Wenn man vom Teufel spricht... von Anemia (Fortsetzung zu "Der Teufel soll dich holen...") ================================================================================ Kapitel 1: Kratzbürste ---------------------- 1. Kapitel - Kratzbürste       Ich hätte der Letzte sein sollen, der an Engel glaubte. Doch ab diesem einen Augenblick, da wusste ich, dass es nicht nur Schwärze gab, die die Menschen einhüllte, sie hässlich und starr machte.   Es gab eine Hölle, ich hatte sie selbst gesehen. Doch ohne Schwarz konnte kein Weiß existieren. Deswegen musste es auch einen Himmel geben. Und ich war mir so sicher, dass er ihn mit eigenen Augen gesehen haben musste.     Ich benötigte keine Karte. Ich brauchte keine Straßennamen oder sonstige markante Anhaltspunkte, um mich orientieren zu können. Lediglich meine Sinne führten mich an jenen Ort, an dem der Meister mich haben wollte. Es berührte mich schon längst nicht mehr, zu sehen, wie ein Auto in ein anderes krachte und die beiden Fahrzeuge augenblicklich in Flammen aufgingen. Nicht mal der Knall vermochte mich zu erschrecken oder die Schreie der Menschen, von Todesangst erfüllt. Die Zeit hatte mich zu einem zähen Tier verkommen lassen, vielleicht sogar zu einem Mann ohne jegliches Mitgefühl, wie ich immer dann glaubte, wenn ich überhaupt nichts fühlte, selbst dann nicht, wenn ich das Leid der Menschen förmlich in ihren Augen sehen konnte. Keine einzige Welle wusste mein Herz zu erweichen. Trauer und Schmerz, das kannte ich nicht. Lediglich Wut und Lust, Dominanz und Unterwürfigkeit, das waren für mich geläufige Dinge, Sachen, mit denen ich es jeden Tag konfrontiert wurde. Es erschien mir so unwirklich, das Feuerinferno, in welches sich die Straße verwandelt hatte. Und genauso wenig, wie mir Mitgefühl bekannt war, so war ich auch frei jeglicher Angst. Denn ich hatte den Tod überwunden. Für mich gab es keine Gefahren mehr. Wer einmal in der Hölle war, dem war ein ewiges Leben geschenkt. Ein Leben in Schlichtheit, ein Leben, welches lediglich die Grundbedürfnisse zu erfüllen vermochte. Doch ich hatte mich längst daran gewöhnt. Ich benötigte nichts anderes. Oh, nein, das stimmte nicht ganz; eine Sache gab es da, an der es mir fehlte. Macht. Sie war mir abhandengekommen. Denn er hatte sie. Er, der Meister. Er hatte sie in sich aufgesogen und zehrte nun triumphierend von ihr. Er benutzte meine eigene Kraft, um mich immer kleiner zu machen. Er schlug mich mit meinen eigenen Waffen. Und ich gehorchte ihm auch noch. Irgendeine Stimme in meinem Hinterkopf riet mir, nicht das brennende Auto anzusteuern und nach einem Mädchen getreu seinen Vorstellungen zu suchen. Doch der Teufelskreis schien undurchdringbar, hatte sich längst durch mein Unterbewusstsein gefressen.   Und deshalb lief ich unbeirrt auf den Wagen zu, mir den Weg durch die beißenden Flammen bahnend. Nichts und niemand konnte mich von meiner Mission abhalten, mich, den treuen Diener Satans, den Mann aus Stahl. Nicht die Menschen, die den Unfall aus sicherer Entfernung betrachteten und mit Schreckensmiene das Geschehene zu verarbeiten versuchten. Nicht die Hitze und nicht die Explosionsgefahr, die drohte, wenn sich Feuer und Benzin miteinander vermählten. Ich tat das, was ich tat, seitdem ich denken konnte. Seitdem mir der Meister das Leben geraubt und mir im Gegenzug die Unendlichkeit geschenkt hatte.   Durch die lodernden Flammen hindurch konnte ich bald ein Gesicht sehen. Einen Mund, eine Nase, geschlossene Augen. Weiche, jugendliche Züge. Ein Mädchen. Ich beugte mich zu ihm hinab und hob es kurzerhand hoch, doch noch während ich das tat fiel mein Blick auf ein weiteres Gesicht. Ein Gesicht, welches mir nicht erlaubte, dass ich mich einfach umdrehte und ging, ohne es genauer betrachtet zu haben. Es ähnelte dem des Mädchens auf meinem Arm, doch war es ein klein wenig kantiger, rauer, doch noch lange nicht so grob geformt wie das eines Mannes. Obwohl es absurd klang, aber es waren die langen, dunklen Wimpern, die mich viel zu viele Sekunden in Atem hielten. Sie und die blonden Haare, die in die bleiche, flache Stirn fielen. Mein Körper handelte von ganz allein. Ich brauchte gar nicht erst meinen Gedanken zuzuhören, damit ich den Arm des Wesens ergriff, welches nicht von dieser Welt zu sein schien. Hastig zog ich es an meine Brust und eilte mit ihm und dem Mädchen aus den Flammen.   Sie husteten. Sie husten und rangen nach Atem. Sie alle beide. Das Leben kehrte in sie zurück, sobald wir die Flammen verlassen hatten und eine angenehme Kühle uns umhüllte. Sie schienen immer schwerer in meinen Armen zu wiegen, zogen mich wie Gewichte nach unten, doch um nichts auf der Welt hätte ich sie losgelassen. Ich war schließlich mehr gewohnt. Häufig wehrten sich meine Opfer, schlugen und traten nach mir, bespuckten und beschimpften mich. Die heutige Mission stellte keine Ausnahme dar. Der Engel war aus seiner Benommenheit erwacht und sein verrußtes Gesicht starrte zunächst noch etwas verwirrt zu mir auf, doch dann entstellte urplötzlich eine Maske aus purem Zorn seine schönen Züge. War es ihm zu verübeln? Nein. Überhaupt nicht.   "Ey, was soll das?", regte er sich auf und windete sich in meinen Armen, doch er merkte schon sehr bald, wer von uns beiden der Stärkere war (meine Hand konnte fest zupacken, wenn ich das wollte, sehr fest) und gab es auf. Jedenfalls bewegte er sich kaum noch, als ich mit den beiden um die Ecke bog (zum Glück war das Mädchen weitaus pflegeleichter, wahrscheinlich hatte der Schock ihre Glieder gelähmt), aber er schien sich dazu entschieden haben, schlichtweg mit Worten weiterzukämpfen, wenn seine Muskelkraft nicht genügte. "Thessi!" Er versuchte das Mädchen an der Schulter zu berühren, doch es gelang mir, die beiden in genügendem Abstand voneinander zu halten. Als sein harter, dünner Körper sich hart gegen meinen Unterarm presste, fackelte ich nicht lange und schulterte die blasse Gestalt mit den brandbefleckten Kleidern, woraufhin ihre Gegenwehr noch ein zweites Mal aufblühte. "Lass uns runter!", schrie der Kleine mir direkt ins Ohr. Sein Atem war ganz warm. Und etwas leiser, aber nicht weniger aufgebracht setzte er hinzu: "Du Schwein. Du Verbrecher!" Ich hatte jedoch keine Zeit, ihm irgendeine Erklärung zu liefern. Denn der Abstieg stand uns bevor. Der Abstieg in eine andere Welt. In die Unterwelt, aus der es kein Entrinnen mehr gab. Hätten sie das gewusst, sie hätten wahrscheinliche eine richtige Panikattacke erlitten. Aber noch glaubten sie, ich wäre nur ein durchgeknallter Entführer, ein Kidnapper, ja vielleicht sogar ein Vergewaltiger. Und wahrscheinlich war ich das sogar. Zumindest ersteres und zweiteres.   Es fiel mir äußerst schwer, an dem Knauf der sich im Boden befindlichen Metallplatte zu ziehen, schließlich musste ich große Vorsicht walten lassen. Die beiden oder zumindest der Junge hätten wahrscheinlich jede unachtsame Sekunde meinerseits genutzt, um die Flucht zu ergreifen, und das hätte fatale Auswirkungen mit sich gezogen, an die ich lieber nicht denken wollte.   Nadelstiche bohrten sich in meinen Oberarm. Nadelstiche gefolgt von etwas Dumpferem, nicht weniger Schmerzhaftem. Es durchzuckte mich, und ich ahnte, dass das kleine widerspenstige Biest es tatsächlich gewagt hatte, mich wie eine Katze zu kratzen und zu beißen. Es war ein verdammter Fehler gewesen, ihn nicht liegen zu lassen, erkannte ich nun. Viel Freude würde ich mit ihm wahrscheinlich nicht haben. Doch nun war es zu spät, um es rückgängig zu machen. Ich hatte es vollbracht, die Metallplatte mit dem Fuß wegzuschieben und stieg bereits in den Keller hinab, in den Armen tapfer die beiden haltend, die wahrscheinlich noch Kinder waren. Das Mädchen, so klein und lieb, seine Wange gegen meine Brust schmiegend, und der Junge, das komplette Gegenstück zu ihr. So schön wie ein Engel, aber so rabiat wie der Teufel. Und doch hielt ich ihn ganz fest an mich gedrückt, während ich die letzte Stufe hinter mich brachte und den düsteren Gang entlanglief, der sich vor uns erstreckte. Ich hielt ihn, bis ihn die Strapazen ausgelaugt hatten und er ganz schlaff hinunterhing. Jetzt glich er wieder dem zarten Engel, der meine Aufmerksamkeit geweckt hatte. Ich stellte mir vor, wie sein Gesicht aussah, die langen Wimpern, die Sanftheit in seinen Zügen. Doch ich wusste, dass ich noch genügend Gelegenheit haben würde, um mich an seiner Schönheit zu weiden.   Denn er würde bei mir bleiben. Ich würde ihn behalten. Ohne, dass der Meister davon erfahren würde.   *   Ich übertrieb keineswegs, wenn ich behauptete, etwas erleichtert gewesen zu sein, als ich endlich das Schloss erreichte. Aber wirklich froh war ich nicht. Denn ich war gerade dabei, etwas Verbotenes zu tun und ich fürchtete, man könnte mich dabei erwischen. Ich konnte es spätestens jetzt nicht mehr durchgehen lassen, dass der Junge aufmüpfig reagierte. Sonst hätte ich riskiert, dass der Meister ihn hörte und dann wäre mein gesamter Plan ins Wasser gefallen.   "Wo...was ist das hier?" Zu meinem Glück sprach er in gemäßigter Tonlage und ich musste ihm keine Gewalt androhen, was mir äußert widerstrebt hätte. Denn Schläge hätten den letzten Funken Vertrauen, den er hoffentlich noch in mich setzte, endgültig zerstört. Und dabei wollte ich doch, dass er mich mochte. Dass er sich bei mir gut aufgehoben fühlte. Denn so würde es sein. Ich würde auf ihn aufpassen, so gut ich konnte. "Ich erkläre dir später alles", zischte ich ihm zu, woraufhin er den Eingang zum Schloss ziemlich verunsichert von oben bis unten musterte. Ich konnte nur zu gut verstehen, dass er alles wissen wollte, und er würde seine Antwort bekommen. Doch nicht jetzt. Bestimmt kreisten hunderte von Fragen durch seinen Kopf, aber noch ehe er nicht in meinem Zimmer war, sicher und behütet, würde ich nichts sagen. Es hätte ihn nur wieder unnötig aufgebracht.   Hätte ich nur nicht diese verflucht schweren Stiefel getragen. Doch ich besaß kein anderes Paar, also erübrigte sich eine Alternative. Für gewöhnlich klangen meine Schritte auf den knarrenden Dielen des Ganges laut und deutlich an alle Ohren, die sich hinter den Türen befanden, und meist war es mir egal gewesen. Doch heute nicht. Heute wollte ich unentdeckt bleiben. Ich musste unentdeckt bleiben. Ungesehen erreichte ich mein Schlafgemach und dankte Satan dafür, dass nur ich es war, der seinen eigenen, dumpf pochenden Herzschlag vernehmen konnte. Nicht der Junge und auch nicht das Mädchen sollten wissen, mit welcher Nervosität ich im Moment zu kämpfen hatte. Vielleicht stand mir jedoch der Schweiß auf der Stirn, aber im Grunde spielte das nun auch keine Rolle mehr. Ich hatte es geschafft, den Jungen in meinen Räumlichkeiten unterzubringen. Niemand würde ihn hier finden. Dafür würde ich sorgen. Dafür hätte ich mein Leben gegeben, wenn ich denn noch eines besessen hätte.   Wenn man ihn hier so sitzen sah, den Kleinen mit den blonden Haaren und den großen Kulleraugen, die mich anstarrten, während ich vor ihm neben dem Bett kniete und ihm das Knie zur Beruhigung tätschelte, dann wäre man nie auf die Idee gekommen, dass er so ungehorsam sein konnte. Einmal mehr schien die ganze Welt für einen Moment stillzustehen, als ich ihn fassungslos betrachtete, seine Züge, seine so makellose Haut. Fassungslos war ich aufgrund seiner reinen Schönheit. Nicht einmal André war so engelsgleich wie er. Wahrscheinlich war das niemand. Das Mädchen, bestimmt seine Schwester glich ihm zwar beinahe bis auf das Haar, aber sie besaß bei Weitem nicht diese Ausstrahlung. Diese helle, leuchtende Aura. Oh, was ich mit diesem schönen Bengel hätte alles anstellen wollen. Am besten gleich alles auf einmal... Doch ich musste erwachen aus meinem Tagtraum. Dass sich das Mädchen regte, welches ich noch immer in meinem Arm hielt, erleichterte es mir. Ich hatte einen Auftrag, den ich besser zu Ende führen sollte. Gleich. Erst hatte ich noch etwas anderes zu erledigen.   "Du musst keine Angst haben", säuselte ich und nickte dem Jungen mit einem Lächeln auf den Lippen zu. Der aber schaute mich noch immer mit einem Blick an, welchen ich beim besten Willen nicht hätte deuten können. "Ich tu dir nichts. Du bist hier in Sicherheit. Vertrau mir..." "Vertrauen?" Das Spöttische war zurückgekehrt, schneller, als ich damit gerechnet hatte. Der keck verzogene Mund und der Blick auf mich hinab zauberten irgendetwas in sein Gesicht, was ich als hässlich empfand. Hässlich und schwarz. Ich wollte nicht, dass meine Hand noch länger auf seinem Knie ruhte. Deswegen zog ich sie zurück und erhob mich. Doch ich entzog ihm für keine einzige Sekunde meine Aufmerksamkeit. Der Junge warf sein Haar in den Nacken und grinste. Grinste und grinste, und irgendwann gluckste er sogar belustigt auf. "Ich soll einem vertrauen, der mich und meine Schwester entführt hat...", überlegte er laut und schüttelte dann den Kopf. Unsere Blicke trafen sich. Er scheute sich nicht davor, mir in die Augen zu sehen. "Ja. Das sollst du." Ich stellte seine Schwester auf dem Boden ab und schlang den Arm um ihre Hüfte. Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, wie verunsichert sie zu mir aufschaute. "Ich bin ein Freund. Und nur ich. Merk dir das. Alle anderen sind unsere Feinde." "Pah, der ist ja krank", amüsierte der Junge sich und senkte den Kopf, um mit geschlossenen Augen vor sich hinzulachen. "Der ist ja voll verrückt. Gott. Wenn unsere Eltern dich in die Finger bekommen, sie reißen dir eigenhändig die Eier ab..." Ich schoss vor. Ließ das Mädchen stehen. Das war genug. Ich schaltete alle wohlwollenden Gefühle aus, die ich für den Jungen hegte. Ich ignorierte sein schönes Gesicht. Ich griff grob nach seinem Kinn und zwang ihn dazu, mich anzuschauen. Und dann schlug ich ihm mit der flachen Hand auf die Wange, so schnell, dass man es kaum hatte sehen können. Doch es hatte laut genug geklatscht. So laut, dass seine Schwester kurz aufgeschrien hatte, aber zum Glück blitzartig verstummt war. Wahrscheinlich fürchtete sie, dass ihr dasselbe widerfahren würde, wenn sie nicht den Mund hielt.   Geschockt verharrte der Kleine in seiner Position, den Kopf zur Seite gewandt und fuhr sich mit den Fingerspitzen über die gerötete Haut. Doch schon kurz darauf schaute er mich wieder an. So eindringlich, dass ich mit mir haderte, damit mir keine Entschuldigung herausrutschte. Bitter lächelte er und in seine Züge kehrte etwas Rebellisches ein. "Ah, und ich soll keine Angst vor dir haben?", hakte er nach, seine Stimme war voll von sarkastischer Verachtung. "Tja, und das habe ich tatsächlich nicht. Nur weil ich klein und süß bin heißt das noch lange nicht, dass ich mich nicht wehren könnte." Ganz schmal waren seine Augen geworden. Und seine Mundwinkel zuckten nervös. "Wir reden später weiter", meinte ich nur kalt, ohne auf seine Worte einzugehen. Ich griff mir das verdattert dastehende Mädchen und schob es aus der Tür. Dabei warf ich dem Jungen noch einen letzten, prüfenden Blick zu. Trotzig saß er auf meinem Bett und ich entschied, dass es wahrscheinlich das Beste sein würde, ich schlösse ihn ein. Eigentlich wollte ich vermeiden, dass er sich wie in einem Knast fühlte, aber die Wahrscheinlichkeit, dass er die Flucht ergreifen würde, war einfach zu groß. Deswegen drehte ich kurzerhand den Schlüssel im Schloss herum, ehe ich mit seiner Schwester den Gang entlanglief, um sie beim Meister abzuliefern. Doch ich hatte ein Anliegen. Etwas, das sie schwören musste. Und ich wusste genau, wie ich Leute zum Schweigen bewegte. "Du sagst niemandem, dass dein Bruder bei mir ist. Haben wir uns verstanden?" Im Gegensatz zu ihrem Bruder war sie so wunderbar handzahm. Sicherlich hätte ich mit ihr wesentlich größeres Vergnügen gehabt. Aber das Schicksal hatte es anders gewollt. Nein, ich allein hatte es anders gewollt. Das Mädchen nickte eifrig und das Weiß in ihren Augen schien immer mehr an Größe zu gewinnen. "Sonst...", zischte ich knapp und zog den Zeigefinger hastig an meinem Hals vorbei. Das hatte sie verstanden. Natürlich hatte sie das. Ich hörte sie vor Angst schlucken. Gut so. Ich tat es nicht gern, aber es musste sein. Die Menschen wollten gebrochen werden. Anders gehorchten sie meist nicht.   *   "Meister!" Ich fühlte, wie das Mädchen in meinen Armen zusammenzuckte, als ich nach dem Herrn rief. Doch sie beruhigte sich schnell wieder und hielt ganz still, bis der Meister im Raum erschien, sie an sich nahm und kritischen Blickes begutachtete wie einen Gaul. Es war ihr anzusehen, dass es ihr missfiel, was er mit ihr machte, wie er prüfte, ob sie gesund und einsatzfähig war. Aber was kümmerte mich das. Ich hatte endlich meinen Auftrag erledigt, und nur das zählte. Eine ganze Weile schien der Meister meine Anwesenheit zu ignorieren, doch schließlich schaute er mich an. Ich allerdings konnte dieses Mal erst recht nicht seinem Blick standhalten. "Gute Arbeit, Weston", nickte er mir zu und musterte erneut das zitternd vor ihm stehende Mädchen von allen Seiten. "Sie scheint perfekt zu sein. Gut. Dann darfst du nun abtreten." Mit einer angedeuteten Verbeugung tat ich, wie mir befohlen wurde. Als ich jedoch die Tür hinter mir geschlossen hatte, konnte ich nicht mehr. Ich schloss die Augen und atmete tief durch. Ich hatte das wahrscheinlich höchste Lob des Meisters in Empfang genommen, und sicherlich würde er mich für meine Arbeit schon bald belohnen in Form einer Frau. Doch im Grunde interessierte mich das alles im Moment überhaupt nicht. Denn nun wurde mir erst richtig bewusst, in was für einer verzwickten Lage ich mich befand. Ich musste etwas verheimlichen, und es würde für immer sein. Für immer. Nicht ein ganzes Leben lang. Nein. So lange die Hölle existierte (und sie würde mit großer Wahrscheinlichkeit nie versiegen, denn gesündigt wurde immer) würde ich damit leben müssen. Mit meinem Geheimnis. Scheiße. Wieso hatte ich das nur getan?   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)