Der Rabe in der Hand von Hotepneith (Der 26. Fall Lord Sesshoumarus) ================================================================================ Kapitel 5: Mord? ---------------- Mit gewissem inneren Seufzen meinte Sesshoumaru: „Ich benötige dazu allerdings Eure Erlaubnis, Lord Karasu, von jedem im Schloss Auskunft zu erhalten und alle Räume zu betreten.“ „Alle?“ fragte der Hausherr ein wenig unglücklich, den Vogelstein an die Brust gedrückt. Ach so, ja, seine Ehefrau mit dem seltsamen Fluch: „Nun, falls ich Fragen an Lady Hasu hätte, natürlich nur in Eurer Gegenwart.- Und schickt mir diesen Heiler her. Es ist nicht gesagt, dass es sich um Selbstmord handelt.“ Dieser Hibari hatte doch etwas können...Sakura war weit und so musste er sich eben dämonisch-nüchtern mit dem zufrieden geben, was er hier vorfand. „Eine gute Idee, Lord Sesshoumaru.“ Karasu war froh, dass da jemand prosaisch an die Sache heranging. Nun ja, Hato wäre offenbar momentan nicht in der Lage dazu, der Tod seines Ältesten hatte seinen Freund sichtlich mitgenommen. Der Herr der Vögel verließ den Raum und gab draußen bereits seine Anweisungen. Sesshoumaru blickte auf den knienden Burgvogt, der seinen Blick nicht von seinem Sohn lösen konnte: „Hato!“ „Äh...ja, verzeiht, Lord Sesshoumaru.“ Der unglückliche Vater nahm sich aus jahrelanger Disziplin zusammen. Es galt die Sache abzukürzen und so erklärte der junge Hundedämon, der durchaus nicht im Rufe der Empfindsamkeit stand: „Du solltest Hotaru informieren, ehe er hier hereinkommt. - Der Heiler kommt.“ „Oh, ja, danke, Lord Sesshoumaru.“ Es war sehr gütig von dem Erbprinzen des Westens ihn derart zu entlassen. Ja, natürlich. Er besaß noch einen Sohn und wer wusste schon, wie der Kleine auf diese Nachricht reagieren würde. Er hatte Buki sehr geliebt. „Danach schicke Hotaru her.“ „Ja.....“ Bezog sich das auf die Todesnachricht oder darauf, wenn der Heiler hier gewesen war? Es konnte beides sein und der Burgvogt beschloss, dass er Hotaru erst schicken würde, wenn Hibari die Leiche abgenommen und womöglich weggebracht hatte. Den Tadel würde er dann auf sich nehmen. Alleingelassen musterte der widerwillige Ermittler den Raum. Buki war erhängt, das war unangenehm offensichtlich, aber Vogel hin oder her, wie war er an diesen Balken gekommen? Oder war es einem Vogeldämon möglich auf der Stelle zu fliegen, den Kopf durch eine Schlinge zu stecken...? Es gab nichts, worauf der sich hätte stellen können. Nun, nichts, was noch hier war – also war es kein Selbstmord, oder jemand hatte den Schemel oder was auch immer weggebracht. Natürlich ohne den Vogelstein mitzunehmen. Das war unlogisch. Was also war hier passiert? Hatte das überhaupt etwas mit Oris Tod zu tun? Oder hatte jemand Buki als Sündenbock umgebracht und den Vogelstein hergelegt, damit es so aussah, als habe er sich aus Schuldbewusstsein getötet? Als der eigentliche Dieb feststellen musste, dass das Verschwinden aufgefallen war und es bereits einen Toten gab? Wollte er so der Nachsuche entgehen? Zu viele Fragen. Wie war der Diebstahl passiert? Wie hatte sich Buki umgebracht oder war umgebracht worden? Immerhin war dieses Juwel wieder da. Hm. Es hatte auf den Papieren gelegen. Er machte den Schritt hinüber. Drei Spalten waren säuberlich aufgeschrieben worden. Worte, dann zwei Reihen mit Zahlen, die auf Anhieb keinen Sinn ergaben. Aber die Worte konnte er lesen. Zuoberst stand : eine Haarspange mit Smaragd. Darunter: eine Spange aus Gold mit einer Feder. So ging es weiter bis an zehnter Stelle der Vogelstein aufgeführt wurde. Immer wertvoller werdender Schmuck oder Juwelen. Das war wichtig. Nur, was bedeuteten die ominösen Zahlen dahinter? Die Ziffern in der einen Spalte waren immer niedriger als die in der folgenden. Und jetzt? Das schien eine Art Code zu sein. Wieso sollte aber ein Vogelkrieger, noch dazu der Sohn des Burgvogtes, mit einer ausnehmend guten Chance auf Karriere Juwelen stehlen? Was sollte diese ominöse Verschlüsselung? Immerhin hatte er in einer Hinsicht Glück. Wenn es jemanden gab, der wusste, ob Buki in etwas verwickelt war, dann sicher doch sein kleiner Bruder. Impulsiv und aufbrausend, aber auch neugierig wie Hotaru nun einmal war, würde er es doch zumindest ahnen. Und das Küken würde hier demnächst aufkreuzen. Ein gewisser Lichtblick in dieser dunklen Situation. Hm. Ob er selbst mit seinem verehrten Vater reden sollte? Möglich, würde aber im Moment bei Karasu sicher den Eindruck erwecken, dass er nichts allein auf die Reihe brächte. Nein, das sollte er erst später machen. Eines war jedenfalls klar: irgendetwas war in diesem Vogelhaus wahrlich schief gelaufen, direkt unter der Nase, oder eher dem Schnabel, Lord Karasus. Er betrachtete nachdenklich den seltsamen Zettel und blickte erst auf, als der Heiler unter Verneigungen in den Raum trat. „Nimm ihn ab,“ befahl Seine Eisigkeit: „Drogen oder Abwehrverletzungen?“ „Äh, ja, Lord Sesshoumaru.“ Hibari war nicht ganz sicher, wie er den armen Jungen von dort oben wegbekommen sollte: „Dazu benötige ich...“ „Tue deine Arbeit.“ Der Vogelheiler interpretierte das zu Recht als Tadel nicht herumzureden sondern zu handeln und verschwand eilig, um mit einem Hocker zurückzukehren. Sesshoumaru beobachtete ihn. Ja, Buki hing dort – aber, wie war er dort hinauf gekommen. Offenbar war es für einen dieser Piepmätze schwierig hier so zu zu fliegen...Also, hatte wer Buki bei seinem Selbstmord geholfen – oder auch nur nachgeholfen. Hibari sah sich um: „Keine Abwehrverletzungen, Lord Sesshoumaru, soweit ich so sehen kann. Auf Drogen müsste ich ihn genauer untersuchen.“ „Dann tue dies.“ „Sehr wohl, Euer Lordschaft.“ „Weißt du, mit dem Buki befreundet war?“ „Nein. Ich kannte ihn natürlich, schon als Sohn des Burgvogtes, aber die jungen Krieger sind auch oft außerhalb des Hauses unterwegs und kommen nur zu mir, falls es sich um schwere Verletzungen handelt.“ Also konnte er nur hoffen, dass Hotaru etwas über das Privatleben seines Bruders wusste. Hato brauchte er noch nicht zu fragen. Der Burgvogt hatte sichtlich einen Schock bekommen und nie mit so etwas gerechnet. Nun, gab Seine Eisigkeit zu, er hatte durchaus im Rahmen der Ermittlungen bemerkt, dass nicht immer Väter alles über ihre Söhne wussten. Seinen eigenen nahm er da aus. Zum einen gab es in aller Regel keine Ursache dem Herrn der westlichen Länder etwas zu verschweigen – und zum anderen, es gab im Zweifel nichts, was der nicht sowieso schon wusste, Das war manchmal ein wenig lästig, aber meist fühlte man sich doch besser aufgehoben. Dieses eigenartige Papier musste der Schlüssel sein. Vielleicht konnte das Küken dazu etwas sagen. Bis dahin sollte er noch einmal die Geschehnisse des heutigen Tages ordnen. Jeder der seltsamen Vögel hier hatte gewusst, dass der Inu no Taishou als Gast eintreffen würde und konnte sich ausrechnen, dass bei Ankunft des Besuchers Lord Karasu und auch der Burgvogt beschäftigt wären. Allerdings war morgens die gewöhnliche Routine gewahrt worden, da es Lady Hasus Ausflugstag gewesen war und ihr den wohl keiner missgönnte. Also waren alle verschwunden, und, da der Hausherr den Besuch vorbereiten wollte, hatte Ori die Dame für eine Stunde begleitet. Stattdessen hatte Buki die Wache übernommen. Als Ori zurückkam, überprüfte er mutmaßlich die Kammer, stellte fest, dass der Vogelstein fehlte und brachte sich entsetzt um. Soweit so gut. Nur, wieso schlug er nicht zuvor Alarm? Um die Dame nicht aufzuregen? Unwahrscheinlich. Immerhin lag er dann da vor ihrer Schwelle tot herum. Hatte er geglaubt, dass Buki der Dieb war und wollte keinen Kameraden beschuldigen? Oder wusste er gar, dass der dies nicht gewesen war, sondern jemand anders? Eine von den Damen? Sie waren bei Lady Hasus Ausflug ja wohl im Schloss geblieben und hätten nur Buki überreden müssen zu öffnen, falls der den Bann an der Tür lösen konnte. Das Küken hatte doch erwähnt, dass der Burgvogt seinen Söhnen das früher einmal gezeigt hatte..... Hm. Ein übler Scherz gegenüber Buki? Als die Dame oder der Krieger, die den Vogelstein genommen hatten, nach Buki gucken wollten, womöglich aufgeschreckt durch Oris Selbstmord, war er ebenfalls schon tot. Also wurde der Vogelstein in Panik abgelegt und ….ja, aber was bedeutete das Papier, diese Liste? Eindeutig handelte es sich um Schmuck, Juwelen, der von Position zu Position teurer wurde, soweit er das abschätzen konnte. Und was sollten diese zwei Spalten mit Zahlen? Wenn er sie noch einmal genau las, so gut es ging ohne sich zu bücken, musste er feststellen, dass sämtliche Zahlen der einen Spalte um zwei Punkte niedriger waren als die der anderen, alle lagen unter zwanzig. Bei dem Vogelstein fehlten beide Zahlen. Hatte das etwas zu bedeuten? Das war einer der verwirrendsten Fälle, den er je erhalten hatte. Oder war alles ganz anders und nur seine eigene Logik machte bei diesen Vogelhirnen einen Schritt in die falsche Richtung? Aber es gab nun einmal unbestritten zwei tote Krieger und der Hausherr hatte zwar seinen wertvollen Stein wieder, aber ebenso definitiv hatte der sich nicht die ganze Zeit auf seinem gesicherten Platz befunden. Was zur Hölle war hier also passiert? Er warf einen Blick seitwärts, wo soeben zwei Dämonen hereinkamen, den Toten unter Aufsicht des Heilers abholten. War Buki betäubt worden und dann aufgehängt? Aber warum.... Nein. Diese Art Neugier hatte er doch abgelegt. Warum, wieso jemand etwas getan hatte, war nutzlos. Wie war der Ablauf gewesen und was konnte dieses Stück Papier sagen. Jetzt war folglich erst einmal dieses vorlaute Küken dran. Und Hotaru sollte sich in seinem eigenen Interesse zusammenreißen. Er würde sich garantiert keine Beleidigungen anhören und keinerlei Ausflüchte. Mit diesem guten Vorsatz richtete sich Sesshoumaru auf und wartete. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)