stammelte der Kellner ängstlich, als er Kandas finsteren Blick sah. „Sehe ich so aus?“, erwiderte er und knurrte leise. Der junge Mann eilte direkt zur Bar zurück und widmete sich wieder seiner Arbeit zu. Der Schwertkämpfer blieb dort noch eine ganze Weile sitzen, ehe er sich darum bemühte, zu seinen Kollegen ins Abteil zurückzukehren. „Wo warst du, Yuu?“, fragte Lavi aufgeregt, hielt seine Lautstärke aber so leise wie möglich. Kanda musterte ihn argwöhnisch, als er neben ihm die neue Exorzistin schlafen sah und setzte sich auf seinen Platz neben dem Fenster. „Mei-chan vermisst ihren Bruder wirklich sehr.“, murmelte der Rotschopf und seufzte, während er die junge Frau neben sich mit seinem Mantel zudeckte. Nun fing auch noch Lavi damit an und er durchbohrte ihn mit zornigen Blicken. „Hat sie dich damit auch noch zugelabert? Lass mich in Ruhe und kümmer dich auch um deinen eigenen Kram.“, erwiderte er streng und blickte wieder aus dem Fenster hinaus. Irgendwann wanderte sein Blick zu der Spiegelung des Blondschopfs ihm Gegenüber, sie dürfte wohl in seinem Alter sein. Sein altes Ich starb dann also, als sie erst neun oder sogar jünger war, überlegte er und fluchte in seinem Inneren. Kanda wollte sich davon nicht länger ablenken lassen. Vergangenheit bleibt Vergangenheit und das was jetzt zählt, ist die Mission, die ihnen aufgetragen wurde, dachte er wütend und schloss seine dunkelbraunen Augen. „Du bist mein Bruder? Yuu-nii? Das kann nicht sein.“, murmelte sie geschockt und blickte entsetzt in das Gesicht des Dunkelhaarigen. „Doch. Für ein Experiment, wurde das Gehirn deines Bruders gegen meines ausgetauscht, um zu sehen, ob ich dann mit seinem Innocence kompatibel bin. Dabei löschten sie noch sämtliche Erinnerungen an sein Leben. Ich kann mich nur noch daran erinnern, wie ich oder eben er von einem Akuma getötet wurde.“, erklärte Kanda und sah die junge Frau erwartungsvoll an. „Niemals! Yuu-nii war ein netter Mensch, nicht so ein kalter Eisbrocken wie du! Du bist nicht er, du wirst auch nie er sein! Ich hasse dich! Gib ihn mir wieder!“, schrie sie ihn an und durchbohrte ihn mit seinem eigenen Mugen. Kanda schreckte auf und sah sich um, er saß immer noch im Zug und bekam fragende Blicke Seitens Lavi zugeworfen. „Du bist so blass, Yuu. Hast du schlecht geträumt?“, fragte der Rotschopf mit einem leichten Lächeln. „Mhm, sind wir schon da?“, murmelte die Exorzistin und sah beide Männer verschlafen an. Als sich ihre Blicke trafen, verließ Kanda überfordert das Abteil, während die junge Frau ihm verwundert nachsah. „Was hat ihn denn gestochen, so wie er gerade geflohen ist?“, fragte sie noch müde und rieb sich die Augen. Mei streckte sie erstmal ausgiebig und blickte aus dem Fenster, sie hielten gerade in einem Bahnhof und sie wollte sehen, wo sie sich zurzeit befanden. „Was ist das hier für eine Station?“, fragte sie Lavi und sah sich weiter um. „Ah, laut dem Schaffner von vorhin, sollte das Toulouse sein. Wir sollten in zirka zehn Stunden in Madrid sein.“, antwortete er. Der Blondschopf ächzte, so lange noch, dachte sie genervt und stand auf. „Ich geh mir ein wenige die Beine vertreten. Darf ich dir etwas zu trinken mitbringen?“, fragte sie noch und blickte zu dem jungen Mann hinter sich. „Geh du ruhig, ich besorge uns etwas zu trinken. Ich lasse mich nicht von einer Schönheit einladen.“, erwiderte er und lächelte sie sanft an. „O-Okay, bis nachher dann.“, gab sie murmelnd zurück und verließ das Zugabteil. Wieder flirtete er so offensichtlich und trotzdem klopfte ihr Herz so sehr. Sie stieß noch einen Seufzer aus und lief gedankenverloren durch den Zug. Im Zugrestaurant angekommen, erblickte sie einen bekannten Blauhaarigen und setzte sich ihm gegenüber hin. „Darf ich dich denn zu etwas einladen? Einen Kaffee oder so?“, fragte sie zuckersüß. Kanda stattdessen würdigte sie keines Blickes und blickte immer noch aus dem Fenster hinaus. Wenigstens fuhren sie endlich weiter, dachte er noch. „O-Oder möchtest du lieber etwas essen?“, fragte Mei weiter. „Lass mich in Ruhe.“, murmelte er genervt. „Du hast das Abteil vorhin so eilig verlassen, ist denn alles in Ordnung?“, bohrte sie immer noch, hielt aber inne, als er ihr einen zornigen Blick zu warf. „Welchen Teil von ‚Lass mich in Ruhe‘ verstehst du nicht?“, zischte Kanda wütend. „Wir sind doch Kollegen und ich mache mir dementsprechend auch Sorgen, wenn es einem Kollegen nicht gut geht.“, erklärte sie und lächelte gequält. Da sie nicht verschwinden wollte, musste er wohl oder übel gehen, wenn er seine Ruhe haben wollte und verließ das Restaurant. „Jetzt warte doch, Kanda-san! Was ist denn los?“, rief Mei ihm verwundert nach. Der Schwertkämpfer blieb jetzt stehen. Sie ging ihm so sehr auf die Nerven, wie ihm schon lang keiner mehr auf die Nerven ging. Selbst Lavi wusste, wann es Zeit war, ihn in Ruhe zu lassen und sie hatte diese Grenze nun überschritten. Er drückte sie unsanft gegen das Fenster und beugte sich etwas zu ihr hinunter, da sie ein großes Stück kleiner als er war. „Willst du meine Meinung über deinen Bruder hören?“, fing er wütend an. Mei sah ihn geduldig an und wartete darauf, dass er weitersprach. „Ich glaube, dass dein Bruder gar nicht tot ist und die Zentrale darum bat, seinen Tod vorzuspielen. Damit er von dieser unerträglich nervigen Schwester wegkommt, die ihn immer nur davon abgehalten hat, sein Leben in Freiheit zu leben.“, sagte er schließlich und sah ihr dabei zornig in die Augen. „S-So etwas würde er niemals tun!“, stammelte die junge Frau. „Ach so? Wieso durftest du dann seinen Körper nicht sehen, wenn er doch tot ist?“, antwortete Kanda noch mit einem teuflischen Grinsen und ließ wieder von ihr ab. „Das würde mir Yuu-nii niemals antun! Du kennst ihn doch überhaupt nicht! Er sagte doch immer wie lieb er mich-.“, erwiderte sie zuerst laut, wurde aber mit jedem Wort leiser und unterbrach sich vor Schreck schließlich. Jetzt wo sie so darüber nachdenkt, er hatte ihr nie gesagt, wie lieb er sie hatte. Nur sie hatte das immer gesagt und er hat darauf immer nur gelächelt. Hatte er etwa Recht damit? Nein, er wusste gar nichts über sie oder ihren Bruder. Es ist zehn Jahre her und Yuuki hatte ihr bestimmt oft genug gesagt, wie sehr er sie liebt und sie erinnert sich nur nicht mehr daran. Er war der liebste Mensch auf der ganzen Welt, er hat immer so viel mit ihr gelacht und obwohl sie immer nur in seinen Armen einschlafen konnte, tat er das, weil er die geduldigste Person war, die sie kannte. Außerdem sorgte er immer dafür, dass sich jemand in seiner Abwesenheit um sie kümmerte. Entweder war es Mara, oder er brachte sie in die Zentrale, wenn beide eine Mission hatten. Jemand der so lieb ist, würde sie doch niemals, niemals im Stich lassen. Niemals! Mei hockte sich hin und blickte betrübt auf das Foto in ihrer Hand. „Du hast mich doch nicht wirklich alleine gelassen, Yuu-nii?“, murmelte sie und unterdrückte ihre Tränen. Sie war doch nur deswegen so anhänglich, weil sie ihn so sehr liebte. Sie hatte doch nur ihn und niemanden sonst und sie liebte nichts mehr, als all ihre Zeit nur mit ihm zu verbringen. Der Blondschopf wusste auch, dass er anhängliche Personen hasste, aber sie hatte immer geglaubt, dass es ihn nicht groß stören und er ansonsten auch etwas sagen würde. Hatte er vielleicht doch genug von ihr gehabt und hat sich ein neues Leben irgendwo in einer unbekannten Stadt aufgebaut, ohne sie? Die Exorzistin schluckte und schüttelte den Kopf, wieso ließ sie sich jetzt so von ihm verunsichern. Sie kannte ihren Bruder doch am besten und biss sich auf die Lippe. Sie durfte nicht darüber nachdenken, dass er sie vielleicht doch verlassen hat und würde es Kanda schon noch heimzahlen, so über ihren geliebten Bruder geredet zu haben. Die restlichen Stunden, vergingen quälend langsam, aber schließlich kamen sie spät nachts in Madrid an. „Suchen wir uns rasch eine Unterkunft und beraten uns über die Mission.“, schlug der gutgelaunte Rotschopf vor. „Tche.“, gab Kanda nur verärgert von sich und lief vor. „Ist er eigentlich wirklich immer so?“, fragte Mei schließlich und blickte zu dem jungen Mann, der neben ihr herlief. „Hm?“. „Dass er so richtig unausstehlich und gemein ist.“, erklärte sie. „Ah, mach dir keinen Kopf. Yuu, ist eben ein typischer Einzelgänger und stößt jeden von sich. Egal wie gut man es auch meint, er ist immer wegen jeder Kleinigkeit sauer.“, antwortete Lavi lächelnd. Mei durchbohrte den Dunkelhaarigen mit verärgerten Blicken und grummelte etwas. „Was auch immer er zu dir gesagt hat, nimm es dir nicht so zu Herzen.“, sagte er noch und nahm ihre Hand in seine. Sie blickte fragend zu ihm hoch und sah nur sein freudiges Lächeln. Sie sah ihn eigentlich immer nur lächeln, auch wenn er sich ebenfalls mit Kanda stritt. Er lächelte weiterhin. „Darf ich dich etwas fragen?“, fing sie unsicher an. „Frag ruhig. Ich beantworte alles.“, lachte der junge Mann. „Hast du eine Verletzung, oder wieso trägst du eine Augenklappe?“, fragte sie schließlich und blickte wieder zu ihm hoch. Diesmal war es ein verlegenes Lächeln und als er sich die Nase kratzte, konnte sie sich ein Schmunzeln nicht länger verkneifen. „Verletzt bin ich nicht, aber das ist ein kleines Geheimnis.“, antwortete der Exorzist und sah entschuldigend zu ihr. Mei wollte gerade etwas sagen, als eine schlecht gelaunte Stimme sie unterbrach. „Hier steht, dass dieses Hotel noch Zimmer frei hat!“, rief Kanda den beiden zu. Zu dem Pech des Schwertkämpfers, waren nur noch zwei Zimmer frei und er musste sich eines davon unfreiwillig mit Lavi teilen. „Schlaf gut, Mei-chan!“, rief besagter Rotschopf der jungen Frau noch zu und wurde unsanft von seinem Kameraden ins Zimmer gestoßen. Seufzend öffnete sie ebenfalls die Tür zu ihrem Zimmer und schloss es direkt ab, ehe sie sich in das große weiche Bett legte. Sie schloss gerade ihre braunen Augen, als es plötzlich klopfte. Verwundert darüber, eilte sie zur Tür und öffnete diese. Kanda stand vor ihr und sah sie miesmutig an. „Wir brechen morgen früh um halb sechs auf und treffen uns unten in der großen Halle. Also verschlaf nicht, Kleine.“, murmelte er knapp und wandte sich zum gehen ab, als sein Arm zurückgehalten wurde. „Ich heiße Mei.“, erwiderte sie nun ebenfalls verärgert und sah sein kritisches mustern ihr gegenüber. „Fass mich noch einmal an und ich schneide dir beide Hände ab.“, drohte er und verschwand in sein Zimmer. „Blödmann!“, rief sie ihm noch nach und schlug die Tür hinter sich zu. Wie konnte sie auch nur für einen Moment glauben, dass er Yuuki ähnlich war. Er hatte rein gar nichts an ihm, dass auch nur im Entferntesten Ähnlichkeit mit ihrem Bruder hatte, dachte sie noch, warf sich auf das Bett und vergrub ihr Gesicht in das Kissen. Wenn er jetzt hier wäre, würde er Kanda bestimmt die Leviten lesen, dachte sie weiter und seufzte schwer. Sie schnappte den kleinen schwarzen Golem, den sie von Komui als Transmitter erhielt und stellte seine eingebaute Uhr auf fünf Uhr. Eine halbe Stunde um sich aufbruchbereit zu machen, sollte reichen, dachte Mei, legte ihn auf die Kommode und kuschelte sich in die Decke ein. Als sie am nächsten Morgen in die Halle kam, war noch niemand dort und stellte sich darauf ein, noch länger auf die jungen Männer warten zu müssen. „Guten Morgen, Mei-chan!“, hörte sie eine erfreute Stimme hinter sich und blickte zurück. Ein richtig gut gelaunter Lavi und neben ihm ein richtig schlecht gelaunter Kanda, eigentlich war ihr Anblick zum Schreien komisch und sie musste sich ihr Grinsen verkneifen. „Guten Morgen, Lavi.“, erwiderte sie lächelnd und wurde gleich von dem Rotschopf mit sich gezogen. „Yuu und ich, haben gestern Abend noch über die Mission geredet. Das Innocence befindet sich höchstwahrscheinlich in irgendeinem Objekt. Eigentlich sollten uns die Akuma ohnehin dorthin führen, also mach dich auf einen Kampf bereit, der jederzeit ausbrechen kann.“, erklärte er und blickte etwas besorgt zu ihr, da sie irgendwie keine Waffe bei sich trug. Ob sie wohl ein parasitäres Innocence hat, fragte er sich. Lächelnd holte sie ein schwarzes Kreuz hervor, das sie als Kette an sich trug und hielt es ihm entgegen. „Das ist meine Waffe.“, sagte Mei stolz. „Ja, dein Glaube ist auch eine starke Waffe. Aber er wird dir gegen die Akuma nicht nützen. Oder hast du ein parasitäres Innocence, dass man nicht sieht?“, erwiderte Lavi, sie war ja wirklich süß, aber er wollte nicht, dass sie im Kampf irgendwelche Schwierigkeiten bekommt. „Nein. Das ist doch meine Waffe und mit meinem Glauben hat es doch gar nichts zu tun.“, entgegnete die junge Frau lachend. Lavi sah sie verwirrt und ungläubig zugleich an. „Du wirst es sehen, sobald wir gegen die Akuma kämpfen.“, sagte sie noch und lief voraus. Kanda sah den Blondschopf ebenfalls misstrauisch an. Ein kleines Holzkreuz als Waffe? Alberner geht es wohl nicht, dachte er und belächelte ihre Versuche, Lavi davon zu überzeugen. Die kleine Gruppe kam immer näher zum Stadtzentrum, als um sie herum plötzlich keine Einwohner mehr da waren. „Eine Falle?“, Lavi sprach seinen Gedanken laut aus. Von Kanda hörte man nur ein genervtes „Tche“ und Mei machte sich kampfbereit. „Richtig gedacht, Exorzist!“, meldete sich nun ein Akuma zu Wort. Ein Level-Drei Akuma, wie sie erkannten und hinter ihm eine Armee von Level-Zwei und Level-Eins Akuma. Während die beiden jungen Männer ihre Waffen hervorholten und ihr Innocence aktivierten, zog sich die Exorzistin zurück. Lavi wollte gerade zu ihr, als er sie plötzlich nicht mehr sehen konnte. „Wo ist Mei-chan?“, fragte er und blickte zu seinem Freund. „Die Kleine ist wohl abgehauen. Und sie will ein Exorzist sein?“, schimpfte der Schwertkämpfer und beschwor sein zweites Schwert. Deswegen verlässt er sich nie auf andere, sie ist der beste Grund dafür, es gar nicht erst zu versuchen. Die Gruppe von Akuma stürzte sich auf die Exorzisten, hielte aber inne, als vor ihnen eine Gestalt in schwarzer Rüstung und Hellebarde landete. Lavi und Kanda schreckten etwas zurück und blickten wütend zu dem schwarzen Ritter, der sie mit seinen tiefroten leuchtenden Augen anstarrte. Noch ein Level-Drei Akuma? Kapitel 3: Gladys ----------------- Allmählich machte sich auch Kanda Sorgen, wie sollen sie zu zweit gegen zwei Level-Drei Akuma und diese Armee kämpfen und verfluchte die junge Frau, die einfach weggelaufen ist. Wenn sie zu feige ist, gegen die Dämonen zu kämpfen, dann soll sie zuhause bleiben und ihre Gruppe nicht in Gefahr bringen. „Ich bringe die Kleine um, wenn ich sie in die Finger bekomme!“, schimpfte der Schwertkämpfer. „J-Jetzt sei mal nicht so, Yuu. Wir können ja versuchen irgendwie abzuhauen und Verstärkung zu rufen. Wenn es nur die zwei Level-Drei Akuma wären, wäre es ja kein Problem. Aber diese Armee hinter ihnen, bereitet mir etwas Sorge.“, erwiderte Lavi und versuchte seinen Freund irgendwie zu beruhigen. Die Hände der beiden Exorzisten verkrampften sich um ihre Waffen, als die Dämonen-Armee auf sie stürmte und der schwarze Ritter seine große Hellebarde erhob. Lavi wollte einen Schritt zurücksetzen, aber diese blutroten Augen der seltsamen Gestalt lähmten ihn vor Angst, er war kein gewöhnlicher Level-Drei Akuma und machte sich dafür bereit mit seinem Luft-Siegel sie irgendwie so abzulenken, damit sie von hier verschwinden konnten. Beide trauten ihren Augen nicht, als der Ritter mit einer Schwung seine Hellebarde hinabsausen ließ und eine gewaltige Rauchwolke auslöste. Dieser verdammte Dämon raubte ihnen nun jegliche Sicht und tauchte plötzlich vor ihnen auf. Reflexartig schlug Kanda mit seinem Schwert auf ihn, doch dieser machte keine Anstalten seinem Angriff auszuweichen oder ihn abzublocken und der Schwertkämpfer wusste auch warum, als seine Klinge von dieser pechschwarzen Rüstung abprallte. „Was bist du?!“, schrie er die Gestalt zornig an. Der Ritter schmunzelte mit seiner tiefen verzerrten Stimme und wandte sich von ihnen ab. Ihre Gegner kamen immer schneller auf sie zu und der Ritter erkannte, wie die jungen Männer fliehen wollten, als er Lavis Hammer zurückschlug. „Fürchtet ihr euch?“, fragte er mit seiner verzerrten Stimme. Eine tiefe und dunkle Stimme, die Lavi eine Gänsehaut am ganzen Körper bereitete. „Sagt, habt ihr Angst?“, fragte er erneut. „N-Natürlich nicht!“, erwiderte der Rotschopf schließlich, stammelte aber etwas. Nun steckten sie in großen Schwierigkeiten, vor ihnen die Akuma-Armee und dazu noch dieser seltsame Ritter, der sie nicht gehen ließ. „So ist es Recht. Ein wahrer Krieger hat vor Nichts und Niemanden Angst!“, schrie die Gestalt in der Rüstung beide Exorzisten zornig an. Hinter ihm holte der Level-Drei Dämon zum Schlag aus und traf ins Nichts, denn bevor er den schwarzen Ritter treffen konnte, wich er diesem aus. Die seltsame Person lief auf die Armee zu und lachte wie ein Irrer, als er mit seiner Hellebarde die Akuma niederstreckte. „Jetzt, Yuu!“, rief er seinem alten Freund zu und nutzte den kurzen Moment um von dort abzuhauen. Sie legten einige Meter hinter sich, als sich der Ritter ihnen wieder in den Weg stellte und seine Waffe gegen sie erhob. „Ein ehrenhafter Krieger entzieht sich niemals einem Kampf!“, erklärte er und starrte beide wütend an. „Wir sind auch keine ehrenhaften Krieger!“, erklärte Lavi verärgert. Lieber wäre er für heute ein Feigling, als ein Toter und zog damit Yuus Unmut auf sich. „Nenn uns deinen Namen, wenn du ein ehrenhafter Krieger bist.“, murmelte Kanda und musterte sein Gegenüber streng. „Wie du wünschst. Mein Name ist Gladys, merke ihn dir gut.“, antwortete der Ritter und lachte leise. Obwohl seine Stimme so verzerrt war, wurde sein Klang immer klarer. „Bist du denn ein Freund oder Feind?“, fragte der Rotschopf, er mochte es ganz und gar nicht, dass sich Kanda nun auf seine Seite stellte. „Such es dir aus.“, erwiderte Gladys, als er auf ihn zulief und seine Hellebarde erhob. Der Dunkelhaarige zückte sein Schwert und auch sein Freund machte sich dafür bereit, seinen Angriff abzublocken, doch es kam gar nicht erst dazu. Er sauste an ihnen vorbei und rammte seine Klinge in den Dämon, der sich von hinten anschlich. Lavi könnte seinen erleichternden Seufzer nicht zurückhalten und wandte sich der Armee zu. „Für diesen Kampf, kann ich euer Freund sein.“, erklärte der Ritter. Wenn man sein Gesicht sehen könnte, würde man bestimmt ein teuflisches Grinsen sehen, dachte der Schwertkämpfer. Irgendetwas stimmte nicht mit diesem Typen, aber er wusste noch nicht was es genau war. All die Level Eins Akuma wurden von ihnen vernichtet, als wären sie einfache Puppen. Obwohl alles glatt lief, fühlten sich Lavi und Kanda sehr unwohl, an der Seite dieses Wesens zu kämpfen. Nein, es war kein normales Wesen, es war das reinste Monster! Der Inbegriff des Wahnsinns. Gladys war wie im Blutrausch, als er einen Dämon nach dem anderen aufspieß oder entzwei schlug und das war etwas, dass Lavi Angst machte. Er konnte sich kaum auf den Kampf konzentrieren, weil sein Irres Gelächter ihn immer ablenkte. „Ignorier ihn und konzentrier dich auf den Level-Drei Akuma!“, rief ihm Kanda zu, da ihm seine Unachtsamkeit auffiel. Ihm gefiel es auch nicht, wie dieser Ritter auf die Gegner einschlug, aber er war ganz froh ihn nicht zum Feind zu haben. Der Kampf zog sich zwar lange hin, aber zu dritt besiegten sie sämtliche Dämonen. „Wir haben es geschafft.“, ächzte Lavi und stützte sich an seinem Hammer ab. Er war mit seinen Kräften am Ende, aber immerhin waren alle am Leben. Beide Exorzisten wandten sich zum gehen ab, als sie ein ungutes Gefühl überkam und schließlich zurückblickten. Sie hörten wieder dieses unheimliche Lachen, das immer wahnsinniger wurde. „Was ist so lustig?“, fragte Kanda ungeduldig. „Kommen wir nun zu euch, Meister Exorzist.“, murmelte er. Der Schwertkämpfer sah zu seinem Freund, der seinen Blicken fragend erwiderte. „Das Herz meines Meisters, war sonst immer zielstrebig. Mein Meister, ist der ehrenhafteste Krieger der ich je zu Gesicht bekam.“, fing Gladys an. Sein Lachen ließ nach und wurde von einem ernsten, fast wütenden Unterton ersetzt. „Ja und?“, erwiderte der Asiate und hielt sein Mugen direkt griffbereit. „Ihr habt das Herz meines Meisters zerstört und dafür werde ich euch bestrafen.“, erklärte der finstere Ritter schließlich. „Aber wir kennen deinen Meister doch gar ni-.“, warf Lavi ein, unterbrach sich aber, als er auf den Exorzisten neben ihm los ging. „Der ehrenhafteste Krieger, wird immer von einem ehrenhaften Krieger verteidigt!“, brüllte er zornig und schlug immer wieder auf den jungen Mann ein. Seine Schläge waren äußerst kräftig und Kanda bekam immer größere Probleme damit, diese abzublocken. „Spüre die lodernden Flammen meiner Seele!“. Mit diesen Worten, wurde die Klinge der schwarzen Hellebarde in noch schwärzeren Flammen eingehüllt. Der Schwertkämpfer konnte seinem Schlag nicht ausweichen, wurde aber trotzdem nicht von ihm getroffen. Seine Waffe sauste einfach durch ihn hindurch, der Ritter torkelte an ihm vorbei und fiel auf die Knie. „Argh … Meister.“, ächzte er und stürzte letztendlich zu Boden. Etwas erleichtert blickte Kanda nach hinten und starrte auf seine schwarze Rüstung, die sich allmählich auflöste. Er war nicht der Einzige, der das Geschehnis nicht verstand und erstarrte vor Schreck, als er den Körper erkannte, der sich bis vor kurzem in der stählernen Rüstung befand. Mei dort liegen zu sehen, machte ihn unglaublich wütend. Sie war also der schwarze Ritter, dachte er und riss sich unglaublich zusammen, ihr nicht an den Kragen zu gehen, als sie sich wieder aufrichtete. Wie konnte sie einfach die Kontrolle über ihr Innocence verlieren, fragte er sich. „Es … Es tut mir so leid.“, murmelte die junge Frau und blickte beschämt zu Boden. „Deine Entschuldigung kannst du dir sonst wo hin stecken!“, brüllte er sie an und verließ den Platz. „Mei-chan! Bist du in Ordnung? Geht es dir gut?“, fragte Lavi aufgeregt und half dem Blondschopf wieder auf die Beine. Dass sie die Kontrolle verlor, konnten sie nun nicht mehr Rückgängig machen, aber wie Kanda wütend sein, konnte er auch nicht. Der Exorzist war einfach froh, dass es ihr gut ging. „Ja. Ja, es geht mir gut.“, antwortete sie leise und sammelte das schwarze Holzkreuz auf, das zu ihren Füßen lag. Es war ihre erste richtige Mission und sie hat es gleich richtig vermasselt. Still liefen sie nebeneinander her, bis sie ihre Unterkunft erreichten, in der sie zuletzt übernachteten. Der Rotschopf wollte ihr Zimmer gerade wieder verlassen, als sie ihn zurückhielt. Sie hatte unglaubliche Schuldgefühle, das hätte niemals passieren dürfen. „Ich wollte das nicht.“, flüsterte sie und biss sich auf die Unterlippe, um nicht den Kampf gegen ihre Tränen zu verlieren. Seufzend setzte sich Lavi neben ihr und legte vorsichtig seine Hand auf ihre. „Ich stand irgendwie neben mir und konnte nicht länger eingreifen. Nachdem ich einige der Akuma vernichtet habe, waren meine nächsten Angriffe wie ferngesteuert. Ich konnte meine Waffe nicht mehr so lenken, wie ich das wollte.“, erklärte Mei mit zittriger Stimme. Sie verstand doch selbst nicht, wie das passieren konnte. Ihr Innocence hat die Hellebarde geführt, nicht sie selbst. Selbst ihre Stimme und ihre Worte, wurden von ihm übernommen. Lavi führte seine Hand zu ihrem Kopf und strich behutsam darüber. Er wusste von Timothy, dass das Innocence ein Eigenleben haben kann, aber in dieser Art, hat er das noch nie erlebt. „Mei-chan.“, murmelte er. Die junge Frau sah fragend zu ihm hoch. „Ich verstehe ja, dass du um deinen Bruder trauerst. Aber du siehst, was passiert, wenn du darin ertrinkst.“, fuhr Lavi nachdenklich fort. „I-Ich … weiß nicht.“, erwiderte sie nach kurzem zögern. Ihr Herz hämmerte gegen ihren Brustkorb und sie schluckte, als sie an die andere Möglichkeit dachte. „Kanda-san, meinte … er meinte, dass mein Bruder seinen Tod nur vorgespielt hat. Um von mir wegzukommen, weil ich ihn so sehr an mich gebunden habe.“, erklärte Mei, nahm das schwarze Holzkreuz in die Hand und hielt es fest. Der junge Mann stöhnte auf, nun verstand er die Worte ihres Innocence und ließ sich auf das Bett zurückfallen. „Du lässt dich wirklich von ihm verunsichern? Niemand kennt deinen Bruder besser als du, Mei. Du solltest es doch am besten wissen.“, antwortete er und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf. Als er seine Augen schloss, erinnerte er sich wieder an den blutüberströmten Ritter und seinen Wahnsinn. „Mei.“. Die junge Frau blickte zu ihm und sah seinen ernsten Blick. „Weißt du, was für ein Innocence du da hast?“, bei seiner Frage schluckte sie kurz und wandte ihren Blick zur Seite. Sie hat alles gesehen. Die Art, mit der Gladys gekämpft hat, machte ihr doch selbst Angst, aber nur deswegen würde sie ihr Dasein als Exorzist nicht aufgeben wollen. Die Zentrale hat ihr aber auch nicht viel über das Innocence erzählt, nur dass es ein Ausrüstungs-Innocence ist und sie sich nicht von seinem Aussehen täuschen lassen soll. „Innocence, erwache.“, hörte der junge Bookman ihr Murmeln und schreckte auf. Schwarze Banden schossen aus dem Holzkreuz und hüllten nach und nach, jedes Körperteil der jungen Frau, bis sie von Kopf bis Fuß bedeckt ist. Mit einem Schlag war sie in ihrer Rüstung. „M-Mei?“, der Rotschopf starrte sein Gegenüber erschrocken an. „Sollte ich jemals erneut die Kontrolle verlieren, töte mich!“, erklärte sie mit verzerrter Stimme. „Rede nicht so einen Unsinn und deaktiviere dein Innocence.“, erwiderte er und wollte auf sie zugehen, wenn ihn diese blutrot stechenden Augen nicht ansehen würden. Er wusste, dass Mei ihn ansah und trotzdem wurde er das Gefühl nicht los, das er beim blutrünstigen Ritter von vorhin spürte. Ihn lähmte die Angst, auch von ihm angegriffen zu werden. Wenn Kanda sich schon so schwer tat, würde er erst recht verlieren. „Lavi?“, rief sie nach ihm und trat einen Schritt auf ihn zu. Das klappernde und scheppernde Geräusch der schweren Eisenrüstung, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren und er aktivierte reflexartig sein Innocence, das er schützend vor sich hielt, als sie ihren Arm nach ihm ausstreckte und ihn direkt wieder zurückzog. Bei seinem Angsterfüllten Blick erhöhte sich Meis Herzschlag, nun war es soweit, dass er sich auch noch vor ihr fürchtete. Wieder schepperte es, als sie ihren Arm schlaff neben sich fallen ließ, erschrocken darüber, dass sie einen neugewonnenen Freund gleich wieder vertrieb und löste ihre Verwandlung auf. Lavi deaktivierte sein Innocence direkt und sah, wie sie einem Blick auswich, als er zu ihr blickte. Mei hatte es verbockt, wie sie immer alles verbockt, wenn ihr Bruder nicht da ist. Sie hatte damals nur ihn und in der Zentrale hatte sie sich auch nur auf die Ausbildung konzentriert. Wirkliche Freunde, hatte sie bisher noch nie. Die junge Frau biss sich auf die Unterlippe und lief Hals über Kopf aus dem Hotelzimmer hinaus. Lavi wäre ihr am liebsten direkt hinterhergelaufen und trotzdem blieb er dort stehen, an dem Punkt, an dem er bisher die ganze Zeit gestanden ist, ohne sich einen Millimeter zu rühren. Kapitel 4: Der Racheplan ------------------------ Mei wusste überhaupt nicht wohin sie lief, ihre Beine trugen sie irgendwohin. Zu einem Ort, an dem sich hoffentlich, all ihre Probleme lösen – wenn es denn so einen Ort gäbe. Außer Atem hielt sie auf einer Brücke, die über einen Fluss führte und sie stützte sich an dem leicht rostigen Stahlgelände ab. Obwohl sie sich ständig die Tränen aus den Augen wischte, kamen immer wieder neue nach. „Hilf mir, Yuu-nii.“, flehte sie leise. Er wüsste bestimmt einen guten Rat, dachte sie. Ihr Griff um das Gelände wurde nur fester, verkrampfte sogar etwas. „Wieso hast du mich alleine gelassen?!“, schrie sie in die Dunkelheit hinaus. Wieso konnte er im Kampf nicht aufpassen, dann wäre er noch am Leben, dachte sie und kniff ihre braunen Augen zu. „Verzeih mir.“. Die junge Exorzistin riss ihre geschlossenen Augen wieder auf und erstarrte zu Stein. Diese Stimme, sie gehörte definitiv zu ihm! Zögerlich drehte sie sich um und sah vor sich eine bekannte Person. „Y-Yuu?“, flüsterte Mei. Sie konnte nicht glauben, dass er wirklich vor ihr stand und führte ihre Hände zu seinem Gesicht. Sie könnte seine Haut fühlen, seine Wärme spüren und blickte in seine blauen Augen, die sie immer so liebevoll angesehen hatten. Zuerst dachte sie an einen Traum, an ein Hirngespinst, aber alle Zweifel verflogen, als seine Hand ihre nahm und sie gegen seine Wange drückte. „Aber du bist doch-. Das kann doch nicht sein.“. Ihr Herz hämmerte gegen ihre Brust, als würde es jeden Moment hinausspringen wollen. Die Zentrale sagte doch, dass er tot sei, wie konnte er dann vor ihr stehen, fragte sie sich. Ihre Gedanken waren das reinste Chaos, trotzdem fiel sie ihm um den Hals und vergrub ihr Gesicht in seiner Brust. Selbst sein Duft war derselbe, der Duft von Lotus. „Mei, du musst mir jetzt gut zuhören.“, fing er an und strich über ihr langes blondes Haar. „Hm?“. Sie glaubte, seine Stimme fast vergessen zu haben, aber sie war genauso wie in ihren Erinnerungen. Seine sanfte und tiefe Stimme, die sie immer in den Schlaf gesungen hatte. „Die Zentrale hat Recht, ich bin wirklich tot.“. Die junge Frau zuckte zusammen und blickte nun erschrocken zu ihm hoch. „A-Aber, du stehst doch vor mir. Du bist doch echt und keine Illusion. I-Ich kann dich doch anfassen und deine Wärme spüren. Wieso? Ich verstehe nicht-.“, stammelte sie und nahm seine Hände in ihre. Sie waren doch aus Fleisch und Blut, wie konnte er trotzdem tot sein? „Es ist eine Ausnahme, damit ich dich um etwas bitten kann.“, erklärte er und lächelte wehmütig. „Du hast eine Bitte? Was ist es denn?“. „Du musst die Zentrale-. Nein, den gesamten Orden vernichten.“. Meis Herz schlug ihr wieder bis zum Hals, sie hatte das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen. „Wieso-.“ „Weil sie mich getötet haben. Ich will, dass du dich an ihnen rächst. Wenn du das für mich tun könntest, dann könnte ich endlich in Frieden ruhen.“, Yuuki unterbrach sie und sah die Exorzistin vor sich ernst an. „Selbst wenn ich wollte, ich könnte es gar nicht! Ich bin ein Exorzist mit niedrigem Rang und ich habe auch nicht die Kraft dafür, es mit allen Exorzisten und der Zentrale aufzunehmen!“, erwiderte sie aufgeregt. „Du weißt genau, dass das nicht stimmt. Gladys ist sehr mächtig, er konnte diesen Schwertkämpfer bezwingen. Der Orden wimmelt nur von diesen schwachen Exorzisten, deswegen wollten sie dich. Du bist mächtig, du wirst sogar von ihnen gefürchtet.“. Mei schluckte, als sie an Lavi dachte. „Mei. Vernichte sie und dann kann ich bestimmt wiedergeboren werden. Oder willst du nicht, dass wir wieder zusammen sein können?“, fragte der Blondschopf und musterte sie misstrauisch. „N-Nein! Natürlich will ich wieder bei dir sein! Aber-.“. Yuuki legte einen Finger auf ihren Lippen und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. „Kein aber. Ich weiß genau, dass du stark genug bist. Räche mich, Mei und wir können wieder zusammen sein.“, sagte er noch und fing an sich aufzulösen. „Geh nicht! Lass mich nicht alleine!“, flehte die junge Frau und wollte ihn wieder packen, als sie nur in die Leere griff. „Ich bin immer bei dir und werde dich unterstützen.“, hörte sie sein Flüstern neben ihrem Ohr. „Was tust du hier? Und mit wem hast du gerade gesprochen?“. Kanda stand direkt hinter ihr und sah, wie sie aufschreckte. Mei wischte sich noch einmal durch ihr Gesicht und drehte sich mit einem breiten Lächeln zu ihm. „Ich führe manchmal Selbstgespräche und ich darf doch wohl einen Spaziergang machen.“, erwiderte sie. Der Blauhaarige musterte sie streng, ihre Augen waren noch rot unterlaufen, weil sie so viel geweint hat. „Was ist denn?“. Mei sah seinen strengen Blick auf sich ruhen und starrte eisern in seine braunen Augen. Dieses Mal würde sie sich nicht von ihm unterbuttern lassen und machte sich auf seine harschen Worte gefasst. Sie würde sich schon irgendeinen guter Konter einfallen lassen. Stille herrschte zwischen den jungen Erwachsenen, als Kanda ein Lächeln aufsetzte und mit seinem Schmunzeln das Schweigen durchbrach. Der Blondschopf sah ihn fragend an. „Ich muss schon sagen, bisher hatte sich noch niemand getraut mir so Standhaft in die Augen zu blicken.“, erklärte er. Ihre braunen Augen waren vor Überraschung geweitet, er hatte dasselbe Lächeln wie Yuuki und wandte überfordert ihren Blick von ihm ab. Er hoffte auf ihre Unterstützung, aber sie wusste noch nicht, ob sie ihm diese Bitte erfüllen könnte. „Morgen früh, werden wir erneut ins Stadtzentrum gehen und nach dem Innocence suchen. Schließlich wurden wir heute davon abgehalten, daher erwarte ich, dass du dein Innocence unter Kontrolle bekommst.“, sagte er noch und lief an ihr vorbei, ehe er noch kurz stehen blieb. „Ich wollte dich vorhin nicht so anschreien, Mei.“. Die junge Frau glaubte, dass ihr Herz für einen Moment ausgesetzt hätte. Ihr ganzer Körper spannte sich an und ihre Hände waren zu Fäusten geballt. Sie öffnete ihren Mund leicht, da sie etwas sagen wollte, stattdessen biss sie die Zähne zusammen und warf einen Blick zurück. Wieso konnte er sie nicht einfach weiterhin fertig machen, dann wäre ihr die Entscheidung viel leichter gefallen. Aber so, konnte sie sich einfach nicht gegen Lavi und ihn stellen. Noch nicht. Würde sie sich überhaupt gegen sie stellen, fragte sie sich und schloss ihre Augen. Das Plätschern des Flusses, beruhigte sie etwas. „Ich muss den passenden Moment abwarten, Yuu-nii.“, murmelte sie vor sich hin und öffnete ihre braunen Augen wieder. Ihr Blick war entschlossen. Entschlossen sich gegen den Orden zu stellen. Mei würde alles für ihren Bruder tun, nachdem dieser sie ganz alleine groß gezogen hat und ihr die Familie ersetzt hat. Sie stand tief in seiner Schuld und diese würde sie begleichen, egal welchen Preis sie dafür bezahlen müsste. Obwohl die Herbstzeit in Spanien nie besonders kalt, sondern eher angenehm warm war, war die heutige Nacht richtig kalt. Mei schlang sich ihre Arme um den Körper, als der Wind ihr um die Ohren blies und sie lief los. Wenn sie nicht schnell zum Hotel zurückgeht, dann würde sie sich sicher erkälten und sie wollte Yuuki nicht noch weitere Sorgen bereiten. Der Blondschopf schloss ihr Zimmer auf und lief zuerst ins Bad. Nachdem sie sich mit einer Dusche aufgewärmt hat und kletterte in das große weiche Bett. Das Holzkreuz, das auf der Kommode neben ihr lag, nahm sie in ihre Hand und strich behutsam darüber. „Du wirst mir doch hoffentlich dabei helfen, Yuu-niis Wunsch zu erfüllen. Oder, Gladys?“, flüsterte sie und seufzte schwermütig. Sie wusste immer noch nicht, wie sie das anstellen sollte. Wie sie gegen Lavi, Kanda, Linali, Komui und Jerry kämpfen könnte. Alle anderen Exorzisten und Mitarbeiter würden bestimmt genauso freundlich sein wie sie. Und die Zentrale hatte sie auch gut behandelt. Mei zog ihre Beine an ihren Körper und legte ihren Kopf auf die Knie. „Weil sie mich getötet haben.“. Seine Worte spukten ihr durch den Kopf. Wäre der Orden wirklich dazu in der Lage, ihre eigenen Exorzisten zu töten? Mei legte das Holzkreuz wieder auf die Kommode, schlüpfte unter die Decke und blickte noch aus dem Fenster hinaus, ehe sie einschlief. „Beschütze sie.“. Kanda fand sich in einem großen Feld mit Lotusblumen wieder und sah in alle Himmelsrichtung, um die Person ausfindig zu machen, die mit ihm sprach. Als er sich umdrehte, stand eine Person in seiner Ordensuniform vor ihm. Aber sein Gesicht war nur eine schwarze Fläche. Er hatte nur eine weiße Mondsichel im Gesicht, die man als Mund oder als Lächeln erahnen könnte. „Beschütze sie.“, wiederholte er. Seine Stimme klang wie die von Kanda und er sah die Gestalt mürrisch an, ehe er sein Mugen zog und es ihm an den Hals hielt. „Wen meinst du?“, fragte der Schwertkämpfer und musterte ihn streng. Dieser Typ trug die Uniform eines niedrigen Ranges. „Sie wird manipuliert und ich kann ihr nicht helfen.“. „Von wem sprichst du!“, brüllte Kanda nun. Er hasste nichts mehr, als wenn sich Personen so dermaßen unklar ausdrücken, wie diese vor ihm. Er kannte viele Frauen und auch alle könnten manipuliert werden. Die Gestalt legte seine Hand auf die Schulter des Blauhaarigen und löste sich mit einem Lächeln wieder auf. „Hey, warte!“. Der junge Exorzist wollte ihn aufhalten und griff nur in die Leere. Wütend rammte er sein Schwert in den Boden und schnalzte verärgert. Wie sollte er jetzt dieser Person helfen, wenn er ihm nicht sagt wer es ist. Kanda öffnete seine Augen und richtete sich verwirrt auf. Er hatte nur geträumt, aber selbst dieser einfache Traum war Grund genug für eine schlechte Laune am Morgen. „Guten Morgen, Yuu!“, riss ihn Lavis helle Stimme aus seinen Gedanken und er durchbohrte ihn augenblicklich mit zornigen Blicken. „S-Sag mal, hast du bei deinem gestrigen Spaziergang zufällig Mei-chan getroffen?“. Der Schwertkämpfer sah sein verlegenes Lächeln und er erkannte auch die Sorge in seinem grünen Auge. Er zischte verärgert und raufte sich die Haare, als er aus dem Bett aufstand und Richtung Bad lief. „Der Kleinen geht es gut.“, antwortete er noch, ehe er das Badezimmer betrat. Der Rotschopf seufzte erleichtert. Er hatte sich bisher noch nicht getraut, an ihrer Tür zu klopfen, wenn sie ihn überhaupt noch sehen wollte. Aber er nahm sich vor, sich bei ihr zu entschuldigen und fasste seinen Mut zusammen. Lavi stand auf und lief zur Tür. Als er diese öffnete, fiel ein kleiner weißer Zettel auf den Boden, den er verwundert aufhob. Nachdem er diesen auffaltete und das Geschriebene las, wurde er mit einem Schlag blass. „Yuu! Yuu, mach auf! Wir müssen sofort los!“, rief er und hämmerte wild gegen die Badezimmertür. Mit einer Zahnbürste im Mund, öffnete Kanda die Tür und warf seinem Kameraden einen Blick zu, der nichts Gutes verhieß. „Mei-chan. Sie ist alleine losgezogen! Sie will alleine gegen die Akuma kämpfen und das Innocence holen!“, erklärte er aufgeregt. Der Asiate sah ihn erschrocken an, warf die Zahnbürste ins Waschbecken und schnappte seine Jacke, bevor er mit Lavi das Hotel verließ. Auf dem Weg ins Stadtzentrum kamen sie an jeder Menge Akuma-Leichen vorbei, die jungen Männer erhöhten ihr Lauftempo und hofften darauf, dass sie noch am Leben war. Die Schreie der Dämonen, sagten ihnen, dass sie schon ganz in der Nähe waren und stoppten, als sie die bekannte schwarze Rüstung sahen. Sie streckte den letzten Akuma nieder, ehe sie das gefundene Innocence an sich nahm und in die Knie ging. Schwer atmend stützte sich Mei mit ihrer Hellebarde ab und drückte das hellleuchtende Objekt fest an sich. „Mei-chan?“. Lavis Stimme ließ sie aufschrecken und sie drehte sich erfreut um. Aber jegliche Freude verflog, als sie ihre entsetzten Gesichter sah. „Hier! Ich habe das Innocence gefunden!“. Sie streckte ihnen das Objekt entgegen. „Mei-chan. Wie konntest du-. Wie konntest du diese Zahl von Gegnern ganz alleine bezwingen?“, fragte der Rotschopf schließlich erschrocken. Zu ihrem Glück konnten sie ihr Gesicht wegen dem Helm nicht sehen und sie hielt kurz inne, als sie an den Kampf zurück dachte. „Gladys. Du hilfst mir doch dabei. Bei der Rache an den Orden?“. Mei hielt das schwarze Kreuz fest in ihrer Hand. „Natürlich Meister. Euer Weg ist mein Weg und Eure Entscheidung ist auch meine Entscheidung.“, hörte sie seine tiefe Stimme durch ihren Kopf hallen. Sie atmete tief ein und blickte entschlossen auf das Stadtzentrum vor ihr und seiner Akuma-Armee im Inneren. „Innocence, erwache.“. Das Kreuz leuchtete auf und beschwor schwarze Banden, die sich um ihren Körper legten und die pechschwarze Eisenrüstung formten, in der sie kämpfte. Mit ihrer Hellebarde in der rechten Hand stürmte sie los. Dieser Kampf gegen die Dämonen, soll ihr zeigen, wie mächtig Gladys wirklich ist. Sie stellte sich Roms Kardinale vor und durchschlug einen Akuma nach dem anderen mit ihrer Waffe. „Hinter Euch, Meister!“. Mei holte einen Papiertalisman hervor und beschwor ein Schild hinter sich, das den Angriff abblockte. Mit einem Schwung rammte sie die Spitze der Hellebarde in den Dämon hinein und holte direkt zum nächsten Angriff aus, als sie es wieder hinauszog. „Wir sind ein wirklich gutes Team, Gladys.“, murmelte die junge Frau und enthauptete den Level-Zwei Akuma vor sich. Ein Lächeln zierte ihre Lippen, als sie ihr Innocence lachen hörte. „Den Rachefeldzug werdet Ihr mit Leichtigkeit führen.“, erwiderte der Ritter. Mit einem Satz zurück, wich sie einem Geschoss der Dämonen aus. Allmählich atmete sie schwer und sie hatte noch eine große Anzahl an Gegnern vor sich. „Der Orden besteht leider nicht aus schwachen Akuma.“. Mei versuchte ihre Atmung zu stabilisieren, als sich ihre Beine plötzlich wie von selbst bewegten. „Ein ehrwürdiger Krieger kann sich keine Ruhepause gönnen, Meister. Kämpft bis zum bitteren Ende!“. „Gladys, ich kann nicht mehr! Und es sind noch so viele Akuma übrig.“, jammerte sie und kniff die Augen zusammen, als ein Akuma zum Schlag ausholte. Ehe sie sich versah, wurde er von der Hellebarde zurückgeschlagen und anschließend von der Klinge halbiert. „Kämpft, Meister! Kämpft für Euren Bruder!“. Ihre Gliedmaßen bewegten sich wie bei einer willenlosen Puppe, sie wurde von Gladys geführt, ihre Hellebarde wurde von ihm geführt, obwohl sie keine Kraft mehr hatte. Mei fiel gar nicht auf, als sie den letzten Akuma vernichtete. Sie kam erst wieder zu sich, als sie etwas Leuchtendes bei ihm fand. Das Innocence. Erleichtert griff sie dorthin und nahm das Objekt an sich. Gemeinsam hatten sie es geschafft. „Ich-. Ich wollte das von gestern wieder gut machen. Außerdem bin ich ein ehemaliger CROW, d-das war kein großes Problem für mich, alleine gegen diese Armee zu kämpfen.“, beantwortete sie Lavis Frage und lachte verlegen. Sie deaktivierte ihr Innocence und blickte mit ihren braunen Augen zu den beiden Exorzisten. Umso überraschter war sie dann, als der Rotschopf sie plötzlich umarmte. Vor Schreck fiel ihr das Innocence aus der Hand und es rollte noch leicht über den Boden. „Ich habe mir solche Sorgen gemacht. Ich dachte, du würdest sterben, wenn wir nicht rechtzeitig da gewesen wären.“, flüsterte er und drückte sie eng an sich. Hör auf! „Und ich wollte mich wegen gestern entschuldigen!“, sagte Lavi noch. Wieso machte er es ihr so schwer? Als sie zu Kanda blickte und sein erleichtertes Lächeln sah, schlug ihr Herz ihr bis zum Hals und raubte ihr die Luft zum atmen. Wieso, dachte sie nur und kniff ihre Augen zusammen. Sie tat ihr Bestes, um die aufkommenden Tränen zurückzuhalten, aber sie verlor den Kampf. Wie soll sie gegen diejenigen kämpfen, die sie lieb gewonnen hat? Kapitel 5: Eine Einheit oder auch nicht --------------------------------------- Der sonst so dunkle Berg, wurde in den rötlichen Farben der Morgensonne getaucht, als die drei Exorzisten ihre Abteilung erreichten. Alle waren erschöpft, nicht nur von der extrem langen Zugfahrt, aber auch von der Mission und nun mussten sie ihren Bericht abliefern. Kanda holte das Innocence hervor, das sie in Madrid sichergestellt hatten und opferte sich freiwillig um Komui von ihrer Rückkehr und der erfolgreich verlaufenen Mission zu berichten. Doch er wurde aufgehalten, als sein Mantel von irgendetwas festgehalten wurde. Es war Meis Hand und sie blickte mit einem müden Lächeln zu ihm hinauf. Sie hatte richtig dunkle Augenringe und sah eher so aus, als würde sie jeden Moment zusammenklappen. Anscheinend hat sie während der Fahrt überhaupt nicht geschlafen. „Ich mache das schon. Außerdem möchte ich es ihm lieber selbst sagen.“, erklärte sie. Der Schwertkämpfer musterte sie streng, auf jeden Fall würde er am Nachmittag zu ihrem Abteilungsleiter gehen und sich erkundigen, ob sie ihm wirklich alles erzählt hat. Mei hatte die Kontrolle über ihr Innocence verloren und ihn angegriffen, das durfte unter keinen Umständen noch einmal passieren. Er würde höchstpersönlich dafür sorgen, dass sie dementsprechend bestraft wird. Im schlimmsten Fall würde er sie vielleicht auch-. Was dachte er da? Nein, im schlimmsten Fall würde sie zu einer Gefallenen werden und um die Unschuldigen zu beschützen, wird er sie dann töten müssen. Ächzend legte er das leuchtende Objekt in ihre Hand und wandte sich anschließend zu Lavi. Dieser befand sich bereits im Halbschlaf und bekam gar nichts mehr mit. Genervt zog er den Rotschopf mit sich. Mei winkte ihnen noch nach und seufzte betrübt, als sie aus ihrer Sicht verschwanden. Nachdenklich begutachtete sie das Innocence in ihrer Hand, so sah also ihre eigentliche Form aus. Ihr Blick wanderte zu dem schwarzen Kreuz, das an ihr hing und seufzte erneut, als sie sich auf dem Weg zu ihrem Abteilungsleiter machte. Wie sollte sie ihm das überhaupt sagen? Wie würde er reagieren? Würde er wütend oder enttäuscht sein? Würde er sie bestrafen? Würde er ihr das Innocence wieder wegnehmen? Dieser Schwermut, machte ihr richtig zu schaffen. Sie war sonst immer alles andere als schwermütig. Die junge Frau war immer diejenige, die nach vorne sah, optimistisch war, anderen Mut machte und ihr eigenes Leben akzeptierte, so wie es war. Sie wollte nie wie diejenigen sein, die den Schatten der Vergangenheit nachtrauern und sich von ihnen bestimmen lassen. Aber seitdem sie die europäische Abteilung betrat, wirkte ihre Stimmung leicht depressiv. Da Kanda ihrem Bruder so ähnlich war, nicht nur äußerlich, sondern auch vom Charakter her, dachte sie beinahe rund um die Uhr an ihn. Jetzt ließ sie sich von ihrer Vergangenheit bestimmen und manipulieren. Sie muss sich aus ihrem alten Muster selbst befreien. Sie ist kein Kind mehr und wollte nicht länger, die hilflose und von anderen abhängige Mei sein. Nach kurzem Zögern klopfte sie an und betrat Komuis Büro. Er war in irgendwelchen Unterlagen vertieft und bemerkte seinen Besuch erst, als sie vor ihm stand. „Oh, Mei! Ich hoffe du hast gute Neuigkeiten für mich. Dieser Bericht raubt mir den letzten Nerv.“, ächzte der junge Mann und warf den Stapel beiseite. „Naja. Eine gute und eine eher schlechte Nachricht habe ich für Sie. Die gute Nachricht ist, dass Lavi, Kanda-san und ich die Mission erfolgreich ausgeführt und das Innocence gefunden haben.“, fing sie mit einem gequälten Lächeln an und legte das leuchtende Objekt auf den Papierhaufen, vor dem Abteilungsleiter. Dieser nickte zufrieden, sah sein Gegenüber aber ernst an. Die schlechte Nachricht kam ja noch, hoffentlich wurde keiner von ihnen schwer verletzt sein, dachte er. Gerade Kanda gehörte zu seinen besten Männern. Mei schluckte und wich seinem Blick aus. „Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll.“. Sie hatte so eine schreckliche Angst vor seiner Reaktion und vor den Konsequenzen. „Sag es einfach. Es wird hier niemandem der Kopf abgerissen.“, erwiderte er und versuchte ihr wenigstens etwas Mut zu machen. Ihre braunen Augen blickten schuldbewusst in seine, ihre Hände griffen unterbewusst zu dem Kreuz und hielten es ganz fest. „I-Im Kampf gegen die Akuma. Ich … Ich habe die Kontrolle über mein Innocence verloren und … und Kanda-san angegriffen.“, gestand sie schließlich. Mei zitterte am ganzen Körper und Tränen sammelten sich in ihren Augenwinkeln, als sie seinen Blick ernster werden sah. „Hm. Verstehe. Das ist natürlich schade.“. Mei starrte ihn entsetzt an. „Schade?! I-Ich hätte ihn schwer verletzen können. Wenn sich mein Innocence nicht von alleine aufgelöst hätte, dann wäre er vielleicht-!“, erwiderte sie aufgeregt und unterbrach sich selbst. Sie wollte es nicht aussprechen. „Dein Innocence ist ein Ausrüstungs-Typ. Diese Typen von Innocencen sind nur schwer kontrollierbar, es passiert immer wieder, dass ein Exorzist die Kontrolle verliert. Bisher ist aber nie etwas Ernstes passiert. Und um Kanda-kun zu töten, braucht es mehr, als ein unkontrolliertes Innocence!“. Komui schlug einen rauen Ton an und sah die junge Frau eindringlich an. „Ja, aber-.“ „Unterschätze die Exorzisten des schwarzen Ordens nicht, Mei.“, unterbrach er sie und stand nun auf. „W-Werden Sie mich jetzt bestrafen?“. Wieder wich sie seinem Blick aus und starrte den Boden vor ihren Füßen an. „Bestrafen? Weder werde ich dich bestrafen, noch dir dein Innocence wegnehmen. Daran dachtest du doch, oder?“. Der Blondschopf blickte überrascht zu ihm hoch und sah sein gequältes Lächeln. „Es ist schwer Innocence-Kompatible zu finden, außerdem gehört das zum Exorzisten-Dasein dazu. Deine Schuldgefühle sind Strafe genug.“, erklärte er und stellte sich vor die junge Exorzistin. „Sollte das aber öfters passieren, werde ich mir wohl eine Strafe einfallen lassen müssen.“. Komui wuschelte durch ihre dunkelblonden Haare und lächelte, als sie wieder zu ihm hoch blickte. „Ich werde an mir arbeiten!“, erwiderte Mei entschlossen und verabschiedete sich von dem Abteilungsleiter. Seufzend lief sie durch die dunklen Flure des Ordens. Mit dieser Sache konnte sie jetzt fürs Erste abschließen, aber die andere lag ihr noch schwer im Magen. „Du musst die Zentrale-. Nein, den gesamten Orden vernichten.“, erinnerte sie sich an seine Worte und seufzte wieder schwer. Wie sollte sie das überhaupt anstellen? Sie könnte wohl schwer, nach Rom fahren und dort mit ihrem Innocence alle Kardinäle töten. Diejenigen töten, die sich um sie gekümmert haben, das könnte sie gar nicht übers Herz bringen. Und gegen Lavi und Kanda konnte und wollte sie auch gar nicht kämpfen. Aber ihrem Bruder diese Bitte abschlagen, nach all dem was er für sie getan hatte, wie sollte sie das tun können? Mei machte kehrt und rempelte dabei jemanden an. „Ich bitte um Verzeihung!“, sagte sie hastig und verbeugte sich. Verwundert blickte sie hoch, als sie ein bekanntes Lachen vernahm und erkannte Lenalee. Die Person, mit der sie zusammenstieß, kannte sie noch gar nicht. „Warst du so in Gedanken versunken? Ich habe die ganze Zeit nach dir gerufen, Mei.“. Das Grinsen der Grünhaarigen wurde nur breiter, als sie ihr verlegenes Lächeln sah. „Ihr kennt euch noch gar nicht, nicht wahr? Allen, das ist Mei.“, das Mädchen stellte beide einander vor und kicherte leise. „Allen Walker, freut mich sehr.“, erwiderte der junge Exorzist und streckte seinem Gegenüber die Hand entgegen. „Toyama Mei.“. Die junge Frau nahm seine Hand in ihre und lächelte leicht. Von ihm ging eine angenehme Aura aus, eine Aura der Ruhe. Außerdem hatte er etwas Vertrauenswürdiges an sich, zumindest strahlten das seine graublauen Augen aus. „Hast du schon gefrühstückt? Wir sind auf dem Weg in die Cafeteria.“, fragte Lenalee und musterte die Ältere leicht. Sie sah ziemlich blass und ausgelaugt aus. „Nein. Ich werde mich fürs erste etwas schlafen legen. Ich habe die Fahrt über kein Auge zugemacht.“, antwortete Mei und lächelte beide entschuldigend an. „Hm. Möchtest du uns später in die Stadt begleiten? Wir sollen für Komui-nii-san, einige Dinge besorgen.“. Die Chinesin ächzte leicht, zum Glück wollte Allen ihr dabei behilflich sein. Alleine hätte sie die Sachen wohl nicht hierherschleppen können. „Sehr gerne. Ich werde in der Cafeteria auf euch warten.“, antwortete sie und verabschiedete sich von den beiden Exorzisten. Sie wollte nur noch ins Bett. In ihrem Zimmer angekommen, warf sie sich auf ihr weiches Bett und vergrub ihr Gesicht in das große Kissen. „Du musst die Zentrale-. Nein, den gesamten Orden vernichten.“. Obwohl Yuukis Stimme durch ihren Kopf hallte, war sie so leise, dass sie sie überhörte und Mei kurz davor war einzuschlafen. „Vernichte sie!“. Die Exorzistin schreckte auf, seine Worte waren diesmal so klar und deutlich, als wäre er neben ihr gestanden. Nachdem sie einmal tief ein- und ausatmete, legte sie sich wieder hin und schloss ihre Augen. Sie hatte sich alles nur eingebildet. Er ist tot, er kann gar nicht mit ihr reden. Er war nicht real. Seine Worte waren nicht real! „Mei, du musst den Orden vernichten!“. Überfordert hielt sich die junge Frau die Ohren zu, sie wollte von all dem nichts mehr hören. „Hör auf.“, wimmerte sie und verkroch sich unter die Decke. Wie ein kleines Kind, das sich vor dem Monster ihrer Albträume fürchtete, zitterte sie am ganzen Leib und wünschte sich an einem fernen Ort zu sein. Fern von allem, dass sie an ihn erinnert. „Du musst sie vernichten! VERNICHTEN!“. „Bitte, hör auf!“, schrie sie und setzte sich auf. Erschrocken wischte sie sich durchs Gesicht, sie durfte in so einem Moment nicht weinen. Dann würde er erst recht nicht von ihrer Seite weichen. „Ich kann nicht. Ich kann mich nicht von denen abwenden, die sich um mich gekümmert und mir ein zuhause gegeben haben.“, murmelte sie. Wütend schwang sie die Beine aus dem Bett und eilte in die Cafeteria. Dann würde sie eben alles Erdenkliche tun, um sich abzulenken. Hauptsache, sie ist nicht mehr alleine und muss sich mit den Stimmen aus der Vergangenheit auseinandersetzen. Obwohl Lavi im Bett lag und eigentlich nur schlafen wollte, ließ ihm die Sache mit Gladys keine Ruhe. Er machte sich Sorgen um die Exorzistin und hatte ein schlechtes Gefühl bei ihrem Innocence, außerdem verhielt sie sich seit dem Kampf gegen die Akuma seltsam. Der Rotschopf setzte sich auf und überlegte, ober es tun sollte oder nicht. Soll er über ihr Innocence recherchieren oder nicht? Zuerst müsste er dafür herausfinden, woher sie es überhaupt hat. Er packte seine Jacke und lief aus seinem Zimmer. Mei würde es ihm mit Sicherheit sagen, wenn er sie fragen würde, dachte er und machte sich auf dem Weg in ihr Zimmer. Aber als er daran klopfte, schien sie entweder schon tief und fest zu schlafen, oder nicht da zu sein. „Mei, ich bin es. Bitte mach auf, ich muss dich etwas Wichtiges fragen!“, rief er durch die Tür. Stille. Komui sollte als Abteilungsleiter eigentlich Bescheid wissen, überlegte er und wandte sich zum gehen ab. Nachdem sie mit dem Boot durch einen Untergrundweg nach außen gelangten, war es bis zur Stadt nicht mehr weit. Das Trio müsste nur noch durch den Wald und dann wären sie da. Das Stadtzentrum erreichten sie schnell, nachdem die Provinzstadt nicht besonders groß war. Dafür war es ziemlich voll dort und es hatte auch einen Grund, denn scheinbar hielten die Bewohner ein kleines Fest ab. Hier und da waren kleine Stände mit Essen oder Süßwaren, Spielstände und Anderes. „Anscheinend ist heute ein Fest.“, lachte Lenalee. „Wenn wir die ganzen Dinge rasch besorgen, können wir uns hier vielleicht noch kurz umsehen.“, schlug Allen vor und sah beide jungen Frauen fragend an. Die Grünhaarige nickte eifrig und zog den Jungen mit sich. Mei hingegen hatte ihre Aufmerksamkeit woanders und als sie zu den beiden Exorzisten wieder blickte, waren sie plötzlich weg. Verwundert lief sie durch die Menschenmasse und hoffte darauf, dass sie noch nicht weit kamen, doch sie fand die beiden nirgends. Seufzend blieb sie stehen und sah sich weiterhin um. „Na toll. Gut gemacht, Mei.“, murmelte sie genervt vor sich hin. Sie ist das erste Mal in dieser Stadt und den Weg vom Tunnel hier her hatte sie sich auch nicht eingeprägt. „Kommen Sie, junge Frau. Kommen Sie nur und lassen Sie sich auch die Zukunft vorhersagen!“, hörte sie jemanden rufen und drehte sich verwundert zur besagten Person. Ein älterer Mann, mit Flyer in der Hand, winkte sie zu sich und drückte ihr einen der Werbezettel in die Hand. „Lulu-sama, wird Ihnen die Zukunft vorhersagen können. Gehen Sie ruhig hinein!“. Warum eigentlich nicht, sie kam hier her um sich abzulenken, dachte sie und betrat das Zelt. Mit einem verräterischen Grinsen, verschwand der ältere Mann und die Flyer ließen sich von dem aufkommenden Wind durch die Stadt tragen. „Treten Sie näher und setzen Sie sich. Ich werde Ihnen die Zukunft voraussagen.“, ertönte eine jugendhafte Stimme. Dabei dachte sie immer, dass Wahrsagerinnen nur alte Frauen wären und setzte sich auf den freien Sessel. Zwei Kerzen standen flackernd auf dem Tisch vor ihr, in ihrer Mitte eine Kristallkugel und dahinter die Wahrsagerin. Obwohl sie einen Schleier trug und das Licht kaum vorhanden war, konnte sie eine junge Frau erkennen, von der sie interessiert gemustert wurde. „Aber bevor ich Ihnen die Zukunft voraussagen kann, müssen Sie diesen Tee trinken. Damit wird die Verbindung zu meiner Kristallkugel verstärkt und damit das Ergebnis präziser.“, erklärte sie und stellte ihr eine dampfende Tasse mit dem Getränk hin. Ein Tee um die Verbindung zu stärken, fragte sie sich und nahm die Tasse in ihre Hand. Sie sog seinen Duft ein, es war der Duft von zahlreichen Kräutern, die sie auch kannte und schien unbedenklich zu sein. Also nahm sie einen großen Schluck davon und stellte die Tasse wieder ab. „Sehr gut. Dann können wir mit der Weissagung anfangen. Ich kann schon etwas sehen. Ich sehe deinen Tod, Exorzist!“. Die junge Frau lachte hämisch, als Mei von ihrem Platz aufsprang und bewusstlos zu Boden fiel. „Das war ja zu einfach.“. Lulu blickte amüsiert zu dem Blondschopf und packte ihren ohnmächtigen Körper. Nachdem sie einen Raben in ihrem Zelt krähen hörte, dachte sie sich nichts dabei und wollte gerade verschwinden, als plötzlich eine Explosion sie nach hinten warf. „Das war zu einfach, Noah.“, erklang eine tiefe Stimme. Wütend sah sie auf, als sich der ganze Rauch lichtete und erblickte einen jungen Mann in einer Exorzisten-Uniform, der sie hämisch grinsend ansah. Als sich auch noch zwei weitere Exorzisten dazugesellten, trat sie widerwillig den Rückzug an. „Was ist hier los? Mei!“. Sofort kniete sich Lenalee zu der Exorzistin und nahm sie in ihre Arme. Fragend blickte sie zu dem Rothaarigen, der das Chaos hier verursacht hatte und sah ihn verärgert an. „Raphael, du hättest sie ernsthaft verletzen können!“, schimpfte sie. „Tch. Was hat die hier überhaupt zu suchen. Das war doch offensichtlich eine Falle.“, brüllte er. Allen legte eine Hand auf seine Schulter, um ihn zurückzuhalten, doch er riss sich nur von seinem Griff los, warf ihm einen giftigen Blick zu und wandte sich zum gehen ab. Der Weißhaarige seufzte, hob die immer noch bewusstlose Mei auf seinen Rücken und machte sich mit der Chinesin zum Untergrundtunnel auf. Es war schon dunkel als Mei wieder zu sich kam, auf den ersten Blick erkannte sie den Raum gar nicht. Sie wollte sich aufsetzen und sackte bei dem Versuch wieder ins Bett zurück, ihr Kopf dröhnte fürchterlich. Was ist überhaupt passiert, fragte sie sich. „Oberschwester, die Patientin ist zu sich gekommen.“, hörte sie jemanden aufgeregt sprechen. Im nächsten Augenblick erschien eine ältere Krankenschwester und setzte sich neben sie. Sie nahm ihren Arm und maß ihren Puls. „Wie fühlst du dich?“. „M-Mein Kopf schmerzt und mir ist schwindelig. Wo bin ich überhaupt?“, erwiderte Mei und sah die ältere Frau fragend an. Diese winkte nur eine jüngere Krankenschwester zu sich, flüsterte ihr etwas zu und wandte sich lächelnd wieder ihrer Patientin zu. „Mach dir keine Sorgen, mein Kind. Du bist im Orden, das hier ist der Aufwachbereich der medizinischen Abteilung.“, erklärte sie. Die Krankenschwester kehrte zurück und legte einige Medikamente und eine Karaffe Wasser, sowie einem Glas auf den kleinen Tisch neben dem Bett ab. „Nimm eine dieser Tabletten, dann wird es dir schnell wieder besser gehen.“. Sie reichte ihr eine der weißen Pastillen und das mit Wasser gefüllte Glas. Meis braune Augen wanderten von ihrer Hand, in der die Arznei lag, zu ihrem lächelnden Gesicht und wieder zurück. „W-Wenn ich wirklich im Orden bin, dann dürfte es kein Problem sein Komui-san zu rufen?“, fing sie unsicher an und musterte die ältere Frau. Sie lachte heiter auf. „Schwester! Bitte rufen Sie nach dem Abteilungsleiter und bringen Sie ihn her.“. Lächelnd sah sie wieder zur jungen Frau und legte das Glas und die Tablette auf die Seite. Zu ihrem Glück müsste sie nicht an ihren Verstand zweifeln, nachdem sie vorhin mit einem Betäubungsmittel außer Gefecht gesetzt wurde. „Oberschwester, Sie haben nach mir gerufen?“. Mei seufzte erleichtert, nachdem sie seine Stimme hörte, sie war wirklich im Orden. Vorsichtig richtete sie sich auf und blickte zu dem Dunkelhaarigen, der sie etwas besorgt musterte. „Entschuldigung, ich wollte nur sicher gehen, dass ich wirklich wieder im Orden bin.“, erklärte sie sein Kommen und lächelte gequält. Komui seufzte und setzte sich neben die ältere Frau. „Lenalee hat mir erzählt, was passiert ist.“. Sie wich seinem Blick aus und starrte beschämt auf ihre Hände, die auf ihrem Schoß lagen. Seitdem sie hier ist, bescherte sie allen nur Ärger. „Es tut mir leid.“, murmelte sie. „Du hast großes Glück gehabt, dass Raphael da war. Sonst würdest du in den Fängen der Noah sein.“, erwiderte er klagend, bemühte sich aber zu einem Lächeln. „Dann sollte ich mich wohl bei ihm bedanken.“. Bei ihren Worten versuchte er nicht in schallendes Gelächter auszubrechen und räusperte sich, als er ihren verwunderten Blick sah. Die Oberschwester sah ihn nur ermahnend an. „Das Einzige was du tun kannst, ist einen großen Bogen um Raphael zu machen.“, erklärte er. Mei verstand nicht was er meinte, wenn sie gerettet wurde, dann musste sie sich doch bedanken. „Na ja, eigentlich kannst du ihn gar nicht meiden. General Sokaro wollte dich in seiner Einheit haben, nachdem er von deinem Angriff auf Kanda-kun gehört hat. Raphael ist auch in dieser Einheit.“, fügte er noch niedergeschlagen hinzu. Eigentlich wollte er sie in eine ganz andere Einheit einfügen, einer, die sich um sie kümmert, ihr hilft und ihr Dinge beibringen kann. Aber Winters Sokaro bestand darauf und nun war sie in der Berserker-Einheit, wie sie von allen Abteilungsmitgliedern genannt wird. „Dann muss ich mich erst Recht bedanken!“. Mei wollte gerade aufstehen und sich auf die Suche nach ihrem Teammitglied machen, als sie von der Oberschwester mit strengem Blick wieder ins Bett zurückgedrückt wurde. „Nicht so schnell. Du wirst noch diese Nacht unter meiner Beobachtung bleiben. Du hattest nicht nur Betäubungsmittel im Blut, sondern durch die Explosion auch noch eine leichte Gehirnerschütterung!“, schimpfte sie. „Was für eine Explosion?“. „Eine von Raphaels Fähigkeiten.“, antwortete Komui und verließ den Raum. Er musste mit Sokaro noch einmal reden, er konnte sie doch nicht mit diesen beiden zusammentun. Genervt nahm Mei eine der Tabletten ein und blickte zur Tür, wo die Oberschwester von jemanden aufgehalten wurde. „Aber nicht lange. Sie muss sich schonen!“, sagte sie streng und ließ die Person in den Raum hinein. Es war Lavi, der sich direkt neben ihr Bett hinsetzte und sie erleichtert ansah. „Dieser Kotzbrocken ist doch zu etwas Nütze. Wie geht es dir?“. Der Rotschopf musterte sie besorgt, fand aber sein Lächeln wieder, als er sie lachen sah. „Es geht wieder. Aber es wäre nett, wenn du mein Teammitglied nicht so nennen würdest.“, erwiderte sie. Lavi lachte und nickte. Im nächsten Moment sah er sie erschrocken an. „Eh? Teammitglied? Das ist ein guter Witz.“. Sie konnte das doch gar nicht ernst meinen, dachte er und lachte wieder. „Das ist mein Ernst. Komui-san hat mir gerade gesagt, dass ich in General Sokaros Einheit komme.“. Dem jungen Mann fiel alles aus dem Gesicht und er wurde kreidebleich. „D-Dann muss ich mit ihm reden. Du kannst doch nicht in die Gruppe der Spinner! Das ist lebensgefährlich in ihrer Nähe zu sein!“, erwiderte Lavi aufgebracht. „So schrecklich können sie doch gar nicht sein, wie Komui-san und du sie darstellt.“. „Mei-chan! General Sokaro ist eine unberechenbare und emotionslose Killermaschine. Raphael ist ein kaltblütigerer und unangenehmerer Zeitgenosse als Yuu und das soll schon etwas heißen! Halte dich von ihnen fern! Ich muss dringend mit Komui reden!“. Mit diesen Worten sprang der Rotschopf auf und verließ das Zimmer in Windeseile. Die junge Frau sah ihm lächelnd nach, auch wenn sie ihre Sorge um sie süß findet, würde sie viel lieber ihr eigenes Bild von ihrem Team machen. Am nächsten Morgen wurde sie von der Oberschwester entlassen, nachdem sie von ihr noch einmal komplett untersucht wurde. Nachdem sie diese Nacht nicht von ihrem Bruder träumte, fühlte sie sich wesentlich besser. Unterwegs fragte sie die Leute, die ihr entgegen kamen, nach Raphael. Doch diese blieben nur kurz stehen, sahen sie entrüstet an und gingen kopfschüttelnd ihren Weg weiter. „Ah, Lenalee-san!“, rief sie nach der Chinesin, als sie sie erblickte und lief zu ihr. „Guten Morgen, Mei! Geht es dir wieder besser?“. „Dir auch einen guten Morgen und ja, es geht mir wieder besser. Kannst du mir bitte sagen, wo ich Raphael-san finde?“. Lenalee sah sie überrascht an, sie hat ja viele Fragen erwartet, aber diese? „Wieso suchst du Raphael?“. „Ich wollte mich bei ihm bedanken und ihn auch schon etwas kennenlernen, nachdem ich jetzt in General Sokaros Einheit bin.“, erklärte sie und sah sie etwas ungeduldig an. „Ich halte das für keine gute Idee, Mei.“. Wieso konnte ihr Bruder den General nicht davon überzeugen, dass sie nicht die Richtige für seine Einheit ist, fragte sie sich. „Bitte.“. Die Grünhaarige sah ihren bittenden Blick und gab schließlich nach. Sie würde ja doch nicht aufgeben, egal wie oft man ihr sagt, sie sollte es sein lassen. „Er ist in der Cafeteria. Er hat rotbraunes Haar und eine Tätowierung im Gesicht, das wie eine kleine Flamme aussieht. Du wirst ihn sofort erkennen.“. Mei strahlte sie an, verbeugte sich und lief an ihr vorbei. Hoffentlich würde nichts passieren, dachte sie noch und sah ihr betrübt nach. Voller Vorfreude betrat sie die große Cafeteria und sah sich um. Schließlich fand sie ihn endlich und lief zu dem jungen Mann hin, der gerade alleine an einem Tisch, ganz hinten im Raum, sein Frühstück aß. „Guten Morgen! Du musst Raphael-san sein.“, begrüßte sie ihn mit einem breiten Lächeln. Er führte die Gabel gerade zu seinem Mund, als er durch ihre Anwesenheit inne hielt und genervt zu ihr hoch sah. Mei sah ihn genau an, das Rot seiner kurzen abstehenden Haare war dunkler als das von Lavi, es war mehr ein stark rötliches Braun, mit einem Seitenpony und jeweils einer langen einzelnen Strähne an den Seiten seines Gesichts. Auf seiner linken Wange zierte eine Tätowierung, die kleine Flamme von der Lenalee sprach, seine leicht gebräunte Haut. Seine braunen Augen funkelten sie wütend an. „Ich wollte mich bedanken, du hast mich schließlich gerettet. Und ich stehe jetzt auch unter General Sokaro.“, erklärte sie ihr Anliegen. Raphael legte das Besteck ab und sprang verärgert auf, sodass Teller und Besteck klirrten und die Aufmerksamkeit aller im Raum auf sich zog. „Du bist also die bescheuerte Göre, die mir gestern meinen Auftrag versaut hat?“. Mei sah ihn fragend an und zuckte zusammen, als sie plötzlich von ihm am Hals gepackt wurde. „Diese Pest habe ich jetzt also im Team? Wenn du mir noch einmal in die Quere kommst, wirst du das nächste Mal nicht mehr so glimpflich davonkommen!“, brüllte er zornig. Der Blondschopf sah ihn erschrocken an. „Starr mich nicht so dümmlich an, du kotzt mich jetzt schon an.“. Mit diesen Worten stieß er sie unsanft zurück und verließ die Cafeteria. Fassungslos führte sie ihre Hand zu ihrem Hals, sein Griff war richtig fest und schmerzte immer noch. Er meinte das wirklich ernst. Kapitel 6: Zum Scheitern verurteilt ----------------------------------- Aufgelöst war sie auf dem Weg zu Komui, um mit ihm und General Sokaro zu reden. Sie wollte nicht mit so jemandem im Team sein, denn wenn der General genauso drauf war wie er, würde sie definitiv nicht in ihr Team passen. Als sie an Komuis Tür klopfen wollte, hielt sie inne. Wieso rannte sie bei dem kleinsten Problem zu Komui, fragte sie sich. Wieso rannte sie weg und suchte nach einem Weg mit dem geringsten Widerstand? „Du bist also die bescheuerte Göre, die mir gestern meinen Auftrag versaut hat?“, erinnerte sie sich an seine Worte. Verständlich, dass er sauer war, wenn sie seine Pläne durchkreuzt hat. Wer wäre das denn nicht? Der Blondschopf drehte sich um, dann würde sie sich eben bei ihm entschuldigen und ihm anbieten, ihn bei der Mission zu unterstützen. Dafür war ein Team schließlich da. Neuen Mutes lief sie also los, machte sich auf die Suche nach ihm, aber weit kam sie nicht, als sie um eine Ecke bog, in jemanden hinein lief und zu Boden stürzte. Mit schmerzverzerrtem Gesicht richtete sich auf und blickte entschuldigend zu der Person hoch, mit der sie zusammenstieß. „Tch. Hast du keine Augen im Kopf?“. Raphaels wütende Stimme zauberte ein verlegenes Lächeln in ihr Gesicht. „Entschuldige, aber zu dir wollte ich sowieso.“, erwiderte sie und stand ächzend auf. „Hat dir meine Ansage von vorhin etwa nicht gereicht?“. „Es tut mir leid, dass ich dir in deiner Mission dazwischengefunkt habe. Ich würde das gerne wieder gut machen und dich unterstützen. Schließlich sind wir ein Team.“. Mei sah mit einem unsicheren Lächeln zu ihm hoch. „Kein Bedarf. Ich arbeite alleine, denn ich habe keinen Bock darauf, den Babysitter für dich zu spielen.“, antwortete er genervt und lief an ihr vorbei. „Warte! Ich werde niemandem zur Last-.“. Sie griff nach seinem Ärmel und zog ihn etwas zurück, als sie sich vor Schreck unterbrach. Raphael stieß sie gegen die nächstgelegene Wand und packte sie am Kragen. „Pack mich noch einmal an und ich mach dich kalt. Die Nummer zieht vielleicht bei den Pfeifen von Lavi und Kanda, aber bei mir nicht.“, drohte er und blickte ihr zornig in die Augen. Ihre braunen Augen starrten erschrocken in seine, sie fühlte sich wie gelähmt. Sie merkte auch nicht, wie ihre Hände sich wie von Geisterhand bewegten, den jungen Mann packten und ihn zu Boden warfen. „Es tut mir so schrecklich leid!“. Erschrocken eilte sie zu ihm und wollte ihm wieder auf die Beine helfen, als er ihre Hände wütend wegschlug. „Das wirst du bereuen!“. Wütend sprang er auf und raste auf den Blondschopf zu, doch sie wich alle seine Schläge aus. In einem unachtsamen Moment nahm sie seine Hand und drehte diese hinter seinen Rücken. Entsetzt über sich selbst, ließ sie ihn direkt wieder los und starrte auf ihre Hände. Was hatte das zu bedeuten, fragte sie sich und blickte wieder zu dem Rothaarigen. Die Zentrale hatte ihr doch immer gepredigt ihre Fähigkeiten nur im Kampf gegen Akuma einzusetzen. Nein, das waren nicht einmal ihre Kampffertigkeiten als Crow, das waren ganz andere Bewegungen. „So ist das also. Hast du keinen Mumm, ohne dein Innocence zu kämpfen, du feige Ratte?“. Mei sah ihn verwirrt an. „Idiot, du bemerkst es noch nicht einmal, wenn dein Innocence dich lenkt. Was für ein Versager.“, fügte er noch hämisch lachend hinzu. Ein schallendes Geräusch ertönte durch die Hallen des Ordens. „Das war jetzt ich.“, erwiderte sie und sah ihn ernst an. Ungläubig führte er eine Hand zu seiner Wange, die allmählich rot anlief. Er war kurz davor ihr ebenfalls eine zu verpassen, als ihr Blick ihn für einen kurzen Augenblick verunsicherte. „Wer ist hier eine feige Ratte? Ist Gewalt deine einzige Lösung? Kannst du dich nicht mit Worten ausdrücken, wie ein ganz normaler Mensch?“. Mei sah ihn streng an und war in diesem Moment froh darum, Maras und Yuukis damaligen Streit mitbekommen zu haben. „Ist Gewalt deine einzige Lösung? Kannst du dich nicht mit Worten ausdrücken, wie ein normaler Mensch?“. Der Laut einer Ohrfeige und die wütende Stimme einer jungen Frau, brachten Mei verwundert dazu, nach draußen zu gehen. Eine wunderschöne blonde Frau stand vor ihrem großen Bruder Yuuki. Dieser hielt sich die Wange und sah sie verärgert an. Im ersten Moment noch verwirrt, sah sie eine weitere Person am Boden liegen. Auch ein Exorzist, wie sie an seiner Uniform erkennen konnte. „Dieser verdammte Idiot, hat es doch nicht anders verdient.“, erwiderte Yuuki und wollte sich gerade von ihr abwenden, als sie ihn am Kragen packte. „Willst du gleich noch eine? Ich warne dich, treib es nicht zu weit!“, brüllte sie ihn an. Mei lief verwundert zu ihnen, sie kannte diese Frau gar nicht. „Nii-san? Wer sind diese Leute?“, fragte sie schüchtern und erhielt verwunderte Blicke der jungen Erwachsenen. „Tch.“. Der Schwertkämpfer riss sich von ihrem Griff los, warf dem am Boden liegenden Mann einen wütenden Blick zu und lief zu dem Mädchen. „Sie sind auch Exorzisten, lass uns reingehen.“. „Tch. Spiel dich bloß nicht auf.“, erwiderte er wütend und lief an ihr vorbei. Als er aus ihrer Sichtweite war, stieß sie ihren angehaltenen Atem aus. Ihre Knie zitterten immer noch und ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Das hätte auch nach hinten los gehen können, dachte sie noch. Mei lächelte, hoffentlich ist Yuuki ebenso stolz auf sie, wie sie selbst. Eine Hand auf ihrer Schulter hinderte sie in ihrer Bewegung und sie warf einen fragenden Blick zurück. „Halt. Raphael sollte dich eigentlich zu Komui mitnehmen. Aber so wütend wie er war, habe ich dann nichts mehr dazu gesagt.“. Reever stand hinter ihr und sah sie lächelnd an. „Wir hatten eine kleine Meinungsverschiedenheit. Deshalb ist er schlecht gelaunt.“, erklärte sie und folgte dem Mann zu Komuis Büro. Sie sah Komui und Raphael, außerdem war ein maskierter großwüchsiger Mann bei ihnen. „Tch.“, der Rotschopf wandte sich genervt ab, als er Mei auf sie zukommen sah. „Das ist General Winters Sokaro. General, das ist Toyama Mei.“, der Abteilungsleiter stellte sie einander vor. Die junge Frau verbeugte sich vor dem General und sah neugierig zu ihm hoch. Er war richtig riesig, sie reichte ihm gerade mal bis zur Brust. „Du bist also die Kleine, die Kanda angegriffen hat?“. Sein gehässiges Lachen war schon fast unheimlich. „Unbeabsichtigt. Ich habe die Kontrolle über mein Innocence verloren.“, antwortete sie und sah wieder schuldbewusst zu Komui, doch dieser blickte nur ungläubig zu dem General. „Keine Angst. Ich werde dir beibringen wie du dein Innocence kontrollieren kannst und-.“. „General Sokaro! Ich bin mir nicht sicher, ob Mei für Ihre Einheit geeignet ist. Sie war bis vor kurzem als Crow tätig und hat keinerlei Erfahrung mit Innocence.“. Komui fiel dem Mann ins Wort und sah ihn streng an. Der Ältere sah argwöhnisch zu dem Abteilungsleiter hinunter. „Oh? Sie sind sich also nicht sicher? Nun, ich bin dafür umso sicherer. Außerdem ist Raphael auch noch da.“, erwiderte er mürrisch. „Ich spiele sicher nicht den Babysitter für die Göre, General!“, mischte sich Raphael ein. „Schweig!“. Wütend schlug Sokaro mit der Faust auf den Tisch und musterte seinen Untergebenen streng. Mei zuckte bei der Lautstärke seiner Stimme zusammen und linste zu dem Rotschopf, der zähneknirschend seinen Blick zu Boden wandte. „G-General, ich möchte auch niemandem zur Last fallen. Als Crow habe ich kaum gegen Akuma gekämpft … ich hatte nur wenige Miss-.“. „Das wird kein Problem darstellen. Chief Komui, bitte teilen Sie meinen beiden Schülern die nächste Mission mit. Ich erwarte rasche und saubere Ergebnisse.“, unterbrach er sie und verließ das Büro. Mei sah dem General entsetzt nach, hatte sie hier denn kein Mitspracherecht? Komui seufzte und kramte in den Unterlagen auf seinem Tisch. Die, in einem braunen Umschlag geordneten, Dokumente, drückte er Raphael in die Hand. „In Rumänien ist ein seltsames Phänomen erschienen, es hat vermutlich mit Innocence zu tun. Geht dem bitte nach.“, erklärte er. Der junge Mann warf die Papiere wütend auf den Tisch, nachdem er einen kurzen Blick drauf geworfen hat. „Ich mach das alleine.“, erklärte er knapp und rauschte verärgert aus dem Raum. Der Abteilungsleiter seufzte schwer. „Wie du siehst ist es etwas schwer mit General Sokaro zu diskutieren. Es tut mir leid.“. „Sie können ja auch nichts dafür, Komui-san. Ich danke trotzdem.“, gab sie ratlos zurück und sammelte die Unterlagen zusammen, die durcheinander auf dem Tisch lagen. Mit einer Verbeugung verabschiedete sie sich und machte sich auf die Suche nach ihrem neuen Teammitglied. Seufzend lief sie durch den langen Flur, die Missionsunterlagen eng an sich gedrückt. Irgendwie hatte sie sich das Dasein als Exorzist ganz anders vorgestellt. Nicht so kompliziert. Und ihr Innocence schien immer noch außerhalb ihrer Kontrolle zu sein, sonst hätte Gladys sie vorhin nicht gelenkt. Ob Yuuki wohl auch solche Startschwierigkeiten hatte, fragte sie sich. Vielleicht könnte sie Lavi um einen Rat bitten, schließlich hatte er auch ein Ausrüstungstyp-Innocence. Sie suchte überall im Orden nach dem quirligen Rotschopf, doch er war unauffindbar. Zu ihrem Glück verteilte Lenalee gerade den Kaffee und rief aufgeregt nach ihr. „Du bist ja ganz außer Atem, was ist denn los?“. Die Grünhaarige sah sie fragend an, als sie schweratmend vor ihr stand und nach Luft rang. „Wo … Wo ist Lavi? Ich kann ihn nicht finden.“, stammelte Mei. „Hm, Lavi? Er hat vorhin den Orden verlassen, wegen einer Mission. Worum geht es denn?“. „Ich wollte ihn nach seinem Innocence fragen, weil ich immer noch Probleme damit habe.“. „Ah! Wenn du dich solange gedulden kannst, bis ich den Kaffee verteilt habe, dann kann ich dir auch helfen.“, antwortete sie mit einem breiten Lächeln. „Es ist eigentlich ziemlich dringend, Raphael und mir wurde eine Mission zugeteilt.“. Lenalee sah die junge Frau besorgt an, also konnte Komui nichts erreichen. „Dann frag Kanda-kun. Er sollte jetzt in der Trainingshalle sein.“, erwiderte sie nach kurzem überlegen. Die Chinesin sah ihr lächelnd nach, als sie sich verabschiedete und ging ihren Weg schließlich weiter. Stürmisch betrat sie die große Trainingshalle, die komplett leer war, bis auf einer Person in der hintersten Ecke. Mei erkannte die dunkelblauen Haare, den Zopf und das Schwert, das neben ihm lag. Mit leisen Schritten ging sie auf den jungen Mann zu und setzte sich neben ihn hin. Sie blickte zu ihm, er schien zu meditieren. Lächelnd schloss sie ihre braunen Augen und dachte an ihre Kindheit zurück, denn das meiste, was Yuuki in seiner Freizeit getan hat, war es zu meditieren. „Yuu-nii! Ließ mit mir die Geschichte von gestern weiter!“, quengelte das Mädchen und setzte sich vor ihrem Bruder hin. Er saß ruhig und hatte seine Augen geschlossen. „Schläfst du?“. Mit ihrer kleinen Hand wedelte sie vor seinem Gesicht herum, doch er reagierte nicht. „Yuuki-nii! Aufwachen!“. Mei kletterte auf seinen Schoß und zog schmollend an seinen Ärmeln. Als er sich immer noch nicht rührte, stand sie auf und beugte sich zu seinem Ohr. „Versuch es erst gar nicht.“, hörte sie seine tiefe Stimme, während sie gerade tief Luft holte und sah verwundert zu ihm. Seine blauen Augen ruhten auf ihr und er seufzte überfordert. „Hey!“. Verwundert öffnete sie ihre Augen und sah blinzelnd zu ihrer Seite. Kanda saß neben ihr und musterte sie argwöhnisch. „Ah, entschuldige. Ich wollte dich etwas fragen und bin mit meinen Gedanken wo anders gewesen.“, erklärte sie lachend. Der Dunkelhaarige ächzte genervt. „Was denn?“. „Hast du am Anfang auch Probleme damit gehabt, Mugen zu kontrollieren?“, fragte sie und blickte zu dem ihr nur zu bekannten Schwert. Kanda sah ihren wehmütigen Blick seiner Katana gegenüber und seufzte. „Eigentlich nicht.“. Wie sollte er ihr denn auch erklären, dass sein Innocence enger mit ihm verbunden ist, als es ein Ausrüstungstyp normalerweise ist, fragte er sich. Er hatte eher Probleme damit gehabt, sich mit dem Innocence überhaupt zu synchronisieren. „Ich habe jetzt bald meine nächste Mission und ich habe gehofft, dass Lavi mir einen Rat geben könnte, aber er ist ja selbst auf einer Mission. Eigentlich hätte es mir im Vorhinein klar sein sollen, dass du nie Probleme mit deinem Innocence hattest.“, erklärte sie und lächelte gequält. „Wie kommst du darauf?“, fragte er verwundert. „Ah. Nur so ein Gefühl.“. Der Blondschopf stand auf und wandte sich zum gehen ab. „Mei!“. Fragend sah sie zurück und sah, dass Kanda mit sich rang, seine nächsten Worte mit Bedacht zu wählen. Aber es hatte keinen Sinn, sie hatte das Recht, es zu erfahren, dachte er noch. „Es … gibt etwas, dass ich dir erzählen muss. Wenn du von deiner Mission zurückkehrst.“. Sie nickte lächelnd, winkte ihm noch zum Abschied und verließ die Trainingshalle. Seltsam, irgendwie war sie nicht mehr unsicher. Unsicher der Mission und Raphael gegenüber. Wenn Kanda und Yuuki ihr Innocence dazu bringen konnten, eins mit ihnen zu werden, dann sollte sie es doch eigentlich auch schaffen. In dieser Mission würde sie Gladys dazu bringen, ihr endlich zu gehorchen. Mei sah, wie Raphael mit seiner Tasche wohl auf dem Weg zum Ausgang war und lief ihm nach. „Raphael-san! Bitte warte auf mich. Ich habe meine Sachen noch nicht gepackt, aber ich werde mich beeilen!“, rief sie ihm nach. Er sah verärgert zu ihr zurück, blickte aber perplex auf die Unterlagen, die sie ihm in die Hand drückte. „Tch. Nervensäge.“, schimpfte er, doch sie schien es gar nicht mitbekommen zu haben, so schnell war sie auch wieder weg. In ihrem Zimmer angekommen, holte sie ihre Tasche aus dem Schrank und stopfte eilig ihre Anziehsachen hinein. Nur wenige Minuten später war sie endlich aufbruchbereit und hoffte darauf, dass ihr Teammitglied auf sie warten würde. Im Eingangsbereich war er schon mal nicht und trat aus dem Gebäude hinaus. Schließlich fand sie ihn, ungeduldig wartend. Raphael zischte wütend als er sie erblickte und lief los. „Was hast du eigentlich für ein Innocence?“. Sie erhöhte ihre Schrittgeschwindigkeit um mit ihm mithalten und auf seiner Höhe sein zu können. „Hör auf mich von der Seite anzuquatschen.“, erwiderte er nur knapp. Er hatte nie Lust auf sinnlose Gespräche, schon gar nicht mit einer Person, die ihr Innocence nicht unter Kontrolle hat. Er konnte immer noch nicht verstehen, wie General Sokaro darauf bestand diese Person in seine Einheit zu holen. Diese nutzlose Person, die seine Mission nur unnötig erschweren wird. Als sie den Bahnhof endlich erreichten, stiegen sie direkt in den richtigen Zug ein. Raphael betrat ein Abteil und schob die Tür zu, noch bevor die junge Frau hineintreten konnte. Leicht schmollend öffnete sie die Tür wieder, doch der Rotschopf versperrte ihr den Weg. „Was soll das denn? Lass mich doch rein.“. „Du bist echt schwer von Begriff. Ich habe keinen Bock darauf, mit dir in einem Abteil zu sein. Also lass mich in Ruhe.“, erklärte er genervt und schob die Tür wieder zu. Mei wollte zum nächsten Abteil, als sie kurz inne hielt. Schließlich ging sie zurück und betrat das Abteil. Auch wenn er sie wütend anstarrte, als sie sich ihm gegenüber setzte, würde er jetzt damit leben müssen. Sie waren ein Team, also würde sie ihn nicht in Ruhe lassen. „Du legst es echt darauf an.“. Mei sah fragend zu ihm und sah seinen allmählich immer zorniger werdenden Blick. „Wir sind ein Team. Finde dich damit ab, oder geh zum Orden zurück und versuch es noch einmal dich bei General Sokaro zu beschweren.“. Sie waren doch nicht im Kindergarten, dachte sie und schüttelte seufzend den Kopf. Raphael wurde rasend vor Wut, packte sie und stieß sie gegen die Abteilungstür. „Deine selbstgefällige Art kotzt mich an. Du glaubst auch, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben, du Versager.“. „Und mich kotzt es an, dass du niemandem eine Chance gibst. Nein, du wirst lieber gleich beleidigend oder gewalttätig. Wenn hier einer ein Versager ist, dann wohl du, indem du nicht in aller Ruhe reden kannst!“, konterte sie und sah ihn nun auch wütend an. Der junge Mann hielt inne und musterte sie kritisch. „Tch.“. Er ließ von ihr ab, packte seine Tasche und verließ das Abteil, nachdem er sie zur Seite gestoßen hat. Mei ließ sich auf den Platz fallen, zog ihre Knie an sich und vergrub ihr Gesicht darin. Das durfte doch alles nicht wahr sein. Sie hasste nichts mehr, als sich mit jemandem zu streiten, denn die Energie hatte sie für so etwas auch nicht. Im letzten Waggon angekommen, betrat er ein freies Abteil und warf sein Gepäck achtlos auf die Sitze. Genervt ließ er sich auf einen Sitz fallen und starrte wütend aus dem Fenster hinaus. Bisher hatte es noch nie jemand gewagt, sich mit ihm anzulegen und er wusste auch nicht mit dieser Art von Gegenwind umzugehen. „Wenn hier einer ein Versager ist, dann wohl du, indem du nicht in aller Ruhe reden kannst!“, erinnerte er sich an ihre Worte und verspürte das Bedürfnis irgendetwas kurz und klein zu schlagen. Gereizt schloss er seine Augen und lehnte sich zurück, als der Zug endlich losfuhr. Als er seine Augen wieder öffnete, erkannte er, dass sie schon bald in Rumänien sein würden und streckte sich ausgiebig. Lugoj war die Stadt, um die es in der Mission ging und diese würden sie in wenigen Stunden erreichen. Gähnend stand er auf und verließ das Abteil, um sich die Beine zu vertreten, als ihm auffiel, dass in dem Waggon und im nächsten keine Passagiere mehr sind. Wahrscheinlich würden sie im vorderen Zugteil sein, dachte er und lief weiter. Doch am Anfang angekommen, ist ihm kein anderer Passagier entgegengekommen. Auch waren alle Abteile leer. Er musste sich vertan haben, dachte er und lief die ganze Zuglänge noch einmal ab. Niemand. Keine Menschenseele, nicht einmal die nervige Göre war da. Wieder lief er die ganze Länge ab und riss wütend die Fahrertür auf. Kein Zugführer da, aber die Bahn fuhr noch. Was hatte das zu bedeuten? Raphael öffnete eine Luke über ihm und kletterte auf das Zugdach. Jetzt erst erkannte er, dass die Eisenbahn schwebte, sie waren nicht länger auf Schienen und der Raum um ihn herum war Regenbogenfarben. Die Mission raubte ihm jetzt schon den letzten Nerv, wie sollte er jetzt nach Lugoj kommen? Und wo ist die Nervensäge abgeblieben? „Tch.“. Er beschwor seine Feuerraben und schickte sie los. Er hatte keine Lust mehr, den ganzen Zug noch einmal abzugehen, um sie zu finden. Sie konnte doch nicht so bescheuert sein und bei der falschen Station ausgestiegen sein, dachte er wütend. Mei lief verloren durch den Zug und wunderte sich darüber, dass sich niemand mehr im Zug befand. Nicht einmal Raphael konnte sie finden. Aber bisher kam keine Durchsage über Lugoj, also konnte er auch nicht vorher ausgestiegen sein. „Raphael-san!“, rief sie laut. Es war zwecklos, dachte sie und seufzte. Als sie gerade die Tür zum nächsten Waggon öffnen wollte, brachte eine Explosion den Zug zum erschüttern und die junge Frau stürzte zu Boden. Aufgeregt rappelte sie sich wieder auf und eilte dorthin, nur um ein großes schwarzes klaffendes Loch zu sehen. Weder sah sie Gleise, auf die der Zug fahren sollte, noch sind sie entgleist. Was ging hier vor, fragte sie sich und drehte sich um, als im selben Moment jemand von oben vor ihr landete. Mit einem Aufschrei schreckte sie zurück und wäre beinahe in das schwarze Loch gefallen, wenn nicht etwas ihren Arm gepackt hätte. „Hier bist du, Idiot.“. Raphael hatte ihren Arm gepackt und zog sie zurück. „Was geht hier vor?“, fragte sie verwirrt. Der Exorzist beschwor weitere Feuerraben und schickte diese in das schwarze Loch hinein. „Was tust du da?“. „Ich glaube das Innocence ist daran schuld. Wenn wir hier heraus wollen, werden wir wohl da hindurch müssen.“. Mei blickte entsetzt auf das klaffende Loch, das konnte doch nicht sein Ernst sein. „A-Auf gar keinen Fall!“, erwiderte sie erschrocken, doch ehe sie reagieren konnte, wurde sie von dem jungen Mann gepackt und mit sich gezogen. Zusammen sprangen sie ins Ungewisse, dachte Mei und klammerte sich kreischend an den Rotschopf. „Idiot, halte gefälligst Abstand und schreie nicht so!“, schimpfte Raphael und versuchte sie von sich zu drücken. „Ich habe aber Angst!“, zeterte sie und klammerte sich fester an ihn. Der junge Mann sah sie missmutig an, wenn sie wenigstens eine üppige Oberweite hätte, dann könnte er es wenigstens genießen, so wie sie ihre Brust gegen seinen Arm drückte, dachte er und zischte genervt. Schließlich wurden sie in ein gleißendes Licht gehüllt und landeten wieder auf den Zug. Diesmal waren sie wieder in der Realität und vor ihnen eine Gruppe von Akuma. Der Blondschopf wollte etwas in Deckung gehen, damit sie ihr Innocence aktivieren konnte, schließlich dauerte es immer etwas, bis sie endlich in ihrer Rüstung ist und wunderte sich darüber, dass sie sich nicht wirklich bewegen konnte. Ein Blick verriet ihr auch warum – Raphaels Arm lag um ihren Bauch geschlungen und hatte sie damit fest im Griff. Ihr fiel überhaupt nicht auf, dass sie ihm so nah war. Dass er überhaupt so eine Nähe zuließ, verwundert sie. „H-Halte selber Abstand!“, murmelte sie verlegen und versuchte seinen Arm wegzudrücken, wenn er seinen Griff nicht noch mehr festigte. „Dummer Idiot, wenn ich dich jetzt loslasse, fällst du vom Zug. Ich hab keinen Bock darauf, dem Abteilungsleiter oder dem General zu erklären, warum du schwer verletzt oder gar tot bist.“, erwiderte er wütend. Ein zischendes Geräusch unter ihnen, ließ sie nach unten blicken. Das Metall vom Zugdach, leuchtete rötlich an der Stelle, auf der Raphael stand. Deswegen hatte er also keine Probleme damit auf dem fahrenden Zug zu stehen. „Kannst du die Akuma etwas hinhalten? Ich brauche ein wenig Zeit, bis mein Innocence aktiviert ist.“. Die junge Frau blickte fragend zu ihm und sah seinen ernsten Blick auf die Akuma haften. „Dann beeil dich, lange werden wir hier nicht stehen können.“, murmelte er und ächzte etwas. Der Rotschopf hielt seinen freien Arm vor sich gestreckt und machte sich dafür bereit ein Schild zu beschwören. Sie würden bestimmt jeden Moment angreifen. Mei nahm das schwarze Kreuz in ihre Hand und sprach die magische Formel zur Aktivierung, wodurch direkt breite schwarze Banden erschienen und nach und nach ihre Körperteile einhüllten. Sie war beinahe in ihrer Rüstung gehüllt, da kamen schon die ersten Plasmakugeln der Level Eins Akuma und prallten an dem Flammenschild des jungen Exorzisten ab. „Du kannst mich jetzt loslassen.“, kam es verzerrt von seiner Seite und sah fragend zu ihr. Sie war von Kopf bis Fuß in einer dunklen Eisenrüstung eingehüllt und hielt mit beiden Händen eine ebenso dunkle Hellebarde fest. Ohne zu zögern ließ er von ihr ab und konnte sich ein amüsiertes Grinsen nicht verkneifen, als sie nach vorne stürmte. „Macht euch auf die Suche.“, flüsterte er und beschwor drei Raben, die direkt losflogen. Irgendwo in diesem Zug muss sich ein Innocence befinden, dachte er und lief nach vorne. Ehe ein Akuma sie von hinten angreifen konnte, wurde dieser von zahlreichen Feuerbällen vernichtet. Nachdem Mei mehrere Akuma niedergestreckte hat, warf sie einen Blick zurück und erblickte den Rotschopf mit einem in Flammen gehüllten Schwert, womit er mit Leichtigkeit einen Dämon nach dem anderen zerstörte. Er hatte also sowohl offensive, als auch defensive Fähigkeiten. Kein Wunder, dass er bisher wunderbar alleine klar kam, dachte sie. Als sie von einer Explosion hinter sich weg gedrückt wurde, sah sie fragend zurück. Die Überreste eines Level Zwei Akuma schwebten noch in der Luft und ihr Teammitglied landete vor ihr. Aber er war doch eben noch weiter weg, dachte Mei und musterte ihn fragend. „Halte gefälligst deinen Fokus aufrecht. Tch, mit dir zu kämpfen ist nerviger als ich es erwartet habe und du warst mal ein Crow?“, schimpfte er genervt und vernichtete die letzten Akuma. Seufzend stellte er sich wieder zu der jungen Frau und sah sie streng an. Sie war ja noch ein totaler Anfänger, was das Kämpfen anging. Er hatte jetzt schon keine Lust mehr auf den Auftrag, dachte er verärgert und lief los. Durch die kleine Akuma-Gruppe hielt der Zug an, damit hatten seine Raben genug Zeit, um nach dem Innocence zu suchen und sie konnten schnell ihre Reise wieder aufnehmen. „Wo bleibst du, wir haben nicht den ganzen Tag-.“, fing er mürrisch an und unterbrach sich, um ihrem Schlag auszuweichen. Seine Laune war am Nullpunkt, musste sie ausgerechnet jetzt wieder die Kontrolle über ihr Innocence verlieren, fragte sich Raphael und starrte sie zornig an. Sie stellte seine Geduld wirklich auf die Probe. „Du nennst dich Exorzist? Gib dein Innocence an jemanden ab, der es kontrollieren kann. Es wird langsam lächerlich.“. „Sprich nicht so mit meinem Meister, du niederer Wurm!“, brüllte sie mit tiefer und klarer Stimme. Er wich ihren Schlägen aus und sah ungläubig zu ihr. „Wenn du glaubst, dass ich mich zurückhalte, dann irrst du dich.“. Der Rotschopf beschwor sein Schwert und stürmte auf sie zu. Gladys hatte große Mühe damit, seine Schläge abzublocken, denn seine präzisen Hiebe waren auch noch sehr schnell. Das hasste er an den anderen Exorzisten im Orden. Wenn es drauf ankam gegen Ihresgleichen zu kämpfen, weil sie die Kontrolle verloren haben, dann kneifen sie lieber und versuchen es auf die sanfte Tour. Als würden seine Worte in diesem Zustand noch zu ihr durchdringen. Freund war ein Wort, das er schon vor vielen Jahren aus seinem Wortschatz verbannte. Er brauchte keine Freunde. Sein Grinsen wurde nur teuflischer, als er die ersten Spuren an ihrer Waffe und Rüstung erkannte. Schließlich durchschlug er die Hellebarde und schlug sie mit dem nächsten Schwung zurück. Ein lautes schepperndes Geräusch erklang und die pechschwarze Eisenrüstung löste sich allmählich auf. „Du hast dir den falschen Gegner ausgesucht. Mein Feuer bringt absolut jedes Metall zum schmelzen.“, erklärte er und lief auf sie zu. Raphael erschrak, als er die schwere Brandwunde auf ihrem Bauch erblickte und hockte sich zu ihr. Das hat er nicht gewollt. Kapitel 7: Annäherung --------------------- Italien – Rom Lavi hat gelogen, was die Mission anging, nur dem Bookman hat er die Wahrheit gesagt. Er hat ein unglaublich schlechtes Gefühl, was Meis Innocence angeht und wollte mehr darüber erfahren. Seine Information konnte er nur vom Vatikan direkt bekommen, aber so einfach würden sie diese wohl auch nicht hergeben. Er betrat den Orden und sah sich dort etwas um, als ihm gleich einige Kardinäle ins Auge fielen. „Guten Tag. Mein Name ist Lavi und ich bin ein Exorzist aus der europäischen Abteilung.“, stellte er sich vor. Die zwei Kardinäle sahen ihn verwundert an. „Was können wir für Sie tun?“. „Es geht um einen ehemaligen Crow, Toyama Mei. Sie ist ja jetzt eine Kompatible, aber es gibt Probleme.“, erklärte er und musterte die Männer etwas kritisch. „Bitte folgen Sie mir. Im Besprechungsraum können wir in Ruhe darüber reden.“. Der Rotschopf nickte und folgte den Männern. Sie kauften ihm die Geschichte also ab, aber er sagte ja auch die Wahrheit, jedenfalls zum Teil. „Also, worum geht es genau?“. „Es treten bei Toyama-san seltsame Phänomene auf, auf die ich jetzt nicht genauer eingehen kann. Ich wurde von unserem Abteilungsleiter geschickt, um Informationen über das Innocence einzuholen.“. Die Kardinäle sahen sich kurz an, als würde sie seine Geschichte anzweifeln. „Wäre es vielleicht möglich in ihren Aufzeichnungen zu schauen und mit dem Ausbilder von Toyama-san zu sprechen?“, fragte er noch und sah die Männer eindringlich ein. „Ihr Abteilungsleiter hat sie also hergeschickt? Sie werden doch sicher nichts dagegen haben, wenn wir ihn kurz anrufen.“, erwiderte der Linke und stand auf. „Das wird nicht nötig sein. Ich habe hier ein Schreiben, das von ihm stammt.“, unterbrach er ihn und reichte ihm das Schriftstück. Der ältere Mann las ihn aufmerksam durch, aber bei dem Siegel, das am Ende des Briefes war, verflogen jegliche Zweifel. „In Ordnung. Mein Kollege wird sie ins Archiv führen und ich werde nach ihrem Ausbilder suchen.“. Mit einem zufriedenen Lächeln ließ er sich ins Dokumentenarchiv führen, der Alte hat den Brief richtig gut fälschen können, dachte er. Als er alleine gelassen wurde, machte er sich direkt an die Arbeit. Zu seinem Glück wurde er von zwei Findern begleitet, die ihm helfen sollten. Nach einer einstündigen Suche, fanden sie schließlich das richtige Buch und blätterten darin herum. Aber was sie in dem Eintrag fanden, stellte Lavi nicht wirklich zufrieden. Das waren ganz normale Aufzeichnungen, die das Innocence selbst beschreiben und Meis Name stand dort, als momentaner Besitzer. Ein alter Kardinal betrat das Archiv und erhielt die Aufmerksamkeit der Besucher. „Sie wollten mich sprechen? Ich bin Meis Ausbilder, mein Name ist Lucio.“, stellte sich der alte Mann vor. Er hatte graues schütteres Haar, eingefallene Wangen und kleine braune Augen. Außerdem hatte er noch einen langen grauen Kinnbart. „Guten Tag, mein Name ist Lavi.“, erwiderte er lächelnd. „Was ist denn mit dem Kind? Ist alles in Ordnung mit ihr?“, fragte Lucio besorgt, denn der junge Kardinal erzählte ihm, dass es wohl Probleme mit seinem ehemaligen Schützling gibt. „Ich kann nicht wirklich auf die Probleme eingehen, weil ich selbst nicht weiß, was genau los ist. Mir wurde aufgetragen Informationen über das Innocence einzuholen, anscheinend würde ihr das wohl helfen.“. Bei der Liebenswürdigkeit, die der alte Kardinal ausstrahlte, fühlte er sich allmählich schlecht ihn so anzulügen. „Verstehe. Wie kann ich Ihnen denn behilflich sein?“. Er stellte sich zu dem jungen Mann und warf einen Blick in das alte Buch. „Ich muss wissen, wer der vorherige Besitzer des Innocence war.“. Der Kardinal brauchte nicht lange zu überlegen, weil es ihn selbst so sehr verwunderte. „Um ehrlich zu sein, ist Mei die Erste. Es war ein sehr altes Innocence, das wir vor zwanzig Jahren gefunden haben. Es sind sehr viele junge Leute gestorben, als sie sich mit dem Innocence synchronisieren sollten, es waren weit über zweihundert Kinder. Wir haben die Hoffnung schon aufgegeben, einen Besitzer zu finden, als es bei Mei endlich klappte.“, erklärte er und blickte wehmütig auf den Eintrag. „Sie müssen wissen, dass ich heute immer noch nicht ruhig schlafen kann, denn ich war bei allen Synchronisationsversuchen dabei. Die Kinder sind alle auf grausame Weise verstorben. Wesentlich grausamer, als bei anderen gescheiterten Versuchen. Als wäre in diesem Innocence der reine Hass manifestiert.“. „Wie meinen Sie das?“. Lavi sah ihn verwirrt an. Der Kardinal lief zu den Regalen und holte eine Kiste hervor, in dem sich zahlreiche Aufnahmerollen befanden. „Das sind alle Aufnahmen nur zu dem Innocence, die ich aber nicht mehr sehen möchte. Ich werde draußen warten, sollten Sie noch Fragen haben.“, erklärte er und verließ das Archiv. Mit einem mulmigen Gefühl holte er eine der Aufnahmekassetten heraus und legte es in die Standkamera, die dort stand, ein. Als er den Film abspielte, konnte er seinen Augen nicht trauen und schaltete die Kamera nach wenigen Minuten wieder ab. Lavi hatte in seinem Leben bisher viele Grausamkeiten gesehen, aber das war das Schlimmste das er je gesehen hat. Das Kind hat nicht nur die Kontrolle über das Innocence verloren, sondern auch über sich selbst und brachte sich auf brutalste Weise um. Als wäre darin wirklich der reinste Hass konzentriert. Der Rotschopf holte Lucio wieder hinein, er war immer noch blass. „K-Können Sie mir noch sagen, wie sie das Innocence gefunden haben?“, fragte er, immer noch fassungslos über das eben Gesehene. „Ja. Einige der Rekruten haben damals die Eisenrüstung und die Hellebarde in Chaumont in Frankreich gefunden. Erst als es hier ankam, verwandelten sich die Gegenstände in die Innocence-Form, deshalb waren wir uns sicher, dass es ein Ausrüstungstyp sein muss. Als die Synchronisation mit Mei erfolgreich verlief, nahm es die Form eines Kreuzes an.“, antwortete er. Lavi nickte und seufzte betrübt. Er überlegte, ob er ihn einweihen sollte und musterte ihn streng. „Wie wichtig ist Ihnen Mei?“. Der Kardinal sah ihn verwundert an. „Mei ist mir sehr ans Herz gewachsen. Nach dem Tod ihres Bruders, haben wir sie mit offenen Armen empfangen und ich wurde zu ihrem Ausbilder erklärt. Zehn Jahre haben wir hinter uns, sie ist wie ein eigenes Kind für mich und deshalb mache ich mir so große Sorgen!“, antwortete er. „Dann glaube ich Ihnen mal. Ich muss gestehen, dass ich weiß, was für Probleme sie hat und es betrifft nicht nur sie.“. Lucio sah ihn erwartungsvoll an. „Auf unserer letzten Mission, hat sie die Kontrolle über ihr Innocence verloren und dabei einen Freund angegriffen. Sie wurde von dem Innocence gelenkt, das seine Abneigung gegen Exorzisten nicht für sich behielt. Er hingegen behauptet, er würde das für Mei tun, um sie vor uns zu verteidigen.“. „Wie meinen Sie das? Ich verstehe nicht.“. „Ich meine damit, dass das Innocence ein Eigenleben hat. Sagt Ihnen der Name Gladys etwas?“. Der alte Kardinal wurde kreidebleich und stützte sich an den Regalen. „G-Grundgütiger. Das kann unmöglich sein.“, stammelte er und fasste sich an die Brust. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals, alles drehte sich und er fühlte sich, als würde er jeden Moment ohnmächtig werden. „D-Das kann nicht sein.“, wiederholte er erschrocken. Rumänien – Lugoj Mei schlug ihre Augen auf und richtete sich verwundert auf, als sie unter Schmerzen wieder zurücksackte. „Oh, du bist wieder wach. Sorry, das war ich.“, hörte sie Raphaels Stimme von der Seite. Er stand am Fenster und sah zu ihr. „Wo sind wir? Und was warst du?“. „Wir sind in Lugoj in einer Absteige, ich musste mich schnell um deine Wunde kümmern.“, antwortete er. „W-Was für eine Wunde denn, ich habe mich im Kampf doch gar nicht verletzt.“. Die Akuma haben sie im Kampf doch noch nicht einmal berührt, dachte sie und blickte zu ihrem Bauch. Es schmerzte höllisch. „Naja … du hast die Kontrolle über dein Innocence verloren und mich angegriffen. Ich habe dich mit meinem Flammenschwert angegriffen und zurückgeschlagen. Die Flammen haben deine Rüstung zum Schmelzen gebracht, aber ich wollte dich echt nicht so verletzen. Sorry.“. Sie legte einen Arm über ihre Augen und versuchte nicht zu weinen. „Wenn sich hier jemand entschuldigen muss, dann bin ich das.“, erwiderte sie mit zittriger Stimme. Das war ihre gerechte Strafe. „Ich hab schon mal etwas nachgeforscht, wegen dem Innocence und dem Phänomen.“. „Ich dachte die Sache mit dem Zug, war das Phänomen.“. Solange er wieder aus dem Fenster blickte wischte sie sich eilig durchs Gesicht und setzte sich vorsichtig auf. „Das war noch ein Phänomen, denn im Zug befand sich ein Innocence. Aber es war nicht das Innocence, nach dem wir suchen.“, antwortete er und blätterte durch die Dokumente. Einem ganzen Wald wurde jegliches Leben ausgesaugt und Tiere lebten dort auch nicht mehr, wenn sie überhaupt rechtzeitig entkommen konnten. Raphael packte seine Jacke und lief zur Zimmertür. „W-Wo willst du hin?“. „Ich kümmere mich darum. Du bleibst hier, sonst stehst du mir nur im Weg.“, erwiderte er ohne sich umzudrehen und verließ das Zimmer. Mei biss sich auf die Unterlippe und blickte auf ihre Hände. Er hatte doch Recht, sie war nutzlos und bereitete anderen nur Ärger, dachte sie. Überfordert verkroch sie sich unter die Decke. „Kardinal, können Sie mir denn keines der Innocence geben?“. „Wieso das denn? Du hast doch eben erst deine Ausbildung beendet.“. „Weil ich ein Exorzist werden möchte, wie Nii-san!“. „Wieso willst du ein Exorzist werden?“. „Weil ich den Menschen als Exorzist mehr helfen kann, als ein Crow.“. Der Kardinal lachte heiter auf. „In Ordnung. Aber nur unter einer Bedingung. Du führst noch als Crow Missionen aus und wenn ich sehe, dass du bereit bist, verspreche ich dir dich zum Exorzisten zu machen.“. Mei setzte sich wieder auf. Mit dieser Erinnerung sind sämtliche Zweifel beseitigt. „Verzeih mir, Nii-san. Ich werde mich nicht gegen den Orden stellen. Ich bin ein Exorzist und als Exorzist will ich den Menschen helfen und das kann ich nur mit der Hilfe vom Orden.“, sagte sie laut. „Gladys, dafür werde ich deine Unterstützung brauchen. Wahrscheinlich bist du selbst beschämt, einen Besitzer mit einem schwachen Herzen zu haben. Ich verspreche dir, das wird sich ändern.“. Mit großer Mühe schaffte sie es aufzustehen, die Wunde an ihrem Bauch schmerzte, aber sie musste da durch. Diese Strafe musste sie über sich ergehen lassen, denn das galt nicht als Ausrede, Raphael nicht zu unterstützen. Schließlich waren sie ein Team. Raphael erreichte den Anfang des verdorrten Waldes. Es dämmerte zwar, aber es störte ihn überhaupt nicht. Eher im Gegenteil, denn in der Nacht kämpfte er am liebsten. Mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen, beschwor er fünf Raben, denn er vermutete, dass der Wald ziemlich groß sein würde. Mit dem Befehl nach dem Innocence zu suchen, schickte er die feuerroten Vögel los. Er müsste sich nur noch auf die Akuma konzentrieren, denn seine Tiere sind Sensor-Typen. Entweder finden sie nervige Dämonen, Innocence, oder sogar Noah, indem sie explodieren. Der Exorzist lief los und entdeckte nach einer Weile schließlich Akuma. Sogar ein Level-Drei Akuma war dabei, wir er erkennen konnte und leckte sich genüsslich über die Lippen. Nichts liebte er mehr, als Herausforderungen oder zähe Gegner, an denen er sich die Zähne ausbeißen konnte. „Da habe ich aber einen schönen Fund.“, rief er laut und stellte sich vor die Dämonen. „Oh, ein Exorzist. Das hätte ich ja nicht erwartet.“. Der Level-Drei Akuma lachte teuflisch und ließ die niederen Dämonen ausschwärmen. Sie sollten das Innocence finden und zerstören, das war ihr Auftrag vom Millennium Earl. Raphael sammelte seine Kräfte und machte sich kampfbereit. Als er auf den Gegner zustürmte, brach er seine Bewegungen ab und der Grund, war sein nerviges Teammitglied, das plötzlich auftauchte. Er sagte ihr doch, dass sie im Hotel bleiben sollte. „Raphael-san!“. Schwer atmend blieb sie stehen und sah besorgt zu ihm. „Verdammter Idiot, du sollst doch im Hotel bleiben!“, brüllte er aggressiv. „Ich wollte dir helfen und ich bin schon einigen Akuma, auf dem Weg hierher, begegnet. Bitte sei nicht sauer, wenn ich sie alle hierher geführt habe. Zusammen können wir sie ja besiegen!“, erklärte Mei und lächelte gequält. Der junge Mann sah sie fassungslos an, seine zu Fäusten geballten Hände zitterten vor Wut. Wie konnte sie nur so dumm sein, hatte sie denn vor gar nichts eine Ahnung, fragte er sich. Sie eilte zu ihm, als die ausgeschwärmten Akuma eintrafen und nahm ihr Kreuz zur Hand. „Bitte gib mir Deckung.“, bat sie und aktivierte ihr Innocence. Als nach einer Weile die schwarzen Banden ausblieben, blickte sie fragend auf den kleinen Gegenstand. Etwas verwundert versuchte sie es noch einmal, doch wieder passierte nichts. „Gibt es Probleme?“, fragte der Level-Drei kichernd. „Ich verstehe das nicht, wieso funktioniert es nicht?“, murmelte sie verständnislos vor sich hin und nahm das schwarze Kreuz genauer unter die Lupe. Raphael schnaubte allmählich. „Du kannst es nicht aktivieren, weil es beschädigt ist.“, presste er zornig hervor. Mei verstand kein Wort. „Was meinst-.“. Ehe sie ihre Frage stellen konnte, wurde sie vom Rotschopf zur Seite gestoßen und stürzte schmerzvoll zu Boden. Sie verstand überhaupt nichts, doch als sie seinen schmerzerfüllten Aufschrei hörte und sah wie er blutend zu Boden ging, schaltete ihr Verstand gänzlich aus. „Raphael-san?“, rief sie ängstlich und eilte zu ihm. Er hat doch nicht etwa? Er hat doch nicht etwa den Angriff für sie abgefangen? „Raphael-san!“. Nachdem sie ihn auf den Rücken drehte, erschrak sie über die schwere Wunde, die sich über seinen gesamten Oberkörper erstreckte. „Hoppla, das war ein Versehen.“. Mit dem Level-Drei, lachten alle anderen Akuma im Chor. Mei presste die Lippen zusammen und wischte sich durchs Gesicht. Bestimmt würde er nur noch wütender sein, wenn sie jetzt weinen würde, dachte sie. Aber was sollte sie tun, wenn ihr Innocence wirklich beschädigt ist? Ohne Gladys, kann sie es nicht mit diesem Akuma aufnehmen. Nicht mit einem Level-Drei. Bisher hatte sie höchstens gegen Level-Zwei Akuma gekämpft und damals tat sie sich als Crow schon gegen diese schwer. „E-Es tut mir so leid.“, stammelte sie mit zittriger Stimme und richtete sich auf. Vielleicht würden sie Verstärkung bekommen, vielleicht könnte sich Raphael auch so weit regenerieren, dass er wenigstens fliehen kann. Sie müsste jedenfalls so viel Zeit wie möglich schinden. Mutlos holte sie ihre Talismane hervor und blickte auf diese. Wenn sie in den Orden zurückkehren, hat er jedes Recht dazu, ihr den Kopf abzureißen, dachte sie und blickte wieder zu dem mächtigen Dämon. „Wo ist denn dein Innocence, Exorzist?“. „Zu deinem Glück habe ich keines. Aber meine Fähigkeiten als Crow werden reichen, um dich zu vernichten!“, erwiderte sie und warf das Papierstück hinter sich. Mei stürmte auf ihn zu und zerknüllte weitere Talismane in ihren Händen. „Kureha Nenki!“. Mit der magischen Formel wurden ihre Hände in Flammen gehüllt und sie holte zum Schlag aus. Durch den Hieb in den Boden und der Zerstörungswut des Talismans, löste sie eine gewaltige Explosion aus. „Tch.“. Die junge Frau richtete sich wieder auf, dieser Akuma war verdammt schnell und durch das Innocence, hatte sie seit zwei Wochen kein Training mehr. Ihre Schnelligkeit hat nachgelassen, dachte sie wütend und sah sich um, als sich der Rauch lichtete. Sirrende Laute ließen sie zurückblicken, die Level-Eins Akuma schossen ihre Plasmakugeln auf den bewusstlosen Exorzisten. „Mamori Bane!“. Sie aktivierte ein weiteres Siegel und sah zufrieden zu, wie die Geschosse an dem Schild abprallten. „Bist du zu feige, um alleine zu kämpfen? Zeige dich!“, rief sie laut und sah sich weiterhin um. „Ich bin direkt hinter dir, kleine Exorzistin.“. Erschrocken drehte sie sich um und wollte einen weiteren Schild beschwören, doch es war zu spät und sie zu langsam. Mit einem gewaltigen Hieb schlug er den Blondschopf weg. Mei prallte an einem Baum ab und fiel blutend zu Boden. Sonst war sie immer so stolz darauf, dass sie unter allen Crow für ihre Schnelligkeit bekannt war. Aber was brachte ihr die Schnelligkeit, wenn sie keine Kraft und keine Erfahrung hatte. Sie hätte Lucio nicht drängen dürfen und lieber noch mehr Missionen ausführen sollen. Alles was sie tat, war falsch. Tatenlos musste sie zusehen, wie der Level-Drei Raphael packte. Sie sah zwar etwas Leuchtendes auf seiner Brust, aber nicht genau was. Ihr Sichtfeld war zu dunkel um etwas Genaueres zu erkennen, als es schließlich ganz schwarz wurde. „I-I … Ich.“. Der Akuma kniff die Augen zusammen und musterte den Rotschopf in seinem Griff kritisch. Seine braunen Augen waren halboffen. „Oh, du lebst?“. „Was … Was glaubst … du denn, Bastard.“. Mit einem verschmitzten Grinsen legte er seine Hand auf seinen Panzer und schlug ihn mit einem Feuerball zurück. Raphael keuchte auf, als er auf dem Boden aufprallte und richtete sich mühsam auf. Die große Wunde auf seiner Brust leuchtete rötlich, das Blut nahm das Aussehen von Lava an und verschloss die Verletzung nur langsam. „D-Diese dumme Kuh. Wenn ich sie … in die Finger bekomme, dann-.“, fing er fluchend an, unterbrach sich aber, als er sie nicht unweit von ihm am Boden liegen sah. Schwankend ging er auf sie zu und merkte, dass sie nur bewusstlos war. Seine Verletzung war auch fast wieder verheilt, er müsste diesen Kampf schnell beenden und das konnte er nur mit dieser Technik. Nach diesem Zauber, kann er eine Zeit lang sein Innocence nicht mehr einsetzen, aber das war ihm jetzt egal. Ächzend stellte er sich vor sie hin. Er muss schnell sein, sonst würden sie beide auch sterben. „Ich habe ein Geschenk für euch!“, rief er den Akuma mit einem heimtückischen Grinsen. Raphael streckte beide Hände vor sich, beschwor hunderte seiner Feuerraben und sammelte all seine Energien. „Jigoku no Hanabi.“. Die Tätowierung fing an rot zu glühen, auch wenn es furchtbar schmerzte, durfte seine Konzentration nicht nachlassen. Die rotgefiederten Vögel flogen krächzend durch die Akuma. „Kai!“, rief er den Tieren zu. Eilig packte er die junge Frau und lief so schnell wie seine Beine ihn tragen konnten. Nacheinander zerbarsten die Raben in zahlreiche Feuerbälle, die in einer Kettenreaktion detonierten. Obwohl der Exorzist schon das Ende des Waldes sehen konnte, wurde er von der Druckwelle des gewaltigen Ausbruchs eingeholt und gegen einen Baum geschleudert. Fluchend zwang er sich wieder auf die Beine und hob Mei auf seine Arme. Seine Wunden waren wieder verheilt, aber im Gegensetz zu ihm, war sie ein normaler Mensch. Er musste sie so schnell wie möglich in ein Krankenhaus bringen und danach könnte er nach dem Innocence suchen. Mei versuchte ihre Augen zu öffnen, aber ihre Lider waren so schwer. Nur langsam und mit viel Mühe konnte sie diese endlich öffnen und versuchte mit ihrem verschwommenen Sichtfeld irgendetwas zu erkennen. Viel konnte sie nicht erkennen, wenn das weiß sie so blendete. Vielleicht würde reiben helfen, dachte sie, aber sie konnte ihren Arm kaum bewegen. Wieso fühlte sie sich so furchtbar kraftlos, fragte sie sich genervt. Zumindest klärte sich ihre Sicht allmählich und sie erkannte ein helles Zimmer. Links von ihr saß ein bekannter Rotschopf und sie musste unweigerlich lächeln, als sie ihn schlafen sah. Seine Beine übereinander geschlagen und die Arme vor seiner Brust verschränkt. Ihr fiel wieder das seltsam rötliche Leuchten ein, zu gerne würde sie wissen was das war. Aber so wie sie ihn mittlerweile einschätzte, würde er ihr nichts sagen. Die junge Frau musterte sein schlafendes Gesicht, er kann ja richtig friedlich aussehen. Moment, da stimmte doch etwas nicht. Irgendetwas war anders, dachte sie und sah ihn genauer an. Seine seltsame Tätowierung war nicht mehr da, wie konnte sie überhaupt verschwinden? Eine Krankenschwester betrat das Zimmer, sie wollte eigentlich nur die Tropflösung austauschen und sah, dass die Patientin wieder bei Bewusstsein war. „Sie sind wieder wach! Wie fühlen Sie sich?“, fragte sie aufmerksam und tauschte den Beutel gegen einen vollen. „Was ist passiert?“, fragte sie kraftlos. Die Frau blickte lächelnd zu dem schlafenden Exorzisten. „Der junge Herr hat Sie hierher gebracht. Sie waren sehr schwer verletzt und ich werde den Oberarzt herbringen.“, erklärte sie und verließ den Raum. Im selben Moment, in dem die Tür zu fiel, wachte Raphael geruhsam auf. Gähnend streckte er sich ausgiebig und bemerkte er jetzt, dass Mei wach war. „Danke.“, flüsterte sie und lächelte so gut es ging. „Tch. Wenn du hier draußen bist, dann bist du dran. Das garantiere ich dir.“, schimpfte er und verließ den Raum. Wenn sie nicht gewesen wäre, dann müsste er jetzt nicht für eine unbestimmte Zeit ausfallen, dachte er genervt. Die Akuma, hätte er locker mit seinen normalen Fähigkeiten besiegen können. Was sollte er so lange überhaupt machen? Er sah den Oberarzt ihr Zimmer betreten und wandte sich wütend zum gehen ab. Sie wäre beinahe drauf gegangen und das war seine Schuld. Wenn er ihre Waffe nicht durchschlagen hätte, dann hätte sie ihr Innocence aktivieren können und sie hätten die Mission mit Leichtigkeit beendet. Aber sie hätte auch einfach auf ihn hören sollen und in dem verdammten Hotel bleiben. Haare raufend holte er sich einen Kaffee und betrat das Dach des Krankenhauses. Noch heute fragte er sich, wie ihn seine Familie damals im Stich lassen konnte. Mei war nur sein Teammitglied und er konnte sie schon nicht im Stich lassen. Oder ist er doch nicht so kalt, wie er das immer geglaubt hat? Nein, es war sein Stolz, der ihn davon abhielt, die Mission abzubrechen und die Angst vor General Sokaro – wenn er sie hätte sterben lassen, dann wäre er genauso dran. Ja, das wird es sein, dachte er und starrte in die am Horizont stehende Sonne. Raphael ging wieder hinein, er musste wissen, wann sie endlich in den Orden zurückkehren können. Dieser Ort ging ihm schon auf die Nerven. Der junge Mann hatte schon die Türklinke zu Meis Zimmertür in der Hand, als er inne hielt. Es sind nur vier kleine Worte, die er sagen müsste. So schwer könnte das doch nicht sein, dachte er und betrat schließlich das Zimmer. Die Krankenschwester besprach wohl noch etwas mit ihr, aber sie ging auch direkt. „Raphael-san!“. Mei warf ihm ein gequältes Lächeln zu, als er sich wieder in den Stuhl setzte. Sein schlafendes Gesicht mochte sie lieber, als das grimmig aussehende, das er sonst hat. „Ich muss noch für mindestens eine Woche hier bleiben, zur Beobachtung und weiteren Tests. Du kannst ruhig schon in den Orden zurück gehen.“, erklärte sie. „Außerdem möchte ich mich entschuldigen. Ich habe dich in Gefahr gebracht und die Mission gefährdet, weil ich so unwissend bin. Vielleicht sollte ich zumindest dieses Mal auf dich hören und deinen Ratschlag beherzigen.“. Der Rotschopf sah sie fragend an. „Du hast gesagt, ich soll mein Innocence an jemanden weitergeben, der es kontrollieren kann. Wenn ich mich auf die Missionen als Crow konzentriere, kann ich dann vielleicht nütz-.“. „Halt die Klappe.“, zischte er und durchbohrte sie mit zornigen Blicken. Mei lachte gequält. „Schau doch, ich bin ein nutzloser Crow und ein nutzloser-.“. „Halt endlich die Klappe!“, wiederholte er wütender und sprang auf. „Wie wäre es wenn du deine Energien, die du in deine sinnfreien Reden investierst, lieber in dein verdammtes Training steckst!“ „A-Aber du hast doch gesagt-.“ „Scheiß auf das Gelaber von anderen. Ich verabscheue Menschen, die sich von anderen lenken lassen! Wo ist denn jetzt dein bescheuerter Kampfgeist hin, mit dem du mich bisher immer genervt hast?“. Raphael biss die Zähne vor Wut zusammen und verließ das Zimmer. Der Exorzist lehnte seine Stirn gegen die Wand, dessen Kälte ihn beruhigte. Er wollte sich entschuldigen und stattdessen fuhr er sie nur wieder an. Irgendwie musste es das anders lösen und wusste auch schon wie. Mei seufzte und blickte betrübt auf ihre Hände. Sie konnte es ihm wirklich nie Recht machen, egal was sie tat. Hörte sie nicht auf ihn, war es falsch. Wollte sie auf ihn hören, war es auch falsch. Auch während den Untersuchungen, für die sie in ein Labor gebracht wurde, überlegte sie, wie sie sich bei ihm entschuldigen könnte. Sie hasste es sich mit jemandem zu streiten, vor allem mit jenen, mit denen sie eng zusammen arbeiten muss. Als sie auf ihr Zimmer zurückgebracht wurde, sah sie den Exorzisten vor dem Fenster stehen. „Raphael-san, es tut mir leid. Ich werde mir mehr Mühe geben, versprochen.“. Der Rotschopf sah zurück und musterte sie kritisch. Schließlich schob er ihr einen Teller mit Essen hin. „Hier iss das. Du hast seit Tagen nichts gegessen und das Essen hier wird wohl auch miserabel sein.“, murmelte er und stellte sich wieder ans Fenster. Die junge Frau sah den Teller, der mit einem dicken Teigfladen und einer hellen Soße hergerichtet ist, blinzelnd an. „Eh? Hast du das etwa gemacht? Du kannst kochen?“, fragte sie überrascht. Sein verärgertes Schnalzen entlockte ihr ein kleines Lachen und schnitt ein kleines Stück mit ihrer Gabel ab. Neugierig tunkte sie es in die Soße ein und schob es sich in den Mund. „Mmmh! Das schmeckt ja wahnsinnig lecker! Was ist das denn?“, murmelte Mei mit vollem Mund und nahm noch ein Stück. Ihr ganzes Gequieke zauberte ihm ein kleines Lächeln auf den Lippen. „Das ist eine spanische Spezialität, Idiot. Eine Tortilla mit Wurst. Eine Schande eigentlich, weil es am besten mit scharfer Chorizo schmeckt.“, erklärte er und setzte sich zu ihr. Der junge Mann hielt inne, als er ihr glückliches Gesicht sah und bei jedem Stück, das sie aß, quietschte. „Du bist wirklich ein Idiot.“. „Wieso, Raphael-san? Das hast du doch nur für mich gekocht und es schmeckt auch unglaublich lecker!“, erwiderte sie wieder mit vollem Mund. „Tch, hör gefälligst auf mit vollem Mund zu reden!“, schimpfte er, aber bei ihrem Lächeln konnte er nicht länger wütend sein. Überfordert wandte er seinen Blick ab. „Und hör auch mit diesem furchtbaren –san auf.“, fügte er noch genervt hinzu. „Wenn du dann in den Orden zurückkehrst, richte Komui-san bitte aus, dass ich nach Rom zurückkehre. Ich glaube ich bin ein besserer Crow, als ein Exorzist.“. „Ich werde nicht alleine in den Orden zurückgehen, dann kann ich mir direkt mein eigenes Grab schaufeln. Außerdem wirst du gefälligst Exorzist bleiben. Wer braucht denn schon Krähen.“. Mei sah überrascht zu ihm. „Was denn? Ich habe schon vier Tage auf dich warten müssen. Dann werde ich weitere sieben auch noch überleben.“, erklärte er und schreckte leicht auf, als er die Tränen in ihren Augen sah. „Jetzt fang nicht auch noch an zu heulen!“. Lachend wischte sie sich durch das Gesicht. „E-Entschuldige, ich … ich glaube, ich habe etwas im Auge.“, hickste sie und lachte. Genervt reichte er ihr ein Taschentuch und seufzte schwer. „Iss jetzt auf und leg dich schlafen. Wenn die sieben Tage um sind und du immer noch nicht fit bist, bin ich weg.“. Der Blondschopf stopfte den letzten Rest in sich hinein und legte sich brav ins Bett zurück. Nachdem Raphael das Zimmer verließ, bildete sich ein breites Grinsen auf ihr Gesicht. Er hatte also doch einen weichen Kern, den er nur nicht zeigen kann. Kapitel 8: Geständnis --------------------- Nachmittags erreichte das Team endlich die europäische Abteilung. „Reichst du mir bitte die Innocencen. Ich muss doch sowieso zu Hevlaska, um mein Innocence reparieren zu lassen.“. „Ich muss auch zu ihr, weil ich mich durchchecken lassen muss.“, erklärte Raphael und lief voraus. Er hatte kein Gefühl mehr, was sein Innocence anging, so lang es in diesem Zustand war und ein Gefallener wollte er nicht werden. „Was für einen Innocence-Typ hast du eigentlich?“. Er antwortete nicht. „Raphael?“. Mei beugte sich fragend vor, sodass sie sein Gesicht besser sehen konnte. Er hatte dieselbe wütende Miene wie sonst auch immer. „Das geht dich nichts an.“, erwiderte er genervt. Nur weil sie die letzten eineinhalb Wochen zusammen verbracht haben, würde er ihr gegenüber nicht offener sein. „Ich habe gehofft, dass wir uns näher kennenlernen können. Wir sind doch jetzt ein Team.“, erklärte sie enttäuscht. Der junge Mann schloss ächzend seine Augen und atmete tief ein und aus. Wenn sie noch einmal sagt, dass sie ein Team sind, dann rastet er aus. Er konnte es nicht mehr hören. „H-Hast du danach noch Zeit?“. Sie sah wie ihre Frage seinen Blick noch finsterer werden ließ und schluckte. „Wieso?“, presste er mühsam hervor. Ja, er würde jetzt jede Menge Zeit haben, bis sein Innocence wieder bereit sein würde, und die würde er nur ungerne mit ihr verbringen wollen. „Naja, du bist doch so stark. Vielleicht könntest du mit mir trainieren?“. In diesem Moment wünschte er, er hätte ihr im Krankenhaus niemals gesagt, sie sollte Exorzist bleiben. In seinen Augen, war die Crow-Einheit höchstens als Bodyguards für die Kardinäle im Vatikan tauglich. Er fand sie nutzlos und unnötig – schon alleine weil es nur einfache Krähen waren. Raphael hasste ihren Namen und er hasste die Einheit und seine Leute. Allein diese furchtbaren Punkte auf ihrer Stirn zu sehen, machte ihn wütend. „Ich trainiere nicht mit Krähen.“, murmelte er und betrat den Aufzug, den sie endlich erreichten. „So etwas in der Art hast du schon im Krankenhaus gesagt. Hast du ein Problem mit den Crows?“. Der Blondschopf legte ihren Kopf leicht schief, bisher ist sie noch nie jemandem begegnet, der etwas gegen die Spezialeinheit des Vatikans hatte. Raphael grinste verschmitzt. „In dieser Einheit landen die Versager, die nicht dazu in der Lage sind sich mit einem Innocence zu synchronisieren. Sie sind höchstens als Aufpasser für die alten Opas im Vatikan gut.“, erklärte er breit grinsend. Er sah, wie sich die junge Frau zitternd wegdrehte und lachte leise. „Hey, heul nicht schon wieder. Sei doch froh, dass du diesen Haufen von Versagern los bist.“. Mei holte mit ihrer Hand aus und verpasste ihm eine saftige Ohrfeige. Seine Wange schmerzte noch mehr, als beim letzten Mal und er sah sie verwundert an. „Nach dem Besuch bei Hevlaska, zeige ich dir, was der Haufen von Versagern alles drauf hat. Niemand, absolut niemand, redet so über mein Zuhause!“, brüllte sie ihn zornig an. Raphaels braune Augen waren vor Überraschung geweitet, er hätte nie gedacht, dass diese kleine Krähe so wütend werden kann. Als sie an der untersten Ebene angekommen sind, stürmte sie aus dem Aufzug und lief zu Hevlaska und den Mitarbeitern, die sich dort aufhielten. Der Exorzist lächelte, wenn alle Krähen so drauf sind, dann sollte er ihre Schnäbel und Krallen nicht unterschätzen. Das wird interessant, dachte er mit einem teuflischen Grinsen und spazierte zu den Mitarbeitern. Auf Hevlaskas Frage hin, wie ihre Waffe beschädigt wurde, zögerte sie kurz. Ihr liebenswürdiges Teammitglied Raphael musste sie durchgeschlagen haben, als sie wieder die Kontrolle verlor. Aber so wütend wie sie auch war, sie wollte ihn trotzdem nicht an den Pranger stellen, auch wenn er ein unglaublich arroganter Blödmann war. Sie wollte sich nicht ausmalen was passieren würde, wenn General Sokaro davon erfährt und beschloss es für sich zu behalten. „Auf der Mission war ein Level-Drei Akuma. Ich habe geglaubt, dass ich seinen Angriff mit der Waffe abblocken könnte und dabei ist sie entzwei gebrochen.“, erklärte sie und sah zu dem mystischen Wesen hoch. Hevlaska war nicht dumm, die Waffe sah alles andere als auseinandergebrochen aus. Viel eher wurde das Mittelstück durchgeschmolzen, aber wenn sie darauf bestand, fragte sie nicht näher nach. „Verstehe. Es wird etwas dauern, bis der Schaden repariert sein wird. Komui wird dir Bescheid geben.“. „Ich warte in der Trainingshalle.“, murmelte sie wütend, als sie an dem Rotschopf vorbei lief. Dieser grinste nur amüsiert, das würde sicherlich ein Spaß werden, dachte er und stellte sich vor Hevlaska, die ihn direkt mit ihren Tentakeln packte und hochzog. „Du hast also wieder diese Technik angewandt.“, seufzte sie und maß seine Synchronisationsrate. „Die Rate liegt bei fünfundzwanzig Prozent.“. „Sag mir eher wie lange ich warten muss?“, fragte er ungeduldig. Die Rate war ihm egal, solange sie nicht unter zehn Prozent lag. Er musste wissen, wann er endlich wieder Missionen annehmen kann. „Das letzte Mal, als du diese Technik angewendet hast, konntest du für neun Tage dein Innocence nicht mehr aktivieren. Rechne damit, dass es dieses Mal noch länger dauern wird.“, antwortete sie. Raphael zischte verärgert und wandte sich zum gehen ab, nachdem er wieder Boden unter seinen Füßen hatte „Raphael. Benutze diese Technik nicht länger, sonst wird dich dein Innocence noch umbringen.“. „Ja ja.“, gab er abfällig zurück. Schlecht gelaunt stieg er auf die Plattform, die ihn wieder nach oben fuhr und durchbohrte den Boden mit wütenden Blicken. „Sonst wird dich dein Innocence noch umbringen.“. Und wenn schon, sein Leben war ihm egal. Er würde heilfroh sein, wenn sein beschissenes Leben zu Ende gehen würde, aber solange er noch lebte, solange würde er Akuma vernichten und Innocencen suchen. Einen anderen Sinn, hatte sein Leben sowieso nicht. Seinen Sinn hatte er vor vielen Jahren verloren – damals, als die Sache geschah. Jetzt freute er sich einfach auf den Kampf mit der Kleinen und lief direkt auf die große Trainingshalle zu, in der sie auf ihn wartete. „Jetzt, da du dein Innocence nicht hast, kannst du auch mit deiner Kraft kämpfen.“. Raphael stellte sich vor sie und musterte sie von Kopf bis Fuß. Sie hatte diesen Fummel an, den Crows immer zum Kämpfen benutzten – ein weites Oberteil, das an den Seiten offen ist und ihren einbandagierten Oberkörper zeigt, eine weite Hose sowie Sandalen – und er pfiff anerkennend. Darin konnte sie ja richtig gut aussehen, dachte er. Bei ihr betonte diese Aufmache ihre ohnehin zierliche Figur und ihre Oberweite sah nicht so klein aus, wie er gedacht hatte. Lächelnd zog er seine Jacke aus und warf sie in eine Ecke. Mei packte ihre Talismane, zerknüllte einen in ihrer Hand und stürmte auf ihn zu. Der Rotschopf blockte ihren Schlag zwar ab, trotzdem aktivierte sich das Siegel und er wurde von einer Hitze- und Druckwelle zurückgeworfen. „Die Krähe ist ja richtig heiß.“, lachte er und richtete sich auf. Trotzdem war er überrascht, denn er hätte nicht gedacht, dass sie auch ihre Fähigkeiten gegen ihn einsetzen würde. Ihren nächsten Schlag wich er aus und sah, wie der Holzboden unter ihrer Faust verkohlte. „Kannst du nur reden? Vor zwei Wochen wolltest du mich doch noch verprügeln.“. „Du bist zwar ein Crow, aber immer noch ein kleines Mädchen. Wenn ich dich mit voller Kraft erwische, dann bist du für ein paar Tage K.O.“, antwortete er und wich ihren Schlägen wieder aus. Selbst wenn er wollte, konnte er die ganze Kraft seines Innocence nicht benutzen. „Außerdem kommt dein Feuer, nicht gegen mein Feuer an.“. Diesmal blockte er ihren Hieb mit einer kleinen Hitzewand ab und sah zufrieden zu, wie sie ihre Hand schnell zurückzog. Auch ihren Trick, ihn von hinten anzugreifen, da er sie aus den Augen verlor, machte er zunichte. Mei machte einen Satz zurück und sah ihn missmutig an. Sie hat nichts mehr von ihrer alten Schnelligkeit, er konnte jeden ihrer Bewegungen voraussehen. Mit ihrer Rechten holte sie erneut aus, während er ihrem Schlag wieder auswich, packte sie seinen Arm. Obwohl er abermals seine Haut aufheizen ließ, nahm sie ihre andere Hand hinzu und warf ihn zu Boden. „D-Das … war nur ein … Vorgeschmack.“, stammelte sie mit schmerzverzerrtem Gesicht, als sie sich auf ihn setzte und ihn mit ihrem Gewicht hinunter drückte. Ihre Hand schmerzte fürchterlich und sie erkannte leichte Brandspuren auf ihrer Haut. „Dummer Idiot, wieso musstest du mich so lange festhalten?!“, schimpfte er aufgeregt und zog ihre Hand zu seinem Gesicht, nur um schwere Verbrennungen darauf zu sehen. Raphael drückte sie von sich, zog sie zum nächstgelegenen Waschbecken hin und ließ kaltes Wasser über die Hand fließen. Sie starrte stur zur Seite und gab keinen Ton von sich. Die Erkenntnis, dass sie so sehr nachgelassen hat und denjenigen, der sich über ihr Zuhause und ihre alte Einheit lustig gemacht hat, nicht besiegen konnte, nagte sehr an ihr. „Ich wollte sehen, wie weit du gehen würdest.“. Der Blondschopf sah ungläubig zu ihm hoch, sein Blick war immer noch auf ihre Hand gerichtet und achtete darauf, dass alle Verbrennungen gut vom Wasser abgekühlt werden. „Sorry.“. Mei hasste es vor anderen Leuten zu weinen, aber ihre Tränen tropften einfach unkontrolliert über ihre Wangen. „Jetzt heul nicht schon wieder!“, murmelte er überfordert, als er zu ihr sah und drehte den Wasserhahn zu. „I-Ich konnte schon gegen den Level-Drei nicht ankommen und dich habe ich auch nicht besiegen können. Mein Innocence kann ich auch nicht kontrollieren, ich bin doch wirklich ein Versager.“, erklärte sie mit heiserer Stimme und wischte sich schluchzend durchs Gesicht. Raphael seufzte schwer und raufte sich die Haare. Er hasste es, wenn Mädchen vor ihm weinten und wusste nie, was er in so einem Moment tun sollte. „Tch, du hast mich doch zu Boden gebracht. Das hat noch keine vor dir geschafft. Außerdem bist du ein Anfänger, natürlich hast du noch nichts drauf.“. „Ich muss gestehen, dass ich noch nie gegen einen Crow gekämpft habe. Wenn du als Küken schon so stark bist, dann will ich nicht gegen eine ausgewachsene Krähe kämpfen.“, fügte er noch hinzu. Die junge Frau sah beleidigt zu ihm hoch. „Ich bin kein Küken.“, murmelte sie und schmollte ihn an. „Geh zu der Hexe und lass dir eine Salbe geben.“, sagte er noch mürrisch und verließ den Raum. „Nenne die Oberschwester nicht so!“, rief sie ihm noch wütend nach. Seufzend trocknete sie ihr Gesicht ab und lief in die medizinische Abteilung, um sich verarzten zu lassen. Unterwegs traf sie auf Lenalee und lief zu ihr. „Verteilst du wieder den Kaffee?“. Die Chinesin drehte sich fragend zu ihr und lächelte. „Ja, möchtest du auch welchen?“, fragte sie. Mei schüttelte den Kopf. „Weißt du vielleicht wo Kanda-san ist?“. „Er hat vor ein paar Tagen mit Lavi und Allen zusammen den Orden, wegen einer längeren Mission, verlassen.“. Sie sah sie etwas enttäuscht an, dann muss sie sich wohl noch etwas gedulden, schließlich wollte Kanda ihr bei ihrer Rückkehr etwas erzählen. „Kann ich dir mit dem Verteilen vielleicht behilflich sein?“. Lenalee blickte besorgt zu ihrer einbandagierten Hand. „Ah, das ist nicht schlimmes. Ich würde dir wirklich gerne helfen.“, erklärte sie mit einem verlegenen Lächeln. „Na gut. Bei Jerry ist das letzte Tablett, er sagt dir dann wohin du gehen musst.“. Sie sah dem Blondschopf noch nach, als sie Richtung Cafeteria lief. Lavis Worte ließen sie nicht los und sie machte sich auch Sorgen um sie. „Guten Tag, Jerry!“, rief sie dem Koch von der Seite zu. „Hey, stell dich gefälligst an.“. Mei blickte fragend zu der Person und erkannte einen richtig groß gewachsenen und muskulösen Finder, der wütend zu ihr herabsah. „Ah, nein. Ich wollte nur-.“. „Hast du Tomaten auf den Ohren? Stell dich hinten an, es ist mir scheiß egal was du willst.“, unterbrach er sie mürrisch. „D-Das ist ein Missverständnis, ich wollte wirklich nur den-.“. Der Finder knallte das Tablett wütend auf die Ablagefläche und packte den Blondschopf. „H-Halt, keine Gewalt bitte!“, bat Jerry und flüsterte seinem Bediensteten zu, Komui herzuholen. Sonst würde das ein böses Ende finden. „Ich … ich wollte nur den Kaffee-.“. „Ich sagte, es ist mir scheiß egal was du willst.“, zischte er wütend und erhob bedrohlich die Faust. Der Koch verdeckte angsterfüllt seine Augen und bat, dass Komui rechtzeitig herkommen würde. Nachdem er einen Aufschrei und Gepolter hörte, fuhr er zusammen und lunzte vorsichtig hervor und machte sich jetzt noch mehr Sorgen als vorher, als er Raphael da stehen sah. „Nimm den Kaffee und mach die Fliege.“. Das würde sie ja liebend gerne tun, aber sie wollte den Finder nicht mit dem Rotschopf alleine lassen, so wie er ihn ansah. Er war ja richtig wütend, dachte sie und schreckte auf, als er den Riesen packte. „Du lernst es wohl nie. Wie oft soll ich dir die Fresse noch polieren, bis du aufhörst den anderen hier auf den Geist zu gehen?“, murmelte er zornig und holte zum Schlag aus. Jerry quietschte auf und verdeckte sich wieder die Augen. Doch er hörte nichts, was nach einem Schlag klang und sah ängstlich wieder hin. Er sah wie Mei den Arm des Rotschopfs festhielt und seufzte erleichtert. „Hör bitte auf damit.“. Der junge Mann sah kurz zu ihr, ließ ächzend von dem Finder ab und verschwand wieder in die Küche. „Bist du in Ordnung?“, fragte sie und reichte dem kräftigen Mann ihre Hand. Verärgert schlug er diese weg und stampfte aus der Cafeteria hinaus. „Bitte entschuldigt. Ich wollte nur den Kaffee für die Mitarbeiter holen und ihn mit Lenalee verteilen.“, erklärte Mei und blickte zu denen, die noch in der Warteschlange standen. Jerry reichte ihr direkt das Tablett und gab Komui ein Zeichen, dass alles wieder in Ordnung war, nachdem dieser zu spät kam. Keine zwanzig Minuten später kam sie mit dem leeren Tablett zurück und stellte es seufzend zu den anderen. Raphaels feuerrotes Haar stach aus der Masse, als sie sich in der großen Cafeteria umsah und setzte sich zu ihm. „Du solltest dir vielleicht abgewöhnen immer sofort gewalttätig zu werden.“. „Der Schwachkopf kapiert es nicht anders. Hast es doch selbst gemerkt.“, erwiderte er genervt und legte das Besteck neben dem Teller ab. Mei lächelte gequält, er mag sie zwar immer unterbrochen haben, trotzdem hätte man diesen Konflikt anders lösen können, dachte sie. „Magst du Jerrys Essen nicht?“. Der junge Mann sah fragend zu ihr und lehnte sich ächzend in den Stuhl zurück. „Doch. Aber ich koche lieber für mich selbst.“, antwortete er und starrte auf den leeren Teller vor sich. Jetzt hat er sich doch auf eine Fragerunde eingelassen, dachte der Spanier und schloss seine Augen. „Zeigst du mir dann vielleicht irgendwann einmal, wie du diesen Fladen vom letzten Mal gemacht hast?“. Sie blickte zu ihm und musterte seine entspannten Gesichtszüge. „Irgendwann einmal vielleicht.“. „Was meintest du vorhin eigentlich damit?“. Raphael öffnete seine Augen wieder und sah zu ihr. Wieder hatte sie diesen ernsten Ausdruck in den Augen und er zischte genervt. „Was denn?“. „Du hast gesagt, du wolltest sehen, wie weit ich gehen würde.“. „Ich wollte nur sehen, wie weit das Küken schon ist.“, antwortete er und stand auf. Gedankenversunken brachte er sein Geschirr nach hinten und blieb dort für einen Moment stehen. „Werden wir das Küken verderben, oder wird es uns erweichen?“. Wenige Tage später, kehrten Kanda, Lavi und Allen von ihrer Mission zurück und wurden von allen im Orden herzlich begrüßt. Mei überraschte den Dunkelhaarigen, in seinem Zimmer, mit Tee und Keksen. „Willkommen zurück, Kanda-san! Entschuldige, dass ich ohne deine Erlaubnis hier bin. Aber ich habe gedacht, du würdest dich vielleicht darüber freuen?“, erklärte sie und sah entschuldigend zu ihm hoch. Schwer seufzend legte er seine Sachen ab, er konnte sich schon denken, weswegen sie hier war und setzte sich auf sein Bett. „Wie verlief deine Mission mit dem Schläger?“. Die junge Frau prustete und reichte ihm seine Tasse. „Wir waren erfolgreich, die Details sind unwichtig. Ich würde viel lieber wissen, was du mir zu sagen hast.“, erwiderte sie ungeduldig und sah ihn neugierig an. Kandas Körper verkrampfte, er war sich immer noch unsicher, ob das die richtige Entscheidung ist. „Es … ist etwas kompliziert.“, fing er unsicher an und wandte seinen Blick von ihr ab. Er muss es tun, er muss es ihr sagen, nachdem Lavi ihm von seiner Sorge um sie erzählte. „Die asiatische Abteilung hatte ein großes Forschungsteam und sie arbeiteten an einem großen Projekt. Es sind zehn Jahre her.“. Die schwere Last, die er auf sich spürte wurde von Sekunde zu Sekunde schwerer. Überfordert legte er die Tasse beiseite und ballte seine Hände zu Fäusten. „Ich bin … ein Teil dieses großen Projekts. Ein künstlich erschaffener Exorzist, ein Second Exorzist.“. Mei sah ihn überrascht an und wollte etwas sagen, als er sie unterbrach. „Sie nannten das Projekt Second Exorzist, weil sie versuchten uns mit den Innocencen von verstorbenen Exorzisten zu synchronisieren. Allerdings-.“. Kanda presste die Lippen zusammen, seine Hände zitterten und er versuchte zu ihr zu sehen. „Allerdings … wurden dafür die Gehirne der verstorbenen Exorzisten in uns eingepflanzt.“. Die junge Frau nahm seine Hände in ihre und lächelte ihn liebevoll an. „Ganz egal was du bist, Kanda-san. Du bist immer noch ein Exorzist des schwarzen Ordens. Du bleibst mein Senpai, ob menschlich oder nicht.“. „Mei.“. Der Asiate schluckte schwer und wünschte sich, dass sie das eher am Ende gesagt hätte. „Als dein Bruder von dem Akuma getötet wurde, wurde sein Gehirn für diese Versuche benutzt. Das Gehirn deines Bruders ist in mir, deswegen besitze ich sein Innocence.“. Sie lachte gequält und sah ihn ungläubig an. „Das ist aber ein makaberer Scherz, das hätte ich nicht von dir erwartet.“, erwiderte sie und sah zu ihm hoch. Ihr Lächeln verging aber, als sie einen ernsten Blick sah. „Das ist kein Scherz. Ich erinnere mich an kleine Dinge aus dem Leben deines Bruders. Du hast mir doch von Mara erzählt, ich kann mich an sie erinnern. Sie ist eine größere blonde Frau, mit einem langen beigen Kleid und sie trägt auch so eine Art Band um ihren Zopf.“. Mei fiel alles aus dem Gesicht und starrte ihn entsetzt an. „Wenn ich träume, dann finde ich mich auch immer in einem großen Feld von Lotusblumen und du sagtest auch selbst, dass ich deinem Bruder so ähnle.“. Der Blondschopf führte ihre Hand zu seiner Stirn, doch bevor sie diese berühren konnte, wurde sie von einer Übelkeit übermannt und rannte aus dem Zimmer in ihres, das nur einige Türen weiter war. Kanda lief ihr hinterher und trat vorsichtig durch die weit aufgerissene Tür. Die junge Frau kam gerade aus dem Badezimmer, sie war fürchterlich blass und ihre Augen tränten bereits. „Mei.“. „Ich will nur eine Sache wissen.“. Er sah sie besorgt an, als sie zu ihm aufsah. „Wusste die Zentrale davon?“, fragte sie schließlich. Die Kälte in ihrer Stimme überraschte ihn, aber er hielt inne und wandte seinen Blick zu Boden. „Wusste die Zentrale davon?!“, wiederholte sie zorniger. „Sie … haben den Forschern den Auftrag erteilt.“. Mei drehte sich von ihm weg und zitterte am ganzen Leib, sie konnte es einfach nicht glauben. „Mei, ich-.“. „Geh bitte.“, hauchte sie. Zähneknirschend verließ Kanda also ihr Zimmer und schloss die Tür hinter sich zu, obwohl er sie in diesem Zustand nicht alleine lassen wollte. Die Beine der Exorzistin gaben ihrem Gewicht nach und sie ließ sich auf den kalten Steinboden fallen. Jetzt ergab auch alles einen Sinn. Deswegen durfte sie Yuukis toten Körper nicht sehen, die Zentrale hat ihn einfach für ihre Zwecke missbraucht. Deswegen kam er auch zu ihr und bat sie, Rache an dem Orden zu nehmen. Damit er seinen Frieden finden konnte. „Sie … haben einfach nichts gesagt.“, murmelte sie mit zittriger Stimme und ballte ihre Hände zu Fäusten zusammen. Natürlich haben sie nichts gesagt, wenn sie ihr etwas gesagt hätten, dann hätte sie sich von allen abgewandt. Stattdessen hielten sie ihren Mund und nutzten ihr Vertrauen aus. Abends saß Kanda in der Cafeteria und starrte die ganze Zeit auf den Eingang, in der Hoffnung, Mei würde jeden Moment erscheinen. „Hast du mit Mei-chan gesprochen?“. Fragend blickte er zu seiner Seite und erkannte Lavi, der sich zum ihm setzte. „Tch.“. Er wandte seinen Blick wieder zu der weitgeöffneten Tür. „Wie hat sie reagiert?“. „Ich habe ihr nichts davon erzählt. Du warst derjenige, der das herausgefunden hat, also erzähl es ihr gefälligst selbst.“, erwiderte er genervt. „Haha, das würde ich ja gerne. Aber bisher habe ich sie noch nicht zu Gesicht bekommen.“. Der Rotschopf stopfte das Essen in sich hinein, würde er das eben nach dem Abendessen machen. Wahrscheinlich würde sie heute niemanden mehr sehen wollen. Vielleicht könnte er den Kotzbrocken von Raphael fragen, schließlich haben sie viel Zeit miteinander verbracht. Was dachte er da nur? Dieser aggressive Pyromane für Arme war ja noch unsensibler als er, dachte er und seufzte schwer. „Was ist los, Yuu?“. Lavis breit grinsendes Gesicht, nahm ihm den letzten Rest des Appetits und er stand gereizt auf, um seinen Teller der Abwaschküche zu bringen. Kanda wollte gerade wieder kehrt machen, als er den verhassten Exorzisten in der Küche stehen sah. „Hey.“. Der Dunkelhaarige stand in der Tür, sah aber, wie der junge Mann nicht reagierte und holte tief Luft. „Raphael.“, rief er schließlich und bemerkte seinen genervten Blick ihm gegenüber. „Oh, Prinzesschen. Was willst du denn?“. Er drehte die Flamme des Gasherds runter und wandte sich dem Schwertkämpfer zu. Missmutig musterte er ihn. „In der letzten Zeit hast du doch viel Zeit mit Mei verbracht.“, fing er unsicher an und sah ihn streng an. Unsicher, ob er ihn wirklich darum bitten soll. „Und wenn? Eifersüchtig?“. Auf Raphaels Lippen lag ein teuflisches Lächeln, ein Lächeln, das er an ihm hasste. Dieser Typ hat hoffentlich keine schlimmen Hintergedanken. „Es ist ernst, also behalt deine bescheuerten Kommentare für dich.“. Sein Lächeln verging ihm, so schnell wie es auch kam. Auch die lässige Haltung seines Körpers ging in eine aufrechte Haltung über. „Spuck es aus.“. Seine braunen Augen starrten eisern in seine, es muss wirklich etwas Ernstes sein, wenn er so anfängt. „Ich mache mir Sorgen um Mei, aber ich kann mich nicht um sie kümmern. Ich will einfach nicht, dass sie alleine ist.“, erklärte Kanda schließlich. „Warum das? Wenn du auf sie abfährst, dann spiel ich nicht deinen Amor.“, erwiderte er abfällig und wandte sich wieder der Pfanne auf dem Herd zu. „Ich mache mir Sorgen, dass sie etwas Unüberlegtes tun könnte. Hab einfach ein Auge auf sie. Bitte.“. Raphael glaubte sich verhört zu haben, doch bevor er nachfragen konnte, war der Schwertkämpfer auch schon wieder draußen. Was sollte sie schon Unüberlegtes tun können, fragte er sich seufzend und schob die Pfanne beiseite, nachdem er den Herd abschaltete. Aus dem Kühlschrank holte er neue Zutaten und mischte den Teig für eine Tortilla zusammen. Jerry hatte ihm sogar eine richtig scharfe Chorizo besorgt und schnitt diese in den Teig hinein. Mit einem Tablett in der Hand stand der Rotschopf nun vor ihrer Zimmertür. Genervt wandte er sich wieder zum gehen ab, soll das dieser Typ doch machen. „Hab einfach ein Auge auf sie. Bitte.“. Zähneknirschend stellte er sich wieder zur Tür und klopfte schließlich. „Hey, ich bin es. Mach auf.“, murmelte er. Als sich nach einiger Zeit nichts rührte, verließ ein tiefes Knurren seine Kehle. „Mach jetzt auf!“, wiederholte er lauter. Allmählich verließ ihn die Geduld, die bei ihm ohnehin kaum vorhanden war. „Hier ist eine Tortilla. Iss sie, oder du bekommst Ärger!“. Da sie die Tür immer noch nicht aufmachte, legte er das Tablett wütend am Boden ab und lief zum anderen Ende des Ganges, in dem sich sein Zimmer befand. Was dachte sich dieser verdammte Schwerttyp eigentlich, wenn er so auf sie steht, dann soll er sich doch alleine darum kümmern, dachte er verärgert und warf sich in sein Bett. Ächzend zog er seine Jacke noch aus und warf sie auf den Stuhl neben ihm. „Tch, sie ist doch alt genug, um auf sich selbst aufpassen.“, murmelte er und schloss seine Augen. Am nächsten Morgen wurde er von einem penetranten Klopfen geweckt. Er versuchte es zu ignorieren, aber scheinbar gab die Person nicht auf. Wenn es wieder dieser dumme Schwertheini ist, dann fackelt er ihm seine heiß geliebten Haare ab. „Was?!“, fauchte Raphael. Lavi stand vor ihm und lächelte gequält. „Dir auch einen guten Morgen.“. „Hat dich das Prinzesschen vorgeschickt?“. Er sah ihn mit drohendem Blick an. „Nein, ich meine … naja. Ich mache mir auch Sorgen um Mei-chan und Yuu hat mir erzählt, dass du wohl gestern bei ihr warst.“, erklärte er. Der Spanier verengte argwöhnisch seine Augen, er hätte niemals erwartet, dass die Kleine gleich zwei Verehrer hätte. „Tch, mir hat sie nicht aufgemacht. Keine Ahnung was mit ihr ist, vielleicht hat sie ihre Tage. Was weiß ich.“, gab er abfällig zurück und gähnte. „Seltsam, ich war eben dort und mir hat sie auch nicht aufgemacht. Und vor ihrem Zimmer stand auch noch unangerührtes Essen. Lenalee hatte wohl auch keinen Erfolg.“. Raphael stieß den Rotschopf beiseite und lief zu ihrem Zimmer. Das Tablett mit der Tortilla drauf stand wirklich noch unangetastet dort. Sie hatte sich im Krankenhaus so über dieses Gericht gefreut, er konnte nicht glauben, dass sie es diesmal nicht angerührt hat. „Hey! Mach auf!“, brüllte er nun. Wütend zog er die Türklinke hinunter, natürlich war der Raum abgeschlossen. „Wenn du nicht sofort aufmachst, trete ich die Tür ein!“. Er wartete einen Moment, aber es passierte nichts. Der Rotschopf nahm gerade Anlauf an, als sich Lavi dazwischen stellte und ihn stoppte. „W-Warte! Du kannst nicht einfach so die Tür eintreten, Komui hat bestimmt einen Zweitschlüssel.“, erklärte er aufgeregt. „Geh mir aus dem Weg! Bis der Typ antanzt, wird es vielleicht schon zu spät sein!“. Raphael stieß ihn wieder beiseite und schlug die Tür auf. Der Raum war dunkel, aber die einzigen Lichtquellen, kamen aus dem Flur, in dem die jungen Männer standen und der Lichtschein der Morgensonne, der durch das zerbrochene Fenster hinein schien. Vom Krach aufgeweckt, kamen die anderen Exorzisten dazu und blickten verwundert zu den beiden Rothaarigen. „Was ist hier los?“, murmelte Lenalee noch etwas verschlafen. „Die Kleine ist doch nicht etwa abgehauen?“. Mit einem finsteren Blick machte er sich auf dem Weg zu Kanda. Kapitel 9: Flucht ----------------- Auf dem Weg zu Kandas Zimmer verlor der Rotschopf sein Gleichgewicht und stützte sich an der Wand ab. Keuchend krallte er eine Hand in sein Oberteil, an der Stelle über seinem Herzen und rutschte mit schmerzverzerrtem Gesicht zu Boden. Ausgerechnet jetzt, musste sich sein Innocence bemerkbar machen, dachte er fluchend und versuchte sich wieder aufzurichten. Zahlreiche Schweißperlen flossen sein Gesicht und seinem Körper entlang, er fühlte sich, als würde er erneut in den Flammen stehen, wie damals. Nachdem die rote Tätowierung, in Form einer kleinen Flamme, wieder auf seiner Wange erschien, klangen die ganzen Schmerzen allmählich ab. Raphael atmete schwer, die Schmerzen werden von Mal zu Mal schlimmer, dachte er und zwang sich wieder auf die Beine. „Ist alles in Ordnung?“. Fragend blickte er zurück und erkannte Lenalee. Auch wenn sie sich nicht gut verstehen, war er auch ein Teil ihres Zuhauses. Während die anderen nur untätig zusahen oder ihn ignorierten, fasste sich die Chinesin ein Herz und ging zu ihm. „Tch.“. Wütend stieß er sich von der Wand ab und stellte sich vor Kandas Tür. Als er gerade mit der Faust ausholte, um gegen die Zimmertür zu hämmern und nicht nur zu klopfen, hielt er inne, als er den Dunkelhaarigen aus dem Augenwinkel erkannte. „Was ist hier los?“, fragte er, verwundert über die ganzen Leute dort. „Sag mir lieber was du mit der Kleinen angestellt hast?“. Raphael packte ihn und blickte ihm zornig in die Augen. Zischend riss sich Kanda von seinem Griff los und führte eine Hand zu seinem Mugen. „Pack mich noch einmal an und ich töte dich.“. „El huevón, was hast du mit ihr gemacht?“, wiederholte er wütender. Der Asiate sah, wie seine Augen vor Zorn sprühten und umklammerte sein Schwer noch fester. Allein, dass er auf Spanisch fluchte, zeigte ihm, wie wütend er wirklich war. „Was soll ich mit ihr gemacht haben?“. „No me tomes el pelo! Wieso sonst kommst du zu mir, sagst ich soll auf sie aufpassen und jetzt ist sie abgehauen. Also?“, erklärte er und starrte ihm eisern in die Augen. Die Körperhaltung des Dunkelhaarigen lockerte sich und er lief ungläubig zu ihrem Zimmer. Als er das zerbrochene Fenster sah, war ihm sofort klar, wohin sie wollte. „Yuu!“. Lavi lief ihm verwundert nach und sah wie er eilig einige Sachen zusammenpackte. „Calla! Donde vás?!“. Aufgebracht, packte Raphael den Arm des Schwertkämpfers, der sich aber direkt wieder von seinem Griff losriss und ihm sein Schwert an den Hals hielt. „Tch. Wo willst du hin?“. „Lavi, pack deine Sachen zusammen. Wir brechen sofort auf, vielleicht können wir sie noch einholen.“. Der Spanier schlug das Schwert beiseite und wollte ihn erneut packen, als er ihm auswich. Kanda knurrte tief und hielt Mugen vor sich. Wenn er ihn noch einmal anpacken würde, würde er diesmal nicht zögern ihn wirklich anzugreifen. „Wohin gehen wir überhaupt?“. Lavi stellte sich zwischen den beiden jungen Männern, es half niemandem, wenn sie sich jetzt die Köpfe einschlagen und drückte das Schwert zurück. Genervt steckte er sein Mugen in die Schwertscheide zurück und griff nach seiner Tasche. „Yuu!“. „Wir fahren nach Rom.“. Die beiden Rothaarigen sahen sich fragend an. Was sollten sie in Rom? „Hast du ihr etwa doch davon erzählt?“. Aufgeregt lief Lavi seinem Kameraden nach, doch weit kam er nicht, als er von dem Spanier eingeholt und festgehalten wurde. „Was soll er ihr erzählt haben? Worum geht es hier?“, fragte er, mittlerweile verärgert über die ganze Geheimniskrämerei, obwohl es um sein Teammitglied ging. Der junge Mann griff nach seiner Hand, zog sie von sich und seufzte schwer. „Wenn du mitkommen willst, kann ich dir unterwegs alles erklären. Aber nur unter einer Bedingung.“, erklärte er. Raphael verengte seine Augen und sah ihn misstrauisch an. „Du hältst dich zurück. Ich hab keine Lust darauf, dass ihr Zwei euch wieder prügelt.“. Er hatte schon einmal den Schlichter für sie spielen müssen und es war eine Katastrophe gewesen. „Tch.“. Der Rotschopf stürmte in sein Zimmer, stopfte einige Kleidungsstücke achtlos in seinen Rucksack und eilte nach draußen, wo Kanda bereits wartete. Als sie den Bahnhof erreichten und im Zug auch direkt ein freies Abteil für sich fanden, starrte Raphael sein Gegenüber direkt erwartungsvoll und ungeduldig an. „Hast du ihr wirklich nichts davon erzählt, Yuu?“. „Nein.“, erwiderte er knapp und schloss genervt seine Augen. „Spuck es jetzt aus. Was soll er ihr nicht erzählt haben?“, drängte er. „Es ist nicht Meis Schuld, dass sie ihr Innocence nicht kontrollieren kann. Selbst der beste Kompatible könnte ein Innocence nicht kontrollieren, das gar kein Innocence ist.“. „Was laberst du da?“. Das konnte doch nicht sein ernst sein, dachte Raphael. „Als du mit Mei wegen eurer Mission aufgebrochen bist, war ich in Rom. Ich hatte ein seltsames Gefühl bei ihrem Innocence und wollte recherchieren. Oder wie willst du dir sonst erklären, dass ein Exorzist ohne Erfahrung hunderte von Akuma im Alleingang vernichtet?“. „Sie war vorher ein Crow.“. „Ja. Ein Crow, der nicht lange nach ihrer Ausbildung, ganz zufällig zur Kompatiblen wurde. Auch dort hatte sie kaum Erfahrung gesammelt, sie hatte nur wenige Missionen und hat selten gegen Akuma gekämpft. Und wenn, dann war sie nicht alleine, sondern mit einer größeren Einheit.“. „Unsinn. Ich habe sie doch selbst kämpfen gesehen. Sie kämpft wie ein erfahrener Exorzist.“, widersprach der Rotschopf und lehnte sich kopfschüttelnd zurück. Lavi seufzte schwer. „Das tut sie, weil sie von Gladys geführt wird.“, antwortete er und sah, wie sein Gegenüber ihn wieder ungläubig anstarrte. „Gladys ist das Innocence, das von Mei Besitz ergreift und außerhalb ihrer Kontrolle handelt. Er stellt sich als ehrenhafter Ritter dar, der seinen Meister nur beschützen will. In Wahrheit ist er aber nur der Geist, eines verstorbenen Exorzisten, der nach Rache sinnt. Seine Kameraden waren nicht so ehrenhaft wie er und flohen, als sie den Kampf gegen einen mächtigen Akuma verloren hatten. Er fühlte sich wohl im Stich gelassen und strotzte so sehr vor Hass, dass sein Geist sich an dem Innocence festhielt und darauf wartete einen Besitzer mit einem schwachen Herz zu finden, den er für seine Zwecke nutzen kann.“. Raphael brach in lautes Gelächter aus und konnte sich kaum noch beruhigen, was Kanda nur noch mehr auf die Nerven ging. „Okay, die Geschichtsstunde ist vorbei. Was ist es wirklich? Verschmähte Liebe?“, fragte er noch lachend. Lavi seufzte resigniert und blickte hilfesuchend zu dem Dunkelhaarigen neben ihm. „Wenn du zu dumm bist, um die Geschichte zu verstehen, dann steig an der nächsten Station aus und fahr wieder zurück.“, murmelte Kanda genervt und stand auf, um sich die Beine zu vertreten. „Pass auf was du sagst.“, drohte der junge Mann wütend und sprang auf. „Raphael. Wir hatten einen Deal.“. Lavi stellte sich direkt wieder zwischen ihnen und hielt den aufbrausenden Rotschopf zurück. „Es ist faszinierend. Du hast wesentlich mehr Zeit mit ihr verbracht, als Lavi und ich und du kannst sie immer noch nicht einschätzen. Du hast noch nicht einmal einen Blick hinter ihrer Fassade werfen können. Du weißt überhaupt nichts über sie.“, gab der Dunkelhaarige abfällig zurück und verließ das Abteil. Raphael wäre ihm am liebsten an den Hals gesprungen, wie er diesen überheblichen Idioten hasste und ließ sich wütend wieder auf seinen Sitz fallen. „Ist das wirklich wahr?“. „Kardinal Lucio, Meis Ausbilder, hat mir alles so erzählt. Bevor er Kardinal wurde, war er auch ein Crow und war Mitglied von Gladys‘ Einheit. Oder besser gesagt, Remos Einheit. Sein Innocence war eine Hellebarde und eine strahlend silberweiße Rüstung, während Meis pechschwarz ist. Deshalb hat Kardinal Lucio die Rüstung nicht wiedererkannt.“. „Alles schön und gut. Du sagtest, dieser Gladys-Typ hätte auf ein schwaches Herz gewartet und das hätte er anscheinend bei ihr gefunden. Was meinst du damit? Diese penetrant nervige Göre, die sich ständig mit mir anlegt, soll ein schwaches Herz haben? Willst du mich verarschen?“. „Schwaches Herz im Sinne von verletztes Herz. Mei hat sehr früh ihre Eltern verloren und wurde von ihrem Bruder großgezogen, der ihr aber auch von einem Akuma genommen wurde. Ohne sich von ihm verabschieden zu können, wurde sie vom Vatikan aufgenommen und ausgebildet.“, antwortete er. Raphael fiel alles aus dem Gesicht. Kein Wunder, dass sie so wütend war, nachdem er sich über ihr Zuhause lustig gemacht hatte. Die Einheit der Crows, war also nicht nur dazu da, um sie auszubilden. Sondern sie waren auch ihre Familie. Der Rotschopf schluckte schwer, als er an den Tag ihrer Rückkehr zurück dachte und ballte seine Hände zu Fäusten. Er war wirklich das Letzte. Dennoch ergab die Geschichte, zusammen mit Kandas Worten für ihn keinen Sinn. Wenn er in ihrer Haut stecken würde, dann würde er nicht länger das Innocence benutzen wollen, anstatt etwas „Unüberlegtes“ zu tun, wie es der Schwertkämpfer sagte. „Ich gehe mir auch die Beine vertreten.“, erklärte er und verließ das Abteil. Auf der Suche nach dem Asiaten, fand er ihn in dem Zugrestaurant und setzte sich ihm gegenüber hin. „Lavis Geschichte passt nicht zu dem, worum du mich gebeten hast. Und wenn du ihr nichts von dem Innocence erzählt hast, was dann?“. Das Einzige was Kanda an ihm mochte. Raphael redete nie um den heißen Brei herum und kam immer direkt auf den Punkt. „Das geht dich nichts an. Es ist eine Sache zwischen Mei und mir.“, erwiderte er und stand von seinem Platz auf. Mürrisch sah er ihm noch kurz nach, ehe er seinen Blick dem Fenster zuwandte und ächzte. „Darf ich Ihnen etwas bringen?“. Fragend sah er zu seiner Seite und erblickte eine gutaussehende Kellnerin. Brünett, eine üppige Oberweite und eine fantastische Figur. Eigentlich der Typ Frau, für den er sich normalerweise interessiert, aber in diesem Moment irgendwie nichts verspürte. Dabei war sie sogar richtig hübsch, dachte er noch. Wann immer er sich so niedergeschlagen fühlte, würde es ihm nach einigen Gläsern Alkohol wieder besser gehen. Aber was würde das Küken noch von ihm denken, wenn sie ihn angetrunken sehen würde. „Bringen Sie mir einen schwarzen Kaffee.“. „Sehr gerne.“, gab sie mit einem breiten Lächeln zurück. Seufzend sah er ihr noch nach. Sie war wirklich heiß und es entging ihm auch nicht, wie sie immer wieder zu ihm blickte und verlegen lächelte, als sich ihre Blicke trafen. „Bitte sehr.“. Die junge Frau stellte ihm die Tasse hin und wollte gerade wieder gehen, als sie doch noch zurück kam. „Sie sehen irgendwie so unglücklich aus. Bedrückt Sie irgendetwas?“, fragte sie vorsichtig. Verwundert blickte der Rotschopf zu ihr hoch und sah ihr zaghaftes Lächeln. An so einem Punkt würde er die Initiative ergreifen und wie verrückt flirten, aber irgendwie hatte er überhaupt keine Lust darauf. „Ich glaube Ihr Chef braucht Sie.“, erwiderte er und blickte wieder aus dem Fenster hinaus. Er trank den Kaffee in einem Zug aus und verließ das Restaurant. Wahrscheinlich lag ihm nur Lavis Geschichte noch schwer im Magen, er erkannte sich selbst nicht mehr wieder. Außerdem muss er sich auch noch für sein Verhalten ihr Gegenüber entschuldigen. Mittlerweile passierten sie die französisch-italienische Grenze und sie würden in ein paar Stunden Rom erreichen. Raphael betrat das Abteil, in dem die anderen beiden jungen Männer wieder saßen und ließ sich auf seinen Sitz fallen. Er würde nur zu gerne wissen, was das für eine Sache war, die nur Kanda und sie angingen, und zischte genervt, während er den Dunkelhaarigen mit verächtlichen Blicken fixierte. „Hör auf mich anzustarren.“. Der Rothaarige intensivierte seine Blicke nur, wenn er erfährt, dass er seinem Küken irgendetwas angetan hat, dann wird er ihn mit seinem Feuer grillen und seinen Raben zum Fraß vorwerfen. Der Asiate öffnete genervt seine Augen und starrte in die braunen Augen seines Gegenübers. Schon als er ihm das erste Mal begegnet ist, wusste er direkt, dass man mit ihm nur Ärger haben würde. Er sprühte eine Aggressivität förmlich aus, weswegen ihm zu Beginn der Großteil aus dem Weg ging. Lenalee versuchte ihn in die Gruppe zu integrieren und sich mit ihm anzufreunden. Vergeblich. Er tat alles erdenkliche, damit sich die Leute im Orden von ihm fern hielten. Auf seiner ersten und gleichzeitig letzten Mission mit ihm, blendete er sein Team aus, sodass Lenalee dabei schwer verletzt wurde und ein anderes Mitglied, sowie ein Finder den Tod fanden. Dabei waren sie erst elf Jahre alt. Obwohl Kanda oft behauptete, verletzte Kameraden zurückzulassen und ihnen in Not nicht zu helfen, konnte er es letztendlich doch nie tun. Und deswegen hasste er ihn. Auch wenn er später General Sokaro untergeordnet wurde, bei einer Mission wieder jemand ums Leben kam und er daher von ihm hart bestraft wurde, verachtete er ihn weiterhin. Es gefiel dem Asiaten daher überhaupt nicht, dass Mei mit ihm in einem Team war, aber er wusste, dass es keinen Sinn hatte mit dem angsteinflößenden General zu diskutieren. Zumindest konnte er sich sicher sein, dass Raphael auf sie aufpassen würde, denn er konnte sich denken, dass er sich vor weiteren Strafen fürchtete und es nicht riskieren wollte, wenn ihr wegen ihm etwas zustoßen würde. Wütend wandte er seinen Blick wieder zum Fenster, er spürte wieder die Wut in ihm aufkochen und die Lust ihn zu töten. Raphael musterte ihn misstrauisch, er sah wie seine Hand zitterte und er sie schließlich zu einer Faust ballte. Ihn würde interessieren, was ihm durch den Kopf ging, als er ihn so wütend angestarrt hat. Seufzend lehnte er sich zurück und schloss seine Augen. Eigentlich konnte er sich schon denken, woran er gedacht hat. Aber das sind jetzt acht Jahre her. Unsanft wurde der Rotschopf von jemandem wachgerüttelt und packte wütend dessen Hand. „Erschreck mich nicht so, Raphael. Wir sind gleich in Rom.“, erklärte Lavi mit einem verlegenen Lächeln und stellte sich wieder zu dem Blauhaarigen. Mürrisch stand er auf und streckte sich, ehe er sich zu den anderen Exorzisten gesellte und mit ihnen den Zug verließ. Die kleine Gruppe machte sich auf dem direkten Weg zum Vatikan und die Zentrale des Ordens. Als sie dort ankamen betraten sie die Zentrale und zumindest Kanda ging vom Schlimmsten aus, doch es war alles ruhig und die Priester und Kardinäle gingen friedlicher ihrer Arbeit nach. Lavi ging zu einem Priester und fragte ihn nach Lucio, als sie von dem jungen Mann zu dem alten Kardinal geführt wurden. „Kardinal! Sind Sie Mei begegnet?“, fragte Lavi aufgeregt und wurde fragend von dem alten Mann angesehen. „Lavi! Was machen Sie denn wieder hier? Gibt es erneut Probleme mit dem Kind?“. „Beantworte seine Frage, alter Mann!“, blaffte Raphael ungeduldig. „Ich verbitte mir solch eine Umgangsform, junger Herr. Was ist denn überhaupt los?“, erwiderte Lucio streng und blickte wieder zu dem bekannten Rotschopf. „Mei ist weggelaufen und Yuu vermutet, dass sie hierher kommen würde.“. Der Grauhaarige schob seine Brille zu Recht und sah die Exorzisten skeptisch an. „Bitte? Das Kind ist weggelaufen? Grundgütiger, was ist geschehen? Ich habe sie nicht zu Gesicht bekommen.“, antwortete er bestürzt. „Der Typ hier, hat ihr irgendetwas erzählt und deswegen ist sie wohl abgehauen.“. Raphael warf einen schuldbehafteten Blick auf den Schwertkämpfer neben ihm. Lucio sah Kanda eindringlich an. „Kann ich Sie unter vier Augen sprechen?“. Sein Blick verfinsterte sich, aber er hatte keine andere Wahl, als ihm von dem Projekt zu erzählen. So wie er die junge Frau erlebte, in Verbindung mit der Geschichte ihres Innocence, vermutete er das Schlimmste und solange sie nicht hier war, musste er ihn einweihen, damit er ihn beschützen könnte. „Ich halte draußen die Stellung.“, erklärte Raphael als Vorwand, den Raum zu verlassen und beschwor schließlich einen Raben, den er den beiden Männern hinterherschickte. Da Kanda ihm nichts sagen wollte und er es von Mei bestimmt auch nicht erfahren würde, müsste er dann so an diese Information kommen. Er hörte alles klar, was sein Rabe auch hörte und sein Körper spannte sich an, nachdem er alles mitbekommen hatte. Der junge Mann schluckte schwer und starrte in die Leere, die Kleine war ja echt arm dran, dachte er. „Du hast noch nicht einmal einen Blick hinter ihrer Fassade werfen können. Du weißt überhaupt nichts über sie.“. Als er an Kandas Worte zurückdachte, spürte er einen seltsamen Schmerz in seiner Brust und fasste verwundert dorthin. Wieso schmerzte sein Herz? Warum versetzten ihm diese Gedanken so schreckliche Schmerzen? Waren es Schuldgefühle? Schuldgefühle, weil er sich ihr gegenüber wie das letzte Arschloch verhielt? Er würde sich auf jeden Fall bei ihr entschuldigen. Als er den Raum wieder betreten wollte, hörte er ängstliche Schreie der Männer im Stockwerk unter ihm und warf einen neugierigen Blick über das Treppengeländer. Sein Teammitglied stand da, in ihrer dunklen Rüstung und von Staub umgeben, der aufgewirbelt wurde, nachdem sie Tür durchschlug. Panisch versuchten die Priester zu fliehen, als sie sich ihnen in den Weg stellte. Raphael beschwor einen Feuerball, den er auf sie abfeuern wollte, doch er hielt inne. Mei erhob ihre Hellebarde und ließ sie auf die verängstigten Männer niedersausen, da feuerte er die Flammenkugel ab und zielte auf die dunkle Klinge. „Tch.“. Der junge Mann sprang über das Geländer und landete vor ihr. Die blutroten Augen ihres Innocence hafteten nun auf ihm, während die Gehilfen den Moment nutzten und wegliefen. „Ich weiß Bescheid. Jeder der seine Dreckspfoten an mein Küken legt, wird kalt gemacht.“, drohte er und starrte ihn eisern an. Ein schallendes Gelächter brach aus, dass es sich nach einem Mann anhörte, wunderte ihn nicht. Er hatte es bereits vermutet. „Da ich jetzt die volle Kontrolle habe, wirst du mich mit deinen Flämmchen nicht ein zweites Mal besiegen.“, erwiderte er, immer noch lachend. Gladys beruhigte sich, als er seinen finsteren Blick sah und hielt die Hellebarde angriffsbereit vor sich. „Nun geh mir aus dem Weg!“. Er stürmte auf den Rotschopf zu und schlug ihn mit so einer Wucht zurück, dass die Wand, an der er abprallte, bröckelte. Ächzend richtete sich der junge Exorzist wieder auf und wischte sich das Blut weg, das an seinen Mundwinkeln herunter rann. „Bastard. Such dir jemand anderen für deine kranken Spielchen und lass sie in Ruhe.“. „Kranke Spielchen? Ich erfülle nur den Wunsch meines Meisters. Der Orden hat sie verraten und für ihre Zwecke ausgenutzt. Jetzt will sie Rache.“, erklärte Gladys mit einem teuflischen Lachen. „Raphael!“, rief Lavi nach dem Exorzisten und erblickte ihn zusammen mit Meis Innocence. Gemeinsam mit Kanda sprang er zu ihm hinunter. „Calla la boca, que te arrepentirás! Du jämmerlicher Schwächling. Wenn du dich nicht freiwillig verpisst, dann-.“. „Dann?“. Der dunkle Ritter verengte seine leuchtenden Augen und lachte amüsiert. Kanda blickte zu dem Spanier und sah seinen unglaublich hasserfüllten Blick. Er trat vor und zog sein Schwert, was den aufbrausenden Exorzisten irritierte. „Ich lasse nicht zu, dass du sie verletzt. Deswegen mach dich einmal nützlich und bring die Leute in Sicherheit.“. Seine Worte brachten den schon aufgebrachten Raphael zum explodieren. „Lárgate! Ich werde den Penner in seine Einzelteile zerlegen und ihn wieder zurück in die Hölle schicken.“, schimpfte er. Lavi versuchte ihn zurückzuhalten, doch er riss sich von ihm los und packte den Schwertkämpfer. „Sei still und verschwinde. Hör endlich auf dich wie ein Idiot aufzuspielen.“, erwiderte Kanda zornig und schlug ihn zurück. Dieser Typ ging ihm fürchterlich auf die Nerven und ausgerechnet jetzt muss er sich querstellen. Der Blauhaarige wollte ihm gerade noch etwas an den Kopf werfen, als er von Gladys zurückgeschlagen wurde. „Ah, wie mein Meister euch beide hasst. Abgrundtief. Deshalb nehme ich mir auch ihre anderen Wünsche zu Herzen und töte euch!“. Er schwang die schwarze Hellebarde um sich und holte erneut zum Schlag aus. Im letzten Moment richtete sich Kanda wieder auf und blockte seinen Angriff ab. „Das soll sie mir selbst ins Gesicht sagen!“, brüllte Raphael und griff den Gegner an, doch seine Feuerbälle deckten nur den Schwertkämpfer ein, da Gladys schnell genug war um auszuweichen. „Verdammt, Raphael!“. Lavi eilte zu seinem Freund und tastete in dem dichten Rauch nach dem jungen Mann. Dieser sprang auf und griff den Exorzisten mit seinem Mugen an. Bei diesem Anblick ging das Herz des Ritters auf und er sah ihnen freudig zu. „Du widerst mich an. Stirb einfach!“. Es war ihm egal, ob er auch ein Exorzist ist und damit eigentlich sein Kamerad, aber er hasste ihn so sehr, wie er keinen anderen hasste. Er verabscheute ihn und wünschte sich nur noch seinen Tod. Raphael hielt sein Schwert mit der bloßen Hand fest, aber dem Druck, den er immer mehr aufbaute, könnte er nicht mehr lang standhalten. Zu sehr ist er von seinem hasserfüllten Blick erschrocken. Seine Hand blutete bereits fürchterlich und wenn er nichts unternimmt, wird die scharfe Klinge durch seine Knochen gleiten. „Tch.“. Der Rotschopf konzentrierte seine Kraft in die Hand und brachte damit, an der Stelle die von seiner Hand umfasst wurde, die Klinge zum glühen. Wenn er sie nicht bald wegzieht, würde das Stahl schmelzen und das Schwert unbrauchbar werden. „Yuu! Hör auf!“, rief Lavi und zog an dem Dunkelhaarigen, doch dieser hielt seinem Zerren stand, zu groß war der Hass auf diese Person vor ihm. „Was zum Teufel habe ich dir getan?“, schrie Raphael ihm entgegen. Kanda zog sein Schwert zurück und hielt Ausschau nach Gladys. „Verdammt! Wo ist er hin?“. Nur wegen ihrer Auseinandersetzung, konnte er verschwinden, dachte er wütend und eilte die Treppe hoch. Er sah wie der dunkle Ritter den Kardinal festhielt und ihn töten wollte. Eilig lief er zu ihm und schlug mit seinem Schwert auf ihn ein, nur damit es an der Stahlrüstung mit einem lauten Klirren abprallte und zersprang. Kanda starrte mit blankem Entsetzen auf die Metallscherben die vor ihm in der Luft flogen und wurde von einem wuchtigen Schlag mit der Hellebarde direkt erwischt. „Yuu!“. Lavi musste sich mit ganzer Kraft gegen ihn stemmen, nachdem er seinen Freund abfing. „Idiot! Das Schwert war aufgeheizt und du greifst so diesen Bastard an?“. Schimpfend stellte sich der temperamentvolle junge Mann vor ihnen. „I-Ihr müsst … ihn zerstören! Wenn … wenn ihr ihn nicht … zerstört, wird das … wird das Kind nur … noch mehr leiden.“. „Schweig!“, brüllte Gladys und warf ihn gegen die Bücherregale, die, durch den starken Aufprall bedingt, zu kippen drohten. „Großer Hammer, kleiner Hammer! Wachse!“. Das Innocence an Lavis Hüfte reagierte auf seinen Befehl und wurde länger und länger, bis er an das Bücherregal stieß und er wieder zurückdrückte. Trotzdem kippte das andere Regal und fiel direkt auf die Beine des alten Kardinals. Sein lauter schmerzerfüllter Aufschrei hallte durch den Raum und ließ Gladys aufschrecken. Die Rüstung schepperte laut und das kratzende Geräusch von Metall an Metall ertönte, als er sich an den Kopf fasste. Einige Mitglieder der Crow-Einheit kamen am Ort des Geschehens an und bündelten ihre Kräfte, um den Eindringling zu vernichten. „Hört … auf! Haltet … euch zurück!“, befahl Lucio streng. „R-Remo. Benutze kein … unschuldiges Kind für … für deine Rache.“. Der Kardinal streckte einen Arm nach dem dunklen Ritter. Seine Kopfschmerzen wurden nur schlimmer und sie zwangen den beständigen Krieger in die Knie. „Lucio? Bist … du es?“. Er wandte seine blutroten Augen zu dem alten Mann und erkannte schließlich die Ähnlichkeit zwischen ihm und seinem damaligen Freund. Denn nur dieser nannte ihn bei seinem richtigen Namen. „Bitte verzeih … mir. Ich war damals … nicht dort … nicht bei dir … mein Freund.“. „Wo ist Remo?“. Lucio lief schweratmend auf die verletzen Exorzisten zu, die im der Zentrale versorgt wurden. Er wusste, welcher Einheit sein bester Freund angehörte, doch er war nicht bei ihnen. „Remo? Wer ist das?“. „Ich meine Gladys! Wo ist er denn?“. Der junge Mann sah die Gruppe ungeduldig an, die sich nur gegenseitig unsicher ansahen und schließlich mit einem schuldbehafteten Blick zu Boden blickten. „Wo ist er?“, wiederholte er drängender. „Er … er liegt wahrscheinlich noch in Marcigliana.“, murmelte letztendlich einer. Erschrocken wollte er zuerst fragen, ob das ihr Ernst sei, ihn zurückgelassen zu haben, doch er hielt sich zurück und lief aus dem Gebäude hinaus. Es regnete in Strömen, die die Sicht des Crows beeinträchtigten und die Suche erschwerte. Nach zwei Stunden erreichte Lucio schließlich das besagte Gebiet Marcigliana und er sah wie sich ein Level-Zwei Akuma an dem Körper eines Exorzisten nährte. Mit seinen mächtigsten Zaubern vernichtete er den Dämon und eilte zu dem gefallenen Kameraden, nur um einen entstellten Körper neben einer blutbefleckten Rüstung, die vorher noch in einem hellen Silber erstrahlte, aufzufinden. Der junge Mann fiel erschrocken auf die Knie und wischte die dunkelroten Flecken vom Stahl der Rüstung ab. Der Brustpanzer der direkt vor ihm lag, hatte die Verzierungen, wie die Rüstung seines besten Freundes, Remo. Daneben fand er einige Teile, die zu der Hellebarde gehörten, auf die er immer so stolz war. Lucio versuchte seine Tränen zu unterdrücken, er war wie ein Bruder für ihn gewesen. „Hey … hast du nicht immer gesagt, dass du ein ehrenhafter Krieger wärst? Ein ehrenhafter Krieger lässt sich niemals besiegen, schon gar nicht von einem Akuma.“, stammelte er mit zittriger Stimme und er legte seine Stirn auf das kalte Stahl der Rüstung. „Wieso?!“. „Wieso … Remo? Ein ehrenhafter … Krieger tut nie … nie etwas Unrechtes.“. „Sei still!“. Die lähmenden Schmerzen ließen nach und Gladys sprang auf, um den Kardinal zu töten, als er plötzlich von hinten festgehalten wurde. „Hatte ich dir nicht gesagt, dass mein Feuer absolut jedes Metall zum Schmelzen bringt?“. Raphaels drohende Stimme hinter ihm, ließ ihn inne halten und er versuchte den jungen Mann abzuschütteln. Aber es war schon zu spät, nur weil er für einige Sekunden unachtsam war. „Lucio! Hilf mir! Wenn du mir schon damals nicht helfen konntest, dann tu es jetzt!“. Der alte Mann überlegte kurz und lächelte den dunklen Ritter an. „Ja. Ich werde dir helfen. Ich werde dir helfen, wieder dorthin zu kommen, wo du hingehörst. Auch wenn du mein Freund bist, du hast meine Schülerin verletzt und ausgenutzt. Das kann ich dir nicht verzeihen.“. „Verdammt seist du!“, brüllte Gladys noch in seiner Verzweiflung. Mit einem lauten Zischen heizte der Rotschopf das Metall der Rüstung solange auf, bis sich die Verwandlung auflöste und Mei bewusstlos in seine Arme fiel. „Ihr müsst das Innocence zerstören! Sonst wird dieser Albtraum nie ein Ende finden.“. „Nichts lieber als das, alter Mann.“. Mit einem schelmischen Grinsen nahm er das schwarze Kreuz in seiner Hand und ließ es in Flammen aufgehen. Lavi eilte zu dem Kardinal und hob das schwere Regal, das noch auf dem Mann lag, mit Hilfe seines Hammers, an. Vorsichtig lunzten einige Lehrlinge in den Raum hinein und sahen den verletzten Kardinal, zu dem sie besorgt eilten. „Macht euch keine Sorgen, Kinder. So schnell werde ich nicht sterben.“, erwiderte er lachend und blickte wehmütig zu dem bewusstlosen Blondschopf in den Armen des Exorzisten, die langsam wieder zu sich kam. Ächzend richtete sie sich auf und sah sich fragend im Raum um. Mei schluckte, als sie ihren Ausbilder, Kanda und Raphael erblickte. Letzterer hielt sie in seinen Armen und sie drückte sich überfordert von ihm weg. „L-Lavi.“. Leicht schwankend lief sie zu dem Rotschopf hin, umklammerte seinen Arm und vergrub ihr Gesicht darin. „Bitte bring mich hier weg.“. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)