Die Zeit deines Lebens von dattelpalme11 ================================================================================ Kapitel 41: [Akt 3] Kontaktabbruch. ----------------------------------- I don't know who I am without you. Tell me you love me, Tell me you love me. Demi Lovato. 2017. 11. Oktober 2010. Odaiba, Japan. Parkgelände. „Und warum meldet er sich nicht bei mir?“, fragte Taichi aufgebracht und funkelte seine Schwester verzweifelt an. Das Chaos, dass sich in seinem Herzen befand, hatte sich auch nach zwei Monaten immer noch nicht beruhigt. Er musste etwas tun, doch er war so hilflos wie ein Fisch auf dem Trockenen, der das Salzwasser unter seinen Kiemen herbeisehnte. „Ich habe dir schon mal gesagt, dass Wallace mit dem Studium viel zu tun hat und es nicht einfach schleifen lassen kann. Nicht so wie du!“ Der Ton seiner Schwester ärgerte ihn ungemein. Sie klang richtig vorwurfsvoll und brachte überhaupt kein Verständnis für seine Situation auf, jedenfalls kam es ihm so vor. „Was willst du mir denn damit jetzt sagen?“, fragte er gereizt. „Das ich mir Sorgen um dich mache. Mama und Papa übrigens auch“, erwiderte sie und senkte den Blick. „Ich glaube, zwei Sorgenkinder verkraften sie nicht.“ Taichi schluckte. Seit Hikari wieder zu ihren Eltern gezogen und ihnen die Wahrheit erzählt hatte, hatte sich einiges verändert. Mittlerweile besuchte sie regelmäßig einen Therapeuten, der mit ihr ihre Vergangenheit aufarbeitete und ihr einen neuen Weg aufzeigte, den sie nach dem erfolgreichen Abschluss ihrer Therapie einschlagen wollte. Schuldgefühle legten sich auf einmal über ihn und erschwerten ihm das Atmen. In den letzten Wochen hatte er sich äußerst egoistisch verhalten, nur um seinem Ziel ein Stückchen näher zu kommen. Er arbeitete von früh bis spät, besuchte kaum noch Veranstaltungen an der Uni und vernachlässigte sowohl seine Familie als auch seine Freunde, was ihm schmerzvoll bewusstwurde. „Tut mir leid. Ich weiß auch nicht, was in mich gefahren ist. I-Ich denke, ich bin wohl einfach ziemlich verzweifelt“, gab er kleinlaut zu und suchte erst gar nicht nach den passenden Ausreden, die ihn sowieso nicht weiterbringen würden. Mittlerweile hatte er sogar Karis Freund Wallace vor den Karren gespannt, um Informationen über Mimis Verbleib herauszufinden. Auch sie hatte einen gewaltigen Schlussstrich gewagt, indem sie in die USA zurückgekehrt war. Jegliche Kontaktversuche scheiterten und selbst bei seiner Schwester meldete sich Mimi meist nur sporadisch, weshalb Wallace als Spitzel vor Ort sicher keine schlechte Idee war. Allerdings wusste Taichi nicht viel. Von Wallace hatte er lediglich erfahren, dass Mimi ein Urlaubssemester genommen hatte und zurzeit in einem kleinen Café in New York arbeitete. Mehr hatte selbst er nicht herausfinden können, was Taichi gewaltig fuchste. Er wollte sie wiedersehen und sparte wie ein Verrückter für seinen Flug nach New York. Wenn er so weitermachen würde, hätte er Anfang November genügend Geld angespart, um sich den Flug und einige Tage in New York leisten zu können. Jedoch durfte er nicht vergessen, dass er sich immer noch im hier und jetzt befand. Es gab Menschen, die ihn brauchten und auch seine Schwester gehörte dazu. „Wie läuft die Therapie denn? Machst du gute Fortschritte?“, fragte er behutsam nach und lehnte sich gegen die Parkbank, auf der sie saßen. Hikari lächelte nur matt und strich eine braune Haarsträhne aus ihrem Gesicht. „Sie findet es gut, dass ich die Liste abarbeite. Und heute steht auch schon der nächste Punkt darauf an“, sagte sie und klang richtig euphorisch. „Und was hast du diesmal geplant?“, hakte er neugierig nach. „Tja…das erfahren nur wenige Auserwählte.“ „Und ich gehörte nicht dazu?!“ Sie schüttelte nur den Kopf und lächelte lieblich. „Tut mir leid, große Brüder sind leider unerwünscht.“ „War ja klar“, er verdrehte die Augen, konnte aber nicht verbergen, dass es ihn glücklich machte, sie so unbeschwert zu sehen. Je länger sie wieder hier war, desto besser schien es ihr zu gehen. „Kommt Takeru denn wieder mit?“ Es war eine Frage, die ihm einfach auf der Zunge brannte. Er fühlte sich wohler, wenn er dabei war und Kari jemanden hatte, an den sie sich anlehnen konnte. Doch schon länger bemerkte er, dass sie sich komisch verhielt, wenn er den Namen ihres besten Freundes in den Mund nahm. Sie zuckte auch heute sofort zusammen und schielte ertappt zur Seite. „Natürlich kommt er mit. Wie immer eben“, versuchte sie es abzuschwächen, doch ihre nervöse Stimmfarbe ließ Taichi stutzig werden. „Also seid ihr alleine unterwegs?“ Sie musste gar nicht antworten, damit Taichi wusste, dass sie sich alleine mit Takeru verabredet hatte. Anscheinend konnten sich Beziehungen in einer unglaublichen Geschwindigkeit verändern. Aus einer flüchtigen Bekanntschaft konnte eine innige Freundschaft entstehen. Aus einer jahrelangen Freundschaft konnte sich eine leidenschaftliche Liebe entwickeln. Aber auch eine Rückentwicklung war möglich, wenn man denjenigen verletzte, den man eigentlich so sehr geliebt hatte. Er hatte nämlich das Gefühl, dass Mimi und ihn nur noch eine flüchtige Bekanntschaft miteinander verband und das lodernde Feuer allmählich verglühte, wenn er nicht bald etwas unternehmen würde. _ Er seufzte und schluckte seine Zweifel hinunter, bevor er die Klingel betätigte. Mittlerweile war es schon Abend geworden, doch für Oktober war es immer noch recht mild, weshalb ihrem Vorhaben auch nichts im Wege stehen sollte. Dennoch war Takeru nervös. War es nicht illegal, was sie gemeinsam vorhatten? Wieso hatte sie sowas überhaupt auf ihrer Liste stehen? Was wenn sie erwischt werden würden? Bestimmt würden ihre Eltern den Kontakt zu ihm verbieten! Doch er hatte keine Zeit mehr darüber nachzudenken. Sie öffnete bereits die Tür und lächelte ihn vollkommen begeistert an. „Na, bist du bereit?“, fragte sie nervös und verabschiedete sich schnell von ihren Eltern, bevor sie die Tür hinter sich schloss. „Naja wäre sicher komisch, wenn ich es nicht wäre. Findest du wirklich, dass das so eine gute Idee ist? Was wenn wir erwischt werden?“ „Ach, das werden wir schon nicht“, winkte Hikari sofort ab und setzte sich in Bewegung. „Aber sowas können wir doch nicht wissen!“, stellte Takeru fest und versuchte mit ihr mitzuhalten. „Ich wusste ja nicht, dass du so ein Angsthase bist“, trällerte sie fröhlich und wirkte unbeschwert auf ihn. Hatte sie denn überhaupt keine Angst? Wie konnte sie nur so ruhig bleiben? „Ich bin kein Angsthase“, verteidigte sich er sofort. „Aber trotzdem darf ich doch wohl meine Bedenken äußern.“ „Also wenn du so denkst, werden wir ganz sicher erwischt. Aber ich habe mir extra eins ausgesucht, dass ein bisschen unbekannter ist. Außerdem ist es schon seit gut zwei Wochen geschlossen“, beruhigte sie ihn. Doch in Takerus Innern herrschte immer noch das pure Chaos, dass durch die Stimme seines Gewissens verstärkt wurde. Wie kam Kari auch auf die Idee ausgerechnet in ein Schwimmbad einzubrechen? Bestimmt würde man sie erwischen! So etwas Illegales hatte er in seinem Leben noch nicht getan. Und jetzt würde er ausgerechnet für seine beste Freundin in den Knast wandern! Okay, vielleicht sah er wirklich alles zu dramatisch, aber diese Liste ließ ihn allmählich wahnsinnig werden! Er wusste, dass nicht mehr viel fehlte, aber bei einigen Dingen war er gespannt, wie sie es umsetzen sollten. Er war kein Zauberer, aber dennoch versuchte er für sie etwas Magisches zu erschaffen. _ „Er ist ja schon wieder da“, murmelte Sora, während sie die Bestellung fertigmachte. „Hast du ihm etwa gesagt, wie ich arbeite?“ Yolei runzelte verwirrt die Stirn. „Warum sollte ich das tun? Und nur zu deiner Info: Er kommt fast jeden Abend nach der Uni her. Ich schätze mal nicht, dass er genau weiß, wann du arbeitest.“ „Oh man, ich fasse es nicht“, sagte sie ungeduldig und tippte mit dem Finger auf die Theke, während sie auf die warmen Getränke wartete, die gerade von ihrem einzigartigen Kaffeevollautomaten zubereitet wurden. „Seine Anwesenheit scheint dich ja ganz schön aus dem Konzept zu bringen. Ich finde seine Bemühungen echt süß.“ „Ja, das schon, aber ich habe dir doch erklärt, dass ich für sowas noch nicht bereit bin. Das Date war ein Fehler“, gestand sich Sora ein und blickte wieder unweigerlich zu Takeomi, der sie heimlich beobachtete. Sie fand ihn schon unglaublich süß und hatte sich während ihrer Verabredung auch unglaublich gut mit ihm verstanden gehabt, aber dennoch fühlte es sich für sie nicht richtig an. „Vielleicht kannst du ihm ja dezent durch die Blume sagen, dass ich emotional geschädigt bin und deswegen Beziehungen eher vermeide.“ „Das werde ich ihm ganz sicher nicht sagen, auch wenn wir morgen eine Veranstaltung zusammen haben“, knurrte Yolei aufgebracht. Sora wusste, dass ihre Freundin es nur gut gemeint hatte als sie ihr Takeomi, einen Kommilitonen, vorgestellt hatte. Doch nach all den harten Wochen brauchte Sora einfach noch ein bisschen Zeit für sich. Sie war nicht bereit Platz für jemand Neuen zu machen, was auch unweigerlich mit Yamatos Liebesgeständnis zu tun hatte. Sie hatte damit überhaupt nicht gerechnet gehabt, aber dennoch hatte sich nichts zwischen ihnen verändert. Die Distanz schien noch größer geworden zu sein, denn seit jenem Tag hatte sie nichts mehr von ihm gehört gehabt. Er war aus ihrem Leben verschwunden, so als wäre er ein Geist, der niemals existiert hatte. Und dann gab es da noch Takeomi, der sie fast jeden Abend im Café besuchte und auf ein weiteres Date hoffte. „Vielleicht solltest du ihm noch eine Chance geben! Ihr braucht doch nichts zu überstürzen! Du musst ihn ja nicht gleich heiraten“, erwiderte Yolei mit einer Unbeschwertheit, die Sora insgeheim bewunderte. Seit sie offiziell mit Izzy zusammen war, konnte man Yolei Glück förmlich spüren. Jede Faser ihres Körpers schien völlig mit sich im Reinen zu sein, ein Schritt von dem Sora noch weit entfernt war. „Ich weiß nicht so recht. Er ist sehr nett und ich…“ „Sora bitte red‘ dich nicht wieder raus! Du versucht immer nur nach Gründen zu finden, warum du nicht liebenswert bist, obwohl du genau weißt, dass das völliger Unsinn ist! Du hast verdient glücklich zu sein, egal, was in der Vergangenheit passiert ist. Wenn er dich liebt, liebt er alles an dir, ohne Ausnahme!“ Yoleis fester Blick war auf sie gerichtet, sodass Sora gar nicht richtig wusste, was sie darauf antworten sollte. Sie hatte ja recht, aber… „So, jetzt bringst du die Bestellung zu Tisch 5 und dann redest du mit ihm! Und wehe du gibst mir Widerworte“, sprach Yolei einfach weiter, holte die beiden heißen Tassen und stellte sie bestimmend auf Soras Tablette. Unsicher richtete Sora erneut den Blick zu Takeomi, der sie ebenfalls ansah und ein liebevolles Lächeln auf den Lippen hatte. „Na los“, feuerte Yolei sie abermals an, bevor Sora sich mit klopfendem Herzen in Bewegung setzte. _ Behutsam strich er über die Saiten seiner Gitarre und ein melodischer Klang erfüllte sein Zimmer, der im Nachhall jedoch sehr traurig wirkte. Yamato saß auf seinem Bett und hatte den Blick zum Fenster gerichtet. Es war bereits dunkel und er befand sich alleine in der Wohnung. Izzy war heute Abend noch mit Yolei verabredet, da sie ins Kino wollten und Taichi hatte sich mal wieder mit Arbeit zugeschüttet, sodass er seinen besten Freund kaum noch zu Gesicht bekam. Anfangs war ihm das sogar ganz recht gewesen, da er mit Taichis Geständnis absolut nicht zurechtkam. Er hatte sogar eine Zeitlang bei seiner Mutter gewohnt, da er absolut nicht nachvollziehen konnte, was aus ihrer Freundschaft geworden war. Jeder hatte sein Geheimnis, dass jedoch eines Tages sowieso ans Tageslicht kommen würde. Nie im Leben hatte er damit gerechnet, dass Sora und Tai nach ihrer Trennung nochmal was miteinander haben könnten, besonders nicht nach der gemeinsamen Nacht, die er mit Sora erleben durfte. Fakt war allerdings, dass Sora tatsächlich sogar kurz hintereinander mit beiden geschlafen hatte! Und das war noch nicht mal die eigentliche Tatsache, die ihn schockte. Nachdem er sich mit Taichi ausgesprochen hatte, erfuhr er nach und nach immer mehr Hintergründe, unteranderem auch, dass Sora dachte, dass sie schwanger gewesen wäre. Während sie Tai hinterher von ihrem Verdacht berichtete, hatte sie ihn einfach außen vorgelassen, obwohl er genauso beteiligt gewesen wäre. Ein leichter Stich zog sich durch seinen Brustkorb und brachte ihn dazu, sein melancholisches Spiel zu unterbrechen. Niedergeschlagen legte er seine Gitarre beiseite und kramte sein Handy hervor. Seit seinem Liebesgeständnis hatte er nicht mehr mit Sora gesprochen gehabt. Und auch sie hatte sich kein einziges Mal bei ihm gemeldet, was ihn deutlich hinterfragen ließ, ob sie tatsächlich genauso empfand wie er. Matt hatte den ersten Schritt gewagt, doch nachdem, was alles passiert war, hatte er nicht das Gefühl, dass es für sie eine gemeinsame Zukunft geben würde. Er hatte sich zwar mit Taichi ausgesprochen, der ihm ebenfalls versichert hatte, dass es eine einmalige Sache ohne Gefühle war, aber dennoch konnte er die Wut und diesen unbändigen Schmerz darüber kaum in Worte fassen. Er hatte versucht einen Song über seine Empfindungen zu schreiben, doch meist saß er vor einem leeren Blatt, da seine Worte das Papier nicht angemessen füllen konnten. Er konnte dem, was er fühlte, mit seinen Worten einfach nicht gerecht werden! Es war aussichtslos. Er befand sich mitten in einem tiefen Loch. Einer Sinneskrise, aus der kein Ausweg führte. Seufzend öffnete er seinen Posteingang und scrollte zu Soras Namen. Er öffnete ihre Nachrichten und stellt fest, dass sie ewig nicht mehr miteinander geschrieben hatten. Ihre letzte Nachricht war vor ihrer ersten gemeinsamen Nacht gewesen. Im Juni. Kurz nachdem die Sache mit Hikari geschehen war. Ich kann dich nicht verstehen! Du machst noch nicht mal Halt vor der Schwester deines besten Freundes. Wie kann man nur so schwanzfixiert sein? – Sora. Schwanzfixiert. So direkt kannte er sie gar nicht und er musste schmunzeln, wenn er ihre Worte las, die die letzte Hoffnung in ihm weckten. Reagierte man so, wenn keine Gefühle im Spiel waren? Hatte er vielleicht doch den Hauch einer Chance, das Ruder erneut herumzureißen und endlich die Beziehung zu führen, die er sich insgeheim all die Jahre wünschte? Hoffnungsvoll tippte er eine SMS an sie, doch mit jedem Wort wurden seine Finger schwerer. Auf einmal hörte er auf und blickte auf die geschriebenen Worte, die sein Herz bedrückten. Ich möchte dich sehen! Heute Abend noch! – Yamato. Er schluckte und realisierte erst jetzt, wie fordernd seine Worte wirkten. Schnell löschte er die Nachricht wieder und begann erneut. Können wir uns heute treffen? Ich würde dich gerne sehen. – Yamato. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Konnte er sowas abschicken? Er hatte sich doch wochenlang nicht bei ihr gemeldet! Er hatte ihr noch nicht mal eine Begründung für sein Verhalten geliefert! Deswegen löschte er auch diese Nachricht wieder und startete einen weiteren Versuch. Ich weiß, das mit dir und Taichi und würde gerne mit dir darüber sprechen! Ich weiß, dass alles echt beschissen zwischen uns gelaufen ist, aber ich will nicht das, was wir hatten aufgeben! Bitte melde dich. – Yamato. Unzufrieden starrte er auf die Kurznachricht und schüttelte nur den Kopf. Er konnte doch nicht mit der Tür ins Haus fallen und ihr einfach sagen, dass er das mit ihr und Taichi wusste. Bestimmt war ihr die Sache alles andere als angenehm. Nein, auch diese Nachricht konnte er so definitiv nicht abschicken. Er musste sie ebenfalls löschen! Kaum hatte er es erledigt gehabt, warf er auch schon sein Handy beiseite und rieb sich über seine Schläfen. Er bekam Kopfschmerzen und ärgerte sich über seine eigene Feigheit, die ihm das Leben schwermachte. Konnte er nicht einmal ein Fünkchen Mut besitzen? Seit wann war er überhaupt so schüchtern? Sein Leben war einfach nur zum Kotzen… Plötzlich ertönte ein leises Klingeln, dass seine Aufmerksamkeit erregte. Er blickte auf sein Handy, dessen Display ihm eine neue Nachricht anzeigte. Verwundert öffnete er sie und stellte fest, dass sie von Sora war. Wie bitte? Woher weißt du davon? – Sora. Seine Augen weiteten sich und die blanke Panik bereitete sich in seinem Körper aus, sodass er leicht Zittern musste. Hatte er? Nein, nie im Leben! Er hatte es doch gelöscht… „Oh Scheiße…nein, das darf nicht wahr sein! Shit!“, fluchte er, nachdem er feststellte, dass er die Nachricht nicht gelöscht, sondern an Sora gesendet hatte. _ „Okay, wir sind hier!“, sagte Takeru, während Hikari den Zaun betrachtete, der sie von dem Schwimmbad trennte. Auch wenn sie es nicht zugeben wollte, war sie sehr nervös. Natürlich hatte auch sie Angst erwischt zu werden, aber dieses kribbelige Gefühl, jeden Augenblick etwas Verbotenes zu tun, beflügelte sie auch, weshalb sie keine Sekunde mehr an sich halten konnte. „Dann legen wir mal los! Wir könnten versuchten über die Sträucher zu Klettern! Über den Zaun werden wir es sicher nicht schaffen“, rätselte sie und blickte Takeru herausfordernd an, der sich jedoch nur ängstlich umblickte. „Hey, jetzt beruhig dich doch mal. Hier ist niemand! Wir sind zu weit außerhalb und es wird sich sicher keiner stören, wenn wir ein bisschen schwimmen gehen“, versuchte sie ihn zu beruhigen. „Was du willst auch schwimmen gehen? Ich habe keine Badesachen dabei“, erwiderte er peinlich berührt. Hikari kicherte nur. „Wozu gibt es denn Unterwäsche, oder trägst du etwa keine?“, fragte sie spitzfindig, bevor sie realisierte, was sie da zu ihm gesagt hatte. Plötzlich lief sie knallrot an und bereute ihre Worte umgehend, auch wenn sie sich vor Takeru cool geben wollte. Ihr fiel deswegen auch gar nicht auf, dass ihre Worte, auch ihn völlig aus dem Konzept gebracht hatten! „Ähm…naja erstmal müssen wir wohl reinkommen“, stammelte ihr bester Freund und versuchte das Gesagte möglichst zu ignorieren, was bei Hikari ein unwohles Gefühl hinterließ. Ihr Spruch war sehr provokant gewesen, aber dennoch schien er gar nicht darauf eingehen zu wollen, was sie ärgerte. Seit sie wieder so ein inniges Verhältnis zueinander aufgebaut hatten, veränderten sich ihre Gefühle allmählich, während sie bei Takeru einfach nicht mehr durchblicken konnte. Er war nach wie vor sehr lieb zu ihr, aber sie hatten bisher nicht mehr über diesen Kuss gesprochen, der in ihr etwas ausgelöst hatte. Anfangs dachte sie, dass es eine reine Impulshandlung war, da Takeru derjenige war, der sie wegen des Verlust ihres Babys aufgefangen hatte. Mittlerweile glaubte sie nicht mehr daran. Doch wie sollte sie ihm das nur verständlich machen? Sie hatte ihn doch schon genug verletzt und dass Letzte, was sie wollte, war ihre zarte Freundschaft erneut zu gefährden, nur weil sie sich in seinen Armen so sicher und geborgen fühlte. Vielleicht war sie auch einfach egoistisch und wollte ihn in ihrer Nähe haben, um sich besser zu fühlen. Konnte man sowas überhaupt als Liebe bezeichnen? Oder spielen ihre Gefühle ihr mal wieder einen Streich? Frustriert sah sie sich um, doch Takeru war bereits weitergegangen und suchte nach einem geeigneten Eingang. Langsam folgte sie ihm und überlegte, ob es tatsächlich so eine gute Idee war mit ihm alleine herzukommen. Wäre Yolei oder noch einer von den Jungs dabei gewesen, hätte sie sicherlich solche Gedanken, die ihre Sinne vernebelten und sie zum gemeinsamen Nachtschwimmen anregten. „Ich glaube da hinten kommen wir auch so durch! Anscheinend hat niemand gesehen, dass die Hecke dort hinten abgestorben ist. Wir müssen nur ein paar Äste entfernen“, erklärte er ihr ausführlich. „Bist du dir immer noch sicher, dass du das machen willst?“ Ihre Blicke trafen sich erneut und deutliche Zweifel stiegen in ihr auf. Was wollte sie mit dieser Aktion nur bezwecken? Sie hätte sich doch für etwas völlig anderes entscheiden können, aber sie hatte diese Situation, wenn sie ehrlich war, mit Absicht heraufbeschworen. Sie wollte eine Lage schaffen, in der beide auf sich gestellt waren und in der sie sich fallen lassen konnten. Eine reine Impulshandlung, die ihr verraten sollte, wie es mit ihnen weitergehen konnte. Kari wusste, dass sich all das ziemlich wirr anhören musste, aber sie wollte niemanden mehr verlieren, der ihr wichtig war. Deswegen musste sie sich ihrer Gefühle klarwerden, um Takeru nicht noch weiter zu verletzen. Und auch, wenn ihr Verstand sagte, dass es besser wäre, nicht über die Hecke zu klettern, sprach ihr Herz eine ganz andere Sprache. „Ja, so sicher wie noch nie“, antwortete sie felsenfest und war bereit. Bereit für all das, was in dieser Nacht auch noch geschehen würde. Fortsetzung folgt... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)