Homoarsch von Jaelaki (schrieben sie) ================================================================================ Kapitel 7: Verdammtes Bereuen (Damn Regret) ------------------------------------------- Kapitel 7 Verdammtes Bereuen (Damn Regret) Damn regret, I’ll try to forget  Don’t worry about me  ‘Cos I’m real fine  Cast my line  To see what’s behind  Did you think you persuaded me to let you go? (Damn regret – The Red Jumpsuit Apparatus) Es war seltsam, so zu tun, als wäre wieder alles normal, nachdem ich aus dem Krankenhaus entlassen worden war und wieder zur Schule ging. Meine Freundin sah das wohl genauso. Jedenfalls stand sie dichter bei mir auf dem Schulgang als sonst und es schien so, als hielte sie Wache, schaute dauernd umher. »Ich lass dich nicht mehr allein rumlaufen«, meinte sie und ich sah in ihrer Mimik, dass sie sich für mich verantwortlich fühlte. Wahrscheinlich, weil es durch sie die Runde gemacht hatte, vielleicht auch nur, weil sie meine beste Freundin war. Ich sprach sie nicht darauf an und flüsterte: »Du wirst nicht ewig bei mir sein können. Wahrscheinlich würden sie dich eh einfach mit verprügeln.« »Und – das nimmst du jetzt einfach hin?«, fragte sie aufgebracht. Ich schloss mein Fach, zuckte die Schulter und schaute an ihr vorbei, um ihrem trotzigen Blick nicht begegnen zu müssen. »Ich habe sie angezeigt. Mehr gibt es erst einmal nicht zu tun.« Sie schwieg, schien mit sich zu ringen, doch ich wusste, sie würde die Frage nicht für sich behalten, also wartete ich still. Ich kannte sie einfach zu gut. »Und – hat er sich –« Ich schüttelte nur den Kopf. Wir gingen den Gang entlang. Schüler schlängelten sich vorbei. Im Korridor drängten sich Kinder und Jugendlicher, die kicherten und sprachen und auf dem Weg zur nächsten Unterrichststunde waren. Einige warfen mir Blicke zu. Ich stöhnte leise. Es würde ein langer Tag werden. In Mathe erreichte mich ein Zettel von hinten. »Ist's wahr?«, stand dort in schönster Schrift. Ich sah mich unauffällig um. Sarah blickte auffällig zurück. »Was?«, formte ich genervt mit meinen Lippen, sofort machte sie sich daran einen zweiten Zettel zu beschreiben. »Dass du mit deinem Freund Schluss gemacht hast.« Ich starrte auf die Buchstaben und schluckte. Aber das Gefühl in meinem Magen blieb. Ich antwortete nicht auf ihr Briefchen. Meine Freundin stieß mich von der Seite an, aber als ich nicht reagierte, warf sie einfach einen Blick darauf. In mir klirrte das Eis. Ich hatte ihn nicht gehen lassen. Oder? Er war gegangen. Ich konnte ihn nicht aufhalten. Oder? Nach dem letzten Klingeln wartete sie auf mich, wie immer. Aber sie trennte sich nicht von mir als der Bus an ihrer Haltestelle hielt. Ich wollte gerade etwas sagen, als sie mir ins Wort fiel: »Halt einfach die Klappe.« Also schloss ich meinen Mund. Ich wusste, wann jede Diskussion verloren war. Wir stiegen gemeinsam aus und trotteten den Weg nebeneinander her. Auch, wenn ich es ihr nie sagen würde, war es ein gutes Gefühl, hier jetzt nicht alleine gehen zu müssen. Das Gefühl der Übelkeit stieg in mir hoch, als ich die Stelle sah, wo – »Ist schon okay«, meinte sie nur und wir ließen die Straße hinter uns. Sie legte ihre Hand um meine und drückte sie kurz. Langsam atmete ich wieder ein und hatte nicht einmal bemerkt, dass ich den Atem angehalten hatte. Tagelang ging das so. Morgens gingen wir zusammen zur Schule, nachmittags schlenderten wir gemeinsam nach Hause. Wenn ich an Gruppen von Schülern vorbeikam, verstummten sie erst und tuschelten, wenn sie glaubten, ich sei außerhalb der Hörweite. Ich tat so, als bemerkte ich es nicht. Denn ich wollte ihre Fragen, die in ihren Augen standen, nicht beantworten. »Stimmt es?«, fragte Sarah eines Tages, als meine Freundin und ich gerade an meinem Spind standen und ich mein Zeug hervorkramte. »Was?«, erwiderte ich verstimmt, doch sie ließ sich von meiner abweisenden Art nicht aus der Ruhe bringen. Sie sah uns abwechselnd an, als suchte sie etwas, ehe sie mit der Sprache herausrückte: »Dass ihr zusammen seid.« Verblüfft starrte ich sie an, dann schwenkte mein Blick zu meiner Freundin. Zu meiner besten Freundin. Sie schien nicht weniger perplex. »So ein dummes Zeug«, fand sie ihre Sprache zuerst wieder und begann dann zu lachen. »Mh, achso«, murmelte Sarah. Meine Freundin lachte noch auf dem Heimweg über Sarahs Mimik und den absurden Gedanken an sich. »Versteh mich nicht falsch, Johannes«, beschwor sie mich, »du bist echt – naja, aber – das wäre ja als wäre ich mit meinem Bruder zusammen.« »Du hast keinen Bruder«, erinnerte ich sie, doch sie hob und senkte nur ihre Schultern. »Du reichst mir vollkommen.« Und setzte eine Miene auf, als hätte sie ganz schön was damit zu ertragen. Ich grinste, doch als ich auf der anderen Straßenseite einen Jugendlichen mit blauer Kappe entdeckte, verblasste mein Grinsen. Furcht brannte durch meine Magenwände. Ich packte meine Freundin am Handgelenk und zog sie mit mir mit. Verdutzt sah sie mich von der Seite an. »Hey! Besorgt sie's die besser?«, rief er uns hinterher. Ich schloss für einen Moment die Augen, ohne anzuhalten, versuchte, nicht diesem Gefühl zu erliegen. »Deswegen hast du doch mit deiner anderen Schwuchtel Schluss gemacht, oder?« Wut riss die Luft aus meinen Lungen und ich keuchte, doch schritt stur weiter. Angst überwog. »Ist er das?«, hörte ich neben mir. Ich antwortete nicht. Als wir bei mir zu Hause ankamen, sah sie mich nur an. »Es geht mir gut«, behauptete ich, um sie zu beruhigen. Aber ich glaubte mir nicht einmal selbst. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)