Wenn man vom Teufel spricht... von Anemia (Fortsetzung zu "Der Teufel soll dich holen...") ================================================================================ Kapitel 2: Gegensätze --------------------- 2. Kapitel - Gegensätze     Er war noch da. Natürlich war er das. Ich hatte schließlich dafür gesorgt, dass ihm die Flucht verwehrt geblieben war. Ich hatte es bereut. Doch jetzt, wo ich ihn erblickte, einer aus Alabaster gefertigten Engelsstatue gleichend noch immer ganz fehl am Platz wirkend auf meinem Bett sitzend, da wusste ich, wieso ich nicht anders gekonnt hatte. Unsere Blicke trafen sich prompt. Seine schienen mir anklagend in das Gesicht springen zu wollen, doch fast sofort kehrte etwas Ruhe in sie ein. War das Kapitulation? Hatte er eingesehen, dass es zwecklos war, sich gegen mich aufzulehnen? Ich hatte keine Ahnung. Vielleicht. Womöglich war aber auch etwas anderes Schuld an der Tatsache, dass er mich nicht weiterhin beschimpfte und verfluchte. Er zitterte leicht. Rieb sich die Oberarme fest, um etwas Wärme zu erzeugen.   "Ist dir kalt?" Ich wollte so tun, als hätte diese Ohrfeige nie existiert. Und ich hoffte, er würde das Spiel mitspielen. Er nickte nicht. Er dachte überhaupt nicht daran, meine Frage zu beantworten. Denn es gab weitaus wichtigere Dinge für ihn, die ihn offenbar schon lange zu quälen schienen. "Wo bin ich hier?" Nun passte seine Stimme perfekt zu seinem äußeren Erscheinungsbild. Leise, zerbrechlich und verunsichert drang sie an mein Ohr. Ich schmunzelte vor mich hin. "Du wirst mir ohnehin nicht glauben", begann ich zu einer Erklärung anzusetzen und stellte mich vor das Fenster, von dem aus ich seine Rückseite betrachte, was ihm nicht zu gefallen schien, denn er drehte sich halb zu mir herum. "Aber es stimmt. Du bist in der Hölle." "In der Hölle. Ah." Es klang skeptisch. Natürlich tat es das. Ich hatte nicht erwartet, dass er mir diese Tatsache abnahm. Für gewöhnlich tat das niemand. "Du willst mich wohl verarschen, du Verrückt-" Er biss sich auf die Zunge und schwieg. Wahrscheinlich ahnte er, ich würde ihm erneut wehtun, wenn er mich einen Verrückten nannte. Darauf reagierte ich nämlich äußert allergisch bei inflationärem Gebrauch. "Nein, ich will dich nicht verarschen." Ich verschränkte meine Arme vor der Brust. Der Junge musterte mich ganz genau. Was er wohl von mir dachte, außer, dass ich ein Verrückter war, der Kinder entführte? "Aha. Na ja", setzte er schulternzuckend an. "Ich hätte sowieso nicht erwartet, dass ich irgendwann einmal in den Himmel komme. Schön." Er machte eine kurze Pause. Dann schaute er mich fragend an. "Und was macht man hier so den ganzen Tag? In deiner Hölle? Wohin hast du eigentlich Thessi gebracht?" Seine Stimme verfinsterte sich, war fast nur noch ein Knurren. "Wenn du ihr irgendetwas antust, dann..." "Hier wird niemandem etwas angetan", erklärte ich gelassen. "Jedenfalls nichts Schlimmes." "Aber etwas Schönes, oder wie?" Ich schürzte meine Lippen und nickte, während ich meine Kreise um das Bett zog. "Schon möglich..." Anscheinend wollte er nicht wissen, was dieses Schöne war, denn er schwieg und kratzte sich anstelle mit dem Zeigefinger etwas ratlos die Augenbraue und knabberte an seiner Unterlippe herum. "Und wie lange muss ich hierbleiben?" "Lass uns nicht darüber reden", schüttelte ich den Kopf; mit der Tatsache, dass es für immer sein würde, wollte ich ihn jetzt noch nicht konfrontieren. Dafür war es zu früh. "Sag mir lieber, wie du heißt." "Sag du mir doch erst, wie du heißt." Mittlerweile saß er im Schatten meines Körpers und schaute sich immer wieder mit leicht verunsicherter Miene im Raum um. "Ich bin Weston", gab ich ihm bereitwillig Auskunft. "Weston...", wiederholte er nachdenklich und wiegte kaum sichtbar den Kopf. "Lenny." Mh. Das passte zu ihm. Frech und süß. Wie die Faust aufs Auge. "Wie alt?" Er grinste. Wieder auf diese schiefe, kecke Art und Weise, die mich insgeheim ein wenig verunsicherte. "Wieso interessiert dich das, mh?" Ich sagte nichts. Grinste lediglich zurück. "Sag schon", forderte ich ihn auf und blickte geduldig auf ihn hinab. "Ich bin neunzehn", rückte er schließlich mit der Sprache heraus. Neunzehn. Oh. Ein leises Glücksgefühl erfasste mich. Ich hatte schon Angst gehabt, dass ich ein Auge auf einen Minderjährigen geworfen hatte. Dass dem nicht so war, gefiel mir natürlich sehr. Ich würde mit ihm Dinge tun dürfen...schöne Dinge...mhh...der Meister hatte André und ich hatte Lenny. Gleiches Recht für alle. Aber da fehlte noch etwas. Etwas, das mich immer daran erinnern würde, dass Lenny mein Lustknabe war.   "Warte kurz", verlangte ich von meinem Kleinen und näherte mich der Tür. Ich dachte daran, sie erneut abzuschließen, aber ich zögerte noch. "Wenn du mir versprichst, dass du nicht abhaust, dann schließe ich dich nicht wieder ein." "Okay..." "Das klingt aber nicht sehr überzeugend." "Ich verspreche es..." "Gut." Ich nickte. "Es würde dir ohnehin nichts nützen, die Flucht zu ergreifen. Aus der Hölle gibt es kein Entrinnen." Da erschien doch schon wieder der Anflug eines Grinsens in seinem Gesicht. "Ach, denk doch, was du willst", murrte ich und verzog mich. Mit dem unguten Gefühl in der Brust, dass er vielleicht schon nicht mehr da sein würde, wenn ich zurückkehrte. Und so schien es tatsächlich zu sein. Lenny war wie vom Erdboden verschluckt, als ich wieder mein Schlafzimmer betrat, mit dem Gegenstand in der Hand, den ich hatte ohne große Mühe auftreiben können. Ich hatte schließlich auch unzählige Jahre lang Zeit gehabt, um jeden Winkel, jede Mauer des Schlosses persönlich kennenzulernen. Das hier, das war mehr als mein zu Hause. Das hier war meine Welt. Mein Universum. Und auch wenn ich es manchmal wünschte, ich konnte nicht ausbrechen. Niemand konnte das. Auch nicht Lenny. Doch wahrscheinlich hatte der dumme Junge nicht auf mich hören wollen. Er hatte mir die Sache mit der Hölle ohnehin nicht abgenommen und wahrscheinlich irrte er inzwischen durch das Schloss - und wenn ich Pech hatte, dann hatte der Meister ihn bereits entdeckt. "Scheiße", grummelte ich vor mich hin. Wie konnte ich auch nur so dumm sein und die Tür unverschlossen lassen? "Lenny, verdammte Scheiße!" "Ich bin keine verdammte Scheiße." Sofort spitzte ich meine Ohren. Das war unverkennbar seine Stimme. Und sie drang aus der Richtung des Badezimmers.   "Was machst du denn hier? Ich dachte schon, dass du fort bist." Ich war zuerst ziemlich sauer, als ich in der Badtür stand, aber ich wusste nicht, ob es wegen meiner eigenen Idiotie war oder wegen Lenny, der mir so einen Schrecken eingejagt hatte. Der Junge stand seelenruhig vor dem Waschbecken und - schminkte sich die Augen. Mit meinem Kajal. Er schien kein bisschen meiner eigenen Aufregung zu teilen. "Wenn ich mich verpissen würde, würdest du mir doch den Hals umdrehen", meinte er ungerührt und ließ den Stift sinken, dachte allerdings noch immer nicht daran, den Blick für einen Moment von seinem schönen Spiegelbild zu wenden, was ich ihm nicht verübeln konnte. "Ach, du schätzt mich also als so rabiat ein." Ich wollte sehen, was er sah. Wollte mich an der reinen Schönheit seines Antlitzes laben. Und ich wollte sehen, wie sich der Gegensatz zwischen uns beiden offenbarte. Der Schöne und das Biest. Der Engel und der Teufel. Das Lämmchen und der große, böse Wolf. Deswegen schob ich mich kurzerhand hinter ihn, was er stumm geschehen ließ. Seine großen Augen waren auf sich selbst gerichtet und zuckten auch nicht hinüber zu mir, als ich einen Blick über seine Schulter hinweg in den Spiegel richtete und uns ansah. Und doch war ich mir sicher, dass er Notiz von mir genommen hatte. Mir mehr Beachtung schenkte, als er zuzugeben bereit war.   "Na, guck dich doch an", meinte er. "Du bist beinahe doppelt so breit wie ich. Verflucht muskulös. Und einen ganzen Kopf größer." Er atmete ganz ruhig. Ein gutes Zeichen. Und ein weiterer Gegensatz, welcher sich aufgetan hatte. Seine Worte suggerierten, dass er mich fürchtete. Doch sein Körper sprach eine ganz andere Sprache. "Und mit diesen Pranken könntest du so einem wie mir mühelos die Kehle zudrücken. Bis er jämmerlich verreckt ist. Du musst es nur wollen..." "Aber ich will es nicht." Ich dachte nicht darüber nach. Ich tat es einfach. Fuhr ganz sacht mit dem Daumen über seinen bloßen Unterarm, der so dünn und zerbrechlich wirkte, dass ich es kaum wagte, ihn zu berühren. "Diese Pranken können auch streicheln. Zärtlich sein. Ich muss es nur wollen..." Ich flüsterte es leise in sein Haar und ich hatte beinahe angefangen zu glauben, dass er mich gewähren ließ. Dass er ihn auch ein wenig genoss, diesen Hauch von einem Körperkontakt. Doch kaum dass ich spürte, wie sich diese gewisse Wärme in mir ausbreitete wich er mir aus. Ohne ein Wort. Ohne irgendeine Geste, dass es ihm unangenehm war. Er tat es einfach. Genau wie ich es einfach getan hatte. Für manche Dinge brauchte es keinen Grund. Es benötigte lediglich einen vagen Auslöser.   "Du bist ein Goth, nicht wahr?" Abrupter Themawechsel. Mir blieb nichts anderes übrig, als darauf einzugehen. "Eigentlich bin ich Metaller. Schwarzmetaller, um genau zu sein." "Schwarzmetaller?" Endlich kam wieder Leben in seine Gesichtszüge. Ein Stirnrunzeln begleitet von einem irgendwie skeptischen Blick. "Black Metal. Ach, das ist doch diese krude Musikrichtung, wo nur rumgegrunzt wird..." "Rumgegrunzt?" Ich konnte mir ein Schmunzeln beim besten Willen nicht verkneifen. Doch Lenny ging nicht darauf ein. "Absolut nicht mein Geschmack", fuhr er unbeirrt fort und wendete sich nun von seinem Spiegelbild ab; wahrscheinlich hatte er sich an sich sattgesehen. Im Gegensatz zu mir. Ich hätte ihn noch wesentlich länger betrachten können. Die dunklen Augen, die so unbedarft dreinblickten, von langen Wimpern umsäumt und nun auch noch so tiefschwarz umrandet. Ein reizvoller Mix. Genauso reizvoll wie das geschwungene Paar Lippen, dessen noch so kleine Bewegungen ich gebannt verfolgt hatte. "Was ist denn dein Geschmack?", wollte ich von ihm wissen, während er sich an mir vorbeischob, das kleine Badezimmer verließ. Kaum dass ich meine Frage gestellt hatte, blieb er allerdings stehen und fuhr sich mit der Hand über die Stirn. "Ist das denn wirklich wichtig?" "Ja. Es interessiert mich." "Sag mir lieber, was das da ist." Sein Zeigefinger deutete vage auf den schwarzen Stoff, den ich noch immer in der Hand hielt. Ich hätte ihn beinahe vergessen. Doch jetzt trat er in den Vordergrund. Und ich wusste nicht, ob ich es überhaupt noch wollte, dass er ihn trug. Denn es würde einer Offenbarung gleichkommen. Er würde ihn tief in mich hineinsehen lassen. In meinen Kopf. In den Ort, wo meine Triebe zu Hause waren. Zögerlich hielt ich ihn in die Höhe und betrachtete ihn etwas ratlos. Nein, es gab kein Zurück mehr. Es gab generell niemals ein Zurück. Nichts im Leben ließ sich ausradieren. Man stand lediglich vor der Entscheidung, weitere Bleistiftstriche hinzuzufügen oder es bleiben zu lassen.   "Ich möchte, dass du das trägst", brachte ich mein Anliegen schließlich hervor und breitete das lange, schwarze Gewand vor seinen Augen aus. So wie er es erblickte stand ihm die Verwirrung in sein hübsches Antlitz geschrieben. Er schwieg. Und ich verspürte den Drang, noch irgendetwas hinzuzufügen. Auch wenn ich nicht wusste, ob es richtig war. "Das haben alle hier an." "Alle außer dir, oder wie?" Dieses kleine Biest. So unschuldig schaute er mich an, während er diese beinahe hämischen Worte formulierte. Er brachte mich allmählich in Erklärungsnot. "Ja, alle außer mir", log ich unbeirrt und unterdrückte somit alle Skrupel, die ich davor hatte, Lenny den Umhang zu überreichen. Dieser griff tatsächlich in den schwarzen Stoff und beäugte ihn ausgiebig von allen Richtungen, obwohl er keine einzige Besonderheit aufwies. Aus bloßer Dunkelheit war er geschneidert. Um sich mit den noch schwärzeren Gedanken seines Trägers zu duellieren.   "Na gut, wenn es dich glücklich macht", seufzte Lenny letztlich gequält, und man sah ihm auch deutlich an, dass er nicht sonderlich erfreut über meinen Wunsch war, obwohl seine eigenen Klamotten ziemlich durch den Unfall gelitten hatten und er sich eigentlich hätte darüber freuen müssen, dass er neu eingekleidet werden sollte. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass er all jenes regelrecht hasste, in das man ihn hineinzudrängen versuchte. Jegliche Regeln, jegliche Dinge, die nicht seinen eigenen Vorstellungen entsprachen. Aber er würde genau das lernen müssen. Hier unten, da kniete man vor seinen Herren nieder, ob man wollte oder nicht. Und da ich es darauf angelegt hatte, zu Lennys Herr zu werden, tat sich die Frage gar nicht erst auf, wer von uns beiden zu zucken hatte, wenn der andere Anforderungen stellte. Erziehen würde ich ihn mir, zwar nicht mit Gewalt, aber auch nicht mit lascher Hand. Und wenn es hart auf hart kam, dann müsste ich auch ihn brechen. Ich fand ihn wunderschön, aber das hinderte mich nicht daran, streng mit ihm umzugehen. In jedem Menschen schlummerte auch etwas Böses, und wenn man einmal den Schalter gefunden hatte, um das Nette abzustellen, dann konnte dieser Mensch zu einer unberechenbaren Bestie werden. So glaubte ich. Ich glaubte, ich wäre ein Mensch ohne Gefühl. Doch so war es nicht. Nein. Und der Tag, an dem ich den Schalter nicht mehr fand, sollte früh genug ins Land ziehen.   "Ähm...eigentlich trägt man da nichts drunter." Lenny hielt inne. Er war gerade dabei, sich den Weg durch das Wirrwarr aus Stoff zu bahnen, als ich sein Tun jäh unterbrach. Sein Kopf steckte noch in den dicken Bahnen, aber es dauerte nicht lange, bis er wieder auftauchte und mich ansah, mit einer Härte im Blick, die ich einfach nur verabscheuen konnte. Die Verwunderung, die zum Glück in der nächsten Sekunde in ihm Einzug hielt, war mir im Gegensatz dazu deutlich lieber. "Nichts drunter?" Er schmunzelte. Ganz sacht nur, aber trotzdem unheimlich süffisant. "So was dachte ich mir schon fast..." "Was?" Er beantwortete meine Frage nicht gleich. Er ließ sich Zeit. Mit allem ließ er sich endlos Zeit. Ob er so intelligent war und es genau darauf abgesehen hatte, mich mit seiner Ruhe in den Wahnsinn zu treiben? Falls ja, dann würde ich noch ein ganzes Stück Arbeit mit ihm haben. Intelligente Menschen waren schwerer in ihren Ansichten zu manipulieren. Sie spürten instinktiv, wenn einer es auf ihre Psyche abgesehen hatte, sie verändern wollte.   Er schaute mich an. Den Kopf leicht gesenkt. Den Blick zu mir emporgewandt. Provokation. Purer Trotz. "Dass ich deine Nutte sein soll." Fast amüsiert spuckte er mir diese Worte entgegen und ich fürchtete bereits, dass sich die konträre Lage zwischen uns verschlimmern würde, der Abgrund, der zwischen uns lag vergrößern, aber so war es nicht. Lennys Verhalten und seine Absichten waren äußerst schwer zu deuten und noch schwerer nachzuvollziehen, wie ich einmal mehr feststellen musste. Schon im nächsten Moment fand ich mich in der unlogischen Situation wieder, ihm dabei zuzusehen, wie er sich sein weißes Shirt über den Kopf streifte. Ich kämpfte gegen den Drang an, unverhohlen auf seinen schlanken, seinem Gesicht ebenbürtigen Oberkörper zu starren, als er seine helle Haut vor meinen Augen offenlegte. Lediglich weiche Schatten hüllten diesen Leib noch ein, jenen, den ich unbedingt haben wollte. Den ich begehrte und der mich bereits auf den ersten Blick in einen Abgrund gesogen hatte. Wenn ich ihn anschaute, dann schien ich nur noch Gier zu sein. Und dann wusste ich, dass kein Teufel so ein grausamer Herrscher zu sein vermochte wie diese schwere Kette, die sich um mich schlang und mich niederwarf.   Diese mich ergreifenden Momente wussten mich gar in eine Art Trance zu versetzen. Irgendwann bemerkte ich, dass ich mich auf dem Bett niedergelassen haben musste; ich spürte das Bettlaken unter meinen rauen, etwas feuchten Fingerspitzen und das Mehr an Haut - wenige Zentimeter von mir entfernt - wie es mein tiefstes Inneres berührte. Heiß huschte dieser Wahnsinn in mich, so heiß und so tief, dass es sich zunächst nur als feines Schwelen in der Bauchgegend bemerkbar machte. Das wenige Licht, welches durch das Fenster in den Raum fiel, zeichnete die fein definierten Beckenknochen Lennys nach und verschmolz mit dem sanften Grau, das seine Hüften liebkoste. Schatten sammelten sich in der Linie, die zwischen seiner Brust hindurchführte. Kontraste. Harte Kontraste. Kontraste, die alles noch reizvoller gestalteten. Doch das war erst der Anfang. Lenny war, wie ich bereits vermutet hatte, ein Junge, der keinerlei Scheu zeigte. Er schob sich ohne zu Zögern die schwarze Jeans über seinen schmalen Po, ließ sie ungeniert bis zu seinen Fesseln hinabgleiten. Ein kleiner Funken explodierte in mir, als ich erkannte, dass die Unterhose ebenfalls ihren Weg nach unten gefunden hatte und die Gier zerrte wie ein wildes Tier an mir, sobald ich das erblickte, was mich am allermeisten an einem schönen Knaben interessierte. Es schien nicht sonderlich groß zu sein, sein Glied, welches in seiner Vorhaut schlummerte, aber es harmonierte schlichtweg perfekt mit Lennys Erscheinungsbild. Zart. Süß. Von Schatten gestreichelt. Er hätte nur herzukommen brauchen, damit ich ohne Umschweife von seinem womöglich sogar noch ungeküssten Fleisch gekostet hätte. Vor meinem geistigen Auge tauchten Bilder davon auf, wie ich es in meinen Mund sog, wie ich ihm zeigte, dass ich genau wusste, wie hart und gleichzeitig zart er es brauchte. Ich wollte ihm im Moment alles gegeben, von dem er sonst nur in der Nacht zu träumen wagte, denn ich erkannte, dass auch ich nur ein ergebener Untertan war, wenn er sich mir auf diese Art und Weise präsentierte. Dann war ich sein Untertan. Denn er besaß den Schlüssel zu dem, auf das ich es abgesehen hatte. Er ganz allein. In Momenten wie diesem wusste ich, dass ich auf ihn angewiesen war. Alles hing nur von ihm ab. Von seinem Willen. Er dominierte die ganze Szene. Und er schien sich nicht einmal zu fragen, ob mir das gefiel oder nicht.   Dann fiel der Vorhang. Schwärze bedeckte seine reine Haut, was mir einen jähen Stich in der Brust versetzte. Er hatte sich den Umhang übergestreift. Aber bereits der Gedanke daran, dass es das Einzige war, was seine nackte Schönheit verhüllte, genügte mir, um übermütig zu werden. Die Triebe ließen das Biest ausbrechen, welches nicht denken konnte, sondern nur von seinen Instinkten gesteuert wurde. Ich tat das, was meinem inneren Drängen entsprach. Ich wollte mich an ihm rächen für das, was er mir so unverblümt dargeboten hatte. Er sollte das sehen, was ihm gebührte. Was er nahezu provoziert hatte.   Ich entledigte mich meines ledernen Shirts und warf es einfach auf den Boden. Lenny hatte natürlich mitbekommen, was ich da tat und war selbstverständlich auch nicht zu schüchtern, um mich mit zu vielen Fragen zu löchern, die eigentlich keine Existenzberechtigung besaßen. "Ach, und jetzt glaubst du, ich spiel das brave Lämmchen und setz mich auf deinen Schoß, oder was?" "Ich glaube gar nichts", gab ich mich bedeckt und setzte eine Sache hintenan, die noch nicht einmal gelogen war. "Ich mache mich lediglich fertig für die Nacht." Ein verheißungsvolles Surren durchbrach die Stille, als ich den Reißverschluss meiner Hose aufzog. Es fühlte sich verdammt gut an, mich vor dem Objekt meiner Begierde zum ersten Mal zu entblößen, ihm alles zu zeigen, all das, was ihm in Zukunft großes Vergnügen bescheren würde. "Fertig für die Nacht?" Lenny schnaubte. "Mein Gefühl sagt mir, dass es gerade mal Mittag ist." "Mein Gefühl sagt mir auch so vieles", deutete ich mit einem leichten Grinsen auf den Lippen etwas ganz Gewisses an, jedoch verkniff ich mir schon im nächsten Augenblick wieder. "In der Hölle vergeht die Zeit schneller als da oben. Wir haben schon fast Mitternacht." Er nahm es mir nicht ab. Mir war es gleich. Und ihm würde es ebenfalls egal werden, wenn ich erst einmal mein Werk vollendet hatte. Oh ja, noch nie hatte ich mir so genüsslich meine Hose abgestreift. Und auch wenn Lenny versuchte, nicht zu genau hinzuschauen, so ließ er es sich doch nicht nehmen, mehrmals ganz beiläufig seinen Blick über mich schweifen zu lassen. Als ich komplett nackt war, da zuckten sogar für den Bruchteil einer Sekunde seine Augenbrauen in die Höhe. Sehr schön. Na, wer hatte nun gut lachen?   "Beeindruckend, was?" Er reagierte abweisend. Tat so, als würde ihn das alles, was er gesehen hatte, absolut kalt lassen. Doch so war es nicht. Sein Gesicht hatte es mir verraten. "Du stehst doch auf Männer, mh?" Sein Mund wurde breiter. Ein erbärmliches Lächeln wuchs daraus. Bitter und eiskalt. "Wer weiß..." "Alles, was kein Nein ist, deute ich als ein Ja", verkündete ich gelassen. Er widersprach nicht. Natürlich tat er es nicht. Lenny war schwul. Das hatte ich bereits in der ersten Sekunde unserers Zusammentreffens gespürt. Die Frage stellte lediglich eine Provokation dar. Ich lehnte mich genüsslich schnaubend zurück und öffnete meine Beine ein wenig, um ihn durch die Lücke hindurch besser ansehen zu können. Ihn zu mustern, wie er da stand und wie er es verabscheute, das untrügerische Gefühl der Enge, das ihm verriet, dass die Falle langsam um ihn herum zuschnappte. Die Ketten der Gier lagen längst nicht mehr nur auf mir in diesem Augenblick. Nur hatte ich mich ihm Gegensatz zu ihm dazu entschieden, sie nicht mehr zu verbergen. Er sollte sehen, dass er mich hart machte, und er sollte wissen, dass ich bereit war, um mit ihm zu schlafen.   "Komm ruhig her zu mir." Ich machte keinen Hehl mehr daraus. Aus nichts. Lange genug hatte ich mich von ihm an der Nase herumführen lassen. Jetzt war Schluss damit. Ich war hier der Boss. Und ich genoss es unheimlich, meine Dominanz zur Schau zu stellen und zu sehen, wie Lenny sich auf meinen Befehl hin tatsächlich in Bewegung setzte. Braver Junge. Geht doch.   Er schob sein Gewicht zaghaft auf die freie Seite des Bettes. Kniete schließlich erwartungsvoll neben mir. Wie hypnotisiert. Und er schaute mich an. Eine schöne Maske, hinter der er sein Verlangen versteckte. Wusste er denn nicht, dass man die Gier mit ihren glühenden Augen äußerst schwer mit einem gelangweilten Ausdruck im Gesicht zu kaschieren vermochte? "Hier, fass mal an." Er sollte erfahren, dass auch der stärkste Charakter brach, wenn man ihn an der richtigen Stelle berührte. Und ich glaubte, die richtige Stelle gefunden zu haben. Seine Blicke hatten mir verraten, dass er mit richtigen Männern Sex haben wollte. Mit Männern, die ihn hart durchnahmen und es ihm schneller als er zu glauben vermochte zum Höhepunkt fickten. Aus diesem Grunde formte ich mit dem Arm einen Winkel und spannte den Bizeps an, so fest ich nur konnte. Er sollte alles sehen, was ich ihm bieten konnte. In Lennys Augen erkannte ich zunächst eine große Ratlosigkeit, als ich meine Hand zu einer Faust ballte, allerdings siegte schließlich doch das, was er mit aller Macht hatte unter Verschluss halten wollen, denn er legte zögerlich seine Hände um meinen Oberarm und befühlte zunächst etwas zaghaft meine harten Muskeln. In seinem Gesicht schwelte etwas. Seine Augen hatten sich verengt. Und um seinen Mund zuckte in einem Fort die Erregung, während er mich zum ersten Mal berührte, mit seinen kleinen, zarten Händen. "Wie viel Männlichkeit willst du denn noch?", raunte ich bereits recht lüstern, denn ich spürte genau, dass der Junge wollte. Dass er es immer stärker brauchte, umso länger er sich in meiner Nähe aufhielt. "Ist es dir noch nicht genug?", hakte ich nach, wartete allerdings gar nicht erst ab, bis er von selbst auf die Idee kam, sondern schloss einfach meine Finger um sein Handgelenk und legte mir seine Hand auf den Bauch. Ich sorgte dafür, dass seine Fingerspitzen meine Muskeln ertasteten und sah mit Wohlwollen, wie die Sehnen seiner Hand bald schon etwas hervortraten und diese sich verkrampfte. Ein leichtes Vibrieren ging von seinen kühlen Fingern aus.   "Du stehst darauf, oder? Macht dich das scharf?" Er sagte nichts. Starrte erst nur auf meinen nackten Körper. Doch dann riss er sich von dem ihn fesselnden Anblick los und sah mir ins Gesicht. Schlug voller Unschuld die Augen auf und presste die Lippen fest aufeinander. Er wollte mir keine Antwort liefern. Und das musste er auch nicht. Ich hatte längst erfahren, was ich wissen wollte. Zur Belohnung griff ich nach meinem Schwanz und rieb ihn sacht in meiner Faust. Auf und ab. Auf und ab. "Du machst mich auch scharf", gurrte ich mit tiefer Stimme und fuhr Lenny mit der freien Hand großzügig über die Wange und durch das Haar, woraufhin er die Augen unwillig zusammenkniff. Wie eine Katze. So süß und dabei so sündig. Er machte mich schwach. Mit allem, was er tat. "Lass es mich dir besorgen..." "Ganz sicher nicht." Damit hätte ich eigentlich nicht mehr gerechnet, so angetan, wie er sich noch kurz zuvor von mir gezeigt hatte. Doch seine Worte waren eindeutig. Ein vielsagendes Funkeln huschte durch seine Augen. Er kämpfte wieder gegen sich selbst. Und noch schien er tatsächlich als Sieger hervorzugehen. "Ich will schlafen." Murrend verließ dieser Wunsch seine Lippen und ich sah ihm dabei zu, wie er all das zerstörte, was sich zwischen uns aufgebaut hatte. Dieses ganz gewisse Flimmern in der Luft. Die Spannung. Dunkelrot und unwiderstehlich. Die Anziehungskraft. Schwer und herb hatte sie sich gegen unsere Körper gepresst. Gegen meinen wie auch gegen seinen. Doch er erhob sich einfach und stand dann ziemlich ratlos in seinem weiten Umhang, der wie ein großer Schatten wirkte, neben dem Bett. "Wo kann ich pennen?" "Ich dachte, du schläfst bei mir..." Er strich sich stumm die Haare im Nacken glatt. Ich wusste ganz genau, dass ihm diese Aussage nicht gefiel. Oder besser gesagt dass er nicht zugeben wollte, dass es ihn zu mir hinzog. Dass er mehr wollte. Dass er meine Hand, die noch immer mein Glied behutsam pumpte mit seiner eigenen ersetzen wollte. Mit ihr sowie seinen kleinen, süßen Lippen. Oh, ich konnte regelrecht erahnen, welch wundervolle Orgasmen er mir hätte schenken können. Und im Gegenzug ich ihm...   Doch dazu sollte es nicht kommen. Zumindest nicht heute. Er hatte sich dazu entschieden, den Platz neben mir im Bett freizulassen. Anstelle ließ er sich trotzig hinter diesem nieder, direkt auf dem Boden, genau so, dass ich ihn nicht mehr sehen konnte. Und dann verließ kein Wort mehr seinen hübschen Mund. Dieses Schweigen, welches nun den Raum erfüllte, war so eisern, dass ich nicht umhin kam und es tatsächlich putzig fand, wie der Kleine sich zierte. Wie bockig er auf sein eigenes Verlangen reagierte. Wusste er denn nicht, dass man Gelüste nicht verschweigen konnte? Nicht einmal sich selbst?   "Gut, gut, es ist allein deine Sache", meinte ich und zuckte die Schultern, obwohl das wohl eher eine unnütze Geste darstellte. "Ich kann dich zu nichts zwingen. Aber beschwere dich nicht bei mir, wenn dir morgen der Rücken weh tut." Ich warf einen Blick in die Richtung, in der ich ihn vermutete. "Bei mir hättest du es jedenfalls warm und kuschlig..." "Lieber friere ich mir den Arsch ab als mir von dir warm und kuschlig geben zu lassen." Ha. Er redete ja doch noch mit mir. Wunder gab es immer wieder. "Wer sagt denn, dass ich dir warm und kuschlig geben will?" "Ich weiß, dass es so ist. Punkt." "Na gut, dann viel Spaß da unten. Stört es dich, wenn ich mir noch schnell einen runterhole?" "Ja." "In Ordnung, dann darfst du jetzt nicht hingucken."   Tja. Nicht nur er beherrschte die hohe Kunst der Provokation perfekt. Nun wusste er endlich, dass ich ihm in nichts nachstand. Dass er sich einen zähen Gegner in seinem Kampf um die Macht ausgesucht hatte. Er würde noch früh genug bemerken, mit wem er es zu tun hatte. Seine Mitmenschen mochten vor diesem Engel aufgrund seiner Schönheit auf die Knie gefallen sein, ihn angebetet haben wie einen Gott und ihm jeden Wunsch von den Augen abgelesen haben. Und ich konnte das nur zu gut verstehen. Bestimmt hatte man ihn verwöhnt, den hübschen Bengel, ihn bedient und stets um seine Gunst gebuhlt, aber genau das war es, was ihm das Genick gebrochen hatte. Jungs wie er benötigten eine strenge Hand, um wieder den Boden unter den Füßen zu gewinnen. Auch mich bezirzte der Kleine mit seiner makellosen Perfektion. Aber ich unterschied mich grundlegend von seinen Mitmenschen. Ich war ein Kind der Hölle. Wer mit meinem Feuer spielte, der sollte die Flammen zu spüren bekommen.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)