Heart's Instinct von KiraNear ================================================================================ Kapitel 4: Erster Eindruck -------------------------- „Die Freude ist auch ganz auf meiner Seite, Prinzessin Hancock!!“ Er kniete sich vor ihr hin und küsste ihren Handrücken. Genervt blickte Hancock zur Seite. Dass sie den unfreiwilligen Gast per Händedruck begrüßen muss, sah sie noch ein. Aber dass er gleich anfing, ihre Hand zu küssen, ging ihr doch etwas zu weit. Erst als er ihre Hand losließ und aufstand, sah sie ihn wieder an. Allmählich bemerkte sie, wie groß der Mann wirklich war. Der ist locker 2,40 Meter groß, wenn nicht sogar mehr …, schoss es ihr durch den Kopf. Doch sie schob den Gedanken beiseite, auf keinen Fall sollte der Fremde merken, dass sie auch das auch nur auf irgendeine Art und Weise beeindruckte. „Ich hoffe, sie fühlen sich von meinem plötzlichen Erscheinen nicht überrumpelt. Schon länger gehöre ich zu ihren vielen Bewunderern, und als Gloriosa mir von diesem einzigartigen Angebot erzählte, war ich sofort begeistert. So schnell es mir möglich war, wollte ich mich auf den Weg machen; ich wollte so wenig unnütze Zeit wie möglich verstreichen lassen. Ich muss Sie einfach sofort sehen. Zu aufgeregt war ich, als die werte Frau Gloriosa Kontakt zu mir aufnahm und mir von Ihnen erzählte. Da habe ich mir gleich ein viel besseres Bild von Ihnen machen können, als es die ganzen Klatschblätter je zeichnen könnten. Und ich muss sagen, ich wurde nicht enttäuscht. Sie sehen noch schöner aus, als ich es mir erträumt habe. Keine Fotografie der Welt kann eine solche Schönheit einfangen. Was für eine Schande.“ Dabei lächelte er sie mit dem charmantesten Lächeln, das er hatte, an, was Hancock jedoch kaltließ. Unbeirrt redete der Fremde weiter. „Gloriosa hatte mich bereits vorgewarnt, dass Sie ein wenig schüchtern sind, aber das macht nichts. Ich bin mir sicher, wenn wir nur genug Zeit miteinander verbringen, werden Sie schon noch auftauen und sich mir öffnen können“. Optimistisch strahlte er sie sie nun an, doch auch darauf erwiderte sie nichts. „Aber natürlich!“, fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. „Ich kenne Sie, aber Sie kennen mich nicht. Und ich habe mich Ihnen noch nicht einmal vorgestellt. Verzeihen Sie mir, aber Ihre atemberaubende Schönheit hat mich vollkommen durcheinandergebracht. Entschuldigen Sie bitte meinen Fauxpas, ich werde dies geschwind nachholen.“ Er räusperte sich und fuhr sich über seine mit Gel glattgelegten Haare, bevor er seine Hand wieder auf seinem Goldhaken ruhen ließ. „Mein Name ist Sir Crocodile, und ich komme aus dem wunderschönen Land Sakura, um Euch näher kennenlernen zu dürfen, Prinzessin Hancock. Wie bereits gesagt, ist es mir eine Ehre, Euch hier treffen zu dürfen.“ Er stellte fest, dass ihr Blick auf seinem linken Arm, genauer gesagt auf seinem goldenen Haken festhing, und fing an, diesen ein wenig zu streicheln. „Ich hoffe, der hier und die Narbe in meinem Gesicht verschrecken Sie nicht. Grässliche Sache, bei der ich bedauerlicherweise meinen Arm verloren und mir die Narbe zugezogen habe. Die Ärzte versuchten zwar ihr Bestes, aber es war leider nichts mehr zu retten. Dafür habe ich nun diesen schönen Goldhaken und ich finde, er steht mir gar nicht mal so schlecht. Damit sehe ich aus wie ein Pirat und wer wollte das nicht gerne mal als Kind sein?“ Erheitert lachte er über seine eigene Bemerkung, beruhigte sich aber recht schnell, als er sah, dass sie bei Hancock nicht die gleiche Wirkung erzielt hatte. Ein weiteres Mal räusperte er sich und streichelte seinen Goldhaken wieder, als wäre es eine Katze oder ein anderes kleines Tier. „Natürlich haben Sie nichts vor mir oder meinem Haken zu befürchten. Er sieht gefährlicher aus, als er in Wirklichkeit ist. Sehen Sie, vollkommen stumpf“, beteuerte er und tippte dabei mit dem Finger auf die Spitze des Hakens. Anschließend sah er sich um, als sei er auf der Suche nach irgendetwas oder –jemanden. Und er wurde auch recht schnell fündig. „Ich weiß ja nicht, wie es den Damen geht, aber ich würde unsere Konversation gerne im Sitzen fortsetzen. Es wäre mit Sicherheit auch sehr angenehm für Sie, Prinzessin. Wie mich Ihre Großmutter bereits informiert hat, haben Sie eine lange und aufreibende Reise hinter sich. Da wird Ihnen ein Gespräch im Sitzen sicherlich auch gut tun. Besser, als wenn wir hier am Hoftor herumstehen.“ Hancock sagte nichts, sie wollte ihm schon entgegnen, dass er ebenso auch gut in einer Kutsche in Richtung seine Heimat gemütlich sitzen würde, schluckte es aber herunter, als Gloriosa sie mit zusammengekniffenen Augen musterte. Ganz so, als könnte sie Hancocks Gedanken lesen oder zumindest ihren Gesichtsausdruck. Zornig, aber auch warnend, schüttelte sie langsam den Kopf. Gleichzeitig achtete sie darauf, dass der Gast nichts davon mitbekam, was er zur ihrer großen Freude nicht tat. Oder er war Gentleman genug, um darüber hinwegsehen zu können. Was es auch war, Gloriosa war es ganz recht, dass er nicht darauf reagierte. Dann wandte sie sich an Sir Crocodile und hakte sich bei ihm am Arm ein, was er wortlos akzeptierte. „Das ist eine ausgezeichnete Idee, Sie sind wahrlich ein vornehmer Mann. Ich denke, mit Ihnen habe ich nun schließlich den richtigen Kandidaten für Hancock gefunden. Nicht wahr, Liebes?“ Sie sah sich nach Hancock um, hauptsächlich, um sicherzugehen, dass diese sich nicht fortschleichen, sondern den beiden folgen würde. Was sie auch tat, mit Widerwillen und verschränkten Armen. „Im Grunde muss ich mich bei Ihnen entschuldigen, ich war so unhöflich und habe den Vorschlag viel zu spät in den Raum geworfen. Ich hoffe sehr, dass Ihr mir das verzeihen könnt.“ Aufgeregt kicherte Gloriosa als Antwort und winkte mit der freien Hand ab. „Ach, Sir Crocodile, sie sind mir ja einer. Dafür müssen Sie sich doch nicht entschuldigen, eher liegt der Fehler auf unserer Seite. Immerhin sind Sie unser Gast, wir hätten Ihnen etwas anbieten müssen. Aber halten wir uns lieber nicht mit solchen Kleinigkeiten auf, schließlich sind Sie aus einem anderen Grunde bei uns zu Besuch.“ Nachdem sie, Gloriosa noch immer bei Sir Crocodile eingehakt und Hancock, den beiden unfreiwilligerweise folgend, durch den Vorgarten gegangen waren, erreichten sie das nächstgelegene Gazebo, in welchem sie es sich auch gleich bequem machten. Gloriosa bot ihm an, dass die Angestellten ihm etwas zu essen oder zu trinken bringen könnten, doch Crocodile lehnte höflich ab. Stattdessen wünschte er sich, dass Hancock sich ein wenig näher zu den beiden gesellen würde. Hancock dagegen weigerte sich und blieb stur auf der gegenüberliegenden Seite sitzen. „Lassen Sie sie nur, wenn sie nicht möchte, werde ich sie nicht dazu zwingen. Verständlich, immerhin kennt sie mich gerade mal eine Stunde, wenn überhaupt so lange. Es fällt ihr wohl noch ein wenig schwer, sich mir anzuvertrauen. Trotzdem bin ich mir sicher, dass sie es eines Tages machen wird.“ Er wandte sich Hancock zu. „Ihre Großmutter informierte mich bereits bezüglich Ihrer Meinung über die Männerwelt. Jedoch bin ich bereit, Ihnen zu zeigen, dass wir nicht alle so sind; dass ich nicht so bin. Und ich nehme mir gerne die Zeit, die Sie dafür brauchen, wie viel es am Ende auch sein mag.“ Verständnisvoll lächelte er Hancock an, stieß jedoch auf keine größere Gegenreaktion ihrerseits. Gloriosa dagegen faltete die Hände und nickte stumm. „Ich habe mich in der Vergangenheit zwar öfters geirrt, aber dieses Mal bin ich mir sicher, dass er der Richtige für dich ist. Er ist höflich, zuvorkommend und er könnte sehr gut mit deinem schwierigen Charakter umgehen. Auch ist er selbst nicht gerade arm, was uns als zusätzliche finanzielle Rücklage nicht schaden kann.“ „Gloriosa, bitte, du bringst mich noch in peinliche Verlegenheit.“ Crocodile schäkerte die nächste Stunde mit den beiden herum, worauf Gloriosa recht schnell einstieg. Hancock dagegen blieb ruhig und saß weiterhin mit verschränkten Armen ihnen gegenüber. Nachdem eine Weile vergangen war, zog Crocodile eine Taschenuhr aus seiner Hosentasche; was sie ihm zeigte, schien ihn offensichtlich zu überraschen. Rasch klappte er die Uhr zusammen und steckte sie wieder ein. „Ich freue mich sehr über Ihre Einladung, Gloriosa. Und auch über Ihre Gastfreundschaft. Leider habe ich bei mir in meiner Heimat noch eine private Angelegenheit zu klären, die keinen weiteren Aufschub mehr duldet. Daher werde ich mich nun auf den Weg machen müssen. Doch vorher …“, er stand auf, ging auf Hancock zu und reichte ihr seine Visitenkarte. Kritisch betrachtete sie das kleine Stück Papier. „Auf jeden Fall hat es mich sehr gefreut, Sie endlich getroffen zu haben, und ich würde Sie gerne zu mir in mein Restaurant zum Abendessen einladen. Es genießt übrigens einen ausgezeichneten Ruf und das nicht vollkommen umsonst, wenn ich das so sagen darf. Gerne kann auch Gloriosa mit Ihnen kommen, mein Restaurant hat genug Plätze für meine Gäste.“ Dabei zwinkerte er Gloriosa zu. „Ich würde mich sehr darüber freuen, wenn Sie meiner Einladung nachgehen würden. Für mich arbeiten ein paar der besten Köche des Landes, außerdem könnten wir die Zeit nutzen und uns mal ein wenig ausgiebiger miteinander unterhalten. Dann können Sie mich auch besser kennenlernen und ich denke, das wäre gar nicht mal so schlecht, oder?“ Hancock sah zwischen der Karte und Crocodile hin und her. Im Begriff, seine Einladung abzulehnen, spürte sie erneut Gloriosas stechenden Blick. Gleichzeitig dachte sie an das, was sie mit Vivi und den anderen beiden besprochen hatte, und nahm die Karte zu Gloriosas Freude entgegen. Nicht, ohne hastig in ihre Pose zu verfallen. „In Ordnung, Sir Crocodile. Ich, Prinzessin Hancock von Amazon Lily, bedanke mich für Ihre großzügige Einladung in Ihr Restaurant. Gerne nehme ich Ihre Einladung an. Bis wann haben Sie sich vorgestellt, soll das Abendessen stattfinden?“ Ihr sogleich entgegenkommend antwortete Crocodile: „Nun, ich richte mich da ganz nach Ihnen und Ihrem Terminkalender. Wann immer Sie das Treffen wollen, ich werde Zeit für Sie finden. Egal, wie lange es bis dahin dauern sollte.“ Wieder lächelte er sie an. Hancock dagegen klang, als ginge es nicht um die Planung eines gemeinsamen Abendessens oder gar eines möglichen Dates, sondern um die eines Geschäftstermins. Kalt und emotionslos machte sie ihm einen Vorschlag. „Übermorgen; ich möchte, dass das Treffen so schnell wie möglich organisiert wird und stattfindet. Ich finde es sehr freundlich von Ihnen, dass Sie mir Zeit geben möchten, aber ich möchte es lieber so schnell wie möglich tun. Das dürfte in unser aller Interesse sein, nicht wahr?“ Unaufgefordert nahm er ihre Hand und gab ihr einen weiteren Kuss auf den Handrücken. „Mit Freude, sehr gerne werde ich Sie übermorgen als meinen Gast willkommen heißen. Nun muss ich mich wirklich auf den Weg machen, ich wünsche den Damen noch einen schönen Abend und freue mich schon auf das Treffen mit Ihnen. Hancock, Gloriosa … vielen Dank nochmal für eure Gastfreundschaft. Keine Sorge, ich finde meinen Weg alleine hinaus, ich möchte euch nicht noch mehr Aufwand bereiten, als ich so schon getan habe. Auf Wiedersehen, meine Damen!“ Kaum hatte er sich verabschiedet, drehte er sich um und verschwand in Richtung des Ausganges. Als er nicht mehr zu sehen war, entspannte Hancock ihre Körperhaltung und streckte sich ein wenig. „Wenn es dir nichts ausmacht, werde ich mich nun ebenfalls in meine Räume zurückziehen. Es war ein langer Tag und ich brauche meine Ruhe.“ Zwar stimmte Gloriosa stumm zu, Hancock jedoch hatte nicht auf ihre Antwort gewartet, sondern sich auf den Weg zum Schloss gemacht. Unterwegs traf sie eine Angestellte, der sie ein paar Anweisungen gab, bevor sie endgültig aus Gloriosas Blickfeld und im Schloss verschwand. Zorro, der die drei zuerst aus einer weitaus größeren Distanz verfolgt und dann beobachtet hatte, saß an einem nahegelegenen Baum, die Schwerter neben sich gelegt. Ab und an hatte er zum Gazebo hinübergesehen, den Großteil der Zeit war er allerdings seinen eigenen Gedanken nachgegangen. Nun stand er auf, rief zu Gloriosa hinüber, dass er sich ebenfalls zurückziehen werde und wünschte ihr einen guten Abend. Gloriosa blieb als Einzige im Gazebo und betrachtete den Garten, bis er vollkommen von der Dunkelheit der Nacht verschluckt wurde. Hancock dagegen hatte sich in ihr Zimmer zurückgezogen. Auf ihrem Bett sitzend, sah sie aus dem Fenster in die Ferne. Längst war der Abend herangebrochen und die untergehende Sonne sandte ihre letzten orangeroten Strahlen aus, bevor sie endgültig auf die andere Erdhälfte wandern würde. Trotz dass ihr Zimmer nicht in Richtung der Sonne lag, konnte man genug von diesem malerischen Anblick sehen; von dem Licht, das auf die Bäume, die Straßen, auf die Gräser fiel und gleichzeitig lange Schatten zog. „Ich hoffe doch, du wartest nicht allzu lange auf mich!“ Mit ruhiger und zugleich freundlicher Stimme betrat Nico Robin das Zimmer. Begleitet von einer langen rosa-weiß gefleckten Schlange, die sich teilweise um Robins Körper gewickelt hatte. Voller Glück, endlich wieder zu Hause zu sein, kroch sie flink zu ihrer Herrin und ließ sich neben ihr nieder. Hancock streichelte ihr über die Schnauze und den Schädel, der am Kopf der Schlange befestigt war, anschließend sah sie ihre Besucherin an. „Und, wie lief das Treffen in Mary Joa? Wobei, lass mich raten, es war genauso spannend, wie die Treffen dort üblicherweise immer sind.“ Robin, die sich in der Zwischenzeit neben Hancock aufs Bett gesetzt hatte, streichelte nun ebenfalls die Schlange, welche ihr doppeltes Glück geradezu genoss. Dabei unterdrückte Robin ein Lachen. „Du hast Recht, es war wirklich nicht sonderlich aufregend. Die alten Männer hören sich sehr gerne selbst beim Reden zu. Vielen Dank nochmal, dass du mir Salome mitgegeben hast, sie hat wie immer mächtig Eindruck geschunden.“ Sie kraulte Salome, welche sich währenddessen dazu entschieden hatte, sich auf Robins Schoß auszuruhen, und widmete anschließend ihre ganze Aufmerksamkeit der Prinzessin. „Hat man nach mir gefragt?“, hakte die Prinzessin neugierig nach, doch Robin schüttelte den Kopf. „Wie auch du waren die anderen Regierungs-und Königshäuser der Ansicht, dass dieses Treffen lediglich zur Formalität dient, und haben wie du Vertreter hinbestellt. Daher hat sich auch niemand nach dir erkundigt. Beziehungsweise wäre es sogar auffälliger gewesen, wäre ich nicht ich als deine Vertretung erschienen, sondern du selbst. Es war am Ende tatsächlich ein rein formales Treffen ohne jegliche Wichtigkeit. Und so wie ich das eine oder andere Staatsoberhaupt kenne, hätte man dein Erscheinen am Ende noch als bloße Provokation angesehen. Genau solche Dinge können wir jetzt noch weniger gebrauchen.“ Sie machte eine kurze Pause, doch als sie merke, dass Hancock nichts erwiderte, ergriff Robin erneut das Wort. „Die Mädchen haben mir erzählt, du hättest Vivi nach so vielen Jahren wieder besucht. Sind das und unser mysteriöser Besuch der Grund, weshalb du mit mir reden wolltest?“ Lobend sah Hancock ihre rechte Hand an. „Wieder einmal beweist du mir, dass du nicht auf den Kopf gefallen bist. Es stimmt, ich wollte mit dir darüber reden, einfach, weil ich deine Meinung genauso schätze wie die von Vivi und … zwei ihrer Freundinnen, mir sind nur die Namen entfallen.“ Sie wirbelte die Hand wild herum, blickte dabei in die entgegengesetzte Richtung. Robin konnte ihr ansehen, dass Hancock sich auch nicht allzu lange mit dem Erinnerungsversuch an die Namen aufhalten wollte. Auch verlor sie sich nicht in allzu großen Details, sondern klärte Robin knapp und sachlich über den aktuellen Stand der Dinge auf. „Nun, Gloriosa hat bisher eine Menge vielversprechender Kandidaten mitgebracht und du bist sie allesamt wieder losgeworden. Warum denkst du, sollte es jetzt anders sein?“ Sie spürte, dass die Frage überflüssig war, und die Aussage Hancocks bekräftigte sie in ihrer Vermutung. „Mein Gefühl sagt mir, dass es dieses Mal nicht so leicht werden könnte.“ Dabei knabberte sie an ihrer Daumenspitze, blickte nachdenklich in den Raum. Immer noch ruhig sah Robin ihre Vorgesetzte an, legte ihre Hand auf den Schoß und drehte sich ein Stück weiter zu ihr hin. „Jedenfalls finde ich die Idee der anderen Mädchen gar nicht mal so schlecht. Es wäre wirklich erstmal besser, die ganze Sache zu beobachten. Mit Sicherheit wird er vorher abspringen. Er wäre nicht der Erste, der dachte, dich vollständig zu kennen, obwohl er sich in Wirklichkeit nur von Fotos und Gloriosas Erzählungen ein Bild von dir machen konnte. Am Ende ist jeder von ihnen innerhalb kürzester Zeit Hals über Kopf wieder verschwunden, und wir haben bis heute nichts mehr von ihnen gehört. Wer weiß, wie dieser Kandidat nun tickt? Wir kennen ihn momentan noch zu wenig, genauso wie er uns auch. Wie heißt es so schön? Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance, was aber meiner Meinung nach Schwachsinn ist. Besonders der erste Eindruck kann täuschen, und am Ende merkt er dann, dass du womöglich ganz anders bist, als er es sich nach eurem ersten Treffen gedacht hat. Was das andere Problem angeht, dafür werden wir auch noch eine Lösung finden. Davon bin ich überzeugt.“ Hancock hatte sich in der Zwischenzeit vom Bett erhoben und war bei Robins Worten mit einer nachdenklichen Miene im Gesicht im Raum hin- und hergegangen. Jedoch hatten diese Worte ihre beruhigende Wirkung nicht verfehlt, und es fiel ihr wieder leichter, ihre Gedanken fassen zu können. Erschöpft und beschämt rieb sie sich die Stirn, anschließend sah sie zu Robin hinüber. Robin lächelte sie an und sie erwiderte das Lächeln. „Was würde ich nur ohne dich machen, Robin?“ Sie machte nun selbst eine Pause und blickte aus dem Fenster. Draußen war es längst dunkel geworden und man konnte die Sterne am Firmament funkeln sehen. „Was wollte Crocodile eigentlich vorhin genau von dir? Es schien mir, als wärt ihr nicht länger als zwei Stunden zusammen gewesen. Nun, er war schon vor deiner Ankunft hier und hat sich mit Gloriosa unterhalten. Aber ihr beide habt euch nicht viel austauschen können, in der kurzen Zeit. So ist zumindest mein Eindruck von der ganzen Sache.“ Sie wandte sich an Salome, die sich noch ein paar weitere Streicheleinheiten gönnen lassen wollte. „Er wollte nichts Besonderes, sich nur vorstellen und mich zu einem Treffen einladen.“ Neutral ratterte Hancock hinunter, was im Gazebo passiert war, und Robin hörte aufmerksam zu, auch, wenn die Erzählung recht kurz war. Amüsiert fing sie zu kichern an. „Sieh es doch mal so, du kannst kostenlos in einem angeblich sehr guten Restaurant essen. Die Köche werden Sanji zwar nicht das Wasser reichen können, aber schlecht wäre es garantiert nicht. Dann kannst du diesen Crocodile beobachten und testen, ob sein Restaurant wirklich so gut ist, wie er angedeutet hat, oder ob es nur heiße Luft war, mit nichts dahinter. Wobei … es ist ein Essen mit ihm. Wäre also die passende Gelegenheit, ihn abzuwimmeln beziehungsweise die Vorarbeit dafür zu leisten. Oder wie siehst du das, Prinzessin?“ Hancock zog eine Schnute und stemmte die Hände in die Hüfte. Man sah ihr dennoch an, dass ihr der Gedanke auf eine seltsame Art und Weise gefiel. „Jedenfalls muss ich dich da noch um einen Gefallen bitten, und es wäre mir sehr recht, wenn du ihn so präzise wie möglich ausführst“, bemerkte sie. „Natürlich, um was geht es denn?“ Den Vorhang ein Stück zurückziehend, dämpfte Hancock ihre Stimme und klang deutlich ernster als vorher. „Ich möchte, dass du mir Informationen über diesen Crocodile besorgst. Über ihn, sein Restaurant – egal was. Jeder Fitzel und jede Information könnte uns bei unserem kleinen Problem helfen. Ich möchte einfach nur sichergehen, dass wir keine Möglichkeit, die sich uns bietet, übersehen. Dafür bist du genau die richtige Person. Und du wirst mich nicht enttäuschen, das hast du noch nie.“ Erfreut über das Kompliment, lächelte Robin nun etwas breiter. Sie strich ihr kurzes, schwarzes Kleid, nachdem sie sich aufgerichtet hatte, zurecht, und verbeugte sich kaum merklich vor ihr. „Die Bitte der Prinzessin soll mir Befehl sein“, sagte sie und ging zur Tür. Sie wünschte der Prinzessin noch eine angenehme Bettruhe, bevor sie den Raum verließ und die Tür hinter sich wieder verschloss. „Na sowas, haben dich die alten Knacker also doch wieder gehen lassen? Dachte immer, die behalten jeder Art von attraktivem Frischfleisch, die ihnen in die knochigen Hände fällt.“ Amüsiert grinste Robin ihren Besucher, welcher sich mit verschränkten Armen an ihren Türrahmen gelehnt hatte, an, was dieser allerdings nicht sah, da er nach wie vor nach vorne stierte. „Ich freue mich ebenfalls dich wieder zu sehen, Zorro“, fuhr sie belustigt fort. „Um deine Frage zu beantworten, nein, keiner von diesen selbstverliebten Greisen hätte auch nur das kleinste Interesse gehabt, mich in die Dienste ihrer Vorgesetzten zu stellen. Abgesehen davon braucht doch ein gewisser Schwertkämpfer ab und zu jemanden, der ihm bei seiner Orientierungslosigkeit hilft.“ Robin stichelte zurück, ohne es jedoch irgendwie bösartig zu meinen, woraufhin sie ein genervtes Grummeln erntete. „Dennoch finde ich es schön, dass du mich wieder besuchen kommst.“ Dabei sperrte sie ihre Zimmertüre auf und sah Zorro einladend an. „Und ich nehme mal an, dass du wieder eine Flasche mit exzellentem Rum mitgebracht hast.“ Grinsend sah Zorro ihr ins Gesicht. „Worauf du dich verlassen kannst!“ Er hielt die Flasche hoch, bevor er ihr Zimmer betrat. Hancock dagegen verweilte mittlerweile wieder an ihrem Fenster und sah hinaus in den sternenreichen Nachthimmel. In der Zwischenzeit hatte sie ihr Kleid gegen ein Nachthemd ausgetauscht. Gedanklich ließ sie den kompletten Tag Revue passieren, kam aber zu keiner anderen, besseren Lösung. Ein Klopfen riss sie aus ihren Gedanken, jedoch nahm sie erst den dritten Versuch so richtig wahr. Sie bat den Besucher hinein, während sie versuchte, sich innerlich wieder zu sammeln, als sie Gloriosas Stimme hörte. „Nun, was denkst du über ihn?“, fragte diese ruhig, aber bestimmt. Dessen ungeachtet wussten beide, dass die Frage nur von rhetorischer Natur war und Gloriosa nur eine gewisse Art von Antwort hören wollte. Reserviert gab sie ein kurzes „Er ist ganz nett“ von sich, in der stillen Hoffnung, Gloriosa würde sie nicht in ein längeres Gespräch verwickeln wollen, was diese auch sofort erkannte. „Ich weiß, dass du einen langen, anstrengenden Tag hinter dir hast, Kindchen, darum werde ich mich kurz fassen. Sir Crocodile ist ein sehr freundlicher und höflicher Mann, darum möchte ich, dass du seiner Einladung nachgehst und ihn mit dem gleichen Respekt behandelst wie er dich. Ich kenne dich, Fräulein, aber dieses Mal wird es ihm nicht so ergehen wie manchen seiner Vorgänger. Hast du mich verstanden?“ Hancock wollte etwas erwidern, biss sich jedoch nur auf die Unterlippe. Sie dachte an ihre Pläne und die Worte der anderen und dass sie jetzt nur nichts Unüberlegtes tun sollte. Wie um ihren Worten zusätzliches Gewicht zu verleihen, drehte sie sich zu Gloriosa um. „In Ordnung, Großmutter. Ich werde meinem Gastgeber gegenüber freundlich und respektvoll sein. Alles andere wird sich an dem Abend selbst zeigen. Wenn du mich nun entschuldigst, ich habe, wie du bereits erwähnt hast, einen langen und harten Tag hinter mir. Daher würde ich mich jetzt gerne ein wenig ausruhen.“ Gloriosa nickte und sah nun auch zufriedener aus, als noch vor wenigen Minuten. „Gut, ich werde dich auch nicht mehr länger stören, aber das musste ich einfach mit dir besprechen. Gute Nacht“, wünschte sie ihr, bevor sie den Raum wieder verließ. Hancock dagegen löschte das Licht, legte sich in ihr Bett und glitt nach wenigen Minuten mühelos ins Land der Träume. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)