Melodie der Einsamkeit von by_my_side (Wie geht man mit seiner Vergangenheit um?) ================================================================================ Kapitel 1: Melodie einer Fremden -------------------------------- „Du brauchst dir deswegen keine Gedanken zu machen“ Die Worte des dritten Hokage verfolgten ihn diesen Märznachmittag, seit er den Hokageturm verlassen, und in seine zu kleine Einzimmerwohnung zurückgekehrt war. Das Zimmer war wie immer wunderbar aufgeräumt, obschon hier kaum jemand als er selbst, diese Wohnung betrat. Auch das Ergebnis seiner letzten Mission konnte sich sehen lassen, so wie man es von ihm gewohnt war. Trotzdem: Noch unablässiger als Hiruzens Worte, verfolgten ihn die Gedanken an diese andere Mission vor einigen Tagen. Er hatte die Gesichter der Banditen längst vergessen, ausser dieses. Dieser Junge, angeheuert als Söldner… Er war keiner von ihnen, sondern nur der loyale Schüler seines Senseis. Er wollte ihn nicht umbringen! Doch es war geschehen, es war seine Schuld. Er hatte ihm das Leben genommen. Einem Jungen, der noch sein ganzes Leben vor sich hatte. Es ging viel zu schnell. Es hätte nicht passieren sollen! Doch er war schuldig. Dieser Junge befolgte blind und vertrauensselig dem Willen seines Senseis, und ist für ihn gestorben, wie er es gewollt hatte. Aber dieser Umstand konnte ihm kein besseres Gefühl geben und auch sein Gewissen nicht erleichtern. Die Mission hat er erfolgreich abgeschlossen. Doch er wusste, dass es darauf nicht ankam. Plötzlich wurde er sich wieder bewusst, dass er sich in seinem eigenen Zimmer befand. Schon viel zu lange sass er noch immer, oder man sollte besser sagen, wie immer in Uniform auf seinem Bett. Eigentlich sollte er schon längst an solche Erfahrungen gewohnt sein, doch ist das wirklich irgendjemand? Wenigstens konnte er sich durch den letzten Auftrag auf etwas anderes konzentrieren, aber Hiruzen hatte gemerkt, dass er immer noch an ihn dachte. Aber jetzt? Er versuchte zunächst, sich mit dem Flirtparadies abzulenken. Dies war meist seine effektivste Methode. Er nahm das Buch zur Hand, aber selbst nach einigen Minuten, starrte er ständig nur auf die gleiche Seite. Es half nichts. Er musste raus. Sein Ziel? Nach kurzem Zögern entschied er sich für den Platz, an den er sonst in solch einem Gemütszustand hinging. Doch heute sollte er nicht am Gedenkstein ankommen. „Kakashi, da bist du ja!“, rief eine unüberhörbare Stimme über die von Menschen gefüllte Strasse „Warte mal!“. Endlich hörte Kakashi seinen Freund und drehte sich überrascht um. „Du hast mich wiedermal ziemlich gut ignoriert, Kumpel“, sagte Gai ein wenig beleidigt. „Entschuldige, das war diesmal nicht meine Absicht“ „Wie auch immer. Gut dass ich dich treffe. Ich wollte dich heute in eine Bar einladen. Ich hab gehört, da gibt’s was Neues. “ „Was Neues?“, fragte Kakashi nicht sonderlich interessiert. „Eine Art…Vorstellung zur Unterhaltung…Gehen wir einfach mal hin.", schlug Gai begeistert vor. Das war zwar nicht Kakashis Plan, aber so würde er sicher abgelenkt werden. Er folgte Gai durch die belebten Strassen, ohne die besagte Bar zu kennen. Noch war die Sonne nicht untergegangen und warf ihre Strahlen auf die Konohabewohner. Da es aber bereits Zeit zum Abendessen war, sammelten sich nun mehr Leute in den Restaurants und Beizen. Gai zeigte ihm den Eingang zu einem unauffälligen Lokal, in welchem sie ihren Sitzplatz in der Nähe einer minimal erhöhten Bühnenplattform einnahmen. Die Einrichtung wirkte recht modern, aber unter den Gästen gab es wenig jüngere als er. Leute plauderten miteinander, man hörte Gläser klirren und das Knarren der Dielen. Sie bestellten Sake. „Und wie läuft‘s mit deinen ersten Schülern Kakashi?“ „Nun ja, nicht gerade hervorragend. Seitdem wir vom Reich der Wellen zurück sind, gibt es zwischen den beiden Jungs einen regelrechten Konkurrenzkampf. Sogar schlimmer als zuvor, falls das überhaupt noch zu übertreffen war. Ich hoffe, dass wird mit der Zeit vergehen. Sie sind ja noch jung“, meinte Kakashi. „So wie du damals?“, fragte Gai neckisch. „Haha, du kannst dich also noch daran erinnern? Ja, früher war ich auch so…Du kannst vielleicht nachvollziehen, wie sehr mich Sasuke an mich selbst erinnert, als ich noch jung war“ „Zwar kenne ich ihn nicht persönlich, aber von dem, was du mir über ihn erzählt hast, kann schon sein. Aber glücklicherweise bist du nicht mehr so arrogant wie früher!“, musste Gai zugeben. „Naja, man ändert sich und wir sind eben nicht mehr die Jüngsten“. Empört stand Gai auf: „Na hör mal! Wir sind doch erst 26! Ich strotze doch nur so von jugendlicher Kraft!“. „Hier kommt Ihr Sake, meine Herren“, unterbrach die Bedienung, und überreichte ihnen zwei kleine Tässchen, in welche sie die durchsichtige Flüssigkeit aus einer kleinen weissen Flasche goss. Die beiden bedankten sich und stiessen an. Als Kakashi sich mit der einen Hand der Maske, und mit der anderen, die die Tasse hielt, dem Mund näherte, glotzte Gai ihn angespannt an. Kakashi hielt inne: „Ist irgendwas?“ „Oh, nein überhaupt nicht“ Misstrauisch untersuchte Kakashi seinen Kameraden. Nicht einmal Naruto hätte übersehen können, dass Gai irgendwas im Schilde führt. „Ach so…Mein Gesicht wirst du heute nicht sehen“, entschied Kakashi keck, drehte sich um und leerte die Tasse in einem Zug, ohne dass Gai etwas davon sehen konnte. Er legte das leere Tässchen auf den Tisch und seufzte. Gai fixierte ihn aber weiterhin in seinem Blick und umklammerte seine Tasse mit den Händen, als er ihn fragte: „Hast du den Sake jetzt getrunken?“ „Ja klar, ich leere doch nichts auf den Boden. Du kannst auch trinken“, beantwortete Kakashi, etwas irritiert durch Gais Anblick. Doch da sprang Gai wieder hoch, diesmal freudig: „Haha, ich habe gewonnen!“ Mit vor Freude zusammengekniffenen Augen fuchtelte er freudig mit seinen Armen umher und feierte seinen Sieg. Völlig verdutzt starrte Kakashi ihn an, bis es ihm wie Schuppen von den Augen fiel: „…Dass ich das vergessen konnte!“. Er fasste sich ernüchtert an die Stirn. Er hatte vor einiger Zeit eine „Gedächtnis-Ablenk und Durchhaltewette“ mit Gai geschlossen, in dem derjenige verliert, der bei ihrem nächsten Treffen zuerst Sake trinkt. Diese hatte er nun verloren. „Gut, du hast gewonnen! Aber bitte setzt dich wieder, die Leute fühlen sich sonst belästigt...“, versuchte Kakashi ihn zu beruhigen. „Du weisst, was das für dich bedeutet, Kakashi?“, fragte Gai mit einem schelmischen Grinsen während er sich setzte. „Nein, noch nicht, aber du wirst es mir jetzt bestimmt verraten“ „Nun, es hat mit dem heutigen Auftritt zu tun. Ich sage es dir, wenn es soweit ist“, lehnte sich Gai zurück. In diesem Moment betrat eine schlanke Frau mit blonden, hochgesteckten Haaren die Bühnenplattform. Sie trug ein elegantes Kleid und hielt ein unbekanntes Saiteninstrument in der Hand. Sie setzte sich auf einen Hocker und gleich zischten einige Gäste nach Ruhe, um der fremden Frau und ihrem Spiel zuhören zu können. Die Geräusche verstummten, die Gläser standen still und die Frau zupfte gekonnt eine Einleitung mit ihren zierlichen Fingern und fing an zu singen: „Es ist in Ordnung, wenn du keine Antwort hast; suche weiterhin danach. Du hast Recht, wir sollten uns wie Erwachsene benehmen. Ach, Am liebsten würde ich es dir jetzt sofort sagen aber ich weiss mein Zittern würde nicht anhalten, und mein Herz schreit nun im unpassendsten Moment zu mir, davonzulaufen. Ich brauche dich An meiner Seite“ Sofort traf Kakashi ihre glasklare, gefühlvolle, weibliche Stimme, die scheinbar ohne Anstrengung jegliche Intervallfolgen problemlos über ihre Lippen springen liess. Die Akustik in der Bar war furchtbar, doch hallte ihre angenehme Stimme ihn Kakashis Ohren weiter. Kakashi schloss seine Augen und war ihrem Gesang ganz nahe. Er konnte sich in dem Moment vollkommen auf das Lied und ihren Klang konzentrieren und alles andere, das ihn heute beschäftigt hatte, einfach beiseiteschieben. Das war ihm sonst nur mit seiner Lieblingsbuchreihe gelungen. „Deshalb brauche ich dich jetzt hier An meiner Seite“ Der letzte Ton Klang aus. Das Spiel war zu Ende. Kakashi öffnete seine Augen. Viele Gäste applaudierten begeistert, und die Wenigen bereits Angetrunkenen (Gai mit eingeschlossen) jubelten übertrieben. Kakashi klatschte zurückhaltend. Die Frau schien sehr gerührt und wollte sich bedanken. Sie versuchte mit beschwichtigenden Gesten, die Menge wieder zur Ruhe zu bringen. Allmählich klang der Beifall aus, als die Gäste begriffen, dass die Dame noch etwas sagen wollte. Ohne Scheu sagte sie: „Danke vielmals! Es freut mich, dass mein Lied euch gefallen hat. Ich heisse Melodie Kodoku. Wie ihr vielleicht erkannt habt, komme ich nicht aus Konoha, sondern aus einem kleinen Dorf weit weg von hier. Ich kenne Konoha noch nicht, aber ich wurde schon freundlich aufgenommen und darf in diesem Lokal einige Zeit aushelfen und Vorstellungen geben. Dafür bin ich sehr dankbar. Danke für den Empfang.“ So beendete sie ihre Rede und wollte bereits die Bühne verlassen, als Gai abermals von seinem Sitz aufsprang und lauthals rief: „Warten Sie! Mein Freund will Ihnen etwas vorsingen!“ Er wies auf Kakashi, der sprachlos von rechts nach links blickte, als ob er darauf hoffte, jemand anderes könnte gemeint sein, der die Aufmerksamkeit auf sich lenken würde. „Ich soll…singen?!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)