Rise of the Titans von Raija ================================================================================ Kapitel 29: Lockvogel --------------------- Kapitel 30 – Lockvogel Unsanft wurde ich aus meinem Schlaf gerissen, als sich eine Hand auf meinen Mund presste. Der Alkohol hatte mich in einen komatösen Schlaf versetzt, weshalb ich von meiner Umwelt nichts mitbekam. Mit panisch aufgerissen Augen sah ich Levi entgegen, während er einen Zeigefinger auf die Lippen legte. Ich verstand und nickte langsam, wodurch er die Hand von meinem Mund nahm. Danach deutete er mir an, zu ihm zu kommen. Erst da fiel mir auf, dass er vor meinem Bett kniete und den Oberkörper flach auf die Matratze gedrückt hielt. Fast geräuschlos krabbelte ich zu ihm und ließ mich von der Bettkante rutschen. Levi machte ein wenig platz und drängte mich unter das Bett, sobald ich auf dem Boden saß. Auf meinem fragenden Blick hin hielt er nur wieder einen Finger vor die Lippen. Da hörte ich es plötzlich: ein lautes Stampfen, das die Holzdielen unter mir vibrieren ließ. Geschockt presste ich die Luft aus meinen Lungen und schickte ein Stoßgebet gen Himmel. Die Vibrationen nahmen zu und das Poltern der Schritte näherte sich, ehe sie unvermittelt verstummten. Ich drehte den Kopf auf die Seite, sodass ich in den großen Spiegel an dem Kleiderschrank blicken konnte. Was ich darin erkannte, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Eine monströse Fratze lugte durch das Fenster in das Zimmer. Ich biss mir auf die Unterlippe, um nicht vor Entsetzen los zuschreien und blickte wieder auf den Lattenrost über mir. Da legte sich Levis Hand um meine und drückte sie sanft. Nun wandte ich ihm den Kopf zu und sah in seine dunklen Seelenspiegel. Es schien, als würde die Welt still stehen. In diesem Moment, in dem mein Herz wild in meiner Brust hämmerte und das Blut in meinen Ohren rauschte, gab es nur ihn und mich. Keinen Titanen, der vor der Tür stand und uns fressen wollte. Keine menschenfressenden Riesen, die die Menschheit auslöschten. Nur ihn und das mysteriöse Dunkel seiner Augen. Erleichtert atmeten wir auf, als wir vernahmen, wie sich die Schritte wieder entfernten. Wir krochen unter dem Bett hervor und sahen aus dem Fenster. Eine Meute von 5 Titanen hatte sich in der kleinen Wohnsiedlung versammelt. „Wir sollten zusehen, dass wir Land gewinnen", sagte Levi neben mir. „Mach dich bereit." Schon wandte er sich ab und ging die Treppe hinunter. Hastig griff ich nach meiner 3D-Manöver-Ausrüstung und legte sie an. Für die Flucht ausgerüstet stieg ich ebenfalls die Treppen hinab und hockte mich neben Levi, der sich hinter dem umgekippten Essenstisch positioniert hatte. Auch er war bereit das Weite zu suchen. „Was machen wir denn jetzt?", flüsterte ich und spähte über die Tischkante zur Terrassentür, wo gerade ein Paar Füße vorbei stiefelte. „Wir müssen warten, bis sie weiterziehen. Sie haben uns eingekesselt", knurrte Levi ebenso leise. Mit rasenden Gedanken sah ich mich um. Gab es denn gar keinen Ausweg? Was sollten wir nur tun? Da fiel mir plötzlich der Teppich auf, unter dem die Falltür lag. Eine Idee nahm Form in meinem Kopf an. Ich schlich dort hin und schob den Teppich weg, was mir Levis Aufmerksamkeit bescherte. „Was hast du vor?", fragte er skeptisch, während er beobachtete, wie ich die Tür öffnete. „In der Garage steht ein Quad. Wenn du dem Schotterweg folgst und dich links hältst kommst du an einen Wegweiser genau auf der gegenüberliegenden Seite vom See. Warte dort auf mich, wenn's geht", erklärte ich ohne ihn anzusehen. Stattdessen setzte ich mich auf die Kante und schwang die Beine in den niedrigen Kellerraum. Levi hielt mich unsanft am Oberarm zurück. „Ich frage nicht noch einmal", drohte er. Daraufhin wandte ich mich zu ihm um, wodurch ich nun mit den Füßen auf dem Boden der Kammer stand. „Ich werde sie ablen-" „Nein", unterbrach er mich unwirsch. „Was glaubst du denn, was sonst passieren wird?", fuhr ich ihn an. „Die trampeln noch das Haus nieder, während wir hier Däumchen drehen. Allein haben wir gegen sie keine Chance und einfach abhauen wird doch auch nicht klappen. Wer von uns beiden kann sie eher weglocken?" Es schien, als würde er wirklich über meine Worte nachdenken. „Ich will dir nicht noch einmal beim Sterben zusehen", offenbarte er dann. Zum zweiten Mal an diesem jungen Tagen stand meine Welt für einen Augenblick still. Noch nie hatte er seine Gefühle mir gegenüber geäußert, doch gaben diese Worte mir nun eine Vorstellung, was ich ihm bedeutete. Für einen kurzen Zeitraum war ich überwältigt und wie gelähmt. Dann umfasste ich sein Gesicht mit meinen Händen, zog ihn langsam ein Stück zu mir hinunter und küsste ihn. Der Kuss war kurz, allerdings lagen all meine Gefühle für ihn darin. Dabei wurde mir bewusst, wie sehr ich dieses Kribbeln auf den Lippen vermisst hatte, das er bei jedem Kuss bei mir auslöste. Widerwillig löste ich mich von ihm. „Vergiss den Kater nicht", erinnerte ich ihn grinsend, ehe ich auf die Knie sank und zu der kleinen Tür in der Holzwand krabbelte. Mir schlug das Herz bis zum Hals und mein Magen flatterte aufgeregt. Ob es wegen dem Kuss war oder die Angst vor dem Bevorstehendem vermochte ich nicht zu sagen. Langsam schob ich die Tür auf, als ein gigantischer Fuß genau davor auftrat. Nur mit Mühe konnte ich einen Aufschrei verhindern. Ich wartete bis der Titan einige Meter gegangen war, sah mich hastig um, bevor ich aus meinem Versteck flüchtete. Eilig rannte ich zum nächstgelegenen Baum, währenddessen zog ich die Controller für den 3D-Manöver-Apparat aus den Holstern. Es dauerte nur wenige Sekunden, da stand ich auf einem der höchst gelegenen Äste und überblickte die Situation. Allerdings blieb ich nicht lange unentdeckt. Bereits einer der Titanen hatte mir das Gesicht zugewandt und stampfte auf den Baum zu, auf dem ich mich befand. Mal wieder fragte ich mich, was ich an mir hatte, dass ich diese Biester anzog, wie das Licht die Motten. Mit Daumen und Ringfinger im Mund stieß ich einen lauten Pfiff aus, was mir die Aufmerksamkeit aller fünf Titanen einbrachte. Das letzte Mal, als ich den Lockvogel gespielt hatte, wäre ich beinahe ums Leben gekommen. Ich sah diese Erfahrung als eine Generalprobe. Mit einem Klos im Hals beobachtete ich die herannahende Gruppe. Die Generalprobe war damals schief gegangen, also sollte ich nun nichts zu befürchten haben, oder? Ich sah Levi, der durch die Hintertür zur Garage sprintete, unbemerkt von den Menschenfressern. Erleichtert atmete ich auf, als ich das Starten des Motors vernahm. Also war ich nun an der Reihe. Um sie von Levi abzulenken, schoss ich die Anker in den nächsten Baum und schwang mich rüber, in die entgegengesetzte Richtung, in die Levi floh. Einige Zeit pendelte ich schon zwischen den Bäumen hin und her, wobei ich die Distanz zu Levi und dem Haus immer weiter vergrößerte. Noch immer wurde ich von den Fünfen verfolgt. Zu meinem Glück hatte sich keiner von ihnen als Abnormaler entpuppt, sonst hätte ich alt ausgesehen. Mittlerweile schätzte ich, dass ich sie lange genug abgelenkt hatte. Auf einer hohen Fichte wartete ich, bis sie nahe genug herangetreten waren, machte einen großen Bogen um sie und eilte so schnell wie möglich zurück Richtung des Ausgangspunktes. Dabei behielt ich immer den See im Blick, denn ich hatte mich mit Levi auf der anderen Seite verabredet. Der See war dafür, dass er sehr langgezogen war, nicht sonderlich breit. Nun suchte ich nach einer Stelle, an der ich ihn überqueren konnte. Plötzlich brachen unweit von mir die Äste auseinander und ein weiterer Titan tauchte auf. Gut, dass wir die Ausweichmanöver bis zum Erbrechen geübt haben, schoss es mir durch den Kopf, als ich dem Maul ausgewichen war. Der Titan wandte sich um und startete einen weiteren Versuch mich zu fassen zu bekommen. Auch dieses Mal konnte ich ihm entkommen. Da entdeckte ich die passende Stelle um den See zu überqueren. Leider befand sich auf der gegenüberliegenden Seite kein Baum, in dem sich meine Anker verhaken konnten, also warf ich sie in den erdigen Boden aus. Während ich auf den See zusteuerte, machte der Titan einen Satz nach vorne und schnappte mit weit aufgerissenem Mund nach mir. Haarscharf sauste er hinter mir vorbei und biss in einen Baumstamm. Einem Wasserskiläufer gleich fuhr ich über die Wasseroberfläche und hoffte vorher nicht noch unter zu gehen. Rasant näherte sich das Ufer und als ich dort ankam, blieb ich mit den Füßen in der Erde hängen, weshalb ich vorn über fiel. Direkt in Levis Arme. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)