Der Feuerkönig von LynethNightmare (Hao Asakura x OC) ================================================================================ Kapitel 4: ----------- Flatternd drang ein helles Leuchten an meine Augen. War dies das Ende vom Dunkel? Die Erlösung, das Ende von allem? Warum fühlte sich mein Körper dann so schwer und schwach an? Ich bezweifelte, dass ich gestorben war, stattdessen erwartete ich, dass ich verloren in der Wüste neben Rukas sorgenerfüllten Blick aufwachen würde. Doch auch das war nicht der Fall. Ich erkannte die verschwommene Umgebung eines Zimmers. Lange brauchten meine Augen um wieder klar zu sehen und sobald dies der Fall war brachten mich heftige Kopfschmerzen zum Aufstöhnen. Ich spürte, wie mir jemand einen wohlig kühlenden Gegenstand auf die Stirn legte und wandte meine Augen nach rechts, wo ich meine Rettung vermutete. Tatsächlich saß eine zierliche Gestalt neben mir. Sie schien sehr klein zu sein, doch meine Augen wollten sie nicht erkennen. Starke Übelkeit überkam mich und die Müdigkeit zwang mich erneut meine Augen zu schließen und wieder in einen unruhigen Fieberschlaf zu fallen. Wieder dieses flackernde Licht vor meinen Augen, wieder wurde der Gegenstand an meiner Stirn gewechselt. Dieses Mal war das Bild vor meinen Augen scharf und ich erkannte einen kleinen dunkelhäutigen Jungen, der ein Leinentuch in eine weiße Keramikschale tauchte und ihn vorsichtig auswand. Als er meine offenen Augen bemerkte schmunzelte er ein wenig. „Der Meister wartet schon auf dein Erwachen. Du hast seine Erwartungen nicht enttäuscht, du bist sogar schon zwei Tage vor seiner Rechnung erwacht. Wie fühlst du dich, da du dem Tod nur knapp von der Schippe gesprungen bist?“, quasselte das Kind munter drauf los. Ich versuchte hilflos den Kopf anzuheben, doch die Schmerzen zwangen mich wieder zurück ins Krankenbett. Mehrmals versuchte ich auf die Frage zu antworten, doch meine Stimme versagte jedes Mal aufs Neue. „Du solltest dich ausruhen. Es hat immerhin einiges an Energie gekostet dich soweit zu heilen, dass du es überlebst, den Rest muss dein Körper selber erledigen, sagt mein Meister.“ Ich wandte meinen Blick zur Decke. Es war also knapp? Mir wurde schlecht. Wo war eigentlich Ruka? Was war nur geschehen und das Wichtigste war doch, wie lange hatte ich geschlafen? All diese Fragen würden warten müssen, bis meine Stimmbänder meinem Kopf wieder folgen und meine Stimme wieder erklingen lassen würden. „Das soll die starke Schamanin sein? Das ich nicht lache, sie hat nicht mal einen so lächerlichen Abschaum besiegen können. Der Meister hätte sich nicht überreden lassen sollen. Sie wird uns sicherlich ein Klotz am Bein sein.“, drang eine kühle Stimme an meine Ohren. Ich kannte sie bereits, konnte sie aber in meinem momentanen Zustand nicht zuordnen. Erst, als die blauhaarige Frau in mein Sichtfeld trat wurde mir bewusst, wo ich mich befand. Bei Hao Asakura. Die Erkenntnis traf mich, wie ein Schlag und ich begann unterbewusst leicht zu zittern. „Sie besitzt große Macht, hat der Meister gesagt. Sie ist was ganz Besonderes. Außerdem ist sie wach und kann dich hören, Kanna.“, plapperte Opacho munter vor sich hin. Die Augen der Blauhaarigen schnitten mich feindlich. „Das ist gut, dass du wach bist. Wenn du mir im Laufe deiner Zeit auch nur annähernd im Wege stehst, sei es zu in Gunsten von Meister Hao, oder auch einfach nur so, werde ich nicht davor zurückscheuen dich zu vernichten.“, fauchte sie aggressiv und machte eine unfreundliche Geste mit der Hand, um ihre Worte zu unterstützen. „Wer wird denn gleich so unfreundlich zu unserem Gast sein?“, drang eine kalte und harte Stimme durch den kleinen Raum und ich musste nicht erst sehen, wer nun erschienen war, denn alleine an seiner Aura konnte ich erkennen, es war Hao. Innerlich schwer seufzend schloss ich für einen Moment die Augen. „Verzeiht mir Meister Hao.“, stotterte die Blauhaarige. Plötzlich schien ihr die gespaltene Zunge im Halse stecken geblieben zu sein. Mich ganz meines Stolzes erinnernd versuchte ich mich unter unfassbaren Schmerzen, vor allem im Bereich der Brust, aufzusetzen. „Noch dazu, wo unser Gast bereits wach ist.“, redete Hao einfach weiter und umging das Mädchen vor ihm, bis er direkt neben meinem Futon zum Stehen kam. Ich krümmte mich etwas, aber ich saß endlich. Die Decke, die mich bis eben vor fremden Augen verborgen hatte, rutschte mir bis in den Schoß hinab und mit Schrecken musste ich feststellen, dass mein Oberkörper, bis auf die Bandagen, die das Schlimmste verbargen, frei war. Ein leichter roter Schimmer wanderte über meine Wangen und ich fühlte sofort unbändige Hitze in meinem Kopf aufsteigen. Haos Augen lagen auf mir. Mir war klar, dass er soeben jeden meiner Gedankengänge belauschte. Betont kühl griff ich nach der Bettdecke und klemmte sie mir unter die Arme. „Du erholst dich beachtlich schnell.“, richtete sich der Meister nun persönlich an mich. Ich blickte zögerlich hoch und meine blauen Augen trafen direkt auf die tief schwarzen Seelenspiegel meines Gegenübers. Es war, als würde ich in ein bodenloses Loch fallen. Endlich sah ich in real vor mir. Dieses Mal war es keine grauenhafte Vision, sondern die Wirklichkeit, welche nicht annähernd bedrückender war. Ich fühlte seine Macht, wie sie langsam, wie zähflüssiger Schleim, um meinen Körper wanderte. Ich fühlte die Hitze eines imaginären Feuers, auf meiner Haut, dazu die Kälte seiner Seele. Er war gefährlich, gnadenlos und grausam. Mein Magen verkrampfte sich unter dieser Erkenntnis. „Hao.“, brachten meine Stimmbänder unter endloser Anstrengung hervor. Ein kaltes Lächeln umwob sein scheinbar makelloses Gesicht. „Ruh dich aus. Ruka geht es gut. Sie ist nur etwas… verhindert.“, schmunzelte er und legte unbeteiligt seine rechte Hand auf den Kopf des jungen Afrikaners. Opacho blickte ihn dankbar an und lächelte ebenfalls. Zumindest schien er sehr treue Anhänger zu haben, auch wenn er ein skrupelloses Monster war. „Kümmere dich gut um sie. Und halte unbeliebte Gäste fern. Sie braucht Ruhe. Erst, wenn sie wieder bei voller Gesundheit ist, wird sie mir nützlich sein. Achte solange auf sie, als wäre sie ein Schatz.“, gab der Meister seine Anweisung an den kleinen Jungen, der freudig und verständlich nickte. „Kanna?“, richtete sich Hao nun an die Blauhaarige. „Ja, Meister?“ „Ich möchte, dass du dich von hier fern hältst. Ich mag keine Unhöflichkeiten, schon gar nicht bei einem Besuch ihrer Stellung.“ Kannas Gesichtsausdruck glich einem Kind, welches gerade in eine Zitrone biss, als sie sich auf ihrem Platz herumdrehte und eilig aus dem Zimmer verschwand. „Unterrichte mich über jeden Fortschritt, Opacho.“, meinte Hao noch, als er schon das Zimmer verließ. „Ja, Meister.“, rief ihm der Junge noch zu, ehe er sich zu mir auf die Kante des Futons setzte und mir besorgt eine Hand auf die Stirn legte. „Das Fieber scheint abgeklungen. Das Schlimmste hast du also schon überstanden.“, murmelte er und machte sich daran Bandagen in eine seltsame Paste zu legen. „Dann werden wir mal die Verbände wechseln.“ Er konnte nicht anders, seine Augen wollten ihm nicht gehorchen, so folgten sie weiterhin ihrem Ziel, welches sich gerade in Begleitung von seinem treusten Diener Opacho zu den heißen Quellen begab. Er konnte die Absicht, die dahinter lag, nachvollziehen, schließlich hatte sie nun fast einen Monat lang in demselben Futon gelegen und ihre zugegeben starken Verletzungen auskuriert. Aber es schien sich gelohnt zu haben, sie war zu alter Stärke zurückgekehrt und das würde ihm nur zu Gute kommen. Wieder umwob ein unheimliches Lächeln seine Züge, als er sich endlich von der Szene abwandte und in seinen Raum zurückkehrte. Sein beherrschter Blick traf auf den strafbaren von Ruka, die in ihrem Käfig saß und ihn nicht aus den Augen ließ. Dieser Käfig hatte die Macht ihr sämtliche Kräfte und Verbindungen zur Außenwelt zu nehmen und sie vor allem abzuschirmen. „Wie fühlt sich mein Vögelchen heute?“, fragte er kühl. „Wird dir diese Frag nicht auf Dauer zu langweilig, nach 21 Tagen?“, meinte der Schutzgeist ebenso kühl, wie ihr gegenüber. „Nein, liebe Ruka. Aber vergreife dich nicht in deinem Ton mir gegenüber, du weißt, dass ich deine geliebte Kaori nun voll und ganz in der Hand habe. Ein falscher Schritt und eine falsche Handlung deinerseits und es kostet deinem Schützling das Leben.“, gab Hao bedrohlich zurück. „Dem bin ich mir bewusst.“, seufzte Ruka und senkte ihren Blick zu Boden. „Vielleicht sollte ich sie bald an ihre Vergangenheit erinnern.“ Sie hatte einen schrecklichen Fehler begangen. Doch was konnte sie schon tun, um diese Situation zu retten. Nichts. Sie war Hao voll und ganz ausgeliefert, was er auch ganz genau wusste. Flashback: Ruka, der Schutzgeist dieser mächtigen Schamanin stand tatsächlich vor ihm. Mürrisch war ihr Blick, als er den des Onmyoji traf. „Was kann ich für dich tun, liebste Ruka.“, schmunzelte Hao. Ein finsteres Grinsen, überaus durchdacht und überlegen. „Rede nicht in diesem Ton mit mir, Hao.“, beschwerte sich Ruka, wobei man ihr ansah, dass sie unsicher wirkte. Ihre Hände hatte sie auf ihren Oberschenkel ineinander verschränkt, während sie den Blick starr in das Gesicht ihres Gegenübers gerichtet hatte. Doch sie wirkte steif. „Verzeih, alte Gewohnheiten sind aus mir hervorgebrochen.“, folgerte Hao schlicht und wandte sich nun vollends seinem Besuch zu. „Was ist der Grund für deinen Besuch?“, hakte er nun unverblümt nach. Rukas Gesicht wurde finster. „Ich bitte dich, da du von alten Gewohnheiten sprichst, dieses Mal im Guten, lass Ayume in Ruhe.“ Ein heiseres Lachen schallte über den Vorgarten zu Haos Haus, als der Schamane nicht an sich halten konnte. „Das ist nicht dein Ernst? Du glaubst doch nicht, dass ich mich an alte Freundschaften klammere, die nicht mal die Kraft hatten zu bestehen. Du glaubst doch nicht, dass ich einem Schutzgeist, einer alten verzweifelten Frau, die mich vor Jahren verraten hat, einen Gefallen tue. Erinnerst du dich nicht mehr daran, was einst geschah, als du mich um einen Gefallen gebeten hast. Du hast mich verraten, Ruka. Du, meine damalige engste Vertraute, hast mich verraten, wie ein Stück Fleisch in ein Rudel Wölfe geworfen. Ruka, wage es nicht Forderungen zu stellen. Ich habe kein Mitleid, kein Erbarmen und keine Rücksicht auf schwache, gefühlsgetriebene Menschen. Auch Schamanen, die sich von der Macht ihrer Emotionen leiten lassen sind schwach. Sie verdienen es nicht in meiner Welt zu leben. In meiner Welt können sie nicht bestehen. Ich rate dir Ruka, sieh zu, dass Ayume nicht denselben Fehler, wie einst du, begeht und sich mir in den Weg stellt. Sonst passiert es ihr sehr schnell, dass sie dein Schicksal teilt. Glaube nicht, mir läge etwas Menschliches an diesem Mädchen. Ich bewundere ihre Macht, die ich für meine Zwecke gebrauchen kann. Nutzt sie diese Macht jedoch gegen mich, so ist sie menschlich, sowie für meinen Plan völlig nutzlos.“ Ruka senkte den Blick. Sie hatte wirklich gedacht Hao würde sich Gedanken machen. Er würde sie vielleicht verschonen, weil ihm etwas an dem Mädchen lag. Oder etwas an der ehemaligen Freundschaft lag. Doch er hatte alle Gefühle abgelegt, war getrieben von der Macht, die er erlangen wollte. Die Welt, die er erschaffen wollte und er als Gott, der über allem herrscht. Hao Lippen zierte ein grausames Lächeln. „Liebste Ruka, du lebst zu sehr in der Vergangenheit. Der Hao Asakura, den du einst so sehr mochtest, ist nicht mehr hier. Nichts ist von der schwachen Seite geblieben, und irgendwann werde ich auch diese schwache Hülle loswerden und über allem stehen. Ich habe dir nichts mehr zu sagen, geh und bedenke, was du tust, denn handelst du falsch, gibt es keine Rettung für deinen, ach so geliebten Schützling.“ Mit diesem Satz ließ Hao Ruka stehen und schritt anmutig, wie eine Raubkatze zurück in sein Heim. Als sich die Türe schloss begann es mit einem Mal heftig zu regnen. Ich blickte mich um, auch wenn meine Augen die dicken Nebelschwaden, die um die gesamte heiße Quelle hingen, kaum zu durchdringen in der Lage waren. Dieser Badeort lag komplett im Freien, angrenzend an den kleinen, dichten Fichtenwald, der wie eine schwarze Mauer den kompletten Unterschlupf umrandete. Die Quelle selbst entsprang einem kleinen Marmorstein, welcher zusammen mit ein paar Granitfelsen eine runde Form ergab, in der sich das Wasser sammelte. Verunsichert legte ich meinen Blick auf den Jungen, der mich all die Zeit nicht von der Seite gewichen war, genauso, wie es Hao ihm befohlen hatte. Opacho grinste freundlich, sowie er es immer tat und trat näher an den Rand der Quelle. Er legte seinen Rucksack ab und holte ein großes Badetuch hervor. Vorsichtig drapierte er es am Rand der Quelle ebenso, wie die frische Kleidung, die er mitgenommen hatte. „Meister Hao erwartet dich heute Abend bei der Versammlung. Er möchte, dass du anwesend bist.“, meinte Opacho schlicht, als er mich an der Hand nahm und an die Quelle zog. „Keine Angst. Ich werde hier bleiben und ungebetene Gäste fernhalten.“, fügte er noch hinzu, als er meinen Blick bemerkte. Ich schenkte ihm ein höfliches Lächeln, auch wenn er die rechte Hand Haos war, so war er doch nur ein Kind, bedachte ich. Er wandte sich von mir ab und schritt aus dem Nebel hinaus, sodass ich ihn schon nach kurzer Zeit nicht mehr sehen konnte, doch ich wusste, dass er mit seinen Schamanengaben alles im Überblick hatte. Die Flucht wäre also sinnlos, schon alleine aus dem Grund, dass ich nicht wusste wo Ruka war. Seufzend und mit einem unbehaglichen Gefühl schälte ich mich aus meiner zerschlissenen Kleidung, ließ sie achtlos auf den Boden fallen und glitt ins angenehm warme Nass. Die Wärme durchflutete mich und gab mir einen Moment lang das Gefühl, alles wäre gut. „Es ist Zeit. Die Versammlung beginnt gleich.“, riss mich Opachos Stimme aus meinen Gedanken. War ich eingeschlafen? Ich wandte mich herum, doch von dem Jungen war weit und breit nichts zu sehen. Hatte ich mir die Stimme nur eingebildet? Wie dem auch sei, ich begab mich direkt an den Rand der Quelle und griff nach dem Badetuch, mit dem ich meinen Körper sofort verhüllte, als ich aus dem Wasser stieg. Neugierig betrachtete ich die Kleidung, die fein säuberlich zusammengefaltet auf einem kleinen Stein lag. Es war ein Kirschroter Kimono, welcher ein paar schwarze Verzierungen im Bereich des Kragens hatte. Ich kämpfte mich durch die drei Schichten dieses Kleidungsstücks und verschloss ihn am Ende mit der schwarzen Borte, die dazu bereit lag. Anschließend kämmte ich mir nochmal durch die noch immer feuchten Haare und schlüpfte in die schwarzen Sandalen. Sofort stachen mir meine beiden schwarzen Fächer ins Auge, die ich natürlich sofort aufhob und mir an den Kimonogürtel hing. „Ich wäre soweit.“, erhob ich die Stimme, in der Hoffnung, dass Opacho mich abholen würde. Gespensterhaft schritt er aus dem Nebel auf mich zu und nahm mich kurzerhand beim Ärmel, woran er mich dann hinter sich her zog. „Wir sind schon etwas spät dran. Der Meister mag keine Verspätungen.“, plauderte der Junge aufgeregt und erhöhte seine Geschwindigkeit. Ich schritt, was blieb mir auch anderes übrig, eilig hinter ihm her. Wir kamen nach kurzer Zeit, etwas abseits des Verstecks, an eine Lichtung. Auf einem Baumstumpf, der mittig der Lichtung lag, saß er. Im Schneidersitz, den Kopf auf die Faust gelehnt, saß er stumm da, umringt von seinen Anhängern, die gespannt warteten, bis er sein Wort erhob. Opacho ließ meinen Ärmel nicht los, als er direkt auf Hao zusteuerte und neben ihm abrupt stehen blieb. „Meister?“, murmelte Opacho ehrfürchtig. Ein freudiges Grinsen schenkte Hao seinem Anhänger, als er zu uns herab blickte. „Sehr gut, mein kleiner Opacho. Dann können wir ja beginnen.“ Ich blickte mich um. Alle Augen waren auf mich gerichtet. Ausdruckslose Mienen forschten in meinem Gesicht nach Antworten, auf die Fragen, die in ihren Köpfen spukten. Ich spürte, wie sich eine unheimliche Gänsehaut über meinen Körper ausbreitete. „Kanna, was habt ihr mir zu berichten?“, schnitt nun Haos Stimme, scharf, wie eine Messerschneide durch die Stille. Angesprochene zuckte erschrocken zusammen und ihr Blick richtete sich gen Boden. Schienen wohl keine erfreulichen Nachrichten zu sein. „Sie stehen kurz vor Dobie Village, alle zusammen. Sie sind stark.“, murmelte Kanna und auch ihre beiden Gefährtinnen blickten zu Boden. „Sie haben Unterstützung von Anna und einer weiteren Schamanin. Wir konnten sie nicht aufhalten.“ Haos Gesicht wirkte unerwartet entspannt, er lächelte sogar leicht. „Dann ist Yo weiter gekommen, als ich zunächst angenommen habe. Er macht doch Fortschritte, auch wenn diese jämmerlichen Freunde ihm wichtige Zeit klauen.“, schlussfolgerte der Meister. Ich blickte ihn verständnislos an und erinnerte mich an die Mauer, die meinen Geist verschloss, sodass er meine Gedanken nicht lesen konnte. Nun trafen seine tief schwarzen Augen direkt auf die Meinen und ich schauderte leicht. „Wir begeben uns nun mit unserem neuen Mitglied, das ich hiermit vorstellen möchte, ebenfalls nach Dobie Village. Es wird Zeit, dass wir unseren Plan auch langsam aber sicher in die Tat umsetzten. Das ist Kaori Oneko, Nachfahrin und Reinkarnation der großen Ayume Oneko. Behandelt sie mit dem Respekt, der ihr gebührt immerhin wird sie mit uns zusammen eine neue Welt erschaffen.“, richtete er seine Worte nun an die versammelten Schamanen. Wieder forschten einige misstrauische Blicke in meinem Gesicht. „Warum sollte ich das tun?“, brachte ich hervor. Haos Gesicht blieb unverändert fröhlich. „Das meine Liebe, möchte ich dir gerne zeigen.“ In seiner Stimme lag etwas Bedrohliches, was ich in diesem Moment nicht zuordnen konnte. Ein riesiger Feuerwirbel schoss empor und mitten aus ihm entstieg der Feuergeist. Seine Macht war kaum zu fassen, meine Haut fühlte sich, als würde sie verbrennen. Das alles nur, weil Ruka nicht bei mir war und die starken Empfindungen der Welt von mir fern hielt. Ich krümmte mich etwas unter dem Schmerz, der mich durchzog, deswegen achtete ich nicht auf den kleinen weiß glitzernden Gegenstand, den der Feuergeist mit sich trug. Erst als das Wesen diesen Gegenstand inmitten der Versammlung, vor Haos Baumstamm auf den Boden stellte, richtete ich meinen Blick darauf. Mir blieb eine Sekunde lang das Herz stehen. „Ruka?“, hauchte ich, unfähig mich zu artikulieren. Wieso konnte ich sie nicht spüren, obwohl ich sie sah? „Da ist das kleine Vögelchen.“, schmunzelte Hao gelassen. Alles in mir zog sich vor Wut zusammen. „Kaori. Tu nicht, was er verlangt.“, richtete sich mein Schutzgeist direkt an mich. „Schweig. Ruka, du weißt doch was geschehen kann.“, unterbrach Hao sie kurzerhand. „Dieser Käfig ist völlig ungefährlich. Er nimmt ihr nur ihre Macht und trennt das Band, was euch verbindet. Er ist nur dazu da, dass du auch das machst, was ich von dir verlange, Kaori.“ Ich blickte auf den Boden, meine Hände ballte ich zu Fäusten. „Andernfalls?“, hakte ich, zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, nach. „Andernfalls…“, begann der Onmyoji flüsternd. Ich hob den Kopf, unsere Blicke trafen sich und mein Medaillon vibrierte. Ich sah, wie der Feuergeist nach dem Käfig griff. Rukas Gesicht war schmerzverzerrt. „Kaori. Rette dich.“, keuchte sie. Ihre Augen waren zusammengepresst und ihre Finger krallten sich in die Gitterstäbe. Eine unglaubliche Macht umhüllte mich und ein unbarmherziger Schmerz durchfuhr meine Brust, als die Flammen des Feuergeistes in den Käfig schlugen und Ruka sich mit einem grellen Schrei auflöste. Das heisere Lachen Haos drang an meine Ohren, als die Vision wieder verblasste und ich kraftlos auf die Knie fiel. Opacho beugte sich mit sorgenerfüllten Gesicht zu mir herab. Keuchend versuchte ich wieder in die Wirklichkeit zu finden, doch der Schmerz in der Brust hielt immer noch an. „Sie ist meine Freundin, lass sie in Ruhe. Ich werde tun, was du verlangst.“, brachte ich unter angestrengtem Atmen hervor. „So ist es gut.“, frohlockte der Schamane und lächelte mir zu. „Ruka steht unter meinem Schutz. Du bekommst sie wieder, wenn wir kämpfen.“ Seine Worte drangen nur noch gedämpft an meine Ohren. So fühlte es sich also an, wenn Schamane und Schutzgeist gewaltsam auseinandergerissen werden. Ich hatte das Gefühl mein Herz würde mir herausgerissen. Ich konnte kaum atmen. Flashback: Keuchend fiel sie auf die Knie. Die edle Kleidung, die sie von ihrem Vater extra für diesen Kampf bekommen hatte, saugte sich mit dem Schlamm voll, der nach dem starken Regenfall entstanden war. Wie war er der Perlenkette entflohen? Niemand hatte es bisher geschafft. Was war dieser Schamane nur für ein Monster? „Ayume!“, hörte sie die gedämpfte Stimme ihres Bruders an ihr Gehirn dringen. Beinahe all ihr Furiyoku hatte sie für diesen Angriff verbraucht. Sie war nun völlig machtlos. Schwer atmend erhob sie sich vom Dreck und wischte sich mit dem Handrücken über ihre nasse Stirn. Unentwegt blickte Hao sie an, mit seinen undurchdringbaren Augen, die sie scharf betrachteten. Auch er keuchte und versuchte die Luft tiefer in seine geschundene Lunge zu pressen. „Ayume.“ Ihr Name aus seinem Mund verlieh ihr eine unbehagliche Gänsehaut. „Ich habe dir mehrmals das Angebot gemacht, dass du an meiner Seite überleben darfst. Ich habe dich verschont, habe dir das Leben gerettet und dein Dank ist, dass du mich vernichten willst, weil es deine Herkunft dir vorschreibt?“ Ayume hielt inne. War Hao wirklich dieses Monster, was jeder beschrieb? „Ayume! Vernichte ihn. Du bist die Einzige, die noch in der Lage dazu ist.“, brüllte ihr Bruder Mizuke verzweifelt. Seine Kleidung war blutverschmiert, sein Gesicht schmerzverzerrt, aber er hielt sich noch tapfer auf seinen Beinen, ganz im Gegensatz zu ihrem ältesten Bruder, der fest die Augen geschlossen hatte. Für immer. Sie war die Einzige ihrer Familie, die noch aufrecht stand. Sie fühlte eine angenehme Wärme auf der Schulter, als Ruka ihr fürsorglich die Hand auf die Schulter legte. „Ayume.“, hauchte sie leidlich. Die Tradition schrieb es vor. Niemals etwas anderes, als das Schlechte in Hao Asakura zu sehen, doch war das ihr Denken? War das das Denken, was Ayume schon ihr Leben lang den Wesen und Menschen, denen sie begegnete entgegen brachte? Sie war es doch, die für den Frieden und für das Glück kämpfte, weil sie in jedem Menschen das Gute sah. Niemand handelt ohne Grund. Das war ihre Einstellung. Warum nicht bei ihm? „Er will dich nur beeinflussen. Ayume, wir müssen ihn vernichten.“, keuchte Ruka verzweifelt, die ihrem Gedankengang gefolgt war. „Müssen wir das?“, hakte Ayume nach. „Warum?“, fügte sie kühler hinzu. „Ayume, vertraue mir. Ich kenne Hao schon viel länger. Ich weiß wozu er in der Lage ist. Er wird alle töten.“ Ayume seufzte, ehe sie einen Schritt auf Hao zumachte. Dieser blickte sie unentwegt weiter an. „Ayume.“, keuchte Ruka. „Ich danke dir, dass du mein Leben gerettet hast. Ich danke dir, dass du mich verschont hast, Hao Asakura. Aber der Zwist, in dem wir leben, der Zwist, für den du verantwortlich bist, erlaubt es mir nicht dich zu verschonen. Du tötest die Menschen für eine bessere Welt, dabei bist du nicht im geringsten Anders, als die Menschen, die du so hasst.“, mit dieser Ansprache nahm sie ihre Perlenkette zur Hand. „Ich sagte dir einst, dass solange ich lebe, du niemals Schamanenkönig werden wirst. Vielleicht hätte sich meine Meinung geändert, hättest du mich von deiner menschlichen Seite überzeugt, aber du bist ein Monster. Ein Mörder. Ich darf dich nicht am Leben lassen.“ Haos Gesicht verfinsterte sich schlagartig. Hatte er sich wirklich die Hoffnung gemacht, sie würde ihm folgen? Hatte er gedacht er müsse sie nicht töten, wenn sie an seiner Seite stand? Warum kostet es ihm so viel Überwindung diese Frau einfach zu töten? Warum fasziniert ihn die Art, wie sie denkt so sehr? Waren all seine Bemühungen, die er sich gemacht hatte umsonst gewesen? Wie dem auch sei, sie hatte sich entschieden, also tat er es auch. Er konzentrierte all sein Furiyoku für den vernichtenden Schlag, den er plante. Ayume tat dasselbe. Ihre Augen leuchteten Sturmgrau und ihr ganzer Körper erstrahlte in der Kraft der Perlen, die sich vor ihr zu einem Tor formten. „Ruka. Öffne das Tor ein letztes Mal.“, keuchte Ayume unter höchster Anstrengung. „Aber Ayume, gibt es keinen anderen Weg? Du wirst sterben, dein Furiyoku ist fast verbraucht.“ Ayume warf Ruka einen strafenden Blick zu. „Ich weiß was ich tue.“, knurrte die junge Frau und ihr Schutzgeist handelte wider ihren Vorsätzen und tat, was die junge Schamanin verlangte. Sie öffnete den Schlund der Unterwelt. Eine finstere Macht legte sich über die Arena in Dobie Village, die Zuschauer waren alle schon längst verschwunden, vor Angst. Nur noch wenige der Patcheeschiedsrichter waren übrig. Hao hatte alle vernichtet. „Höllenschlund der Unterwelt, höre meine Stimme. Folge dem Licht des Tores und hol zu dir, was du verlangst. Nimm meine Kraft als Pfand, damit der Onmyoji in die Unterwelt gelangt.“, murmelte das Medium und verkrampfte sich unter der Macht, die aus dem Tor hervorbrach. Eine riesenhafte schwarze Klauenbesetzte Hand schnellte aus dem Tor heraus und zielte direkt auf Hao, der im letzten Moment auswich, in die Höhe glitt und einen Feuersturm nach Ayume schleuderte. Kreischend brach sie unter den Schmerzen der Flammen zusammen. Die schwarze Hand versuchte ein letztes Mal nach Hao zu greifen, doch wieder verpasste sie ihn nur um wenige Zentimeter, dann zerfiel das Gebilde zu Staub. Das Tor schloss sich und Ayume fiel rücklings in den Schlamm. „Ich habe versagt.“, hauchte sie zu Ruka, die neben ihr auf dem Boden saß. „Sag so etwas nicht.“, antwortete der Schutzgeist traurig. „Jetzt wird niemand mehr glücklich sein.“ „Ich störe eure Unterredung zwar nur ungern.“, unterbrach seine raue Stimme. Er stand nun direkt vor Ayume, die sich nicht mehr bewegen konnte, so ausgelaugt war ihr Körper. „Stop. Hao hör auf. Ihr Furiyoku ist verbraucht. Du hast den Kampf gewonnen. Lass ab von deinem Tun.“, brüllte ein Schiedsrichter verzweifelt. „Noch ist nichts gewonnen, auch wenn du stirbst ist nichts gewonnen, Ayume, vielleicht im nächsten Leben.“, dieser Satz war das Letzte, was sie noch vernahm, als ihr Körper Feuer fing und im Wind davon trieb. „Du hast gewonnen, Hao.“, fauchte Ruka und erhob sich vom leer gefegten Boden. Ayume war einfach verschwunden, als hätte es sie nie gegeben. Langsam begann sich ihr Körper aufzulösen. „Nein, ich habe verloren.“, knurrte der Onmyoji und wandte dem Schutzgeist den Rücken zu. Völlig verwundert, warum er sie nicht seinem Feuergeist opferte, folgte Ruka ihrem Schützling in die Geisterwelt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)