A Song of Ice and Fire: A Smile of Shadows von BluejayPrime ================================================================================ Kapitel 4: Azor Ahai -------------------- Whatever I will become will be what God has chosen for me. (Elvis Presley) ~*~ AZOR AHAI Es regnete. Selbstverständlich regnete es, und er hasste den Regen. Große Tropfen fielen aus dem stahlgrauen Himmel, klatschten auf Blätter und Zweige und Gras und in seinen Nacken; seine Kleider waren bereits bis auf die Haut getränkt, und wenn das so weiterging, würde er wahrscheinlich an einer Lungenentzündung sterben, bevor er auch nur in die Nähe von etwas kam, was man als Zivilisation bezeichnen konnte. Dummerweise hatte er nicht den leisesten Schimmer, in welche Richtung er sich dafür wenden musste, wenn man davon absah, dass er selbstverständlich dem Königsweg folgte. Der Weg von Sturmkap nach Rosengarten war ihm ja durchaus bekannt, aber es war eine ganz andere Sache, wenn man mit einer Eskorte und mit Freunden und zu Pferd unterwegs war, als wenn man sich seinen Weg alleine und zu Fuß suchen musste, von so etwas wie Verpflegung ganz zu schweigen… Mit einem leisen Seufzen strich er sich die nassen Haare aus der Stirn – ein Haarschnitt hätte ihm sicher auch ganz gut getan, von anständiger Kleidung ganz zu schweigen wenn man bedachte, dass seine momentanen Sachen aus irgendeiner Bauernkate stammten, nachdem er sich vermutlich glücklich schätzen konnte, dass die Bewohner ihn weder erkannt noch auf der Stelle erschlagen hatten, nachdem er mitten in der Nacht in ihre Hütte gestolpert war. Rosengarten, rief er sich in den Sinn, die Tyrells würden ihm helfen. Loras würde ihm helfen. Wenn er die Augen schloss, konnte er sein Gesicht vor sich sehen; die hellbraunen Locken, die sanften, goldfarbenen Augen, das spitzbübische Lächeln, wenn er ihn bei den Turnieren auf der Tribüne sah und gleichzeitig versuchte, möglichst ritterlich irgendeiner Lady seine dummen Rosen in die Hand zu drücken… er hatte eine davon gehabt, die Loras ihm nach irgendeinem dieser Turniere mitgebracht hatte, halb scherzhaft… Der Regen war zu einem leichten Nieseln geworden, als er das Dorf erreichte. Auf den ersten Blick wirkte es friedlich – natürlich tat es das – und es dauerte eine Weile, bis ihm auffiel, dass die Rauchwolke, die darüber schwebte, wohl kaum nur aus Schornsteinen stammen konnte. Es roch immer noch nach Regen und feuchten Blättern, doch als er näher kam, konnte das den schweren Geruch von Asche nicht mehr überdecken. Soldaten in roten Uniformen bewegten sich zwischen den Häusern – Männer der Lannisters… Das Herz klopfte ihm bis zum Hals und er blieb wie angewurzelt stehen, unsicher, was er tun sollte. Das sind deine Leute, merkte eine Stimme in seinem Hinterkopf an, deine Ländereien, die Lannisters haben kein Recht, hier zu sein und irgendetwas anzuzünden. Das sind deine Leute, Bauern, die Sturmkap mit Brot und Käse und Obst beliefert haben, die... Die Rauchwolken wurden größer und als zöge ihn etwas daran magisch an, ging er weiter. Natürlich waren es nicht mehr seine Ländereien. Jetzt waren es wohl Stannis', oder nicht? Meinetwegen, flüsterte die Stimme, meine Schuld, meine Schuld... Die ersten Toten fand er gleich am Eingang des Dorfes. Es waren drei junge Männer, der älteste vielleicht zwanzig Jahre alt, der jüngste keine zwölf. Die Soldaten hatten sie an einem Dachbalken aufgehängt; ihre Gesichter waren bereits schwärzlich angelaufen, die Körper schwangen im Wind sachte hin und her. Übelkeit ballte sich in seinem Magen zusammen, als habe ihn eine Faust getroffen. Der Älteste trug noch einen von Wind und Wetter ausgeblichenen blaugrünen Umhang mit dem abgewetzten goldenen Hirschkopf darauf, der vor einer scheinbaren Ewigkeit sein eigenes Banner geziert hatte. Die meisten Häuser schienen seltsam verlassen, Türen und Fensterläden waren eingeschlagen und -getreten, hier und da zeigten sich unerfreulich große dunkelrote Pfützen auf den Stufen, über denen bereits einige große Mücken träge kreisten. Hastig wandte er den Blick ab. Es ist nur Blut, rief er sich ins Gedächtnis, wir alle haben es in uns und manchmal wird etwas davon verschüttet... oder auch ein bisschen mehr... Es schien ein Leben lang her zu sein, seit Loras ihm das gesagt hatte... Ein Mädchen von vielleicht dreizehn Jahren saß auf den Stufen eines reetgedeckten Hauses, mit wirrem, braunen Haar und in zerfetzten, blutbespritzten Kleidern, leicht hin und her wippend; reflexartig machte er einen Schritt auf sie zu - kann ich dir helfen? - und sie starrte ihn an, als sähe sie einen Geist vor sich, bevor sie zu schreien anfing, ein seltsam hoher, wimmernder Ton und mit gerafftem Rock zwischen den Häusern davon stob. Meine Schuld, flüsterte es, meine Schuld. Inzwischen zogen dichte Rauchschwaden durch das Dorf; beißende Luft brannte ihm in den Augen. Mit einem seltsam dumpfen Gefühl in der Brust setzte er seinen Weg fort, vorbei an aufgeschlitzten Familienvätern und kleinen Kindern, die drahtigen Körper seltsam verdreht, als hätten sie noch versucht, dem tödlichen Hieb auszuweichen. Die Überlebenden hatte man auf dem Marktplatz zusammengetrieben, bewacht von ein paar Soldaten in roten und goldenen Rüstungen. Offensichtlich waren die Soldaten noch nicht fertig damit, das Dorf zu plündern; die meisten von ihnen trugen Kisten mit Lebensmitteln und allem, was sich potentiell zu Waffen zusammenschmelzen ließ, zusammen, während zwei, drei andere damit beschäftigt waren, die Gefangenen zu verhören. „Gibt es Gold im Dorf?“, wehte zu ihm herüber, „Silber? Stahl?“ Sie sprachen mit einem weiteren Mädchen von vielleicht zwölf Jahren, das offensichtlich nicht den blassesten Schimmer hatte, wovon sie redeten; er drückte sich ein wenig mehr an die Hauswand und ein erstickter Laut gefolgt von einem widerlichen Spritzgeräusch verriet ihm recht deutlich, dass man es offenbar vorzog, seine Zeit nicht zu vergeuden und stattdessen jemand anderen zu fragen. Meine Schuld. Er konnte spüren, wie seine Finger zitterten; er grub die Fingernägel in die Handballen und zwang sich, tief und ruhig zu atmen, unterdrückte ein Husten, als der Rauch ihm in die Nase kroch. Als er die Augen wieder öffnete, sah er sich einem der Soldaten gegenüber. „Na, verlaufen?“ Der Griff eines Schwertes traf ihn so hart an die Schläfe, dass er stürzte; noch während er stürzte sah er, wie die Soldaten auf dem Marktplatz sich einen rundgesichtigen Jungen mit demselben roten Haar wie das Mädchen aus der Menge holten, eine ältere Frau kreischte und schlug nach ihnen, dann wurde es dunkel und er spürte nicht mehr, wie er mit dem Gesicht voran im Schlamm landete. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)