Lass los von DoctorMcCoy ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Du hockst auf der Ecke der Fensterbank und schaust in das Zimmer. Jedes Lachen eines Kindes kann etwas Schlimmes wieder gut machen. Einen Rosenkrieg, vielleicht sogar eine Explosion. Aber bei dem Anblick dieses Kindes zweifeltest du, ob je wieder etwas gut werden würde. So viel Schmerz liegt in ihrem Blick, dass es sogar dein kaltes Herz berührt. Vorsichtig legst du deinen Finger auf die Glasscheibe und lässt sie einfrieren. „Elsa“, flüsterst du leise, als das Mädchen aufsteht und zum Fenster hinüber geht. Sie scheint verwirrt. Sie schaut auf ihre Hände, fragt sich vermutlich, ob sie es selber gewesen ist. Du lächelst und pustest sachte gegen die Scheibe. Kleine vogelähnliche Gestalten lösen sich aus dem Eis und fliegen über das Glas. Elsa greift nach dem Griff und öffnet das Fenster. Sofort schlüpfst du geschmeidig in das Zimmer und betastest jeden Zentimeter mit deinen Zehen. Das Zimmer ist kalt. Das merkst du sofort, obwohl dir sonst die Kälte nichts ausmacht. Es ist auf eine andere Art kalt. „Elsa“, sagst du noch einmal. „Du musst keine Angst haben.“ Aber sie blickt nur durch dich hindurch wie alle anderen Kinder. Sie hört dich nicht, sie sieht dich nicht. Ihr seid alleine. Jeder für sich. * * *   Bis auf den Berg hinauf folgst du ihr. Du willst ihr helfen, ihr den Schmerz nehmen. „Elsa“, flüsterst du und trittst einen Schritt näher. „Sperr dich nicht ein.“ Als ob sie dich gehört hat, lässt sie endlich los. Sie spielt mit ihren Kräften, erschafft glitzerndes Eis. Es sieht aus wie Silberglanz, der durch die Luft tanzt. Ein Lächeln legt sich auf deine Lippen. Sie sieht so glücklich aus. Je mehr Wunder sie erschafft, desto breiter wird dein Lächeln. „Es ist wunderschön!“ Ruckartig hören ihre Bewegungen auf und sie dreht sich langsam um. Mit Entsetzen mustert sie dich. „Wer bist du?“ Im ersten Moment bist du sprachlos. Sie kann dich sehen? „Verschwinde!“, kommt es direkt hinterher, als ob es plötzlich egal wäre, wer du bist. Sie rennt weg. „Lass mich allein!“ Den ersten Schock überwunden, fängst du an, ihr hinterherzulaufen. „Warte, Elsa“, rufst du, aber sie reagiert nicht. Du schwenkst deinen Stab, woraufhin der Schnee vor ihren Füßen in die Lüfte steigt und eine Mauer bildet. Sie dreht sich langsam wieder um. „Niemand sollte alleine sein.“ Ungläubig sieht sie sich dann, schüttelt den Kopf. Du streckst deine Hand zu ihr hin, lässt eine übergroße Schneeflocke entstehen. „Mein Name ist Jack Frost.“ * * *   Der Schneesturm tobt wild über die gesamte Stadt. Elsa sieht verzweifelt aus, schlingt die Arme um ihren Körper. Sie versucht, es wieder einzusperren. „Hör auf, Elsa“, flehst du sie an. Du hast bereits versucht, es zu kontrollieren, aber es ist nicht nur Eis und Schnee. Es ist ihr Werk. Darüber hast du keine Macht. „Ich weiß nicht wie.“ Eine einzelne Träne rinnt über ihre Wange. „Du kannst es“, sagst du zuversichtlich. „Versuch es nicht einzusperren, lass es los.“ Du ergreifst ihre Hand, aber sie zieht sie zurück. „Es ist unkontrollierbar. Ich habe es versucht. Mein ganzes Leben.“ Du schüttelst den Kopf. „Du hast es nur unterdrückt. Du hast dich eingesperrt, nichts mehr gefühlt. Lass endlich los! Sei frei!“ Sie schaut auf, sieht dir in die Augen. Unsicherheit liegt in ihrem Blick. „Schließe die Augen und fühle.“ Sie folgt deiner Anweisung, aber nichts geschieht. Du spürst, wie sie sich wieder anspannt. Ohne länger darüber nachzudenken, bückst du dich zu ihr herunter und legst deine Lippen auf die Ihren. Elsa entspannt sich, wird ruhiger. Als du dich wieder von ihr löst, tanzen die Schneeflocken voller Freude um euch herum. Sie lächelt. Ihr Blick ist voller Liebe. Sie dreht sich um und lässt das Eis schmelzen. Mit einer einzigen Bewegung schickt sie die Kälte fort, als ob sie es schon immer getan hat. Die Wärme kehrt zurück. Blumenduft breitet sich aus. Der Sommer kommt wieder. Freudig lacht sie auf. Sie lacht und lacht, ist komplett befreit, bevor sie erschrocken zusammen zuckt. Schlagartig dreht sie sich um. Du bist verwirrt, noch verwirrter, als sie plötzlich auf dich zuläuft und dir um den Hals fällt. „Du bist noch da“, flüstert sie erleichtert. Deine Arme legen sich um ihren Körper. „Ich gehe nirgendwo hin.“ Solange sie an dich glaubt, kannst du bleiben. „Ich bleibe bei dir.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)