Cherry Tomato Salad von Ashelia (SasuSaku Oneshot/Ficlet Sammlung) ================================================================================ Kapitel 1: The Smell of Fresh Paint ----------------------------------- Es war ein Monat her, dass Sakura offiziell bei ihrem Kindheitsschwarm Sasuke eingezogen war. Nicht, dass es lange war, verglichen zu der Zeit, die sie gebraucht hatten um an diesen Punkt zu gelangen. Denn obwohl ihre Gefühle schon seit einem Jahrzehnt für ihn bestanden, waren sie nicht um das übliche Katz-und-Maus Spiel umher gekommen.  („Erstmal müsste er sein Vokabular erweitern.“ „Sie ist viel zu anhänglich.“) Doch trotz indirekter Beleidigungen und der wörtlichen Distanz, die sie so mühevoll aufgebaut hatten, gewann die Zuneigung eines Tages die Oberhand. Treffen, welche Naruto und Kakashi kurzfristig absagen mussten (Beide waren schlechte Lügner), verloren an peinlichem Schweigen und aus einer traurigen Vergangenheit erblühte etwas Neues.  Etwas, was Sasuke schon bald wieder Familie nennen konnte. Wenn er sie nicht vorher eigenhändig umbringen würde. „Wirklich, Sakura? Rosa?“, fragte er als er den Raum betrat. Er hätte wissen müssen, dass es ein Fehler war, sie das leerstehende Zimmer streichen zu lassen. Dass sie zu dieser Farbe tendieren würde.  Doch als Antwort strahlte sie ihn nur freudig an: „Gefällt es dir nicht?“ Die Ernsthaftigkeit ihrer Frage überraschte ihn. Wie konnte sie glauben, dass er je zustimmen würde ein gesamtes Zimmer in der Farbe ihrer Haare zu streichen? „Es ist nicht irgendein Rosa“, fuhr sie fort „Die Farbe nennt man Zartrosa.“ An seinem Gesichtsausdruck las sie jedoch ab, dass das keinen Unterschied machte. „Wirklich, du hättest sehen sollen, welche schrecklichen Farben Naruto vorgeschlagen hat“, erzählte sie um ihn zu besänftigen.  „Du warst mit Naruto die Farbe aussuchen“, wiederholte der Schwarzhaarigen „die Farbe für unser Zuhause? Für das Zimmer unseres Kindes?“ „Nun ja...“, antwortete sie verlegen, stemmte dann allerdings die Hände in die Hüfte: „Komm, tu jetzt nicht so als wolltest du mich bei der Auswahl begleiten!“ Er rollte mit den Augen und versuchte gar nicht weiter auf diese Frage einzugehen, da er wusste, wann er verloren hatte. „Und wo steckt der Idiot nicht? Er kann dich doch nicht allein streichen lassen mit...“ Er deutete auf die Wölbung ihres Bauches, woraufhin sich eine ihrer Augenbrauen skeptisch hob. Nicht, dass sie nicht wusste, was er meinte, aber er und Naruto hatten schon mehr als einmal geschafft sie als rundlich zu beschreiben, was mit Kopfnüssen resultierte. „In deinem Zustand, meine ich“, schaffte er sich zu retten, was sie zufrieden stimmte. Glück gehabt. „Er ist gegangen als ich mich nicht für seine Farben entschieden habe“, sagte sie nonchalant und zuckte mit den Schultern. Die Antwort ließ Empörung in ihm aufkommen, wo der Dummkopf doch genau wusste, dass sie weder schwer tragen noch auf Leitern steigen sollte. Wobei ihm da gerade auffiel, dass sie unten angefangen hatte. „Außerdem habe ich doch einen starken Mann zu Hause, der mir dabei helfen kann." Dabei legte sie ihre Arme um seinen Hals und lächelte ihn liebevoll an. Bei der fehlenden Regung in seinem Gesicht sprach sie weiter: „Ich glaube Orange hättest du noch weniger sehen wollen.“ Das rang ihm ein schwaches Grinsen ab: „Wer weiß, ob dann nicht unser Kleines noch Augenkrebs bekommt.“ „Kleine“, korrigierte sie ihn, doch bemerkte dann ihren Fehler und schlug die Hände über dem Mund zusammen.  Einen Moment herrschte Stille zwischen ihnen, während Sasuke verarbeitete, was seine Freundin gerade zu ihm gesagt hatte. Natürlich hätte er es sich denken können, doch hatten sie zu Anfang ausgemacht, sich das Geschlecht nicht verraten zu lassen.  „Du hast unsere Abmachung also gebrochen“, stellte er fest und tippte mit dem Zeigefinger gegen ihre Stirn - so wie es sein Bruder damals so viele Male mit ihm gemacht hatte. „Ja, hab ich, Uchiha, oder wolltest du, dass unsere ganze Wohnung blau wird?“, erwiderte sie und streckte ihm die Zunge heraus. „Ein Zimmer darf wohl die Ausnahme von deinem Blauwahn bilden.“ „Jetzt fällt mir wieder ein, weshalb wir nicht verheiratet sind.“ „Hey!“, machte sie entsetzt, ihre Augen in Schock geweitet. Doch bevor ihre zierlichen Fäuste seinen Brustkorb erreichten, hatte er sich schon geduckt. Seine Arme schlangen sich um ihren Körper und sein Gesicht legte sich an ihren Bauch. Die plötzliche Nähe, die von seiner Seite kam, ließ sie inne halten.  „Hörst du, wie viel du deiner Mutter jetzt schon bedeutest? Aber mach ihr das Regel brechen später nicht nach“, murmelte er kaum hörbar, doch Sakura hatte Übung seine Worte zu entziffern. Liebevoll strich sie ihm durch das schwarze Haar, welches hoffentlich das Kind in ihr später auch besitzen würde.  Tränen der Zuneigung standen in ihren Augen, als er sich schließlich von ihr löste: „Dann bereiten wir unserem Familienzuwachs ein schönes Zuhause.“ Mit heftigem Nicken, nahm sie ihn an der Hand und zeigte ihm die besorgte Farbe. Neben dem Zartrosa stand je ein Eimer mit Weiß und Rot, die für die Zeichen seines Clans standen - das Zeichen, welches sie und ihr Kind später auf dem Rücken tragen würden. Kapitel 2: Dropping your guard ------------------------------ Die Sonne schien auf Team 7 herab, als würde sie auf das Wiedersehen der Vier und das Verzeihen herablächeln. Doch der Geruch von Blut, Dreck, Schweiß und Tränen heftete an jedem von ihnen... Nicht jetzt. „Ich muss mich konzentrieren“, erklärte sie angestrengt. Entschuldigungen wurden ausgesprochen und vergeben. Und für diesen einen kleinen Moment war die Welt perfekt. Alles, was danach geschah, fühlte sich für die Kunoichi surreal an. Es war so plötzlich, dass sie sich wieder in einer fast normalen Routine wiederfand, dass es schon erschreckend war. Hatte sie geholfen, die toten zu bergen? Wie viele Tage waren vergangen, die sie nun schon Verwundete versorgte? Wie oft, war sie an die Grenzen ihres Chakras gekommen? Sie wusste es nicht mehr. Dunkle Wolken schoben sich über den Himmel und verdunkelten das Dorf. „Sakura-chan?“, fragte Naruto und wedelte mit seiner gesunden Hand vor ihrem Gesicht. Anscheinend hatte sie geträumt. „Ich dachte, du wärst schon nach Hause. Du kommst noch zu spät!“ Verwirrt blinzelte sie, bis ihr die schwarze Kleidung auffiel, die ihn um einiges ernster und erwachsender wirken ließ. „Huh...? Oh, stimmt!“, sagte sie ganz verdutzt „Tut mir Leid, ich weiß echt nicht wo mir im Moment der Kopf steht..." „Kein Problem!“, lachte ihr Teamkamerad „Komm nur nicht zu spät.“ Mit diesen Worten war er dann auch schon aus der Tür verschwunden, was sie schmunzeln ließ. Wohin er es wohl so eilig hatte? Sie konnte es sich denken... Sie schüttelte den Kopf und versuchte ihre Gedanken beieinander zu halten. Nach ein paar Notizen auf ihrem Klemmbrett, konnte sie es ablegen und sich von allen verabschieden. („Bis morgen.“ „Wir sehen uns gleich, oder?“ „Bis später.“ „Versuch dich etwas auszuruhen.“) Sie fragte sich, wie man so viele nette Worte und Gesten mit diesem Tag vereinbaren konnte, der für die Trauer gedacht war. Besonders wo diese sie kaum betraf. Natürlich, war sie traurig, über jedes Leben welches sie nicht retten konnte, aber es war ihr Alltag geworden es zu akzeptieren. Ein Krieg forderte Opfer und sie konnte froh sein, dass es niemanden ihrer Liebsten getroffen hatte. Aber war das nicht falsch gegenüber denen, die einen Verlust einbüßen mussten? Ino hatte ihren Vater verloren, Hinata ihren Cousin. Wer entschied wer aus dem Leben gerissen wurde und wer bleiben durfte? Der Sekundenzeiger der Uhr raste, während sie sich zuhause umzog. Der Blick in den Spiegel verriet ihr, dass sie furchtbar aussah. Blass und müde. Wann hatte sie das letzte Mal gegessen? Sie konnte sich nur an ihre letzte Tasse Kaffee im Krankenhaus erinnern. Der Kaffee half ihr wach zu bleiben. Einsatzbereit, nützlich. Und mit ihrem Können wurde sie gebraucht. Es hatte schon immer zu wenig Heiler gegeben, nun bekamen sie die Konsequenzen dafür zu spüren. Spät dran wie sie war, hörte sie schon den Sprecher Worte des Trostes sprechen. Über mutige Taten und das Geschenk des Lebens, dass allen gegeben wurde. Dass jeder das Glück hatte geliebt zu werden. Ihre Augen weiteten sich als sie die Person außerhalb der Versammlung erkannte: mit den Händen in den Hosentaschen, stand Sasuke weit hinter den Reihen der Trauernden. An seinem Gesicht erkannte sie, dass er nicht mit ihrer Ankunft gerechnet hatte. „Hast du es geschafft, Tsunade-shishou endlich zu entkommen?“, scherzte sie. Es folgte keine Antwort von ihm. Nicht, dass sie eine erwartet hatte. „Weißt du wie viele gestorben sind?“, fragte sie leise, ihr Ton ernst. Ein Blick von ihm und sie fuhr fort: „Ich hab den Report heute morgen gelesen. Alleine in Konoha sind es 267. Zweihundertsiebenundsechzig. Und es werden immer noch Leute vermisst.“ Weiter vorne sprachen verschiedene Familien von ihren Angehörigen, die sie verloren hatten. Ein Kind weinte. „Darf ich dich etwas fragen?“ „Hn.“ „Wie viele davon hast du getötet?“ Sie biss sich auf die Unterlippe. Ihren früheren Teamkameraden Sasuke hätte sie eine solche Frage nie gestellt, ihm solch ein Verhalten sogar nie unterstellt. Aber er war nicht derselbe. Zwar hatte er seine Taten entschuldigt, doch bereute er sie auch? Diese Fragen schwirrten in ihrem Kopf herum, während ihr Gegenüber mit ganz anderen Gedanken zu kämpfen hatte: Würde sie ihm glauben, wenn er die Wahrheit sagte? Die Stimmen verebbten im Schweigen. Waren sie schon an dem Punkt angekommen, wo sie den Toten die letzte Ehre erwiesen und ihnen eine Blume ins Grab gaben? Bevor sie jemand entdecken konnte, kehrte sie der Menschenansammlung den Rücken zu und entfernte sich. Ihr Brustkorb bebte und ihre Augen brannte. „Ruhig bleiben“, sagte ihr Verstand, doch ihr Körper hörte nicht auf ihn. Plötzlich riss er sie am Handgelenk zu sich herum. Ihre grünen Augen schimmernd mit unvergossenen Tränen sahen ihn unverwandt an, bevor die erste Träne sich den Weg über ihre Wange bahnte. Hastig ließ er sie los, überrascht über ihre Reaktion. Hatte er etwas falsch gemacht? Hatte er sie zum Weinen gebracht...? Bevor er die Frage äußern konnte, begannen ihr die Worte aus dem Mund zu stolpern: „T-Tut mir Leid. I-Ich muss hier weg.“ Doch als ein weiteres Mal versuchte die Flucht anzutreten, hörte sie seine dunkle Stimme ihren Namen sagen: „Sakura...“ Allein ihr Name in seinem Mund hatte eine beruhigende Wirkung auf sie. Als verleugnete ihr Körper, dass er je weg gewesen war, ließ sie jegliche Hemmungen fallen und ihren Tränen freien Lauf. „Warum... warum kann ich nicht trauern wie die anderen?“, fragte sie „I-ich weiß, ich weine. Aber ich weine nicht um die Verstorbenen. Ich weiß, dass ich Neji nie wieder sehen werde, aber da ist kein Gefühl dazu. Er ist einfach weg, ich weiß das. Ich weiß, dass ich Ino‘s Vater nicht hätte retten können, obwohl er immer freundlich zu mir war. Aber alles was ich fühle ist...“ „Hilflosigkeit“, ergänzte er das letzte Wort als wäre er die Ruhe selbst. Kurz flackerte Verwirrung in ihren Augen auf, ehe sie vehement nickte. Langsam und etwas unbeholfen, schloss er die Distanz zwischen ihnen und legte einen Arm um ihre Schultern. Er kannte dieses Gefühl selbst nur all zu gut. Sie waren beide verletzlich, immer gewesen. Wahrscheinlich war es deswegen, dass er in ihrer Nähe seinen Schutz nicht aufrecht zu erhalten brauchte. Kapitel 3: After the Storm we heal ---------------------------------- Mit steten Schritten ging die Medic-Nin durch den Flur, bedacht keinen ihrer Gedanken preis zu geben. Ihrer Blick war unentwegt nach vorn gerichtet, dabei würde sie nur zu gerne auf der Stelle kehrt machen und wieder gehen. Seit nun sechs Tagen, sträubte sich alles in Sakura sich auf den Weg in dieses Zimmer zu machen. Aber sie musste ihrer Verantwortung nachkommen. Vor der Tür blieb sie noch einmal stehen, zögernd während ihre Hand bereits auf der Türklinke ruhte. Sie atmete tief durch, dabei ging sie davon aus, dass sich an diesem Tag nichts ändern würde. Sieben Tage war es nun her. Tränen standen in ihren grünen Augen als sie ihren besten Freund gegenüber ihres damaligen Teamkameraden sah, der nun als Abtrünniger galt. „Tötet ihn“ waren die Anweisungen der Dorfältesten gewesen und sie hatte es versucht. Sie hatte keinen anderen Ausweg gesehen und versucht, die Person umzubringen, die sie liebte, nur um es zutiefst zu bereuen. Naruto war anders. Sie wusste, dass er nicht versuchen würde Sasuke zu töten. Das konnte er nicht. Denn im Gegensatz zu ihr, hatte er nie daran gezweifelt, dass noch etwas Gutes in Sasuke steckte. Doch neben der Unsicherheit, wie Sasukes Absichten waren, fürchtete sie sich über das Ausmaß des Kampfes. Nun stand sie dort. Noch immer hallte der gleichzeitige Schrei in ihren Ohren, wenn sie daran dachte wie Sasukes Chidori und Narutos Rasengan kollidierten. Es war furchtbar gewesen, es mit eigenen Augen zu sehen. Auf der anderen Seite war es ein Glück, dass sie dort gewesen war. Der Zusammenstoß der zwei Angriffe erzeugte ein gleißend helles Licht, welches Sakura für kurze Zeit blendete. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis ihre Augen sich erholt hatten und sie sehen konnte, was geschehen war. Tränen rollten bereits über ihre Wangen, weil ihr Verstand ihr einbläute, dass sie nun alles verloren hatte. Aber das war voreilig. Zitternd ging sie langsam auf die beiden zu, die sie verschwommen durch die Tränen sah. Ihre Schritte beschleunigten sich als sie sah, dass ihr Verstand Unrecht hatte. Sasuke kniete neben Naruto und hastig ließ sie sich neben dem Uchiha nieder. „Naruto...,“ hauchte sie atemlos. Der Boden um sie herum hatte sich rot gefärbt von dem Blut der beiden. Sasuke war zu kraftlos um Sakura viel Aufmerksamkeit zu schenken, doch bei dem verzweifelten Klang ihrer Stimme hob er seinen leeren Blick. Was hatte er getan? „Halte durch, ja? Naruto, du musst durchhalten, hörst du mich?“, schluchzte sie während grünes Chakra unter ihren Händen aufleuchtete und seinen Körper heilte. Zu spät bemerkte sie, wie die Kraft den Körper des Schwarzhaarigen verließ und er neben ihr zusammenbrach. Sie hatten ihren letzten Rest Chakra verbraucht um die beiden außer Lebensgefahr zu bringen. Sie wusste nicht mehr wie, aber irgendwie waren sie wieder in Konoha angekommen und Naruto (und später Sasuke) waren ins Krankenhaus eingeliefert worden und schließlich - nachdem sie sich selbst erholt hatte - waren sie in ihrer Obhut. Sie öffnete die Türe und betrat das Zimmer, wo ihr blonder Teamkamerad am Bett seines schwarzhaarigen Freundes saß. „Naruto?“, fragte sie und seine blauen Augen blickten auf „Wie oft muss ich dir das noch sagen? Du solltest in deinem Zimmer bleiben.“ Jedoch fielen ihre Worte nicht so strikt aus, wie sie es gerne gehabt hätte. Sie hasste es wenn man ihre Regeln missachtete und noch mehr hasste sie es, wenn es jemand tat, der ihr nahe stand. Und Naruto überhörte die Krankenhausregeln grundsätzlich. Aber ihn an Sasukes Bett zu sehen, schmerzte sie auf eine seltsame Art und Weise, besonders wo seine eigenen Verletzungen noch nicht verheilt waren. Sie wusste, dass niemand außer ihm sich um Sasukes Wohlergehen sorgte geschweige denn ihn besuchen würde (Kakashi war ebenfalls verletzt worden und genoss seine Krankenhauszeit in vollen Zügen mit einem seiner Lieblingsbücher). Ein Teil von ihr bewunderte Naruto für seine Stärke vergeben zu können, auf der anderen Seite verstand sie es nicht. Wie brachte er nur diese Kraft auf? Würde sie an seiner Stelle auch an seiner Seite sitzen? Teils hatten sie Schuldgefühle dazu bewegt sich nicht nur um Naruto sondern auch um Sasuke zu kümmern. Wie hatte sie nicht bemerken können, dass er neben ihr ohnmächtig geworden war? Naruto hatte einen starken Willen, weshalb er auch immer wieder aufstand, aber sie war sich nicht sicher ob Sasuke diese Kraft noch besaß. „Sakura-chan...“, unterbrach Naruto ihre Gedanken und sprach genau die Frage aus, die sie sich seit ein paar Tagen stellte „Was denkst du? Wann wird Sasuke wieder die Augen aufmachen?“ Ihre Mundwinkel begannen zu zucken, als würde sie sich wehren zu antworten. Die Ironie in seiner Frage, machte sie traurig, denn Sasuke‘s Augen hatten dank des Amaterasu‘s schwere Schäden davon getragen und waren mit Bandagen verbunden, die sie täglich wechselte. Selbst wenn er die Augen wieder öffnen würde, würde er die Welt nicht so sehen wie früher. Aber Naruto hatte mit seiner Frage auf etwas anderes hinaus gewollt. „Ich weiß es nicht“, antwortete sie ehrlich und wünschte sich als sie seinen Gesichtsausdruck sah, etwas Positiveres zu berichten zu haben. Aber egal, wie sehr es ihn verletzen würde, sie mussten beide mit der Wahrheit umgehen können, egal, wie die Zukunft aussehen würde. „Es kann auch sein, dass er gar nicht aufwachen wird...“, flüsterte sie kaum hörbar. Statt zu protestieren, überraschte der Uzumaki sie, indem er akzeptierend schwieg. --- Es war zwei Tage später als Sakura aus Tsunade‘s Büro kam und ihre Runde durch das Krankenhaus machte. Ihr Hals hatte sich zusammengezogen und sie hatte das Gefühl sie würde kaum Luft bekommen. „Wir können nicht ewig warten, dass er aufwacht oder stirbt.“ Sie wusste, dass Tsunade zu dieser Entscheidung gezwungen worden war. Die Mehrheit des Dorfes sah den Uchiha als Bedrohung und interessierte sich nicht für seine Genesung. Wahrscheinlich hatte die Hokage schon die längst mögliche Zeit für ihn herausgeschlagen, aber es war trotzdem ein Schlag ins Gesicht. Die letzten achtundvierzig Stunden hatte es in seinem Zustand keine Veränderungen gegeben. Wie hoch stand die Chance, dass es sich nun ändern würde? Ihr Verstand wusste die Antwort, aber sie weigerte sich, sie zu glauben oder sie nur aus dem Mund eines anderen zu hören. Natürlich hatte sie darüber nachgedacht, aber es anzunehmen und als Wahrheit zu akzeptieren war eine ganz andere Geschichte. Es ging nicht. Ausgeschlossen. Auch wenn sie es nicht offen zeigen würde, aber es war mehr eine Formsache. Schweren Herzens machte sie sich auf den Weg in das Zimmer des Schwarzhaarigen. Wie sollte sie Naruto Tsunades Nachricht erklären? Sollte sie ihm überhaupt davon erzählen? Er war sich selbst noch von den Folgen am Erholen, mehr psychisch als physisch. Aber es war doch ihre Pflicht, sie stand ihm und Sasuke am nächsten. Der Gang zu Sasukes Zimmer kam ihr so lang vor und trotzdem war er zu kurz um sich zu entscheiden. Was würde sie dem Blonden sagen, wenn er wieder an seinem Bett saß? Sie schluckte, doch als sie das Zimmer betreten wollte, zögerte sie. Da. Hatte sie sich das eingebildet? Die Rosahaarige runzelte die Stirn. Schon wieder. Sie brauchte einen Moment um das Geräusch einzuordnen, dass sie so aus der Bahn geworfen hatte. Kein Wunder, denn es schien ihr eine Ewigkeit, dass sie es das letzte Mal gehört hatte. Jemand lachte. Nein, nicht Jemand. Sie kannte dieses Lachen besser als jedes andere und trotzdem musste sie die Türe öffnen und es mit eigenen Augen sehen, bevor sie es wahr haben konnte. Und selbst das reichte ihr nicht. Da stand sie nun, im Türrahmen, an der Schwelle des Zimmers, nicht fähig einen Schritt hinein zu machen. Nicht fähig ihre Augen von dem Bild, das sich ihr dort bot, abzuwenden. Ein lachender Naruto saß an Sasukes Bett und klopfte diesem auf die Schulter. Der Schwarzhaarige saß aufrecht in seinem Bett und Sakura bemerkte sein angespanntes Gesicht. Auch ohne den Ausdruck in seinen Augen zu sehen, war es nicht zu übersehen, dass er genervt war. „Lass deine Finger von mir!“, knurrte er auf Narutos Schulterklopfen, doch dieser schien sich nicht davon stören zu lassen und lachte weiter. „Jajaja... gerade erst wieder von den Toten zurück und schon schlechte Laune verbreiten. Das ist so typisch für dich!“ Sasuke gab nur einen genervten Laut als Antwort (zu gut wusste er, dass eine Wand gehorsamer wäre als Naruto) und es dauerte nicht lange bis Sakura von ihrem blonden Teamkameraden entdeckt wurde. „Schau mal, Sakura-chan, wer wach geworden ist!“, verkündete er euphorisch und zeigte mit dem Finger auf den Schwarzhaarigen, der es zwar nicht sehen konnte, aber diese Geste wohl spürte, denn sein Körper spannte sich unwohl an. Langsam trat sie an die beiden heran, während die Realität langsam auch für sie greifbar wurde. Sasuke war wach geworden. Im Gegensatz aller Erwartungen. Es folgte ein Moment der Stille den Naruto mit einem sanften „Sakura-chan“ unterbrach. Der Blonde war, nicht so wie der Uchiha, in der Lage das Glitzern der Tränen in ihren Augen zu entdecken. Fast war es wie ein Déjà-vu, hätte sie sich im nächsten Moment Sasuke an den Hals geworfen. Aber das tat sie nicht. „S-Schön...“, sagte sie, ihre Stimme zitterte ungewollt „Ich werde Shishou davon berichten. Entschuldigt mich.“ Zurück blieben ein sprachloser Naruto und ein ahnungsloser Sasuke. Die Hand des Uchihas grub sich in die weiße Decke. ‚Schön‘? Das war alles, was sie zu sagen hatte? Hätte er wenigstens die Reaktion auf ihrem Gesicht sehen können, dann hätte er gewusst ob ihre Stimme vor Freude oder Wut gezittert hätte. Soweit er zurück denken konnte, hatte er sie immer fröhlich in Erinnerung, aber er könnte auch ihre Wut verstehen. Er hatte versucht ihr Zuhause zu zerstören, ihren besten Freund zu töten. Dass er das nicht aus vollem Herzen getan hatte, konnte sie nicht wissen. Diese Dunkelheit um ihn herum machte ihn wahnsinnig. Er war immer ein guter Beobachter gewesen, aber was nutzte ihm das jetzt noch? Er war entsetzt gewesen, als Naruto ihm in Kurzform erklärt hatte, dass sein Augenlicht stark beschädigt war. Am liebsten hätte er sich die Bandagen aus seinem Gesicht gerissen und die Augen geöffnet und ihm bewiesen, dass es Unsinn war. Aber er hatte zuviel Angst gehabt, dass es stimmen könnte, dass er keine Anstalten machte es zu probieren. Was wäre er noch ohne seine Augen? Ohne seine Sharingan war er nicht mehr als ein gewöhnlicher Shinobi und ohne sein Augenlicht war er sogar weniger als das. Mittlerweile hatte sich sein Griff so sehr verstärkt, dass seine Knöchel weiß hervortraten und selbst Naruto bemerkte nun seine Stimmung. „S-Sasuke?“, fragte er „Was ist los?“ Nun bemerkte der Uchiha wie sehr er seine Gefühle gezeigt hatte und versuchte sich ein wenig zu entspannen. „Nichts“, brachte er zwischen den Zähnen heraus. Irgendwie musste er wenigstens nach Außen hin zeigen, dass er seine Situation akzeptierte, auch wenn er es in Wirklichkeit nicht konnte. Dafür war zu vieles ungewiss. Er tastete mit seiner Hand nach seinem Kissen, wo er seinen Kopf ablegte, was Naruto wohl klar signalisieren sollte, dass er seine Ruhe wollte. Aber in Wahrheit spielte sich der letzte Kampf vor seinem inneren Auge ab, wie Sakura neben ihm kniete, um Naruto weinte. Das waren die letzten Bilder gewesen bevor die Dunkelheit ihn verschlungen hatte. Inzwischen schritt Sakura schnell den Gang entlang. Tränen, die sich in ihren Augen sammelten, ließen ihre Sicht verschwimmen, dass sie fast gegen die nächste Person gelaufen wäre. „Sakura?“, fragte eine bekannte Stimme und als sie blinzelte erkannte sie die vertrauten blonden Haare und die honigfarbenen Augen. „Entschuldigen Sie, Shishou, ich hätte besser aufpassen müssen“, murmelte sie und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. „Ich ... war gerade auf dem Weg zu Ihnen.“ Ein Lächeln war auf ihren Lippen, was nicht ganz zu ihren tränenden Augen passte aus Tsunades Sicht. „Sasuke ist aufgewacht“, verkündete die Rosahaarige nach tiefem Durchatmen und gerade als Tsunade ihren Mund öffnete um etwas zu sagen, brachen die Worte aus ihr heraus: „Das ist wunderbar, ich weiß, aber es ist gleichzeitig so seltsam. Ich meine, er ist hier und alleine ihn zu sehen bringt mich so durcheinander, dabei bin ich doch keine 13 Jahre mehr, dass es meine Welt erschüttern sollte, aber trotzdem-“ „Vergiss das Atmen nicht“, unterbrach die Hokage sie und berührte sie besorgt an der Schulter. Für einen Moment schloss Sakura die Augen und atmete ein weiteres Mal tief durch, ehe sie zum Punkt ihres Geredes kam: „Ich kann das Alles nicht.“ Für diese Worte wurde sie allerdings mit einem ernsten Blick gestraft. „Sakura, wir haben darüber gesprochen, erinnerst du dich?“ Es war kurz nachdem sie wieder in Konoha angekommen waren. Im Gegensatz zu Sasuke, war Naruto ohne Umwege ins Krankenhaus gebracht worden, während der Uchiha in eine Sonderzelle gebracht worden war. Da Naruto noch nicht wieder aufgewacht worden war, hatte Sakura es als ihre Pflicht gesehen sich dafür einzusetzen, dass beide ordentlich versorgt wurden. „Du weißt, er stellt ein Risiko dar“, erklärte Tsunade ihr ruhig unter vier Augen. „Er ist nicht bei Bewusstsein! Er braucht die Hilfe!“, warf Sakura ein. „Und trotzdem fürchten die Leute seine Nähe, wach oder nicht. Er stellt immer noch eine Gefahr für viele dar.“ Ihre grünen Augen senkten sich, während die Bilder von Sasuke und Naruto wie sie auf Tod und Leben miteinander kämpften in ihren Gedanken aufflackerten. Erst im Nachhinein hatte Tsunade bemerkt, dass dieser Kommentar tiefer gesessen hatte, als sie geglaubt hatte. Aber das änderte nichts an der Situation. „Er ist nicht mehr derselbe, Sakura. Wir wissen nicht wie er reagieren wird“, flüsterte sie. Als sich der Blick der Angesprochenen wieder hob, erinnerte die Entschlossenheit in ihren Augen die Hokage an damals. Es war dieselbe Entschlossenheit, die Sakura ihr gezeigt hatte als sie darum gebeten hatte, ihre Schülerin zu werden. „Vielleicht ist er das nicht, aber er ist immer noch Sasuke. Und wenn ich die Einzige bin, die für ihn kämpft.“ Sie wusste, dass das nicht stimmte. Naruto würde ihr beistehen sobald er wieder dazu in der Lage war. „Dann übernehme ich seine Aufsicht und Versorgung.“ Nach einem langen Augenblick, die sich die beiden in die Augen sahen, seufzte die Blondine resigniert. Sie wusste, dass sie ihre Schülerin von ihrem Plan nicht abbringen konnte. „Na schön. Sasuke wird verlegt. Solange er unter deiner Aufsicht bleibt.“ Stumm ballte Sakura ihre Hände zu Fäusten. Es stimmte, sie hatten das alles besprochen. Sie war die einzige Medicnin - außer Tsunade -, die sich ihm freiwillig nähern würde und sie war ihm vertraut. Sie presste ihre Lippen aufeinander ehe sie sie leicht befeuchtete. „Ich ... verstehe...“, erwiderte sie leise „Ich werde mich um ihn kümmern. Gleich.“ Vorher musste sie nur einen kühlen Kopf erlangen. --- Früher hatte er es gehasst am helllichten Tage zu schlafen, da das Licht ihn zu sehr davon abgelenkt hatte Ruhe zu finden. Er war noch nie ein Freund von der gleißenden Helligkeit gewesen, die ihn im schlimmsten Fall an den Augen weh tat. Wenn er so darüber nachdachte, hatte er seit der verhängnisvollen Nacht, in der seine Familie getötet worden war, angefangen das Licht immer mehr zu meiden. Und nun war er in Konoha, dem Ort, vor dem er solange geflüchtet war und den er verraten hatte. Was er einst sein Zuhause genannt hatte. Aber selbst wenn er eine Chance bekommen könnte, alles wieder gut zu machen, war es wohl zu spät. Die Dunkelheit hatte ihn eingeholt. Noch nie war ihm so bewusst geworden, wie tief er in der Dunkelheit versunken war - bis jetzt. Näherkommende Schritte ließen Sasuke aufhorchen, doch er reagierte nicht darauf. Noch wusste er nicht, ob es vielleicht besser wäre wach zu sein oder zu schlafen um seine Ruhe zu bewahren. Eine Hand legte sich sanft an seine Schulter. „Sasuke-kun?“, fragte sie leise als wollte sie ihn nicht aus seinem Traum reißen „Bist du wach?“ Fast automatisch gab er ein „Hn“ von sich, aus dem sie aber nicht schließen konnte ob er wach war oder nicht. „Ich muss dich untersuchen“, kündigte sie an, also blieb ihm wohl nichts anderes übrig als sich langsam auf zu setzen. Es war still im Raum bis auf ihre steifen Anweisungen, was er tun sollte, während sie ihn untersuchte und die Werte aufschrieb. Zwar konnte er sie nicht sehen, aber er spürte wie schwer sie sich tat mit ihm alleine zu sein, was sein Unwohlsein nur verstärkte. Er wunderte sich, dass sie sonst nicht mit ihm sprach, wo er sie so lebhaft und gesprächig in Erinnerung hatte. Was hielt sie jetzt davon ab, dass sie noch nicht einmal ein einfaches „Wie geht es dir?“ über die Lippen brachte. „Deine Wunden verheilen gut“, informierte sie ihn und er merkte wie er sich bei dem Klang ihrer Stimme etwas entspannte „Ich denke, in ein paar Tagen wirst du wieder fit genug sein um das Krankenbett zu verlassen, aber Tsunade-sama hat sich noch nicht dazu geäußert, wo du später untergebracht wirst. Das heißt wir müssen abwarten.“ Ein schwaches Nicken kam von dem Uchiha. Er konnte sich denken, dass er erstmal unter Beobachtung stehen würde. Wer traute ihm schon nach den Vorfällen in den letzten Jahren? Er spürte wie kalte Fingerspitzen unangekündigt seine Schläfen berührten und er instinktiv den Kopf weg drehte. Es war nicht nur, weil er es hasste angefasst zu werden, sondern auch weil er mit dieser Berührung einfach nicht gerechnet hatte. „Tut mir Leid“, entschuldigte sich die Rosahaarige, der in dem Moment ihr Fehler bewusst wurde „aber ich muss den Verband wechseln.“ Als er nicht darauf reagierte, begann sie einfach die Bandagen um seine Augen zu lösen, während er sich unter ihren Fingern stark anspannte. „Sasuke-kun?“, fragte sie beunruhigt, da so ein Verhalten selbst verletzt nicht typisch für ihn war. Seine Augen waren fest geschlossen, aber für seine Körpersprache war seine Stimme außergewöhnlich ruhig. „Naruto hat mir erzählt, ... dass meine Augen irreparabel verletzt seien.“ Diese Worte aus seinem Mund zu hören, hatte einen anderen Effekt als sie gedacht hatte. Anfangs hatte sie gedacht, sie könnte es ihm schonend beibringen, aber natürlich hätte sie damit rechnen können, dass er selbst darauf kam oder jemand anderes ihm davon erzählte. Die Stille war Sasuke unangenehm, weshalb er auf eine Antwort wartete. „Stimmt das?“, hakte er nach. Sekunden, die sich wie eine Ewigkeit zogen, vergingen ehe sie langsam nickte. Für ihn war es nicht mehr als ein Räuspern, gefolgt von einem leisen „Ja“. Eine unangenehme Stille breitete sich zwischen ihnen aus und schien die emotionale Distanz zwischen ihnen zu vergrößern. Sakura verspürte den Drang die Hand nach ihm auszustrecken, ihn zu berühren, zu erreichen, ihn in den Arm zu nehmen und zu sagen, dass alles gut werden würde, auch wenn es eine Lüge war, aber zu bewusst war ihr, dass er nichts davon wollte. Nichts, was sie ihm geben konnte. „Du kannst noch sehen, wenn man das so sagen kann, nur ist es ein ausgesprochen kleiner Prozentsatz zu deiner vollständigen Sehstärke“, erklärte sie schließlich und versuchte dabei so distanziert und professionell zu klingen wie es ihr möglich war. Er war der Betroffene, nicht sie. „Sie wiederherzustellen ist so gut wie unmöglich, nach meinem Wissen. Das Auge ist so empfindlich, dass Operationen nur schwer machbar sind. Aber...“ „Aber was?“ Seine Stimme war rau und sie glaubte, unterdrückte Tränen in ihr hören zu können. Vielleicht bildete sie sich das allerdings auch nur ein. „Aber du wirst damit leben können. Ich... ich verspreche, wir werden einen Weg finden!“ Natürlich hatte sie leicht reden. Sie konnte sehen. Sie war nicht von anderen abhängig wie er. Aber sie würde ihn nicht im Stich lassen. Da er es seinem Gesicht zu urteilen aber wohl nicht hören wollte, gab sie ihm dieses Versprechen im Stillen. „Nur dieses eine Mal... vertrau mir bitte.“ Und nach langem Zögern - in der Hoffnung, dass er irgendwann den Ärger vergessen und sich an die Hoffnung aus vergangenen Zeiten erinnern würde - nickte er. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)