25 Ways to meet someone von Jyll ================================================================================ Kapitel 4: Coin-operated Parking Machine ---------------------------------------- Ruki fütterte den gierigen Parkautomaten mit Münzen. Er wollte baldmöglichst wieder hier wegfahren. Sein Tag war lang genug gewesen und er war müde. Ruki sah abwesend über die nahen Autos, während er das nächste Geldstück in den Schlitz schob. „He, hi. Sorry!“ Überrascht sah der Kleine auf. Der Mann, der vor ihm stand, war kaum älter als er, aber über einen Kopf grösser. Er hatte ihn noch nie gesehen, aber das traf ja auf fast alle Menschen in Tokyo zu. „Eh, ja?“ „Hi. Ich hab nur grosse Scheine und heute hat kein Laden offen…du kannst nicht zufällig wechseln?“ Der Grössere hielt ihm einen Schein hin und lächelte. Ruki war sofort aus der Fassung gebracht. Er…duzte ihn einfach? „Ich…?“ Der Fremde sah kurz herum. „Ja, ich seh nur dich.“ Er lächelte mit einem Mundwinkel. Immer noch verdutzt nickte Ruki und nahm den grossen Schein entgegen. Dafür zählte er ihm das Wechselgeld heraus und streckte es ihm in der flachen Hand hin. Der Mann nahm es ihm erstaunlich sanft aus ebendieser Hand. „Vielen Dank! Sehr freundlich!“ Der Fremde ging wieder zu seinem Automaten, einen weiter als Rukis, und warf das Geld hinein. Rukis Blick klebte an dem Mann. Sein Kopf war leer. Anders leer als vorher. Nicht vor Erschöpfung. Einfach irgendwie leer, weil er nicht wusste, was er genau denken sollte und nicht das denken wollte, was er vielleicht denken würde über diesen grossen, muskulösen…und stop. Als leichter Wind aufkam, raschelte der Schein in seiner Hand und er sah aufgeschreckt runter. „Oh…“ Ruki steckte das Papier ein und warf die letzten Münzen aus seiner Handfläche in den Schlitz. Er atmete durch und lief zu seinem Auto, ein schwarzer Mini, schloss es elektronisch auf. Kaum sass er, stellte er zuerst die Musik an. Ruki schloss die Augen und entspannte sich möglichst. Solange bis es an seinem Fenster klopfte und er wieder erschrocken auffuhr. Unsicher sah er aus der Glasscheibe. Der Mann von vorhin stand auf der anderen Seite und lächelte wieder so schief. Ruki liess zögerlich die Scheibe runter. Man hörte ja immer von so komischen Typen, die in gewissen Stadtteilen von Tokyo herumlungerten. Aber er sollte echt weniger paranoid sein. Ausserdem war dieser Stadtteil nicht einer dieser Stadtteile. „Hey nochmals…“, leierte der andere das Gespräch an. Ruki schwieg und sah ihn fragend an. „Okay ähm…mein Auto springt nicht an…du hast nicht zufälligerweise die Telefonnummer eines Abschleppdienstes oder so?“ Ruki blinzelte. Er liess das Fenster langsam wieder hinauf und stieg aus, blieb aber in der Tür stehen. „Nein…aber ich kenne eine Garage in der Nähe. Ich könnte Sie hinfahren.“ „Echt? Das wär super…“, meinte der Grössere erleichtert. Ruki nickte. „Sie schulden mir dann aber was…“ Der Fremde sah ihn verdutzt an, nickte aber. „Geht klar.“ Ruki liess ihn einsteigen. Er schleuste sich in den Verkehr ein. Derweil musterte der Andere das Innere seines Wagens. „Wie heisst du?“, fragte der Blonde. „Matsumoto.“ „Angenehm, ich bin Reita!“ „Reita? Was ist das für ein Name?“ „Ein Alias.“ „Ein…sind Sie Schriftsteller oder so?“ „Ne, ich hab mir einfach meinen Namen selbst ausgesucht.“ Ruki runzelte die Stirn. Ein komischer Kauz. „Kommen Sie von hier?“, fragte Ruki, da dieser schon etwas untypische Manieren an den Tag legte. „Geboren und aufgewachsen.“, sagte Reita stolz. „Aha…und was arbeiten Sie?“ „Freigeist! Mal hier, mal da. Mal dies, mal das…“ Ein unbeständiger Kerl. „Sie hatten aber schon noch Benzin im Tank…oder?“ Ruki sah in den Seitenspiegel, bevor er die Spur wechselte. Reita lachte auf. „Ja, mehr als halbvoll. Ich verdien genug. Nur nicht immer gleich viel!“ „Verstehe. Ich wollte Sie nicht beleidigen.“Ruki bog ab. „Hast du nicht.“, brummte Reita. „Gut…“ Ruki schwieg wieder. Er wusste nicht, was er fragen sollte, ohne persönlich zu werden. „Oh…!“ Reita hatte die Süssigkeiten in der Zwischenkonsole entdeckt. Er nahm sich etwas davon in den Mund. Ruki riskierte einen Blick weg von der Strasse zum Blonden und starrte ihn geschockt an. „Erdbeere?“, fragte der Andere. „Eh...ja…“ Ruki hatte das Gefühl im falschen Film zu sein. Er hatte noch nie erlebt, dass sich jemand so benahm. Einen Fremden einfach duzen. So offenherzig zu reden. Fremdes Essen ungefragt zu nehmen. So freundlich schief lächeln zu können. So behutsam etwas anfassen. Bald darauf fuhren sie aber in die Garage ein, die Ruki gemeint hatte und stiegen aus. Es roch nach altem Öl und Auspuffgas. Ein Japaner löste sich von der offenen Haube eines Mercedes und wischte sich mit einem fleckigen Tuch die Hände, während er auf sie zukam. Ruki nickte Reita zu. „Also dann…viel Erfolg…“ Reita hielt den Kleineren fest, bevor er wieder auf den Fahrersitz sinken konnte. „Warte!“ Ruki zog rasch den Arm weg. „Sie sind echt forsch!“ „Und du trotzdem sehr hilfsbereit… Was schulde ich dir?“ Reita lächelte ihn ungetrübt an. Ruki zuckte mit den Schultern. „Man siehst sich immer zweimal im Leben…“ Damit stieg er wieder in sein Auto und lächelte leicht, als Reita die Hand hob und ein tonloses ‚Danke‘ rief. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)