Bloody Snow von Hikari217 ================================================================================ Kapitel 6: Wen liebe ich? ------------------------- Als ich in Sesshomarus Gemächern ankam, war schon alles vorbereitet. Niemand war mehr da abgesehen von einer einzigen Person. Rin. So zusammengekauert, wie sie da saß, sah sie unheimlich einsam aus und mich packte mit einem Mal erneut das schlechte Gewissen. Als sie mich bemerkte, wurde ihr Blick um eine Spur trauriger. Langsam kam sie auf mich zu. „Kagome-sama, was meintest du damit, dass es deine Schuld ist?“ Ich senkte den Kopf, so dass meine Haare meine Augen verbargen. Dann kniete ich mich zu ihr runter und blickte sie an. Sie sah mich verständnislos an, ihre Augen waren vom Weinen ganz rot. Das gab mir den Rest. Verzweifelt schlug ich mir die Hände vor´s Gesicht. Die Tränen flossen nun haltlos über meine Wangen. „Es tut mir so leid, Rin-chan“, schluchzte ich. „Es war keine Absicht. Ich hatte Angst um Inuyasha und habe durch meinen Warnruf Sesshomaru aus dem Konzept gebracht. Hätte ich nicht geschrien, wäre das nicht passiert. Es tut mir so furchtbar leid.“ Ich fühlte mich schrecklich, die Tränen wollten einfach nicht nachlassen. Doch plötzlich spürte ich eine Hand auf meinem Kopf. Verwundert sah ich auf. Rin lächelte mich schwach an. „Du hast es doch gemacht, weil du dir um Inuyasha Sorgen gemacht hast. Und wie du schon sagtest, war es keine Absicht. Ich bin dir nicht böse, Kagome-sama.“ „Rin-chan“, flüsterte ich. Sie nickte aufmunternd. „Aber bitte mach Sesshomaru-sama wieder gesund.“ Nun war ich diejenige, welche entschlossen nickte. „Dann warte bitte draußen. Ich verspreche dir, Sesshomaru zu heilen.“ Sie folgte meiner Anweisung und lief eiligst aus dem Raum. Und ich wandte mich nun dem Dämon zu. Seine Augen waren geschlossen, was mich schlussfolgern ließ, dass er noch bewusstlos war. Erleichtert atmete ich aus, denn das würde mir unnötige Ärgernisse ersparen. So machte ich mich daran, ihn vorsichtig von seiner Rüstung und den Schwertern zu befreien. Nachdem dies geschafft war, wanderte meine Hand zu seinem Haori, um auch diesen zu öffnen, doch bevor ich ihn berühren konnte, griff eine Hand nach meinem Handgelenk. Erschrocken sah ich auf und starrte direkt in die goldenen Augen Sesshomarus, welche mich feindselig musterten. „Was denkst du, tust du da?“, fragte er knurrend. Obwohl es ihm so schlecht ging, konnte er einem immer noch ohne Probleme Angst machen. Aber damit schreckte er mich nun nicht ab. Entschlossen sah ich ihn an. „Wonach, denkst du, sieht es aus?“, fragte ich zurück. „Du magst zwar ein Dämon sein, aber du bist noch lange kein Gott. Wenn ich deine Wunden also nicht behandle, gehst du möglicherweise drauf.“ Ich hoffte inständig, dass würde ihn überzeugen, denn uns blieb nicht ewig Zeit. Ich musste schnell handeln. Er schickte mir noch einen drohenden Blick, schloss dann jedoch die Augen und legte seinen Kopf wieder auf das Kissen. Ich nahm das als sein Einverständnis und begann hastig damit, seinen Haori zu öffnen. Dummerweise kam ich nicht drum herum, ihn nochmal anzusprechen. „Sesshomaru, setz dich bitte auf!“ Mehr sagte ich nicht, er musste wissen, wieso ich das von ihm verlangte. Zu meiner großen Überraschung tat er wie geheißen und richtete sich auf. Ich nutzte die Chance und zog ihm schnell den Haori aus. Dann schnappte ich nach dem nassen Lappen, setzte mich hinter ihn und wischte über seinen Rücken. Die Situation erinnerte mich unweigerlich an das Waschen von letztens zurück, was mir unweigerlich die Röte in die Wangen trieb. Aber ich ließ mich nicht abbringen, sondern machte wie gehabt weiter. „Warum tust du das? Warum nutzt du nicht die Chance und läufst zu meinem Halbbruder?“, ertönte schwach seine Stimme. „Denkst du wirklich so von mir? Etwa weil ich ein Mensch bin? Dann will ich dir sagen, du liegst falsch. Wie könnte ich dich jetzt, wo du – auch noch durch meine Schuld – so zugerichtet wurdest, alleine lassen? Und ganz abgesehen davon, will ich Rin nicht ihre einzige Bezugsperson nehmen.“ Es herrschte eine Weile Stille, dann erklang erneut seine Stimme. „Heißt das, du sorgst dich um mich, Kagome?“ Ich hörte deutlich den belustigten Unterton, was meine Wangen rot werden ließ. Einerseits vor Scham, andererseits vor Wut. Trotz seiner Verletzungen konnte er immer noch große Reden schwingen. Aber dann bemerkte ich, dass er mich zum ersten Mal bei meinem Namen genannt hatte. Ich zog es jedoch vor, nicht weiter darauf einzugehen. „Und was, wenn es so wäre?“, fragte ich ernst, doch darauf bekam ich keine Antwort mehr. Ich ließ es sein, nachzubohren und widmete mich wieder seinen Wunden. Als ich dann vor ihm saß und über seine Brust wischte, knurrte er auf. Natürlich, schließlich wurde er dort frontal getroffen. Nach einiger Zeit hatte ich zwar das ganze Blut weggewischt, doch dafür fiel mir etwas anderes auf. Auch wenn er momentan ruhig aussah, sagte sein Körper etwas anderes. Frustriert pustete ich die Luft aus. „Sesshomaru, wenn du deine Muskeln nicht entspannst, kann das übrige Blut nicht abfließen. Und das muss aber passieren, sonst kann sich deine Wunde nicht richtig schließen. Das weißt du doch sicher selbst am besten.“ Auch wenn er mich sicher hörte, änderte sich seine Haltung kein Stück. Aber er musste sich dringend entspannen. Nur wie konnte ich ihn dazu bringen? Als ich ihn genauer betrachtete, fiel mir Inuyasha wieder ein. Und mit diesem Gedanken kam ich auf einen Hund. Stimmt, er war trotz allem zur Hälfte Hund. Vielleicht konnte ich das ja für mich nutzen. Mir fiel sogar schon etwas ein, es fragte sich jedoch, ob er das einfach so mit sich machen lassen würde. Aber eine andere Möglichkeit sah ich nicht, also wagte ich es. Langsam hob ich die Hand und wanderte mit dieser zu seinem Ohr. Lautlos atmete ich nochmal tief durch, ehe ich vorsichtig damit begann, ihn hinter dem Ohr zu kraulen. Hunde mochten so was schließlich. Abrupt riss er die Augen auf und ich dachte schon, mein letztes Stündlein hat geschlagen, doch es kam ganz anders. Ehe ich mich versah, griff er nach meinem Arm und zog mich zu ihm, um dann seine Lippen besitzergreifend auf meine zu legen. Erstaunt riss ich nun die Augen auf und starrte in seine geschlossenen. So wenig ich es glauben konnte, dieser Kuss hatte etwas Verzweifeltes an sich. Als würde er sich mit aller Macht an mich klammern wollen. Aber war das denn überhaupt möglich? Egal was es nun war, ich konnte mich einfach nicht von ihm lösen, weshalb ich letztendlich den Kuss erwiderte. Und schon schlang er seine Arme um mich, so als hätte er vor, mich nie wieder loszulassen. Ohne ihm in die Augen sehen zu müssen, spürte ich das erste Mal die Einsamkeit, die von ihm ausging. Irgendwie ja verständlich, wenn man schon so lange lebte. Plötzlich löste er sich von mir und ließ den Kopf auf meine Schulter fallen. Wie selbstverständlich legte ich meine Hand auf seinen Kopf. „Du wirst mich wohl erst später weiter versorgen können“, murmelte er in mein Haar. Verwirrt hob ich die Augenbrauen und wollte ihn fragen, warum, aber in dem Moment hörte ich ein Räuspern. Bei mir stellten sich sämtliche Haare auf und langsam drehte ich den Kopf zur Tür. Jaken stand dort und bedachte mich mit einem feindseligen Blick. Ich blinzelte überrumpelt und stand dann blitzschnell auf. „Jaken, was willst du?“, ertönte Sesshomarus Stimme, in der ich einen leicht genervten Unterton erkannte. Kam es mir nur so vor, oder zeigte er plötzlich mehr Gefühle? Ich war mir nicht ganz sicher, was aber auch mit dem eben Geschehenen zusammen hängen könnte. „Es geht um den Fürst der südlichen Ländereien.“ Schlagartig verengten sich Sesshomarus Augen und er sah zu mir. „Kagome.“ So wie er meinen Namen aussprach, verstand ich sofort, weshalb ich nickte und an Jaken, dem die Kinnlade derweil runtergefallen war, vorbei ging. Auf dem Weg in mein Zimmer gingen mir die Ereignisse von eben nicht mehr aus dem Kopf. Unbewusst leckte ich mir über die Lippen und spürte die Hitze in meine Wangen steigen, als ich an seine Zärtlichkeit zurück dachte. Aber was hatte das nun eigentlich zu bedeuten? Was war ich für ihn? Ach, warum musste das alles nur bloß immer so kompliziert sein? Als ich endlich in meinem Zimmer ankam, mich auf mein Bett warf und die Augen schloss, dachte ich, wenigstens für diesen Moment, meine Ruhe zu haben. Aber auch dieses Mal wurde es mir nicht vergönnt. Denn kurz, nachdem ich den Kopf seitlich auf meine Arme gebettet hatte, spürte ich einen Pieckser an meiner Wange und klatschte wie aus Reflex mit der Hand auf diese. Ein leises schmerzvolles Jaulen war zu hören, dann trat Stille ein. Verwirrt sah ich zur Seite und erblickte Myouga, welcher platt wie eine Flunder auf der Decke lag. Sachte hob ich den Floh auf meine Hand. „Myouga, was machst du denn hier? Und wie bist du hergekommen?“ Er reagierte sofort auf meine Frage und sprang auf. „Ich bin im Auftrag von Totosai hier. Ich soll dir sagen, wie du dich für einen entscheiden kannst.“ „Und wie?“ „Du musst demjenigen lediglich deine Liebe gestehen. Und er muss diese erwidern. Tut er es nicht, wird die Rose, die er dir geschenkt hat, verwelken. Erwidert er jedoch deine Gefühle, wird die Rose so schön aussehen, als wäre sie eben erst erblüht.“ Ich hatte dem Ganzen still gelauscht, doch mein zuversichtliches Lächeln gefror mit jedem weiteren Wort, das er von sich gab. Ich sollte demjenigen also meine Liebe gestehen. Und was, wenn ich die falsche Entscheidung traf? Aber hey, ich hatte ja genügend Zeit, um das zu entscheiden. Schließlich hatte ich dieses Mal kein Limit oder sowas. „Ach, und bevor ich es vergesse, du musst deine Entscheidung bis morgen getroffen haben“, sagte Myouga und sorgte damit, dass auch meine letzte Hoffnung flöten ging. „Warum bis morgen?“, fragte ich entrüstet. Ich hatte nicht einmal die Chance, Inuyasha zu sehen. Der Flohgeist schüttelte missbilligend den Kopf. „Liegt das nicht auf der Hand? Euch verbindet immer noch ein festes Band, welches nur durchtrennt werden kann, wenn du eine Entscheidung triffst. Und sowas kann schließlich nicht ewig dauern. Und denk mal an Inuyasha und Sesshomaru, die haben es sicher auch nicht leicht, wenn sie ständig darauf warten müssen, dass du dich endlich für einen von ihnen entscheidest. Obwohl ich mir das bei Sesshomaru ja irgendwie nicht vorstellen kann“, fügte er noch hinzu, was mich leicht zusammen schrecken ließ. Ob er da wirklich recht hatte? „Myouga, ich glaube, ich habe meine Entscheidung bereits getroffen“, flüsterte ich. Wie gesagt, ich glaubte es. Nach einiger Zeit folgte ihr Sesshomaru, um sie wieder zu sich zu holen, bis er schließlich vor ihrer Zimmertür stehen blieb. Seine Hand legte sich auf den Türgriff, als er Myougas Stimme hörte. „Bist du sicher, dass du ihn liebst?“ Er hielt inne und lauschte. Dieser lästige Flohgeist war bei ihr. Aber was wollte er? „Ich fühle mich zu ihm hingezogen. Ich weiß nicht, ob es die richtige Entscheidung ist, aber trotzdem werde ich es Inuyasha sagen“, entgegnete Kagome, was ihn unweigerlich erstarren ließ. Für einen winzigen Moment senkte er den Kopf, nur um dann mit einem kalten Ausdruck im Gesicht die Tür zu öffnen und Kagome in Grund und Boden zu starren. Heftig zuckte ich zusammen, als sich plötzlich die Tür öffnete und ich einem Paar goldener Augen begegnete. Ich wollte lächeln, doch die nächsten Worte erschütterten mich so sehr, dass ich es mir sofort anders überlegte. „Wir sind quitt. Verlasse also sofort das Anwesen.“ Mit diesen Worten ging er auch schon wieder. Erst langsam sicherten die Worte zu mir durch, doch als ich verstand, sprang ich mit einem Mal auf und rannte ihm nach. „Warte Sesshomaru! Warum lässt du mich plötzlich gehen? Die Woche ist doch noch gar nicht um. Außerdem wollte ich noch…“, Während ich lief und gleichzeitig redete griff ich nach seinem Arm, um ihn zu mir zu drehen. Doch als ich in sein Gesicht sah, blieben mir die Worte im Halse stecken. „Ihr Menschen seid wirklich alle gleich. Ich hoffe, du hattest deinen Spaß.“ Seine Augen zeigten für diesen kurzen Augenblick unendlichen Schmerz, bevor wieder die Kälte an erster Stelle trat. Während er sich umdrehte, sagte er noch: „Verschwinde! Ich will dich hier nicht mehr sehen.“ Ein Kloß bildete sich in meinem Hals, meine Knie wurden weich, aber ich zwang mich mit all meiner Kraft, standhaft zu bleiben. Und so drehte ich um und lief blindlings zum Ausgang, ohne mir etwas Wärmeres anzuziehen. So bekam ich natürlich nicht mit, wie Sesshomaru indes mit den Zähnen knirschte und er seine Hände zu Fäusten ballte. Tränen bildeten sich in meinen Augen, ich verstand nicht, was plötzlich los war. Eben noch hatte er mich geküsst und nun das. Dabei wollte ich… Ich hörte gar nicht mehr Myougas Stimme, die mir nachrief, sondern stürmte weiter die Treppe runter und stieß mit einem Ruck das Tor auf. Ich wollte doch… Eisige Kälte wehte mir abermals entgegen, aber das machte mir nichts aus. Alles was ich wollte, war hier raus. Ich wollte… Ich lief und lief, aber nach circa dreißig Metern knickte ich schließlich doch ein. Es schmerzte, dieses stetige Stechen in meiner Brust ließ mich mehr und mehr Tränen vergießen, bis ich schließlich ein Schluchzen nicht mehr unterdrücken konnte. Der Schnee um mich herum und der kalte Wind sorgten innerhalb kürzester Zeit dafür, dass ich kaum noch ein Körperteil spürte. Dabei wollte ich dir doch noch sagen… „Ich liebe di…“, obwohl ich nur flüsterte, brach meine Stimme vollends. Und während ich unter Schluchzern wieder aufstand und wankend weiter ging, erblühte die weiße Rose in meinem ehemaligen Zimmer zu neuer Schönheit. Ich wusste nicht, wie lange ich gegangen bin – vermutlich war ich nicht weit gekommen – aber meine Beine vermochten einfach nicht mehr, mich weiter zu tragen, weshalb ich letztendlich müde zusammenbrach und binnen Sekunden in einem tiefen Schlaf versank. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)