[Barkeeper-Reihe 03] Barkeeper in Not von Fara_ThoRn ================================================================================ Kapitel 4: Kapitel 03 - Hilfe auf Umwegen ----------------------------------------- Kapitel 03 - Hilfe auf Umwegen ~Anton~ Ich schrecke auf. Vor mir gehen die Lichter aus. Ist es schon so spät? Ich schaue auf die Uhr über meiner Bürotür. Tatsächlich! Gleich halb fünf durch. Ich fahre meinen PC runter und trinke den Rest Kaffee aus. Ihh! Kalter Kaffee. Ich schlucke das Gebräu dennoch runter und stehe auf. Meine Knochen knacken als ich mich strecke und in das kleine Bad gehe. Vielleicht sollte ich heute hier schlafen. Ich habe null Bock jetzt noch nach Hause zu fahren, nur um dann in meiner riesigen, leeren Wohnung zu sein. Meine Couch im Büro ist bequem und ich habe alles Nötige hier. Dann ist es also gebongt. Ich springe schnell unter die Dusche und ziehe mir eine Pyjamahose an. Als ich fertig bin, ist es im Club schon stockfinster. Meine Angestellten sind somit alle gegangen. Oben leuchtet das rote Licht, das besagt, dass die Alarmanlage eingeschaltet ist. Wunderbar. Gähnend setzte ich mich auf die Couch, auf die ich schon ein Kopfkissen und eine Decke geschmissen habe, und atme tief ein als mir siedendheiß etwas einfällt. Die Abrechnung! Die muss ich noch schnell hochholen. Und das Geld nehme ich lieber auch mit hoch. Sicher ist sicher. Ich schlappe also nach unten, bewaffnet mit einer Taschenlampe, und gehe hinter ins Lager, wo der Tresor versteckt ist. Den Code eingegeben, piepst es leise und ich kann die schwere Tür öffnen. Darin liegt fein säuberlich eine Mappe mit dem Einnahmen und dem Wechselgeld des heutigen Abends, und einige DinA4 Zettel, auf denen das alles aufgelistet sind. Tresor wieder zu und dann nichts wie hoch. Hier unten ist es mittlerweile richtig kalt geworden. Ich schließe die Tür wieder und laufe den Flur entlang, der in den Clubbereich führt. "Hatschi!" Wie angewurzelt bleibe ich stehen. Hier ist jemand! Und ich stehe gerade mit all den Tageseinnahmen, nur in einer schlabbrigen Pyjamahose und mit einer lächerlichen Taschenlampe bewaffnet hier rum! Was mach ich den jetzt? Ich habe zwar eine Waffe, doch die liegt ausgerechnet oben. Ich versuche mich zu beruhigen und Herr der Lage zu werden, was mir nicht leicht fällt, denn mein Puls dröhnt mir so laut in den Ohren, dass ich fast taub werde, und mein Adrenalinspiegel schnellt so fix in die Höhe, das mir ganz dusselig wird. Der Nieser kam von rechts, also öffne ich ganz vorsichtig die Tür links neben mir und lege dort die Mappe und die Abrechnung unter eins der Regale die dort stehen, schiebe sie so weit hinter wie möglich. Dann schalte ich die Taschenlampe aus und halte sie fest in meiner Hand. Ganz leise drücke ich die Türklinke nach unten und schleiche in den Raum, aus dem der Nieser herkam. Angestrengt versuche ich Geräusche auszumachen, höre aber nichts. Kurz überlege ich, welcher Raum das hier eigentlich ist. Das muss der Pausenraum sein. In Gedanken rufe ich mir die Möbel in den Sinn die hier stehen, damit ich auf alles gefasst bin. Eigentlich kann der Einbrecher nur auf der rechten Seite sein, denn links ist gleich die Wand. Ich sammle all meinen Mut zusammen und wünschte, ich hätte damals doch einen Nachtwächter eingestellt, dann bliebe mir das hier nun erspart! Egal. Da muss ich jetzt durch. Komme was wolle. Der Lichtschalter befindet sich gleich rechts neben der Tür. Soll ich ihn betätigen? Wer auch immer hier drinnen ist hat keine Ahnung, dass ich hier bin. Sonst hätte ich sicher schon einen Schlag auf die Rübe bekommen. Also nutze ich den Überraschungseffekt, schalte das Licht an und hebe drohend die Taschenlampe über mir. Schreiend wie ein Berserker suche ich den Raum nach dem Einbrecher ab. "AHHH!!!!" Einige Meter weit von mir entfernt, auf der Couch, bewegt sich etwas und schreit ebenso laut wie ich. "NICHT! ICH BINS!" "Marcell?!" Ängstliche, grüne Augen schauen mich zwischen zur Abwehr gehobenen Armen an. "FUCK!" Mit einem Mal fällt jede Anspannung von mir ab. "Scheiße! Was machst du hier!" Meine Beine werden weich und ich stütze mich an der Wand ab. "Herr Hazold! ... Ich kann das erklären." Marcell rutscht von der Couch und steht auf. "Da bin ich aber mal gespannt!" Mein Herz klopft noch immer verdammt schnell und zertrümmert mir fast die Brust, so einen Schrecken hat er mir eingejagt. "Ich wusste nicht, wo ich sonst hin sollte. Meine Wohnung ist leergeräumt worden, weil ich die Miete nicht begleichen kann. All meine Möbel sind in einem Lagerraum und da komme ich nicht dran, weil ich auch dafür kein Geld habe, und ..." Tränen lösen sich aus seinen Augenwinkeln und er wischt sich peinlich berührt drüber. "Scheiße!" Er sinkt zurück auf die Couch und vergräbt sein Gesicht in den Händen. Hemmungslos fängt er an zu schluchzen und bringt mich damit in eine höchst seltsame Situation. Was mache ich denn jetzt? Eigentlich sollte ich sauer auf ihn sein, aber das kann ich nicht. Nicht, wenn er dermaßen aufgelöst dahockt und ganz offensichtlich große Probleme hat. Resigniert und mit stetig abklingender Wut lege ich die Taschenlampe weg und setze mich neben ihn. Zögernd lege ich meinen Arm um seine Schulter und er drückt sich sofort an mich. Ach her je! Geduldig warte ich ab, bis er seinen Heulkrampf überwunden hat, und frage erst dann weiter. "Was ist denn genau passiert? Dein Vermieter kann dich doch nicht einfach zwangsräumen. Da muss doch vorher noch viel mehr passieren." "Ich weiß. Das ist es ja auch." Und dann beginnt er, mir alles zu erzählen. So vertrauensvoll, dass ich nur staunen kann. Ich könnte niemals einem fast Fremden so mein Herz ausschütten! "Seit über einem Jahr ist die Miete nicht mehr bezahlt worden. Das wusste ich nur nicht. Mein Freund ... Mein Exfreund, überwies immer meinen Mietanteil für mich mit. Jedenfalls hatte ich das gedacht. Ich hab ihm meinen Anteil immer in Bar gegeben. Jeden Monatsanfang. Vor drei Wochen verlor ich meinen Job und dann war mein Freund plötzlich verschwunden. Seine Handynummer gab es nicht mehr und innerhalb von wenigen Tagen flatterten zig Mahnung ein. Von Versandhäusern und was weiß ich noch alles. Alle auf meinen Namen! Dieses Schwein hatte auf meinen Namen Zeug bestellt und es niemals bezahlt. Genau wie er die Miete kein einziges Mal überwiesen hatte. Ich habe keine Ahnung, wie er es geschafft hat, dass ich die ganze Zeit davon nichts mitbekommen habe. Ich weiß nicht mehr, was ich machen soll. Deshalb war es auch so wichtig für mich, dass ich hier den Job bekomme. Ich muss die Schulden irgendwie begleichen. Was, wenn ich in den Knast komme deswegen? Ich hab solche Angst!" Du liebe Zeit! "Du kommst sicher nicht ins Gefängnis deshalb. Mach dir darüber erstmal keine Sorgen", versuche ich ihm ein klein wenig die Angst zu nehmen. "Meinen Sie?" Ich nicke bestätigend und halte ihn weiterhin fest. Ich habe das Gefühl, dass er das jetzt wirklich gebrauchen kann. "Aber was mach ich denn jetzt? Ich muss eine Wohnung finden! ... Oh nein! Wie soll ich das nur schaffen? Ich kann mir doch gar nicht die Kaution leisten! Und den Lagerraum kann ich auch nicht bezahlen. Ich komme gar nicht an meine Sachen dran! Was mach ich nur, was mach ich nur ..." "Ganz ruhig!" Oh Mann! Marcell ist ja völlig neben der Spur! In meinem Kopf beginnt es zu rattern. Das ist eine meiner Qualitäten. Wenn es brenzlig wird, behalte ich einen klaren Kopf und suche nach Lösungen. Außer, wenn einer nachts in meinem Club einen Niesanfall bekommt ..."Wir machen jetzt folgendes", beginne ich meine Gedanken laut auszusprechen. "Ich ziehe mir schnell was an und dann fahren wir zu diesem Storage Center. Dann lassen wir uns den Schlüssel dafür geben, und du holst wenigstens deine Kleidung da raus. Einverstanden?" "Das geht nicht! Ich habe kein Geld und ..." "Aber ich. Nimm es als Vorschuss für deinen Lohn, ja?" "Einen Vorschuss?" Mit ganz verweintem Gesicht schaut er zu mir auf und schält sich aus meinen Armen. "Das ... Das ist nett von Ihnen ... Danke!" Ich keuche überrascht auf, da mir Marcell überschwänglich um den Hals fällt und sich erneut an mich klammert. "Na na." Unbeholfen klopfe ich ihm leicht auf den Rücken. "Das wird schon wieder. Wirst schon sehen." Im Trösten bin ich echt eine Vollniete. "Wie kann ich Ihnen nur danken?" Und schon wieder bedankt er sich bei mir. "Warst du bei der Polizei?", frage ich leise. "Ja. Aber die können auch erstmal nichts machen. Und gegen die Gläubiger, die mir am Hals hängen, erst recht nicht." Marcell steckt ja wirklich bis zu den Haarspitzen in der Klemme. *** ~Marcell~ /Sie haben Ihr Ziel erreicht/, tönt die Stimme aus dem Navi. Langsam rollen wir auf den mit Splitt bedeckten Parkplatz direkt neben dem kleinen Fenster, wo noch der selbe Typ wie vorhin sitzt und ein Nickerchen hält. "Was für eine Arbeitsmoral", sagt mein Boss und grinst schief. "Ist bestimmt auch spannend, hier mitten in der Einöde zu hocken." Wahrscheinlich würde ich auch einpennen, bei der aktionsreichen Arbeit hier. "Hast du das Geld?" Ich nicke. Herr Hazold steigt aus und ich trapple hinterher. "Hey! Aufwachen!" Fest schlägt er gegen das Sicherheitsglas, sodass der Typ fast vom Stuhl kullert. Ich verkneife mir ein Grinsen. Das hat er verdient! "Wir wollen den Schlüssel von unsrem Lager. Aber flott." Schön, mit anzusehen, wie dem Kerl, der mich bei meinem ersten Besuch hier so gleichgültig behandelt hat, fast die Augen rausfallen. Ich kann es ihm nicht verübeln, denn mein Boss ist schon eine beeindruckende Erscheinung, wie er mit seinem Anzug dasteht, arrogant auf den Angestellten nieder starrt und ihm den Zettel mit meiner Lagernummer entgegenschleudert. "Ähm ... Ich sagte schon: Nur gegen Bares. Das sind die Vorschriften." "Marcell?" Ich husche gehorsam an die Seite meines Bosses und schiebe die 95 Euro durch den Schlitzt. "Den Schlüssel." Auffordernd hält Herr Hazold seine Hand hin und bedenkt den Kerl hinter dem Sicherheitsglas mit einem bedrohlichen Blick. "Hier." Wie schnell das auf einmal geht! Mir wird der Schlüssel überreicht und neben uns geht das Tor ein Stück auf. "Dann suchen wir mal dein Lager." Ich habe das Lager 245b, das wir erstaunlich schnell finden und davor stehen bleiben. Ich hocke mich hin, öffne das Vorhängeschloss und Herr Hazold hilft mir, das ratternde Tor hoch zu hieven. "Gibt es hier auch Licht?" Gute Frage. Wir tasten die Wände ab. "Ah, ich hab's." Ein dünner Faden hängt von der Decke, woran mein Boss zieht und schon erwacht eine Neonröhre zischend und zuckend zum Leben. "Ach du ...! Die haben ja einfach alles da reingeschmissen!" Jetzt sehe ich es auch. Meine wenigen Möbel haben sie einfach aufeinandergestapelt. Meine Kleidung fliegt lose in unzähligen Umzugskartons rum, ebenso meine Bücher, CDs, Küchenutensilien und all der andere Kram, den ich besitze. Ein echt beschissenes Gefühl stellt sich mir bei dem Anblick ein. Es ist komisch daran zu denken, dass Fremde das alles hier, mein gesamtes Zeug, eingepackt haben. Meine Privatsphäre in diese Kartons gestopft, und damit praktisch mein Leben in ihren Händen hielten. Ich schlucke hart und verkneife mir einen erneuten Gefühlsausbruch. Der im Club war schon peinlich genug. Vorsichtig trete ich in den Raum und schaue mich um. Ich brauche Kleidung und meine Sachen aus dem Bad, das ich alles zuerst einmal hier finden muss. Doch vorher fällt mir ein Umschlag auf, der auf einen der Regale liegt, gleich neben dem Rolltor. Ich öffne ihn und muss mich an das Regal lehnen. "Was ist das?" "Eine Rechnung! Von der Umzugsfirma!" Was soll es auch sonst sein?! "Zeig mal." Mein Boss studiert die Rechnung und knüllt sie zusammen. "Was machen Sie denn da?!" Entsetzt will ich das Knäuel wieder aufheben, doch er zieht mich zurück. "Du hast die Firma nicht beauftragt, deshalb bezahlst du das auch nicht! Genau wie den anderen Kram, den dein Exfreund fabriziert hat! Morgen rufe ich meinen Anwalt an! Der kümmert sich dann um alles." Anwalt?! "Den kann ich mir nicht leisten! Das ist unmöglich!" "Bist du rechtsschutzversichert?" "Ja." "Dann mach dir keinen Kopf darum. Du bist da unschuldig hineingeschliddert, also hast du auch keinen Grund zur Sorge. Du brauchst jemanden, der sich mit sowas auskennt." "Wenn Sie meinen ..." Das ist mir so unangenehm! Zudem stellt sich noch ein anderes Gefühl ein. Skepsis. "Wieso helfen Sie mir eigentlich?", frage ich meinen Boss geradeheraus und mustere dabei sein Gesicht. "Ich kann dich doch nicht einfach deinem Schicksal überlassen! Wie willst du den arbeiten, wenn du noch nicht mal Wechselkleidung und ein Dach über den Kopf hast?" Er hat ja recht. Ersteres hat sich ja erledigt. Aber für das zweite Problem habe ich noch keine Lösung. Notdürftig suche ich mir das Wichtigste zusammen, noch immer nicht wissend, wo ich die nächsten Nächte verbringen soll, und packe es in einen zuvor leergeräumten Karton. "Hast du alles?" "Denke ja." Bleibt noch eine Frage zu klären. "Kann ich heute die Couch im Velvet besetzen? Nachher gehe ich auch sofort los und kümmere mich um eine neue Bleibe. Sicher nimmt mich einer meiner Freunde auf." 'Wenn ich Glück habe.' "Nein." Autsch. Wäre ja auch zu viel des Guten gewesen. "Okay. Dann bleibe ich hier." "Mensch Marcell! Stell dich doch nicht so doof an!" Doof? Ich stelle mich doch nicht doof an! "Du kommst mit zu mir", sagt er in seinem typischen Chef-Tonfall. "Zu Ihnen?! Das kann ich nicht annehmen! Ich bleibe im Club. Das geht schon!" "Nachts kühlt die ganze untere Etage furchtbar aus. Auch im Sommer. Du wirst dir nur eine Erkältung einfangen. Und die kannst du dir gerade nicht leisten, oder?" "Nein." "Na also." Er winkt mich nach draußen und schließt meinen Lagerraum wieder. "Und um eine Wohnung mach dir auch keine Gedanken. Da habe ich schon eine Idee. ... Schlüssel?" Total neben der Spur reiche ich ihm den Schlüssel für das Schloss, das er wieder zuschließt und werde von ihm fast aus dem Storage geschoben. "Jetzt gönnst du dir bei mir erstmal eine heiße Dusche und dann schläfst du dich aus." "Wenn Sie meinen." "Das meine ich." Er lächelt mich an, was ich selbst in dem diffusen Licht auf dem Gelände erkennen kann. Man, komme ich mir dämlich vor! Das wird auch nicht besser, als ich vor dem riesigen Haus stehe, in dem er zu wohnen scheint. Ein Altbau. Total hergerichtet und in einer der teuersten Gegenden der Stadt. Ich komme mir noch eine Spur armer vor. Wie weit bin ich gesunken, dass ich mich von meinem neuen Chef überreden lasse, bei ihm zu übernachten? Und für wie jämmerlich muss er mich halten, dass er sich gezwungen fühlt, sich um mich kümmern zu müssen? Ist ja auch kein Wunder. Ich habe ihm all mein Leid vorgeheult, konnte es einfach nicht mehr steuern, weil ich sonst niemanden habe, dem ich das erzählen kann. Meinen Freunden mag ich nichts von der ganzen Misere sagen, weil ich Angst habe, vor ihnen als Versager dazustehen. Meiner Mutter sage ich erst recht nichts. Das ist nicht gut für ihr Herz. Sie regt sich dann nur wieder auf. Deshalb kann ich auch nicht zu ihr. Sie würde mich und meine Lage sofort durchschauen und mich ausquetschen, bis ich ihr alles gestehe. Es war Zufall und Pech zugleich, dass mich gerade Herr Hazold gefunden hat, als ich sowieso schon mit den Nerven am Ende war. Es musste ja so kommen! Scheiß Idee, die Nacht im Velvet zu verbringen. "Ich wohne ganz oben im achten, aber wir machen einen kurzen Stopp im siebten Stock. Ich will dir was zeigen." Er will mir was zeigen? Ich habe kein gutes Gefühl bei der Sache. Ich hätte ablehnen sollen! Ich hätte lügen sollen! Egal was. Hauptsache, es hätte mir diese peinlichen Momente erspart. ~Anton~ Der Aufzug hält und ich lasse Marcell den Vortritt. "Bitte sehr." So vorsichtig wie mein Stubentiger Alfredo, als ich ihn bekommen habe und ich ihn aus der Transportbox in meine Wohnung entließ, betritt er den den schmalen, altbautypischen Hausflur, der dank dem neuen Fahrstuhl noch schmaler geworden ist. Dafür aber um einiges komfortabler. "Und jetzt?" Er sieht wirklich komplett verwirrt aus und hat keine Ahnung, was er hier soll. "Folge mir." Ich krame meine Karte heraus, die das Türschloss der Mietwohnung öffnet. Ich liebe diesen Hightech-Kram! Das rote Lämpchen springt auf grün und ich drücke die Tür auf, wobei sich automatisch das Licht in der Wohnung anschaltet und sich warm in dem großen, offenen Raum verteilt. Marcell folgt mir misstrauisch. "Was wollen wir hier?" "Die Wohnung ist letzten Monat frei geworden und seit kurzen erst wieder bezugsfertig." Marcell klammert sich an seinen Karton. "Und?" Er rafft es nicht. Oder will es erst gar nicht. "Dein Wohnungsproblem wäre hiermit gelöst." Ich strahle ihn an und könnte mich fast kringeln bei dem Gesicht, das er gerade zieht. Allein dafür hat sich der kleine Zwischenstopp hier schon gelohnt! "Nein! ... Sie veralbern mich! ... Das ist zu teuer! Viel zu teuer!" "Ach was! Zahl was du kannst." "Herr Hazold!" "Darüber reden wir morgen. Ich wollte sie dir nur mal zeigen." Ich schiebe ihn wieder in den Flur und dann zurück in den Aufzug, der noch auf uns wartet. "Das kann ich unmöglich annehmen." "Was habe ich gerade gesagt? Das bereden wir morgen." Er schüttelt ungläubig den Kopf, bleibt aber tatsächlich still. Ich drücke den achten Stock ein, danach ziehe ich meine Karte durch und wir sausen nach oben. Die mehr als kurze Fahrt endet, und mir wird wie jedes Mal leicht übel, wenn der Aufzug stehen bleibt. Ich liebe Aufzugfahren! Die Türen öffnen sich und wir stehen direkt in meiner Wohnung. "Das Gästezimmer ist gleich hier hinten links. Wenn du drin bist, siehst du auch gleich die Tür zum Gästebad. Frag mich einfach, wenn du was brauchst." Ich ziehe mir mein Jackett aus und werfe es achtlos auf meine breite Wildledercouch. Marcell aber, rührt sich keinen Millimeter. Er steht noch immer mitten in meiner Wohnung vor dem Aufzug und bekommt die Klappe nicht mehr zu. So geht es fast jedem, der zum ersten Mal hier reinkommt. "Marcell?" "Was?!" "Willst du dich nicht lieber schlafen legen? Das war doch sicher ein anstrengender Tag für dich, oder?" "Ja. ... Natürlich. Entschuldigung." Für was entschuldigt er sich denn jetzt? "Ähm ... Wo war nochmal das Gästezimmer?" "Dort hinten. Gleich die Tür an der von dir aus gesehenen rechten Wand. Es gibt dort nur die eine." "Oh. Ja klar." Er dreht sich um und tapst auf mein Gästezimmer zu. "Gute Nacht Marcell." "Ähm ..." Nun bleibt er wieder stehen und dreht sich nochmal zu mir. "Gute Nacht Herr Hazold." Als er in dem Zimmer verschwunden ist, schüttle ich lachend den Kopf. Was habe ich mir da nur wieder eingebrockt? *** ~Marcell~ Trotz der unruhigen Nacht, bin ich um Punkt acht Uhr schon wieder hellwach. Wilde, wirre Träume haben mich heimgesucht, und draußen ist es schon so hell, dass an weiteren Schlaf nicht zu denken ist. Klar, ich könnte die Schalosie runter lassen, aber mein Denkapparat ist schon zur vollen Leistung übergegangen. Und die Gedanken, die nun darin herumschwirren, lassen mich sowieso nicht mehr ruhig einschlafen. Herr Hazold möchte, dass ich in einer seiner Mietwohnungen einziehe. In eine wahnsinns Mietwohnung, nicht zu vergessen. Ich mag gar nicht wissen, was diese monatlich an Miete kostet! Und da liegt mal wieder das Problem. Warum bietet er mir das an? Warum möchte er mich hier wohnen lassen, obwohl er doch weiß, dass ich mir diese Wohnung beim besten Willen nicht leisten kann? Außerdem weiß er ja, was ich im Monat verdiene, und das Gehalt eines Barkeepers dürfte bei weitem nicht ausreichen, um zu leben und auch noch die Wohnung dort unten bezahlen zu können. Auch wenn er gemeint hat, ich könne den Preis letztendlich selbst bestimmen. 'Zahl was du kannst', hatte er gestern doch gesagt, nicht wahr? Da muss ein Harken dran sein! Unwillkürlich muss ich wieder an den kleinen Twink denken, der bei meiner Vorstellung aus Herrn Hazolds Büro kam. Sucht er etwa das? Jemanden, den er skrupellos in sein Bett locken kann? Verspricht er sich das von mir? Das ich vor lauter Dankbarkeit mit ihm ins Bett hüpfe? Wie eine billige Hure, die praktischer Weise auch noch in seinem eigenen Haus wohnt? Mir wird schlecht! Am liebsten würde ich mich in dieser super teuren Luxuskloschüssel im Gästebadezimmer übergeben und dann abhauen. Aber ich tue es nicht. Allein es nur in Erwägung zu ziehen, dass Herr Hazold noch eventuell ... Mir wird heiß und kalt zugleich. "Das darf nicht sein", murmle ich in das wirklich angenehm duftende Kissen. Ich weiß zu gut, was das bedeutet. Viel zu gut. Und es macht mir höllische Angst. Ich kann mich nicht in einen Mann verlieben, den ich gar nicht kenne! Das habe ich noch nie und werde es auch nicht! Zudem bestimmt nicht in einen, der es ganz offensichtlich nicht so genau mit der Treue nimmt. Dieser Twink ist nicht sein Freund, hat er gesagt. Also springt er nur aus Spaß mit ihm in die Kiste. Das brauche ich nicht! Nicht jetzt und auch nicht in Zukunft. Doch wenn mich diese Gedanken so anwidern, wieso gerät mein Körper allein bei der bloßen Vorstellung an meinen Boss ins schwitzen und toben? Das muss daran liegen, weil er so nett zu mir ist. Das muss es sein! Nur deshalb habe ich solche Gefühle für ihn. Deshalb, und wegen der noch verdammt präsenten Erinnerung an seinen nackten Körper. "Mist!" Ich wälze mich auf den Rücken. Seinen Traumkörper vor meinem inneren Auge zu sehen, bringt mich erst recht nicht in die herbeigewünschte Schlafstimmung. Eher in eine Beischlafstim... Jetzt ist aber mal Schluss! … Ob er schon wach ist? Bestimmt nicht. Es ist viel zu früh und wir waren bis sechs Uhr heute Morgen unterwegs. Soll ich mich doch davonstehlen? Eigentlich bringt das ja gar nichts, weil ich bei ihm arbeite. Er weiß ja auch wo mein Lager ist. Vielleicht nehme ich seine Hilfe doch an. Natürlich nur so lange, bis ich wieder festen Boden unter den Füßen habe. In der Zwischenzeit halte ich schon mal die Augen nach einer kleinen Wohnung auf. Für alle Fälle. Aber zuerst ... "Frühstück!" Mein Magen knurrt. Mal sehen, ob ich was finde. Ich ziehe mir eine bequeme Hose und ein Shirt an. Auf Socken schleiche ich aus dem Gästezimmer und schaue mich um. Was für eine Wohnung! Die könnte ich mir niemals leisten! Geschweige denn eine, die auch nur ein Viertel so groß ist. Der Fahrstuhl steht mitten im Raum, dem Wohnzimmer. Die Wohnung ist so groß, wie der gesamte Umriss des Hauses, wenn ich die abzweigenden Räume dazurechne. Das Wohnzimmer, in dem ich jetzt stehe, wird nur von dem großen Balkon getoppt, der sich zu meiner Linken präsentiert. Alles ist modernisiert worden. Herr Hazold hat alles modern eingerichtet, die Möbel, der Holzboden, selbst die Wände: Alles nur vom Feinsten. 'Mau!' "Ach du ...! Hast du mich erschreckt", zische ich und schaue nach unten, wo sich ein grauer Stubentiger an meinem Bein zu schaffen macht. Die Katze schnurrt in einer immensen Lautstärke, dass ich grinsend in die Hocke gehe und über das weiche Fell streichle. "Wo kommst du denn her?" War die Katze schon bei meinem Eintreffen heute Morgen da gewesen? Ich kann mich nicht erinnern sie zuvor gesehen zu haben. Ein Wenig schmuse ich mit dem weichen Kätzchen, was diesem mehr als gut gefällt. Sein Köpfchen schmiegt sich an meine Hand und immer wieder hopst sie mit den Vorderpfötchen hoch. "Jetzt ist aber erstmal Schluss." Ich lasse die Katze, Katze sein und drehe mich nach rechts. Dort sind zwei weitere Türen. Ob da irgendwo die Küche ist? Leise schleiche ich dort hin und spähe in Tür Nummer eins. Leider falsch. Hier scheint das Masterbad zu sein. Und was für eins! Ich kann nicht anders und betrete es. Mein Boss hat eine Badewanne, die auf vier silbernen Löwentatzen thront! Ich halt's nicht aus! Andächtig fahre ich mit meiner Hand über das kalte Porzellan. Sie ist riesig, doch sicher kein Original. Aber sie passt so gut hier rein, dass das nichts ausmacht. Ich lasse meine Blicke weiter schweifen und bleibe an einer Tür hängen. Die muss in das angrenzende Zimmer führen, und ich habe schon eine Ahnung, in welches. Sie steht einen Spalt breit auf und ich kann einfach nicht widerstehen. Auf leisen Sohlen nähere ich mich ihr und strecke meinen Hals, um etwas in dem angrenzenden Raum erkennen zu können. Mir stockt der Atem. Wäre ich doch nur nicht so neugierig gewesen! Herr Hazold liegt auf seinem Bett, halb auf der Decke. Sein rechtes Bein liegt angewinkelt darüber und ... er ist nackt! Ganz und gar nackt! Da das Bett mit dem Fußende zu mir zeigt, habe ich mehr als tiefe Einblicke! Das ist nicht gut! Gar nicht! 'Schau weg, Marcell!', dröhnt es in meinem Schädel, aber ich kann nicht. Mein Puls steigt und weiter unten steigt noch etwas ganz anderes. Nein, nein, nein, nein! Guck weg! Hör auf, deinen nackten Chef anzustarren! Oh Fuck! Ich beiße mir fest auf die Unterlippe und drehe mich ruckartig um. So ist es gut! Jetzt nur noch das Badezimmer ungehört verlassen und dann ist alles wieder in Ordnung. Ich muss nur noch diesen mehr als einprägsamen Augenblick aus meinem Gedächtnis streichen und das war's! Einfach nur vergessen! Jetzt! Vergiss es! Vergiss ihn! Ich stürme geradeaus und biege nach links ab, zurück in das Gästezimmer und lege mich ins Bett. Mit aller Macht versuche ich an was anderes zu denken. Nicht an diesen knackigen Hintern, die kräftigen Beine und die ... Zu spät. Meine Erektion drückt gegen den Stoff meiner Hose. Da ich hier unmöglich Hand an mich selbst legen kann, ziehe ich mich aus und springe unter die Dusche. Nur ganz schwer kann ich es mir verkneifen, mir in der Dusche Erleichterung zu verschaffen. Die Hand an dem Wärmeregler dreht schnell auf kalt. Verflucht! ~Anton~ Vom Geräusch einer rauschenden Dusche werde ich wach. Also ist Marcell schon aufgestanden. Ich räkle mich müde und drehe mich auf den Rücken, um langsam wach zu werden. Die Nacht war mehr als kurz, aber es gibt auch noch viel zu tun. Das Arbeitstier in mir ist schon längst betriebsbereit. Jetzt muss nur noch mein Körper der selben Meinung sein. Ich gönne ihm noch etwas Ruhe und döse leicht dahin, während ich dem Rauschen des Wassers zuhöre. Müde kraule ich meinen Bauch. Dank meines mehr als wachen Kopfkinos erscheint Marcell vor mir, wie er gerade unter der Dusche steht und seinen Körper einseift. Wie kann ich gerade jetzt daran denken? Marcell hat einen Haufen Probleme. Was nicht bedeutet, dass ich meine Fantasie nicht einfach schweifen lassen kann. Trotzdem! Es kommt mir falsch vor. Deshalb stehe ich auf, bevor sich klein Anton da unten auf die Vorstellung eines duschenden Marcells einschießen kann und gehe selbst unter die Dusche. Frisch geduscht und endlich schon ein klein Bisschen wacher, schlüpfe ich in Hose und Hemd. Normal reicht mir zum Frühstücken eine einfache Shorts, wenn überhaupt. Doch da ich einen Gast habe, dem ich ungern nochmal einen halbnackten Anblick bieten möchte, ziehe ich mich gleich richtig an. Eigentlich würde es mir ja nichts ausmachen, aber die geschäftliche Ebene muss gewahrt bleiben, auch wenn ich ihm jetzt unter die Arme greife. Warum ich das überhaupt tue, obwohl ich niemals Privates mit Geschäftliches vermische? Weil es nicht angehen kann, dass einer meiner Mitarbeiter auf der Straße steht und womöglich wegen einem verlogenen Exfreundes Ärger bekommt! Nur deshalb biete ich ihm die freie Wohnung an. Und nur deshalb stehe ich um kurz vor neun in einem Anzug gekleidet in meiner fast unbenutzten Küche und krame nach was Essbaren für mich und meinem Gast. Viel ist es nicht. Im Kühlfach habe ich noch eine Packung Brötchen zum Aufbacken gefunden und auch etwas, das wie Marmelade aussieht. Kann man das überhaupt noch essen? Ich schmeiße die Möchtegern-Marmelade lieber in den Mülleimer. Im Schrank steht noch ein geschlossenes Glas Nugatcreme und im Kühlschrank ist noch Aufschnitt. Reicht das? Da ich Morgens meist nur schnell einen Kaffee trinke und mir Frühstück von unterwegs besorge, habe ich keine Ahnung, was andere sonst so unter einem guten Frühstück verstehen. Falls es nicht reicht, fahre ich schnell was Essbares besorgen. Jedenfalls kann ich wenigstens einen guten Kaffee kochen, was ich auch gleich mal mache. Auf meinem Tablet checke ich die Nachrichten, schaue nach dem heutigen Wetter und kontrolliere die Börsenkurse, wenn ich schon mal dabei bin. Im Radio quasselt ein Moderator von einem riesigen Stau auf der Autobahn. Wen juckt's? Zum Glück muss ich da nicht lang fahren. He he. Ich höre das leise Knarren der Holzdielen, und kurz danach schleicht Marcell auch schon an der Küchentür vorbei, schaut schüchtern zu mir hinein und betritt die Küche schließlich. "Morgen. Bist ja auch schon früh wach. Auch einen Kaffee?" "Ja. Danke." Ah! Sein Danke habe ich vermisst. Unsicher tapst er zu mir an den Tisch und setzt sich so vorsichtig auf den Stuhl, als habe er Angst, dass dieser gleich unter seinem Gewicht zusammenbrechen würde. "Die Brötchen sind gleich fertig." "Ähm. Meinen Sie die schwarzen Dinger dort im Ofen?" "Hä?" Mir fliegt beinahe das Tablet aus der Hand. "Die Brötchen!" Ich sprinte zum Backofen, öffne ihn, wobei mir dichter Qualm entgegen schwelt. Hustend wedle ich mit meinen Händen herum, was gar nichts bringt. Es hört einfach nicht auf zu qualmen! Marcell steht plötzlich neben mir, hat schon Topfhandschuhe über die Hände gezogen (ich wusste gar nicht, dass ich sowas habe!), zerrt das Backblech heraus und kippt die schwarzen Briketts samt Blech in die Spüle. Kaltes Wasser drauf und wenigstens der Qualm ist gebannt, was man von dem Gestank nach verbrannten Brötchen leider nicht sagen kann. "Das gibt's doch nicht! Warum sind die Dinger jetzt so verkohlt?" "Sie haben den Backofen auf die heißeste Stufe gestellt. Außerdem steht auf der Verpackung ganz groß, dass die Brötchen erstmal aufgetaut werden müssen." "Das alles siehst du auf einen Blick?" "Ähm ... Ich kaufe immer die selben Brötchen." Na klasse! "In der Küche bin ich eine Vollniete. Irgendwann fackle ich noch die Bude ab." Betrübt mustere ich die schwarzen Dinger in meiner Spüle. "Frische Luft wäre erstmal nicht schlecht." Die Topfhandschuhe fliegen auf die Arbeitsfläche und Marcell reißt die Balkontür auf. "Wie riesig! Und was für eine Aussicht. Ich wusste gar nicht, dass der Balkon bis hier her reicht. Der umfasst ja fast das gesamte Gebäude!" "Ja. Ist ganz nett hier. Unten hättest du auch einen Balkon. Der ist genauso groß wie meiner." Ich stelle mich neben ihn, nachdem ich uns zwei Tassen Kaffee eingeschenkt habe, und ihm eine davon reiche. "Und? Hast du es dir schon überlegt?", frage ich ihn in Bezug auf die freie Wohnung. "Ich weiß nicht." Er lässt den Blick über die Stadt schweifen. Ungeniert schaue ich mir das Profil seines Gesichtes an. Er hat eine leicht krumme Nase, schmale Lippen und ich stelle fest, was für lange Wimpern er doch hat. Sein nackenlanges, blondes, feines Haar wird von einem kühlen Lufthauch durchgewirbelt und er kämmt es mit den Fingern einfach hinten. Er ist eigentlich niemand, dem ich wahrscheinlich einen zweiten Blick gönnen würde, aber er hat was. Ich weiß nur nicht was. Und dieses Etwas bringt mich dazu, dass ich partout nicht aufhören kann, ihn anzustarren. "Was versprechen Sie sich davon?" "Was?" Krampfhaft versuche ich mich an die zuvor gefallenen Worte zu erinnern. "Das Sie mir helfen. Verzeihen Sie, wenn ich so direkt bin, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie das einfach aus Nettigkeit oder Nächstenliebe tun." "So ist es aber." "Aber wieso?" Jetzt schaut er mich direkt an und ich ich erschrecke fast deswegen. Mein Herz jedenfalls setzt einen Schlag aus. Was ist den mit mir los? "Würden Sie das auch für andere Ihrer Angestellten machen?" Ich überlege. Für Theo auf jeden Fall. Laurin ebenfalls. Und sicher gibt es da noch dein ein oder anderen, dem ich auch aus der Patsche helfen würde, wenn er mich darum bitten würde. "Ja. Sicher würde ich das." Marcell trinkt einen Schluck Kaffee und lehnt sich an die Balkontür. "Was verlangen Sie als Gegenleistung von mir?" "Eine Gegenleistung?" Mir schwant Böses bei dem Wort 'Gegenleistung'. "Aus reiner Freundschaft wollen Sie mir doch ganz bestimmt nicht helfen. Dazu kennen wir uns wirklich noch nicht zu gut. Sagen Sie es mir schon. Was soll ich tun dafür? Für die tolle Wohnung und den teuren Anwalt, den Sie mir vermitteln möchten?" "Schlaf mit mir." Erschrocken weiten sich seine Augen. Ich bin nicht minder erschrocken, über das, was ich gerade gesagt habe. Doch ich fasse mich augenblicklich wieder, was man von Marcell nicht sagen kann. "Ist es das, was du hören willst?" Er reagiert nicht, starrt mich bloß weiter mit großen, runden Augen an und bewegt sich keinen Millimeter. Marcell denkt doch nicht wirklich, dass ich DAS von ihm will? "Marcell. Du bist jetzt in gewisser Weise ein Teil meines Lebens, meines Clubs. Ich möchte, dass du dich voll und ganz auf deine Arbeit konzentrierst und nicht während der Arbeit die ganze Zeit überlegst, wo du diese Nacht schlafen kannst, oder welchen der Gläubiger du als erstes abbezahlen sollst. Das allein verlange ich von dir als Gegenleistung. Gib dein Bestes im Job. Zeig mir, dass ich es nicht bereuen muss, dich eingestellt zu haben." Ich stelle mich direkt vor ihn. "Und das du wirklich geglaubt hast, ich wolle dich nur für das eine, kränkt mich jetzt ernsthaft. Falls es so wäre, hätte ich dich ganz sicher nicht eingestellt. Ich habe da so eine Prinzipien." Nun ja. So ganz stimmt das jetzt auch nicht, aber eigentlich handhabe ich das normalerweise so. "Es tut mir leid", presst er hervor. "Und entschuldige dich nicht andauernd." Er nickt schwach. "Sagst du mir jetzt, wie du dich entschieden hast? Denn dann mache ich gleich einen Termin bei meinem Anwalt für dich." Nervös leckt er sich über die Lippen und traut sich anscheinend gar nicht mehr mich anzuschauen. "Ja. Dann nehme ich Ihr Angebot gerne an." Erleichterung durchflutet mich. Weshalb auch immer. "Aber ich zahle es Ihnen zurück! Jeden Cent! Egal wie lange es dauert!" "Ist gut." Wenn ihn das beruhigt, soll er das eben glauben. ****** Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)