Jemand von Ur ("1 neue Mitteilung erhalten") ================================================================================ Kapitel 8: Entdeckungen ----------------------- Hallo ihr Lieben! Entschuldigt bitte die Verspätung diesmal, das Leben hat ein bisschen dazwischen gefunkt ;) Mit diesem Kapitel möchte ich außerdem eine kleine Pause ankündigen. Sie wird nicht allzu lang sein - hoffentlich nur einen Monat - da ich am Frühlingswichteln teilnehme und bis Ende Juni mein Projekt fertigstellen muss, das jetzt erst einmal Vorrang hat. Ich hoffe, dass wir uns dann im Juli wiederlesen und freu mich bis dahin sehr über eure Kommentare und Nachrichten Viel Spaß beim Lesen und großartiges Wochenende wünsche ich euch, eure ______________________________ Vor lauter Enthusiasmus angesichts der neusten Entwicklung mit Jemand alias Lelo – meine Fresse, ich kann es immer noch nicht fassen, dass er es tatsächlich ist – trinke ich ziemlich viel und bin den ganzen Abend ganz hervorragender Laune. Diese Laune wird durch zwei SMS von Lelo nur noch gesteigert, der mir erst mitteilt, dass er ja schon vorher kaum an was anderes gedacht hat, als an mich, und nach unserem Parktreffen jetzt überhaupt nicht mehr zurechnungsfähig ist. Und in der zweiten SMS, – die um drei Uhr nachts mein Handy zum Vibrieren bringt – dass er nicht einschlafen kann, obwohl er seit sieben wach ist und dass er mich wirklich gern noch mal küssen würde. Manu und Laura müssen nicht erst fragen, wieso ich so breit und strahlend und dümmlich verknallt vor mich hin grinse, sie verdrehen nur amüsiert die Augen und beide besorgen mir dauernd neue Drinks und wenn Manu betrunken ist, wird sie ziemlich anhänglich und gegen halb vier hat sie mich gefühlte hundert Mal gedrückt und mir verkündet, dass ich der beste Freund auf der Welt bin und mir versichert, dass sie sich sehr für mich und meine scheußlich-kitschige Liebesgeschichte freut und dass sie gleich morgen anfangen wird, mit ihrem Locher buntes Konfetti auszustechen, um mich und Lelo am Montag damit zu bewerfen. Hatte ich schon erwähnt, dass ich Manu wirklich sehr sehr liebe? Laura ist etwas schroffer in ihrer Art mich zu beglückwünschen und erklärt mir, dass sie noch jede Menge Kondome in ihrem Zimmer rumfliegen hat und ich nur fragen müsste, wenn ich welche bräuchte, wenn Lelo morgen zu Besuch kommt, und dass sie diese Frage dann direkt als Anlass nehmen könnte, sich ihre Kopfhörer aufzusetzen und so laut wie möglich Nightwish zu hören, damit sie uns nicht »beim Vögeln zuhören muss«. Auch sie verkündet mir im Zuge dieser kurzen Unterhaltung, dass sie mich wirklich sehr liebt und dass sie froh ist, wenigstens ein cooles Geschwisterkind zu haben, dass sie aber eindeutig bis an ihr Lebensende darauf verzichten möchte, mich jemals beim Sex zu hören. Ich versichere ihr, dass es mir genauso geht. Alles in allem kann man von einem ausgesprochen gelungenen Abend reden. * Als ich aufwache, scheint mir die Sonne übermäßig grell ins Gesicht. Ich hab gestern Nacht in meinem Suff vergessen, die Vorhänge zuzuziehen und blinzele dem Licht etwas verwirrt entgegen, bevor meine Augen den Radiowecker auf meinem Nachttisch finden, der zwölf Uhr siebzehn anzeigt. Ich stöhne angestrengt und reibe mir die Augen. Mit großer Wahrscheinlichkeit bin ich immer noch betrunken und ich krebse untermalt mit leidenden Geräuschen und einem Geschmack nach Tod im Mund in Richtung Badezimmer. Das gut gelaunte »Morgen!« meiner Schwester erwidere ich nur mit einem Ächzen. Es ist nicht so, dass ich wirklich Kater bekomme, wenn ich was getrunken habe. Mir ist am nächsten Tag meistens nur ziemlich gammelig und träge zumute und ich wende als erstes eine viertelstündige lauwarme Dusche an, um diesen Zustand zu verbessern. Als ich anschließend in eine Boxershorts und einen riesigen Pulli gekleidet in die Küche komme, hat Laura mir ein großes Glas Wasser hingestellt und schneidet mir mit einem amüsierten Grinsen einen Apfel. »Oh Gott«, sage ich ohne Kontext und greife nach dem Glas, nachdem ich mich auf einen unserer schlecht zusammenpassenden Küchenstühle hab fallen lassen. »Lass das nicht deine Jahrgangskameraden hören«, gibt Laura zurück und schiebt mir einen Teller mit Apfelspalten hin. »Ich werd diese beiden Worte nicht außerhalb dieser Wohnung verwenden, versprochen«, nuschele ich und setze das Glas an, um es dann in ein paar großen Schlucken auszutrinken. Meine nassen Haare tröpfeln ziemlich unangenehm in meinen Nacken – ein eindeutiger Nachteil von langen Haaren, wenn man nicht drauf steht, Frotteehandtücher auf dem Kopf zu haben. »Wie viele Stunden wirst du brauchen, bevor du deinen Prinz Charming einladen kannst?«, erkundigt sie sich und rührt in ihrem schwarzen Tee herum. Laura sieht empörend frisch, munter und perfekt gestylt aus. Wie fast immer. Also, munter ist sie manchmal nicht, aber perfekt gestylt ist quasi ihr natürlicher Zustand. Ich betrachte kurz ihre nachgezogenen Augenbrauen und die sorgfältig mit dunkelrot umrandeten Lippen. Dumpf frage ich mich, wann sie aufgestanden ist, wenn sie jetzt schon so wach und fertig ist. Immerhin sind wir zur selben Zeit ins Bett gegangen. Die Welt ist ein ungerechter Ort. »Nenn ihn nicht Prinz Charming«, stöhne ich und beiße in eine Apfelspalte. Laura lacht. »Wieso? Möchtest du etwa nicht an den weißen, heteronormativen Armleuchter aus Once upon a Time erinnert werden?«, gibt sie zurück und klaut eine Apfelspalte von meinem Teller. Ich schnaube. »Ungern. Lelo ist ja auch weder weiß noch heteronormativ. Und er sieht in etwa dreitausend Mal besser aus als dieser schmalzige Holzkopf«, antworte ich. Vielleicht sollte ich drei Liter Kaffee trinken, um meine Lebensgeister zu wecken. Einziges Problem daran: Ich finde Kaffee ausgesprochen scheußlich. Ich habe nach einer Staffel Once upon a Time aufgegeben und beschlossen, dass ich nicht noch mehr »es ist die eine wahre heterosexuelle Liebe«-Geschichten ertragen kann. Dabei war die Idee mit den Märchen so gut. Laura und ich bleiben etwa eine halbe Stunde in der Küche sitzen und unterhalten uns über schlechte Fernsehserien und diesen Film namens Noah, den wir beide nicht sehen wollen, allein schon weil der Regisseur »vergessen« zu haben scheint, dass Noah und seine damals lebenden Mitmenschen in seiner Umgebung wohl kaum weiße Europäer waren. Emma Watson in allen Ehren, aber nein. »Wirst du ihm nachher gleich in Strapse die Tür aufmachen?«, fragt Laura schließlich schmunzelnd und ich bekomme prompt Herzrasen bei der Vorstellung. Dann verwerfe ich den Gedanken allerdings sofort wieder, weil ich Lelo ja nicht direkt bei unserem ersten richtigen Treffen – oh Gott ich sterbe vor Aufregung, der Alkoholdunst hat meine Nervosität betäubt, aber jetzt kommt alles wieder zurück – völlig überfordern will. »Auf keinen Fall. Apropos… Wo sind eigentlich die alten Herrschaften?«, frage ich verwirrt, weil bislang noch niemand zu uns in die Küche geschneit ist und schmutzige Witze erzählt hat – eine leidige Angewohnheit unseres Vaters, die ich aber zugegebenermaßen vermissen werde, sobald ich irgendwann ausziehe. »Es ist Samstag. Wie jeden Samstag sind sie beim Brunchen mit Mareike und Regina. Wahrscheinlich gehen sie hinterher noch ins Kino oder so, du musst dir also keine Gedanken wegen Geräuschen machen«, sagt Laura verschmitzt und ich spüre, wie ich gleichsam rot und noch aufgeregter werde. »Vielleicht starte ich einfach einen tageslangen One Piece Marathon mit Kopfhörern, dann laufe ich nicht Gefahr irgendwas zu hören«, meint sie nachdenklich. Ich boxe sie gegen die Schulter. »Du musst ja auch mal aufs Klo gehen«, sage ich grinsend. »Und keine Sorge, ich werde einfach so leise wie möglich sein, sollte es zu irgendwelchen… Dingen… kommen.« Nachdem ich ausgiebig gelüftet, fünf Lieder von Schandmaul laut mitgesungen mehrere kalte Frikadellen gegessen und anschließend Zähne geputzt habe, fällt mir ein, dass Lelo eine Stauballergie hat. Scheiße. »Eigentlich bin ich fertig, aber ich hab deine Allergie vergessen und werd noch eben mein Zimmer putzen!« »Ach, das bisschen Geniese…« Die Antwort kam sehr schnell und ich stelle mir verträumt und mit einem Staubwedel von Swiffer in der Hand vor, wie Lelo schon seit Stunden darauf wartet, dass ich mich bei ihm melde und dabei sehnsüchtig sein Handy anstarrt. Meine Fresse, Kim, reiß dich zusammen! Ich fange an mein Zimmer vom Staub zu befreien. Nach zwanzig Minuten kommt Laura mit dem Staubsauger zu mir rein und macht alle Spinnenweben weg, während ich meinen Schreibtisch entrümpele und den Staub auf meiner Fensterbank entferne. »Dafür bügele ich morgen deine Blusen«, ächze ich dankbar, während ich auf einen Stuhl steige, um auf meinem Kleiderschrank Staub zu wischen. Eine zentimeterdicke Schicht empfängt mich und ich fluche lauthals. »Deal«, sagt Laura und reicht mir das Staubsaugerrohr nach oben, damit ich damit erst einmal das gröbste entfernen kann. Als mein Zimmer endlich vorzeigbar ist, fühle ich mich klapprig auf den Beinen und esse noch zwei Äpfel, ehe ich Lelo schließlich die ersehnte SMS schreibe. »So, der Staub ist weg! Du kannst vorbei kommen :-)« Ich föhne meine Haare und binde sie zu einem Zopf, ändere aber ansonsten nichts an meinem Outfit. Heute ist ein Tag zum gemütlich sein. Zu meiner Überraschung klingelt es kurz nachdem ich mit dem Föhnen fertig bin und ich öffne die Tür, fast sicher, dass dies noch nicht Lelo sein kann. Aber er kommt tatsächlich die Treppe hoch, mit seinen langen Beinen und seinen dunklen Locken und seinem beknackten Schmollmund und… Shit. Shit, shit, shit. Er sieht so verteufelt gut aus, ich sterbe. Jetzt ist es hell und nicht wie gestern im Park bereits dunkel. »Das ging sehr schnell«, sage ich ein wenig heiser, als er vor mir stehen bleibt und seine Augen über meine nackten Beine huschen. Klein Kim, reiß dich zusammen, er hat dich noch nicht mal angefasst! »Ich, äh… war vielleicht unterwegs, seit du geschrieben hast, dass du Staub wischst«, sagt Lelo ein wenig außer Atem und ich trete leicht benommen beiseite, damit er reinkommen kann. »Mit anderen Worten, du hast hier irgendwo gewartet?«, gebe ich zurück. Er fährt sich peinlich berührt durch die Haare. »Ich hab hinten in der Pizzeria was gegessen, während ich gewartet hab«, gibt er zu. Die Pizzeria ist in etwa fünfzig Meter von unserer Wohnung entfernt. Wow. Ich grinse so breit, dass mir die Wangen weh tun. »Es gibt sehr gute Pizza da«, sage ich und gehe Lelo voran in mein Zimmer, dass jetzt so sauber ist wie seit Ewigkeiten nicht mehr. Nicht, dass ich ein besonders unordentlicher und schlampiger Mensch wäre, aber Staub wischen ist der Feind. Ich hasse Staub wischen. »Ja, meine Pizza Funghi war nicht zu verachten«, erklärt Lelo und sieht sich interessiert in meinem Zimmer um, während ich die Tür hinter ihm schließe. »Ist das deine Lieblingspizza?«, will ich wissen und werfe mich auf mein Bett. Es gibt außer meinem Bett nur einen Stuhl in meinem Zimmer und auf dem sitze ich eigentlich nur, wenn ich Computer spiele. Meine Mutter hat es aufgegeben mich davon zu überzeugen, dass sich Hausaufgaben besser am Schreibtisch als auf dem Bett erledigen lassen. »Ich mag Salamipizza am liebsten, aber der Mann konnte mir nicht hundertprozentig sagen, ob Schwein in der Salami ist, deswegen bin ich lieber auf Nummer sicher gegangen«, sagt Lelo während er interessiert Fotos, Poster und eine Sammlung von Konzertkarten mustert, die die Wand neben meinem Schreibtisch zieren. »Und schon hab ich was Neues gelernt«, sage ich schmunzelnd und beobachte im Gegenzug Lelo, der sich so vorsichtig in meinem Zimmer bewegt, als hätte er Angst, dass eine zu hastige Bewegung eine Traumblase platzen lässt. Er ist so entzückend, ich möchte seine Bauchmuskeln ablecken und schmachtende Liebesoden auf ihn dichten. »Dass ich Salamipizza mag?«, fragt er amüsiert mit einem Blick in meine Richtung. »Das, und dass du religiös bist«, sage ich grinsend. Lelo fährt sich durch die Haare und sieht ein wenig nervös aus. »Ja, schon. Ist das ein Problem?« »Nein, gar nicht. So lang man mich nicht missionieren will und mir meine Menschenrechte lässt, hab ich nichts gegen Religionen«, gebe ich zurück. Lelo sieht tatsächlich ziemlich erleichtert aus und setzt sich behutsam neben mir aufs Bett. Ich vermute, dass er schon öfter schiefe Blicke für seine Religion bekommen hat. »Also bist du Muslim?«, frage ich nach, um Missverständnissen vorzubeugen. Lelo nickt. »Sag Bescheid, wenn ich irgendwann mal ignorante Sachen sagen sollte, ich kenn mich nicht so gut aus, fürchte ich«, gebe ich zurück und Lelo mustert mich kurz mit schiefgelegtem Kopf. Ich könnte seine dunklen Augen stundenlang anstarren. »Werd ich machen«, verspricht er mit einem leichten Lächeln, »dasselbe gilt für dich.« »Keine Sorge.« Ich lasse mich auf den Rücken fallen und Lelo legt sich neben mich, das Kinn in die Hand und den Ellbogen aufs Bett gestützt, die Augen aufmerksam auf mein Gesicht gerichtet. Mein Herz schlägt schon die ganze Zeit schneller als normalerweise und jetzt legt es einen weiteren Zahn zu und bollert gegen meine Rippen, als würde es Lelo direkt in die Arme springen wollen. Lelo lächelt und fährt mir sachte durch die Haare. Ich kann nicht mit ihm zusammen sein, denn dann wird mein bislang noch nicht allzu langes Leben sicherlich viel zu früh enden. »Ich bin etwas hin und her gerissen«, meint Lelo leise und bei dem Unterton in seiner Stimme bekomme ich sofort eine Gänsehaut auf den Unterarmen. Unweigerlich stelle ich mir vor, wie er mir in diesem Ton Dinge befiehlt. Verfluchter Mist, Kim. Reiß dich zusammen! »Zwischen welchen Möglichkeiten?«, versuche ich so lässig wie möglich zu antworten, aber meine Stimme klingt eindeutig heiser. Ein Hoch auf meine unzähmbaren Teenagerhormone. »Mich mit dir über dich zu unterhalten und dich zu küssen.« Tschüss Welt, es war schön mit dir, wenn es ein nächstes Leben gibt, kann ich vielleicht länger hier verweilen. Die Vorstellung über mich zu reden scheint mir im Angesicht der Aussicht auf mehr Küssen wirklich ausgesprochen unattraktiv zu sein, als dass ich diesem Vorschlag nachgehen wollen würde. Also nehme ich Lelos Gesicht in beide Hände – ich kann es immer noch nicht fassen, dass er hier ist und dass ich ihn anfassen darf und dass er mich verflucht noch mal toll findet – und ziehe ihn zu mir herunter, um ihn sehr enthusiastisch auf den Mund zu küssen. Vielleicht können wir reden und küssen ja irgendwie abwechselnd praktizieren, aber momentan ist meine Zunge eindeutig zu begeistert damit beschäftigt, Lelos Zunge voller Hingabe zu erfühlen. Er ist ein sehr guter Küsser. Nicht, dass mich das großartig verwundern würde, immerhin habe ich ihn mir in meinen unanständigen Tagträumen regelmäßig als ausgesprochene Sexbombe vorgestellt, aber ihn tatsächlich so dicht an mir zu spüren ist eindeutig etwas anderes und sehr viel Besseres. Wie schrecklich es gewesen wäre, wenn er sich als schlechter Küsser entpuppt hätte… Ich ziehe Lelo ziemlich ungeduldig auf mich drauf, umschlinge ihn mit meinen Beinen und wickele meine Arme um ihn wie ein entschlossener Oktopus, der sein Opfer in die Tiefe zerren will. Sein muskulöser Körper auf meinem fühlt sich wunderbar schwer und fest an und ich kann der Versuchung nicht widerstehen, meine Finger unter sein Shirt zu schieben und seine nackte, warme Haut zu ertasten. Lelo zieht zischend die Luft ein, als meine Hände seinen nackten Rücken berühren und ich bin mir hundertprozentig sicher, dass ich jeden Augenblick ein sehr auffälliges Rohr in der Hose haben werde, wenn wir uns weiter so küssen, er diese Geräusche macht und währenddessen sein Unterleib unnachgiebig gegen meinen gepresst wird. Heilige Scheiße, ich will eigentlich sofort Sex. Jetzt gleich. Mit viel nackter Haut und lauten Geräuschen und dabei wie auch immer involvierten Geschlechtsteilen. Zu meiner sehr großen Begeisterung spüre ich im nächsten Augenblick, dass Lelo bereits eine sehr deutliche Erektion in seiner Jeans hat. Ha! Ich bin also nicht der einzige hier, der hormongesteuert und stocken notgeil ist. Awesome! Lelo löst seine Lippen schwer atmend von meinen und schaut mit glasigen Augen zu mir herunter, während ich ein empörtes und peinlicherweise ausgesprochen bedürftiges Geräusch von mir gebe. »Für jeden Kuss eine Frage«, sagt Lelo heiser und ich starre ihn ungläubig von unten herauf an, was ihn zum Lachen bringt. Sein Lachen ist so wundervoll, vielleicht komme ich auch einfach gleich davon direkt in meine Shorts. »Du bist unerbittlich«, klage ich und halte mich mit sehr viel Mühe davon ab, Lelo einfach weiterhin zu umklammern, als er sich von mir herunter rollt und wieder neben mir zum Liegen kommt. Ich revidiere: Lelo ist offensichtlich doch nicht so notgeil wie ich, sonst wäre er bereits nackt und sehr viel näher an mir dran. Mein Leben ist hart. »Darf ich dich im Kleid sehen?« Ich blinzele. Lelo ist knallrot im Gesicht und schaut mich aus seinen dunklen Augen an. Mein Herz hämmert weiterhin aufgeregt vor sich hin und ich frage mich, ob es sich für den Rest des Tages nicht mehr beruhigen wird. Oder vielleicht in den nächsten Wochen. Je nachdem, wie lang das mit uns läuft. »Ok«, sage ich ein wenig atemlos und schlucke nervös, ehe ich mich schweren Herzens von Lelo löse und das Bett verlasse, auch wenn in etwa jede Faser in meinem Körper deswegen protestiert. Meine Güte, Kim, reiß dich mal ein wenig zusammen. So nötig hast du es nun auch wieder nicht! Mein Penis protestiert empört von unten herauf und ich grummele leise als Antwort, während ich meinen recht beeindruckenden Kleiderschrank öffne und auf der rechten Seite meine Kleider mustere. »Was machen deine Eltern beruflich?«, fragt Lelo interessiert vom Bett aus und mein Magen schlägt ein paar Saltos allein bei der erneuten Realisierung, dass Lelo – Lelo alias Sonnengott alias Prinz meines Schuljahrgangs – gerade auf meinem Bett liegt und mit mir knutscht und mich im Kleid sehen will und mich nach meinen Eltern fragt. Wie genau ist das noch mal passiert? »Meine Mutter ist Fahrlehrerin und mein Vater unterrichtet Sprachen an der Volkshochschule«, erkläre ich und frage mich fieberhaft, in welchem Kleid ich am besten aussehe. Schwarz ist natürlich ein allzeitiger Klassiker, aber ich trage sonst schon immer nur schwarz. Also entscheide ich mich für mein knallbunt geblümtes Kleid, das entzückende Ähnlichkeit mit einem 50er Jahre Cocktail-Kleid hat. »Oh, wie haben sie sich denn kennen gelernt?«, fragt Lelo und ich bedeute ihm mit einem Wedeln, dass er sich die Augen zuhalten soll, was er ohne zu zögern tut. Ich schlucke und ziehe mich hastig und mit leicht zittrigen Fingern aus. »Mein Vater hat einen Motorradführerschein in der Fahrschule meiner Mutter gemacht und extra viele Fahrstunden wegen ihr genommen. Seine Geschwister haben ihn schon alle ausgelacht, weil er so lang gebraucht hat«, erkläre ich, während ich mir mit aufgeregt kribbelndem Bauch das bunte Kleid über den Kopf ziehe und dann so gut es geht mit meinen zittrigen Fingern einen Zopf flechte. »Kannst gucken«, sage ich ziemlich heiser und ich kam mir noch nie so scheinwerferhaft angestrahlt vor. Meistens trage ich diese Sachen nur hier in der Wohnung, wenn niemand außer meiner Familie oder Manu da ist. Selbst meine engsten Freunde haben mich nur zwei oder drei Mal in voller Montur gesehen. Lelo nimmt die Hände von den Augen und blinzelt kurz gegen das Licht, dann darf ich beobachten, wie sein Gesichtsausdruck sich von interessiert-neugierig in etwas verwandelt, das eindeutig hingerissen und bewundernd aussieht. Mein Herz platzt gleich. Es muss jede Sekunde so weit sein. »Oh«, sagt er sehr leise und ich spiele nervös mit dem Kleidersaum herum und fühle mich blöd dafür, dass ich es nicht schaffe, mein übliches Selbstbewusstsein an den Tag zu legen. Ich beschließe trotz mangelnden Selbstbewusstseins in die Offensive zu gehen und gehe zum Bett hinüber. Lelos Augen werden rund wie Teller als ich aufs Bett gekrabbelt komme, ihn sehr bestimmt auf den Rücken drehe und mich rittlings auf seinen Schoß setze. Ich sehe, wie sein Adamsapfel sich hebt und wieder senkt. »Die Kennenlern-Geschichte deiner Eltern ist ja ziemlich romantisch«, nuschelt Lelo und er sieht aus, als hätte er Schwierigkeiten zu sprechen und seine Hände bei sich zu behalten. »Nicht ganz so romantisch wie unsere, finde ich«, sage ich amüsiert und obwohl mein Herz weiterhin hämmert wie verrückt, kommt durch Lelos Reaktion auf mich und das Kleid einiges an Selbstsicherheit zu mir zurück. Lelo wird angesichts meiner Worte rot. Allerdings, denke ich mir amüsiert und erfreut, könnte sein Erröten auch daran liegen, dass sich eindeutig etwas in seiner Hose regt. Ein Hoch auf Kleider! Und auf die Tatsache, dass ich nichts mehr drunter trage, weil Boxershorts unter Kleidern doch eher grenzwertig aussehen, wie ich finde. »Was für Sprachen unterrichtet dein Vater?«, will Lelo mit krächzender Stimme wissen und räuspert sich verlegen, was mich zum Schmunzeln bringt. Nicht zu fassen, was er für ein Lämmchen ist. Ich muss ihn dringend noch mehr küssen! »Dänisch und Schwedisch.« »Oh, cool. Kannst du auch was davon?« »Ein paar Brocken Schwedisch. Aber ich dachte mir, ich heb mir die Sprachkurse für meine Unizeit auf.« »Was möchtest du lernen?« »Finnisch find ich ziemlich cool. Und Arabisch. Und damit hab ich mir dann auch gleich zwei super schwierige Sprachen ausgesucht und kann wahrscheinlich nichts anderes machen«, sage ich mit einem Seufzen. Sprachen sind so super und ich würde gerne fünfzig auf einmal lernen, aber man kann nicht alles haben. »Wenn du willst, kann ich dir ein bisschen Arabisch beibringen«, sagt Lelo lächelnd. Ich glubsche ihn begeistert an. »Wirklich? Sprichst du es fließend? Sprichst du sonst noch Sprachen?«, will ich gespannt wissen und puste mir eine Strähne meiner schwarzen Haare aus dem Gesicht, die sich aus dem notdürftig geflochtenen Zopf gelöst hat. »Ich kann nur klassisches Arabisch. Also das, was sich vom Koran ableitet. Andere Dialekte versteh ich nicht wirklich. Und Urdu kann ich selber kaum, ich versteh‘s aber, wenn meine Eltern es sprechen«, entgegnet Lelo. Ich bin voller Bewunderung. »Awesome«, flüstere ich begeistert und Lelo lacht leise. Er streckt die Hand aus und streicht mir sachte über die Wange, woraufhin ich die Augen schließe und mich der Berührung entgegen schmiege. »Wie eine Katze«, sagt Lelo amüsiert. Ich schnaube leise. »Ich kratz auch wie eine«, gebe ich mit weiterhin geschlossenen Augen zurück und merke, wie Lelo kurz inne hält, bevor er seine Finger weiter gleiten lässt, bis sie schließlich vorsichtig um meinen Hals herum zum Liegen kommen. Ich halte den Atem an und öffne die Augen. Lelo ist immer noch knallrot im Gesicht und schaut mich von unten herauf unsicher an. »Also, wenn wir… ich meine… wenn wir all das ausprobieren… ich glaube, wir müssen ganz langsam… ähm…« Ich hebe eine meiner Hände und lege sie auf seine. »Keine Sorge. Ganz langsam ist kein Problem«, sage ich ehrlich und lächele ihn ermutigend an. Er sieht sehr erleichtert und ich kann mir vage vorstellen, was für einen Druck Lelo empfinden muss, weil er diesen ganzen BDSM Kram noch nie ausprobiert hat und jetzt so volle Breitseite damit konfrontiert wird. »Wie hast du eigentlich festgestellt, dass du sowas magst?«, erkundigt sich Lelo gespannt und zieht langsam seine Hand von meinem Hals zurück. Die verheißungsvolle Berührung hinterlässt ein angenehmes Kribbeln auf meiner Haut und ich seufze wohlig, ehe ich von ihm herunter krabbele und mich wieder neben ihn aufs Bett fallen lasse. Mein Blumenkleid beißt sich farblich ziemlich mit der rot-orangenen Bettwäsche, auf der wir liegen. Ich hüstele ein wenig verlegen. »Äh, schriftliche Rollenspiele im Internet, glaub ich. Und dann hab ich angefangen Zeug darüber zu lesen und dann hab ich mich mal mit einer getroffen, die ich über die Rollenspielsache kennen gelernt habe und dann… äh… haben wir das alles ausprobiert«, erzähle ich und zupfe an meinem Kissenbezug herum. »Treffen mit fremden Leuten aus dem Internet also«, sagt Lelo grinsend. Ich grummele. »So fremd war sie ja nicht. Ich hab sie vorher über ein halbes Jahr gekannt! Und ich bin eigentlich froh, dass ich das Zeug mit ihr ausprobiert hab, weil sie es echt gut konnte.« Ich bin wirklich erstaunt, wie ehrlich interessiert Lelo an mir ist. Er betont öfter, wie langweilig sein eigenes Leben gegen meins sei und ich versichere ihm, dass das eindeutig nicht der Fall ist und ich merke kaum, wie es draußen dunkel wird zwischen all den Fragen, dem Lachen und den Küssen. Und als Lelo sich gegen halb zehn verabschiedet weiß ich ganz eindeutig, dass ich noch nie in meinem Leben so verknallt war wie in ihn. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)