Zeitstillstand von dumm ([Taoris]) ================================================================================ Kapitel 4: Vier --------------- Seine Mutter hatte ihn angestarrt, als wäre er ein Wesen von einem anderen, unbekannten Planten gewesen, als er ihr alles erzählt hatte. Und Tao konnte ihr das nicht verübeln, denn wie wahrscheinlich war es schon, dass sich ausgerechnet der Prinz des Landes mit jemand wie ihm abgab? Hoch war die Wahrscheinlichkeit absolut nicht. Und deswegen hatte er auch die Verblüffung verstanden und irgendwie hatte es ihn geehrt und geschmeichelt; aber gleichzeitig hatte sie ihm irgendwie auch leidgetan, weil sie es nicht so recht verstand. Tao tat das ja auch nicht. Sein Vater hingegen hatte ihm gesagt, dass er ja guten Eindruck hinterlassen sollte. Klar, er repräsentierte nun ja vermutlich ihre Farm und wahrscheinlich wäre es nur fair für seine Familie, wenn er Kris dazu überreden würde, dass sie ruhig die Steuern erlassen könnten, oder so einen Spaß. Das Problem war nur, dass Tao das nicht wollte. Er wollte keinen Vorteil aus der Situation ziehen, denn er hatte das Gefühl, dass er anfing Kris zu schätzen. Nicht als Prinzen; nein, absolut nicht als Prinzen, sondern viel mehr als Freund. Oder so etwas in der Art zumindest. Tao war sich nicht sicher, was er von Kris halten sollte, weil er seine Taten nicht nachvollziehen konnte, aber es war ein absoluter Fakt, dass er ihn irgendwie leiden konnte. Ihr Anfang war zwar ziemlich unter aller Sau gewesen, aber Kris hatte ihm vielleicht doch die ein oder andere interessante und liebenswürdige Seite gezeigt. Vielleicht wollte er auch einfach nochmal in den Genuss des Strauchpfirsichs kommen, der das Beste war, das er je geschmeckt hatte. Man hatte ihn wieder zum gewaltigen Palast gebracht und Tao war dezent verwirrt gewesen, als er das riesige Badezimmer gesehen hatte. Kris hatte ihm gesagt, dass der Schneider gleich vorbei kommen würde und dass ihm ein Bad wohl nicht schaden würde. Und jetzt stand er hier und wohin Kris verschwunden war, wusste er nicht. »Alles in Ordnung?«, wurde er von dem Jungen, der einige Zentimeter kleiner war als Tao und dunkelbraune Haare hatte, gefragt. Tao drehte den Kopf zu ihm und fragte sich, was die Person hier suchte. Und was er hier suchte. Was er hier suchte war wohl die bessere Frage. »Ehm«, machte er. »Ja. Denke schon.« Sie sahen sich einen Moment peinlich schweigend an und Tao hatte keine Ahnung, was er tun oder sagen sollte. »Ich vermute, dass du Tao bist?«, wurde er dann gefragt und Tao wunderte sich, dass ihn hier jeder kannte. Also entweder hatte es sich herumgesprochen, oder Kris hatte mit dem Jungen einfach Bescheid gesagt. Er hoffte ja, dass es letzteres war. »Ja«, sagte er nur. »Aber ich weiß nicht so genau was ich hier soll.« Irgendwie sagte er immer nur dasselbe zu den Leuten hier. »Na ja, es gibt nicht allzu viele Dinge, die man in einem Bad machen kann.« Der junge Mann schwieg einen Moment, sah weg, öffnete den Mund und sah, als würde er seine Aussage revidieren wollen, ließ es dann aber doch. »Wie auch immer. Ich bin Baekhyun und soll dir… uh, helfen?« Tao öffnete die trockenen Lippen etwas, sah zur Seite und dann wieder zu Baekhyun und wusste nicht so recht, was er sagen sollte. »Ich glaub das bekomm ich selber hin.« Baekhyun gluckste. »Davon gehe ich aus.« Tao bewegte sich nicht, sondern sah ihn nur an. Und Baekhyun sah zurück. Keiner von beiden sagte auch nur ein Wort und irgendwie wurde die Situation nur noch seltsamer, ehe der andere die Stille schließlich brach. »Würdest du dich bitte, uh«, Baekhyun zögerte einen Moment, »du weißt schon.« »Was?!«, machte Tao. Er glaubte sehr gut zu wissen, was er da ansprach. »Na ja, du solltest nicht mit Klamotten ins Wasser.« Baekhyun machte eine Handbewegung zu der dampfenden Wanne und Tao folgte mit dem Blick und betrachtete den weißen Dampf einen Moment und sah dann wieder zu Baekhyun. Anstalten sich auch nur irgendwie zu bewegen, machte Tao immer noch nicht. »Uh«, machte Tao dann nur. »Würdest du rausgehen?« Baekhyun sah ihn einen Moment aus großen Augen an, senkte den Blick dann und kratzte sich am Hals. »Ich mach nur meine Arbeit. Du wärst nicht die erste Person, die ich nackt sehe. Das muss dir nicht peinlich sein. Ich… kann mich auch einfach umdrehen.« Tao wusste nicht, was er sagen sollte. Das hier war komisch. Alles hier war so fürchterlich komisch. Er starrte Baekhyun einfach nur etwas fragend, verwirrt und perplex an. Baekhyun seufzte leise, schenkte ihm dann ein Lächeln und trat näher, griff zu seinem Stoffgürtel und knotete ihn auf und Tao blickte zu ihm herunter und wollte etwas sagen, hatte aber keine Ahnung, was. Er war so überfordert, dass er sich nicht einmal wehrte. Der Gürtel landete auf dem Marmorboden und Baekhyun griff zu seinen Oberarmen und drehte ihn ein wenig zur Seite. »Dreh dich bitte um«, sagte er und Tao tat es, starrte nun an die Wand. »Du kannst dich wieder bewegen«, stellte Baekhyun amüsiert fest. »Zieh dich aus, ich kümmere mich derzeit um das Wasser.« Baekhyun trat an ihm vorbei und Tao sah ihm kurz hinterher, drehte sich dann noch ein Stück zur Seite und zog das Oberteil über den Kopf, warf es achtlos auf den Boden und zog schließlich, nach einem kurzen Zögern, auch den Rest seiner Kleidung aus. Und wenig später saß er auch schon in der heißen Wanne. Und er hätte niemals gedacht, dass Wasser so unglaublich brennen konnte. Und im nächsten Moment schüttete Baekhyun ihm einen Eimer Wasser über den Kopf und Tao gab ein erschrockenes Geräusch von sich. »Zu heiß?«, wollte Baekhyun wissen, der an der Wanne kniete und etwas grinste. »Ich wusste nicht, dass Wasser so verdammt heiß werden kann«, gestand er dann und Baekhyun gluckste. »Wie habt ihr euch kennengelernt? Du und der Prinz«, fing der andere dann mit dem Smalltalk an und Tao schielte zu ihm, konnte sehen, dass er irgendwelche kleinen Gefäße öffnete, und er bemerkte den Geruch verschiedener Kräuter sofort, konnte sie aber nicht zuordnen. »Auf unserer Farm«, sagte er wahrheitsgemäß. »Was für eine Farm?« »Meine Familie züchtet Alpakas.« »Oooh!«, machte Baekhyun begeistert. »Ich liebe Alpakawolle.« Tao lächelte etwas, wusste aber nicht so recht was er sagen sollte und spürte im nächsten Moment, wie Baekhyun ihm irgendetwas auf den Kopf kippte und dann anfing selbigen zu massieren. Und das entspannte, plötzliche Stöhnen, dass ihm über die Lippen kam, hatte er nicht aufhalten können. Und als ihm aufgefallen war, was er da gerade getan hatte, spürte er Wärme im Gesicht, die nicht von dem Wasser stammte. Er hörte Baekhyun amüsiert lachen. »Angenehm?« »Oh ja«, sagte Tao ehrlich und grinste schließlich leicht und entspannt. Vielleicht konnte er sich doch an diesen überflüssigen Luxus gewöhnen. »Du hast schöne Schultern«, bemerkte Baekhyun dann und Tao legte seinen Kopf zur Seite, beobachtete seine Schulter und schielte dann zu dem anderen, der ihm gerade ein Kompliment gemacht hatte. Er ging zumindest davon aus, dass es etwas Positives war, wenn man schöne Schultern hatte. »Danke«, sagte er zögernd und man konnte hören, dass er sich wohl nicht sicher war, ob das nun etwas wirklich Gutes war, oder nicht. »Man merkt sofort, dass du nicht von hier bist«, sprach er dann weiter. »Wenn man deinen Körper betrachtet, mein ich.« Tao wusste nicht, ob er es gut finden sollte, dass man seinen Körper betrachtete und bemerkte, dass er nicht hier lebte. Er wusste allgemein nicht so recht, auf was Baekhyun hinaus wollte. Aber irgendwie dachte er hier schon gar nicht mehr wirklich nach, weil ihn sowieso alles verblüffte und sprachlos machte. »Ist das gut oder schlecht?«, wollte er dann wissen. Dass Baekhyun darauf hin etwas verwirrt blinzelte, bemerkte er nicht. »Kommt wohl drauf an. Ich finde es durchaus was Gutes. Du hast Muskeln.« Passend zu der Aussage saß Baekhyun nun nicht mehr hinter ihm, sondern – natürlich noch immer vor der Wanne – neben ihm und griff zu seinem Arm und schließlich zu seiner Hand. Tao beobachtete ihn fragend, ließ ihn jedoch machen. »Und deine Hände sind auch ganz anders. Aber sie sehen nicht einmal wie Arbeiterhände aus. Deine Finger sind sehr schlank.« Das bekam er sogar öfters zu hören. »Wenn es Leute gibt, die hier so einen Körper haben, sind sie Krieger. Oh, und ich glaube, dass die Frauen dir  hier reihenweise hinterherlaufen würden.« »Gehört es zu deinem Job mit Komplimente zu machen, oder meinst du es ernst?« Baekhyun schien etwas verwirrt von seiner dreisten Frage zu sein, schenkte ihm dann aber ein schönes Lächeln. »Ich ziehe keine Vorteile daraus dir Komplimente zu machen, oder? Ich bin ehrlich. Und uh, ich wollte wohl einfach nur etwas mit dir reden. Immerhin ist es noch nicht vorgekommen, dass Kris jemand wie dich anbringt. Was nicht böse klingen soll! Ich kann aber auch die Klappe halten, wenn ich dich nerve, tut mir Leid.« »Was, nein, schon okay. Ich bin es nur nicht gewohnt.« Tao schenkte ihm ebenfalls ein Lächeln und dann bemerkte er, dass Baekhyun seine Hand massierte und Tao beobachtete die fremden Finger auf seinen Händen und musste feststellen, dass es fürchterlich angenehm war. Tao atmete entspannt aus und Baekhyun grinste etwas. »Kris liebt das«, sagte er dann und Tao hob seine Augenbrauen an. »Handmassagen?«, fragte Tao und Baekhyun nickte. »Massier ihm seine Hand und er ist für die nächsten Minuten unbrauchbar, weil ihn das so entspannt.« Tao musste sich auf die Lippen beißen um nicht dämlich zu grinsen. »Verständlich«, sagte er dann nur und reichte Baekhyun seine andere Hand mit dem größten Vergnügen, als er ihn darum bat. Er lehnte sich zurück an den Rand der Wanne, schloss die Augenlider langsam und genoss die gekonnten Berührungen. Dass Baekhyun grinste bemerkte er natürlich nicht und erst als ihm plötzlich ein Eimer Wasser über den Kopf geschüttet wurde, war er wieder völlig aufmerksam, hatte die Augen fest zusammengekniffen und ein empörten Laut von sich gegeben. Er hob die Hand, wischte sich das Wasser aus dem Gesicht und öffnete die Augen wieder. »Das hättest du ruhig ankündigen können«, beschwerte sich Tao und Baekhyun gluckste, sagte aber nichts dazu. »Ich lass dich einen Moment allein und such mal nach Kris«, sagte er. »Er wollte ja den Schneider holen, oder mit dir zu ihm gehen.« Baekhyun schien nicht so richtig Bescheid zu wissen, aber Tao ging es nicht anders. »Bis gleich. Die Handtücher liegen da hinten.« Er deutete in eine Richtung und erhob sich schließlich und verschwand im nächsten Moment aus dem Raum. Tao sah ihm kurz hinterher, seufzte dann etwas und genoss das Wasser noch für ein paar Momente, wusch sich noch mit einem leicht kratzenden Schwamm, der neben der Wanne gelegen hatte und erhob sich dann schließlich. Das Fenster war offen und die warme Luft kam in das Zimmer und dennoch spürte er den Temperaturunterschied an der Luft sofort. Er tapste zu den Handtüchern, nahm sich eins und trocknete sich schließlich damit ab. Er hatte den Blick zum Fenster gerichtet, stand jedoch noch immer einige Meter von ihm entfernt und spähte hinaus in den hellblauen, wolkenlosen Himmel. Er realisierte noch gar nicht so genau, wieso er hier war und was wohl bald passieren würde. Und er kam auch gar nicht auf den Gedanken, dass Kris ihn anlügen würde. Nein, das dachte er inzwischen nicht mehr. Bevor das alles passiert war, hätte er Kris nicht einmal ein Stück Dreck anvertraut. Und jetzt? Jetzt fand er ihn wirklich irgendwie sympathisch. Auf seine eigene Art und Weise. Die Tür ging auf und Tao drehte sich zu selbiger und wollte Baekhyun angrinsen, starrte stattdessen jedoch in Kris‘ Gesicht und war im ersten Moment etwas geschockt. Weil er nicht mit ihm gerechnet hätte. Er hatte den Mund geöffnet, sagte aber nichts und bemerkte, dass Kris ihn offensichtlich musterte. »Du riechst eindeutig besser«, bemerkte er uncharmant und Tao runzelte die Stirn und grinste dann schließlich etwas unbeholfen. »So ein Glück«, sagte er nur. Er bemerkte, dass Kris auf seine Knie sah und Tao zog die Augenbrauen zusammen und blickte schließlich ebenfalls zu seinen Knien und bemerkte, dass er dort ein paar blaue Flecke hatte. Nicht, dass das etwas Ungewöhnliches für ihn war. Kris sagte jedoch nichts und im nächsten Moment erschien auch Baekhyun wieder. Die Tür wurde wieder geschlossen und Baekyhun sah von Kris zu Tao und wieder zurück. Und noch einmal zurück. »Stör ich?«, wollte er dann unsicher wissen. »Nein«, sagten Kris und Tao gleichzeitig und blickten zu ihm und Baekhyun zog die Augenbrauen etwas hoch, grinste dann und trat schließlich zu den Handtüchern, griff zu einem, ging auf die Zehenspitzen und warf es Tao über den Kopf. Und dann fing er an seine Haare abzutrocknen. Kris ließ sich davon nicht wirklich stören und beobachtete die beiden mit einem ruhigen Blick. »Du kommst gleich mit mir mit, ins Zimmer nebenan«, sprach Kris weiter und sah dann zu Baekhyun. »Baekhyun, du kannst seine Klamotten entsorgen.« »Was?!« Tao war damit nicht einverstanden. »Ich brauch meine Klamotten noch! Im Gegensatz zu dir kann ich nicht jeden Tag etwas Neues tragen!« Baekhyun sah unsicher zu Kris und Kris nickte ihm nur leicht zu und schien sein Befehl nicht zurückziehen zu wollen. »Jawohl«, sagte Baekhyun dann. »Hey, ignoriert mich nicht«, beschwerte sich Tao und schließlich zog Baekhyun ihm wieder das Handtuch vom Kopf und Kris beobachtete die abstehenden, noch etwas feuchten Haare des anderen. »Du bekommst neue Kleidung«, sagte er dann nur und packte Tao am Handgelenk und zog ihn grob mit. Und Tao wollte sich beschweren, weil er noch immer nichts, außer dem Handtuch, trug, glaubte dann aber, dass es keinen Sinn machen würde. Er warf Baekhyun noch einen hilfesuchenden Blick zu, aber der Dunkelhaarige sah ihnen nur etwas ratlos hinterher, lächelte dann schließlich und winkte zum Abschied. Sie verließen den Raum und im Flur war es um einiges kühler, und nach ein paar Schritten betraten sie einen neuen Raum und Tao wurde ein Mann mittleren Alters vorgestellt, der sich als Schneider entpuppte. Und er hatte sich in seinem Leben noch nie so kontrolliert gefühlt, wie dort. Und auch wenn er es fürchterlich interessant gefunden hatte, war es auf die Dauer anstrengend gewesen. Er hatte ihn mit einem Maßband abgemessen und es fühlte sich wie eine Ewigkeit an, in der der Mann verschiedene Farben und Stoffe an ihm ausprobiert hatte. Und dann stand er vor dem gigantischen Spiegel und betrachtete seine neuen Klamotten mit großen Augen. Er drehte sich zur Seite, betrachtete selbige und beobachtete sich dann wieder von vorn. Der Stoff fühlte sich unglaublich angenehm an und er hatte keine Ahnung, was das war. Seide? Baumwolle? Auf jeden Fall etwas, was er sich normalerweise niemals leisten konnte. Es lag schön auf der Haut und es sah gut aus. An den Säumen war eine hübsche, goldene Borte angebracht worden und der Rest des Stoffes war in dunklen Farben gehalten, was er sehr angenehm fand. Und Tao liebte die Haremshose, die zwar irgendwie simpel gehalten war, aber dennoch edel aussah.   »Na, so kannst du dich neben mir wenigstens halbwegs sehen lassen«, stellte Kris fest, der die ganze Zeit zugesehen und letztendlich auch die Wahl der Farben getroffen hatte. Kris erhob sich aus dem Stuhl. »Sieht aus als wärst du fertig«, sagte er zu Tao. »Und, bist du bereit?« »Ich denke schon«, antwortete er dann und bemerkte, dass er plötzlich nervös wurde. »Wann genau geht es denn los?« »Bald.« Wieso konnte Kris ihm nie genaue Antworten geben? »Was ist das?«, wollte Tao von Baekhyun wissen, mit dem er wieder im Raum war. Der Dunkelhaarige beobachtete ihn nicht, sondern rührte mit einem Pinsel in einer schwarzen Substanz, die Tao nicht zuordnen konnte – natürlich, sonst hätte er gefragt. »Khol«, antwortete Baekhyun. »Uhm«, machte Tao unsicher. »Schminke?« »Ja, genau.« Tao wusste was Schminke war. Natürlich wusste er das. Und das war hier auch keine Seltenheit – aber wenn es um das Leisten ging, dann war es wie immer. Auf dem Königshof gab es vermutlich mehr Leute mit geschminkten Augen. Tao war sich nur nicht sicher was ihm das nützen sollte. »Und was genau hast du jetzt vor?« Tao beobachtete Baekhyuns dunkelgeschminkte Augen und hatte Lust wegzurennen. Baekyhun beobachtete ihn und sah aus, als könnte er seine Gedanken lesen. Er schenkte ihm ein Lächeln. »Schau nicht so, als würde ich dich verunstalten wollen. Du weißt nicht, dass Khol auch einen anderen Effekt hat, als schöne Augen zu machen?« Tao blickte zur Seite und überlegte einen Moment, ob er seine Aussage anzweifeln sollte, ließ es dann aber. »Nein?!« Baekhyun schenkte ihm ein leichtes Grinsen, lehnte sich ihm etwas entgegen. »Die schwarze Farbe schluckt das Sonnenlicht. Deswegen laufen hier auch so viele damit herum. Es macht einen sonnigen Tag also durchaus etwas angenehmer.« Er war sich nicht sicher, ob er ihm glauben sollte, aber letztendlich gab es auch keinen Grund, wieso er ihn anlügen sollte. »Wirklich?«, fragte er dann unsicher. Baekhyun nickte. »Natürlich.« Seine Aussage wurde mit einem breiten, strahlenden Lächeln unterschrieben. »Und da es heute sowieso ein heißer Tag wird, ist das auf dem Rücken eines Drachens sicher angebracht. Du bist aufgeregt, hm?« »Ja, schon. Alles andere wäre auch bedenklich. Ich hab sehr großen Respekt vor diesen Wesen«, antwortete er schließlich nur auf die letzte Frage und ließ das andere Thema ruhen. Baekhyun würde ihm schon keine Lügen erzählen. Wieso denn auch? Nein, sein Gegenüber wirkte unglaublich sympathisch und höflich, respektvoll… Tao mochte ihn. »Alles andere wäre auch Selbstmord«, sprach Baekhyun weiter, »und jetzt schau nach oben.« Tao öffnete den Mund, wollte etwas fragen, schaute dann aber einfach nach oben. »Versuch einfach nicht so oft zu blinzeln, sonst siehst du später wie ein Panda aus.« Tao wusste nicht, was ein Panda war. Und es war gar nicht so einfach das Blinzeln abzustellen, wenn einem irgendwelche Öle, oder was auch immer Khol bestehen mochte, an die Augen gepinselt wurde. Nach ein paar Minuten, die für Tao die Hölle gewesen waren (er hatte sogar bemerkt, dass sich Tränenflüssigkeit in seinen Augen gebildet hatte), hatte er sich von Baekhyun verabschiedet und wurde dann von einer Wache (Oder einem Dienst…mann?) in den Keller begleitet, in dem sich der Hort der Drachen befand. Und er bemerkte, wie seltsam es war in Schuhen zu laufen. Nicht schlecht oder unbequem, aber eben sehr ungewohnt. Wenigstens spürte er nicht so die kalten Steine der Treppe. Nicht, dass er sich im Moment große Gedanken über Treppen und Schuhe machen würde. Bei ihm drehte sich im Moment nur alles um das, was ihm bevorstand, und genau das führte dazu, dass sein Herz langsam anfing schneller als nötig zu schlagen. Er war aufgeregt und nervös, und er spürte, wie die Spannung bei jeder Treppenstufe stieg. Sie stieg ins Unermessliche und als sie schließlich den gigantischen unterirdischen Raum betraten, wollte Tao am liebsten wieder umdrehen. Seine dunklen Augen lagen auf dem gigantischen Drachen mit den tiefschwarzen Schuppen und kurz darauf bemerkte er – zu übersehen war es ja nicht – einen anderen Drachen. Sein Schuppenkleid war ein sehr dunkles Rot, stellenweise besaß er sogar fast schwarze Schuppen und zwar war Ace im Gegensatz zu ihm nicht klein, aber er erinnerte sich daran, dass Kris ihm gesagt hatte, dass Ace noch nicht ausgewachsen war. Und jetzt sah er den Vergleich. Es waren nur ein paar Meter, aber beeindruckend war es trotzdem. Tao glaubte, dass das der Drache von Kris‘ Vater sein musste und erst jetzt wurde ihm bewusst, dass das wohl auch hieß, dass er die Ehre haben würde, den König höchstpersönlich zu treffen. Daran hatte er, vor lauter Aufregung, noch gar nicht gedacht. Tao hatte keine Ahnung, was er hier tat. Das war alles zu viel für einen ‚einfachen Bauerverstand‘. Schließlich registriert er Kris, der ihn ansah und schließlich mit einer kurzen Geste zu sich winkte. Tao setzte sich wieder in Bewegung, versuchte die Angst vor den großen Drachen herunterzuschlucken und kam kurz darauf bei Kris und Ace, der auf dem Boden lag, an. »Du wirkst plötzlich ganz anders«, bemerkte Kris, der Tao gemustert hatte. »Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass du nicht einmal wüsstest, was ein Alpaka ist.« Der Schwarzhaarige war sich nicht sicher, ob das ein Kompliment war und erwiderte Kris Grinsen nur halbherzig. Seine Hände schwitzten und er schielte zu dem Drachen, der seinen langen Kopf auf den Steinboden gelegt hatte. Und dann konnte er ein lautes, gutturales Knurren hören und etwas, das sich fast wie ein Peitschenschlag anhörte. Er fuhr herum und sah dabei zu wie sich der rote Drache minimal vom Boden abhob und mit den gigantischen Flügen schlug, die eine durchaus bemerkenswerte Luftwelle erzeugten. Tao war automatisch einen Schritt zurückgegangen, kniff die Augen gegen den Wind zusammen und bemerkte, dass der Mann auf dem Drachen, der mit hübschen Klamotten vermummt war, zu ihnen blickte und Kris irgendein Zeichen gab. Tao glaubte, dass es bedeutete, dass er sich beeilen sollte. Kris drehte sich zu ihm und Tao konnte den Blick nicht von dem Drachen wenden, der sich letztendlich in Bewegung setzte und durch die gigantische Falltür, die heute geöffnet war, verschwand. Und so schnell wie der Wind aufgetaucht war, war er auch wieder verschwunden. »Kommst du allein hoch?«, wollte Kris schließlich wissen, deutete zu dem Sattel und warf ihm im nächsten Moment einen Mantel um. »Wird windig und deswegen kalt werden.« Daran hatte Tao noch gar nicht gedacht. Er zog sich den Mantel fest und blickte dann hoch zu dem Sattel. »Uhm, ich kann‘s versuchen.« Tao fragte sich, wie Kris überhaupt darauf kommen würde. Tao war sportlich, ob Kris das auch war, wusste er nicht. Aber je länger Tao hoch zu dem Sattel sah, desto weniger wusste er, ob er hochkommen würde. Vermutlich, weil er immer noch etwas Schiss hatte. Kris nickte nur, deutete dann hoch. »Versuch es«, sagte er, trat an ihm vorbei und Tao sah ihm etwas verwirrt hinterher und bemerkte nur, dass er schließlich zu dem großen Kopf des Drachens schritt und dem Tier kurz über die schuppige Schnauze strich, ehe er auf die andere Seite trat. Verwirrt blickte er zu ihm, dann zu dem Sattel, und atmete ruhig durch. Für einen Moment war Tao froh, dass Kris nicht mehr im Sichtfeld war, denn der erste Sprung ging deutlich daneben und er kam nicht mal ansatzweise in die Nähe von dem Sattel. Also hatte er sich zum Glück nur vor den Wachmännern, die weit genug wegstanden, blamiert. Letztendlich nahm er etwas Anlauf und glaubte, dass er es tatsächlich schaffen würde einen der Steigbügel zu erreichen. Er gab einen leisen, unerwarteten Laut von sich als Kris plötzlich sein Handgelenk umgriff und ihn somit festhielt. Tao hatte den Blick gehoben und stellte fest, dass Kris fast wie aus dem Nichts im Sattel aufgetaucht war. Er zog ihn hoch und Tao griff mit der zweiten Hand nach einem Lederriemen des Sattels und zog sich letztendlich irgendwie hoch. Mehr schlecht als recht, aber letztendlich saß er hinter Kris. Er sah kurz zur anderen Seite und hätte eigentlich eine Leiter erwartet, aber da stand nichts. Besser er würde gar nicht fragen, wie Kris da hoch gekommen war. »Bereit?«, fragte Kris ihn, der über seine Schulter sah. »Ich glaub schon.« Die Unsicherheit war hörbar. »Du kannst dich entweder da hinten«, Kris deutete zu einer Lederschlaufe hinten am Sattel, »festhalten, oder an mir. Und komm nicht auf die Idee dich zu sehr zur Seite zu lehnen. Wir wollen ja nicht, dass du runterfällst.« Der Prinz schenkte ihm ein schiefes Grinsen und Tao wollte lieber gar nicht daran denken zur Seite zu sehen. Er zögerte einen Moment, lehnte sich minimal nach hinten und griff dann zu den Lederschlaufen, die ihm Halt geben sollten. »Ace«, sagte Kris mit einer festen Stimme und im nächsten Moment bewegte sich der Drache und Tao gab ungewollt ein erschrockenes Geräusch von sich, ließ die Zügel los und legte die Arme um Kris, um sich an ihm festzuhalten. Er konnte ein amüsiertes Glucksen hören und Tao kniff die Augen zusammen und spürte, dass der Drache auf seinen Beinen stand. Tao konnte spüren, dass Kris sich bewegte und er wagte es seine Augen zu öffnen und sah dabei zu, wie Kris die Kapuze über den Kopf warf und ein Halstuch über die Nase zog (zumindest glaubte er, dass er das tat; sehen konnte er es immerhin nur etwas von hinten). Und dann schlug der Drache geräuschvoll mit den Flügeln und erhob sich, und alles wurde unglaublich wacklig. Tao schluckte und griff etwas fester um den Stoff von Kris‘ Mantel. »Wie lang fliegen wir denn?«, wollte Tao dann plötzlich wissen und offensichtlich hatte Kris seinen Zweifel an der Sache gehört. »Wir müssten zur Dämmerung ankommen.« Seine Stimme war gedämpft und Tao glaubte, dass er mit dem Tuch richtig gelegen hatte, schielte vorsichtig über Kris‘ Schulter und konnte sehen, dass sein Vordermann zu ihm sah. »Entspann dich einfach, halt dich gut fest und dir wird nichts passieren. Und schau am besten nicht nach vorn; sonst werden deine Augen zu schnell trocken.« Tao wollte gerade fragen, ob ihm das nichts ausmachen würde, doch im nächsten Moment bewegte sich der Drache schließlich in der Luft und Taos Mut blieb offensichtlich zurück auf der Erde. Er hörte das Schlagen der gigantischen Flügel, spürte den leichten, kühlen Wind und schließlich flog der Drache durch das geöffnete Gitter direkt in die Luft. Und die Helligkeit brannte im ersten Moment in den Augen, aber irgendwie konnte er sie jetzt nicht mehr schließen. Er hörte laute Stimmen und kurz darauf das Geräusch von Ketten und konnte nur noch vermuten, dass die gigantische Falltür wieder geschlossen wurde. Die Angst war schließlich verflogen und stattdessen traten die Überwältigung und das Staunen ein. Tao hatte seinen Kopf seitlich an Kris‘ Rücken gelegt und blickte nach unten und sah dabei zu, wie der Palast und die Stadt, die Stadtmauer und das Dorf immer kleiner wurden. Und im nächsten Moment erhöhte der Drache die Geschwindigkeit und Tao bemerkte, dass er sich etwas panisch verkrampfte und sich an Kris‘ klammerte, als würde sein Leben an ihm hängen. Was es wohl auch irgendwie tat. Zum Glück war die Dämmerung schon bald. Und zum Glück entspannte sich Tao auch mit der Zeit – sonst hätte er Kris möglicherwiese noch das Blut abgedrückt. Irgendwann realisierte Tao dann, dass es ein unglaubliches Gefühl war. Es war zwar kalt und windig und er konnte nicht wirklich etwas außer die vorbei zischende Luft und die Flügelschläge des Drachens hören, aber dieses beflügelte Gefühl in seiner Magengegend war beeindruckend. Genau wie die Landschaft über die sie düsten. Tao hatte die meiste Zeit damit verbracht mit verengten Augen zur Seite zu starren und die fremde Landschaft in sich aufzusaugen. Hin und wieder hatte er auch den Schatten des gigantischen Drachens beobachtet und nach einer guten Stunde, vielleicht sogar zwei, bemerkte er, dass das Wesen zur Landung ansetzte. Tao registrierte, dass es bereits dunkel geworden war, und viel erstaunter war er über die Tatsache, dass er noch nie so sattes Grün gesehen hatte. Soweit das Auge reichte konnte er dichtes, grünes Gras und Bäume, die er zuvor noch nie in seinem Leben gesehen hatte, erblicken.  Es war so unglaublich beeindruckend und als das Tier langsamer wurde traute Tao es sich auch über Kris‘ Schulter nach vorn zu gucken. Er bemerkte ein großes Haus mit vielen weißen Säulen und einem grünen Dach. Tao glaubte, dass dort Pflanzen wuchsen. So ein Gebäude hatte er noch nie gesehen und die Bauart war ihm unbekannt, aber sehr beeindruckend. Am ehesten würde er es mit einem Tempel vergleichen. Aber dafür war es viel zu groß, viel zu gewaltig. Und offenbar wohnten dort Menschen. Er nahm vage Licht wahr und im nächsten Moment war der Boden so nah, Ace landete und der Ruck war so plötzlich gekommen, dass Taos Stirn mit Kris‘ Rücken kollidierte und er ein  leises »Outch« von sich gab. »Alles klar?«, wollte Kris wissen, der sich das Tuch vom Gesicht gezogen hatte und zu ihm schielte. Tao rieb sich die Stirn unter den schwarzen Haaren und nickte. »Ja«, sagte er und bemerkte, dass er den Flug durchaus spannend gefunden hatte, jetzt aber auch froh war, dass der Drache stand. Er ließ schließlich von Kris ab und der Prinz schwang eines seiner Beine auf die andere Seite und rutschte im nächsten Moment von dem Sattel, landete gekonnt auf dem Boden, drehte sich um und sah zu ihm hoch. »Runter kommst du ja hoffentlich allein«, sagte Kris provozierend. Tao verzog kurz die Lippen. »Natürlich«, sagte er, beobachtete kurz die Zügel des Drachens, die – wie ihm erst jetzt auffiel – gar nicht am Mund des Drachens, sondern an einer Stelle des Halses gefestigt waren (Wieso auch immer – für ihn gab es nicht viel Sinn, aber er wollte gar nicht darüber nachdenken) und sprang dann kurz darauf ebenfalls von dem Rücken des Tieres, landete härter als geplant auf seinen Beinen und spürte ein unangenehmes Brennen in seinen Knien. Und dann ging er einen Schritt und im ersten Moment fühlte es sich so an, als würde er versuchen auf Treibsand zu laufen. Er schwankte etwas und spürte kurz darauf Kris‘ Hand um seinen Oberarm. »Daran gewöhnst du dich nach ein paar Mal«, erklärte er ihm und kurz darauf hatte Tao auch wieder sein Gleichgewicht gefunden. Männer in Uniformen des Königshauses, in dem Kris lebte, traten zu ihnen und Tao fragte sich, wo die hergekommen waren, erinnerte sich aber daran, dass es ja auch Kutschen und Schiffe gab. Immerhin waren sie ein Stück über das Meer geflogen. Vermutlich waren die Männer schon vor mehreren Tagen losgereist um hier zu sein. »Kümmert euch gut um ihn«, sagte er zu einem der Männer, der nickte, und schließlich sah Kris wieder zu ihm. »Komm mit.« Kris deutete schließlich in die Richtung des weißen Anwesens, während er seinen Mantel auszog und ihn einem der Männer reichte. Tao tat es Kris zögerlich gleich und folgte ihm dann. Auf dem Dach wuchsen tatsächlich Pflanzen und neben dem Weg standen viele Kerzenständer mit unzähligen, brennenden Kerzen und Tao fragte sich, was für eine Arbeit es wohl gewesen war die alle anzuzünden. Das Haus war innen unglaublich hell, sodass man kaum glauben konnte, dass die Sonne gerade dabei war unterzugehen. Er bemerkte an fast jeder Ecke Brunnen; manchmal nur kleine, manchmal sogar große, beachtliche Springbrunnen. Es roch frisch und die Fenster waren groß und zumindest in der Eingangshalle glaslos. Man hatte sie voller Ehre und Respekt willkommen geheißen und Tao fühlte sich ein wenig fehl am Platz. Besonders dann als er die Person bemerkte, die offensichtlich Kris‘ Vater war. Er hatte dieselbe Haarfarbe wie Kris und eine noch gefährlichere, aber auch durchaus königliche Ausstrahlung. Lag aber vielleicht auch einfach nur an der Krone, die er trug. Tao hatte sich natürlich vor ihm verbeugt und schließlich waren sie in einen Raum getreten, der ungefähr so groß war wie der Keller, in dem die Drachen schliefen. So groß, dass Tao es gar nicht in Worte fassen konnte. Die Stimmen der Anwesenden hatte man schon von draußen wahr genommen und jetzt verstand Tao auch ganz gut, wieso er es so deutlich gehört hatte. Der Raum war unglaublich voll. Duft von Essen lag in der Luft, der Tao daran erinnerte, dass er heute noch kaum etwas gegessen hatte. Er hörte Menschen lachen und laut diskutieren, beobachtete die Frauen und Männer, die Essen servierten, und folgte Kris, während er nicht mehr aus dem Staunen herauskam. Sie setzten sich in eine Ecke, die eher ruhiger war; jemand, den Tao nicht kannte, hielt eine Rede und letztendlich wurde das Bankett eröffnet und Tao hätte am liebsten alles probiert. Das meiste der unbekannten Speisen war unglaublich gut gewesen; manche Gerichte waren ein wenig bitter gewesen, aber im Großen und Ganzen hatte sich der Flug allein schon für das Essen gelohnt. Man hatte sich unterhalten und Tao hatte die meiste Zeit geschwiegen, war sich ein wenig überflüssig vorgekommen und hatte die Zeit damit verbracht den Raum und die Leute mit großen Augen zu mustern. Alles hier war so unglaublich schön, beeindruckend. Fast wie in einem Traum. Und er war mitten drin und wusste nicht so recht, wieso. Irgendwann erhob sich Kris, verabschiedete sich von seinem Vater und seiner Mutter und noch ein paar Leuten seines Königreiches, die Tao noch nie gesehen hatte, die aber offensichtlich einen hohen Stellenwert hatten und gab Tao ein Zeichen zum Folgen. Sie verließen den Raum und wurden von einem Mann abgefangen, der fragte, ob er etwas für sie tun könnte. Kris sagte ihm, dass er ihnen bitte das Zimmer zeigen sollte. Er führte sie durch Gänge, die von weißen Kerzen erhellt wurden und einen wunderbar verzierten Boden hatten, den er sich nicht einmal in seinen extravagantesten Träumen hätte vorstellen können. Und während Tao die Umgebung musterte bemerkte er nicht, dass Kris ihn mit einem leichten Lächeln beobachtete. »Hier wären wir«, sagte der Mann höflich, öffnete die Tür, blieb jedoch draußen stehen. Kris trat ein und Tao zögerte, folgte ihm dann aber und sah sich in dem Raum um, nachdem er die Tür geschlossen hatte. »Wow«, machte er zutiefst beeindruckt. Der Raum war sehr geräumig, hatte einen verzierten, zum größten Teil roten, Teppich auf den Boden. Die Gardienen vor den Fenstern waren ebenfalls in roten Tönen gehalten. Er registrierte ein sehr großes Bett, das ihn an das von Kris‘ Zimmer erinnerte, danach einen großen Haufen mit Kissen, die so weich aussahen, dass Tao sie einfach nur anfassen wollte. Er bemerkte einen verzierten Holzschrank, einen Tisch und ein paar Stühle, die mit Stoff bezogen waren. Er bemerkte ein Kamin an der Wand, der aber nicht an war, und natürlich weitere Kerzenständer, die brannten und das Licht in einen sanften, warmen Ton erhellten. Kris lief zu einem der Fenster und öffnete es schließlich und Tao konnte kurz darauf ein leises Zirpen hören. »Ich hätte nicht gedacht, dass es so etwas gibt«, sagte er dann ehrlich, während er sich umsah. Seine Mutter würde ihm das hier sicher nicht glauben, würde er es ihr erzählen. Und das würde Tao um jeden Preis. »Glaub ich dir. Sieht man dir an«, bemerkte Kris, der sich mit dem Rücken an das Fenster gelehnt hatte und in seine Richtung blickte. Tao fühlte sich etwas ertappt, blinzelte und bemerkte, dass ihm das wohl doch etwas peinlich war. Bestimmt hatte er wieder gestarrt, während er sich umgesehen hatte. Aber wer würde das in seinem Fall nicht tun? Das hier für ihn waren Welten, von denen er sonst eigentlich nur träumte und selbst seine Träume sahen nicht so erfüllt aus. Er grinste also etwas verlegen, kratzte sich im Nacken. »Danke, dass ich mitkommen durfte.« Kris hob die Augenbrauen dezent an. »Wie gesagt, deine Anwesenheit ist angenehm. Sonst hätte ich dich gar nicht eingeladen. Ist nicht so, als hätte ich nicht auch aus Eigennutz gehandelt.« Tao grinste etwas schief und wusste nicht so recht, was er glauben sollte, aber letztendlich war es egal. Weil Kris freundlicher war, als er es je von ihm erwartet hätte und weil das hier so unglaublich faszinierend war. Faszinierend, beeindruckend, überwältigend… Tao kannte nicht genug Worte um seine Meinung im Moment zu beschreiben. »Ich schuld dir trotzdem einiges«, sagte Tao dann, weil es sich einfach gehörte so etwas zu sagen. »Allerdings.« Tao hob den Blick wieder von den weichen Kissen, die auf dem Boden lagen und bemerkte Kris‘ Grinsen. »Und was?«, fragte er. Kris zuckte mit den Schultern. »Irgendwas.« Tao blinzelte und sah ihn etwas ratlos an. »Okay…«, sagte er skeptisch. Offensichtlich wusste Kris nicht, was er ihm schulden sollte. Aber vielleicht würde er irgendwann darauf zurückkommen. Natürlich… wahrscheinlich würde es einfach ein Gefallen sein, denn alles andere würde Kris auch von anderen Leuten bekommen. Und um einiges leichter. Immerhin war er ein beeindruckender Prinz mit genug Macht. Tao fragte sich, ob er auch hier schlafen würde und wenn ja, wo. Aber vermutlich wäre der Teppich hier angenehmer als seine Strohmatratze zu Hause. Alles hier war vermutlich gemütlicher als sein eigenes, kleines Zimmer. Bestimmt sogar der Marmorboden. »Möchtest du dich draußen etwas umsehen? Anders als bei uns ist es hier in der Nacht auch sehr angenehm warm.« »Sehr gern! Also… wenn es dir nichts ausmacht.« »Sonst hätte ich nicht gefragt.« Sie hatten das Haus schließlich durch einen der vielen Ein- und Ausgänge verlassen und schritten über eine Steinterrasse. Es war tatsächlich unglaublich angenehm in der Nachtluft und jetzt wurde das Zirpen der Grillen auch deutlich lauter. Außerdem vernahm er irgendwann ein tiefes Knurren in der Ferne, das sicher von einem der Drachen stammte. Tao fragte sich, wo die während des Aufenthaltes waren, aber eigentlich interessierte ihn die Gegend hier viel mehr. Zumindest im Moment. »Was genau wird hier eigentlich passieren?«, fragte er dann an Kris gewandt, der neben ihm lief. »Es wird geredet. Viel geredet. Der König der östlichen Könighauses Eranian ist auch anwesend. Vermutlich ist dir nicht unbekannt, dass unsere Familien Generationen vor unserer Krieg geführt hatten. Eigentlich ist der Sinn dieses Treffens hier nur die Hoffnung, dass der kühle Frieden, der zwischen den Ländern herrscht, auch bleibt. Es ist wichtig, auch wenn eigentlich nicht viel passiert. Ein Fest für die hohen Tiere mit einem leichten Nebeneffekt«, erklärte Kris ihm dann vage. Tao nickte und glaubte, dass er verstanden hatte. »Du bist also eigentlich nur dabei, weil es sich so gehört?«, fragte er dann und Kris nickte. »Genau. Den anderen anwesenden Prinzen und Prinzessinnen geht es nicht anders. Reine Förmlichkeit.« »Aber wenigstens ist das Essen gut, was?«, sagte Tao mit einem Grinsen, das Kris mit einem amüsierten, kurzen Glucksen erwiderte. »Richtig.« »Na, wenn das nicht unser Drachenflüsterer und angehender Echsenkönig Kris ist«, kam von einer unbekannten Stimme und Tao drehte sich um. Er blickte in das Gesicht eines jungen Mannes mit dunklen Haaren, vollen Lippen und einem arroganten Blick. Er trug edle Kleidung und ein silbernes, verziertes Diadem (Oder eine kleine Krone – Tao war sich nicht sicher unter was es fallen würde) auf dem Kopf. Kris hatte sich ebenfalls umgedreht und beobachtete die Person mit einem ausdruckslosen Blick. »Hallo Kai.« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)