25 Ways to meet someone von Jyll ================================================================================ Kapitel 21: Tomcat ------------------ Der Finder Hatte er da etwas gehört? Ruki drehte sich auf den Zehenspitzen um und lauschte. Er bereute, die Abkürzung nach Hause genommen zu haben. Sie sah bei Tageslicht wesentlich sicherer aus als jetzt bei Nacht, wo er so durch die Gassen schlich mit einem beklemmenden Gefühl, den Atem die halbe Zeit angehalten und die Ohren aufs Äusserste gespitzt. Da war es schon wieder gewesen! Ein hohes Quietschen. Eine Tür? Ruki drehte sich einmal um die eigene Achse und strich sich nervös die Haare aus der Stirn. Warum war er so dumm gewesen, hier lang zu gehen, ganz alleine und im Dunkeln! Er blickte zum Ende der Gasse, wo er hinsollte. Noch viel zu weit weg. Und hinter ihm? Das Ende der Gasse wo er herkam. Nicht sonderlich weit weg. Vielleicht sollte er einfach zurückgehen und sich im Licht der Strasse weiterbewegen, dann hätte er halt etwas länger nach Hause, dafür wurde er nicht aufgeschlitzt! Okay, vielleicht reagiert er ja über. Ein wenig. Aber es war immerhin Tokyo und man hörte allerlei. Der Dunkelhaarige machte ein paar Schritte zurück. Er war ja kein grosser Schisser, aber wenn ihm hier wirklich jemand auflauerte, war er geliefert! Langsam bewegte er sich zurück, sich immer wieder umsehend und als das erste Licht der Laternen von der Hauptstrasse wieder in die Gasse fiel, atmete er etwas erleichtert durch. Warum war diese Gasse auch dunkel? Ein konzentrierter Stromausfall oder was? Rasch drehte sich Ruki um, damit er den Rest sprinten konnte, als das Geräusch schon wieder ertönte. Ein…Wimmern. Zwei leuchtende Punkte schwebten auf ihn zu und der Mann machte einen abrupten Halt. Nach Luft schnappend versuchte er, ihnen auszuweichen, doch sie folgten ihm immer wieder und gaben dieses erstickte hohe Fiepsen von sich. Mit der einen Hand tastete er sich an der Wand entlang rückwärts aus der Gasse vor den zwei funkelnden Kreisen weg, als er über etwas stolperte und mit den Armen nach hinten rudernd auf den Arsch fiel. Jetzt waren sie ganz nah, hechteten auf ihn zu, sprangen ihn an. «Miau» Ruki blinzelte. Eine…eine Katze. Eine schwarze Katze. Ein winziges Ding eigentlich, noch nicht ausgewachsen mit verdammt gelben Augen. Leuchtend, nicht zu vergessen. «Miuu» Ihr Miauen hörte sich etwas erkältet an. Ruki blinzelte immer noch, fasste schliesslich das harmlose Tier an und spürte, wie kalt es war. Wie lange war es denn schon hier draussen? Es war Winterbeginn, der Schnee lag noch nicht auf den Dächern, aber bereits in der Luft. Und ganz dünn war das Fellbündel auch. «Bist du abgehauen oder wurdest du ausgesetzt?» Gepflegt schien sie zumindest, lange konnte sie also noch nicht verwahrlost sein und für ne Strassenkatze wirkte sie auch zu edel. Ruki seufzte leise, öffnete seine Jacke und nahm das wehrlose, maunzende Kätzchen hinein. «Komm erstmal mit. Ich kann dich dann zu einem Tierheim bringen.» Der Sucher «Wie konnte das passieren?» «Ich weiss doch auch nicht so genau…» «Hast du etwa das Fenster offen gelassen…? Hast du?! Ich hab doch gesagt, du musst jetzt alles anders machen. Ich wusste, es überfordert dich!» «Ey, ich pack das! Ich hab alles gemacht, wie du wolltest, es war nur so stickig. Ich hab auf sie aufgepasst, hab die ganze Zeit beobachtet, was die Kleine macht…» «Trotzdem ist sie weg!» «Ja, ich weiss verdammt! Was mach ich denn jetzt?» «Na, Flyer aufhängen wäre ein Anfang. Du kannst unmöglich ganz Tokyo nach einer kleinen Mieze alleine durchsuchen.» Der Finder Während er in der Tasche nach seinem Handy kramte, lief er langsam aus der Tierhandlung. Auf der Strasse war ausnahmsweise mal nicht viel los. Er lief an der dunklen Gasse vorbei, als er gerade das Handy fand und nach vorne zog. Bevor er drauf sehen konnte, erblickte er im Augenwinkel etwas Anderes. Verdutzt blieb er stehen und starrte den Flyer an. Es ging um ein verlorenes Kätzchen. Schwarz, gelbe Augen. Ein Bild war dabei. Man konnte Zettelchen abreissen, mit der Telefonnummer des Besitzers. Aber woher wusste Ruki, dass es wirklich die Katze war? Schwarze Katzen gab es viele. Er las den Flyer genauer durch. Weisse Hinterpfote. Oh! Ruki riss hastig ein Zettelchen ab und eilte weiter zu seiner Wohnung. Mist. Hastig schloss er auf, das Handy noch in der Hand und trat ein. Ein Miauen begrüsste ihn schon. «Hey…», murmelte Ruki, legte seine Sachen weg und hob die Kleine hoch. Das Hinterpfötchen war weiss. Es musste dieselbe sein. Etwas traurig blickte er auf das Halsband, dass er ihr gekauft hatte. Dabei hatten sie sich doch so schön angefreundet. Aber sie gehörte ihm nicht. «Dein Besitzer vermisst dich sicher…», murmelte er. Schweren Herzens setzte er sie ab, nahm sein Handy und las die Nummer ab, tippte sie ein und lauschte auf das Freizeichen. Es ging nicht lange, da nahm eine Frau ab. «Hallo…ich bin Matsumoto. Ich äh…hab ihren Flyer gesehen. Ich glaube, ich hab ihre Katze.», murmelte Ruki und streichelte die Kleine, die neben ihm auf den Tisch gesprungen war. Sie rieb sich an seiner Hand. «Wirklich?! Das ist ja wundervoll! Geben sie mir die Adresse, dann wird sie gleich abgeholt.» «G-Gleich…oh okay.» Ruki gab seine Adresse durch und verabschiedete sich von der Frau, legte auf. «Na, dein Frauchen ist ja überglücklich…» Ruki seufzte tief. Die Kleine sah ihn an, senkte die Lider leicht und schnurrte. Na super. Er hatte sich immer ein Haustier gewünscht, aber die waren nicht billig. Und eigentlich erlaubte sein Vermieter ja auch gar keine Haustiere, aber die Kleine war so leise, dass er es nie gemerkt hätte. Seufzend ging er seine Tasche holen und packte das gekaufte Futter und Spielzeug in eine Tüte. Alles was er für die Katze gekauft hatte, würde er der Besitzerin mitgeben. Er war dumm gewesen, zu denken, niemand würde die Katze vermissen. Um sich abzulenken, ordnete er ein paar Dinge in seiner Wohnung. Danach nahm er die Kleine auf den Arm und knuddelte noch etwas mit ihr, solange er konnte, doch als es klingelte, liess er sie auf den Tisch runter. «Schön sitzen bleiben.» Immer noch unglücklich ging er zur Tür und betätigte den Summer. Als es gleich darauf an der Tür hämmerte, runzelte er die Augenbrauen. Rasch öffnete er und prallte zurück. Ein hochgewachsener Mann stand vor ihm, ein Motoradanzug aus schwarzem Leder tragend und ein Helm auf dem Kopf. Ruki sank das Herz in die Hose. Auch als der Mann den Helm abnahm, wurde es nicht besser. Darunter kamen ein Iro hervor und ausserdem ein Tuch über Mund und Nase. Nur zwei dunkle Augen blitzten ihn an. «Wo ist es?!», knurrte es dunkel. «Wo…was…» Ruki wollte die Tür wieder zuschlagen, doch der Mann drängte sich gleich dazwischen, polterte in die Wohnung mit seinen schweren Stiefeln und drückte Ruki auf die Seite. «Wa-Moment!» Ruki atmete hektisch. Ein Fremder brach einfach so in seine Wohnung ein. Wo war sein Handy? Er musste die Polizei rufen. Scheisse, es lag auf dem Tisch. Der Dunkelhaarige eilte dem Iro nach, der sich suchend in der Wohnung umsah. Das Kätzchen sass nicht mehr auf dem Tisch, aber sein Handy lag da. «Wo?!», wurde er angeherrscht. «Was wollen sie überhaupt?», fragte Ruki und schob sich an den Tisch heran, hinter seinem Rücken tastete er nach dem Handy. Er zuckte zusammen, als der Helm neben ihm auf den Tisch niedersauste. Die Augen blitzten ihn ungeduldig an. «Ich will – « Ein Kratzen ertönte hinter ihnen. Das Kätzchen wetzte sich die Krallen an Rukis Couch, die dafür eigentlich nicht geeignet war, aber es war eh ein altes Stück. Der Mann drehte sich um, ging runter und nahm das Kätzchen an sich und das beinahe…behutsam? Verwirrt starrte Ruki die Szene an, wie der andere sein Tuch runterzog und das Kleine schmuste. «Da bist du ja Racker. Es war nicht nett von dir, einfach abzuhauen.» Die behandschuhten Hände streichelten das Fell. Der Dunkelhaarige hatte das Handy fallen gelassen und starrte den Mann verdattert an. «Das äh…ist ihre Katze?» Die dunklen Augen legten sich ruhig auf ihn. «Ja, natürlich. Oh, danke fürs Finden…» Er entdeckte das Halsband. «Eh…wieso ein Halsband?» Ruki wurde rot. «Das äh…damit man weiss, dass sie jemandem gehört. Eh also nicht mir, ich meine nur fürs nächste Mal, wenn sie verloren geht. Man könnte eine Kapsel mit Adresse daran heften und äh…» Der Mann starrte ihn ruhig an. Ruki fühlte sich sehr unwohl. «In Rosa?» «Ich ehm…dachte, es ist ja ein Weibchen…» «Es ist ein Männchen!» «Wirklich?» Der Fremde hob das Kätzchen so, dass Ruki darunter sehen konnte. «Da. Sie sind mir ja einer. Aber vielleicht wäre ein Halsband schon klüger gewesen…jedenfalls danke fürs Anrufen.» «Ich…ich dachte, es kommt eine Frau…?» Der Sucher «Ah, ne, die Katze gehört mir. Der Kater.», korrigierte Reita sich selbst. «Ach so…» «Wie auch immer…» Er blickte den Kleineren abschätzig an. «Danke und so.» Reita wandte sich zum Gehen, er war schon fast im Flur, als er gerufen wurde. «Warten Sie!» Er drehte sich ungeduldig um. «Was denn noch?» Der Mann mit den dunklen Strähnen hielt ihm eine Tüte hin. Misstrauisch warf Reita einen Blick hinein und erfasste das Katzenfutter und weiteres. Fragend blickte er ihn an. «Nehmen Sie es mit…», verlangte die leise Stimme. Reita hob die Hand, worauf der andere zusammenzuckte. «Wohl etwas schreckhaft, hm?», grinste er leicht und ergriff die Tüte. «Wollten Sie die Katze behalten?» «Eh…nur, wenn sich niemand gemeldet hätte.» Reita musterte den anderen nun etwas neugieriger. Der Wohnung nach zu schliessen, wohnte er ganz alleine und wirkte auch sonst recht einsam. «Warum holen sie sich nicht einfach eine Eigene?» «Weil…der Vermieter erlaubt das eigentlich gar nicht.» Mitleidig blickte Reita ihn an. «Oh, ach so…» Er fühlte sich ganz kurz etwas schlecht, dass er ihm den Kater wieder wegnahm, nachdem er ihn fast eine Woche lang gehütet hatte. Aber es war halt immer noch sein Kater. Er merkte, wie der andere den Racker streichelte und dieser ihm die Hand ableckte. Herrje, die hatten sich ja gut angefreundet. Reita brummelte leise. «Ich hatte ihn noch nicht lange, war noch nicht an ihn gewöhnt. Deshalb hab ich auch vergessen, dass ich die Fenster nicht mehr ganz aufmachen darf. So ist er wohl rausgekommen, als ich ihn aus den Augen gelassen habe und ist einfach abgehauen, obwohl er noch so klein ist. Ich bin wirklich froh, ist er nicht unter ein Auto gekommen.» Er war selbst überrascht, dass er das einfach so erzählte. Der andere scheinbar auch, so wie er ihn ansah. «Ich wohne gleich an der Strasse. Wo haben sie ihn eigentlich gefunden?» Der Finder erklärte ihm, in welcher Gasse sein Kater gewesen war. «Oh, dann ist er ja nicht weit gekommen! Sie müssen ihn gefunden haben, kurz nachdem er abgehauen ist. Ich wohn nämlich gleich da…» Er unterbrach sich. Was plauderte er hier eigentlich rum? Zeit, zu verschwinden! «Ich…es ist sicher total unverschämt zu fragen, aber wäre es möglich, ihn mal zu besuchen?» Der Kleine hatte ja wirklich Nerven! Doch Reita sah, wie Racker seinen Kopf an der Hand rieb und schmunzelte. «Vielleicht kann man über ein Besuchsrecht sprechen…» Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)