Der Schrein der Himmel II: Höllenhunde von Seelenfinsternis (Sess x Kag) ================================================================================ Kapitel 5: 05 – Vergangenes trifft das Jetzt -------------------------------------------- 05 – Vergangenes trifft das Jetzt Ungläubig sah Izayoi ihren Retter an. „Sesshoumaru? Bist du es wirklich?“ Der Angesprochene warf ihr einen abschätzigen Blick zu und zog es vor zu schweigen. Langsam rappelte sie sich wieder auf. Die Wunden an ihrem Körper schienen sie nicht zu behindern. „Wie kommt es, dass ein Mensch solche Verletzungen überlebt?“, fragte Sesshoumaru kühl. „Ich bin bereits tot. Das, was du eben gesehen hast, ist die Strafe, die der neue Herrscher der Unterwelt für mich auserkoren hat. Jeden Tag durchlebe ich diesen Alptraum aufs Neue. Jeden Tag muss ich mit ansehen, wie dieser Teufel mir mein Kind aus dem Leib reißt und tötet. Mein Körper spürt den Schmerz schon lange nicht mehr, aber mein Herz bricht jeden Tag und es zerspringt in meiner Brust“, berichtete sie ihm traurig. Er stutzte. „Ein neuer Herrscher der Unterwelt? Berichte, was du darüber weißt!“ „Ich bin schon sehr lange an diesem Ort. Mir erging es immer wie den anderen Toten, meine Seele verrottete langsam in der Finsternis und ich vergaß, was ich im Leben zurückgelassen hatte. Doch plötzlich änderte sich dieser Ort auf einen Schlag. Die Wächter, die sonst immer stumm durch die Unterwelt patrouillierten, begannen die Toten zu quälen. Sie sagten, der neue Herrscher bestrafe uns für unser verabscheuungswürdiges Handeln im Diesseits.“ „Wann begann es?“ „Zeit spielt hier keine Rolle, ich vermag es nicht genau zu sagen. Aber noch nicht lange“, überlegte Izayoi. „Es gibt Gerüchte, dass der neue Fürst der Hölle den Alten besiegt hat. Davor soll er ein mächtiger Dämon gewesen sein als er noch lebte und das Diesseits in Finsternis gestürzt haben.“ In Sesshoumarus Kopf fügten sich die Teile endlich zu einem Ganzen. Seine Vermutung wurde von Izayois Erzählung untermauert; egal wie man es drehte und wendete, alles ließ nur einen logischen Schluss zu. Naraku hatte es irgendwie geschafft sich die Unterwelt Untertan zu machen. Nur zu welchem Zweck er Kagome entführt hatte, blieb ihm noch immer verborgen. „Sesshoumaru, ich möchte dir danken, dass du mich gerettet hast“, durchschnitt Izayoi die sich ausbreitende Stille und sah ihm fest in die Augen. Grimmig sah er zur Seite, ihr Dank störte ihn. „Nicht um deinetwillen….“, knurrte er. Doch bevor Izayoi ihre Verwunderung kundtun konnte, setzte Sesshoumaru seinen Weg durch die ewige Felswüste fort. „In dieser Richtung stinkt es nicht so sehr nach Tod.“ Neugierig beschloss sie ihm zu folgen. Er erschien ihr nicht tot zu sein, was machte er hier? Inuyasha trug Kagome noch ein Stück weiter bis sie eine Lichtung in dem Wald aus toten Bäumen gefunden hatten. Kein Wort hatten sie seitdem mehr gewechselt. Behutsam setzte der Hanyou Kagome auf dem Boden ab und ließ sich ihr gegenüber nieder. Neugierig musterte er sie. Sie war viel erwachsener geworden seit damals, stellte er in Gedanken fest. Sie schien in sich zu ruhen und wirkte selbstsicherer. Sie war nun eine Frau und kein Mädchen mehr. Doch etwas störte ihn. „Warum riechst du nach meinem Bruder und trägst seine Kleidung? Was hast du mit ihm zu schaffen?“, platze es aus ihm heraus. Innerlich verdrehte Kagome die Augen. Es war klar, dass er danach fragen würde, aber das er so taktlos sein würde sie gleich als erstes damit zu überfallen, übertraf ihre geringen Erwartungen an ihn sogar noch. „Auch schön dich wiederzusehen, Inuyasha, auch wenn es ein seltsamer Ort dafür ist. Es ist eine Menge Zeit vergangen“, zischte sie ihn gespielt fröhlich an mit einem aufgesetzten Lächeln. Ertappt und peinlich berührt sah der Gescholtene zu Boden. „So war das nicht gemeint“, murmelte er. „Wie ist es denn dann gemeint?“, hakte Kagome unbarmherzig nach. „Natürlich wundert es mich dich lebendig hier wiederzusehen. Aber das mit Sesshoumaru finde ich genauso mysteriös. Hat er dich-“ „Hör auf damit!“, unterbrach ihn Kagome rüde. „Kannst du nicht einmal für fünf Minuten deinen kindischen Hass auf deinen älteren Bruder vergessen!“ Sie hatte absolut keine Lust sich jetzt seine Vorwürfe anzuhören, wenn sie ihm von ihrer Beziehung zu dem Daiyoukai erzählen würde. Er schmollte noch einen Moment, beleidigt, dass sie ihm so energisch ins Wort gefallen war. Doch einen Augenblick später hatte er sich wieder im Griff. „Dann erzähl mir wie du hier her gekommen bist“, schlug er versöhnlichere Töne an. Kagome berichtete ihm von Naraku, der sie zusammen mit Sou'unga entführt hatte. „Ich habe den Verdacht, dass die beiden irgendwas ausbrüten. Und sie brauchen mich dafür, das konnte ich raushören. Aber wozu?“, beendete Kagome ihren Bericht. Nachdenklich legte der Hanyou seinen Kopf in den Nacken. „Hier unten ist in letzter Zeit viel in Bewegung. Von den beiden habe ich noch nichts mitbekommen, aber es scheint als würde hier irgendeine geheime Sache vorbereitet. Vielleicht hat deine Entführung auch damit zu tun.“ „Das denke ich auch. Aber ich muss jetzt erst einmal einen Weg hier raus finden, bevor mich diese ekligen Zombies erwischen.“ „Keh, du stellst dir das leicht vor, einfach mal aus der Unterwelt abzuhauen“, schnaubte Inuyasha und verschränkte die Arme um seine Wort zu unterstreichen. „Aber ich kann dich ja schlecht hier alleine herumirren lassen, also komme ich mit dir.“ Voller Tatendrang stand er auf und reichte Kagome seine klauenbesetzte Hand um ihr beim Aufstehen behilflich zu sein. Doch als er sie hochzog, verrutschte der Kragen ihres Kimonos und entblößte ihre Halsbeuge. Entsetzt starrte Inuyasha auf die blaue Mondsichel, die sich deutlich von Kagomes heller Haut abhob. „Was… wie kommt… Verdammt, Kagome, was hast du getan?“, schrie Inuyasha sie unvermittelt an. Er riss seine Hand aus ihrer und schleuderte sie von sich. „Sag mir, dass das nicht wahr ist! Sag mir, dass du nicht seine Gefährtin bist!“ Er fuhr sich mit den Händen über sein Gesicht, ruhelos suchten sie in seinem dichten, weißen Haar Halt. Unruhig lief er im Kreis, die Rastlosigkeit seines Herzens hielt seinen Körper besetzt. Immer wieder sah er kurz zu Kagome und suchte eine Antwort auf seine Fragen in ihrem Gesicht. Doch die junge Frau saß auf dem staubigen Boden und hatte ihren Blick beschämt gesenkt. Wieso schämte sie sich eigentlich? Sie hatte nichts Unrechtes getan. Aber trotzdem, jetzt in diesem Moment fühlte sie sich wie eine Verräterin. Zwei Seelen tobten in ihrem Herzen, das unter der Heftigkeit dieses Kampfes zu zerspringen drohte. Stumm sah sie zu Boden und beobachtete eine Träne, die von ihrer Wange zu Boden fiel. „Verdammt, sag endlich etwas, Kagome! Was ist passiert, dass du dich diesem Drecksack hingeben konntest? Was hat er dir gedroht, was hat er dir versprochen?“ Kagomes Niedergeschlagenheit hatte seine Wut etwas gedämpft, er war nun nicht mehr so ungehalten und hatte aufgehört sie anzuschreien. Langsam kniete er sich vor sie und sah in ihr versteinertes Gesicht. Sie wirkte so abwesend, ihr Geist schien so weit weg. Hatte er Geister der Vergangenheit in ihrem Herzen geweckt? Wollte sie das eigentlich vergessen und er hatte in seinem Furor schreckliche Erinnerungen wieder ans Licht geholt? Zärtlich strich er die Tränen aus ihrem Gesicht. „Egal was passiert ist, du kannst es mir sagen. Ich würde dir nie so weh tun“, flüsterte er. Bilder zogen wie Wolken durch Kagomes Gedanken. Bilder von schönen Erinnerungen; Sesshoumaru und sie vereint in der Stille der Nacht. Sein Lächeln, das er nur ihr zeigte. Der Stolz in seinen Augen, wenn er sie anblickte. Seine Liebe, die keiner vielen umständlicher Worte bedurfte. Und das wurde nun von Inuyasha in Frage gestellt? Von dem Mann, der sie im Leben zurückließ, weil er lieber im Tod mit einer anderen vereint sein wollte. Dem es egal war, wie sehr der Kummer sie auffraß und sie mit so vielen unbeantworteten Fragen allein ließ. Für den sie ein Lückenbüßer war und jedes Mal aufs Neue fallen gelassen worden war, wenn Kikyo auch nur in der Nähe war. Dieser Mann schickte sich jetzt tatsächlich an über Sesshoumaru zu urteilen? Fest kniff sie ihre Augen zusammen und schüttelte sich bei Inuyashas Worten, die sich wie süßes Gift ihr näherten. „Sei ruhig! Du hast kein Recht so etwas zu sagen!“ Verwirrt sah der Hanyou sie an. „Aber Kagome…“ „Halt die Klappe!“, fauchte sie ihn an und sah ihn mit zornig funkelnden Augen an. „Du irrst dich, wenn du immer noch denkst, dass Sesshoumaru der Böse in dieser Geschichte ist. Er war es, der für mich da war, als ich einsam ein trostloses Leben führte. Er hat mich aus dem Loch befreit, in das du mich gestoßen hattest! Du glaubst ernsthaft, du würdest mir nie wehtun? Das ist doch blanker Hohn! Du kapierst ja bis jetzt nicht einmal, wie oft und wie sehr du mich verletzt hast! Du siehst immer nur dich selbst und deinen albernen Hass auf deinen Bruder!“ „Ich habe dir doch erklärt, was es mit Kikyo auf sich hatte“, versuchte Inuyasha sich zu rechtfertigen. „Ja, du hast mir gesagt, was du für sie empfindest, wie wichtig sie ist und noch vieles mehr. Ist dir je in den Sinn gekommen, wie sehr mich diese Worte geschmerzt haben? Du denkst, du entschuldigst dich halbherzig dafür, dass du sie nicht loslassen kannst und dann ist alles gut? Und nach jeder halbherzigen Entschuldigung setzt du noch einen oben drauf und gehst einen Schritt weiter. Hat es dich jemals wirklich interessiert, wie es mir dabei ging?“ Betretenes Schweigen ging von ihm aus, er wusste nicht, was er entgegnen sollte. Es war nie seine Absicht gewesen, doch er musste zugeben, dass Kagome recht hatte. „Die Eifersucht, die du eben gegenüber Sesshoumaru gespürt hast, war mein ständiger Begleiter während unserer gesamten gemeinsamen Zeit. Immer habe ich nur Kikyo da, Kikyo dort gehört, ständig wurde ich mit ihr verglichen und mir vorgehalten, dass sie so vollkommener sei als ich.“ Inuyashas Gesicht spiegelte die Pein in seinem Inneren wieder. Zum ersten Mal hatte Kagome das Gefühl, dass er etwas begriff. Ernst sah sie ihm in die Augen. „Ich verrate dir etwas. Ich habe mich heimlich gefreut als Kikyo endgültig gestorben war. Es war, als wäre eine Last von mir gewichen, ich habe mich so befreit gefühlt. Ich war voller Hoffnung nach dem Kampf mit Naraku, ich hatte wirklich an eine gemeinsame Zukunft geglaubt. Und dann beschließt du einfach so mich für eine tote Frau zu verlassen, indem du deinen Geist vor dem Hier und Jetzt verschließt und nur noch in trüben Gedanken versinkst. Ich hab mich oft gefragt, ob du es eigentlich mitbekommen hast, dass ich wieder in meine Zeit zurückgekehrt war.“ Erschrocken antwortete er: „Ich habe das natürlich mitbekommen! Nur wie hätte ich dich aufhalten sollen? Ich hatte keine Kraft mehr, keinen Lebensmut, so habe ich es nicht mal geschafft dich zu bitten bei mir zu bleiben. Und bevor du etwas sagst, mir war es nicht egal, dass du gegangen bist! Es hat mich noch trauriger werden lassen, ich habe mich noch einsamer gefühlt und bin dann diesen Weg gegangen, da ich hoffte, im Jenseits nicht mehr allein zu sein.“ Kagome schluckte und versuchte gegen die Tränen anzukämpfen, die zusammen mit tiefen Schuldgefühlen in ihr aufstiegen. In einem selten einfühlsamen Moment begriff Inuyasha, was gerade in der jungen Frau passierte. „Oh Gott Kagome, so war das nicht gemeint! Es ist nicht deine Schuld, dass ich nicht mehr leben wollte. Denk so etwas nicht!“ Vorsichtig zog er sie an seine Schulter und strich ihr beruhigend über den Rücken. „Niemand hat Schuld, du am allerwenigsten. Ich glaube, wenn ich jetzt von diesem Ort aus auf mein Leben zurück blicke, war das alles unausweichlich. Ich glaube, ich wäre diesen Weg auch gegangen, wenn du bei mir gewesen wärst. Nur jetzt bin ich froh, dass du nicht dabei warst, dass du das nicht sehen musstest.“ Betrübt sah Kagome auf den Boden und murmelte: „Rin hat mir davon erzählt. Es war ein Schock als ich es kurz nach meiner Rückkehr erfahren habe. Kaede hatte dich gefunden wie du in deinem eigenen Blut lagst mit einem langen Dolch in der Hand.“ „Ich glaube, ich fange an zu verstehen, was du mir sagen wolltest. Es war wirklich egoistisch, ich habe keinen Gedanken daran verschwendet wie du dich fühlst.“ Sie sah ihn verwundert an; so empathisch und reif hatte sie ihn noch nie erlebt. Er wirkte nun wirklich erwachsen, nicht wie der impulsive Wirbelwind, der er im Leben war. Nach einer Weile fand sie wieder die Sprache: „Ich bin trotz allem froh, dass ich dich hier wieder getroffen habe. Dass ich noch einmal mit dir sprechen kann. Es ist so unendlich traurig über deinen Tod zu sprechen, aber ich fühle mich leichter jetzt.“ In stummem Einverständnis legte er seinen Arm um ihre Schulter. „Und jetzt erzähl mir, was dich zu meinem dämlichen Halb-Bruder verschlagen hat. Ich kann es immer noch nicht fassen“, fragte er nach einem Augenblick, aber nun nicht mehr so zornig. Kagome erzählte ihm wie sie vor etwas über einem Jahr wieder in die Zeit der kriegerischen Staaten reiste und von ihrem ersten Wiedersehen am Schrein, das auch mit Mühe nicht als romantisches Treffen zählen konnte. Ein Knurren drang tief aus Inuyashas Kehle, als sie ihm erzählte, wie Sesshoumaru sie im Streit getötet hatte. „Der Mistkerl hat sich kein Stück verändert.“ „Zu dem Zeitpunkt noch nicht. Aber lass mich doch weiter erzählen“, unterbrach Kagome die Hasstirade, zu der er wieder ansetzen wollte. „Wir haben danach oft zusammengesessen und einfach nur geredet. Ich war damals so in meinem Trott gefangen, dass ich vergessen hatte, was ich mir eigentlich wünschte. Ich habe nicht mehr die Sehnsucht gespürt nicht mehr allein zu sein, ich habe mich selbst und alle meine Bedürfnisse ignoriert und nur nach dem Glück der anderen geschaut. Ich wusste, dass etwas fehlte, aber konnte nicht einmal mehr benennen, was es war. Sesshoumaru hatte sehr schnell meine Einsamkeit bemerkt. Erst durch seine Frage, wie ich denn andere glücklich machen könnte, wenn ich es nicht schaffe mich selbst glücklich zu machen, brach die Mauer, die ich um mein Herz gezogen hatte. Nach diesem Gespräch hat er sich richtig um mich gekümmert. Bei ihm konnte ich sein, wie ich mich fühlte. Irgendwie wuchsen wir in dieser Zeit zusammen und erkannten im anderen das Gegenstück zu der Lücke im eigenen Herzen.“ „Ich kann mir das alles nicht vorstelle, das hört sich so gar nicht nach ihm an. Er hat nie den Eindruck gemacht, dass es ihn auch nur einen feuchten Dreck schert was mit anderen ist, geschweige denn wie es einem Menschen geht. War ihm das wirklich egal, dass du ein Mensch bist?“ Leise kicherte Kagome. „Oh, glaube ja nicht, dass er seinen Standpunkt bezüglich Menschen geändert hat.“ Mit einem vor Verwunderung zu einer Grimasse verzogenem Gesicht fragte der Halbdämon: „Aber… du bist doch noch ein Mensch oder hab ich was verpasst?“ „Natürlich“, gluckste sie, „aber er wird nicht müde mir die Schwächen der Menschheit vorzuwerfen.“ Es tat so unendlich gut endlich wieder befreit lachen zu können zusammen mit Inuyasha. Wie lange war es her, dass sie sich in seiner Gegenwart so leicht gefühlt hatte und unbeschwert zusammen saßen und flachsten? Kagome fuhr mit ihrer Erzählung fort und umriss kurz wie Hakai den Tempel angegriffen hatte. „Aber wie konntest du deine Kräfte benutzen, wenn du doch seine Gefährtin bist?“, fiel Inuyasha ihr ins Wort. „Du bist auch gar nicht neugierig, was?“, entgegnete die Miko schnippisch. „Wieso?“ Inuyasha begriff nicht, was an seiner Frage sie so aufgestachelt hatte. „Denkst du, ich habe mir es leicht gemacht? Dass ich nicht bedacht habe, dass ich keine Miko mehr sein werde und einfach mal so mit ihm ins Bett gehüpft bin?“ „Keh, so wie du von ihm schwärmst…“, sagte Inuyasha ohne darüber nachgedacht zu haben. Flammende Wut kochte in Kagomes Gemüt. Was unterstellte er ihr da bitte? „Inuyasha, du Idiot! MACH PLATZ!“, schrie sie ihn aus Reflex an. „Haha, das klappt ni-“ Er kam nicht mehr dazu den Satz zu beenden, da sein Gesicht hart auf dem Boden aufschlug. „Oh, das klappt ja noch immer“, flötete Kagome unschuldig. „Inuyasha, du bist genauso dumm wie ich dich in Erinnerung hatte“, durchschnitt eine vor Häme triefende Stimme die Szene. „Liebster“, flüsterte Kagome ungläubig, als sie sah von wem diese Worte kamen. Zwischen den kahlen Bäumen ragte stolz die Gestalt des Daiyoukai hervor. Keine Regung im Gesicht verriet die Erleichterung, die er spürte, als er seine Gefährtin unversehrt mit seinem Bruder streiten sah. Doch Kagome bemerkte, dass das Gold in seinen Augen jenen warmen Ton angenommen hatte, der nur ihr galt. Missmutig warf Inuyasha einen Blick auf ihn. „Bist du endlich abgekratzt oder was willst du hier?“, warf er Sesshoumaru an den Kopf. Sesshoumaru verspürte das altbekannte Kribbeln in seinen Klauen als Inuyashas Provokation ihn erreichte. Doch das war nebensächlich. Er ging zu Kagome und kniete sich direkt vor sie auf den staubigen Boden. Zärtlich strich er über ihre Wange und sah ihr eindringlich in die Augen, aus denen Tränen der Freude und Erleichterung brachen. Sie verstand die stumme Frage in seinem Blick. „Es geht mir gut. Ich bin vor Naraku geflohen und Inuyasha hat mich vor den Toten gerettet.“ Die versteckte Anspannung wich aus dem Antlitz des Herrn des Westens und er half Kagome auf die Beine. Sie fühlte sich so erleichtert, so beschützt. Ihr Dämon hatte im wahrsten Sinne des Wortes Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt um sie zu retten. Sie hatte keine Ahnung wie er das geschafft hatte, aber das war für den Moment egal. Jetzt wollte sie nur die Geborgenheit seiner Umarmung spüren. Doch etwas stimmte nicht! „Dein Arm… er ist wieder da! Aber wie…?“, staunte sie. „Schicksal wurde mir gesagt“, antwortete Sesshoumaru lakonisch. Ein Stich ging durch Inuyashas Herz als er beobachtete, wie sein ungeliebter Bruder Kagome in die Arme schloss. Schmerzlich wurde ihm wieder bewusst, dass das sein Platz hätte sein können, wäre er seiner toten Liebe nicht blind wie ein Besessener gefolgt. Das Glück, das sein Bruder nun hatte, es wäre seins gewesen. Vor dem Wiedersehen in der Unterwelt hätte er jeden verprügelt, der behauptete, dass sein Bruder Kagome gut täte. Jeden der auch nur den Namen seines Bruders mit irgendeiner positiven Eigenschaft in Verbindung gebracht hätte. Aber nun, nachdem er die gemeinsame Geschichte der beiden kannte, sah er ein, dass Sesshoumaru der Richtige an ihrer Seite war. Dass er die Wunden heilte, die er geschlagen hatte. Er war im Begriff sich in einer depressiven Mischung aus Selbstmitleid und Weltschmerz zu verlieren, als er plötzlich aufschreckte. „Dort drüben, da ist jemand!“ Langsam trat eine zierliche Gestalt aus dem Schatten heraus und zuckte überrascht zusammen als sie ihren Entdecker sah. Inuyasha war nicht weniger überrascht und so standen sich die beiden paralysiert gegenüber, fassungslos wer der andere war. „Mutter“, hauchte der Hanyou und seine Augen wurden immer größer je länger er sie ansah. Izayoi lächelte ihn traurig an. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich dich nach so kurzer Zeit hier wieder treffe. Du bist doch noch jung gewesen, Inuyasha.“ Er konnte nicht mehr sprechen, zu sehr war er von seinen Gefühlen überwältigt. Viel zu früh hatte ihn seine Mutter, damals als er noch ein Kind war, verlassen. Damals, als diese fürchterliche Krankheit in der Stadt wütete und so viele Menschen starben. Seine Mutter hatte nie eine kräftige Konstitution und so hatte sie der Seuche nichts entgegenzusetzen. Sie war sein Ein und Alles gewesen, die einzige Person, die ihm nahe stand und ihn nicht verachtete für das was er war. Auch als er erwachsen war, dachte er oft an sie, vermisste sie, ihre Wärme und ihre Güte. „Wie ergreifend, man möchte brechen“, ätzte Narakus Stimme über das Feld. Der Finsterling schwebte über ihnen in der Luft und sah in einer Mischung aus Verachtung und Belustigung auf die Personen am Boden herab. Sou'unga hielt er fest in seiner Hand. „Kagome, wir haben dir doch gesagt, es gibt kein Entkommen vor uns. Und auch die beiden Köter werden dich nicht retten können. Das hier ist unser Reich, ihr habt hier keine Macht!“ Ein Glühen umfing Sou'unga, dessen Energie in der Luft knisterte. Inuyashas Aufmerksamkeit wurde sofort von seinem alten Erzfeind gefesselt. Grimmig sah er zu ihm auf und drohte mit der Faust: „Naraku, du Bastard! Was willst du von Kagome? Hör auf dich da oben zu verstecken und komm dahin, wo meine Klauen dich zerfetzen können!“ „Immer noch der gleiche Hitzkopf, Inuyasha?“, höhnte Naraku. Sesshoumaru beobachtete unterdes das Scharmützel der beiden und stellte sich schützend vor Kagome. Nochmal würde dieses dreckige Halbblut seine Gefährtin nicht anrühren! Seine Wut tobte durch seinen Geist, die Knöchel seiner Hand zeichneten sich weiß ab, so fest hielt er den Griff Bakusaigas. Wie gerne würde er diesem Größenwahnsinnigen jeden Knochen einzeln aus dem Leib schneiden, um ihn büßen zu lassen für seine schändliche Tat! Doch Kagomes Schutz hatte Vorrang und so konnte er nicht losstürmen. „Ich habe keine Zeit um mit euch Tölen zu spielen. Kühlt euer Mütchen daran!“, rief Naraku verächtlich und schickte Sou'ungas Energie in den Boden. Ein Beben ging durch die staubige Erde, die so dicht aufgewirbelt wurde, dass es unmöglich war noch etwas zu sehen. Das Flackern der Energie setzte sich in der Staubwolke fort, das war nicht einfach ein Ablenkungsmanöver, schoss es Sesshoumaru durch den Kopf. Die Kraft schwebte nicht mehr diffus durch den Dunst, sie konzentrierte sich an mehreren Punkten zu Dämonenauren! Inuyasha bemerkte auch, dass sich innerhalb der Wolke etwas Unheilvolles zusammenbraute und ließ von Naraku ab. Kagome wurde von seinem Bruder beschützt, also konnte er sich um die Sicherheit Izayois kümmern und positionierte sich an der Seite seiner Mutter. Doch bevor die beiden Hundedämonen sich gewahr wurden was da vorging, implodierte der Staub und mehrere Dutzend Höllenwächter umzingelten sie. Die teuflischen Wesen gaben den beiden keine Chance die Situation zu erfassen und stürzten sich mit derben Waffen auf sie. Sesshoumaru konnte erst im allerletzten Moment den Schlag einer verrosteten Klinge parieren und wurde arg bedrängt. Die Wächter waren nicht einfaches Kanonenfutter, sie waren stark und sie drohten die Brüder durch ihre schiere Überzahl zu erdrücken. Sesshoumaru versuchte verzweifelt nicht von Kagomes Seite gedrängt zu werden, doch genau diese Strategie verfolgten Narakus Mitstreiter. Mit jedem Hieb, dem er auswich oder abwehrte, wurde er ein Stück weiter von Kagome getrieben. Inuyasha wurde nur beschäftigt, so dass er nicht eingreifen konnte, aber Kagome wurde gezielt isoliert. Er kämpfte verbissen weiter und steckte bewusst Treffer ein um die Distanz zu seiner Liebsten verringern zu können. Doch es half nichts, sie stand abseits vom Kampfgetümmel allein und er kam einfach nicht durch die Reihen der Wächter. „So, jetzt werden wir nicht mehr gestört. Jetzt können wir uns ganz Dir widmen, meine Teuerste“, sagte Naraku, dessen Stimme sich mit Sou'ungas verbunden hatte. Mit einem diabolischen Lächeln auf den Lippen war er plötzlich aus der Luft hinab geschossen und vor der verängstigten Miko gelandet. Narakus Augen leuchteten auf, seine Aura flammte rot auf. Es musste etwas mit dem Schwert zu tun haben, dachte Kagome. Er hatte irgendwie die Verbindung mit Sou'unga genutzt und war weitaus mächtiger geworden als damals, jedoch war er dem Schwert nicht verfallen. Sie schienen gleichberechtigte Verbündete zu sein. „Du hast etwas, das ich haben will, Miko und das werde ich mir jetzt holen!“ Er hob das Schwert und hielt es hoch über seinen Kopf. Ein schwarzes Licht umhüllte die Klinge, die einen Augenblick später nach unten gerissen wurde. Durch das Chaos des Kampfes hindurch sah Sesshoumaru wie Naraku Sou'unga über Kagome hinab sausen ließ. Es zerriss sein Herz; wieder musste er machtlos mit ansehen, wie sich der Halbdämon an seiner Gefährtin verging und wieder konnte er ihr nicht beistehen! Kagome sank zusammen und verschwand in der Staubwolke. „Die Reinste aller reinen Seelen! Und nun ist sie mein! Jetzt kann nichts mehr meine Herrschaft über das Diesseits und Jenseits verhindern!“, hallte Narakus mit Sou'unga verbundene Stimme schrill über den Kampfplatz. Die Teufel waren für einen Moment abgelenkt, so dass Sesshoumaru es schaffte sich zu Kagomes leblosen Körper durchzuschlagen. Seltsam, sie hatte gar keine Wunde, fiel ihm sofort auf. Wie konnte das sein? Das Schwert hatte sie doch voll getroffen? Auch wirkte sie nicht tot, obwohl sie nicht atmete. Was hatte der Bastard ihr nur angetan? „So meine treuen Höllendiener, wir haben was wir wollten! Kümmert euch um die beiden Köter, macht keine Gefangenen!“, befahl Naraku den Wächtern und erhob sich wieder in die Höhe. Seine Gestalt löste sich in einer dichten Wolke Miasma auf und im nächsten Augenblick war er verschwunden. Sesshoumaru sah ihm grimmig nach, doch er hatte jetzt leider nicht die Möglichkeit die Jagd zu beginnen, da ihm nun wieder die volle Aufmerksamkeit der Wächter zu Teil wurde. Er sah kurz herüber zu Inuyasha, der schwer verwundet sich gerade noch so auf den Beinen halten konnte. Der Kampf war für ihn noch viel schwerer, er hatte kein Schwert und konnte sich nur mit Klauen und Fäusten verteidigen. Auch er selbst hatte beim Versuch zu Kagome durchzudringen schwere Treffer erlitten und blutete aus einigen tiefen Wunden. Selbst mit Bakusaigas Macht schaffte er es nicht sich wirklich Luft zu verschaffen; es waren einfach zu viele starke Gegner und sie hatten auch recht schnell durchschaut, was die Kraft Bakusaigas bewirkte. Seine Sicht trübte sich, Erschöpfung wollte von seinem Körper Besitz ergreifen. Instinktiv gaben sich die beiden Brüder Rückendeckung. Wenn sie schon nicht gewinnen konnten, würden sie ihre Haut so teuer wie möglich verkaufen und so viele Feinde wie möglich mit sich nehmen! Izayoi hatte es wohl geschafft zu fliehen, da sie scheinbar uninteressant für ihre Gegner war. „Keh, ich hätte nie gedacht, dass ich einmal Seite an Seite mit dir untergehe“, lachte Inuyasha bitter. „Dann geh du ruhig unter, ich vernichte derweil Naraku“, antwortete Sesshoumaru genervt. Er erwartete den finalen Schlag und sah seinen Gegnern fest und ohne Furcht in die Augen. Doch sie machten keine Anstalten anzugreifen, sondern sahen geschockt an ihm vorbei. In seinem Rücken hörte er ein lautes Tosen, neuer Schlachtenlärm brandete auf. Knochen brachen, Gliedmaßen wurden von Leibern gerissen, Körper krachten an die Felsen. Etwas näherte sich, etwas Großes, denn der Boden zitterte unter den Schritten. Eine tiefe Stimme grollte: „Lasst die beiden in Ruhe, jetzt habt ihr Scheusale es mit mir zu tun!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)