(Außer)Gewöhnlich von RedRidingHoodie ================================================================================ Kapitel 2: Februar ------------------ Sie hatte immer um Ihn kämpfen müssen, aber das war Ihr nie falsch erschienen. Er war so viel besser als Sie, so viel besser als jeder andere, da war es nur natürlich, dass man sich um Ihn bemühen musste. Zuerst hatte Sie um Seine Anerkennung und Freundschaft kämpfen müssen. Er war immer, selbst als Kind, sehr anspruchsvoll mit sich selbst und entsprechend auch mit den Menschen gewesen, die Er an sich ran ließ. Trotzdem hatte ihre Gruppe sich irgendwann ganz natürlich gefunden; Er, Sie und ihrer beider bester Freund. Während ihrer Schulzeit hatte Sie dann mit Ihrer besten Freundin um Seine Gunst gekämpft. Die Mädchen waren beide Hals über Kopf verliebt und es hatte lange gedauert, bis Ino erkannt hatte, dass ihre Gefühle nur eine Schwärmerei waren. Erst als das klar war, konnten sie wieder ehrlich Freundinnen sein. Dann, nach ihrem Abschluss, hatte Sie kämpfen müssen, um zu überleben, als Er weglief ohne irgendwem ein Wort zu sagen. Er war über Nacht verschwunden und mit Ihm ein so enormer Teil Ihres Lebens, dass Sie lange nicht wusste, was Sie mit sich anfangen sollte. Und gerade, als Sie glaubte, sich in Ihrem Medizinstudium gefunden zu haben, starb Sein Vater und Er kehrte zurück. Nicht mit der Intention zu bleiben, wie Er mehrmals klarstellte, aber Er war da und stellte Ihr Leben damit auf den Kopf. Kontakt wollte Er keinen, weder mit Ihr noch mit ihrem besten Freund, doch nach einer peinlichen, handgreiflichen Auseinandersetzung zwischen den Jungs auf der Beerdigung pendelte ihre Freundschaft sich zu etwas Ähnlichem wie vor Seinem Weggang ein. Und damit fing für Sie ein neuer Kampf an. Sie kämpfte mit sich selbst um die Einsicht, dass sie nie mehr sein würden als Freunde und Sie kämpfte gegen die Sehnsucht, die Er bei Ihr auslöste, jetzt, wo Sie Ihn mit den Augen einer Frau sah, nicht mit denen eines Mädchens. Zu einer Frau hatte Sie ein anderer gemacht, denn Sie hatte nie auf Ihn gewartet, sondern immer um Ihn gekämpft. Aber jetzt, wo Er so nah und doch so fern war, war es, als hätte jemand Ihr das Wort ´Sehnsucht` in brennenden Buchstaben auf den Laib tätowiert; Sie war geradezu süchtig nach Seinem Anblick, Seiner Nähe, Seinem Duft. Erwartet, dass etwas passieren würde, hatte Sie schon lange nicht mehr. Sie hatte nur Zeit mit Ihm verbringen wollen, Seine Stimme hören. Mit Ihm vom Dach der Uni aus beobachten, wie der Sonnenaufgang den neuen Tag in Gold badete. Zum ersten Mal mit Ihm einen gemeinsamen Kampf ausfechten, als dicke Schneeflocken und schneidender Wind ihnen entgegen peitschten. Und dann war es passiert, so plötzlich, dass Sie sich noch am nächsten Tag, als Sie in Seinem Bett aufwachte, fragte, ob es nicht einer Ihrer häufigen Träume war. Aber nein, da hatte Er gelegen und Er hatte Sie geküsst, während gefrorene Eiskristalle auf ihren Gesichtern schmolzen. Irgendwann im Laufe des Jahres, welches seit dieser Nacht vergangen war, hatte Er gestanden, dass es Ihr Geruch gewesen war, der Ihn damals übermannt hatte. Nach Niveacreme, Zigaretten und Winter hatte Sie gerochen und Sie empfand es wie Ironie des Schicksals, dass dieser Hauch von nichts Ihre innigsten Wünsche erfüllt hatte, während all die Parfüms, Cremés, Tiegel und Wässerchen, die Sie in all den Jahren benutzt hatte, um Ihm zu gefallen, nie etwas gebracht hatten. Der Geruch nach Rauch stammte von einem unangenehmen Laster, vor allem für eine Medizinstudentin, aber seit Sie damals angefangen hatte, um mit Ihm in der Pause rauchen zu können, hatte Sie nicht mehr aufhören können. Es war, als würden die weißen Stangen sie miteinander verbinden, selbst, als Er gegangen war, selbst, als Er schon lange aufgehört hatte zu rauchen. Es war wie ein Zeichen dafür, dass Sie Ihn immer geliebt hatte, wie schlecht Sein Einfluss auf Sie auch gewesen sein mochte. Und dann hatte Sie endlich aufhören können zu kämpfen. Nicht, weil Er Ihr Ritter in der goldenen Rüstung war; in all den Jahren hatte Sie gelernt, dass Sie einen solchen gar nicht brauchte. Sondern weil Sie jetzt hatte, was Sie immer gewollt hatte. Und weil Sie sich bewusst war, was für ein riesiges Glück Sie da gehabt hatte, beschwerte Sie sich nie, wenn Er Seine Skripte in der ganzen neuen Wohnung verteilte oder wenn Er sich eine Woche lang in Sein Arbeitszimmer einsperrte, weil Er gerade einen Schreibfluss hatte, und dann kein Wort mit Ihr sprach oder wenn Er Ihr offen ins Gesicht sagte, dass das Essen, welches Sie mühsam und extra für Ihn gekocht hatte, grauenhaft schmeckte. Sie sagte nichts, wenn Er spät nach Hause kam oder ohne Sie auf Geschäftsreisen ging. All das war schon in Ordnung. Denn ein bisschen Alltag würde ihre außergewöhnliche Beziehung schon außhalten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)