Ein unerträglicher, nicht enden wollender Schmerz von rokugatsu-go ================================================================================ Kapitel 1: There´ll be no comfort in the shade of the shadows thrown -------------------------------------------------------------------- Oft schon war Kakashi Hatake verletzt worden. Oft schon hatte er physische Schmerzen gespürt, von denen er dachte, dass sie ihn entweder in den Wahnsinn trieben, wenn sie noch länger anhielten oder dass sie vielleicht das Letzte wären, das er je spüren würde. Tatsächlich war er sogar schon einmal gestorben und dann zurückgekehrt, wohl wissend, dass in dieser Welt noch mehr Schmerzen auf ihn warteten. Viel schlimmer als diese waren aber doch die Schmerzen, die nicht physischer Natur waren und nicht vergingen, sobald die Wunde verheilt war. Vielleicht weil es Wunden waren, die nie ganz verheilten, sondern immer irgendwo in seinem Hinterkopf waren und immer mal wieder an die Oberfläche drängten. Von dieser Art war jeder Verlust, den er je hatte erleben müssen. Und jedes Mal hatte er dabei das Gefühl gehabt, dass es ihm das Herz zerreißen würde. Er selbst fand keine Worte, die dieses Gefühl treffender beschreiben könnten, aber das war auch egal, denn er redete sowieso niemals darüber. Nun allerdings hatte er das Gefühl, dass alle je erlebten Schmerzen, egal welcher Art, ihn überrannten, nein, regelrecht niederrissen und erdrückten. Als würde jede Wunde, von der er gedacht hatte, dass sie auch nur ansatzweise verheilt sein könnte, wieder aufreißen und ihn mit Schmerzen überschütten. Als hätte alles, was in den letzten Jahren passiert war, jegliche Bedeutung verloren. Als würde er für jeden Schritt, den er vorwärts gemacht hatte, um das zehnfache mit Gewalt zurückgeworfen. Kakashi Hatake war kein Mann, dem es in Kämpfen allzu oft die Sprache verschlug. Ihm hatte es nun mehr als nur die Sprache verschlagen. Seine Gedanken überschlugen sich und gleichzeitig fühlte sich sein Verstand völlig leer an. Er war nicht mehr als der lässige Stratege erkennbar, auf den man sich in jeder noch so ernsten Lage verlassen konnte. So hatte Naruto ihn noch nie erlebt und es machte dem jungen Shinobi beinahe schon Angst, seinen Lehrer so zu sehen. Irgendwo tief und verzerrt im Hintergrund hörte Kakashi auch noch, wie Naruto und Gai ihm zuriefen, ihn anschrien, sich zusammenzureißen. Ein Teil von ihm versuchte es auch, aber der Großteil von ihm war mit diesem unbeschreiblichen Schmerz beschäftigt und mit einer Flut an Bildern, welche seinen Kopf überschwemmten und seinen sonst so verlässlichen und brillanten Verstand daran hinderten, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. Denn vor ihm auf diesem Schlachtfeld, auf dem sich wahrscheinlich der vierte Ninja-Krieg entscheiden würde und welches sich langsam eher anfühlte wie das Ende der Welt, stand Obito Uchiha. Obito Uchiha. Der ewig grinsende, viel zu optimistische und viel zu gutmütige Junge, der sein Leben gelassen hatte, um Kakashis zu retten. Genau dieser Junge stand nun als der Mann vor ihm, der versuchte, einen wahnsinnigen Plan in die Tat umzusetzen und der dafür bereits über unzählige Leichen gegangen war. Es passte nicht zusammen. Vielleicht, so hoffte ein verschwindend geringer Teil Kakashis, war dies nur die ultimative Steigerung all der Albträume, welche ihn schon fast zeit seines Lebens verfolgten. Eigentlich hätte dieser Teil seines Verstandes schon aufgeben müssen, als Kakashi die Ähnlichkeit zwischen seinem Kamui und der Kunst dieser gegnerischen Maskengestalt aufgefallen war. Aber wie alles an Kakashi war auch dieser kleine Teil seines Verstandes stur. Dies half ihm nun allerdings auch nicht mehr. „Deine Kunst wirkt bei mir nicht,“ hatte die Gestalt gesagt, als er damals nach dem Aufeinandertreffen mit Sasuke sie hatte angreifen wollen. Jetzt machte es Sinn, warum das Kamui nicht gewirkt hätte. Im Moment war dies das Einzige, was noch einen Sinn ergab. Langsam stieg ein Gedanke in seinem Verstand auf und überschattete alle anderen, die versuchten, diesen Gedanken aufzuhalten und zu entkräften. Es war ein Gedanke, der Kakashi schon ein Leben lang verfolgte und der sich nun in einer viel stärkeren, nie zuvor in der Art dagewesenen Form entfaltete: Es war alles seine Schuld. Nicht nur Obitos vermeintlicher Tod und dann Rins Tod. Nein, er war schuld am großen Ganzen. Hätte er damals auf der Mission anders gehandelt, hätten sie Rin eher retten können und Obito wäre nicht in dieser Höhle verschüttet worden, weil er ihm hatte helfen wollen. Wäre Obito noch da gewesen, hätte dieser Rin beschützen können und Kakashi hätte sie nicht getötet. Kakashi zuckte zusammen, als der Gedanke zu voller Größe auswuchs und sich über seinen kompletten Verstand legte. Wäre Rin nicht durch seine Hand gestorben, wäre Obito nicht das geworden, was ihm nun hier, am Ende von allem, gegenüberstand. Wäre Obito nicht dieser wahnsinnige, skrupellose Unbekannte geworden, hätte er nicht mit dem Fuchsgeist das Dorf angegriffen und nicht Minato und Kushina getötet. Wäre all dies nicht passiert, hätte Naruto bei seinen Eltern aufwachsen können. Kakashi hatte das Gefühl, nicht mehr atmen zu können. Wäre er damals ein anderer, besserer Mensch gewesen, wären sie nun nicht hier. Dann hätte keiner von ihnen diesen realen Albtraum durchleben müssen. Dann wären sie jetzt alle zuhause. Und warum war er damals dieser unheilvolle Mensch gewesen? Kakashi versuchte zu atmen, obwohl ihm alles dabei entsetzlich weh tat. Sein Vater hatte sich umgebracht, weil er darin die einzige Möglichkeit gesehen hatte, Schande von ihm, seinem Sohn, abzuwenden. Hatte es da begonnen? War es sein Vater, der all dies in Gang gesetzt hatte? Hätte er sich nicht umgebracht, wäre es dann anders gekommen? Oder blieb die Schuld doch an ihm selbst haften? Es gab niemanden in der gesamten, grausamen Welt, der ihm diese Frage hätte beantworten können. An jedem anderen Tag, an jedem anderen Ort hätte Kakashi an dieser Stelle die Stimme Minatos in seinem Inneren gehört, die ihm sagte, dass es nicht seine Schuld war. Kakashi war davon nie überzeugt gewesen. Es war seine Fehlentscheidung und seine Hand gewesen, die für zwei der schlimmsten Dinge in seinem Leben verantwortlich waren. An jedem anderen Tag, an jedem anderen Ort aber hatte der Gedanke an Minatos Worte ihn soweit beruhigt, dass er weitermachen konnte. Er hörte Minato nicht mehr. Alles, woran er sich sonst gerne erinnert hatte, war weg. Hinfort gejagt von diesem einen Moment, als Naruto die Maske zerschlagen hatte und Obito zum Vorschein gebracht hatte. Hinfort gejagt von diesem einen Satz, von dem Kakashi wusste, dass er wahr war und von dem er nicht gedacht hatte, dass er ihn jemals im wachen Zustand von Obito hören würde: „Du hast Rin sterben lassen.“ Wenn dies wirklich das Ende war, dann sollte es ihn nun bitte schnell und endlich erlösen. Ihn von diesem schrecklichen Ort wegbringen und von diesem nicht enden wollenden Schmerz befreien. Obito griff an und nichts, absolut nichts in Kakashi unternahm auch nur den Versuch, sich gegen das zu wehren, was nun passieren sollte. Es war schon lange überfällig. Es war vermutlich das, was er für die Schuld, die er sich aufgeladen hatte, verdiente. Naruto rettete ihn. Mit einem Mal nahm Kakashi die Welt um sich herum wieder wahr und stellte mit Entsetzen fest, dass der echte Madara Uchiha ihnen nun auch noch gegenüberstand. Es hörte einfach nicht auf. Was hatte Obito mit Madara Uchiha zu tun? Viel wichtiger war: Was hatte dieser Obito mit dem Obito gemacht, den er gekannt hatte? Kakashi war noch nicht am Ende angelangt. Nicht bevor er diese Frage beantwortet hatte. Nicht bevor irgendetwas in dieser grausamen Welt wieder Sinn machte. Ein Kampf gegen Obito schien unausweichlich. Kakashi wusste wie der Kampf enden musste, um diese Welt zu retten. Er wusste, dass es in diesem Fall für keinen von ihnen ein gutes Ende geben würde. Und er wünschte sich, er könnte an den Anfang zurückkehren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)