Puppy and his flower von Rhapsody ================================================================================ Prolog: |Prolog| ---------------- Die Sonne brütete heiß über das versteckte Dorf hinter den Blättern. Die meisten Bewohner suchten Zuflucht im kühlen Schatten, vergnügten sich im örtlichen Schwimmbad und am angrenzenden See, oder versuchten, ihre Tätigkeiten auf ein Mindestmaß zu beschränken, um nicht Opfer der erbarmungslosen Hitze zu werden, die vom strahlenden Blau herab knallte. Lediglich zwei junge Menschen trieben sich auf einer bewaldeten Lichtung herum, die direkt im Antlitz der Sonne stand. Schweiß perlte von den erschöpften Körpern, ihr keuchender Atem störte das friedvolle Lied der Vögel. Ab und an wehte ein laues Lüftchen, welches das saftgrüne Gras nur zu halbherzigen Purzelbäumen motivierte, zu den zwei Trainierenden des Yamanaka-Clans herüber. Ino wischte sich mit dem Handrücken die Schweißperlen von der Stirn und richtete ihren Zopf. Ihre himmelsblauen Irden ruhten auf ihrem Gegenüber. Er war ein Grünschnabel, nicht wesentlich älter als sie, doch wesentlich unerfahrener in den Clan-Jutsus. Ihr Vater hatte sie gebeten, ein Auge auf den Blondschopf zu werfen, der die Hände in die Knie gestützt hatte und laut seine Erschöpfung ausseufzte. Eigentlich hatte die junge Kunoichi herzlich wenig Lust darauf verspürt, ihrem Vetter irgendetwas beizubringen, doch die indirekte Schmeichlung, die in der Bitte, jemandem zu helfen, der dementsprechend schlechter als sie war -, oder schlichtergreifend der Umstand, der aus dieser Annahme hervor ging, dass sie gut in etwas war -, hatte sie sich dazu bereitschlagen lassen. Nun bereute sie den Entschluss von ganzem Herzen. Sie sehnte sich nach dem erfrischenden Chlorwasser in den Schwimmbecken, nach einem luftigen Bikini und einem kühlen Getränk in der Hand, während sie zusammen mit den anderen Mädchen über die Statuen der Jungs tratschte. Nein, stattdessen stand sie direkt im Konzentrationspunkt der Sonne und gab sich ihrem Ärger hin, denn ihr Vetter erwies sich als alles andere als begabt. Jedes Mal, wenn er Besitz von ihrem Körper ergreifen sollte, scheiterte er kläglich, verfehlte sie oder war schlichtergreifend nicht stark genug, um die Kontrolle zu wahren. Es war frustrierend. Am Liebsten hätte sie ihn angekeift und alles hingeschmissen. Gerade, als sie den Grünschnabel dazu auffordern wollte, die Übung zu wiederholen, raschelte das Dickicht und ein wolfgroßer Hund tat sich hervor. Seine freundlichen Augen musterten die Lichtung, bis sie an der Blondinen hängen blieben. Das hochgewachsene Tier stieß ein erfreutes Bellen aus, sein Schwanz begann zu wedeln. Der Besitzer ließ nicht lange auf sich warten. Kiba hatte eine Hand auf seinen Hinterkopf gelegt und ein breites, wölfisches Grinsen aufgesetzt. „Bei der Zicke verfehlt man gern, was, Akamaru?", wandte er sich an seinen treuen Begleiter. Ino versuchte, die Worte gekonnt zu übergehen, aber sie kam nicht umhin, einen gewissen Anflug von Verärgerung zu verspüren. Kiba Inuzuka. Es war nicht so, dass sie den Braunhaarigen nicht leiden konnte. Sie kannte ihn schlichtergreifend zu wenig und er gab ihr mit seinen intelligenzfreien Äußerungen einfach keinen Grund, das ändern zu wollen. Früher hatte sie ihn sogar ein wenig gemocht, aber das lag nur daran, dass Akamaru ungemein niedlich als Welpe gewesen war. Heute dagegen war er zu einer sabbernden Flohschleuder geworden, die sie lieber auf Distanz hielt. „Seit wann lässt dich deine Mutter aus dem Zwinger?“, fand sie sich doch in einer etwas herablassenden Entgegnung wieder und kehrte ihm den schmalen Rücken zu. Ihre Augen fixierten ihren Vetter, der etwas verwirrt den Neuankömmling beobachtete. Mit einer ungeduldigen Geste forderte sie ihn abermals auf, endlich zu beginnen. Kiba räusperte sich hinter ihr und verschränkte die Arme vor der Brust, während sein Blick auf der Blondinen lag. Er hielt nur wenig auf Ino. Sie mochte vielleicht gut aussehen, aber das wars auch schon. Seiner Meinung nach war sie eine arrogante Ziege, deren volle Lippen nur Gemeinheiten über andere passieren ließen. Er empfand aufrichtiges Mitleid für Shikamaru und Chouji. Seine Teamkameradin war niedlich und verständnisvoll; sie würde sich niemals irgendjemanden aufs Auge drücken und schon gar nicht wagen, auch nur ansatzweise gehässig zu werden, ganz im Gegenteil zu der Yamanaka, die nur in diesem Gebiet bewandert zu sein schien. Darin und ein wenig Mode. „Kannst du ihm überhaupt was beibringen, Blondie?“, kräuselte Kiba die Stirn, als Inos Vetter erneut scheiterte. Der Blondschopf errötete vor Scham. „Kannst du bitte deinen Maulkorb wieder aufziehen und deine Nase da hinten irgendwo in Dreck stecken?“, fauchte Ino gereizter zurück und schenkte ihm einen niederschmetternden Blick, der nicht hätte deutlicher ausdrücken können, dass der Inuzuka unerwünscht war. Er bleckte die Zähne. „Nur, wenn du bereitwillig die Beine spr-“ Weiter kam Kiba gar nicht, da ein jeher, spitzer Schrei seine Worte unter sich begrub. In der Zeit, als die beiden Dickköpfe zu diskutieren begannen, hatte Akamaru hinter Inos Vetter ein Eichhörnchen gewittert. Das kleine Nagetier hatte im hochgewachsenen Gras an einer gefundenen Nuss herumhantiert, bis die aufgeregten Stimmen seine Neugierde geweckt hatte, so dass es seinen Kopf hob und unsicher die Situation beäugte. Der Hund, durch und durch ein verspielter Jäger, hatte zu einem Hechtsprung angesetzt und war auf das Kleintier losgestürmt, das sich direkt hinter Inos Vetter begann, der parallel versuchte, sein Malheur wett zu machen und fleißig Fingerzeichen formte. Der Anblick eines zähnefletschenden, großen Hundes hatte ihn in Panik versetzt. Er wollte einen Schritt zurückweichen, stolperte über seine eigenen Füße und begann, zu fallen. „Shingyakushin no Jutsu“, stieß er unkontrolliert das verheerende Jutsu aus, dass Kiba und Ino die Körper miteinander tauschen ließen. Kapitel 1: |Chaos| ------------------ Befremdend. Das war das erste Wort, das Ino durch den Kopf schoss, als sie sich ihres neuen Körpers gewahr wurde. Er fühlte sich grobschlächtiger und schwerer als ihr eigener an, war größer und muskelbepackter. Sobald sie auch nur ein Glied anspannte, konnte sie spüren, wie sich die durchtrainierten Muskeln zusammen zogen, anspannten und wieder lösten. Sie öffnete die Augen und erblickte sich selbst. Erneut schoss ihr das Wort Befremdend durch den Kopf, als sie in ihre eigenen, himmelsblauen Irden schaute, die ihr nicht aus einem Spiegel entgegen reflektierten. Nein, sie stand sich selbst gegenüber. „Was zur…?“, entfuhr es Kiba, der nun im Leib der Blondinen steckte. Die viel zu hohe Stimme irritierte ihn. Er öffnete den Mund und brachte einen weiteren Laut aus, der in einem erstickten, überraschten Keuchen endete. Sein Blick wanderte an dem zierlichen Frauenkörper entlang. Es war für ihn eigenartig, nicht die eigenen Füße sehen zu können, da zwei fleischige Hügel, bepackt in lilafarbener Seide, die Sicht störten. Brüste. Kiba Inuzuka hatte Brüste. Noch ehe er überhaupt realisieren konnte, dass er in einem anderen Körper steckte -, die Vermutung braute sich selbstverständlich in seinem Verstand zusammen, doch die Überraschung bedeckte die Erkenntnis in einer dicken Schicht Watte, die alles andere abdämpfte -, legten sich seine Hände auf die Erhebungen. „Nimm gefälligst deine Hände weg!“, fauchte die blonde Kunoichi in einer tiefen, knurrenden Stimme, die sie für einen Moment selbst erschreckte. Sie hatte sich schon immer fürchterlich zornig anhören können, doch der Laut, der mit Kibas Kehle ihren Mund passierte, war ungemein einschüchternd. Sie klang wie ein zähnefletschender Hund, der jeden Moment sein Gegenüber anspringen und die langen Fangzähne in das weiche Fleisch wetzen würde. Erneut stierten sie die himmelsblauen Irden an. Allmählich keimte die Erkenntnis und Kiba stieß eine Reihe Flüche, gesprochen von einer hohen Stimme aus und strauchelte zurück. Er war in Inos Körper, sie war in dem seinen. Der Inuzuka wusste gar nicht, wie er diese Information verarbeiten sollte. Immerhin hatte er nun Brüste! Akamaru, der das Eichhörnchen hatte fliehen lassen durch den ganzen Trubel, hob nun seinen Kopf an und beobachtete die zwei vertrauten Gestalten, die sich heute sonderlich seltsam aufführten. Er legte seinen Kopf schief und stieß einen verwirrten Laut aus. Inos Vetter, der sich aufrappelte und das angerichtete Maulheur beobachtete, errötete bis zu den Ohren. „Ich..“, begehrte er eine Entschuldigung auf, die ihm allerdings im Hals stecken blieb, als Ino ihn am Kragen packte. Kibas Stärke überraschte sie erneut. Mit Leichtigkeit konnte sie den gut sechzig Kilo schweren Jungen mit einer Hand hochheben. Sie kniff die fremden Augen zusammen und bleckte die Zähne. Hell blitzten die vorderen Fänge auf und ließen den Vetter erschaudern. „Mach das sofort rückgängig!“, forderte sie mit erzürnter Stimme. Ihr Vetter strampelte hilflos in der Luft, wie ein Junges, dass die Mutter am pelzigen Nacken in die Lüfte hob. Er stieß einen wimmernden Laut aus. Ino empfand kein Mitgefühl. Sie war wütend. Sie wollte ihren Körper zurück und nicht diese grobschlächtige Anhäufung diverser Muskeln. „Ich kann nicht.“, fiepte der Grünschnabel, der zuvor jede Übung in den Sand gesetzt hatte, nur, um diese eine direkt ins schwarze treffen zu lassen. „Du kannst sehr wohl!“ „N-nein, ich kann nicht.“ „Du wirst uns sofort zurück tauschen!“, mischte sich nun auch Kiba ein. Etwas ungelenk, da Inos Körper einen eigenen, über die Jahre angewohnten Laufrhythmus hatte, bewegte er sich auf die Beiden zu. Er verschränkte die Arme vor der Brust und versuchte, seinen üblichen, wilden Gesichtsausdruck aufzusetzen. Das Ergebnis mündete in einer bizarren Grimasse. „Ich habe zu wenig Chakra! D-das geht im Moment nicht. Das Jutsu kostet viel Chakra.“, stammelte der Grünschnabel eingeschüchtert weiter und versuchte, sich aus dem festen Griff Inos zu befreien. Diese stieß einen unzufriedenen Laut aus. Sie kannte das Jutsu und dessen Nebenwirkungen. Es kostete in der Tat viel Chakra. Der Anwender brauchte danach eine gute Portion Ruhe und Schlaf, bevor er das Dilemma rückgängig machen konnte. Dennoch, sie wollte nicht einsichtig sein. Einsicht brachte ihr nicht ihren Körper auf der Stelle zurück, der eine Armlänge entfernt von ihr stand und einen grotesken Gesichtsausdruck aufgesetzt hatte. Kiba war nicht einmal fünf Minuten in ihrem Körper und verunstaltete sie schon. Sie richtete ihr Augenmerk wieder auf ihren Vetter. „Morgenfrüh wirst du uns sofort zurücktauschen!“ „Was? Morgenfrüh? Du meinst ich soll in diesem Körper klar kommen?“, empörte sich Kiba und deutete auf die kurvenreiche Statur Inos, als hätte man ihn in einen Sack Kartoffel gesteckt. „D-das geht auch…nicht.“, murmelte ihr Vetter mit leiser werdender Stimme und senkte den Blick. Das folgende Geschrei war groß und lärmend. Kiba und Ino redeten wild durcheinander, so dass der Blondschopf nicht ein Wort verstand. Er zog seinen Kopf immer tiefer ein, fürchtete, jeden Moment zu Kleinholz verarbeitet zu werden und wünschte sich in die Stube seiner Mutter, wo Gebäck und kalter Tee auf ihn wartete. „Spucks endlich aus! Was verdammt nochmal ist jetzt schon wieder dein Problem?“, grollte Kiba in Inos Körper und beugte sich bedrohlich -, zumindest versuchte der Inuzuka das, doch da Ino um gut zwei Köpfe kleiner als ihr Vetter war, verlor sich die Wirkung im Größenunterschied -, zu dem Grünschnabel vor. „I-ich muss morgenfrüh auf eine Mission. Deshalb kann ich euch nicht zurücktauschen, weil ich dann schon wieder zu viel Chakra verbrauche und ich muss fit sein.“ „Und wann kommst du zurück?“ „In einer Woche.“ Kiba stieß ein gedehntes Seufzen aus. Er versuchte, mit dieser satinblonden Mähne zurecht zu kommen, die ihm andauernd ins Gesicht fiel. Ungeduldig klemmte er Inos Pony hinter ein Ohr. Das Haar sprang stoisch zurück. Er seufzte erneut und stemmte die Hände auf die durch den Schneidersitz angewinkelten Knie. Ino saß ihm gegenüber. Sie hatte ihre Wangen aufgeplustert und schmollte. Oder dachte nach. Er war sich nicht sicher, ob sie überhaupt so etwas wie Gehirnzellen verfügte. „Könntest du das sein lassen?“, moserte der Inuzuka an ihr rum und kraulte Akamaru mit einer Hand hinter den Ohren. Sein treuer Begleiter hatte endlich erkannt, wo sich sein Herrchen befand; nämlich im falschen Körper Für mehr als eine Woche. Inos unbegabter Vetter würde frühstens -, das bedeutete im schlimmsten Fall, dass er noch länger in diesem kurvigen Gefängnis verbringen musste! -, erst in einer Woche zurückkommen. Die Beiden Ninja hatten überlegt, wie sie geschickt aus dem Malheur kamen und fanden kein passendes Ergebnis. Sie hatten mit dem Gedanken gespielt, ein Familienmitglied des Yamanaka-Clans aufzusuchen und um Hilfe zu bitten. Ino hatte die Idee allerdings sofort verworfen und im Keim erstickt. Sie kannte ihren Vater. Allein der bloße Gedanke, dass ein Junge im Körper seiner Tochter steckte und diesen folglich besser kannte, als er jemals sollte, war grauenhaft für Inoichi. Prinzipiell empfand er das Thema Jungs furchtbar. Ihm wäre es am Liebsten, wenn seine Tochter für immer nur mit Puppen spielen würde. Ein anderes Mitglied konnten sie auch nicht fragen. Die meisten waren auf Mission und die wenigen, die zurückgebliebenen waren, würden das Geheimnis ausplaudern. Also mussten sie den jeweilig anderen Körper akzeptieren. Ob sie wollten, oder nicht. „Was?“, blaffte Ino ihn genervt an und verschränkte die Arme vor der Brust. Die Yamanaka hatte sich aus reiner Gewohnheit mädchenhaft hingesetzt; Die beine ruhten damenhaft überschlagen neben dem leicht angewinkelten Körper -, ein Anblick, der nicht hätte verstörender mit Kibas Körper sein können, der für seine Wildheit und Grobschlächtigkeit bekannt war. „Das mit dem Gesicht! Wie du sitzt! Alles!“, fauchte er in hoher, erregter Stimme zurück und zuckte abermals bei dem fremden Klang der eigenen, gesprochenen Worte zusammen. Er konnte sich einfach nicht mit Inos Körper abfinden. Und mit den Brüsten. „Ach ja? Wie sitze ich denn? Im Gegensatz zu dir sitze ich elegant da. Und du solltest dich gefälligst richtig hinsetzen in meinem Körper!“, keifte sie zurück und verwies auf die weit gespreizten Beine, die einen günstigen Einblick auf ihre Unterwäsche offenbarte. Wie sollte sie eine Woche ohne ihren Körper überstehen, wenn ein solcher Vollidiot ihn steuerte? Sie würde sich nach diesem Zeitraum nicht mehr auf der Straße blicken lassen. Ironischerweise schoss Kiba derselbe Gedanke durch den Kopf. Ino würde mit seinem Aussehen für Chaos sorgen und sein guter Ruf wäre dahin. Er würde nie wieder sein Zimmer verlassen können. „Fuck. Das ist doch scheiße.“, maulte er und versuchte, unter Inos strengem Blick, sich richtig hinzusetzen. Seine Beine taten prompt weh. Wieso trug das schöne Geschlecht überhaupt diese unbequemen Röcke? Man konnte sich nicht richtig hinsetzen, sich nicht richtig runter beugen, oder überhaupt bewegen! „Wir könnens nicht ändern. Wir müssen schauen, dass wir das irgendwie auf die Reihe kriegen. Dass du es auf die Reihe kriegst.“ „Was heißt hier, dass ich es auf die Reihe kriege? Schau du mal eher, dass du das auf die Reihe kriegst!“ „Ach ja? Deine Mutter wird dankbar über ihren neuen Sohn sein!“ „Dein Vater auch, weil er endlich mal eine Nonne als Tochter kriegt!“ „Inuzuka!“ „Yamanaka!“ Die Beiden wechselten einen niederschmetternden Blick, schnaubten und ließen seufzend ihre Köpfe hängen. Sie waren beide zornig und hätten am Liebsten mit Freude dem jeweilig anderen um einen Kopf gekürzt. Aber im Augenblick befanden sie sich in einer pikierenden Lage, die einer zügigen Lösung bedarf. Die Sonne begann allmählich zu dämmern und Konoha machte sich zum Abendessen auf. Auch die beiden Streithähne hatten feste Termine, wann sie daheim sein mussten. Und diese Termine rückten schon in greifbare Nähe. „Hör zu,“, begann Ino stirnrunzelnd und wollte aus alter Gewohnheit eine Strähne aus dem Gesicht streifen. Sie griff mit der Hand ins Leere. „Wir müssen absprechen, wie unser Tagesablauf aufsieht, damit wir nicht komisch auffallen. Denn ganz ehrlich; ich will nicht, dass jeder weiß, dass jemand wie du in meinem Körper steckt.“ „Als ob ich es lustig finde!“, murrte Kiba unzufrieden und rupfte einige Grasbüschel aus dem grünen Untergrund. Er warf die einzelnen Halme wieder zurück, wo sie wie ein wirrer, einsamer Knoten auf der ebenen Oberfläche liegen blieben. Akamaru hechelte und trieb damit das Grasbüschel weiter weg. Die Beiden rafften sich für die nächste halbe Stunde zusammen und versuchten, ihren Tagesablauf, Gewohnheiten und weitere, wichtige Dinge einander zu erklären. Die Informationen waren viel zu gewaltig, als dass die Beiden sie im Kopf behalten konnten; man musste sich um die Hunde kümmern, trainieren, die Hunde füttern, sie waschen und pflegen, man musste ständig Fleisch essen, man musste im Blumenladen arbeiten, jeden zweiten Tag ins Badehaus und mit Chouji und Shikamaru essen gehen, man musste shoppen und und und. Noch ehe die Beiden sich voneinander trennten und den neuen Heimweg anschlugen, war mehr als die Hälfte vergessen und das Chaos schon vorprogrammiert. Kiba warf einen kurzen Blick zurück auf seine eigene Gestalt. Er stieß ein resigniertes Seufzen aus, als er feststellte, dass Ino fürchterlich mit ihrem Hintern beim Laufen wackelte. Einige Leute drehten sich irritiert um, um den Jungen in der schwarzen Lederjacke bei seinem mädchenhaften Gang nachzuschauen. Akamaru lief neben Ino. Er musste mit ihr -, ein weiterer Punkt, der ihm missfiel. Er vermisste seinen Vierbeinigen Freund jetzt schon fürchterlich. Mit einem weiteren Seufzen drehte er sich um und konzentrierte sich auf seinen Weg. Dabei entging er dem Blick Inos, die sich nun ihrerseits umdrehte. „Was macht der da?“, murmelte sie eher erschöpft als wütend, als sie feststellte, dass der Kerl furchtbar schlurfte und lief, wie der Macker vom Viertel, was in einem Frauenkörper alles andere als ästhetisch aussah. Oh ja, das Chaos für die kommende Woche war schon vorprogrammiert. Kapitel 2: | New Family | ------------------------- Nervös kaute Kiba an der fremden Unterlippe. Die Sonne senkte sich langsam zum Horizont hinab für den allabendlichen Kuss, bevor sie der schillernd weißen Perle am Nachthimmel entwich. Geschäftigkeit schlummerte in den Straßen Konohas. Die Menschen wuselten umher, schlossen ihre Läden oder bereiteten sich auf den abendlichen Ansturm hungriger Gäste vor. Kiba spielte unruhig an dem Saum des lilafarbenen Rockes herum. Seine Hüften -, oder besser gesagt Inos Hüften -, wackelten taktvoll umher. Ein ungemein ungewohntes Gefühl für den Hundejungen. Er war seinen stolzen, geraden, ja beinahe schon coolen Gang gewöhnt. Und stattdessen wackelte er nun mit seinem Hintern, als versuchte er, jeden Jungen in Konoha zu bezirpsen. Ein Seufzen entwich seiner Lippen, als er vor dem Haus der Yamanakas stehen blieb. Wie sollte er sich nun geben? Den Vorfall konnte er zumindest nicht erklären, das hatte ihm die schöne Kunoichi eingehend erklärt. Also blieb ihm im Grunde nichts anderes übrig als Ino zu mimen. Absolut zickig und arrogant sein. , beantwortete er sich die stille Frage, wie die Blondine so tickte, selbst, nickte sich zu und öffnete die Haustür. Ein köstlicher Geruch schlug ihm entgegen. Es roch herrlich nach frisch gebratenem Fleisch und Reis. „Ich bin zu Hause.“, verkündete der Hundejunge mit ungewohnt heller Stimme. Er musste unbedingt unterdrücken, jedes Mal bei dem Klang von Inos Stimme zusammen zu zucken. „Hallo mein Schatz.“, erschien Inos Mutter am Türrahmen mit einem milden Lächeln auf den Lippen. Kiba hatte sie nur selten zu Gesicht bekommen, aber sie machte einen allgemein netten Eindruck -, ganz im Gegensatz zu ihrer Tochter. „Hallo, Mutter.“, druckste der Braunhaarige nervös herum. Sie schenkte ihm noch ein letztes, warmes Lächeln, bevor sie in die Küche zurück wuselte, um das Essen zu servieren. Kiba schleuste sich vorbei ins Wohnzimmer, wo auch schon Inoichi auf ihn wartete. Am Liebsten hätte er auf nun auf der Stelle kehrt gemacht und wäre wieder rausgegangen. Er wusste wirklich nicht, wie er reagieren sollte. Seine Handinnenflächen wurden schon ganz nass. „Ino, da bist du ja. Ein bisschen zu spät, aber noch pünktlich zum Essen.“, tadelte der blondhaarige Ninja seine angebliche Tochter mit liebevoller Strenge und klopfte auf den Platz neben sich, wo Ino allem Anschein nach immer beim Essen saß. Kiba schluckte und zögerte. Je länger er bei Inos Familie blieb, desto offensichtlicher musste doch werden, dass er nicht Ino war. Oder? Ach was! Du kannst zickig sein. Du kannst das besser als Ino! , nahm sich der Hundejunge entschlossen -, oder auch auf wahnwitzige Weise herausgefordert -, vor und setzte sich neben Inoichi. „Wie war dein Tag?“ „Ehm…gut.“ „Hast du deinem Vetter was beibringen können?“ Ja, nur Scheiße. „Er hat sich bestens geschlagen.“, kniff Kiba die Lippen zu einem dünnen Lächeln zusammen. Inos Vetter war wirklich genau so nutzlos wie die Blondine selbst. Was hatte man auch von so einem Jutsu? „Gut zu wissen. Ich wusste doch, dass du genau die richtige dafür bist.“, knuff Inoichi seine angebliche Tochter in die Seite. Kiba wich reflexartig zurück. Von dem blonden Ninja so liebevoll behandelt zu werden war, nunja, durchaus verstörend für den Hundejungen. Überhaupt die ganze Situation überforderte ihn zunehmend. „Ich habe meine Periode.“, erklärte Kiba hastig unter dem fragenden Blick seines neuen Vaters. Denn dieser war zwar das eigenartige Benehmen seiner Tochter gewohnt, aber das sie so vor ihm zurück wich, war ihr neu. Wie dem auch sei, unter der vernommenen Antwort nahm sein Gesicht einen tomatenroten Glanz an. Auch Kiba realisierte, was er soeben gesagt hatte -, denn in der Not war ihm nichts Besseres in den Sinn gekommen, um ein komisches Verhalten einer Frau zu erläutern, als den bekannten Besuch der roten Tante -, und sprang hastig auf. „Ich…ich bin mega müde, Paps! Ich geh sofort ins Bett!“, haspelte er und rannte so schnell, wie ihn die dürren Beine der Kunoichi trugen, in ihr Zimmer, das er nach kurzem Suchen -, denn zunächst war er im Bad und anschließend im Studierzimmer Inoichis gelandet -, auch fand. „Was ist denn mit Ino los?“, runzelte ihre Mutter, als sie ins Wohnzimmer trat und das Essen auf den Tisch stellte. „Sie hat ihre Tage.“, murmelte Inoichi gepresst. _______________________________________________________________________________________________ „Man, was ist denn mit dir los, Junge?! Sonst frisst du mir immer die Haare vom Kopf und jetzt ist dir mein Essen nicht mehr gut genug?“, wetterte Tsume Inuzuka am Essenstisch. Ein wahres Schlachtfeld an Fleisch türmte auf dem Tisch. Ino hätte am Liebsten angewidert das Gesicht verzogen und sich weggedreht. Sie konnte beim besten Willen nicht nachvollziehen, wie man so viel Fleisch zu sich nehmen konnte, während Hana und Tsume an den Rippen kauten, als wären sie wahrhaftige Hunde. Diese im übrigen aßen direkt neben ihnen. Ino, die ein solches Benehmen nicht gewohnt war, war also recht zügig der Appetit vergangen. Umso unberührter war ihr Teller. „Ich…hab keinen Hunger?“, runzelte sie die Stirn in einem leicht schnippischen Tonfall, denn die gegenwärtigen Umstände schlugen ihr aufs Gemüt und außerdem passte ihr Tsumes Ton absolut gar nicht. Sie sprach mit ihr, als wäre sie ihr in irgendeiner Weise untergestellt. Dabei war doch wohl offensichtlich, wer höher gestellt war. „Keinen Hunger, hä?“, schnalzte Tsume mit der Zunge und beugte sich bedrohlich zu ihrem angeblichen Sohn runter. Dieser funkelte sie ungewöhnlicher weise trotzig an -, ein Benehmen, dass sie absolut nicht dulden konnte. „Ja, keinen Hunger.“, wiederholte Ino ebenso schnippisch. „Hörst du das Hana? Der kleine Bastard hat keinen Hunger! Das Fleisch fällt ja auch kostenlos vom Himmel für uns alle!“ „Undankbar wie immer.“, pflichtete Kibas Schwester bei und fütterte einen der Hunde mit ein wenig Fleisch von ihrem Teller. Ino drehte es den Magen um. „Wenn ich keinen Hunger hab, dann hab ich keinen Hunger.“ „Es ist mir scheiß egal was du willst! Solange du deine Füße unter meinen Tisch stellst, wirst du gefälligst Essen, was ich dir vorsetze!“, donnerte Tsume nun sichtlich gereizt mit der Faust auf den Tisch. Ino zuckte vor Schreck zusammen. Sie war solche Töne absolut nicht gewohnt. Ihre Familie ging respektvoll und liebevoll miteinander um. Hier dagegen wurde sie behandelt wie ein…ja, wie ein Hund. Wenn wundert das auch? , verdrehte sie die Augen und verschränkte stoisch die Arme vor der Brust. Sie würde keinen einzigen Bissen davon nehmen. Das konnte Tsume ihren Hunden vorsetzen, aber nicht Ino Yamanaka. Akamaru winselte leise und stupste Inos Bein mit seiner Schnauze an. Sie warf ihm einen niederschmetternden Blick zu. Auf die weiße Flohschleuder hätte sie genau so gut verzichten können. Ja, sie hätte auf all das hier getrost verzichtet und alles gegen ihr bequemes Bett eingetauscht und den leckeren Speisen ihrer Mutter. Wie sehr sie doch Kiba gerade beneidete! „Du willst also nicht Essen, ja? Dann mach, dass du Land gewinnst, sonst knallts gleich!“, knurrte Tsume und schob den Teller von ihrem Sohn weg. Sein sonderbares Benehmen brachte ihr Blut wahrlich zum kochen. Er führte sich wie eine Prinzessin auf. „Ich muss sagen, ich finde es nicht sonderlich nett, wie du mit mir sprichst.“, schnaubte Ino, als sie sich erhob. Nur kurz darauf musste sie sich vor den fliegenden Tellern in ihr kleines Kämmerchen retten. Tsume tobte noch lange draußen und regte sich über ihren Sohn auf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)