[Barkeeper-Reihe 03] Barkeeper in Not von Fara_ThoRn ================================================================================ Kapitel 1: Kapitel 01 - Nackte Tatsachen ---------------------------------------- Und wieder eine Story aus meinem imaginären Lieblingsclub! Ich habe es endlich geschafft, sie fertig zu bekommen und ich muss gestehen, ich hab mir ganz schön viel Zeit dabei gelassen. Im Urlaub bin ich mal wieder an meinem Liebling 'Blutrote Lilie' hängen geblieben. Wann ich die allerdings fertig bekomme, das steht noch in den Sternen. :-S Jetzt aber mal weiter mit meinen Barkeepern. ^^ Nachdem ich 'Barkeeper auf EIS' geschrieben habe, sind mir sozusagen noch sieben weitere Ideen rund um das Velvet in den Schoß gefallen. Ganz ehrlich? So schön es ist, wenn man auf neue Ideen kommt, es macht einen auch ganz nervös. Ich hätte am liebsten mit allen gleichzeitig angefangen, konnte aber natürlich nicht. Tja, so ist das eben. An manchen Tagen könnte man gar nicht mehr aufhören zu schreiben, und an anderen sitzt man vorm Bildschirm und nichts tut sich. Meistens dann, wenn man mal Zeit hätte *grummel*. Zu dem zeitlichen Verlauf: Die Story spielt zwischen 'Barkeeper auf EIS' und 'Barkeeper in Love'. In letzterer Geschichte sind die beiden ja schon zusammen. Vielleicht denkt ihr jetzt: Warum macht die Alte das eigentlich? Die spoilert ja! Tja, die Alte sagt euch: Das ist nicht schlimm xD. Außerdem merkt man schon am Anfang, dass die zwei sich recht anziehend finden und … Na ja. Ihr wisst schon. ;-) Jetzt noch ein paar Worte zum Cover. (Falls euch das nicht interessiert, überspringt es einfach. Der folgende Text handelt bloß von meinen alltäglichen Leiden, eine Idee für ein Cover zu bekommen und diese auch irgendwie umzusetzen.) Wisst ihr eigentlich, wie schwer es für mich war, an so ein dummes Papier-Cocktail-Schrimchen zu kommen? Nein? Ich sag's euch. Es ist verdammt schwer! Jedenfalls bei uns in näherer Umgebung. Oo Es war Abends, kurz vor Geschäftsschluss und ich wollte mir einen leckeren Döner gönnen. Leider hab ich übersehen, dass es Montag war. Kurzum, mein guter Dönermann hatte geschlossen. Macht nix, dachte ich und fuhr weiter. Dann gucke ich eben nach einem Cocktail-Schirmchen. Also brauste ich in den nächsten Laden und fand nix. Dafür aber wieder ein Haufen Naschkram und anderes Zeug was tödlich ungesund ist, mir aber die tristen Regentage versüßt. Am Ende war ich in fünf Läden gewesen, mich bis oben hin mit Naschkram eingedeckt und betrat Geschäft Nummer sechs, fragte die achthunderttausendste Verkäuferin, die mich ansah, als habe ich eine unheilbare Krankheit und blökte: Näh! So was ham mer ned! In mir fing es an zu brodeln und sicher hätte ich ihr die nächste Packung Toilettenpapier um die Ohren gehauen, wenn nicht eine andere Verkäuferin hinter mir gebrüllt hätte, ich solle doch mal bei den Kühlregalen nachschauen. Klar! Bei den Kühlregalen! Wieso bin ich selbst nicht darauf gekommen und habe mir bei den Haushaltsartikeln und in der Getränkeabteilung einen abgesucht?! Wie doof von mir! Aber das muss einer Blondine ja auch mal gesagt werden, nech? Genervt latschte ich zu den Kühlregalen und siehe da! Ganz unten in einem verranzen Seitenregal hingen ein paar Packungen bunte Papierschirmchen! Halleluja! Tja. Jetzt habe ich hier daheim eine Großpackung bunte Papierschirmchen, obwohl ich nur eins gebraucht habe. Wenn nicht bald jemand eine riesige Party feiert und eine Tonne Schirmchen braucht, kann ich die mir selbst in die Wassergläser stopfen. Aber wenigstens das Cover ist gerettet. ^^ Leider notwendig zu erwähnen: Alle Rechte meiner Texte liegen allein bei mir. Meine Texte, mein Eigentum. Unerlaubte Veröffentlichungen, auch nur auszugsweise, auf anderen Plattformen oder Onlineshops sind verboten, und das mache ich Text-Dieben auch rechtlich begreiflich, falls es sein muss. Also? Klauen is nicht. Und wie ich kürzlich erfahren habe, haben meine lieben Leser ihre Augen überall und berichten mir jeden dreisten Text-Diebstahl. Auch ich werde in Zukunft besser aufpassen und genauer hinsehen, was einem auf digitalem Wege angeboten wird. In diesem Sinne wünsche ich euch trotzdem viel Spaß beim Lesen. Eure Fara [Barkeeper-Reihe 03] Barkeeper in Not Kapitel 01 - Nackte Tatsachen ~Anton~ Zufrieden laufe ich durch meinen Club. Es ist Donnerstagabend und wie immer ist es brechend voll hier. Schwitzende Körper, geifernde Blicke, verstohlenes Stöhnen aus dunklen Ecken. Wie ich es doch liebe! An der Bar ist die Hölle los und die Tänzer auf den Plattformen geben ihr Bestes. Genau so muss es laufen! Zufriedene Angestellte und noch zufriedenere Gäste. Nur ein glücklicher Gast kommt immer wieder. "Boss?" Ich drehe mich um. Einer der Sicherheitsleute steht vor mir. "Am Hintereingang gibt's Ärger. Aber ich kann Thorsten nirgends finden!" "Dann sag Theo Bescheid. Der kann dir zur Hand gehen." Der Sicherheitsmann, dessen Namen mir gerade anfallen ist, eilt zur Bar. Ich kann mir eben nicht alle Namen merken! Er sagt Theo was los ist und beide eilen nach hinten. Ich sag's doch! Was läuft, das läuft. Auf Theo kann ich mich immer verlassen. Ich drehe mich wieder um und gehe an den Toiletten vorbei. Auch hier hört man eindeutige Geräusche. Sollen sie doch. Verbieten kann ich es ihnen nicht, und will es eigentlich auch gar nicht, solange sie nicht meine sanitären Anlagen zerstören, spricht nichts dagegen, dass sie da drinnen ein kleines Nümmerchen schieben. Zwar schicke ich immer mal wieder einen der Sicherheitsmänner da rein, die dann ein wenig Radau machen, aber das heizt die kopulierenden Männer meist erst recht noch an. Mit einem seligen Lächeln und mehr als gut gelaunt betrete ich die Treppe, die hoch in mein Büro führt. Von dort aus kann ich den ganzen Club überblicken, dank einer riesigen verspiegelten Fensterfront. Ich setzte mich an meinen Schreibtisch, der an der gegenüberliegenden Wand steht, und wackle an der Maus, damit der Bildschirmschoner verschwindet. Nun sehe ich mich wieder meiner Buchhaltung gegenüber. Wer hat das nur erfunden? Was könnte das Leben so schön sein, wenn diese Kacke nicht wäre! Nun, es hilft nichts. Die Arbeit ruft. Und als selbstständiger Geschäftsmann hört man ihren Ruf manchmal Tag und Nacht. Die leise Musik des Clubs in der Luft und einen starken Kaffee an meiner Seite, tippe ich Rechnungsbeträge in die Tabelle ein, vergleiche die Preise zuerst mit denen vom letzten Monat und dann vom vergangenen Jahr, rege mich wie immer darüber auf, dass alles teurer wird und mache eben das, was ich immer mache, wenn ich Abends hier bin. Trotz einiger unschöner Arbeiten, liebe ich meinen Club und die Arbeit die damit verbunden ist. Er ist mein Baby. Ein sehr launisches zwar, aber nachdem es gewachsen ist und ich mit Hilfe meiner engsten Angestellten die Kinderkrankheiten alle bewältigt habe, weiß ich wie der Hase in der Geschäftswelt läuft. So schnell macht mir niemand mehr was vor. Man darf sich nur auf keine Diskussionen einlassen und immer den harten Geschäftsmann raushängen lassen. Auch vor seinen Angestellten. Niemals auf der privaten Schiene fahren! Das beherzige ich auch meist. Selten gibt es Ausnahmen, wie Theo zum Beispiel. Er ist seit Stunde eins hier mit dabei und kennt mich wohl besser als alle anderen zusammen. Hin und wieder greife ich mir auch einen der süßen Tänzer hier. Natürlich nur für's Bett, und auch nur wenn sie es selbst genauso wollen. Und ja, ich gebe es zu. Manchmal bevorteile ich auch einige von ihnen. Aber wen juckt's? Es ist mein Club und wenn jemanden etwas nicht passt, kann ja kündigen. Bis jetzt ist das aber noch nie vorgekommen. Es waren immer private Gründe, weswegen gekündigt wurde. Niemals, weil einer meiner Leute unglücklich mit seinem Job war. Gibt es mal Streit, lege ich viel Wert darauf, dass sie es unter sich klären und erst wenn das nicht geht, schreite ich ein. Ja, ich bin zufrieden mit meinem Leben. Ich habe alles, und das was mir fehlt, kann ich mir innerhalb weniger Augenblicke besorgen. Oder besorgen lassen. Gibt es was Schöneres? An meiner Bürotür klopf es leise. "Ja?!" Die Tür geht auf und Theo kommt herein. "Hallo Boss." "Na Theo? Alles geklärt mit dem Gerangel vorm Hintereingang?" "Was? Ah ja! Alles erledigt." Er schließt die Tür wieder hinter sich und tritt vor meinen Schreibtisch. Ich deute ihm an, sich doch zu setzten. "Geht schon. Es dauert nicht lange." Da bin ich doch mal gespannt, was er wieder auf dem Herzen hat. Eigentlich kann ich es mir schon denken. Ich bin ja nicht blöd. "Kann ich am Wochenende frei bekommen? Simon würde auch für mich einspringen." Was habe ich gesagt?! Seit kurzem kommt er mir sehr oft mit Schichtverlegungen. Das bedeutet nur eins: "Wie heißt er?" "Was meinst du?" "Theo! Stell dich nicht so dumm. Das bist du nämlich nicht. Dein Freund. Wie heißt er?" Theo fängt an zu grinsen. Ein sehr seltener Anblick! "Matthias. Laurins Bekannter." "Matthias also ... So so ..." Ich lehne mich in meinem teuren Bürostuhl nach hinten und grinse zurück. "Von mir aus tausch eben. Aber sieh zu, dass die Sicherheitsleute alle vollzählig sein werden. Thorsten hat sich nicht abgemeldet, und es wäre nett, wenn du das vorher mal abklären würdest." "Mach ich! Danke Anton!" Er strahlt wie eine beleuchtete Discokugel und verlässt mein Büro wieder. Seufzend wende ich mich wieder der Buchhaltung zu. Kann Liebe wirklich so schön sein? Das man alles andere um sich herum vergessen kann? Ich mag es mir gar nicht vorstellen, oder kann es viel mehr nicht mehr. Ich war schon immer ein Arbeitstier, uns lies mich in der Vergangenheit eher selten von so etwas wie Gefühlen ablenken. Das Thema ist seit meiner Stoß- und Drangzeit abgehakt. Jetzt bin ich eben in meine Arbeit verliebt und ohne sie hätte ich keine Ahnung, was ich den lieben langen Tag so treiben sollte. Liebe war schon immer meist für die anderen da. Nie für mich. Ah, aber kein Mitleid bitte! Ich bin glücklich so wie es ist. Ich habe Geld und eine Menge Sex. An Bewerbern dafür mangelt es nicht, was zum Glück nicht nur an meinem Geldbeutel liegt. Außerdem werfe ich meine Angel nicht allein bei meinen Angestellten aus. Oh nein! Wäre mir auch viel zu anstrengend. Gefühle sind schnell da. Natürlich nur bei den Anderen. Bei mir nicht. Nachdem ein Kerl bei mir gekommen ist, muss er auch wieder gehen. Diejenigen, die das verstanden haben, dürfen auch gern ein weiteres Mal kommen. Natürlich nur, wenn sie es im Bett auch drauf haben, versteht sich. Wieder reißt mich ein Klopfen aus den Gedanken. Heute geht's hier ja zu wie im Taubenschlag! Noch ehe ich den Störenfried fragen kann, wer genau er eigentlich ist, schiebt sich auch schon Sebastian durch die Tür. "Hey Boss." Ich atme tief ein. Nicht er schon wieder! "Hallo Sebastian. Alles in Ordnung?" "Wie man es nimmt ...", gurrt er und schließt die Tür hinter sich. Wie eine Raubkatze schleicht er auf mich zu. Er trägt noch immer die heutige, spärliche Tanzbekleidung (eine weiße Hotpants und ein grell orangefarbenes Netzshirt, das im Schwarzlicht einfach nur geil aussieht) und lehnt sich lässig gegen meinen Schreibtisch. Die Beule, die er mir so reizvoll präsentiert, fällt mir sofort ins Auge. Darauf ist der kleine Tänzer also wieder aus. Eigentlich wollte ich ihn nicht mehr so oft in mein Bettchen locken, aber sein Anblick reizt mich gerade mehr als gewollt. Seine harten Nippelchen drücken sich durch die orangenen Fäden und mir läuft das Wasser im Mund zusammen. "Schließ ab und dann komm wieder her." Die Entscheidung ist gefallen. Sebbi lacht hell auf, etwas zu tuntig für meinen Geschmack, und dreht den Schlüssel im Schloss um. "Komm her." Ich klopfe mit der Handfläche auf meinen Schoß, auf den er auch gleich rittlings Hüpft. "Wie war's heute? Hattest du viele Bewunderer?" "Einen Haufen. Alle wollten mich." Überhebliches Kichern. Er beugt sich vor zu mir und küsst sich an meiner Ohrmuschel entlang. "Aber nur du bekommst mich", flüstert er erregt und schiebt seine Hände in meinen Schritt. Das ist so typisch für ihn. Er meint, mir damit einen Gefallen zu tun, wenn er behauptet, nur für mich seine hübschen Beinchen auseinander zu machen. Dabei weiß ich, dass er überall in der Gegend rumvögelt, als gäbe es kein Morgen mehr. Mir ist es gleich. Solange er mir keinen Ärger bereitet, dulde ich ihn in meiner unmittelbaren Nähe. "Lehn dich gegen meinen Schreibtisch", weise ich ihn an und lasse meine Hände über seinen Oberkörper gleiten. Wie erregend es sich anfühlt, die kleinen, harten Knospen unter dem Rautenmuster des Oberteils hindurch zu berühren. Sebbi stöhnt auf. Ein wenig zu übertrieben für meinen Geschmack. Doch wenn es ihm Spaß macht. Ich beuge mich vor, beiße in die aufgerichteten Knöpfchen und sauge daran. Das entlockt ihm noch quietschigere Laute. Ich ignoriere sie. 'Ohrenstöpsel wären nicht schlecht', denke ich und fange an zu grinsen. "Ohh Boss! ... JA! Du machst mich so geil!" Ich verdrehe innerlich die Augen. Das er immer so übertreiben muss! Fest beiße ich in seinen linken Nippel und umfasse gleichzeitig seine Lanze, die sich so wunderbar unter der Pantie abzeichnet. Ein ersticktes Keuchen bringt mich erneut zum grinsen. Ich bin sicher, dass ihm das nicht gefällt. Aber Strafe muss sein. "Zieh dir den Fetzen von den Beinen und komm mit." Unsanft schubse ich ihn von meinem Schoß, rolle mit meinem Bürostuhl einen Meter nach hinten und gehe vor an die Fensterfront. Während ich auf die tanzende Masse vor mir starre, öffne ich meinen Gürtel. Meine teure Armani-Hose wandert auf die große Couch an der linksseitigen Wand. Sebbi taucht vor mir auf. Wie befohlen ohne Hose. "Hast du an das Gummi gedacht?" Schreckensgeweitete Augen blicken mich an. "Hol eins!" Schnell huscht er zurück zu meinem Schreibtisch. Wo er alles finden kann, weiß er natürlich. Zwischenzeitlich habe ich mir ebenfalls mein weißes Hemd ausgezogen und warte darauf, dass er endlich wieder zu mir kommt. "Hier." Er reicht mir das Tütchen, welches ich auch gleich aufreiße und mir den Präser überstreife. "Dein Schwanz macht mich so geil", schnurrt Sebbi und streichelt über meinen so geilen Schwanz. "Und so groß ... Genau richtig für mich." Für einen Moment bin ich am überlegen, dass alles hier doch sein zu lassen. Ich hasse Dirty Talk. Obwohl, das was er macht verdient die Bezeichnung nicht. Es langweilt mich. ER langweilt mich. Hätte ich nicht schon seit Tagen Druck, wäre hier jetzt Feierabend, ober besser gesagt, ich hätte ihn schon vorhin gleich wieder aus meinem Büro verjagt. Aber da er schon mal nackt ist, das Gummi betriebsbereit, und es mir mein Schwanz niemals verzeihen würde, wenn ich ihn jetzt wieder in die enge Hose zwängen würde, kann ich es auch durchziehen. "An das Fenster mit dir." Sebbi weiß ganz genau wie ich das meine und schon steht er breitbeinig und mit den Händen abgestützt an dem verspiegelten Glas. "Das ist so geil! Ich stelle mir oft vor, dass sie uns sehen können, wenn wir es so maAHH!" Genau. Halt du mal deine Klappe. Fest und ohne Vorbereitung habe ich mich in ihn geschoben, bin fast schon schmerzhaft zwischen seinen Arschbacken eingeklemmt und knurre dunkel. Mit geschlossenen Augen beginne ich sofort ihn zu stoßen. Als er mir zu laut wird, lege ich einfach meine Hand auf seinen Mund und konzentriere mich voll und ganz auf das himmlische Gefühl in mir, das immer mehr anschwillt, meine Beine zum zittern, und meine Lenden zum glühen bringt. Mein Orgasmus kommt heftig und auch Sebbi, der sich selbst zwischen den Beinen rumspielt, kommt, nachdem ich ihm noch einige harte Extrastöße gegönnt habe. Noch etwas wacklig auf den Beinen trete ich von ihm zurück und entsorge das Kondom. "Mach die Sauerei auf meinem Fenster weg", rufe ich Sebbi noch zu und verschwinde in das angrenzende Bad. "Und wehe du kommst mir nach. Bis ich fertig bin, bist du verschwunden." "Alles klar Boss! Und danke!" Oh man. Womit habe ich das verdient? Das kommt dabei raus, wenn der Schwanz das Denken übernimmt. Das mit mir und Sebastian muss aufhören. Sein schmaler Körper turnt mich einfach nicht mehr richtig an. ~Marcell~ Ist das voll hier! Man weiß gar nicht, wo man zuerst hinschauen soll. Erstmal muss ich mir hier einen Überblick verschaffen. Wo gehe ich am besten hin? Und wen frage ich? Ich schaue mich um und entdecke die große Cocktailbar. Dort werde ich wahrscheinlich am ehesten Glück haben. Leider herrscht dort so dichtes Gedränge, dass ich ziemlich lange warten muss, bis mich überhaupt einer der Barkeeper bemerkt. "Entschuldigung?" "Stell dich bitte hinten an, Süßer!" Weg ist der Barkeeper. Grrr! "Ich will gar nichts trinken! Nur eine Auskunft!" Keiner hört mich. Doppelgrrr! "Hallo! Hey! Ich suche den Boss von dem Club hier!" "Der ist oben. Die Treppe da hinten hoch und vorher bitte anklopfen." Endlich redet hier mal jemand mit mir! "Danke!" Ich umklammere die Mappe in meiner Hand fester und mache mich sofort auf den Weg zur besagten Treppe. Hoffentlich klappt es diesmal! Ich brauche diesen Job. Langsam kaue ich auf dem Zahnfleisch. Und mein Vermieter steht kurz davor mir das Inkassounternehmen an den Hals zu hetzten. Arbeitslos zu sein ist scheiße! Und auf Harz IV habe ich auch keinen Bock! Dann lieber irgendwo putzen, natürlich nur, wenn ich sonst nirgends eine Arbeitsstelle bekomme. Da ist die freie Stelle als Barkeeper hier im Velvet doch schon eine viel angenehmere Aussicht. Jetzt muss ich sie nur noch bekommen, oder besser gesagt: 'Bitte lass sie noch nicht vergeben sein!' Ich weiß aus Erfahrung, dass so was sehr, sehr schnell gehen kann. Oben angekommen stehe ich in einem kurzen Flur. Auf der rechten Tür steht ein Namensschild 'A. Hazold – Geschäftsführung'. Hier bin ich richtig. Nervös klopfe ich an die Tür und schrecke fürchterlich zusammen, als sie plötzlich aufgerissen wird und ein junges Bürschchen vor mir steht. Er trägt nichts weiter als ein orangefarbenes Netzshirt und eine weiße Pantie. Das soll der Chef sein?! "Ähm hallo. Herr Hazold?" Ich lächle nervös. Wo bin ich denn nun schon wieder hingeraten? "Nein. Ich bin sein ... Freund. Was wollen Sie den von ihm?" Sein Freund? Ach du liebe Zeit! Was herrschen hier den für Zustände? "Ich habe gehört, dass für den Club ein weiterer Barkeeper gesucht wird. Deshalb wollte ich mich bei ihm vorstellen. Ist er da?" Ich versuche höflich zu bleiben. Wenn ich es mir mit dem Freund des Chefs verkacke, dann brauche ich sicher erst gar nicht um ein Probearbeiten zu bitten. "Er duscht gerade. Warte doch drinnen auf ihn." Der Twink lässt mich einfach stehen und verschwindet die Treppe hinunter, nicht ohne mir noch einen giftigen Blick zuzuwerfen. Huh! "Danke ..." Oh mein Gott! Am liebsten würde ich wieder abhauen. Aber ich brauche den Job! Ich sammle all meinen Mut und trete in das Büro ein. "Hallo? Jemand da?" Alles leer. Ein leises Rauschen dringt an meine Ohren. Der Chef duscht anscheinend wirklich. Heißt das etwa, die zwei hatten gerade ...? Uwa! Nicht, dass ich prüde wäre, aber ich mag mir jetzt nicht vorstellen, wie dieser kleine Twink von einem ergrauten, alten Mann rangenommen wurde. Bilde ich mir das ein, oder liegt immer noch der Duft nach schweißnassen Körpern und Sex in der Luft. Uwahh! Mich schüttelt es. Wo sie es wohl getrieben haben? Sicher setze ich mich nicht auf den Besucherstuhl hier. Oder auf den Hocker neben der Tür. Sicher auch nicht auf den ledernen Bürostuhl, der ja ganz eindeutig dem Chef gehört. Auch werde ich mich bestimmt nicht auf die großzügige Couch in der Ecke setzten, den dort liegen Kleidungsstücke. Eine Anzughose und ein weißes Hemd. Moment mal! Wenn die Klamotten von diesem Herrn Hazold hier sind, und er unter der Dusche ... Kommt er dann etwa nackt hier rein?! Scheiße, nichts wie raus hier! Besser, ich warte draußen noch einen Moment und klopfe noch mal an, wenn ich mir sicher bin, dass er wieder angezogen ist. Ich mache auf dem Absatz kehrt, da klappert es hinter mir. "Wer sind Sie zum Teufel noch mal, wenn ich fragen darf?" Ich bleibe stehen und ziehe meinen Kopf ein. Ist das peinlich! Ich schließe die Augen und wünsche mich an einen anderen Ort. Leider klappt das nicht. "Ähm ... Ich bin Marcell. Marcell Mengel." "Nun, Marcell Mengel. Was haben Sie hier zu suchen?" "Ich wollte ... Also ... Der Job als Barkeeper ... Ist der noch frei?" Oh Scheiße! Scheiße, Scheiße, Scheiße! Den Job kann ich knicken! "Herr Mengel? Zuerst einmal rede ich ungern mit den Hinterköpfen der Leute, die mich um einen Job bitten. Würden Sie sich bitte umdrehen?" "Kann ich denn?" Er ist doch nicht wirklich nackt?! "Bitte drehen Sie sich um!" Seine Stimme duldet keinen Widerspruch. Was soll's? Die Chance hier zu arbeiten habe ich eh vergeigt. Deshalb drehe ich mich langsam um, wage mich aber noch nicht, ihn direkt anzusehen. Nur die nackten Beine sehe ich nicht weit von mir entfernt aufblitzen. 'Oh nein!' "Herr Mengel? Darf ich Sie zuerst fragen, warum Sie ungebeten in mein Büro gekommen sind?" "Ähm ... Ich habe angeklopft. Ihr Freund hat mir geöffnet und mich gebeten hier auf Sie zu warten." "Mein Freund? Das kann nicht sein. Ich habe keinen Freund." "Was?!" Vor lauter Angst, Herr Hazold könnte mir jetzt vorwerfen, ihn angelogen zu haben, schaue ich ihn erschrocken an. "Aber da war so ein junger Mann! Er sagte ..." Ich verstumme. Das ist der Chef?! Von wegen alter, ergrauter Mann! Er ist höchstens Mitte dreißig. Um seine Hüfte hat er sich ein Handtuch geschlungen, das ganz locker auf seinen Hüftknochen sitzt. Seinen mehr als ansprechenden Hüftknochen ... Auch sein freier Oberkörper ist ein wahrhafter Hingucker. Richtig gut durchtrainiert und mit den immer noch hinabrinnenden Wassertröpfchen sieht er aus, wie einer der Typen aus den Playgirl Heften. Fasziniert bleibt mein Blick auf der Stelle unter seinem Bauchnabel hängen, wo ein schmaler, spärlich behaarter Streifen dunkler Haare unter das Handtuch führt. Er ist zum anbeten! "Das war nicht mein Freund. Nur ein Angestellter." Ich komme wieder zu mir und unterdrücke die aufkeimende Erregung in mir. Doch nicht hier! Nicht vor einem Mann, von dem ich mir hoffe, dass er mein Chef wird! "Oh. Das wusste ich nicht. Es tut mir schrecklich leid! Ich wollte nicht einfach so hier hereinplatzen! Ich dachte es wäre okay." Herr Hazold nickt bloß und geht zu seinem Schreibtisch. "Setzen Sie sich bitte." Als wäre es selbstverständlich, sich nur mit einem Handtuch bekleidet vor einem Jobbewerber zu präsentieren, setzt er sich auf seinen Bürostuhl und zeigt vor sich auf den Besucherstuhl. Ich bin viel zu überfordert mit der ganzen Situation um mir noch einmal Gedanken darum zu machen, ob er und der Twink sich vielleicht genau hier miteinander vergnügt haben. Deshalb setze ich mich und bemerke erst jetzt meine weichen Knie. "Sind das Ihre Bewerbungsunterlagen?" Er deutet auf die Mappe in meinen Händen. "Ja!" Ich reiche ihm die Bewerbungsmappe. Herr Hazold schlägt sie sofort auf und studiert meinen Lebenslauf. Er verzieht keine Miene dabei. Interessiert studiere ich dabei seine Gesichtszüge, seinen gepflegten Dreitagebart, die glatte Haut und die rabenschwarzen Haare. A. Hazold ist ein ganzer Kerl! Ich will es nicht, aber schon sind meine Augen wieder tiefer gewandert und saugen den Anblick seiner nackten Brust auf. Oh Gott! Sind seine Brustwarzen hart? Natürlich sind sie das! Seine Haut ist noch ganz feucht von der Dusche. Das, und die kühle Luft aus der Klimaanlage bringen dieses Wunder zustande. Meine Hände werden feucht. Würde ich genauso reagieren, wenn er angezogen wäre? Bestimmt nicht. Normal bin ich gar nicht so. Ich sabbere keinen Kerlen nach. Um mich von jemanden erregen zu lassen, brauche ich Nähe und Vertrautheit. Fremde lassen mich kalt. Noch nie hatte ich Sex mit einem Mann, nur weil er gut aussah. Ihr Inneres macht mich an. Nicht das, was sie nach außen hin sind, auch wenn ein schönes Äußeres ein gewaltiger Pluspunkt im Bett sein kann. Schließlich bin ich auch nur ein Mann. Aber eben einer, der mehr Wert auf die innere Schönheit legt, auch wenn ich mich dabei einmal sehr schmerzhaft verschätzt habe ... "Das sieht sehr gut aus, Herr Mengel", sagt er schließlich und schlägt meine Bewerbungsmappe zu. "Eigentlich hatte ich schon eine Auswahl an Bewerbern im Auge. Sie sind zu spät." Mein Blut rauscht Richtung Füße. "Oh bitte! Geben Sie mir eine Chance! Ich bin gut! Wirklich! Ich brauche diesen Job!" Klinge ich verzweifelt? Scheiße ja! Aber ich bin auch verzweifelt! Ich habe noch stolze 4,72 Euro in der Tasche. Mehr nicht. Das reicht noch nicht mal mehr für eine Tageskarte der Straßenbahn. Herr Hazold atmet tief ein und lehnt sich zurück. "Na gut. Hören Sie. Vom Drinks mixen habe ich Null Ahnung und wenn ich Sie jetzt groß befragen würde, um mich weiter von ihren Qualitäten überzeugen zu können, würde das mir und Ihnen gar nichts bringen. Morgen um halb zwölf findet ein Probearbeiten statt, den einer meiner Barkeeper beaufsichtigt und die Bewerber beurteilt. Er soll entscheiden, ob Sie das Zeug dazu haben, ein Teil unseres Teams zu werden. Wenn Sie pünktlich da sind, bekommen Sie Ihre Chance." "Oh Danke!" Mir fallen Millionen Steine vom Herzen. "Ich werde Ihnen einen Drink mixen, der wird Ihnen die Socken ausziehen!" "Dann achte ich das nächste Mal darauf, dass ich diesmal welche trage, wenn Sie mir ihren Drink servieren", sagt er und grinst schelmisch. "Oh ... Tut mir leid!" Ist mir das peinlich! ~Anton~ Er wird wieder rot. Das gefällt mir. Um ihn noch ein bisschen mehr zu verunsichern, stehe ich auf und reiche ihm die Hand zur Verabschiedung. Mir ist dabei durchaus bewusst, dass das Handtuch mir dabei fast von der Hüfte rutscht. "Dann bis morgen. Ihre Bewerbung behalte ich solange hier. Dann kann sie sich der Barkeeper, der das Probemixen überwachen wird, noch mal anschauen." "Ja ... Behalten Sie sie ruhig." Ob ich ihn für seine schamlosen Blicke tadeln soll? Ich beschließe nein. Das könnte noch interessant werden. Als Marcell mein Büro wieder verlassen hat, lüpfe ich das Handtuch und trockne mich ab. Dabei laufe ich zum Fenster und beobachte ihn, wie er durch die tanzenden Leiber läuft und den Club verlässt. Schade. Er hätte ruhig noch etwas bleiben können, finde ich. Er hat was an sich, das mir gefällt. Unter seiner unsicheren Art schlummert bestimmt ein wahrer Vulkan. Wäre doch nett, wenn er mir den mal zeigen würde. Allerdings ... Wäre es dann nicht besser, ihn nicht einzustellen? Nachdenklich drehe ich mich um und gehe zur Couch, wo meine Kleidung liegt. Das soll Laurin morgen entscheiden, der die Probearbeiten beaufsichtigt. Der Club geht schließlich vor, und ich will nur die besten Barkeeper hinter meiner Theke stehen haben. Vorher aber, gibt's noch was Wichtiges zu erledigen. Ich schlüpfe schnell in meine Hose und gehe zurück an den Schreibtisch, stecke mir den kleinen Funksprecher ins Ohr und drücke auf den Knopf. "Joe? Ist Sebastian schon gegangen?" /Nein./ "Schick ihn mal zu mir hoch." /Verstanden./ Es gibt Dinge, die man sofort regeln muss als Boss. Das hier ist eines davon. Keine zehn Minuten später wird meine Bürotür aufgerissen. "Sie wollten mich noch mal sprechen, Boss?" "Ja. Setzt dich ... Nicht auf meinen Schoss!" Was rege ich mich überhaupt auf? Ich bin selbst dran Schuld. Sebbi ist wie ein verzogener Hund. Zeit ihm Manieren beizubringen und seine Nase in den vollgepinkelten Teppich zu drücken. "Ich hatte gerade einen Bewerber auf die Stelle als Barkeeper hier. Du hast ihn noch gesehen, nicht wahr?" "Ja. Aber ..." "Du hast ihn in mein Büro gelassen. Ohne meine Zustimmung." "Das war so: Er stand ..." "Das ist mir egal. Du hast nicht einfach fremde Leute in mein Büro zu lassen! Besonders dann nicht, wenn ich unter der Dusche stehe. Ist das klar!" "Ja, Boss." Sebbi kann aber putzig schmollen. Leider bringt das bei mir nichts. "Und noch was. Wenn du noch einmal vor irgendjemanden behauptest, du seist mein Freund, fliegst du hochkant hier raus. Kapiert?" Ich schaue ihn finster an und freue mich, als er getroffen meinem Blick ausweicht. "Ob du das kapiert hast?" "Ja, Boss." "Gut. Und das nächste Mal, wenn du zu mir willst, klopfst du vorher an und wartest, bis ich dich hereinbitte. Und jetzt raus." "Ist gut, Boss." Wie ein angeschossenes Reh schleicht Sebastian nach draußen. Das war's! Endgültig! Nie wieder stille ich meine Lust an ihm! Das läuft mir sonst noch aus dem Ruder. Etwas mit Kollegen oder Angestellten anzufangen bringt wirklich nichts als Ärger! ****** Ob Anton seine Meinung noch ändern wird? ^___^ Kapitel 2: Kapitel 01 - Nackte Tatsachen (Ohne Adult) ----------------------------------------------------- Und wieder eine Story aus meinem imaginären Lieblingsclub! Ich habe es endlich geschafft, sie fertig zu bekommen und ich muss gestehen, ich hab mir ganz schön viel Zeit dabei gelassen. Im Urlaub bin ich mal wieder an meinem Liebling 'Blutrote Lilie' hängen geblieben. Wann ich die allerdings fertig bekomme, das steht noch in den Sternen. :-S Jetzt aber mal weiter mit meinen Barkeepern. ^^ Nachdem ich 'Barkeeper auf EIS' geschrieben habe, sind mir sozusagen noch sieben weitere Ideen rund um das Velvet in den Schoß gefallen. Ganz ehrlich? So schön es ist, wenn man auf neue Ideen kommt, es macht einen auch ganz nervös. Ich hätte am liebsten mit allen gleichzeitig angefangen, konnte aber natürlich nicht. Tja, so ist das eben. An manchen Tagen könnte man gar nicht mehr aufhören zu schreiben, und an anderen sitzt man vorm Bildschirm und nichts tut sich. Meistens dann, wenn man mal Zeit hätte *grummel*. Zu dem zeitlichen Verlauf: Die Story spielt zwischen 'Barkeeper auf EIS' und 'Barkeeper in Love'. In letzterer Geschichte sind die beiden ja schon zusammen. Vielleicht denkt ihr jetzt: Warum macht die Alte das eigentlich? Die spoilert ja! Tja, die Alte sagt euch: Das ist nicht schlimm xD. Außerdem merkt man schon am Anfang, dass die zwei sich recht anziehend finden und … Na ja. Ihr wisst schon. ;-) Jetzt noch ein paar Worte zum Cover. (Falls euch das nicht interessiert, überspringt es einfach. Der folgende Text handelt bloß von meinen alltäglichen Leiden, eine Idee für ein Cover zu bekommen und diese auch irgendwie umzusetzen.) Wisst ihr eigentlich, wie schwer es für mich war, an so ein dummes Papier-Cocktail-Schrimchen zu kommen? Nein? Ich sag's euch. Es ist verdammt schwer! Jedenfalls bei uns in näherer Umgebung. Oo Es war Abends, kurz vor Geschäftsschluss und ich wollte mir einen leckeren Döner gönnen. Leider hab ich übersehen, dass es Montag war. Kurzum, mein guter Dönermann hatte geschlossen. Macht nix, dachte ich und fuhr weiter. Dann gucke ich eben nach einem Cocktail-Schirmchen. Also brauste ich in den nächsten Laden und fand nix. Dafür aber wieder ein Haufen Naschkram und anderes Zeug was tödlich ungesund ist, mir aber die tristen Regentage versüßt. Am Ende war ich in fünf Läden gewesen, mich bis oben hin mit Naschkram eingedeckt und betrat Geschäft Nummer sechs, fragte die achthunderttausendste Verkäuferin, die mich ansah, als habe ich eine unheilbare Krankheit und blökte: Näh! So was ham mer ned! In mir fing es an zu brodeln und sicher hätte ich ihr die nächste Packung Toilettenpapier um die Ohren gehauen, wenn nicht eine andere Verkäuferin hinter mir gebrüllt hätte, ich solle doch mal bei den Kühlregalen nachschauen. Klar! Bei den Kühlregalen! Wieso bin ich selbst nicht darauf gekommen und habe mir bei den Haushaltsartikeln und in der Getränkeabteilung einen abgesucht?! Wie doof von mir! Aber das muss einer Blondine ja auch mal gesagt werden, nech? Genervt latschte ich zu den Kühlregalen und siehe da! Ganz unten in einem verranzen Seitenregal hingen ein paar Packungen bunte Papierschirmchen! Halleluja! Tja. Jetzt habe ich hier daheim eine Großpackung bunte Papierschirmchen, obwohl ich nur eins gebraucht habe. Wenn nicht bald jemand eine riesige Party feiert und eine Tonne Schirmchen braucht, kann ich die mir selbst in die Wassergläser stopfen. Aber wenigstens das Cover ist gerettet. ^^ Leider notwendig zu erwähnen: Alle Rechte meiner Texte liegen allein bei mir. Meine Texte, mein Eigentum. Unerlaubte Veröffentlichungen, auch nur auszugsweise, auf anderen Plattformen oder Onlineshops sind verboten, und das mache ich Text-Dieben auch rechtlich begreiflich, falls es sein muss. Also? Klauen is nicht. Und wie ich kürzlich erfahren habe, haben meine lieben Leser ihre Augen überall und berichten mir jeden dreisten Text-Diebstahl. Auch ich werde in Zukunft besser aufpassen und genauer hinsehen, was einem auf digitalem Wege angeboten wird. In diesem Sinne wünsche ich euch trotzdem viel Spaß beim Lesen. Eure Fara [Barkeeper-Reihe 03] Barkeeper in Not Kapitel 01 - Nackte Tatsachen (Ohne Adult) ~Anton~ Zufrieden laufe ich durch meinen Club. Es ist Donnerstagabend und wie immer ist es brechend voll hier. Schwitzende Körper, geifernde Blicke, verstohlenes Stöhnen aus dunklen Ecken. Wie ich es doch liebe! An der Bar ist die Hölle los und die Tänzer auf den Plattformen geben ihr Bestes. Genau so muss es laufen! Zufriedene Angestellte und noch zufriedenere Gäste. Nur ein glücklicher Gast kommt immer wieder. "Boss?" Ich drehe mich um. Einer der Sicherheitsleute steht vor mir. "Am Hintereingang gibt's Ärger. Aber ich kann Thorsten nirgends finden!" "Dann sag Theo Bescheid. Der kann dir zur Hand gehen." Der Sicherheitsmann, dessen Namen mir gerade anfallen ist, eilt zur Bar. Ich kann mir eben nicht alle Namen merken! Er sagt Theo was los ist und beide eilen nach hinten. Ich sag's doch! Was läuft, das läuft. Auf Theo kann ich mich immer verlassen. Ich drehe mich wieder um und gehe an den Toiletten vorbei. Auch hier hört man eindeutige Geräusche. Sollen sie doch. Verbieten kann ich es ihnen nicht, und will es eigentlich auch gar nicht, solange sie nicht meine sanitären Anlagen zerstören, spricht nichts dagegen, dass sie da drinnen ein kleines Nümmerchen schieben. Zwar schicke ich immer mal wieder einen der Sicherheitsmänner da rein, die dann ein wenig Radau machen, aber das heizt die kopulierenden Männer meist erst recht noch an. Mit einem seligen Lächeln und mehr als gut gelaunt betrete ich die Treppe, die hoch in mein Büro führt. Von dort aus kann ich den ganzen Club überblicken, dank einer riesigen verspiegelten Fensterfront. Ich setzte mich an meinen Schreibtisch, der an der gegenüberliegenden Wand steht, und wackle an der Maus, damit der Bildschirmschoner verschwindet. Nun sehe ich mich wieder meiner Buchhaltung gegenüber. Wer hat das nur erfunden? Was könnte das Leben so schön sein, wenn diese Kacke nicht wäre! Nun, es hilft nichts. Die Arbeit ruft. Und als selbstständiger Geschäftsmann hört man ihren Ruf manchmal Tag und Nacht. Die leise Musik des Clubs in der Luft und einen starken Kaffee an meiner Seite, tippe ich Rechnungsbeträge in die Tabelle ein, vergleiche die Preise zuerst mit denen vom letzten Monat und dann vom vergangenen Jahr, rege mich wie immer darüber auf, dass alles teurer wird und mache eben das, was ich immer mache, wenn ich Abends hier bin. Trotz einiger unschöner Arbeiten, liebe ich meinen Club und die Arbeit die damit verbunden ist. Er ist mein Baby. Ein sehr launisches zwar, aber nachdem es gewachsen ist und ich mit Hilfe meiner engsten Angestellten die Kinderkrankheiten alle bewältigt habe, weiß ich wie der Hase in der Geschäftswelt läuft. So schnell macht mir niemand mehr was vor. Man darf sich nur auf keine Diskussionen einlassen und immer den harten Geschäftsmann raushängen lassen. Auch vor seinen Angestellten. Niemals auf der privaten Schiene fahren! Das beherzige ich auch meist. Selten gibt es Ausnahmen, wie Theo zum Beispiel. Er ist seit Stunde eins hier mit dabei und kennt mich wohl besser als alle anderen zusammen. Hin und wieder greife ich mir auch einen der süßen Tänzer hier. Natürlich nur für's Bett und, auch nur wenn sie es selbst genauso wollen. Und ja, ich gebe es zu. Manchmal bevorteile ich auch einige von ihnen. Aber wen juckt's? Es ist mein Club und wenn jemanden nicht passt, kann ja kündigen. Bis jetzt ist das aber noch nie vorgekommen. Es waren immer private Gründe, weswegen gekündigt wurde. Niemals, weil einer meiner Leute unglücklich mit seinem Job war. Gibt es mal Streit, lege ich viel Wert darauf, dass sie es unter sich klären und erst wenn das nicht geht, schreite ich ein. Ja, ich bin zufrieden mit meinem Leben. Ich habe alles, und das was mir fehlt, kann ich mir innerhalb weniger Augenblicke besorgen. Oder besorgen lassen. Gibt es was Schöneres? An meiner Bürotür klopf es leise. "Ja?!" Die Tür geht auf und Theo kommt herein. "Hallo Boss." "Na Theo? Alles geklärt mit dem Gerangel vorm Hintereingang?" "Was? Ah ja! Alles erledigt." Er schließt die Tür wieder hinter sich und tritt vor meinen Schreibtisch. Ich deute ihm an, sich doch zu setzten. "Geht schon. Es dauert nicht lange." Da bin ich doch mal gespannt, was er wieder auf dem Herzen hat. Eigentlich kann ich es mir schon denken. Ich bin ja nicht blöd. "Kann ich am Wochenende frei bekommen? Simon würde auch für mich einspringen." Was habe ich gesagt?! Seit kurzem kommt er mir sehr oft mit Schichtverlegungen. Das bedeutet nur eins: "Wie heißt er?" "Was meinst du?" "Theo! Stell dich nicht so dumm. Das bist du nämlich nicht. Dein Freund. Wie heißt er?" Theo fängt an zu grinsen. Ein sehr seltener Anblick! "Matthias. Laurins Bekannter." "Matthias also ... So so ..." Ich lehne mich in meinem teuren Bürostuhl nach hinten und grinse zurück. "Von mir aus tausch eben. Aber sieh zu, dass die Sicherheitsleute alle vollzählig sein werden. Thorsten hat sich nicht abgemeldet, und es wäre nett, wenn du das vorher mal abklären würdest." "Mach ich! Danke Anton!" Er strahlt wie eine beleuchtete Discokugel und verlässt mein Büro wieder. Seufzend wende ich mich wieder der Buchhaltung zu. Kann Liebe wirklich so schön sein? Das man alles andere um sich herum vergessen kann? Ich mag es mir gar nicht vorstellen, oder kann es viel mehr nicht mehr. Ich war schon immer ein Arbeitstier, uns lies mich in der Vergangenheit eher selten von so etwas wie Gefühlen ablenken. Das Thema ist seit meiner Stoß- und Drangzeit abgehakt. Jetzt bin ich eben in meine Arbeit verliebt und ohne sie hätte ich keine Ahnung, was ich den lieben langen Tag so treiben sollte. Liebe war schon immer meist für die anderen da. Nie für mich. Ah, aber kein Mitleid bitte! Ich bin glücklich so wie es ist. Ich habe Geld und eine Menge Sex. An Bewerbern dafür mangelt es nicht, was zum Glück nicht nur an meinem Geldbeutel liegt. Außerdem werfe ich meine Angel nicht allein bei meinen Angestellten aus. Oh nein! Wäre mir auch viel zu anstrengend. Gefühle sind schnell da. Natürlich nur bei den Anderen. Bei mir nicht. Nachdem ein Kerl bei mir gekommen ist, muss er auch wieder gehen. Diejenigen, die das verstanden haben, dürfen auch gern ein weiteres Mal kommen. Natürlich nur, wenn sie es im Bett auch drauf haben, versteht sich. Wieder reißt mich ein Klopfen aus den Gedanken. Heute geht's hier ja zu wie im Taubenschlag! Noch ehe ich den Störenfried fragen kann, wer genau er eigentlich ist, schiebt sich auch schon Sebastian durch die Tür. "Hey Boss." Ich atme tief ein. Nicht er schon wieder! "Hallo Sebastian. Alles in Ordnung?" "Wie man es nimmt ...", gurrt er und schließt die Tür hinter sich. Wie eine Raubkatze schleicht er auf mich zu. Er trägt noch immer die heutige, spärliche Tanzbekleidung (eine weiße Hotpants und ein grell orangefarbenes Netzshirt, das im Schwarzlicht einfach nur geil aussieht) und lehnt sich lässig gegen meinen Schreibtisch. Die Beule, die er mir so reizvoll präsentiert, fällt mir sofort ins Auge. Darauf ist der kleine Tänzer also wieder aus. Eigentlich wollte ich ihn nicht mehr so oft in mein Bettchen locken, aber sein Anblick reizt mich gerade mehr als gewollt. Seine harten Nippelchen drücken sich durch die orangenen Fäden und mir läuft das Wasser im Mund zusammen. "Schließ ab und dann komm wieder her." Die Entscheidung ist gefallen. Sebbi lacht hell auf, etwas zu tuntig für meinen Geschmack, und dreht den Schlüssel im Schloss um. "Komm her." Ich klopfe mit der Handfläche auf meinen Schoß, auf den er auch gleich rittlings Hüpft. "Wie war's heute? Hattest du viele Bewunderer?" "Einen Haufen. Alle wollten mich." Überhebliches Kichern. Er beugt sich vor zu mir und küsst sich an meiner Ohrmuschel entlang. "Aber nur du bekommst mich", flüstert er erregt und schiebt seine Hände in meinen Schritt. Das ist so typisch für ihn. Er meint, mir damit einen Gefallen zu tun, wenn er behauptet, nur für mich seine hübschen Beinchen auseinander zu machen. Dabei weiß ich, dass er überall in der Gegend rumvögelt, als gäbe es kein Morgen mehr. Mir ist es gleich. Solange er mir keinen Ärger bereitet, dulde ich ihn in meiner unmittelbaren Nähe. "Lehn dich gegen meinen Schreibtisch", weise ich ihn an und lasse meine Hände über seinen Oberkörper gleiten. Wie erregend es sich anfühlt, die kleinen, harten Knospen unter dem Rautenmuster des Oberteils hindurch zu berühren. Sebbi stöhnt auf. Ein wenig zu übertrieben für meinen Geschmack. Doch wenn es ihm Spaß macht. Ich beuge mich vor, beiße in die aufgerichteten Knöpfchen und sauge daran. Das entlockt ihm noch quietschigere Laute. Ich ignoriere sie. 'Ohrenstöpsel wären nicht schlecht', denke ich und fange an zu grinsen. "Ohh Boss! ... JA! Du machst mich so geil!" Ich verdrehe innerlich die Augen. Das er immer so übertreiben muss! * "Mach die Sauerei auf meinem Fenster weg", rufe ich Sebbi noch zu und verschwinde in das angrenzende Bad. "Und wehe du kommst mir nach. Bis ich fertig bin, bist du verschwunden." "Alles klar Boss! Und danke!" Oh man. Womit habe ich das verdient? Das kommt dabei raus, wenn der Schwanz das Denken übernimmt. Das mit mir und Sebastian muss aufhören. Sein schmaler Körper turnt mich einfach nicht mehr richtig an. ~Marcell~ Ist das voll hier! Man weiß gar nicht, wo man zuerst hinschauen soll. Erstmal muss ich mir hier einen Überblick verschaffen. Wo gehe ich am besten hin? Und wen frage ich? Ich schaue mich um und entdecke die große Cocktailbar. Dort werde ich wahrscheinlich am ehesten Glück haben. Leider herrscht dort so dichtes Gedränge, dass ich ziemlich lange warten muss, bis mich überhaupt einer der Barkeeper bemerkt. "Entschuldigung?" "Stell dich bitte hinten an, Süßer!" Weg ist der Barkeeper. Grrr! "Ich will gar nichts trinken! Nur eine Auskunft!" Keiner hört mich. Doppelgrrr! "Hallo! Hey! Ich suche den Boss von dem Club hier!" "Der ist oben. Die Treppe da hinten hoch und vorher bitte anklopfen." Endlich redet hier mal jemand mit mir! "Danke!" Ich umklammere die Mappe in meiner Hand fester und mache mich sofort auf den Weg zur besagten Treppe. Hoffentlich klappt es diesmal! Ich brauche diesen Job. Langsam kaue ich auf dem Zahnfleisch. Und mein Vermieter steht kurz davor mir das Inkassounternehmen an den Hals zu hetzten. Arbeitslos zu sein ist scheiße! Und auf Harz IV habe ich auch keinen Bock! Dann lieber irgendwo putzen, natürlich nur, wenn ich sonst nirgends eine Arbeitsstelle bekomme. Da ist die freie Stelle als Barkeeper hier im Velvet doch schon eine viel angenehmere Aussicht. Jetzt muss ich sie nur noch bekommen, oder besser gesagt: 'Bitte lass sie noch nicht vergeben sein!' Ich weiß aus Erfahrung, dass so was sehr, sehr schnell gehen kann. Oben angekommen stehe ich in einem kurzen Flur. Auf der rechten Tür steht ein Namensschild 'A. Hazold - Geschäftsführung'. Hier bin ich richtig. Nervös klopfe ich an die Tür und schrecke fürchterlich zusammen, als sie plötzlich aufgerissen wird und ein junges Bürschchen vor mir steht. Er trägt nichts weiter als ein orangefarbenes Netzshirt und eine weiße Pantie. Das soll der Chef sein?! "Ähm hallo. Herr Hazold?" Ich lächle nervös. Wo bin ich denn nun schon wieder hingeraten? "Nein. Ich bin sein ... Freund. Was wollen Sie den von ihm?" Sein Freund? Ach du liebe Zeit! Was herrschen hier den für Zustände? "Ich habe gehört, dass für den Club ein weiterer Barkeeper gesucht wird. Deshalb wollte ich mich bei ihm vorstellen. Ist er da?" Ich versuche höflich zu bleiben. Wenn ich es mir mit dem Freund des Chefs verkacke, dann brauche ich sicher erst gar nicht um ein Probearbeiten zu bitten. "Er duscht gerade. Warte doch drinnen auf ihn." Der Twink lässt mich einfach stehen und verschwindet die Treppe hinunter, nicht ohne mir noch einen giftigen Blick zuzuwerfen. Huh! "Danke ..." Oh mein Gott! Am liebsten würde ich wieder abhauen. Aber ich brauche den Job! Ich sammle all meinen Mut und trete in das Büro ein. "Hallo? Jemand da?" Alles leer. Ein leises Rauschen dringt an meine Ohren. Der Chef duscht anscheinend wirklich. Heißt das etwa, die zwei hatten gerade ...? Uwa! Nicht, dass ich prüde wäre, aber ich mag mir jetzt nicht vorstellen, wie dieser kleine Twink von einem ergrauten, alten Mann rangenommen wurde. Bilde ich mir das ein, oder liegt immer noch der Duft nach schweißnassen Körpern und Sex in der Luft. Uwahh! Mich schüttelt es. Wo sie es wohl getrieben haben? Sicher setze ich mich nicht auf den Besucherstuhl hier. Oder auf den Hocker neben der Tür. Sicher auch nicht auf den ledernen Bürostuhl, der ja ganz eindeutig dem Chef gehört. Auch werde ich mich bestimmt nicht auf die großzügige Couch in der Ecke setzten, den dort liegen Kleidungsstücke. Eine Anzughose und ein weißes Hemd. Moment mal! Wenn die Klamotten von diesem Herrn Hazold hier sind, und er unter der Dusche ... Kommt er dann etwa nackt hier rein?! Scheiße, nichts wie raus hier! Besser, ich warte draußen noch einen Moment und klopfe noch mal an, wenn ich mir sicher bin, dass er wieder angezogen ist. Ich mache auf dem Absatz kehrt, da klappert es hinter mir. "Wer sind Sie zum Teufel noch mal, wenn ich fragen darf?" Ich bleibe stehen und ziehe meinen Kopf ein. Ist das peinlich! Ich schließe die Augen und wünsche mich an einen anderen Ort. Leider klappt das nicht. "Ähm ... Ich bin Marcell. Marcell Mengel." "Nun, Marcell Mengel. Was haben Sie hier zu suchen?" "Ich wollte ... Also ... Der Job als Barkeeper ... Ist der noch frei?" Oh Scheiße! Scheiße, Scheiße, Scheiße! Den Job kann ich knicken! "Herr Mengel? Zuerst einmal rede ich ungern mit den Hinterköpfen der Leute, die mich um einen Job bitten. Würden Sie sich bitte umdrehen?" "Kann ich denn?" Er ist doch nicht wirklich nackt?! "Bitte drehen Sie sich um!" Seine Stimme duldet keinen Widerspruch. Was soll's? Die Chance hier zu arbeiten habe ich eh vergeigt. Deshalb drehe ich mich langsam um, wage mich aber noch nicht, ihn direkt anzusehen. Nur die nackten Beine sehe ich nicht weit von mir entfernt aufblitzen. 'Oh nein!' "Herr Mengel? Darf ich Sie zuerst fragen, warum Sie ungebeten in mein Büro gekommen sind?" "Ähm ... Ich habe angeklopft. Ihr Freund hat mir geöffnet und mich gebeten hier auf Sie zu warten." "Mein Freund? Das kann nicht sein. Ich habe keinen Freund." "Was?!" Vor lauter Angst, Herr Hazold könnte mir jetzt vorwerfen, ihn angelogen zu haben, schaue ich ihn erschrocken an. "Aber da war so ein junger Mann! Er sagte ..." Ich verstumme. Das ist der Chef?! Von wegen alter, ergrauter Mann! Er ist höchstens Mitte dreißig. Um seine Hüfte hat er sich ein Handtuch geschlungen, das ganz locker auf seinen Hüftknochen sitzt. Seinen mehr als ansprechenden Hüftknochen ... Auch sein freier Oberkörper ist ein wahrhafter Hingucker. Richtig gut durchtrainiert und mit den immer noch hinabrinnenden Wassertröpfchen sieht er aus, wie einer der Typen aus den Playgirl Heften. Fasziniert bleibt mein Blick auf der Stelle unter seinem Bauchnabel hängen, wo ein schmaler, spärlich behaarter Streifen dunkler Haare unter das Handtuch führt. Er ist zum anbeten! "Das war nicht mein Freund. Nur ein Angestellter." Ich komme wieder zu mir und unterdrücke die aufkeimende Erregung in mir. Doch nicht hier! Nicht vor einem Mann, von dem ich mir hoffe, dass er mein Chef wird! "Oh. Das wusste ich nicht. Es tut mir schrecklich leid! Ich wollte nicht einfach so hier hereinplatzen! Ich dachte es wäre okay." Herr Hazold nickt bloß und geht zu seinem Schreibtisch. "Setzen Sie sich bitte." Als wäre es selbstverständlich, sich nur mit einem Handtuch bekleidet vor einem Jobbewerber zu präsentieren, setzt er sich auf seinen Bürostuhl und zeigt vor sich auf den Besucherstuhl. Ich bin viel zu überfordert mit der ganzen Situation um mir noch einmal Gedanken darum zu machen, ob er und der Twink sich vielleicht genau hier miteinander vergnügt haben. Deshalb setze ich mich und bemerke erst jetzt meine weichen Knie. "Sind das Ihre Bewerbungsunterlagen?" Er deutet auf die Mappe in meinen Händen. "Ja!" Ich reiche ihm die Bewerbungsmappe. Herr Hazold schlägt sie sofort auf und studiert meinen Lebenslauf. Er verzieht keine Miene dabei. Interessiert studiere ich dabei seine Gesichtszüge, seinen gepflegten Dreitagebart, die glatte Haut und die rabenschwarzen Haare. A. Hazold ist ein ganzer Kerl! Ich will es nicht, aber schon sind meine Augen wieder tiefer gewandert und saugen den Anblick seiner nackten Brust auf. Oh Gott! Sind seine Brustwarzen hart? Natürlich sind sie das! Seine Haut ist noch ganz feucht von der Dusche. Das, und die kühle Luft aus der Klimaanlage bringen dieses Wunder zustande. Meine Hände werden feucht. Würde ich genauso reagieren, wenn er angezogen wäre? Bestimmt nicht. Normal bin ich gar nicht so. Ich sabbere keinen Kerlen nach. Um mich von jemanden erregen zu lassen, brauche ich Nähe und Vertrautheit. Fremde lassen mich kalt. Noch nie hatte ich Sex mit einem Mann, nur weil er gut aussah. Ihr Inneres macht mich an. Nicht das, was sie nach außen hin sind, auch wenn ein schönes Äußeres ein gewaltiger Pluspunkt im Bett sein kann. Schließlich bin ich auch nur ein Mann. Aber eben einer, der mehr Wert auf die innere Schönheit legt, auch wenn ich mich dabei einmal sehr schmerzhaft verschätzt habe ... "Das sieht sehr gut aus, Herr Mengel", sagt er schließlich und schlägt meine Bewerbungsmappe zu. "Eigentlich hatte ich schon eine Auswahl an Bewerbern im Auge. Sie sind zu spät." Mein Blut rauscht Richtung Füße. "Oh bitte! Geben Sie mir eine Chance! Ich bin gut! Wirklich! Ich brauche diesen Job!" Klinge ich verzweifelt? Scheiße ja! Aber ich bin auch verzweifelt! Ich habe noch stolze 4,72 Euro in der Tasche. Mehr nicht. Das reicht noch nicht mal mehr für eine Tageskarte der Straßenbahn. Herr Hazold atmet tief ein und lehnt sich zurück. "Na gut. Hören Sie. Vom Drinks mixen habe ich Null Ahnung und wenn ich Sie jetzt groß befragen würde, um mich weiter von ihren Qualitäten überzeugen zu können, würde das mir und Ihnen gar nichts bringen. Morgen um halb zwölf findet ein Probearbeiten statt, den einer meiner Barkeeper beaufsichtigt und die Bewerber beurteilt. Er soll entscheiden, ob Sie das Zeug dazu haben, ein Teil unseres Teams zu werden. Wenn Sie pünktlich da sind, bekommen Sie Ihre Chance." "Oh Danke!" Mir fallen Millionen Steine vom Herzen. "Ich werde Ihnen einen Drink mixen, der wird Ihnen die Socken ausziehen!" "Dann achte ich das nächste Mal darauf, dass ich diesmal welche trage, wenn Sie mir ihren Drink servieren", sagt er und grinst schelmisch. "Oh ... Tut mir leid!" Ist mir das peinlich! ~Anton~ Er wird wieder rot. Das gefällt mir. Um ihn noch ein bisschen mehr zu verunsichern, stehe ich auf und reiche ihm die Hand zur Verabschiedung. Mir ist dabei durchaus bewusst, dass das Handtuch mir dabei fast von der Hüfte rutscht. "Dann bis morgen. Ihre Bewerbung behalte ich solange hier. Dann kann sie sich der Barkeeper, der das Probemixen überwachen wird, noch mal anschauen." "Ja ... Behalten Sie sie ruhig." Ob ich ihn für seine schamlosen Blicke tadeln soll? Ich beschließe nein. Das könnte noch interessant werden. Als Marcell mein Büro wieder verlassen hat, lüpfe ich das Handtuch und trockne mich ab. Dabei laufe ich zum Fenster und beobachte ihn, wie er durch die tanzenden Leiber läuft und den Club verlässt. Schade. Er hätte ruhig noch etwas bleiben können, finde ich. Er hat was an sich, das mir gefällt. Unter seiner unsicheren Art schlummert bestimmt ein wahrer Vulkan. Wäre doch nett, wenn er mir den mal zeigen würde. Allerdings ... Wäre es dann nicht besser, ihn nicht einzustellen? Nachdenklich drehe ich mich um und gehe zur Couch, wo meine Kleidung liegt. Das soll Laurin morgen entscheiden, der die Probearbeiten beaufsichtigt. Der Club geht schließlich vor, und ich will nur die besten Barkeeper hinter meiner Theke stehen haben. Vorher aber, gibt's noch was Wichtiges zu erledigen. Ich schlüpfe schnell in meine Hose und gehe zurück an den Schreibtisch, stecke mir den kleinen Funksprecher ins Ohr und drücke auf den Knopf. "Joe? Ist Sebastian schon gegangen?" /Nein./ "Schick ihn mal zu mir hoch." /Verstanden./ Es gibt Dinge, die man sofort regeln muss als Boss. Das hier ist eines davon. Keine zehn Minuten später wird meine Bürotür aufgerissen. "Sie wollten mich noch mal sprechen, Boss?" "Ja. Setzt dich ... Nicht auf meinen Schoss!" Was rege ich mich überhaupt auf? Ich bin selbst dran Schuld. Sebbi ist wie ein verzogener Hund. Zeit ihm Manieren beizubringen und seine Nase in den vollgepinkelten Teppich zu drücken. "Ich hatte gerade einen Bewerber auf die Stelle als Barkeeper hier. Du hast ihn noch gesehen, nicht wahr?" "Ja. Aber ..." "Du hast ihn in mein Büro gelassen. Ohne meine Zustimmung." "Das war so: Er stand ..." "Das ist mir egal. Du hast nicht einfach fremde Leute in mein Büro zu lassen! Besonders dann nicht, wenn ich unter der Dusche stehe. Ist das klar!" "Ja, Boss." Sebbi kann aber putzig schmollen. Leider bringt das bei mir nichts. "Und noch was. Wenn du noch einmal vor irgendjemanden behauptest, du seist mein Freund, fliegst du hochkant hier raus. Kapiert?" Ich schaue ihn finster an und freue mich, als er getroffen meinem Blick ausweicht. "Ob du das kapiert hast?" "Ja, Boss." "Gut. Und das nächste Mal, wenn du zu mir willst, klopfst du vorher an und wartest, bis ich dich hereinbitte. Und jetzt raus." "Ist gut, Boss." Wie ein angeschossenes Reh schleicht Sebastian nach draußen. Das war's! Endgültig! Nie wieder stille ich meine Lust an ihm! Das läuft mir sonst noch aus dem Ruder. Etwas mit Kollegen oder Angestellten anzufangen bringt wirklich nichts als Ärger! ****** Ob Anton seine Meinung noch ändern wird? ^___^ Kapitel 3: Kapitel 02 - Gegen die Vorschrift -------------------------------------------- Kapitel 02 - Gegen die Vorschrift ~Marcell~ Viertel nach elf bin ich am Velvet angekommen und stehe dort vor der Tür. Bin ich aufgeregt! Ich muss mein Bestes geben! Ich muss einfach! Der Job bedeutet alles für mich. Denn wenn ich ihn nicht bekomme, dann fliege ich aus meiner Wohnung. So verzwickt ist meine Lage inzwischen. Nach und nach treffen noch weitere Bewerber ein. Eine Menge Bewerber. Mein Mut sinkt mit jedem weiteren Kerl, der sich hier einfindet. Ich weiß zwar, dass ich ein exzellenter Barkeeper bin, doch es reicht, wenn einer von ihnen mehr Eindruck bei dem Barkeeper von Herrn Hazold schindet als ich. Dann bin ich weg vom Fenster. Und ich glaube nicht, dass mir mein Auftritt gestern Zusatzpunkte gesichert hat. Eher im Gegenteil. Kurz gesagt: Ich bin am Arsch! Pünktlich um halb zwölf geht die Eingangstür auf und ein freundlich lächelnder Typ bittet uns herein. Aufgeregt gehe ich die Stufen nach unten und bleibe mit den anderen zusammen vor der Bar stehen. So leer und ohne Gäste sieht der Club richtig riesig aus! "Hallo! Ich bin Laurin. Einer der Barkeeper hier. Ihr werdet heute die Freude haben, mit mir einen zu trinken." Lautes Lachen. Wie können die anderen Bewerber so locker bleiben?! "Geht schon mal hinter die Bar und macht euch mit allem vertraut. Das Meiste dürfte euch ja bekannt vorkommen. Ich sage nur dem Chef Bescheid, dass ihr hier seid." Ich habe es befürchtet. Herr Hazold wird dabei sein. Meine Hände zittern. Nicht auch noch das! Ich brauche eine ruhige Hand! "So nervös?" Einer der Bewerber stellt sich neben mich. "Ja." "Ich auch. Aber es hilft ja auch nichts, sich jetzt großartig verrückt zu machen." "Das sagt sich so leicht." "Stimmt ... Ich bin Andreas." "Marcell." Andreas lächelt mich beruhigend an und wendet sich der beachtlichen Auswahl an Spirituosen zu. "Hier schöpft man aus dem Vollen", staunt er und begutachtet einige Flaschen genauer. "Edel, edel. Den bekommt man nicht überall." "Kostet sicher auch Einiges." "Das heißt dann ja wohl, gleich höllisch aufzupassen beim Probemixen. Nicht, dass was von diesen Schätzchen hier zu Bruch geht." Muss er sowas sagen?! Innerlich verscheuche ich die bösen Geister um mich herum, die mir die Schnapsflaschen aus den Händen schlagen wollen, als sich hinter uns jemand räuspert. Der Chef ist da! "Guten Tag die Herren! Es freut mich, dass ihr alle den Weg zu uns gefunden habt und es euch verdienen wollt, Teil unserer kleinen Familie zu werden." Kann der dumme Reden schwingen! Ich könnte glatt anfangen loszulachen, würden mir nicht immer wieder Bilder vor dem geistigen Auge aufblitzen, wie Herr Hazold halb nackt vor mir sitzt und meine Bewerbung studiert. Das ich die letzte Nacht von ihm geträumt habe, macht es auch nicht besser. Verflucht sei sein verdammter Traumkörper und seine tiefe Stimme! Die bringen mich ganz aus dem Konzept! Zudem kommt die zunehmende Gewissheit, dass er auch in dem Anzug eine gute Figur macht. Eine mehr als Gute. Sie sitzt so eng um seinen Körper herum, dass ... "Hey." Andreas stupst mich an. "Willst du nicht anfangen?" "Was?" "Sag mal, hast du nicht zugehört? Wir sollen einen Calpi machen und dann die anderen Drinks auf der Liste." "Oh. Ja! Natürlich!" Welche Liste?! Das fängt ja gut an! Während wir die vorgegebenen Drinks in einer bestimmten Zeit mixen sollen (sie stehen ganz groß vor uns an einer Tafel angeschrieben), werden wir von Laurin und dem Boss genaustens beobachtet. Sie laufen zwischen uns umher, probieren und unterhalten sich leise. Das macht mich schier nervös und raubt mir fast meine gesamte Konzentration! Sie laufen hin und her, schauen ganz genau auf unsre Finger und ich habe zudem das dumme Gefühl, dass ich unter besonderer Beobachtung stehe. Jedenfalls bilde ich mir das ein. Immer wieder spüre ich die Blicke des Bosses auf mir. Ich versuche das Gefühl abzuschütteln und konzentriere mich auf die vielen alkoholischen Getränke und Säfte. Rufe mir die Zusammensetzungen der einzelnen Drinks ins Gedächtnis und bekomme es wirklich ganz gut auf die Reihe. Dachte ich zumindest. Als mir nämlich dann eine wirklich teure Schnapsflasche runterknallt, sehe ich all meine Chancen mit der braunen Flüssigkeit davon schwimmen. "Es tut mir leid", sage ich mir leiser Stimme. "Die ersetzte ich Ihnen natürlich." Von was ich sie ihm ersetzten will, weiß ich zwar noch nicht, aber was soll ich sonst sagen? ~Anton~ Ach her je! Das ging ja voll in die Hose. "Laurin? Behalte du mal die Bewerber im Auge." "Mach ich." "Herr Mengel? Auf ein Wort." Ich kann förmlich zuschauen, wie er immer kleiner wird, und vor Schreck nur ein leichtes Nicken zustande bringt. Ich führe ihn in einen Raum, der als Lager dient und schließe die Tür hinter uns. "Das war ja eine beeindruckende Show", beginne ich. "Tut mir ... tut mir leid. Die Flasche ist mir aus der Hand gerutscht und ..." "Das meinte ich nicht. Was meinen Sie, warum Laurin und ich euch so penetrant begutachten und uns zwischen euch drängeln beim Mixen?" "Sie wollen wissen, wer von uns besser ist." "Falsch." Marcell zuckt richtig zusammen. "Wir wollen wissen, wer unter Druck besser arbeiten kann." "Dann bin ich ja jetzt raus." Ohne mich anzusehen rauscht er an mir vorbei und will aus dem Raum verschwinden. "Marcell?!" Er hält inne und schaut mich verwundert an. "Ich duze dich. Ist einfacher. Okay?" Er nickt. "Trotz allem hat mir gefallen, wie schnell und geübt du warst. Warum warst du so nervös?" Marcell lehnt sich gegen die Wand und schließt die Augen. Als er sie wieder öffnet, schaut er mich direkt an. "Es war mir peinlich vor Ihnen. Sie haben mich total verwirrt und immer wieder musste ich an meinen Überfall auf Sie gestern denken. Ich bin mir sicher, dass Sie mich deswegen so genau beobachtet haben, was ja auch nur verständlich ist. Es war mir so unangenehm." Ich unterdrücke das aufkeimende Grinsen, das ich schon auf meinen Lippen spüren kann. Hab ich es mir doch gedacht! "Na schön. Dann ist ja alles geklärt und wir können weitermachen." Neben der Tür stehen Handbesen, Schippe und Eimer auf die ich zeige. "Nimm das mit und kehre die Scherben weg, damit du schnell wieder hinter der Theke dein Bestes geben kannst." Sein Blick gerade ist Gold wert! "Okay!", rufe ich. "Wenn Marcell alles wieder sauber hat, können wir damit weiter machen, dass jeder von euch uns seinen Lieblingsdrink, oder einen selbstkreierten Cocktail präsentiert! Strengt euch an!" Ich begebe mich an Laurins Seite, der außer Hörweite der Bewerber steht und schaue ihn fragend an. "Und? Was meinst du?" "Sie sind alle gut. Hätte dieser Marcell nicht den Schnaps zerschellen lassen, wäre er mein Favorit. Er war fast Tadellos. Auch geschmacklich waren alle Getränke wie sie sein sollen." Dem kann ich ihm nur beipflichten. "Er hat mir erklärt, warum das passiert ist." "Ach ja? War er doch nervös?" "Ja. Aber wegen mir." Ich grinse leicht. "Sein Bewerbungsgespräch verlief nicht so gut. Er hat mich überrascht, als ich gerade aus der Dusche kam", erkläre ich Laurin, der mich schief anschaut. "Sie haben eine Dusche da oben?" "Klar. Die Nächte sind lang und eine heiße Dusche wirkt manchmal wahre Wunder." "Ah ja ... Wunder." Laurin zwinkert mir zu und lässt mich stehen. "Fertig mit aufputzen? Super!" Er klatscht in die Hände und bittet die Bewerber anzufangen. Diesmal sind alle voll dabei. Auch Marcell, der routiniert nach den Flaschen greift, die Säfte inspiziert und einen orange-grünen Drink zaubert, an dessen Rand eine knall-orangene Physalis-Frucht thront. Er ist sogar einer der Ersten, die mit ihrem Drink fertig sind und das Glas auf den Tresen stellt. Formvollendet auf einer kleinen Serviette. Perfekt. "Wie schätzt du ihn preislich ein?", frage ich Marcell. "Zwischen sieben bis neun Euro halte ich für in Ordnung." "Sehr gut." Hört sich schon mal nicht schlecht an. Schließlich muss ich auch ans Geschäft denken, und nicht nur daran, ausgefallene und überteuerte Drinks zu verkaufen. "Wenn dann alle fertig sind, könnt ihr erstmal raus gehen und auf uns warten. Wir testen erstmal eure Kreationen." Laurin jagt die Bande vor die Tür und kommt wieder zu mir. "Der Drink von Marcell scheint Sie ja brennend zu interessieren." "Der sieht halt lecker aus", verteidige ich mich. "Probieren wir ihn doch gleich mal." Laurin bekommt den ersten Schluck, als Fachmann sozusagen. "Lecker! Nicht zu süß. Fast schon herb, aber auch wunderbar fruchtig. Kann man trinken." Jetzt bin ich dran. Durst! "Der ist echt gut! Ich wusste doch, dass er das noch hinbekommt." Laurin legt seinen Kopf schief und rutscht auf einen der Barhocker. "Boss? Darf ich Sie was fragen?" "Natürlich." "Sie haben sich doch schon längst entschieden." Ich zucke unschuldig mit den Schultern. "Ich mag ihn einfach." Laurin lacht spitzbübisch. Er hat mich voll durchschaut. "Wollen wir trotzdem noch die anderen Drinks probieren?", fragt er und greift nach dem nächsten bunten Cocktailglas. "Auf jeden Fall! Prost!" Das gute Zeug darf man doch nicht verkommen lassen. ~Marcell~ "Kopf hoch. So schlimm war es doch gar nicht." Andreas steht neben mir, hält eine Kippe in der Hand und wirkt immer noch total relaxt. "Ich bin ein Volltrottel. Warum ist mir bloß diese dämliche Flasche aus der Hand gerutscht?!" "Kann jedem mal passieren." "Aber nicht bei einem Bewerbungstest!" Frustriert kicke ich ein Steinchen auf die Straße. "Ich hab's verbockt. Ab morgen fliege ich aus meiner Wohnung und dann ist es endgültig vorbei." "Du fliegst aus deiner Wohnung?" "Ich bin mit meiner Miete haushoch im Rückstand." "Trotzdem kann dich dein Vermieter doch nicht einfach vor die Tür setzen", meint Andreas und schnickt seinen Kippenstummel weg. "Wenn er das macht, ruf die Bullen." "Du hast gut reden." Mein Gegenüber zuckt mit den Schultern. Was weiß der schon? Er hat keine Ahnung, was in meinem Leben gerade alles falsch läuft! "Alle Mann reinkommen! Wir haben uns entschieden." Laurin winkt uns herbei und ich mache mir gleich in die Hose. Die Stunde der Wahrheit! Drinnen reihen wir uns alle auf und Herr Hazold stellt sich vor uns. Er rattert wieder irgendeine Rede runter, er sei ja ganz beeindruckt von unsrer Arbeit und wir hätten es alle verdient hier zu arbeiten ... Bla, bla, bla. Kann er nicht endlich Tacheles reden und den Glücklichen nennen, der ab heute endlich wieder Geld verdienen darf? "... daher haben Laurin und ich beschlossen, als neues Mitglied in unserem Club Marcell Mengel begrüßen zu dürfen." Der Glückliche! Wieso habe ich nur so eine Scheiße ... Stopp mal! Hat der gerade meinen Namen gesagt?! "Auf gute Zusammenarbeit!" Laurin schüttelt mir die Hand und klopft mir auf die Schulter. Ey! Echt jetzt? "Ich hab die Stelle?!" "Ja!", lächelt er mich an und stellt sich wieder an die Seite seines Bosses. "Allen anderen danke ich für ihr Interesse und die Zeit, die sie hierfür geopfert haben. ... Marcell? Kommen Sie mit in mein Büro? Dann machen wir Ihren Arbeitsvertrag fertig und danach zeige ich Ihnen die restlichen Räumlichkeiten." "Ist gut." Ich fühle mich, als hätte man mich in Watte gepackt. Ich fasse es nicht! Sie haben mich ausgewählt! Obwohl ich dem nackten Chef gegenübergestanden habe, die Flasche hab fallen lassen, und für meinen Drink eine Zutat gefehlt hat! Ist das zu fassen?! Oben im Büro setze ich mich hin und schaue Herrn Hazold zu, wie er auf seine Tastatur eindrischt. Mag er das Ding etwa nicht? "So ... Das war's. Ich drucke den Vertrag noch schnell aus und dann können wir alles Dingfest machen." Der Drucker springt an und in mir wächst die Freude. Gleich habe ich einen Job! Zwar muss ich erst die Probezeit überstehen, aber das wird schon. Schlimmer als das vorhin kann das auch nicht werden. "Wenn du magst, kannst du heute Abend gleich anfangen. Wir sind etwas unterbesetzt und dann kann ich mich gleich davon vergewissern, dass dich der Betriebsstress nicht doch noch aus der Fassung bringt." "Kein Problem. Ich werde Sie nicht enttäuschen! Nicht nochmal." "Das hoffe ich doch." Herr Hazold lächelt mich an. Dabei fällt mir auf, dass er eine kleine Zahnlücke hat. Zwischen rechten Schneidezahn und dem daneben. Keine Ahnung, wie der bezeichnet wird. Das lässt ihn irgendwie verwegen aussehen. Mein neuer Boss unterschreibt den Arbeitsvertrag und hält mir dann den Stift hin. Mit klopfenden Herzen unterschreibe ich. Jetzt ist es amtlich! Ich habe endlich wieder einen Job! Mein neuer Boss steht auf und läuft um den Schreibtisch herum. Ich stehe ebenfalls auf und er ergreift meine Hand. "Auf gute Zusammenarbeit." "Auf gute Zusammenarbeit", wiederhole ich. Dabei sehen wir uns in die Augen. Er hat kleine Lachfältchen in den Augenwinkeln. Und seine Augen ... so braun. Leuchtend braun mit dunklen Sprenkeln. Flüssige Schokolade, kommt es mir in den Sinn und ich lecke mir unbewusst über die Lippen. Die Falten in seinen Augenwinkeln werden tiefer. Lacht er? Ich höre gar nichts. Ich blinzle verwirrt. Halten wir immer noch unsre Hände umklammert? Ja wirklich! Wieso eigentlich? "Jetzt zeige ich dir mal alles. Dann kannst du nachher gleich voll einsteigen." Unsre Hände trennen sich wieder, und ich ringe nach Fassung. Was war denn das gerade? Herr Hazold begleitet mich nach unten. "Hier sind die Besuchertoiletten. Die der Angestellten sind hinten. Die zeige ich dir auch gleich. Gehen wir erstmal runter ins Getränkelager. Ein Bierfass hast du doch sicher schon mal angeschlossen?" Ich bejahe. "Fein!" Ich bekomme alles gezeigt, von den Räumlichkeiten für die Mitarbeiter, dem beachtlichen Getränkelager, bis hin zum Kühlhaus. "Wenn du noch Fragen hast, wende dich an deine Kollegen. Die zeigen dir dann alles." "Ist in Ordnung." Wir stehen wieder vor dem Barbereich. "Danke, dass Sie mir den Job gegeben haben. Ich habe echt nicht mehr damit gerechnet." "Du hast mich einfach überzeugt." Habe ich das wirklich? So ganz kann ich es immer noch nicht glauben. Dabei war ich doch so trottelig unbeholfen! ~Anton~ Nicht zu fassen! Marcell bekommt einen roten Schleier um die Nase. Immer wieder weicht er meinen Blicken aus, was ich zuerst auf seine Schüchternheit geschoben habe. Aber mittlerweile bin ich mir da gar nicht mehr sicher. Zwar bereue ich es nicht, ihm die freie Stelle gegeben zu haben, aber war das wirklich so klug gewesen? Mit seinem fast schon unschuldigen Gehabe könnte er mir wirklich gefährlich werden. Zum Glück schätze ich ihn nicht so ein, dass er mit dem Chef ins Bett steigt. Und auf meine Menschenkenntnis ist stets Verlass. Sie ist sozusagen überlebenswichtig in meinem Job. "Bis heute Abend, Marcell", verabschiede ich mich von ihm, da der Rundgang beendet ist. Noch einmal halte ich ihm meine Hand hin, die er ohne zu zögern ergreift. "Ich freue mich schon drauf." "Ja! ... Ich mich auch." Er strahlt mich an, lässt aber sofort wieder seinen Blick sinken. Schon wieder herrscht so eine merkwürdige Stimmung zwischen uns. In meinem Büro vorhin war es genau so. Meine Handfläche kribbelt und ich mag ihn gar nicht mehr loslassen. Leider muss ich das aber und tue es schließlich auch. Vielleicht etwas zu abrupt, denn Marcell zuckt leicht zusammen. "Ich habe noch etwas zu tun. Sei um zwanzig Uhr hier und melde dich bei Jim. Der zeigt dir deinen Arbeitsplatz." "Danke." Wieder bedankt er sich. Merkwürdig. Marcell ist echt merkwürdig. *** ~Anton~ Den restlichen Tag über war ich noch schnell was geschäftliches regeln und habe bei einem meiner Mietshäuser vorbeigeschaut. Mein Zweitverdienst, gezwungener Maßen. Mein Vater hat mir vor fünf Jahren zwei Altbauwohnungen vererbt, die glücklicherweise gerade erst von Grund auf saniert worden waren, bevor ich sie überschrieben bekommen hatte. Es war echt eine Überraschung für mich, da ich nie einen guten Kontakt zu meinem Vater, oder meiner Familie im Generellen, gehabt habe. Das ich schwul bin und auch noch einen Schwulenclub eröffnet habe, verstanden sie nicht. Und auf einmal stand ich da, mit zwei Häusern und musste mich zudem um seinen ganzen Nachlass kümmern. Den daraus resultierenden Streit mir meiner Mutter musste ich auch noch über mich ergehen lassen. Oft habe ich schon darüber nachgedacht, die Immobilien abzustoßen, oder wenigstens eine davon, da ich jetzt selbst in einem der Häuser wohne. Aber das kann ich ja immer noch tun, wenn mir die Arbeit über den Kopf wächst. Nachdem ich bei Mietshaus Nummer zwei alles geregelt hatte, schaute ich nochmal schnell bei mir zu Hause vorbei. Wie schon erwähnt, bewohne ich eine große Dachgeschosswohnung einer meiner geerbten Häuser, die allen möglichen Schnick-Schnack bietet. Die meiste Zeit aber verbringe ich im Club. Mein wahres Zuhause. Dort habe ich alles was ich brauche. Hier, in meiner Wohnung, fühle ich mich meist ruhelos und die riesige Altbauwohnung scheint mich fast zu erdrücken. Und das liegt nicht nur daran, dass sie einstmals meinem Vater gehörte. Ich bin eben, wie erwähnt, ein Arbeitstier und fühle mich nur wohl, wenn ich in Arbeit zu ersticken drohe. Dann blühe ich auf und kann mein volles Potenzial ausschöpfen. Deshalb sitze ich schon lange wieder vor dem Bildschirm meines Rechners, als meine Angestellten den Club aufschließen und die Musik beginnt, laut durch den Club zu dröhnen. Ich stehe auf und stelle mich vor die Glasfront. Das ist einer der Augenblicke, die ich liebe. Noch sind keine Gäste da. Nur meine fleißigen Arbeiter sind da unten und bereiten alles vor. Der DJ, dem ich jeden Freitag Abend die Bühne überlasse, steht auch schon am Mischpult und macht seinen Soundcheck. Die Putzkolonne war schon heute morgen da und alles glänzt wie aus dem Ei gepellt. Nachher, wenn wir wieder geschlossen haben, wird davon nicht mehr viel übrig sein und die Arbeit beginnt von vorn. Die Tänzer kommen gerade rein und suchen ihre Plätze. Heute tragen sie ein kleines Nichts in hellblau. Blauer Glitter klebt an ihren Oberkörpern. Sebbi ist auch einer von ihnen. Er hat sich mal wieder die Pole-Position gesichert und thront über jeden anderen der Tänzer. Wenn das mal wieder nicht böses Blut gibt. Das Rotationsverfahren, das ich vor einem Jahr eingeführt habe, hilft hoffentlich, den Ärger geringer zu halten. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass es gleich neunzehn Uhr ist. Dann mach ich mir mal einen starken Kaffee, bevor der ganze Trubel losgeht. ~Marcell~ "Hier in dem Schrank sind frische Shirts. Such dir eins in deiner Größe raus und dann binde dir eine der Schürzen um. Einen Spind haben wir dir schon frei gemacht." Jim zeigt auf meinen zukünftigen Spind. "Wenn du fertig bist, komm hinter die Bar. Dann zeige ich dir den Rest." "Ist gut. Danke." Jim lächelt mich freundlich an und eilt aus der Umkleide. Bin ich aufgeregt! Mein erster Arbeitstag! Und es ist jetzt schon brechend voll hier. Hoffentlich schaffe ich das alles. Ich bin zwar hektischen Betrieb gewohnt, aber das hier ist schon eine Nummer größer. Die Bar ist riesig und ich muss nicht nur aufpassen, dass ich nicht einen meiner Kollegen umrenne, sondern auch darauf achten, dass ich die wartenden Gäste schön nacheinander bediene. Nichts ist schlimmer, als ein Gast, der sich übergangen fühlt. Das T-Shirt mit dem Club-Logo übergestreift und eine Schürze umgebunden, marschiere ich los. Mein Herz klopft im Takt des schnellen Basses der Musik, als ich hinter die Bar schlüpfe und erstmal tief durchatmen muss. Hier rasen neun andere Barkeeper herum, haben dabei alle ein beachtliches Tempo drauf und scheinen wirklich auf Zack zu sein. Jetzt weiß ich auch, was der Boss heute Vormittag gemeint hat, von wegen Stress und so. Das hier ist mehr als nur Stress! "Ah Marcell! Richtig?" "Ja." "Ich bin Rick. Du kannst dich gleich ins Getümmel stürzen. Geh ganz nach hinten durch. Dein Bereich sind die ersten drei Meter an der Theke." "Alles klar!" Ich spreche mir selbst Mut zu und flitze an meinen Arbeitsplatz. Jim ist schon da und steht mir heute zur Seite. Das beruhigt mich echt! Doch ich merke bald, dass, wenn man einmal drin ist, einem alles viel leichter von der Hand geht, als gedacht. Zwar ist hier mehr los, als bei meiner früheren Arbeitsstelle, aber da hier alles an seinem Platz steht und man viel mit nur wenigen Handgriffen erreicht, habe ich bald den Bogen raus und Jim kann mich alleine walten lassen. Endlich scheint es mit meinem Leben wieder Bergauf zu gehen! ~Anton~ Ich kann meinen Blick gar nicht mehr von Marcell lösen. Er macht seine Arbeit wie erwartet richtig gut. Flink bedient er einen Gast nach dem Anderen, spült zwischendurch und hält sogar mal den ein oder anderen Plausch mit Kollegen und Gästen. So muss es sein. Mehr als zufrieden mit meiner Entscheidung, ihn doch eingestellt zu haben, überlege ich, mir zur Feier des Tages selbst einen Drink auszugeben. Kaum im Gastbereich angekommen, hängt auch schon Sebbi an mir. Ich habe es fast schon geahnt. "Hey Boss!" Eine leichte Alkoholfahne weht mir in die Nase. "Hast du getrunken?" "Ein Gast hat mich eingeladen und ich wollte nicht unhöflich sein." Wer's glaubt! "Ist deine Schicht schon rum?" "Noch eine Runde. Dann habe ich Zeit." "Das meine ich nicht!" Himmel! Er denkt echt nur ans Vögeln! "Benimm dich und torkle hier nicht wie eine trunkene Schwalbe vor den Gästen herum!" Sebbi kichert. "Trunkene Schawalbe?" Er lehnt sich an mein Ohr. "Ich bin viel eher ein rolliges* Katerchen. Eins, das gerne mit dem Schwanz wedelt." "Schön. Dann such dir einen netten Spielkameraden, dem du deinen Schwanz entgegen wedeln kannst", knurre ich ihn an und schiebe ihn von mir. "Aber Boss!" Ich lasse ihn einfach stehen und gehe auf die Bar zu. Marcell hat mich schon gesichtet und lächelt scheu, ehe er sich zu den Getränken dreht. Hat er eben die Szene mit Sebastian mitbekommen? Und warum bereitet mir der Gedanke, er könnte es mitbekommen haben, leichte Magenbeschwerden? Ich schiebe mich an die Theke und warte, bis ich dran bin. "Marcell? Machst du mir einen von dem guten Drink heute Mittag?", frage ich ihn, als ich an der Reihe bin. "Klar Boss." Er strahlt mich an und beginnt mit dem Drink. "Macht dann 8,50." "Schreib mit einen Deckel." Wir grinsen uns an. "Hast du schon einen Namen dafür?" "Nein." "Überleg dir einen. Der kommt mit auf die Karte." "Wirklich?" Marcell guckt ganz überrascht aus der Wäsche. "Wirklich." Echt lecker! Damit meine ich nicht nur den Drink, wie mir immer bewusster wird ... *** ~Marcell~ Total KO aber glücklich, mache ich mich mit meinem Rad auf den Nachhauseweg. Es war anstrengend gewesen, aber schon lange hatte ich nicht mehr so viel Spaß bei meiner Arbeit. Alle sind total nett und auch die Gäste waren in Partylaune, sodass ich gegen Schluss eine Menge Trinkgeld einkassiert habe. Es konnte gar nicht besser laufen! Und das Herr Hazold meinen Drink auf die Karte setzen will, hat mich völlig aus den Socken gehauen! Das wollte bis jetzt noch keiner meiner Chefs. Immer die selben Drinks, die selbe Karte. Wie mich das gelangweilt hat! Aber im Velvet dürfen wir den Gästen auch das mixen, was nicht auf der Karte steht. Hauptsache, wir kalkulieren alles richtig, womit ich null Probleme habe. Ich kette mein Fahrrad draußen an und betrete das Mietshaus in dem ich Wohne. Morgen kann ich dem Vermieter schon mal eine kleine Anzahlung geben. Allein nur vom Trinkgeld! Zwei Stufen auf einmal nehmend, hetzte ich bis in den dritten Stock und stecke den Haustürschlüssel ins Schloss. Irgendwie will das Schloss nicht so wie ich es gerne hätte. Der Schlüssel kracht und harkt in dem kleinen Schlüsselloch. "Was ist denn nur los?" Ich probiere noch einige Male das Schloss zu entriegeln, bis ich mich der unumstößlichen Tatsache stelle. "Das Schloss wurde ausgetauscht!" Das kann doch nicht wahr sein! Mit zitternden Knien und einem mulmigen Gefühl im Bauch laufe ich ins Erdgeschoss, wo mein Vermieter wohnt. Nach mehrmaligen Klopfen und klingeln öffnet er mir. "Herr Pohlmann! Haben Sie mein Schloss etwa ausgetauscht?" Dumme Frage. Ich weiß, dass es so sein muss. "Ja. Weil Sie immer noch nicht ihre Miete bezahlt haben." "Aber ... Ich habe heute erst den neuen Job bekommen!" Ich greife in meine Hosentasche. "Hier! Das kann ich Ihnen schon geben. Es ist nicht viel, aber ..." "Danke." Er grapscht nach dem Geld und dreht sich zu einer kleinen Kommode, die neben ihm im im inneren des Flurs steht. "Bitte sehr." Ein Stück Papier wird mir gereicht. "Was ist das?" "Die Adresse, wo ich Ihre Möbel hab einlagern lassen." "WAS?!" Hat der sie noch alle? Das meint er doch nicht im Ernst? "Geben Sie mir Ihren Hausschlüssel bitte." Wie betäubt tue ich was er sagt und pfriemle mit zittrigen Fingern den Schlüssel vom Ring. "Sie hören von meinen Anwälten. Schönen Abend noch." Wumms. Mir wird die Tür vor der Nase zugeschlagen. "Aber ... Das können Sie doch nicht machen! Wo soll ich denn heute schlafen?!" Ich hämmere gegen die Tür. Erst jetzt wird mir richtig bewusst, was hier gerade eigentlich abgeht. Das kann doch nur ein Albtraum sein! "Wenn Sie nicht gehen, rufe ich die Polizei. Dann können Sie in einer Zelle übernachten." Das darf doch nicht wahr sein! Meine Gedanken überschlagen sich. Was mache ich jetzt? Ohne einen richtigen Plan telefoniere ich meine Freunde ab. Doch die, die um diese Uhrzeit noch dran gehen, haben keinen Platz für mich. Sie hausen selbst in irgendwelchen WGs und haben somit genug Platzmangel. Vor morgen früh werde ich also nichts finden. Und ausgerechnet jetzt ist mein bester Kumpel Dustin im Urlaub. Der hätte sicher ein Plätzchen für mich über. Ich muss mir eine andere Alternative suchen. Leider gibt es da nicht viele, außer unter der Brücke zu schlafen, denn ein Hotel kann ich mir auch nicht leisten. Mein gesamtes Geld hat mein ehemaliger Vermieter gerade eingesteckt. "Ich Idiot!" Warum habe ich es ihm auch nur gegeben? Ich schaue auf dem Zettel nach, unter welcher Adresse meine Möbel eingelagert worden sind und beschließe es dort zu versuchen. Dann penne ich eben in einem Lager. Ich schwinge mich auf mein Rad und fahre los. Der Weg ist nicht gerade kurz. Das Lager liegt außerhalb der Stadt. Nach fast einer Stunde bin ich dort angekommen. Ich halte genau vor dem kleinen Kassenhäuschen, das glücklicherweise noch besetzt ist. "Hallo. Ähm, hier ist ein Lager auf meinem Namen. Könnten Sie mir den Schlüssel dafür geben?" Ich reiche dem muffig dreinschauenden Typen meinen Zettel. "Das Lager wurde noch nicht bezahlt. Das macht 95 € in Bar bitte." Wie viel?! "Soviel habe ich nicht bei mir!" Auch das noch! "Können Sie keine Ausnahme machen? Morgen bringe ich Ihnen das Geld vorbei!" "Tut mir leid. Das ist gegen die Vorschrift." "Vorschrift?! Hören Sie mal! Meine gesamte Habe ist da drin! Ich weiß nicht wo ich pennen soll, und ..." "Im Lager übernachten ist auch gegen die Vorschrift." Ungläubig schaue ich den Kerl an, der in aller Seelenruhe weiter in seiner Zeitung blättert. Dieses Arschloch beachtet mich gar nicht mehr! Sauer greife ich mir den Fetzen Papier, der mein ganzes Leben beinhaltet und radle mit knirschenden Zähnen davon. Was jetzt? Ich kann doch nicht auf der Straße pennen! Ich gehe alles durch, und mir kommt nur ein Ausweg in den Sinn: Das Velvet. Wenn ich es geschickt anstelle, kann ich vielleicht dort übernachten. Es ist kurz nach zwei. Sie haben noch geöffnet. Aber ich muss mich beeilen. Mit etwas Glück schaffe ich es noch bis zugeschlossen wird. Und bis dahin ist mir hoffentlich auch was eingefallen, wie ich mich dort unbemerkt irgendwo zum Pennen hinlegen kann. Wieso passiert das wieder gerade mir? Anscheinend musste ich noch nicht genug durchmachen und die Sache mit meinem Ex hat noch nicht ausgereicht, wegen der ich im Übrigen noch genug Ärger am Hals habe. Was muss ich noch alles überstehen, bis der Albtraum endlich ein Ende hat? ****** *Wieder einmal ein Korrekturvorschlag, der mich zum schmunzeln gebracht hat. Anstatt rollig, hat er mir drollig vorgeschlagen. Ich fand's irgendwie süß. ^^ Kapitel 4: Kapitel 03 - Hilfe auf Umwegen ----------------------------------------- Kapitel 03 - Hilfe auf Umwegen ~Anton~ Ich schrecke auf. Vor mir gehen die Lichter aus. Ist es schon so spät? Ich schaue auf die Uhr über meiner Bürotür. Tatsächlich! Gleich halb fünf durch. Ich fahre meinen PC runter und trinke den Rest Kaffee aus. Ihh! Kalter Kaffee. Ich schlucke das Gebräu dennoch runter und stehe auf. Meine Knochen knacken als ich mich strecke und in das kleine Bad gehe. Vielleicht sollte ich heute hier schlafen. Ich habe null Bock jetzt noch nach Hause zu fahren, nur um dann in meiner riesigen, leeren Wohnung zu sein. Meine Couch im Büro ist bequem und ich habe alles Nötige hier. Dann ist es also gebongt. Ich springe schnell unter die Dusche und ziehe mir eine Pyjamahose an. Als ich fertig bin, ist es im Club schon stockfinster. Meine Angestellten sind somit alle gegangen. Oben leuchtet das rote Licht, das besagt, dass die Alarmanlage eingeschaltet ist. Wunderbar. Gähnend setzte ich mich auf die Couch, auf die ich schon ein Kopfkissen und eine Decke geschmissen habe, und atme tief ein als mir siedendheiß etwas einfällt. Die Abrechnung! Die muss ich noch schnell hochholen. Und das Geld nehme ich lieber auch mit hoch. Sicher ist sicher. Ich schlappe also nach unten, bewaffnet mit einer Taschenlampe, und gehe hinter ins Lager, wo der Tresor versteckt ist. Den Code eingegeben, piepst es leise und ich kann die schwere Tür öffnen. Darin liegt fein säuberlich eine Mappe mit dem Einnahmen und dem Wechselgeld des heutigen Abends, und einige DinA4 Zettel, auf denen das alles aufgelistet sind. Tresor wieder zu und dann nichts wie hoch. Hier unten ist es mittlerweile richtig kalt geworden. Ich schließe die Tür wieder und laufe den Flur entlang, der in den Clubbereich führt. "Hatschi!" Wie angewurzelt bleibe ich stehen. Hier ist jemand! Und ich stehe gerade mit all den Tageseinnahmen, nur in einer schlabbrigen Pyjamahose und mit einer lächerlichen Taschenlampe bewaffnet hier rum! Was mach ich den jetzt? Ich habe zwar eine Waffe, doch die liegt ausgerechnet oben. Ich versuche mich zu beruhigen und Herr der Lage zu werden, was mir nicht leicht fällt, denn mein Puls dröhnt mir so laut in den Ohren, dass ich fast taub werde, und mein Adrenalinspiegel schnellt so fix in die Höhe, das mir ganz dusselig wird. Der Nieser kam von rechts, also öffne ich ganz vorsichtig die Tür links neben mir und lege dort die Mappe und die Abrechnung unter eins der Regale die dort stehen, schiebe sie so weit hinter wie möglich. Dann schalte ich die Taschenlampe aus und halte sie fest in meiner Hand. Ganz leise drücke ich die Türklinke nach unten und schleiche in den Raum, aus dem der Nieser herkam. Angestrengt versuche ich Geräusche auszumachen, höre aber nichts. Kurz überlege ich, welcher Raum das hier eigentlich ist. Das muss der Pausenraum sein. In Gedanken rufe ich mir die Möbel in den Sinn die hier stehen, damit ich auf alles gefasst bin. Eigentlich kann der Einbrecher nur auf der rechten Seite sein, denn links ist gleich die Wand. Ich sammle all meinen Mut zusammen und wünschte, ich hätte damals doch einen Nachtwächter eingestellt, dann bliebe mir das hier nun erspart! Egal. Da muss ich jetzt durch. Komme was wolle. Der Lichtschalter befindet sich gleich rechts neben der Tür. Soll ich ihn betätigen? Wer auch immer hier drinnen ist hat keine Ahnung, dass ich hier bin. Sonst hätte ich sicher schon einen Schlag auf die Rübe bekommen. Also nutze ich den Überraschungseffekt, schalte das Licht an und hebe drohend die Taschenlampe über mir. Schreiend wie ein Berserker suche ich den Raum nach dem Einbrecher ab. "AHHH!!!!" Einige Meter weit von mir entfernt, auf der Couch, bewegt sich etwas und schreit ebenso laut wie ich. "NICHT! ICH BINS!" "Marcell?!" Ängstliche, grüne Augen schauen mich zwischen zur Abwehr gehobenen Armen an. "FUCK!" Mit einem Mal fällt jede Anspannung von mir ab. "Scheiße! Was machst du hier!" Meine Beine werden weich und ich stütze mich an der Wand ab. "Herr Hazold! ... Ich kann das erklären." Marcell rutscht von der Couch und steht auf. "Da bin ich aber mal gespannt!" Mein Herz klopft noch immer verdammt schnell und zertrümmert mir fast die Brust, so einen Schrecken hat er mir eingejagt. "Ich wusste nicht, wo ich sonst hin sollte. Meine Wohnung ist leergeräumt worden, weil ich die Miete nicht begleichen kann. All meine Möbel sind in einem Lagerraum und da komme ich nicht dran, weil ich auch dafür kein Geld habe, und ..." Tränen lösen sich aus seinen Augenwinkeln und er wischt sich peinlich berührt drüber. "Scheiße!" Er sinkt zurück auf die Couch und vergräbt sein Gesicht in den Händen. Hemmungslos fängt er an zu schluchzen und bringt mich damit in eine höchst seltsame Situation. Was mache ich denn jetzt? Eigentlich sollte ich sauer auf ihn sein, aber das kann ich nicht. Nicht, wenn er dermaßen aufgelöst dahockt und ganz offensichtlich große Probleme hat. Resigniert und mit stetig abklingender Wut lege ich die Taschenlampe weg und setze mich neben ihn. Zögernd lege ich meinen Arm um seine Schulter und er drückt sich sofort an mich. Ach her je! Geduldig warte ich ab, bis er seinen Heulkrampf überwunden hat, und frage erst dann weiter. "Was ist denn genau passiert? Dein Vermieter kann dich doch nicht einfach zwangsräumen. Da muss doch vorher noch viel mehr passieren." "Ich weiß. Das ist es ja auch." Und dann beginnt er, mir alles zu erzählen. So vertrauensvoll, dass ich nur staunen kann. Ich könnte niemals einem fast Fremden so mein Herz ausschütten! "Seit über einem Jahr ist die Miete nicht mehr bezahlt worden. Das wusste ich nur nicht. Mein Freund ... Mein Exfreund, überwies immer meinen Mietanteil für mich mit. Jedenfalls hatte ich das gedacht. Ich hab ihm meinen Anteil immer in Bar gegeben. Jeden Monatsanfang. Vor drei Wochen verlor ich meinen Job und dann war mein Freund plötzlich verschwunden. Seine Handynummer gab es nicht mehr und innerhalb von wenigen Tagen flatterten zig Mahnung ein. Von Versandhäusern und was weiß ich noch alles. Alle auf meinen Namen! Dieses Schwein hatte auf meinen Namen Zeug bestellt und es niemals bezahlt. Genau wie er die Miete kein einziges Mal überwiesen hatte. Ich habe keine Ahnung, wie er es geschafft hat, dass ich die ganze Zeit davon nichts mitbekommen habe. Ich weiß nicht mehr, was ich machen soll. Deshalb war es auch so wichtig für mich, dass ich hier den Job bekomme. Ich muss die Schulden irgendwie begleichen. Was, wenn ich in den Knast komme deswegen? Ich hab solche Angst!" Du liebe Zeit! "Du kommst sicher nicht ins Gefängnis deshalb. Mach dir darüber erstmal keine Sorgen", versuche ich ihm ein klein wenig die Angst zu nehmen. "Meinen Sie?" Ich nicke bestätigend und halte ihn weiterhin fest. Ich habe das Gefühl, dass er das jetzt wirklich gebrauchen kann. "Aber was mach ich denn jetzt? Ich muss eine Wohnung finden! ... Oh nein! Wie soll ich das nur schaffen? Ich kann mir doch gar nicht die Kaution leisten! Und den Lagerraum kann ich auch nicht bezahlen. Ich komme gar nicht an meine Sachen dran! Was mach ich nur, was mach ich nur ..." "Ganz ruhig!" Oh Mann! Marcell ist ja völlig neben der Spur! In meinem Kopf beginnt es zu rattern. Das ist eine meiner Qualitäten. Wenn es brenzlig wird, behalte ich einen klaren Kopf und suche nach Lösungen. Außer, wenn einer nachts in meinem Club einen Niesanfall bekommt ..."Wir machen jetzt folgendes", beginne ich meine Gedanken laut auszusprechen. "Ich ziehe mir schnell was an und dann fahren wir zu diesem Storage Center. Dann lassen wir uns den Schlüssel dafür geben, und du holst wenigstens deine Kleidung da raus. Einverstanden?" "Das geht nicht! Ich habe kein Geld und ..." "Aber ich. Nimm es als Vorschuss für deinen Lohn, ja?" "Einen Vorschuss?" Mit ganz verweintem Gesicht schaut er zu mir auf und schält sich aus meinen Armen. "Das ... Das ist nett von Ihnen ... Danke!" Ich keuche überrascht auf, da mir Marcell überschwänglich um den Hals fällt und sich erneut an mich klammert. "Na na." Unbeholfen klopfe ich ihm leicht auf den Rücken. "Das wird schon wieder. Wirst schon sehen." Im Trösten bin ich echt eine Vollniete. "Wie kann ich Ihnen nur danken?" Und schon wieder bedankt er sich bei mir. "Warst du bei der Polizei?", frage ich leise. "Ja. Aber die können auch erstmal nichts machen. Und gegen die Gläubiger, die mir am Hals hängen, erst recht nicht." Marcell steckt ja wirklich bis zu den Haarspitzen in der Klemme. *** ~Marcell~ /Sie haben Ihr Ziel erreicht/, tönt die Stimme aus dem Navi. Langsam rollen wir auf den mit Splitt bedeckten Parkplatz direkt neben dem kleinen Fenster, wo noch der selbe Typ wie vorhin sitzt und ein Nickerchen hält. "Was für eine Arbeitsmoral", sagt mein Boss und grinst schief. "Ist bestimmt auch spannend, hier mitten in der Einöde zu hocken." Wahrscheinlich würde ich auch einpennen, bei der aktionsreichen Arbeit hier. "Hast du das Geld?" Ich nicke. Herr Hazold steigt aus und ich trapple hinterher. "Hey! Aufwachen!" Fest schlägt er gegen das Sicherheitsglas, sodass der Typ fast vom Stuhl kullert. Ich verkneife mir ein Grinsen. Das hat er verdient! "Wir wollen den Schlüssel von unsrem Lager. Aber flott." Schön, mit anzusehen, wie dem Kerl, der mich bei meinem ersten Besuch hier so gleichgültig behandelt hat, fast die Augen rausfallen. Ich kann es ihm nicht verübeln, denn mein Boss ist schon eine beeindruckende Erscheinung, wie er mit seinem Anzug dasteht, arrogant auf den Angestellten nieder starrt und ihm den Zettel mit meiner Lagernummer entgegenschleudert. "Ähm ... Ich sagte schon: Nur gegen Bares. Das sind die Vorschriften." "Marcell?" Ich husche gehorsam an die Seite meines Bosses und schiebe die 95 Euro durch den Schlitzt. "Den Schlüssel." Auffordernd hält Herr Hazold seine Hand hin und bedenkt den Kerl hinter dem Sicherheitsglas mit einem bedrohlichen Blick. "Hier." Wie schnell das auf einmal geht! Mir wird der Schlüssel überreicht und neben uns geht das Tor ein Stück auf. "Dann suchen wir mal dein Lager." Ich habe das Lager 245b, das wir erstaunlich schnell finden und davor stehen bleiben. Ich hocke mich hin, öffne das Vorhängeschloss und Herr Hazold hilft mir, das ratternde Tor hoch zu hieven. "Gibt es hier auch Licht?" Gute Frage. Wir tasten die Wände ab. "Ah, ich hab's." Ein dünner Faden hängt von der Decke, woran mein Boss zieht und schon erwacht eine Neonröhre zischend und zuckend zum Leben. "Ach du ...! Die haben ja einfach alles da reingeschmissen!" Jetzt sehe ich es auch. Meine wenigen Möbel haben sie einfach aufeinandergestapelt. Meine Kleidung fliegt lose in unzähligen Umzugskartons rum, ebenso meine Bücher, CDs, Küchenutensilien und all der andere Kram, den ich besitze. Ein echt beschissenes Gefühl stellt sich mir bei dem Anblick ein. Es ist komisch daran zu denken, dass Fremde das alles hier, mein gesamtes Zeug, eingepackt haben. Meine Privatsphäre in diese Kartons gestopft, und damit praktisch mein Leben in ihren Händen hielten. Ich schlucke hart und verkneife mir einen erneuten Gefühlsausbruch. Der im Club war schon peinlich genug. Vorsichtig trete ich in den Raum und schaue mich um. Ich brauche Kleidung und meine Sachen aus dem Bad, das ich alles zuerst einmal hier finden muss. Doch vorher fällt mir ein Umschlag auf, der auf einen der Regale liegt, gleich neben dem Rolltor. Ich öffne ihn und muss mich an das Regal lehnen. "Was ist das?" "Eine Rechnung! Von der Umzugsfirma!" Was soll es auch sonst sein?! "Zeig mal." Mein Boss studiert die Rechnung und knüllt sie zusammen. "Was machen Sie denn da?!" Entsetzt will ich das Knäuel wieder aufheben, doch er zieht mich zurück. "Du hast die Firma nicht beauftragt, deshalb bezahlst du das auch nicht! Genau wie den anderen Kram, den dein Exfreund fabriziert hat! Morgen rufe ich meinen Anwalt an! Der kümmert sich dann um alles." Anwalt?! "Den kann ich mir nicht leisten! Das ist unmöglich!" "Bist du rechtsschutzversichert?" "Ja." "Dann mach dir keinen Kopf darum. Du bist da unschuldig hineingeschliddert, also hast du auch keinen Grund zur Sorge. Du brauchst jemanden, der sich mit sowas auskennt." "Wenn Sie meinen ..." Das ist mir so unangenehm! Zudem stellt sich noch ein anderes Gefühl ein. Skepsis. "Wieso helfen Sie mir eigentlich?", frage ich meinen Boss geradeheraus und mustere dabei sein Gesicht. "Ich kann dich doch nicht einfach deinem Schicksal überlassen! Wie willst du den arbeiten, wenn du noch nicht mal Wechselkleidung und ein Dach über den Kopf hast?" Er hat ja recht. Ersteres hat sich ja erledigt. Aber für das zweite Problem habe ich noch keine Lösung. Notdürftig suche ich mir das Wichtigste zusammen, noch immer nicht wissend, wo ich die nächsten Nächte verbringen soll, und packe es in einen zuvor leergeräumten Karton. "Hast du alles?" "Denke ja." Bleibt noch eine Frage zu klären. "Kann ich heute die Couch im Velvet besetzen? Nachher gehe ich auch sofort los und kümmere mich um eine neue Bleibe. Sicher nimmt mich einer meiner Freunde auf." 'Wenn ich Glück habe.' "Nein." Autsch. Wäre ja auch zu viel des Guten gewesen. "Okay. Dann bleibe ich hier." "Mensch Marcell! Stell dich doch nicht so doof an!" Doof? Ich stelle mich doch nicht doof an! "Du kommst mit zu mir", sagt er in seinem typischen Chef-Tonfall. "Zu Ihnen?! Das kann ich nicht annehmen! Ich bleibe im Club. Das geht schon!" "Nachts kühlt die ganze untere Etage furchtbar aus. Auch im Sommer. Du wirst dir nur eine Erkältung einfangen. Und die kannst du dir gerade nicht leisten, oder?" "Nein." "Na also." Er winkt mich nach draußen und schließt meinen Lagerraum wieder. "Und um eine Wohnung mach dir auch keine Gedanken. Da habe ich schon eine Idee. ... Schlüssel?" Total neben der Spur reiche ich ihm den Schlüssel für das Schloss, das er wieder zuschließt und werde von ihm fast aus dem Storage geschoben. "Jetzt gönnst du dir bei mir erstmal eine heiße Dusche und dann schläfst du dich aus." "Wenn Sie meinen." "Das meine ich." Er lächelt mich an, was ich selbst in dem diffusen Licht auf dem Gelände erkennen kann. Man, komme ich mir dämlich vor! Das wird auch nicht besser, als ich vor dem riesigen Haus stehe, in dem er zu wohnen scheint. Ein Altbau. Total hergerichtet und in einer der teuersten Gegenden der Stadt. Ich komme mir noch eine Spur armer vor. Wie weit bin ich gesunken, dass ich mich von meinem neuen Chef überreden lasse, bei ihm zu übernachten? Und für wie jämmerlich muss er mich halten, dass er sich gezwungen fühlt, sich um mich kümmern zu müssen? Ist ja auch kein Wunder. Ich habe ihm all mein Leid vorgeheult, konnte es einfach nicht mehr steuern, weil ich sonst niemanden habe, dem ich das erzählen kann. Meinen Freunden mag ich nichts von der ganzen Misere sagen, weil ich Angst habe, vor ihnen als Versager dazustehen. Meiner Mutter sage ich erst recht nichts. Das ist nicht gut für ihr Herz. Sie regt sich dann nur wieder auf. Deshalb kann ich auch nicht zu ihr. Sie würde mich und meine Lage sofort durchschauen und mich ausquetschen, bis ich ihr alles gestehe. Es war Zufall und Pech zugleich, dass mich gerade Herr Hazold gefunden hat, als ich sowieso schon mit den Nerven am Ende war. Es musste ja so kommen! Scheiß Idee, die Nacht im Velvet zu verbringen. "Ich wohne ganz oben im achten, aber wir machen einen kurzen Stopp im siebten Stock. Ich will dir was zeigen." Er will mir was zeigen? Ich habe kein gutes Gefühl bei der Sache. Ich hätte ablehnen sollen! Ich hätte lügen sollen! Egal was. Hauptsache, es hätte mir diese peinlichen Momente erspart. ~Anton~ Der Aufzug hält und ich lasse Marcell den Vortritt. "Bitte sehr." So vorsichtig wie mein Stubentiger Alfredo, als ich ihn bekommen habe und ich ihn aus der Transportbox in meine Wohnung entließ, betritt er den den schmalen, altbautypischen Hausflur, der dank dem neuen Fahrstuhl noch schmaler geworden ist. Dafür aber um einiges komfortabler. "Und jetzt?" Er sieht wirklich komplett verwirrt aus und hat keine Ahnung, was er hier soll. "Folge mir." Ich krame meine Karte heraus, die das Türschloss der Mietwohnung öffnet. Ich liebe diesen Hightech-Kram! Das rote Lämpchen springt auf grün und ich drücke die Tür auf, wobei sich automatisch das Licht in der Wohnung anschaltet und sich warm in dem großen, offenen Raum verteilt. Marcell folgt mir misstrauisch. "Was wollen wir hier?" "Die Wohnung ist letzten Monat frei geworden und seit kurzen erst wieder bezugsfertig." Marcell klammert sich an seinen Karton. "Und?" Er rafft es nicht. Oder will es erst gar nicht. "Dein Wohnungsproblem wäre hiermit gelöst." Ich strahle ihn an und könnte mich fast kringeln bei dem Gesicht, das er gerade zieht. Allein dafür hat sich der kleine Zwischenstopp hier schon gelohnt! "Nein! ... Sie veralbern mich! ... Das ist zu teuer! Viel zu teuer!" "Ach was! Zahl was du kannst." "Herr Hazold!" "Darüber reden wir morgen. Ich wollte sie dir nur mal zeigen." Ich schiebe ihn wieder in den Flur und dann zurück in den Aufzug, der noch auf uns wartet. "Das kann ich unmöglich annehmen." "Was habe ich gerade gesagt? Das bereden wir morgen." Er schüttelt ungläubig den Kopf, bleibt aber tatsächlich still. Ich drücke den achten Stock ein, danach ziehe ich meine Karte durch und wir sausen nach oben. Die mehr als kurze Fahrt endet, und mir wird wie jedes Mal leicht übel, wenn der Aufzug stehen bleibt. Ich liebe Aufzugfahren! Die Türen öffnen sich und wir stehen direkt in meiner Wohnung. "Das Gästezimmer ist gleich hier hinten links. Wenn du drin bist, siehst du auch gleich die Tür zum Gästebad. Frag mich einfach, wenn du was brauchst." Ich ziehe mir mein Jackett aus und werfe es achtlos auf meine breite Wildledercouch. Marcell aber, rührt sich keinen Millimeter. Er steht noch immer mitten in meiner Wohnung vor dem Aufzug und bekommt die Klappe nicht mehr zu. So geht es fast jedem, der zum ersten Mal hier reinkommt. "Marcell?" "Was?!" "Willst du dich nicht lieber schlafen legen? Das war doch sicher ein anstrengender Tag für dich, oder?" "Ja. ... Natürlich. Entschuldigung." Für was entschuldigt er sich denn jetzt? "Ähm ... Wo war nochmal das Gästezimmer?" "Dort hinten. Gleich die Tür an der von dir aus gesehenen rechten Wand. Es gibt dort nur die eine." "Oh. Ja klar." Er dreht sich um und tapst auf mein Gästezimmer zu. "Gute Nacht Marcell." "Ähm ..." Nun bleibt er wieder stehen und dreht sich nochmal zu mir. "Gute Nacht Herr Hazold." Als er in dem Zimmer verschwunden ist, schüttle ich lachend den Kopf. Was habe ich mir da nur wieder eingebrockt? *** ~Marcell~ Trotz der unruhigen Nacht, bin ich um Punkt acht Uhr schon wieder hellwach. Wilde, wirre Träume haben mich heimgesucht, und draußen ist es schon so hell, dass an weiteren Schlaf nicht zu denken ist. Klar, ich könnte die Schalosie runter lassen, aber mein Denkapparat ist schon zur vollen Leistung übergegangen. Und die Gedanken, die nun darin herumschwirren, lassen mich sowieso nicht mehr ruhig einschlafen. Herr Hazold möchte, dass ich in einer seiner Mietwohnungen einziehe. In eine wahnsinns Mietwohnung, nicht zu vergessen. Ich mag gar nicht wissen, was diese monatlich an Miete kostet! Und da liegt mal wieder das Problem. Warum bietet er mir das an? Warum möchte er mich hier wohnen lassen, obwohl er doch weiß, dass ich mir diese Wohnung beim besten Willen nicht leisten kann? Außerdem weiß er ja, was ich im Monat verdiene, und das Gehalt eines Barkeepers dürfte bei weitem nicht ausreichen, um zu leben und auch noch die Wohnung dort unten bezahlen zu können. Auch wenn er gemeint hat, ich könne den Preis letztendlich selbst bestimmen. 'Zahl was du kannst', hatte er gestern doch gesagt, nicht wahr? Da muss ein Harken dran sein! Unwillkürlich muss ich wieder an den kleinen Twink denken, der bei meiner Vorstellung aus Herrn Hazolds Büro kam. Sucht er etwa das? Jemanden, den er skrupellos in sein Bett locken kann? Verspricht er sich das von mir? Das ich vor lauter Dankbarkeit mit ihm ins Bett hüpfe? Wie eine billige Hure, die praktischer Weise auch noch in seinem eigenen Haus wohnt? Mir wird schlecht! Am liebsten würde ich mich in dieser super teuren Luxuskloschüssel im Gästebadezimmer übergeben und dann abhauen. Aber ich tue es nicht. Allein es nur in Erwägung zu ziehen, dass Herr Hazold noch eventuell ... Mir wird heiß und kalt zugleich. "Das darf nicht sein", murmle ich in das wirklich angenehm duftende Kissen. Ich weiß zu gut, was das bedeutet. Viel zu gut. Und es macht mir höllische Angst. Ich kann mich nicht in einen Mann verlieben, den ich gar nicht kenne! Das habe ich noch nie und werde es auch nicht! Zudem bestimmt nicht in einen, der es ganz offensichtlich nicht so genau mit der Treue nimmt. Dieser Twink ist nicht sein Freund, hat er gesagt. Also springt er nur aus Spaß mit ihm in die Kiste. Das brauche ich nicht! Nicht jetzt und auch nicht in Zukunft. Doch wenn mich diese Gedanken so anwidern, wieso gerät mein Körper allein bei der bloßen Vorstellung an meinen Boss ins schwitzen und toben? Das muss daran liegen, weil er so nett zu mir ist. Das muss es sein! Nur deshalb habe ich solche Gefühle für ihn. Deshalb, und wegen der noch verdammt präsenten Erinnerung an seinen nackten Körper. "Mist!" Ich wälze mich auf den Rücken. Seinen Traumkörper vor meinem inneren Auge zu sehen, bringt mich erst recht nicht in die herbeigewünschte Schlafstimmung. Eher in eine Beischlafstim... Jetzt ist aber mal Schluss! … Ob er schon wach ist? Bestimmt nicht. Es ist viel zu früh und wir waren bis sechs Uhr heute Morgen unterwegs. Soll ich mich doch davonstehlen? Eigentlich bringt das ja gar nichts, weil ich bei ihm arbeite. Er weiß ja auch wo mein Lager ist. Vielleicht nehme ich seine Hilfe doch an. Natürlich nur so lange, bis ich wieder festen Boden unter den Füßen habe. In der Zwischenzeit halte ich schon mal die Augen nach einer kleinen Wohnung auf. Für alle Fälle. Aber zuerst ... "Frühstück!" Mein Magen knurrt. Mal sehen, ob ich was finde. Ich ziehe mir eine bequeme Hose und ein Shirt an. Auf Socken schleiche ich aus dem Gästezimmer und schaue mich um. Was für eine Wohnung! Die könnte ich mir niemals leisten! Geschweige denn eine, die auch nur ein Viertel so groß ist. Der Fahrstuhl steht mitten im Raum, dem Wohnzimmer. Die Wohnung ist so groß, wie der gesamte Umriss des Hauses, wenn ich die abzweigenden Räume dazurechne. Das Wohnzimmer, in dem ich jetzt stehe, wird nur von dem großen Balkon getoppt, der sich zu meiner Linken präsentiert. Alles ist modernisiert worden. Herr Hazold hat alles modern eingerichtet, die Möbel, der Holzboden, selbst die Wände: Alles nur vom Feinsten. 'Mau!' "Ach du ...! Hast du mich erschreckt", zische ich und schaue nach unten, wo sich ein grauer Stubentiger an meinem Bein zu schaffen macht. Die Katze schnurrt in einer immensen Lautstärke, dass ich grinsend in die Hocke gehe und über das weiche Fell streichle. "Wo kommst du denn her?" War die Katze schon bei meinem Eintreffen heute Morgen da gewesen? Ich kann mich nicht erinnern sie zuvor gesehen zu haben. Ein Wenig schmuse ich mit dem weichen Kätzchen, was diesem mehr als gut gefällt. Sein Köpfchen schmiegt sich an meine Hand und immer wieder hopst sie mit den Vorderpfötchen hoch. "Jetzt ist aber erstmal Schluss." Ich lasse die Katze, Katze sein und drehe mich nach rechts. Dort sind zwei weitere Türen. Ob da irgendwo die Küche ist? Leise schleiche ich dort hin und spähe in Tür Nummer eins. Leider falsch. Hier scheint das Masterbad zu sein. Und was für eins! Ich kann nicht anders und betrete es. Mein Boss hat eine Badewanne, die auf vier silbernen Löwentatzen thront! Ich halt's nicht aus! Andächtig fahre ich mit meiner Hand über das kalte Porzellan. Sie ist riesig, doch sicher kein Original. Aber sie passt so gut hier rein, dass das nichts ausmacht. Ich lasse meine Blicke weiter schweifen und bleibe an einer Tür hängen. Die muss in das angrenzende Zimmer führen, und ich habe schon eine Ahnung, in welches. Sie steht einen Spalt breit auf und ich kann einfach nicht widerstehen. Auf leisen Sohlen nähere ich mich ihr und strecke meinen Hals, um etwas in dem angrenzenden Raum erkennen zu können. Mir stockt der Atem. Wäre ich doch nur nicht so neugierig gewesen! Herr Hazold liegt auf seinem Bett, halb auf der Decke. Sein rechtes Bein liegt angewinkelt darüber und ... er ist nackt! Ganz und gar nackt! Da das Bett mit dem Fußende zu mir zeigt, habe ich mehr als tiefe Einblicke! Das ist nicht gut! Gar nicht! 'Schau weg, Marcell!', dröhnt es in meinem Schädel, aber ich kann nicht. Mein Puls steigt und weiter unten steigt noch etwas ganz anderes. Nein, nein, nein, nein! Guck weg! Hör auf, deinen nackten Chef anzustarren! Oh Fuck! Ich beiße mir fest auf die Unterlippe und drehe mich ruckartig um. So ist es gut! Jetzt nur noch das Badezimmer ungehört verlassen und dann ist alles wieder in Ordnung. Ich muss nur noch diesen mehr als einprägsamen Augenblick aus meinem Gedächtnis streichen und das war's! Einfach nur vergessen! Jetzt! Vergiss es! Vergiss ihn! Ich stürme geradeaus und biege nach links ab, zurück in das Gästezimmer und lege mich ins Bett. Mit aller Macht versuche ich an was anderes zu denken. Nicht an diesen knackigen Hintern, die kräftigen Beine und die ... Zu spät. Meine Erektion drückt gegen den Stoff meiner Hose. Da ich hier unmöglich Hand an mich selbst legen kann, ziehe ich mich aus und springe unter die Dusche. Nur ganz schwer kann ich es mir verkneifen, mir in der Dusche Erleichterung zu verschaffen. Die Hand an dem Wärmeregler dreht schnell auf kalt. Verflucht! ~Anton~ Vom Geräusch einer rauschenden Dusche werde ich wach. Also ist Marcell schon aufgestanden. Ich räkle mich müde und drehe mich auf den Rücken, um langsam wach zu werden. Die Nacht war mehr als kurz, aber es gibt auch noch viel zu tun. Das Arbeitstier in mir ist schon längst betriebsbereit. Jetzt muss nur noch mein Körper der selben Meinung sein. Ich gönne ihm noch etwas Ruhe und döse leicht dahin, während ich dem Rauschen des Wassers zuhöre. Müde kraule ich meinen Bauch. Dank meines mehr als wachen Kopfkinos erscheint Marcell vor mir, wie er gerade unter der Dusche steht und seinen Körper einseift. Wie kann ich gerade jetzt daran denken? Marcell hat einen Haufen Probleme. Was nicht bedeutet, dass ich meine Fantasie nicht einfach schweifen lassen kann. Trotzdem! Es kommt mir falsch vor. Deshalb stehe ich auf, bevor sich klein Anton da unten auf die Vorstellung eines duschenden Marcells einschießen kann und gehe selbst unter die Dusche. Frisch geduscht und endlich schon ein klein Bisschen wacher, schlüpfe ich in Hose und Hemd. Normal reicht mir zum Frühstücken eine einfache Shorts, wenn überhaupt. Doch da ich einen Gast habe, dem ich ungern nochmal einen halbnackten Anblick bieten möchte, ziehe ich mich gleich richtig an. Eigentlich würde es mir ja nichts ausmachen, aber die geschäftliche Ebene muss gewahrt bleiben, auch wenn ich ihm jetzt unter die Arme greife. Warum ich das überhaupt tue, obwohl ich niemals Privates mit Geschäftliches vermische? Weil es nicht angehen kann, dass einer meiner Mitarbeiter auf der Straße steht und womöglich wegen einem verlogenen Exfreundes Ärger bekommt! Nur deshalb biete ich ihm die freie Wohnung an. Und nur deshalb stehe ich um kurz vor neun in einem Anzug gekleidet in meiner fast unbenutzten Küche und krame nach was Essbaren für mich und meinem Gast. Viel ist es nicht. Im Kühlfach habe ich noch eine Packung Brötchen zum Aufbacken gefunden und auch etwas, das wie Marmelade aussieht. Kann man das überhaupt noch essen? Ich schmeiße die Möchtegern-Marmelade lieber in den Mülleimer. Im Schrank steht noch ein geschlossenes Glas Nugatcreme und im Kühlschrank ist noch Aufschnitt. Reicht das? Da ich Morgens meist nur schnell einen Kaffee trinke und mir Frühstück von unterwegs besorge, habe ich keine Ahnung, was andere sonst so unter einem guten Frühstück verstehen. Falls es nicht reicht, fahre ich schnell was Essbares besorgen. Jedenfalls kann ich wenigstens einen guten Kaffee kochen, was ich auch gleich mal mache. Auf meinem Tablet checke ich die Nachrichten, schaue nach dem heutigen Wetter und kontrolliere die Börsenkurse, wenn ich schon mal dabei bin. Im Radio quasselt ein Moderator von einem riesigen Stau auf der Autobahn. Wen juckt's? Zum Glück muss ich da nicht lang fahren. He he. Ich höre das leise Knarren der Holzdielen, und kurz danach schleicht Marcell auch schon an der Küchentür vorbei, schaut schüchtern zu mir hinein und betritt die Küche schließlich. "Morgen. Bist ja auch schon früh wach. Auch einen Kaffee?" "Ja. Danke." Ah! Sein Danke habe ich vermisst. Unsicher tapst er zu mir an den Tisch und setzt sich so vorsichtig auf den Stuhl, als habe er Angst, dass dieser gleich unter seinem Gewicht zusammenbrechen würde. "Die Brötchen sind gleich fertig." "Ähm. Meinen Sie die schwarzen Dinger dort im Ofen?" "Hä?" Mir fliegt beinahe das Tablet aus der Hand. "Die Brötchen!" Ich sprinte zum Backofen, öffne ihn, wobei mir dichter Qualm entgegen schwelt. Hustend wedle ich mit meinen Händen herum, was gar nichts bringt. Es hört einfach nicht auf zu qualmen! Marcell steht plötzlich neben mir, hat schon Topfhandschuhe über die Hände gezogen (ich wusste gar nicht, dass ich sowas habe!), zerrt das Backblech heraus und kippt die schwarzen Briketts samt Blech in die Spüle. Kaltes Wasser drauf und wenigstens der Qualm ist gebannt, was man von dem Gestank nach verbrannten Brötchen leider nicht sagen kann. "Das gibt's doch nicht! Warum sind die Dinger jetzt so verkohlt?" "Sie haben den Backofen auf die heißeste Stufe gestellt. Außerdem steht auf der Verpackung ganz groß, dass die Brötchen erstmal aufgetaut werden müssen." "Das alles siehst du auf einen Blick?" "Ähm ... Ich kaufe immer die selben Brötchen." Na klasse! "In der Küche bin ich eine Vollniete. Irgendwann fackle ich noch die Bude ab." Betrübt mustere ich die schwarzen Dinger in meiner Spüle. "Frische Luft wäre erstmal nicht schlecht." Die Topfhandschuhe fliegen auf die Arbeitsfläche und Marcell reißt die Balkontür auf. "Wie riesig! Und was für eine Aussicht. Ich wusste gar nicht, dass der Balkon bis hier her reicht. Der umfasst ja fast das gesamte Gebäude!" "Ja. Ist ganz nett hier. Unten hättest du auch einen Balkon. Der ist genauso groß wie meiner." Ich stelle mich neben ihn, nachdem ich uns zwei Tassen Kaffee eingeschenkt habe, und ihm eine davon reiche. "Und? Hast du es dir schon überlegt?", frage ich ihn in Bezug auf die freie Wohnung. "Ich weiß nicht." Er lässt den Blick über die Stadt schweifen. Ungeniert schaue ich mir das Profil seines Gesichtes an. Er hat eine leicht krumme Nase, schmale Lippen und ich stelle fest, was für lange Wimpern er doch hat. Sein nackenlanges, blondes, feines Haar wird von einem kühlen Lufthauch durchgewirbelt und er kämmt es mit den Fingern einfach hinten. Er ist eigentlich niemand, dem ich wahrscheinlich einen zweiten Blick gönnen würde, aber er hat was. Ich weiß nur nicht was. Und dieses Etwas bringt mich dazu, dass ich partout nicht aufhören kann, ihn anzustarren. "Was versprechen Sie sich davon?" "Was?" Krampfhaft versuche ich mich an die zuvor gefallenen Worte zu erinnern. "Das Sie mir helfen. Verzeihen Sie, wenn ich so direkt bin, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie das einfach aus Nettigkeit oder Nächstenliebe tun." "So ist es aber." "Aber wieso?" Jetzt schaut er mich direkt an und ich ich erschrecke fast deswegen. Mein Herz jedenfalls setzt einen Schlag aus. Was ist den mit mir los? "Würden Sie das auch für andere Ihrer Angestellten machen?" Ich überlege. Für Theo auf jeden Fall. Laurin ebenfalls. Und sicher gibt es da noch dein ein oder anderen, dem ich auch aus der Patsche helfen würde, wenn er mich darum bitten würde. "Ja. Sicher würde ich das." Marcell trinkt einen Schluck Kaffee und lehnt sich an die Balkontür. "Was verlangen Sie als Gegenleistung von mir?" "Eine Gegenleistung?" Mir schwant Böses bei dem Wort 'Gegenleistung'. "Aus reiner Freundschaft wollen Sie mir doch ganz bestimmt nicht helfen. Dazu kennen wir uns wirklich noch nicht zu gut. Sagen Sie es mir schon. Was soll ich tun dafür? Für die tolle Wohnung und den teuren Anwalt, den Sie mir vermitteln möchten?" "Schlaf mit mir." Erschrocken weiten sich seine Augen. Ich bin nicht minder erschrocken, über das, was ich gerade gesagt habe. Doch ich fasse mich augenblicklich wieder, was man von Marcell nicht sagen kann. "Ist es das, was du hören willst?" Er reagiert nicht, starrt mich bloß weiter mit großen, runden Augen an und bewegt sich keinen Millimeter. Marcell denkt doch nicht wirklich, dass ich DAS von ihm will? "Marcell. Du bist jetzt in gewisser Weise ein Teil meines Lebens, meines Clubs. Ich möchte, dass du dich voll und ganz auf deine Arbeit konzentrierst und nicht während der Arbeit die ganze Zeit überlegst, wo du diese Nacht schlafen kannst, oder welchen der Gläubiger du als erstes abbezahlen sollst. Das allein verlange ich von dir als Gegenleistung. Gib dein Bestes im Job. Zeig mir, dass ich es nicht bereuen muss, dich eingestellt zu haben." Ich stelle mich direkt vor ihn. "Und das du wirklich geglaubt hast, ich wolle dich nur für das eine, kränkt mich jetzt ernsthaft. Falls es so wäre, hätte ich dich ganz sicher nicht eingestellt. Ich habe da so eine Prinzipien." Nun ja. So ganz stimmt das jetzt auch nicht, aber eigentlich handhabe ich das normalerweise so. "Es tut mir leid", presst er hervor. "Und entschuldige dich nicht andauernd." Er nickt schwach. "Sagst du mir jetzt, wie du dich entschieden hast? Denn dann mache ich gleich einen Termin bei meinem Anwalt für dich." Nervös leckt er sich über die Lippen und traut sich anscheinend gar nicht mehr mich anzuschauen. "Ja. Dann nehme ich Ihr Angebot gerne an." Erleichterung durchflutet mich. Weshalb auch immer. "Aber ich zahle es Ihnen zurück! Jeden Cent! Egal wie lange es dauert!" "Ist gut." Wenn ihn das beruhigt, soll er das eben glauben. ****** Kapitel 5: Kapitel 04 - Matratzensport -------------------------------------- Kapitel 04 - Matratzensport ~Marcell~ "Geben Sie mir die Daten ihrer Rechtsschutzversicherung per Telefon durch. Den Rest regle ich, Herr Mengel." "Danke sehr! Vielen, vielen Dank!" Ich schüttle Herrn Friedrichs die Hand und kann gar nicht mehr aufhören erleichtert zu lächeln. So wie es aussieht, brauche ich mir gar keine Gedanken mehr zu machen. Nun ja. Auf jeden Fall nicht mehr so viele wie noch heute morgen. Herr Friedrich, der Anwalt meines Bosses, kümmert sich um ab jetzt um alles. Ich muss ihm nur wie eben besprochen meine Rechtsschutzdaten durchgeben und all die Unterlagen vorbeibringen, die ich mittlerweile von den ganzen Gläubigern habe. Zudem noch eine Bescheinigung der genauen Arbeitszeiten, meiner alten Arbeitsstelle, was auch kein Problem ist, da wir dort Stechkarten hatten. Da alle Bestellungen von meiner Internetadresse getätigt wurden, dürfte das Beweisen, dass ich unmöglich derjenige gewesen sein konnte, der all das bestellt hatte. Jetzt muss nur noch mein Ex gefunden werden. "Was für ein Glück, dass mein Internetanschluss auch auf seinen Namen läuft", sage ich erleichtert, als wir das Büro des Anwalts verlassen. "Stimmt. Sonst würdest du jetzt doch in der Patsche sitzen." "Ich will es mir gar nicht vorstellen. ... Oh ich bin so froh!" Am liebsten würde ich Herrn Hazold in die Arme schließen, ihm das Gesicht abknutschen und ... Lassen wir das. Das weckt nur andere Erinnerungen, die ich jetzt wirklich nicht gebrauchen kann. "Das glaube ich dir." Mein Boss lächelt mich an und überlässt mir den Vortritt in den Aufzug hinein. "So!" Er klatscht in die Hände. "Jetzt gehen wir deine Möbel aus dem Lager holen." "Jetzt?" "Natürlich. Oder willst du heute Nacht auf dem Boden schlafen?" "Nein", nuschle ich und senke meinen Kopf. Er hat ja recht. Und ich werde ganz sicher nicht nochmal bei meinem Chef in der Wohnung übernachten. Nicht, dass er mir noch komplett nackt über den Weg läuft. Eine überaus anregende Vorstellung zwar, aber nicht gerade das, was ich unter einem gesunden Chef-Angestellten Verhältnis verstehe. Obwohl die ja von Anfang an total konfus war. Doch das ändert sich ab sofort! Sobald meine Möbel in der Übergangswohnung sind, ist Schluss mit diesen privaten Unternehmungen! Dann herrscht hoffentlich bald wieder Ordnung in meinem Leben und nicht mehr dieses Chaos, das ich meinem Ex zu verdanken habe. *** ~Marcell~ Ich staune nicht schlecht. Das habe ich mir irgendwie anders vorgestellt. "Packen wir es an!" Mein Boss lächelt voller Tatendrang und hebt die erste Kiste in den Lieferwagen. Ich sammle mich erstmal, schaue ihm dabei zu und beobachte fasziniert das Muskelspiel seiner Oberarme. Er trägt ein Muskelshirt und eine zerrissene, hellblaue Jeans. Ein Coca-Cola Werbetraum! Wo sind die sabbernden Weiber, die meinen Boss beim Schleppen der Möbelstücke anhimmeln? 'Die brauche ich nicht. Das Sabbern und Anhimmeln tue ich schon. … Zusammenreißen, Marcell!' Eigentlich hatte ich gedacht, dass wir das eine Umzugsfirma machen lassen. Doch weit gefehlt. Zuerst fuhren wir zu ihm in die Wohnung, wo wir uns umzogen hatten, und ich danach völlig baff auf meinen Chef gestarrt hatte, als er in genau diesem Aufzug vor mir stand. Der Kerl sprengt wirklich jedes Covermodel! Als wäre er direkt aus einer Zeitschrift oder einem Werbefilm gesprungen, nur um mir den Mund wässrig zu machen. Natürlich verdrängte ich jeden Gedanken in dieser Richtung, was sich noch immer als sehr schwierig darstellt. Nachdem ich mich von seinem Erscheinungsbild einigermaßen erholt hatte, fuhren wir in seinem Wagen zum Velvet, wo er einen Lieferwagen unterstehen hat. Mit dem sind wir bis zum Lager gefahren und stehen nun vor meinem offenen Lagerraum und befüllen ihn mit meinem ganzen Kram. "Willst du gleich was aussortieren? Dann fahren wir als letztes auf die Deponie, wenn du magst." "Mal seh'n." Ich lächle ihn nervös an. Wieso ist es mir bloß so unangenehm, mit ihm an diesem warmen Tag in dem voll gestopften Lager zu stehen? Liegt das daran, dass wir uns so oft so verdammt nahe kommen? Uns beinahe umrennen, wenn wir vollgepackt mit Kartons und Möbelteilen auf den Lieferwagen zuschwanken, auch wenn ich peinlichst darauf achte, nicht in seine Nähe zu kommen? Das ich immer wieder zu ihm rüber schiele und die kleinen Schweißtröpfchen verfolge, wie sie an seiner Haut hinab perlen? Das ich selbst genauso schwitze und fast jede Minute nach meiner Wasserflasche greife? Oder liegt es daran, dass ich glaube, seine Blicke ruhen ebenfalls auf mir, wenn ich gerade mal nicht in seine Richtung schaue? Wahrscheinlich ist es eine Mischung aus allem. Ich bin so froh, wenn das hier vorbei ist! "Soll das Regal hier weg? Das wackelt schon bedenklich." Herr Hazold rüttelt an einem meiner Holzregale. "Ich weiß nicht. Ich wollte es erstmal als Kleiderschrankersatz benutzen." Ich habe keinen Eigenen. Der in der Wohnung gehörte der Kleiderschrank zum Inventar meines Vermieters. "Brauchst du nicht. Ist alles in deiner neuen Wohnung." "Ach so." Wenn das so ist: "Dann weg damit." Sobald ich eine neue Bleibe habe, schaffe ich mir eben einen eigenen Kleiderschrank an, wenn nötig. Mein Boss langt kräftig zu und hievt das Regal aus dem Lager. "Warten Sie! Ich helfe Ihnen!" "Musst du nicht ..." Zu spät. Ich bin schon bei ihm und will gerade mit anpacken, da stolpere ich über etwas auf dem Boden, rudere wild mit den Armen und bekomme gerade so das Regal zu fassen, das Herr Hazold durch die Gegend trägt. Der hat damit nicht gerechnet, strauchelt selbst und lässt es fallen, was zur Folge hat, dass ich mein so eben gewonnenes Gleichgewicht wieder verliere und Gefahr laufe, mit dem Regal zusammen umzukippen. "AHHH!" "Marcell!" Feste Arme umklammern mich, ziehen mich aufrecht, direkt an eine feste, feucht glänzende Brust, was mich geradeso vor einem unschönen Aufprall bewahrt. "Alles okay bei dir?" In Herrn Hazolds Griff hängend, versuche mein aufgeregt schlagendes Herz zu beruhigen. Gar nicht so einfach, wenn man so dicht an dem Mann gedrängt steht, denn man schon den ganzen Tag über heimlich ansabbert, und freie Sicht auf seinen gut gebauten Oberkörper hat. Shit! "Marcell? Alles klar?" "Ja ... Danke." "Mann oh Mann! Das hätte ins Auge gehen können." Er lächelt mich an und begutachtet das am Boden zerschellte Regal. "Jetzt kann es wirklich auf die Kippe", sagt er und hält mich noch immer fest. Mir wird ganz anders. Meine Knie werden weich und das liegt nicht an meiner Pirouette, die ich eben gedreht habe. Das liegt ganz eindeutig an den Körper vor mir, den ich an mich gepresst spüre und sogar Herrn Hazolds After Shave ganz deutlich riechen kann. Er ist so nah ... "Setzt dich vielleicht mal für ein paar Minuten. Du bist ganz blass." "Okay." Ich werde zum Lieferwagen geführt und auf den Beifahrersitz verfrachtet. "Soll ich dir deine Wasserflasche holen?" Ich verneine. "Ich mache solange weiter." "Ist gut." Mein armes Herz schlägt noch immer wie verrückt. Das darf nicht sein! Ich kann mich doch nicht in meinen Boss verlieben! Gerade hievt er einen Beistelltisch hoch, was so locker aussieht, dass man ganz neidisch werden kann. Sein breiter Rücken, das leise Keuchen, als er über einen Karton steigt. Mein Bauch fängt an zu kribbeln. Scheiße! Ich bin auf dem besten Weg, Gefühle für ihn zu entwickeln. 'Bravo Marcell! Das hast du ja mal wieder fein hinbekommen!' ~Anton~ Der Arme sitzt noch immer auf dem Beifahrersitz und wirkt total orientierungslos. Er wird doch keinen Sonnenstich bekommen haben? Es ist ziemlich warm, und die Sonne hat noch eine Menge Kraft für diese Jahreszeit. "Marcell? Ist dir schlecht?" Er zuckt zusammen und blinzelt nervös. "Nein. Ich helfe gleich weiter." Ich lege den Kartons mit den CDs wieder ab und gehe auf ihn zu. "Das wollte ich damit nicht andeuten. Ich will nur sicher gehen, dass du keinen Sonnenstich hast." "Mir geht es gut. Nur noch etwas schwindelig." Er weicht meinem Blick aus. Schon wieder! Was ist nur mit ihm los? Denkt er immer noch, ich würde ihm nur helfen, weil ich Hintergedanken habe? Falls es so ist, kann ich ihm nicht helfen. Das muss er mit sich selbst ausmachen. "Der Lieferwagen ist sowieso gleich voll. Dann fahren wir erstmal ausladen." Ich drehe mich um und packe noch ein paar Kartons in die freien Zwischenräume, damit nichts umkippen kann. Danach verschließe ich das Lager wieder und setzte mich ans Steuer. Marcell sagt keinen Ton, starrt nur auf die Straße vor uns und wirkt angespannt. "Wirklich alles klar bei dir?" "Ja." "Sicher?" "Sicher." Gut. Wenn er das meint. Zuhause angekommen, schleppen wir alles in den Fahrstuhl. Leider müssen wir zig Mal hoch und wieder runter fahren, um alles nach oben zu befördern, aber wenigstens müssen wir keine Treppen steigen. Den restlichen Tag verbringen wir genau so. Marcell bleibt währenddessen schweigsam, was mich ehrlich gesagt ziemlich ankotzt. Was ist ihm nur über die Leber gelaufen?! Daran kann doch unmöglich der kleine Zwischenfall im Lagerraum schuld sein? Oder? Ich meine, es war schon irgendwie schön, Marcell so nahe sein zu können. Schön und ... anregend. Aber das ist doch noch lange kein Grund, mich so zu ignorieren! Schließlich habe ich ihn doch vor einem Sturz bewahrt. Was hat er nur? *** ~Anton~ Ich schaue auf die Uhr. "In zehn Minuten wird das Essen da sein", stelle ich fest. "Bringen wir die Matratze noch schnell hoch, und das war es das endlich für heute." Marcell nickt und packt ans andere Ende der Matratze. Dafür, dass wir so fleißig waren, lass ich was vom Italiener springen. Das haben wir uns echt verdient. Zu zweit passen wir mit der Matratze gerade so in den Aufzug, wobei Marcell sich so weit wie nur irgend möglich von mir entfernt in die Ecke drängt. Ich werde mir immer sicherer: Seine Schweigsamkeit und sein Verhalten hat doch was mit dem Zwischenfall im Lagerraum zu tun. Er geht auf Abstand zu mir und passt peinlich genau drauf auf, dass wir uns nicht zufällig berühren, was bei der ganzen Plackerei fast unmöglich ist. Dennoch schafft er es immer wieder. Und weil ich weiß, wann Marcell damit begonnen hat, mir auszuweichen, weiß ich auch warum er das tut. Ich bin doch nicht blöd! Er meidet mich, weil er eigentlich das Gegenteil davon will. Das spüre ich genauso, wie ich schon zuvor seine heimlichen Blicke auf mir bemerkt habe. Das Problem ist nur, was fange ich jetzt mit dieser Erkenntnis an? Ich könnte ihn foppen. Wäre sicher lustig. Ich könnte ihn auch drauf ansprechen und ihm sagen, dass ich gar nichts von ihm will, weil ... Will ich wirklich nichts von ihm? Der Aufzug hält an und die Tür geht auf. Zusammen hieven wir die Matratze durch den Hausgang. Dabei mustere ich Marcells Gesicht, wie ich es heute schon so viele Male gemacht habe. Sex mit ihm könnte ich mir schon vorstellen. Sehr gut sogar. Wie schon erwähnt: Vorhin in meinen Armen hat er sich wirklich gut angefühlt. Als gehöre er dahin. Und da liegt auch das Problem. Er darf da nicht hingehören. Er ist mein Angestellter. Niemals Privates mit Geschäftlichen vermischen! 'Dazu ist es jetzt definitiv zu spät, mein Freund', hallt es in meinem Kopf. Jetzt habe ich den Salat! "Auf drei heben wir an, ja?" Marcell nickt und greift wie ich die Matratze tiefer. "Eins ... zwei ... drei!" Die Matratze landet donnernd auf dem Lattenrost. Natürlich in totaler Schieflage. "Das haben wir gleich." Ich beuge mich rüber, doch Marcell hat die selbe Idee und da ich mich mit den Beinen gegen die Matratze gelehnt habe, verliere ich das Gleichgewicht und lande auf ihr. Marcell neben mir schreit auf, hat mit dem zusätzlichen Schub, denn mein Sturz mit sich zog, nicht gerechnet und landet neben mir. Noch ehe ich kapiere, was geschehen ist, liege ich schon halb auf Marcells Rücken. Ein wirklich erschreckend gutes Gefühl. "Hab dich", kichere ich dümmlich und merke, wie Marcell unter mir zur Salzsäule erstarrt. "Marcell? Ich lasse dich erst wieder frei, wenn du mir sagst, warum du mir schon den ganzen Tag lang so vehement ausweichst." "Herr Hazold! Bitte! Ich ..." "Anton. Ich heiße Anton." Jetzt wird's eng! So mir nichts dir nichts habe ich ihm das Du angeboten, was ich eigentlich bei meinen Angestellten tunlichst vermeide. Duzen darf mich bis jetzt nur Theo, der das aber auch nur tut, wenn es nicht um berufliche Dinge geht. Marcell beginnt zu zittern. Ergeben rutsche ich von ihm runter, bleibe aber auf der Seite ihm zugewandt liegen. Ängstlich starrt mich Marcell an. "Das hat nichts mit Ihnen zu tun. Glauben Sie mir." Es erleichtert und ärgert mich zugleich, dass er das unüberlegte Angebot mich zu duzen nicht annimmt. "Ich glaube dir aber nicht. Sag mir endlich, was los ist." Er dreht sich ebenfalls zu mir und richtet seinen Oberkörper ein Stück auf, damit wir auf gleicher Augenhöhe sind. Sein Mund öffnet sich zu einer Antwort, doch es kommt kein Ton über seine Lippen. Stattdessen schauen wir uns in die Augen und ich kann richtig spüren, wie da etwas zwischen uns entsteht. Ich kann die Luft knistern hören, meinen lauten Herzschlag und bemerkte irritiert, wie wir uns langsam annähern. Ich kann es nicht verhindern, möchte es eigentlich auch gar nicht. Dann ist es eben so ... Warmer Atem schlägt mir ins Gesicht und uns trennen nur noch Millimeter voneinander. Gleich küssen wir uns. Gleich ... DING DONG Erschrocken fahren wir auseinander. "Das Essen!", rufe ich und springe von der Matratze. Da bin ich aber nochmal gerade so davongekommen! Du meine Güte! Was war denn eben nur mit mir los?! ~Marcell~ Ich greife mir an die Brust. Gleich springt mein Herz raus! Das ist eben doch nicht wirklich passiert?! Wollten wir uns eben tatsächlich küssen?! Oh nein! Bitte nicht! Jetzt habe ich es bestimmt übertrieben. Herr Hazold denkt doch jetzt sonst was von mir. Erst recht nach meinen Worten von heute morgen. Mist! Verfluchter Mist! Draußen im Flur höre ich den Aufzug ankommen, dann leise Stimmen und der Aufzug schließt sich wieder. Gleich kommt Herr Hazold wieder hier her! Ist mir das unangenehm! Soll ich ihn drauf ansprechen? Ihm sagen, dass das nichts zu bedeuten hatte? Das würde aber bedeuten, dass ich ihn anlügen muss, denn für mich hatte es was bedeutet. Was mach ich denn jetzt? "Marcell? Wollen wir hier essen? Dein Besteck und das Geschirr stehen schon in der Küche." "In Ordnung." Er benimmt sich ganz normal. Dann spreche ich es auch nicht an. So mache ich es. Sagt er nichts dazu, sage ich auch nichts dazu! In der Küche durftet es schon lecker nach Pizza und mein Boss legt Gabeln für den Salat hin. "Wir haben eine Rotweinflasche umsonst bekommen. Trinken wir den?" "Gern." Alk und unterdrückte Gefühle. Gibt es ein gefährlicheres Gemisch? Wahrscheinlich nicht. Ich muss mich beim hinsetzten am Tisch festhalten, damit ich nicht einfach auf den Stuhl plumpse, so weich sind meine Knie. Herr Hazold findet zwei Weingläser, spült sie kurz aus und stellt sie auf den Tisch. "Du weißt nicht zufällig, wo der Korkenzieher sein könnte?" Ich schüttle den Kopf. "Dann gehe ich schnell hoch und hole meinen." Sofort eilt mein Boss aus der Küche und verlässt die Wohnung. "Das kann ja was werden", flüstere ich, öffne den verpackten Salat und stibitze mir eine Gurkenscheibe. *** ~Marcell~ "Keine Ahnung woher er kam, aber der Typ war so schnell wieder aus dem Club, dass selbst meine Sicherheitsleute staunten." Anton lacht dunkel und auch ich schmunzle über seine ganzen Storys. "Und er ist völlig nackt davongeeilt?" "Nein. Er hatte sich vorher eine Serviette von der Bar geschnappt und sie sich unten vorgehalten!" Wir lachen laut. "Da wäre ich zu gern dabei gewesen!", pruste ich los. "Ja. War ganz lustig. Ich musste natürlich ganz auf ernst machen vor meinen Angestellten, aber in meinem Büro konnte ich mich kaum mehr halten." "Glaube ich dir." Noch immer grinsend trinke ich einen Schluck vom Rotwein. Das dritte Glas am heutigen Abend, und eigentlich schon viel zu viel für mich. "Das Essen war echt lecker." "Willst du die Nummer von dem Lieferservice?" "Gerne." Ich stelle das Weinglas wieder vor mir auf den Tisch. "Musst du nicht bald los? Es ist kurz vor Sieben." "Echt? Oh Mist!" Anton steht auf. "Soll ich wirklich nicht mitkommen?" "Nein, nein! Ruh dich aus. Heute sind genug Leute an der Bar. Genieße deinen freien Abend. Und vor allem dein eigenes Bett." "Das werde ich", verspreche ich ihm und stehe ebenfalls auf, um ihn bis zur Tür zu begleiten. Ihr fragt euch doch jetzt bestimmt, was während dem Essen zwischen mir und Anton passiert ist, oder? Na das will ich euch gerne erzählen! Seit dem Vorfall mit der Matratze sind keine zwei Stunden vergangen, aber die hatten es in sich! So richtig kann ich auch nicht sagen, was genau passiert ist, aber es war, als wäre ein Knoten zwischen uns geplatzt. Mit einem Mal! Anton, ich duze ihn jetzt doch, fing an, alte Zoten zu erzählen, die sich während der Jahre in seinem Club so abgespielt hatten. Er berichtete mir zum Beispiel von Laurin, der sich vor kurzem im Kühlhaus eingesperrt hatte, und dabei von seinem jetzigen Partner befreit wurde. So kamen sie zusammen. Er hatte auch eine Menge lustiger Geschichten auf Lager. Von Gästen und den holprigen Anfangszeiten im Club, die im Nachhinein gesehen ziemlich amüsant sind, ihm damals allerdings ganz schön ins schwitzen gebracht hatten. Schon bald konnte ich mich nicht mehr halten vor Lachen. Ich bin wirklich froh, dass dieses Erlebnis mit der Matratze nicht zwischen uns steht. "Dann viel Spaß bei deiner Arbeit, Boss." "Werde ich haben. Und du schlaf dich aus. Morgen musst du wieder fit sein." "Das werde ich bestimmt sein. Dank dir und deiner Hilfe." "Das geht runter wie Öl", lacht er und dreht sich um. Keine zwei Meter entfernt bleibt er jedoch wieder stehen. Der Aufzug ist ganz unten und muss erst hochfahren. "Noch einen Kaffee, solange du auf den Aufzug wartest?", scherze ich und lehne mich gegen den Türrahmen. Anton dreht sich zu mir und hebt eine Augenbraue. "Den kannst du mir morgen früh hochbringen, wenn du willst. Schwarz mit einem Löffel Zucker." "Und um wie viel Uhr möge der Herr geweckt werden?" "Halb zehn wäre angenehm." "Und wie komme ich in Ihre Suite?" Ich glaube, das letzte Glas Wein war doch zu viel. Anton grinst nur und winkt mich zu sich, als der Fahrstuhl sich öffnet. Er schiebt mich hinein und zeigt auf eine kleine Taste. "Die drückst du und dann gibst du die 2198 ein. Das ist der Code für meine Wohnung, falls mir meine Karte mal abhanden kommt." "2198. Kann ich mir merkten." "Schön." Wir sehen uns an. Bilde ich es mir nur ein, oder dauern unsre Blicke länger als sie es normalerweise tun? "Der Abend mit dir war wirklich schön." "Das finde ich auch." Ein Lächeln huscht über sein Gesicht. "Dann bis morgen früh", sagt er leise und fixiert mich noch immer mehr als intensiv. Vielleicht zu intensiv ... Ich kann mich irren, oder ich bin wirklich so betrunken, dass ich die Situation gerade total fehlinterpretiere, aber ... Knistert es gerade zwischen uns? Ich zwinge meine Augen wo anders hinzusehen. "Bis morgen früh", antworte ich etwas verlegen. Bevor ich mir darüber klar werden kann, trete ich lieber aus dem Aufzug. Noch so einen peinlichen Moment möchte ich nochmal zwischen uns entstehen lassen. "Bye." "Schlaf gut." Und zu geht die Aufzugtür. "Oh man ..." Meine Brust schnürt sich zu. Mich hat's voll erwischt. Daran kann unmöglich die halbe Flasche Wein schuld sein! Ich muss mir echt was einfallen lassen, bevor ich mich unrettbar in eine ausweglose Liebe verliere. In eine ausweglose, völlig indiskutable Liebe zu meinem Boss. Shit! ~Anton~ Die Aufzugtür öffnet sich und ich muss mich arg zusammennehmen, jetzt nicht wieder runter zu fahren. Benommen betrete ich meine Wohnung und werde von meinem Kater angesprungen. "Na? Hast du Hunger? War ja auch lange weg heute, nicht wahr?" Ich füttere meinen Kater schnell und springe dann unter die Dusche. Noch immer kann ich das Kribbeln fühlen, das sich eben noch im Fahrstuhl zwischen mir und Marcell ausgebreitet hat. Diesmal kann ich eine Erektion nicht verhindern, will es auch gar nicht. Viel zu drängend ist das Gefühl in mir, mir jetzt etwas Luft machen zu müssen. Seine ständige Nähe hat mich richtig aufgeladen! Anders kann ich es nicht beschreiben. Meine Hand wandert in den Schoss und umfasst den harten Schaft, reibt an ihm auf und ab, aber irgendwas fehlt. Zwar denke ich an Marcell, aber es befriedigt mich nicht. Es fühlt sich falsch an. Mir schleicht sich eine Idee in meinen Kopf, und meine Erregung hat mir schon viel zu sehr das Denken umnebelt, als das ich es jetzt noch verhindern könnte, das Wasser auszustellen und aus der Dusche zu treten. Nass und nackt verlasse ich das Bad, steuere mein Gästezimmer an und starre auf das noch immer zerwühlte Bett vor mir. Mit gummiweichen Knien und donnernden Pulsschlag gehe ich auf das Bett zu und lege mich drauf. Es riecht noch nach ihm! Wie ich es mir erhofft hatte. Ich drücke mein Gesicht in das Kopfkissen, schiebe mir die Bettdecke zwischen die Beine und beginne mich von neuem zu streicheln. "Marcell ..." Ich stöhne laut, stelle mir vor, dass er hier bei mir wäre und nicht unter mir in der Wohnung. Stelle mir vor, es wären seine Hände, die mir meinen Schwanz pumpen und meine Eier fest durchkneten. Ich atme seinen Geruch tief ein, beiße in das Kopfkissen und bewege meine Hüfte gegen den Stoff des Bettbezugs. Immer hemmungsloser winde ich mich auf meinem Gästebett und bringe es so zu Ende. Es kommt mir schnell und heftig. Zuckend ergieße ich mich in meiner Hand, verteile aber das Meiste meines Saftes schubweise auf der Bettwäsche. Schwer atmend rolle ich mich auf den Rücken und erbebe unter dem Nachglühen meines Orgasmuses. "Verdammt!" Leicht entsetzt über das, was ich hier gerade getan habe, bleibe ich erstmal im Gästebett liegen und halte die Augen weiterhin geschlossen. Ich fasse es nicht, dass ich gerade in dem Bett gewichst habe, in dem Marcell letzte Nacht noch geschlafen hat! Wie bügle ich das nun wieder aus? Wenn ich nicht aufpasse, dann wächst mir das noch über den Kopf. Oder besser gesagt: Es wächst mir vom Schwanz direkt in ein anderes, pumpendes Organ. Wenn es das nicht schon ist ... *** ~Marcell~ Um sieben Uhr werde ich von meinem Wecker geweckt. Sofort bin ich putzmunter und fühle mich trotz des gestern getrunkenen Weins und der schweren Schlepperei zuvor richtig erholt. Ich gehe schnell duschen und ziehe mich an. Jetzt heißt es Beeilung! Ich habe weder Kaffee noch was zu Essen da, weil ich ja noch keine Zeit zum Einkaufen hatte. Ich muss einen Bäcker suchen, der auch sonntags geöffnet hat und hoffentlich auch noch etwas mehr als nur Brötchen verkauft. Das heißt, ich muss wirklich Gas geben, wenn ich Anton pünktlich mit dem versprochenen Kaffee wecken will. Natürlich nicht nur mit Kaffee. Sicher hat er auch heute kein gescheites Frühstück im Haus. Gestern Abend habe ich beschlossen, dass ich mich ab heute um sein Frühstück kümmern werde. Das ist das Mindeste, was ich im Moment als kleines Dankeschön für ihn tun kann. Mit meinem Fahrrad düse ich durch die Stadt und halte nach einem offenen Laden Ausschau. Bei einem kleinen, türkischen Händler ergattere ich etwas Obst sowie Milch, was ich alles in meinen Rucksack verfrachte und drei Straßen weiter fahre. Dort würde ich einen Bäcker finden, der heute offen hat, hat mir der Händler verraten. Bei ihm bekomme ich dann auch warme Brötchen, Kaffee und sogar Wurst und Käse. Die Auswahl von Letzterem ist zwar nicht groß, genügt aber bei weitem. Außerdem hätte mein gestriges Trinkgeld sowieso nicht für größere Leckereien gereicht. Wieder zurück in der Wohnung richte ich alles her, so gut es eben in einer fast noch leeren Küche geht. Kurz nach neun steige ich mit einem gefüllten Tablett in den Aufzug, drücke den achten Stock ein und danach die Codenummer. Doch anstatt nach oben zu fahren, rast er erstmal drei Stockwerke tiefer. Eine ältere Dame steigt ein, die mich erst überrascht anschaut und mir dann aber einen guten Morgen wünscht. "Morgen. Ich bin der neue Nachbar", stelle ich mich ihr vor. "Ah! Dann sind Sie in den Siebten gezogen?" "Ja. Gestern." Das ich nur vorübergehend hier bleibe, verschweige ich. Das hätte zu viele Fragen nach sich gezogen. Und das kann ich jetzt nicht gebrauchen. "Sind Sie ein Freund von Herrn Hazold?" "Ähm ..." Ganz schön dreiste Frage, finde ich. Die Dame lacht und drückt auf den Knopf für's Erdgeschoss. "Ich habe Sie gestern gesehen. Wie Sie mit ihm den Wagen ausgeladen haben." "Ach so. Das ergab sich so", rede ich mich raus. "Wir kennen uns nur flüchtig." "Und für wen ist das gute Frühstückt?" Dreist und neugierig! "Möchten Sie was?" Keck halte ich ihr das Tablett vor. Das lässt sie ihre Neugier hoffentlich vergessen. "Nein, nein! Ich habe schon was gegessen. Danke." Wir kommen unten an und die Fahrstuhltür öffnet sich. "Sagen sie dem Herrn Hazold einen schönen Gruß von Frau Willich, ja?", kichert sie und klopft mit ihrem Zeigefinger auf den Knopf mit der Acht drauf, die gelb aufleuchtet. Irgendwie ist mir das jetzt peinlich. "Anton?" Ich betrete die Wohnung und horche. Kein Mucks zu hören. Vielleicht schläft er ja noch. Deshalb gehe ich schnurstracks in die Küche und stelle das Tablett auf den Küchentisch. Neben mir springt was auf den Stuhl. "Du schon wieder", schmunzle ich und lache über die graue Katze, die ihren Hals nach dem Tablett ausstreckt. "Magst du ein wenig Wurst?" Ich klaue ein Eckchen und halte es dem verfressenen Katerchen hin, die sich genüsslich und schnurrend darüber hermacht. "Aber nichts deinem Herrchen sagen." "Was soll Alfredo mir nicht sagen?" Ups! Erwischt. "Morgen Anton." Mein Boss kommt auf mich zu und ich fixiere schnell wieder den Kater neben mir, damit er nicht doch noch was stibitzt. Anton trägt nur eine Boxer und bringt mich damit wieder total aus dem Konzept. "Morgen." Belustigt mustert er das prall gefüllte Tablett, nachdem er seinen Kater vom Stuhl gescheucht hat. "Ich hatte doch nur Kaffee bestellt." "Ich dachte, ich zeige dir mal, wie ein ordentliches Frühstück auszusehen hat." "Autsch! Der hat gesessen." Er setzt sich an den Tisch und mopst sich ein Brötchen mit Salami. "Das packe ich aber nicht alles allein. Isst du mit?" Eigentlich hatte ich das nicht vorgehabt. Aber nein sagen tue ich ganz sicher auch nicht. "Wann gehst du heute in den Club?", frage ich in bester Plauder-Manier. Was soll ich auch sonst tun, um mich von Antons halbnackten Tatsachen abzulenken? "Heute Nachmittag. Gestern ist einiges liegen geblieben." "Oh. Soll ich dir helfen? War ja auch meine Schuld." Anton schüttelt den Kopf. "Musst du nicht. Ist nur Bürozeugs." Schade. Ich wäre gern mit ihm zusammen auf die Arbeit gefahren. Außerdem mag ich es in seiner Nähe zu sein und dank des gestrigen Abends bin ich da auch schon viel entspannter. Na ja. Ihn nur in Shorts neben mir zu haben ist alles andere als entspannend, aber gestern Nachmittag hätte ich sicher noch Reißaus genommen, wenn er mir so unter die Augen getreten wäre. Jetzt sehe ich das etwas entspannter, auch wenn mich Anton noch immer mein Blut zum kochen bringt. Gestern Abend, als ich wieder alleine war, bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass es mir sowieso nichts bringt, mich von ihm fern zu halten. Ich werde ihm jeden Tag über den Weg laufen. Auch wenn ich es mit allen Mitteln versuche zu vermeiden. Vielleicht ist es ja auch nur eine kurze, bedeutungslose Schwärmerei. Nichts Weltbewegendes. Anton ist nett und ich wäre gern sein Freund. Kein fester Freund. Eben nur ein Freund. Und ich möchte mich auf jeden Fall für seine ganze Hilfe erkenntlich zeigen. Da wäre es ziemlich unpraktisch, wenn ich ihm aus dem Weg gehe. "Die Tomaten sind aber gut." "Stimmt. Die sind von dem Händler vorn an der Kreuzung." "Lecker." Er lächelt mich an und schiebt sich eine der kleinen Cocktailtomaten zwischen die Lippen. Mir läuft das Wasser im Mund zusammen, was aber nicht an der Tomate liegt. Hoffentlich werde ich jetzt nicht rot wie Selbige. ~Anton~ Da schau an! Marcell wird selbst zu einer kleinen Tomate. Wie putzig. ... Das habe ich jetzt nicht gedacht, oder? "Wann soll ich heute kommen?" "Hm?" Er will kommen?! "Wieder um zwanzig Uhr? Oder schon zur Cluberöffnung?" Ach, er redet von der Arbeit. Konzentriere dich mal Anton! "Es reicht um acht. Dann kannst du noch deine Kisten auspacken." Mensch! Warum denke ich nur an das Eine?! Daran ist nur der gestrige Abend schuld! Dieses dämliche Gästebett und meine schmutzigen Gedanken! Geile mich an benutzter Bettwäsche auf! Wo gibt's den sowas? Als wäre ich ein Unterwäschefetischist. Als würde ich an benutzten Höschen schnüffeln. Benutzte Höschen von Marcell ... Ich verschlucke mich am Kaffee. "Anton! Oh weia! Warte!" Marcell steht auf und klopft mir fest auf den Rücken. "Danke ...", huste ich und bin froh, dass ich meine glühend heißen Wangen auf den verschluckten Kaffee schieben kann. Benutzte Wäsche von Marcell! Ich hab sie doch nicht mehr alle im Oberstübchen! "Ich hol dir ein Glas Wasser", sagt Marcell hektisch und schenkt mir schnell was ein. "Geht's wieder?" "Ja. Hab nur was in den falschen Hals bekommen." Oder eher in die falsche Gehirnhälfte. Nämlich in die, die für meinen Schwanz zuständig ist. "So lange du mir nicht an meinem guten Kaffee erstickst, ist ja alles gut." Marcell grinst frech und schlürft demonstrativ an seiner Tasse. "Wie freundlich! Da lasse ich dich bei mir wohnen und du vereierst mich." Marcells gute Laune sinkt rapide. "War nur ein Scherz! Entspann dich", lenke ich ein. Seine Mundwinkel zucken kurz hoch, das war's dann aber auch schon wieder. Ich Arsch! Zeit für etwas Ablenkung. "Fahren wir nachher auf die Deponie, oder wollen wir das morgen erledigen?", frage ich Marcell, als wäre mein letzter Satz niemals gefallen. "Daran habe ich ja gar nicht mehr gedacht." "Je eher, desto besser. Dann können wir den Lagerschlüssel wieder abgeben und wenigstens das ist abgeschlossen." "Stimmt. Dann heute. Aber nur, wenn es dir passt!" "Ich hätte dich nicht gefragt, hätte ich heute keine Zeit. Bis vierzehn Uhr dürfte das ja erledigt sein." Jetzt lächelt Marcell wieder und seine warmen Augen lassen auf meinen Armen eine Gänsehaut entstehen. "Kalt hier. Ich ziehe mir nur schnell was über." Wieso bin ich auch nur auf die Idee gekommen, mich ihm hier erneut halbnackt zu präsentieren? Ich stehe auf und kehre Marcell den Rücken zu. Ich kann seine Blicke förmlich darauf spüren. Sicher schaut er mir nach. Ob ich mich umdrehen soll? Nein! Das lass ich lieber. Denn wenn er mir nachschaut, habe ich ein Problem. Dann werde ich mir ganz sicher nichts überziehen, sondern zurück in die Küche gehen und Marcell an mich ziehen. Ihm meine Zunge in den Hals schieben und die Dinge mit ihm tun, die ich seit gestern Nacht einfach nicht mehr aus meinem Kopf bekomme. Ehrlich gesagt, lag es nicht an der Umzugsaktion, dass so eine Menge Arbeit gestern liegen geblieben ist im Club. Ich konnte mich nicht konzentrieren. Die Zahlen verschwammen vor meinen Augen, bildeten immer wieder ein Gesicht vor meinem inneren Auge: Marcells. Was ist nur passiert, dass ich zu keinem anderen Gedanken mehr fähig bin? War es der abgebrochene Kuss? Meine Bruchlandung auf ihm? Die Umarmung im Fahrstuhl? Sein Lachen, als ich ihm die Storys aus dem Club erzählt habe? Die Umarmung im Lagerraum? Ich habe null Ahnung! Was es auch war, ich muss damit aufhören! Ich darf mich nicht in einen Angestellten vergucken! Das bringt bloß Ärger. Und ich weiß wovon ich rede. Damals, ich habe noch als einfacher Kellner in einem mittelgroßen Restaurant gearbeitet, hatte ich mich ausgerechnet in einen Arbeitskollegen verschossen. Wir kamen sogar zusammen, doch nach einiger Zeit warf er mir vor, dem Hilfskellner schöne Augen zu machen. Bernd war eifersüchtig. Auf jeden, mit dem ich auf der Arbeit sprach. Das Ende vom Lied war, dass ich mich nach vielen leidvollen Monaten von ihm getrennt hatte. Das hatte zur Folge, dass es nur noch schlimmer wurde. Er beschuldigte mich bei meinem Chef, ich würde stehlen und hätte ihn dazu gezwungen, mit ihm während der Arbeitszeit eine Nummer zu schieben. Natürlich glaubten meine anderen Kollegen meinem Ex und ich wurde übelst gemobbt. Ich kündigte. Ich konnte das einfach nicht mehr. Deshalb auch meine Regel, dass alle Streits wenn möglich unter sich geklärt werden. Und auch jeder, mit dem ich schlafe bekommt von mir zu verstehen, dass es nur rein sexuell ist. Nicht mehr und nicht weniger. Mir schnell was übergezogen, kehre ich in die Küche zurück. "Fahren wir gleich nach dem Frühstück los?" Marcell beißt genüsslich in ein Marmeladenbrötchen. "Können wir", antworte ich ihm und setzte mich wieder. Marcells Zunge blitzt hervor, um etwas von dem roten Zeug aus seinem Mundwinkel zu wischen. Die heißen Blitze, die mir dabei in den Unterleib schießen, versuche ich so gut es geht zu ignorieren. Er ist mein Angestellter! Mehr nicht! Ein Angestellter, der gerade meine Hilfe braucht. ****** Kapitel 6: Kapitel 04 - Matratzensport (Ohne Adult) --------------------------------------------------- Kapitel 04 - Matratzensport (Ohne Adult) ~Marcell~ "Geben Sie mir die Daten ihrer Rechtsschutzversicherung per Telefon durch. Den Rest regle ich, Herr Mengel." "Danke sehr! Vielen, vielen Dank!" Ich schüttle Herrn Friedrichs die Hand und kann gar nicht mehr aufhören erleichtert zu lächeln. So wie es aussieht, brauche ich mir gar keine Gedanken mehr zu machen. Nun ja. Auf jeden Fall nicht mehr so viele wie noch heute morgen. Herr Friedrich, der Anwalt meines Bosses, kümmert sich um ab jetzt um alles. Ich muss ihm nur wie eben besprochen meine Rechtsschutzdaten durchgeben und all die Unterlagen vorbeibringen, die ich mittlerweile von den ganzen Gläubigern habe. Zudem noch eine Bescheinigung der genauen Arbeitszeiten, meiner alten Arbeitsstelle, was auch kein Problem ist, da wir dort Stechkarten hatten. Da alle Bestellungen von meiner Internetadresse getätigt wurden, dürfte das Beweisen, dass ich unmöglich derjenige gewesen sein konnte, der all das bestellt hatte. Jetzt muss nur noch mein Ex gefunden werden. "Was für ein Glück, dass mein Internetanschluss auch auf seinen Namen läuft", sage ich erleichtert, als wir das Büro des Anwalts verlassen. "Stimmt. Sonst würdest du jetzt doch in der Patsche sitzen." "Ich will es mir gar nicht vorstellen. ... Oh ich bin so froh!" Am liebsten würde ich Herrn Hazold in die Arme schließen, ihm das Gesicht abknutschen und ... Lassen wir das. Das weckt nur andere Erinnerungen, die ich jetzt wirklich nicht gebrauchen kann. "Das glaube ich dir." Mein Boss lächelt mich an und überlässt mir den Vortritt in den Aufzug hinein. "So!" Er klatscht in die Hände. "Jetzt gehen wir deine Möbel aus dem Lager holen." "Jetzt?" "Natürlich. Oder willst du heute Nacht auf dem Boden schlafen?" "Nein", nuschle ich und senke meinen Kopf. Er hat ja recht. Und ich werde ganz sicher nicht nochmal bei meinem Chef in der Wohnung übernachten. Nicht, dass er mir noch komplett nackt über den Weg läuft. Eine überaus anregende Vorstellung zwar, aber nicht gerade das, was ich unter einem gesunden Chef-Angestellten Verhältnis verstehe. Obwohl die ja von Anfang an total konfus war. Doch das ändert sich ab sofort! Sobald meine Möbel in der Übergangswohnung sind, ist Schluss mit diesen privaten Unternehmungen! Dann herrscht hoffentlich bald wieder Ordnung in meinem Leben und nicht mehr dieses Chaos, das ich meinem Ex zu verdanken habe. *** ~Marcell~ Ich staune nicht schlecht. Das habe ich mir irgendwie anders vorgestellt. "Packen wir es an!" Mein Boss lächelt voller Tatendrang und hebt die erste Kiste in den Lieferwagen. Ich sammle mich erstmal, schaue ihm dabei zu und beobachte fasziniert das Muskelspiel seiner Oberarme. Er trägt ein Muskelshirt und eine zerrissene, hellblaue Jeans. Ein Coca-Cola Werbetraum! Wo sind die sabbernden Weiber, die meinen Boss beim Schleppen der Möbelstücke anhimmeln? 'Die brauche ich nicht. Das Sabbern und Anhimmeln tue ich schon. … Zusammenreißen, Marcell!' Eigentlich hatte ich gedacht, dass wir das eine Umzugsfirma machen lassen. Doch weit gefehlt. Zuerst fuhren wir zu ihm in die Wohnung, wo wir uns umzogen hatten, und ich danach völlig baff auf meinen Chef gestarrt hatte, als er in genau diesem Aufzug vor mir stand. Der Kerl sprengt wirklich jedes Covermodel! Als wäre er direkt aus einer Zeitschrift oder einem Werbefilm gesprungen, nur um mir den Mund wässrig zu machen. Natürlich verdrängte ich jeden Gedanken in dieser Richtung, was sich noch immer als sehr schwierig darstellt. Nachdem ich mich von seinem Erscheinungsbild einigermaßen erholt hatte, fuhren wir in seinem Wagen zum Velvet, wo er einen Lieferwagen unterstehen hat. Mit dem sind wir bis zum Lager gefahren und stehen nun vor meinem offenen Lagerraum und befüllen ihn mit meinem ganzen Kram. "Willst du gleich was aussortieren? Dann fahren wir als letztes auf die Deponie, wenn du magst." "Mal seh'n." Ich lächle ihn nervös an. Wieso ist es mir bloß so unangenehm, mit ihm an diesem warmen Tag in dem voll gestopften Lager zu stehen? Liegt das daran, dass wir uns so oft so verdammt nahe kommen? Uns beinahe umrennen, wenn wir vollgepackt mit Kartons und Möbelteilen auf den Lieferwagen zuschwanken, auch wenn ich peinlichst darauf achte, nicht in seine Nähe zu kommen? Das ich immer wieder zu ihm rüber schiele und die kleinen Schweißtröpfchen verfolge, wie sie an seiner Haut hinab perlen? Das ich selbst genauso schwitze und fast jede Minute nach meiner Wasserflasche greife? Oder liegt es daran, dass ich glaube, seine Blicke ruhen ebenfalls auf mir, wenn ich gerade mal nicht in seine Richtung schaue? Wahrscheinlich ist es eine Mischung aus allem. Ich bin so froh, wenn das hier vorbei ist! "Soll das Regal hier weg? Das wackelt schon bedenklich." Herr Hazold rüttelt an einem meiner Holzregale. "Ich weiß nicht. Ich wollte es erstmal als Kleiderschrankersatz benutzen." Ich habe keinen Eigenen. Der in der Wohnung gehörte der Kleiderschrank zum Inventar meines Vermieters. "Brauchst du nicht. Ist alles in deiner neuen Wohnung." "Ach so." Wenn das so ist: "Dann weg damit." Sobald ich eine neue Bleibe habe, schaffe ich mir eben einen eigenen Kleiderschrank an, wenn nötig. Mein Boss langt kräftig zu und hievt das Regal aus dem Lager. "Warten Sie! Ich helfe Ihnen!" "Musst du nicht ..." Zu spät. Ich bin schon bei ihm und will gerade mit anpacken, da stolpere ich über etwas auf dem Boden, rudere wild mit den Armen und bekomme gerade so das Regal zu fassen, das Herr Hazold durch die Gegend trägt. Der hat damit nicht gerechnet, strauchelt selbst und lässt es fallen, was zur Folge hat, dass ich mein so eben gewonnenes Gleichgewicht wieder verliere und Gefahr laufe, mit dem Regal zusammen umzukippen. "AHHH!" "Marcell!" Feste Arme umklammern mich, ziehen mich aufrecht, direkt an eine feste, feucht glänzende Brust, was mich geradeso vor einem unschönen Aufprall bewahrt. "Alles okay bei dir?" In Herrn Hazolds Griff hängend, versuche mein aufgeregt schlagendes Herz zu beruhigen. Gar nicht so einfach, wenn man so dicht an dem Mann gedrängt steht, denn man schon den ganzen Tag über heimlich ansabbert, und freie Sicht auf seinen gut gebauten Oberkörper hat. Shit! "Marcell? Alles klar?" "Ja ... Danke." "Mann oh Mann! Das hätte ins Auge gehen können." Er lächelt mich an und begutachtet das am Boden zerschellte Regal. "Jetzt kann es wirklich auf die Kippe", sagt er und hält mich noch immer fest. Mir wird ganz anders. Meine Knie werden weich und das liegt nicht an meiner Pirouette, die ich eben gedreht habe. Das liegt ganz eindeutig an den Körper vor mir, den ich an mich gepresst spüre und sogar Herrn Hazolds After Shave ganz deutlich riechen kann. Er ist so nah ... "Setzt dich vielleicht mal für ein paar Minuten. Du bist ganz blass." "Okay." Ich werde zum Lieferwagen geführt und auf den Beifahrersitz verfrachtet. "Soll ich dir deine Wasserflasche holen?" Ich verneine. "Ich mache solange weiter." "Ist gut." Mein armes Herz schlägt noch immer wie verrückt. Das darf nicht sein! Ich kann mich doch nicht in meinen Boss verlieben! Gerade hievt er einen Beistelltisch hoch, was so locker aussieht, dass man ganz neidisch werden kann. Sein breiter Rücken, das leise Keuchen, als er über einen Karton steigt. Mein Bauch fängt an zu kribbeln. Scheiße! Ich bin auf dem besten Weg, Gefühle für ihn zu entwickeln. 'Bravo Marcell! Das hast du ja mal wieder fein hinbekommen!' ~Anton~ Der Arme sitzt noch immer auf dem Beifahrersitz und wirkt total orientierungslos. Er wird doch keinen Sonnenstich bekommen haben? Es ist ziemlich warm, und die Sonne hat noch eine Menge Kraft für diese Jahreszeit. "Marcell? Ist dir schlecht?" Er zuckt zusammen und blinzelt nervös. "Nein. Ich helfe gleich weiter." Ich lege den Kartons mit den CDs wieder ab und gehe auf ihn zu. "Das wollte ich damit nicht andeuten. Ich will nur sicher gehen, dass du keinen Sonnenstich hast." "Mir geht es gut. Nur noch etwas schwindelig." Er weicht meinem Blick aus. Schon wieder! Was ist nur mit ihm los? Denkt er immer noch, ich würde ihm nur helfen, weil ich Hintergedanken habe? Falls es so ist, kann ich ihm nicht helfen. Das muss er mit sich selbst ausmachen. "Der Lieferwagen ist sowieso gleich voll. Dann fahren wir erstmal ausladen." Ich drehe mich um und packe noch ein paar Kartons in die freien Zwischenräume, damit nichts umkippen kann. Danach verschließe ich das Lager wieder und setzte mich ans Steuer. Marcell sagt keinen Ton, starrt nur auf die Straße vor uns und wirkt angespannt. "Wirklich alles klar bei dir?" "Ja." "Sicher?" "Sicher." Gut. Wenn er das meint. Zuhause angekommen, schleppen wir alles in den Fahrstuhl. Leider müssen wir zig Mal hoch und wieder runter fahren, um alles nach oben zu befördern, aber wenigstens müssen wir keine Treppen steigen. Den restlichen Tag verbringen wir genau so. Marcell bleibt währenddessen schweigsam, was mich ehrlich gesagt ziemlich ankotzt. Was ist ihm nur über die Leber gelaufen?! Daran kann doch unmöglich der kleine Zwischenfall im Lagerraum schuld sein? Oder? Ich meine, es war schon irgendwie schön, Marcell so nahe sein zu können. Schön und ... anregend. Aber das ist doch noch lange kein Grund, mich so zu ignorieren! Schließlich habe ich ihn doch vor einem Sturz bewahrt. Was hat er nur? *** ~Anton~ Ich schaue auf die Uhr. "In zehn Minuten wird das Essen da sein", stelle ich fest. "Bringen wir die Matratze noch schnell hoch, und das war es das endlich für heute." Marcell nickt und packt ans andere Ende der Matratze. Dafür, dass wir so fleißig waren, lass ich was vom Italiener springen. Das haben wir uns echt verdient. Zu zweit passen wir mit der Matratze gerade so in den Aufzug, wobei Marcell sich so weit wie nur irgend möglich von mir entfernt in die Ecke drängt. Ich werde mir immer sicherer: Seine Schweigsamkeit und sein Verhalten hat doch was mit dem Zwischenfall im Lagerraum zu tun. Er geht auf Abstand zu mir und passt peinlich genau drauf auf, dass wir uns nicht zufällig berühren, was bei der ganzen Plackerei fast unmöglich ist. Dennoch schafft er es immer wieder. Und weil ich weiß, wann Marcell damit begonnen hat, mir auszuweichen, weiß ich auch warum er das tut. Ich bin doch nicht blöd! Er meidet mich, weil er eigentlich das Gegenteil davon will. Das spüre ich genauso, wie ich schon zuvor seine heimlichen Blicke auf mir bemerkt habe. Das Problem ist nur, was fange ich jetzt mit dieser Erkenntnis an? Ich könnte ihn foppen. Wäre sicher lustig. Ich könnte ihn auch drauf ansprechen und ihm sagen, dass ich gar nichts von ihm will, weil ... Will ich wirklich nichts von ihm? Der Aufzug hält an und die Tür geht auf. Zusammen hieven wir die Matratze durch den Hausgang. Dabei mustere ich Marcells Gesicht, wie ich es heute schon so viele Male gemacht habe. Sex mit ihm könnte ich mir schon vorstellen. Sehr gut sogar. Wie schon erwähnt: Vorhin in meinen Armen hat er sich wirklich gut angefühlt. Als gehöre er dahin. Und da liegt auch das Problem. Er darf da nicht hingehören. Er ist mein Angestellter. Niemals Privates mit Geschäftlichen vermischen! 'Dazu ist es jetzt definitiv zu spät, mein Freund', hallt es in meinem Kopf. Jetzt habe ich den Salat! "Auf drei heben wir an, ja?" Marcell nickt und greift wie ich die Matratze tiefer. "Eins ... zwei ... drei!" Die Matratze landet donnernd auf dem Lattenrost. Natürlich in totaler Schieflage. "Das haben wir gleich." Ich beuge mich rüber, doch Marcell hat die selbe Idee und da ich mich mit den Beinen gegen die Matratze gelehnt habe, verliere ich das Gleichgewicht und lande auf ihr. Marcell neben mir schreit auf, hat mit dem zusätzlichen Schub, denn mein Sturz mit sich zog, nicht gerechnet und landet neben mir. Noch ehe ich kapiere, was geschehen ist, liege ich schon halb auf Marcells Rücken. Ein wirklich erschreckend gutes Gefühl. "Hab dich", kichere ich dümmlich und merke, wie Marcell unter mir zur Salzsäule erstarrt. "Marcell? Ich lasse dich erst wieder frei, wenn du mir sagst, warum du mir schon den ganzen Tag lang so vehement ausweichst." "Herr Hazold! Bitte! Ich ..." "Anton. Ich heiße Anton." Jetzt wird's eng! So mir nichts dir nichts habe ich ihm das Du angeboten, was ich eigentlich bei meinen Angestellten tunlichst vermeide. Duzen darf mich bis jetzt nur Theo, der das aber auch nur tut, wenn es nicht um berufliche Dinge geht. Marcell beginnt zu zittern. Ergeben rutsche ich von ihm runter, bleibe aber auf der Seite ihm zugewandt liegen. Ängstlich starrt mich Marcell an. "Das hat nichts mit Ihnen zu tun. Glauben Sie mir." Es erleichtert und ärgert mich zugleich, dass er das unüberlegte Angebot mich zu duzen nicht annimmt. "Ich glaube dir aber nicht. Sag mir endlich, was los ist." Er dreht sich ebenfalls zu mir und richtet seinen Oberkörper ein Stück auf, damit wir auf gleicher Augenhöhe sind. Sein Mund öffnet sich zu einer Antwort, doch es kommt kein Ton über seine Lippen. Stattdessen schauen wir uns in die Augen und ich kann richtig spüren, wie da etwas zwischen uns entsteht. Ich kann die Luft knistern hören, meinen lauten Herzschlag und bemerkte irritiert, wie wir uns langsam annähern. Ich kann es nicht verhindern, möchte es eigentlich auch gar nicht. Dann ist es eben so ... Warmer Atem schlägt mir ins Gesicht und uns trennen nur noch Millimeter voneinander. Gleich küssen wir uns. Gleich ... DING DONG Erschrocken fahren wir auseinander. "Das Essen!", rufe ich und springe von der Matratze. Da bin ich aber nochmal gerade so davongekommen! Du meine Güte! Was war denn eben nur mit mir los?! ~Marcell~ Ich greife mir an die Brust. Gleich springt mein Herz raus! Das ist eben doch nicht wirklich passiert?! Wollten wir uns eben tatsächlich küssen?! Oh nein! Bitte nicht! Jetzt habe ich es bestimmt übertrieben. Herr Hazold denkt doch jetzt sonst was von mir. Erst recht nach meinen Worten von heute morgen. Mist! Verfluchter Mist! Draußen im Flur höre ich den Aufzug ankommen, dann leise Stimmen und der Aufzug schließt sich wieder. Gleich kommt Herr Hazold wieder hier her! Ist mir das unangenehm! Soll ich ihn drauf ansprechen? Ihm sagen, dass das nichts zu bedeuten hatte? Das würde aber bedeuten, dass ich ihn anlügen muss, denn für mich hatte es was bedeutet. Was mach ich denn jetzt? "Marcell? Wollen wir hier essen? Dein Besteck und das Geschirr stehen schon in der Küche." "In Ordnung." Er benimmt sich ganz normal. Dann spreche ich es auch nicht an. So mache ich es. Sagt er nichts dazu, sage ich auch nichts dazu! In der Küche durftet es schon lecker nach Pizza und mein Boss legt Gabeln für den Salat hin. "Wir haben eine Rotweinflasche umsonst bekommen. Trinken wir den?" "Gern." Alk und unterdrückte Gefühle. Gibt es ein gefährlicheres Gemisch? Wahrscheinlich nicht. Ich muss mich beim hinsetzten am Tisch festhalten, damit ich nicht einfach auf den Stuhl plumpse, so weich sind meine Knie. Herr Hazold findet zwei Weingläser, spült sie kurz aus und stellt sie auf den Tisch. "Du weißt nicht zufällig, wo der Korkenzieher sein könnte?" Ich schüttle den Kopf. "Dann gehe ich schnell hoch und hole meinen." Sofort eilt mein Boss aus der Küche und verlässt die Wohnung. "Das kann ja was werden", flüstere ich, öffne den verpackten Salat und stibitze mir eine Gurkenscheibe. *** ~Marcell~ "Keine Ahnung woher er kam, aber der Typ war so schnell wieder aus dem Club, dass selbst meine Sicherheitsleute staunten." Anton lacht dunkel und auch ich schmunzle über seine ganzen Storys. "Und er ist völlig nackt davongeeilt?" "Nein. Er hatte sich vorher eine Serviette von der Bar geschnappt und sie sich unten vorgehalten!" Wir lachen laut. "Da wäre ich zu gern dabei gewesen!", pruste ich los. "Ja. War ganz lustig. Ich musste natürlich ganz auf ernst machen vor meinen Angestellten, aber in meinem Büro konnte ich mich kaum mehr halten." "Glaube ich dir." Noch immer grinsend trinke ich einen Schluck vom Rotwein. Das dritte Glas am heutigen Abend, und eigentlich schon viel zu viel für mich. "Das Essen war echt lecker." "Willst du die Nummer von dem Lieferservice?" "Gerne." Ich stelle das Weinglas wieder vor mir auf den Tisch. "Musst du nicht bald los? Es ist kurz vor Sieben." "Echt? Oh Mist!" Anton steht auf. "Soll ich wirklich nicht mitkommen?" "Nein, nein! Ruh dich aus. Heute sind genug Leute an der Bar. Genieße deinen freien Abend. Und vor allem dein eigenes Bett." "Das werde ich", verspreche ich ihm und stehe ebenfalls auf, um ihn bis zur Tür zu begleiten. Ihr fragt euch doch jetzt bestimmt, was während dem Essen zwischen mir und Anton passiert ist, oder? Na das will ich euch gerne erzählen! Seit dem Vorfall mit der Matratze sind keine zwei Stunden vergangen, aber die hatten es in sich! So richtig kann ich auch nicht sagen, was genau passiert ist, aber es war, als wäre ein Knoten zwischen uns geplatzt. Mit einem Mal! Anton, ich duze ihn jetzt doch, fing an, alte Zoten zu erzählen, die sich während der Jahre in seinem Club so abgespielt hatten. Er berichtete mir zum Beispiel von Laurin, der sich vor kurzem im Kühlhaus eingesperrt hatte, und dabei von seinem jetzigen Partner befreit wurde. So kamen sie zusammen. Er hatte auch eine Menge lustiger Geschichten auf Lager. Von Gästen und den holprigen Anfangszeiten im Club, die im Nachhinein gesehen ziemlich amüsant sind, ihm damals allerdings ganz schön ins schwitzen gebracht hatten. Schon bald konnte ich mich nicht mehr halten vor Lachen. Ich bin wirklich froh, dass dieses Erlebnis mit der Matratze nicht zwischen uns steht. "Dann viel Spaß bei deiner Arbeit, Boss." "Werde ich haben. Und du schlaf dich aus. Morgen musst du wieder fit sein." "Das werde ich bestimmt sein. Dank dir und deiner Hilfe." "Das geht runter wie Öl", lacht er und dreht sich um. Keine zwei Meter entfernt bleibt er jedoch wieder stehen. Der Aufzug ist ganz unten und muss erst hochfahren. "Noch einen Kaffee, solange du auf den Aufzug wartest?", scherze ich und lehne mich gegen den Türrahmen. Anton dreht sich zu mir und hebt eine Augenbraue. "Den kannst du mir morgen früh hochbringen, wenn du willst. Schwarz mit einem Löffel Zucker." "Und um wie viel Uhr möge der Herr geweckt werden?" "Halb zehn wäre angenehm." "Und wie komme ich in Ihre Suite?" Ich glaube, das letzte Glas Wein war doch zu viel. Anton grinst nur und winkt mich zu sich, als der Fahrstuhl sich öffnet. Er schiebt mich hinein und zeigt auf eine kleine Taste. "Die drückst du und dann gibst du die 2198 ein. Das ist der Code für meine Wohnung, falls mir meine Karte mal abhanden kommt." "2198. Kann ich mir merkten." "Schön." Wir sehen uns an. Bilde ich es mir nur ein, oder dauern unsre Blicke länger als sie es normalerweise tun? "Der Abend mit dir war wirklich schön." "Das finde ich auch." Ein Lächeln huscht über sein Gesicht. "Dann bis morgen früh", sagt er leise und fixiert mich noch immer mehr als intensiv. Vielleicht zu intensiv ... Ich kann mich irren, oder ich bin wirklich so betrunken, dass ich die Situation gerade total fehlinterpretiere, aber ... Knistert es gerade zwischen uns? Ich zwinge meine Augen wo anders hinzusehen. "Bis morgen früh", antworte ich etwas verlegen. Bevor ich mir darüber klar werden kann, trete ich lieber aus dem Aufzug. Noch so einen peinlichen Moment möchte ich nochmal zwischen uns entstehen lassen. "Bye." "Schlaf gut." Und zu geht die Aufzugtür. "Oh man ..." Meine Brust schnürt sich zu. Mich hat's voll erwischt. Daran kann unmöglich die halbe Flasche Wein schuld sein! Ich muss mir echt was einfallen lassen, bevor ich mich unrettbar in eine ausweglose Liebe verliere. In eine ausweglose, völlig indiskutable Liebe zu meinem Boss. Shit! ~Anton~ Die Aufzugtür öffnet sich und ich muss mich arg zusammennehmen, jetzt nicht wieder runter zu fahren. Benommen betrete ich meine Wohnung und werde von meinem Kater angesprungen. "Na? Hast du Hunger? War ja auch lange weg heute, nicht wahr?" Ich füttere meinen Kater schnell und springe dann unter die Dusche. Noch immer kann ich das Kribbeln fühlen, das sich eben noch im Fahrstuhl zwischen mir und Marcell ausgebreitet hat. Diesmal kann ich eine Erektion nicht verhindern, will es auch gar nicht. Viel zu drängend ist das Gefühl in mir, mir jetzt etwas Luft machen zu müssen. Seine ständige Nähe hat mich richtig aufgeladen! Anders kann ich es nicht beschreiben. Meine Hand wandert in den Schoss, aber irgendwas fehlt. Zwar denke ich an Marcell, aber es befriedigt mich nicht. Es fühlt sich falsch an. Mir schleicht sich eine Idee in meinen Kopf, und meine Erregung hat mir schon viel zu sehr das Denken umnebelt, als das ich es jetzt noch verhindern könnte, das Wasser auszustellen und aus der Dusche zu treten. Nass und nackt verlasse ich das Bad, steuere mein Gästezimmer an und starre auf das noch immer zerwühlte Bett vor mir. Mit gummiweichen Knien und donnernden Pulsschlag gehe ich auf das Bett zu und lege mich drauf. Es riecht noch nach ihm! Wie ich es mir erhofft hatte. Ich drücke mein Gesicht in das Kopfkissen, schiebe mir die Bettdecke zwischen die Beine und beginne mich von neuem zu streicheln. "Marcell ..." Ich stöhne laut, stelle mir vor, dass er hier bei mir wäre und nicht unter mir in der Wohnung. Stelle mir vor, es wären seine Hände, die mich berühren. Ich atme seinen Geruch tief ein, beiße in das Kopfkissen und bewege meine Hüfte gegen den Stoff des Bettbezugs. Immer hemmungsloser winde ich mich auf meinem Gästebett und bringe es so zu Ende. Es kommt mir schnell und heftig. Schwer atmend rolle ich mich auf den Rücken und erbebe unter dem Nachglühen meines Orgasmuses. "Verdammt!" Leicht entsetzt über das, was ich hier gerade getan habe, bleibe ich erstmal im Gästebett liegen und halte die Augen weiterhin geschlossen. Ich fasse es nicht, dass ich gerade in dem Bett gewichst habe, in dem Marcell letzte Nacht noch geschlafen hat! Wie bügle ich das nun wieder aus? Wenn ich nicht aufpasse, dann wächst mir das noch über den Kopf. Oder besser gesagt: Es wächst mir vom Schwanz direkt in ein anderes, pumpendes Organ. Wenn es das nicht schon ist ... *** ~Marcell~ Um sieben Uhr werde ich von meinem Wecker geweckt. Sofort bin ich putzmunter und fühle mich trotz des gestern getrunkenen Weins und der schweren Schlepperei zuvor richtig erholt. Ich gehe schnell duschen und ziehe mich an. Jetzt heißt es Beeilung! Ich habe weder Kaffee noch was zu Essen da, weil ich ja noch keine Zeit zum Einkaufen hatte. Ich muss einen Bäcker suchen, der auch sonntags geöffnet hat und hoffentlich auch noch etwas mehr als nur Brötchen verkauft. Das heißt, ich muss wirklich Gas geben, wenn ich Anton pünktlich mit dem versprochenen Kaffee wecken will. Natürlich nicht nur mit Kaffee. Sicher hat er auch heute kein gescheites Frühstück im Haus. Gestern Abend habe ich beschlossen, dass ich mich ab heute um sein Frühstück kümmern werde. Das ist das Mindeste, was ich im Moment als kleines Dankeschön für ihn tun kann. Mit meinem Fahrrad düse ich durch die Stadt und halte nach einem offenen Laden Ausschau. Bei einem kleinen, türkischen Händler ergattere ich etwas Obst sowie Milch, was ich alles in meinen Rucksack verfrachte und drei Straßen weiter fahre. Dort würde ich einen Bäcker finden, der heute offen hat, hat mir der Händler verraten. Bei ihm bekomme ich dann auch warme Brötchen, Kaffee und sogar Wurst und Käse. Die Auswahl von Letzterem ist zwar nicht groß, genügt aber bei weitem. Außerdem hätte mein gestriges Trinkgeld sowieso nicht für größere Leckereien gereicht. Wieder zurück in der Wohnung richte ich alles her, so gut es eben in einer fast noch leeren Küche geht. Kurz nach neun steige ich mit einem gefüllten Tablett in den Aufzug, drücke den achten Stock ein und danach die Codenummer. Doch anstatt nach oben zu fahren, rast er erstmal drei Stockwerke tiefer. Eine ältere Dame steigt ein, die mich erst überrascht anschaut und mir dann aber einen guten Morgen wünscht. "Morgen. Ich bin der neue Nachbar", stelle ich mich ihr vor. "Ah! Dann sind Sie in den Siebten gezogen?" "Ja. Gestern." Das ich nur vorübergehend hier bleibe, verschweige ich. Das hätte zu viele Fragen nach sich gezogen. Und das kann ich jetzt nicht gebrauchen. "Sind Sie ein Freund von Herrn Hazold?" "Ähm ..." Ganz schön dreiste Frage, finde ich. Die Dame lacht und drückt auf den Knopf für's Erdgeschoss. "Ich habe Sie gestern gesehen. Wie Sie mit ihm den Wagen ausgeladen haben." "Ach so. Das ergab sich so", rede ich mich raus. "Wir kennen uns nur flüchtig." "Und für wen ist das gute Frühstückt?" Dreist und neugierig! "Möchten Sie was?" Keck halte ich ihr das Tablett vor. Das lässt sie ihre Neugier hoffentlich vergessen. "Nein, nein! Ich habe schon was gegessen. Danke." Wir kommen unten an und die Fahrstuhltür öffnet sich. "Sagen sie dem Herrn Hazold einen schönen Gruß von Frau Willich, ja?", kichert sie und klopft mit ihrem Zeigefinger auf den Knopf mit der Acht drauf, die gelb aufleuchtet. Irgendwie ist mir das jetzt peinlich. "Anton?" Ich betrete die Wohnung und horche. Kein Mucks zu hören. Vielleicht schläft er ja noch. Deshalb gehe ich schnurstracks in die Küche und stelle das Tablett auf den Küchentisch. Neben mir springt was auf den Stuhl. "Du schon wieder", schmunzle ich und lache über die graue Katze, die ihren Hals nach dem Tablett ausstreckt. "Magst du ein wenig Wurst?" Ich klaue ein Eckchen und halte es dem verfressenen Katerchen hin, die sich genüsslich und schnurrend darüber hermacht. "Aber nichts deinem Herrchen sagen." "Was soll Alfredo mir nicht sagen?" Ups! Erwischt. "Morgen Anton." Mein Boss kommt auf mich zu und ich fixiere schnell wieder den Kater neben mir, damit er nicht doch noch was stibitzt. Anton trägt nur eine Boxer und bringt mich damit wieder total aus dem Konzept. "Morgen." Belustigt mustert er das prall gefüllte Tablett, nachdem er seinen Kater vom Stuhl gescheucht hat. "Ich hatte doch nur Kaffee bestellt." "Ich dachte, ich zeige dir mal, wie ein ordentliches Frühstück auszusehen hat." "Autsch! Der hat gesessen." Er setzt sich an den Tisch und mopst sich ein Brötchen mit Salami. "Das packe ich aber nicht alles allein. Isst du mit?" Eigentlich hatte ich das nicht vorgehabt. Aber nein sagen tue ich ganz sicher auch nicht. "Wann gehst du heute in den Club?", frage ich in bester Plauder-Manier. Was soll ich auch sonst tun, um mich von Antons halbnackten Tatsachen abzulenken? "Heute Nachmittag. Gestern ist einiges liegen geblieben." "Oh. Soll ich dir helfen? War ja auch meine Schuld." Anton schüttelt den Kopf. "Musst du nicht. Ist nur Bürozeugs." Schade. Ich wäre gern mit ihm zusammen auf die Arbeit gefahren. Außerdem mag ich es in seiner Nähe zu sein und dank des gestrigen Abends bin ich da auch schon viel entspannter. Na ja. Ihn nur in Shorts neben mir zu haben ist alles andere als entspannend, aber gestern Nachmittag hätte ich sicher noch Reißaus genommen, wenn er mir so unter die Augen getreten wäre. Jetzt sehe ich das etwas entspannter, auch wenn mich Anton noch immer mein Blut zum kochen bringt. Gestern Abend, als ich wieder alleine war, bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass es mir sowieso nichts bringt, mich von ihm fern zu halten. Ich werde ihm jeden Tag über den Weg laufen. Auch wenn ich es mit allen Mitteln versuche zu vermeiden. Vielleicht ist es ja auch nur eine kurze, bedeutungslose Schwärmerei. Nichts Weltbewegendes. Anton ist nett und ich wäre gern sein Freund. Kein fester Freund. Eben nur ein Freund. Und ich möchte mich auf jeden Fall für seine ganze Hilfe erkenntlich zeigen. Da wäre es ziemlich unpraktisch, wenn ich ihm aus dem Weg gehe. "Die Tomaten sind aber gut." "Stimmt. Die sind von dem Händler vorn an der Kreuzung." "Lecker." Er lächelt mich an und schiebt sich eine der kleinen Cocktailtomaten zwischen die Lippen. Mir läuft das Wasser im Mund zusammen, was aber nicht an der Tomate liegt. Hoffentlich werde ich jetzt nicht rot wie Selbige. ~Anton~ Da schau an! Marcell wird selbst zu einer kleinen Tomate. Wie putzig. ... Das habe ich jetzt nicht gedacht, oder? "Wann soll ich heute kommen?" "Hm?" Er will kommen?! "Wieder um zwanzig Uhr? Oder schon zur Cluberöffnung?" Ach, er redet von der Arbeit. Konzentriere dich mal Anton! "Es reicht um acht. Dann kannst du noch deine Kisten auspacken." Mensch! Warum denke ich nur an das Eine?! Daran ist nur der gestrige Abend schuld! Dieses dämliche Gästebett und meine schmutzigen Gedanken! Geile mich an benutzter Bettwäsche auf! Wo gibt's den sowas? Als wäre ich ein Unterwäschefetischist. Als würde ich an benutzten Höschen schnüffeln. Benutzte Höschen von Marcell ... Ich verschlucke mich am Kaffee. "Anton! Oh weia! Warte!" Marcell steht auf und klopft mir fest auf den Rücken. "Danke ...", huste ich und bin froh, dass ich meine glühend heißen Wangen auf den verschluckten Kaffee schieben kann. Benutzte Wäsche von Marcell! Ich hab sie doch nicht mehr alle im Oberstübchen! "Ich hol dir ein Glas Wasser", sagt Marcell hektisch und schenkt mir schnell was ein. "Geht's wieder?" "Ja. Hab nur was in den falschen Hals bekommen." Oder eher in die falsche Gehirnhälfte. Nämlich in die, die für meinen Schwanz zuständig ist. "So lange du mir nicht an meinem guten Kaffee erstickst, ist ja alles gut." Marcell grinst frech und schlürft demonstrativ an seiner Tasse. "Wie freundlich! Da lasse ich dich bei mir wohnen und du vereierst mich." Marcells gute Laune sinkt rapide. "War nur ein Scherz! Entspann dich", lenke ich ein. Seine Mundwinkel zucken kurz hoch, das war's dann aber auch schon wieder. Ich Arsch! Zeit für etwas Ablenkung. "Fahren wir nachher auf die Deponie, oder wollen wir das morgen erledigen?", frage ich Marcell, als wäre mein letzter Satz niemals gefallen. "Daran habe ich ja gar nicht mehr gedacht." "Je eher, desto besser. Dann können wir den Lagerschlüssel wieder abgeben und wenigstens das ist abgeschlossen." "Stimmt. Dann heute. Aber nur, wenn es dir passt!" "Ich hätte dich nicht gefragt, hätte ich heute keine Zeit. Bis vierzehn Uhr dürfte das ja erledigt sein." Jetzt lächelt Marcell wieder und seine warmen Augen lassen auf meinen Armen eine Gänsehaut entstehen. "Kalt hier. Ich ziehe mir nur schnell was über." Wieso bin ich auch nur auf die Idee gekommen, mich ihm hier erneut halbnackt zu präsentieren? Ich stehe auf und kehre Marcell den Rücken zu. Ich kann seine Blicke förmlich darauf spüren. Sicher schaut er mir nach. Ob ich mich umdrehen soll? Nein! Das lass ich lieber. Denn wenn er mir nachschaut, habe ich ein Problem. Dann werde ich mir ganz sicher nichts überziehen, sondern zurück in die Küche gehen und Marcell an mich ziehen. Ihm meine Zunge in den Hals schieben und die Dinge mit ihm tun, die ich seit gestern Nacht einfach nicht mehr aus meinem Kopf bekomme. Ehrlich gesagt, lag es nicht an der Umzugsaktion, dass so eine Menge Arbeit gestern liegen geblieben ist im Club. Ich konnte mich nicht konzentrieren. Die Zahlen verschwammen vor meinen Augen, bildeten immer wieder ein Gesicht vor meinem inneren Auge: Marcells. Was ist nur passiert, dass ich zu keinem anderen Gedanken mehr fähig bin? War es der abgebrochene Kuss? Meine Bruchlandung auf ihm? Die Umarmung im Fahrstuhl? Sein Lachen, als ich ihm die Storys aus dem Club erzählt habe? Die Umarmung im Lagerraum? Ich habe null Ahnung! Was es auch war, ich muss damit aufhören! Ich darf mich nicht in einen Angestellten vergucken! Das bringt bloß Ärger. Und ich weiß wovon ich rede. Damals, ich habe noch als einfacher Kellner in einem mittelgroßen Restaurant gearbeitet, hatte ich mich ausgerechnet in einen Arbeitskollegen verschossen. Wir kamen sogar zusammen, doch nach einiger Zeit warf er mir vor, dem Hilfskellner schöne Augen zu machen. Bernd war eifersüchtig. Auf jeden, mit dem ich auf der Arbeit sprach. Das Ende vom Lied war, dass ich mich nach vielen leidvollen Monaten von ihm getrennt hatte. Das hatte zur Folge, dass es nur noch schlimmer wurde. Er beschuldigte mich bei meinem Chef, ich würde stehlen und hätte ihn dazu gezwungen, mit ihm während der Arbeitszeit eine Nummer zu schieben. Natürlich glaubten meine anderen Kollegen meinem Ex und ich wurde übelst gemobbt. Ich kündigte. Ich konnte das einfach nicht mehr. Deshalb auch meine Regel, dass alle Streits wenn möglich unter sich geklärt werden. Und auch jeder, mit dem ich schlafe bekommt von mir zu verstehen, dass es nur rein sexuell ist. Nicht mehr und nicht weniger. Mir schnell was übergezogen, kehre ich in die Küche zurück. "Fahren wir gleich nach dem Frühstück los?" Marcell beißt genüsslich in ein Marmeladenbrötchen. "Können wir", antworte ich ihm und setzte mich wieder. Marcells Zunge blitzt hervor, um etwas von dem roten Zeug aus seinem Mundwinkel zu wischen. Die heißen Blitze, die mir dabei in den Unterleib schießen, versuche ich so gut es geht zu ignorieren. Er ist mein Angestellter! Mehr nicht! Ein Angestellter, der gerade meine Hilfe braucht. ****** Kapitel 7: Kapitel 05 - It's my Party ------------------------------------- Kapitel 05 - It's my Party ~Marcell~ "Shit! Wo ist das Mistding denn nur?" Hektisch wühle ich mich durch meine Dreckwäsche. Mein Handy klingelt und klingelt und klingelt. Nur finde ich es deshalb trotzdem nicht. Ganz offensichtlich ist es nicht hier. Doch wo ist es dann? "Es muss doch hier irgendwo sein!" Das Klingeln kommt ganz eindeutig von ... "HA!" Ich hab's! Es lag nicht im Wäschekorb, sondern dahinter. Zwischen Korb und Heizung. "Wie bist du denn da hingekommen?", frage ich es unnötigerweise und gehe dran. "Ja?" /Mensch Marcell! Wo steckst du denn?/ Mein Kumpel Dustin ist es, der mich am frühen Morgen wie ein Irrer nach meinem Handy hat suchen lassen. "Hey Dus. An dich habe ich ja gar nicht mehr gedacht." Ich geb's nicht gern zu, doch so ist es. Aber zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass Dustin mit seinem Freund Nick im Urlaub war. Daher sagen wir mal einfach, ich wollte die beiden nicht stören mit meinen Problemen. /Wie nett!/, schnauft er mir ins Ohr. /Und wo bist du gerade? In deiner Wohnung auf jeden Fall nicht. Denn da lebt jetzt eine bulgarische Familie drinnen, die es nicht so lustig fand, dass ich sie um halb acht Uhr morgens aus dem Bett klingle. Als Wiedergutmachung musste ich ihnen meine Leckereien vom Bäcker überlassen./ "Oh. Tut mir leid. Ich hätte dir Bescheid sagen müssen. Ich wohne nicht mehr in meiner alten Wohnung. Ich bin vor kurzem ausgezogen." Die Betonung liegt auf kurz. Da hat mein alter Vermieter aber schnell einen Ersatz für mich gefunden. Dustin schnauft genervt. /Wieso erfahre ich das jetzt erst?/ "Das ist eine längere Geschichte. Am Besten du kommst zu mir. Dann erkläre ich dir alles persönlich", vertröste ich ihn und gebe ihm meine neue Adresse durch. Er sagt merklich angepisst zu. Doch da kann ich ihm jetzt auch nicht helfen. Außerdem kenne ich meine Seele von Freund. Der regt sich auch wieder ab. So ist es dann auch, als er vor meiner Wohnungstür steht und große Augen macht. "Hast du im Lotto gewonnen?", ist wie erwartet seine erste Frage, die auf mich einstürmt, als ich ihm öffne. "Schön wäre es", antworte ich Dustin schmal lächelnd und bete ihn herein. "Ich wohne nur übergangsweise hier." "Übergangsweise?" Staunend stürmt er an mir vorbei und dreht sich mit erhobenen Kopf ein paar mal im Kreis. "Hier würde mich keiner mehr freiwillig rausbekommen!" Ich beiße mir auf die Unterlippe. Dustin ist zwar mein bester Freund, aber ich werde ihm ganz sicher nichts über die näheren Umstände erzählen, die mich hier her gebracht haben. Es ist mir einfach zu peinlich, und ich habe Angst, dass ich zum Gespött meiner Bekannten werde. Marcell Mengel. Der Idiot, der nicht gemerkt hat, dass sein Lover ihn nach Strich und Faden verarscht und ausgenommen hat. "Was bezahlste dafür?" "Genug." Die Antwort muss reichen. An seinem Blick erkenne ich aber, dass er nicht locker lassen wird, wenn ich nicht einschreite. "Magst du etwas trinken? Die Küche ist gleich da vorn und der wahre Wahnsinn!" Ablenkungsmanöver erfolgreich. "Geil!" Dustin schaut sich alles ganz genau an, öffnet sogar ein paar Schränke und Schubladen. "Da ist aber noch viel Platz drinnen." "Ja ... Ich habe ja nicht so viel Zeug." "Und Holger? Wo ist der?" Ich setzte mich seufzend an den Tisch. "Holger ist nicht mehr mit mir zusammen. Er ist abgehauen." Dustin lässt die Schranktür zufallen und glotzt mich an wie ein U-Boot. "Abgehauen?" "Ja. Deswegen auch mein Umzug." Um Dustin nicht in die Augen schauen zu müssen, zupfe ich an meinen Fingern herum. "Oh fuck! Das tut mir leid, Celli." Celli ... So darf auch wirklich nur er mich nennen. Neben meiner Mutter. "Seit wann schon?" Er setzt sich lautlos neben mich. "Kurz nachdem ihr in den Urlaub gefahren seit. Mir wurde doch mein Job gekündigt. Ich kam nach Hause und wer war nicht da? Holger. Seine Handynummer war nicht mehr vergeben und das war's. Seit dem ist er unauffindbar." Dustin keucht ungläubig auf. "Das kann der doch nicht einfach machen! Hattet ihr vorher Streit? Hat er einen anderen? Oder etwa du?" "Nein! Ich gehe nicht fremd! Das weißt du doch", zische ich ihn angesäuert an. "Ob er was anderes am laufen hatte weiß ich nicht. Ist mir auch egal." Das ist es wirklich. Ich bin so sauer auf ihn, dass es den Bock auch nicht mehr fett machen würde, wenn er mich zudem noch mit anderen Kerlen betrogen hätte. Mein Kumpel atmet laut durch seinen Mund aus. "Mensch! Das ist ja ein starkes Ding." "Wem sagst du das?" Wenn er das schon als 'starkes Ding' bezeichnet, möchte ich gar nicht wissen, was er sagen täte, wenn er die ganze Wahrheit kennen würde. Wir schweigen für einige Momente, bis ich aufstehe und uns was zu Trinken hinstelle. "Und wie geht es dir jetzt?", fragt er mich leise. "Es geht. Nach dem ersten Schock hat die Wut über ihn überwogen. Jetzt denke ich, dass mir ein Neustart wohl am besten täte." "Deshalb der Tapetenwechsel", schlussfolgert er. "So könnte man es auch nennen." "Und Job mäßig? Hast du wieder was?" "Ja. Im Velvet." "Echt?! Geil!" Ich nicke. "Sicher findest du da auch genug 'Zerstreuung', um Holger ganz zu vergessen." "Könnte sein", grinse ich. "Ach?! Du hast schon jemanden?!" Mist! Der merkt wieder mal alles! "Nein! Also nicht so wirklich. Da gibt es zwar jemanden, den ich ganz interessant finde, aber das ist bloß eine Schwärmerei." "Schwärmerei? So so ..." Dustin lehnt sich mit einem wissenden Ausdruck im Gesicht nach hinten. "Was du nicht sagst." Ich lege genervt den Kopf schief. "Da ist nicht mehr, und wird es auch nicht." "Na dann." "Genau! Na dann." Er nun wieder. Das mit mir und Anton. Unmöglich! Niemals! Viel zu kompliziert! Ich schulde ihm jetzt schon so viel. Daraus kann einfach nichts Stabiles werden. Wenn es ums Geld geht, hört eben meist jede Beziehung auf. Holger ist der beste Beweis dafür. "Sag mal, hattest du schon eine Einweihungsparty?" "Was? Nein! Habe ich auch nicht vor." "Wieso?" Kein Geld. "Keine Lust. Außerdem werde ich hier sowieso nicht lange wohnen." Dustin beugt sich zu mir rüber. "Na deswegen ja! Diese wahnsinns Wohnung muss doch genutzt werden!" "Ach Dus! Ich hab nicht so viel Kohle über für eine große Feier. Mein Lohn ist noch nicht da und ..." "Dann bringt eben jeder was mit! Genau wie früher, als wir noch unser Taschengeld sparen mussten." Ich fange an zu lachen. "Komm schon! Party!!!" Es klinkt wirklich verlockend. "Okay. Aber ich frage zuerst meinen Vermieter." Mein Kumpel rollt mit den Augen. "Warum das nun wieder?" "Sicher ist sicher", meine ich nur und trinke einen Schluck Wasser. Das ich ihn bloß fragen will, damit ich wieder einen Grund mehr habe ihn auch privat zu sehen, verschweige ich. "Wie du meinst. Gib mir aber frühzeitig Bescheid, dass ich auch allen anderen informieren kann, ja?" "Ist gut." Alle anderen ... Da werden sicher ein Haufen Leute antanzen. Ob ich Anton auch einladen sollte? Schließlich ist er mein Vermieter. "Was grinst du so?" Dustin hebt eine Augenbraue. "Och, nix." *** ~Anton~ "Nein. Liefern Sie es mir übermorgen. Ab zehn Uhr wird jemand da sein. ... Ja. Danke. Auf Wiederhören." Das wäre damit auch erledigt. Was bin ich froh, dass ich meinen Getränkeliefertanten gewechselt habe! Mit dem vorigen gab es immer nur Stress. Aber jetzt läuft alles wie am Schnürchen. Ich rufe an und die liefern wann ich will. Perfekt! Da das nun auch geregelt ist, gibt es nur noch ein wichtiges Detail zu erledigen: Mittagessen! Was daran so wichtig ist? Ich will Marcell dazu einladen. Ja, ich habe mir das gut überlegt. Und ja, ich mache das aus einem bestimmten Grund. Ich will ihn näher kennenlernen und sehen, wohin mich das führt. Mehr nicht. Ehrlich! Das und ... weil ich ihn unbedingt wiedersehen will. Ich geb's ja zu! Seit drei Tagen sind wir uns bloß auf der Arbeit begegnet, da ich keine Zeit hatte, sein allmorgendliches Frühstück mit ihm zu genießen. Sprich: Es musste jetzt schon drei mal hintereinander ausfallen. Doch das ändere ich jetzt! Ich suche mir wahllos eine Auswahl an Speisekarten heraus und gehe damit auf den Aufzug zu. Beschwingt will ich auf den Knopf drücken, doch da sehe ich die Anzeige für mein Stockwerk aufleuchten. Da mag jemand zu mir. Das kann nur einer sein. Und zwar einer, der meinen Code hat. Die Tür geht zischend auf. "Marcell!" "Oh. Hallo." Herzaussetzer, als er mich anlächelt. "Was für ein Zufall. Ich wollte auch gerade zu dir", teile ich ihm mit, nachdem ich mich wieder gesammelt, und auf mein zuvor erdachtes Vorhaben besonnen habe. "Speisekarten?" Er hat den Stapel in meiner Hand entdeckt und deutet darauf. "Ja! Ich wollte was bestellen und dachte, vielleicht magst du auch was?" Verflucht! Warum fühle ich mich gerade so dermaßen unfähig? Marcells unmittelbare Nähe setzt mir mehr zu, als ich mir eingestehen will. "Ähm ... Ich will dir nicht schon wieder auf der Tasche liegen", druckst er herum, obwohl ich ihm ansehen kann, wie gern er auf mein Angebot eingehen würde. "Das ist ganz eigennützig. Ehrlich! Ich würde sowieso draufbezahlen, weil ich nie im Leben auf den Mindestbestellwert komme." Pure Lüge. Aber sie scheint zu helfen. Marcells Grinsen wird breiter. "Wenn das so ist, dann opfere ich mich für dich." "Super! Dann komm doch mit ins Wohnzimmer." Ich verdränge die aufsteigende Freude über seine Zusage. Es ist nur ein Mittagessen, verflixt noch mal! "Und wo wollen wir was bestellen?", frage ich ihn und breite die Speisekarten auf dem Wohnzimmertisch aus, an den wir uns nun gegenübersitzen. "Mir egal. Such du was aus. ... Weshalb ich eigentlich hier bin. Ich wollte dich was fragen." "Ach ja?" Ich höre auf mit dem Mischen der Speisekarten und sehe ihn fragend an. "Ja. Einer meiner Freunde war vorhin da und er faselte was von Einweihungsparty. Ich weiß ja, dass das mit der Wohnung nicht für immer ist! Und wenn du was dagegen hast, dann lasse ich das mit der Party sein. Ist sowieso so laut und du musst ja spät abends arbeiten. Vielleicht ist es besser, wenn ich jetzt Dustin anrufe und ..." "Marcell?" "Ja?" "Hol mal bitte kurz Luft." Mein neuer Mieter quasselt sich ja um Kopf und Kragen! Was er genau damit bezwecken will, erschließt sich mir daraus allerdings nicht. "Eine Einweihungsparty hört sich lustig an. Ich hätte nichts dagegen. Mach sie ruhig." "Ehrlich?" "Klar. So kommst du mal auf andere Gedanken." "Gut ... Dann müsste ich bloß noch wissen, wann ich frei habe." "Jetzt?" Marcell nickt. "Da müsste ich auf dem Laptop nachschauen. Doch der ist im Velvet." "Ach so. Dann muss es eben noch warten", meint Marcell und fixiert die Speisekarten. "Italienisch?" "Nein. Mir ist eben eine bessere Idee gekommen." Eine viel Bessere. *** ~Marcell~ Das ist mir so unangenehm! Was bezweckt er eigentlich damit? "Was noch?" Ich zucke mit den Schultern und schaue Anton unsicher an. "Parmesan gehört noch rein, oder?" Wieder ein Schulterzucken. "Ich schau nochmal nach." Er tippt auf seinem Handy herum und wirkt hochkonzentriert. Wie ist er nur auf diese Idee gekommen? "Jepp! Parmesan fehlt noch! Auf zur Käsetheke!" Ratternd bahnt sich mein Boss seinen Weg durch die Supermarktregale. Ich zockle noch immer total fassungslos hinter ihm her. Anton Hazold will mit mir kochen! Stelle sich das mal einer vor! Vorhin meinte er, wir könnten ja schnell ins Velvet düsen, nachschauen wann ich frei habe und danach einkaufen, um dann (ich muss noch immer den Kopf schütteln, wenn ich daran denke) miteinander Carbonara zu kochen! Ich war so überrumpelt von seinem Vorschlag, dass ich eingewilligt hatte. Und jetzt habe ich den Salat. Nicht, dass es mir was ausmachen würde, aber es ist schon irgendwie merkwürdig. "Wir haben alles! Jetzt noch einen guten Wein und dann nichts wie nach Hause." Anton strahlt mich an und hält mir den Parmesankäse unter die Nase. "Toll", krächze ich und bin schon wieder dabei, ihm nachzulaufen wie ein kleines Hündchen. Das kann ja was werden! Keine halbe Stunde später stehen wir auch schon in seiner Küche. Sein Katerchen tanzt mir um die Beine und ist ganz scharf auf den Schinken, der wirklich lecker duftet, und Anton spät neugierig in den Topf voll Wasser. "Wann kommen die Nudeln wieder da rein?", fragt er und sieht mich an. "Wenn das Wasser kocht." "Ah so. Und dann kommt da Salz rein." "Etwas. Ja." Es ist schon ganz schön lustig, meinen Boss so tollpatschig vor dem Herd zu erleben. Er bringt es noch fertig, dass ihm das Wasser anbrennt. "Es kocht!" Er strahlt wie ein kleiner Junge zu Weihnachten. "Dann machen Sie mal das Salz rein, Herr Hazold", schmunzle ich. "Wie viel?" Ich zucke mit den Schultern. "Nach Gefühl. Aber nicht zu viel." Angestrengt streut Anton Salz ins kochende Wasser. Ich beiße mir auf die Zunge. Wieso? Weil er das mit dem Salzstreuer macht! "Anton?" "Hm?" Hochkonzentriert streut er weiter. "Gib mir mal den Salzstreuer." Mit großen Augen reicht er mir das kleine Ding. Ich schraube den Deckel ab und schütte den gesamten Inhalt ins Wasser. Es ist nicht viel, reicht aber. "So macht man das", erkläre ich und gebe ihm den Salzstreuer wieder. "Oh." Er zieht eine kleine Schmolllippe. Der Wunsch ihn jetzt zu küssen, ist plötzlich übermächtig in mir. Er sieht zum anbeißen aus! Ich wende mich schnell ab und suche die Nudeln aus dem Haufen unserer Einkäufe. Um nicht weiter über diesen Drang in mir nachzudenken, widme ich mich mit aller Hingabe der Verpackung in meinen Händen. Leider ist sie mehr als störrisch. "Gib mal her. Ich weiß, wie man die richtig aufmacht." Anton langt zu, erwischt dabei natürlich meine Hand, die ich daraufhin wie vom Blitz getroffen zurückziehe. Die Nudeln knallen auf den Küchenboden und hätten fast den Kater erschlagen. Nun rennt er fauchend davon. Armer, kleiner Kerl. "Mist! Tut mir leid!" Mit schmerzhaft schlagenden Herzen gehe ich in die Knie und hebe die Nudeln auf. "Jetzt sind sie ganz gebrochen." Klasse! "Macht das was?" "Denke nicht." Anton streckt seine Hand aus. Ich reiche ihm die Nudeln, die er dann begutachtet. "Da sind nur außen welche zu Bruch gegangen. Der Rest ist heile." Wenigstens etwas. "Aber mein Trick müsste dennoch funktionieren", lacht Anton und hält die Nudelverpackung* aufrecht in seiner Hand. Dann donnert er sie mit Wucht auf die Arbeitsplatte. Ich zucke zusammen, staune aber nicht schlecht. Die Verpackung ist oben aufgeplatzt und die Nudeln sind befreit. "Nicht schlecht!", lobe ich ihn. "Woher kannst du das denn?" "Kochsendung", antwortet er achselzuckend. Anton schaut sich also Kochsendungen an. Hätte ich niemals für möglich gehalten! ~Anton~ "Und jetzt? Die Nudeln ins Wasser?" Unter Marcells intensiven Blicken wird mir ganz unwohl. Außerdem kribbeln mir noch immer die Finger, mit denen ich ihn eben noch berührt habe. Sehr kurz zwar, aber das hatte ausgereicht, um meinen Körper in ein totales gefühlsmäßiges Wrack zu verwandeln. Wo ist ein Sauerstoffzelt, wenn man es braucht?! "Ja. Drück sie einfach langsam ins Wasser. Verbrenne dich aber nicht." Sehr lustig! Ich befolge seinen Rat und die langen Nudeln rutschen langsam ins heiße Nass. Als nächstes ist der Schinken dran. "Schneidest du ihn? Dann kümmere ich mich um die Kräuter." Marcell nickt und beginnt gleich darauf mit der Schnibbelarbeit. Staunend schaue ich ihm zu. "Du kannst das ja gut." "Klar. Ich koche ja auch gern." Gekonnt gleitet das Messer durch den geräucherten Schinken. Ich bin beeindruckt! Schaue ich mir dagegen meine Schneidkünste an, mit denen ich gerade die duftenden Kräuter malträtiere, könnte man fast meinen, ich hätte das erste Mal in meinem Leben ein Messer in der Hand. Marcell ist schon längst fertig damit, den Schinken in kleine Stückchen zu schneiden, da habe ich noch nicht mal das halbe Bündel kleingeschnitten. "Soll ich dir zeigen, wie man das macht?", fragt er mich frech grinsend. Ich seufze laut. "Von mir aus. Sonst werde ich bis zum servieren gar nicht mehr fertig." Marcell sagt nichts dazu, Bestätigung genug für mich, dass er das Selbe denkt, zieht meine Besteckschublade auf und zieht sich ein anderes Messer heraus. "Zuerst mal ist das Messer wichtig. Das hier ist besser als dein kleines Küchenmesserchen." Er schwenkt die scharfe Klinge auf und ab und macht sich danach über meine Kräuter her. "Erstmal grob kleinschneiden und dann einfach alles zu einem Häufchen zusammenhäufen. Jetzt kannst du mit dem Messer ganz entspannt durch die grünen Halme und Blätter wiegen. Wieder zusammenhäufen ..." "Sollte ich mal wieder was zum schneiden hier haben, rufe ich dich an. Das bekomme ich doch im Leben nicht so hin!" Marcell lacht, was höchst ansteckend ist, und wundervoll in meinem Körper nachhallt. So verbringen wir den weiteren Nachmittag zusammen. Bereiten eine wirklich gelungene Carbonara zu, lassen sie uns schmecken und verbringen eine angenehme Zeit miteinander. Ich mag Marcell wirklich gern. Sehr gern ... "Also dann findet die Party am Donnerstag Abend statt. Komm doch auch einfach mal vorbei, wenn du Lust hast." Ich stehe mit Marcell vor der noch geschlossenen Aufzugtür. "Gerne." Kaum zu glauben, aber ich freue mich schon richtig darauf. So lerne ich auch mal seine Freunde kennen. "Und danke für das Essen. Das war wirklich mal was anderes." "Was anderes? Hört sich ja fast so an, als wäre es eine totale Katastrophe gewesen." Lachend schüttelt Marcell den Kopf. "Vielleicht ein wenig katastrophal, aber keine Katastrophe." Hinter Marcell geht die Aufzugtür auf. "Dann bis nachher." "Nachher?" "Im Club." Ich schlage mir innerlich gegen die Stirn. "Stimmt. Ja. Bis nachher." Wieder grinst er mich einfach nur hinreißend an und verschwindet im Aufzug, der ihn kurz danach aus meiner Wohnung befördert. "Bis nachher ..." Ich kann es kaum erwarten. *** ~Marcell~ In Gedanken gehe ich nochmal alles durch. Die Musik steht, ich habe lauter Knabberkram da, was zu Trinken und genug Gläser inklusive Plastikbecher. Fehlt eigentlich nur noch eins: Stühle! Ich habe nicht genug Sitzgelegenheiten. Bis auf meine Zweiercouch, ein paar dicken Kissen die ich auf den Boden verteilt habe und den vier Küchenstühlen habe ich so gut wie nichts für meine Gäste zum herum hocken. Und jetzt? 'Anton!' Ich mache es nicht gern, doch ich habe keine andere Wahl. Es sei denn, ich gehe schnell los und kaufe mir noch ein paar Klappstühle. Tja. Doch da ich pleite bin ... Seufzend steige ich in den Aufzug und gebe Antons Code ein. Ich sause nach oben und die Tür öffnet sich leise rauschend. Vorsichtig trete ich aus der Kabine und schaue mich im Wohnzimmer um. Niemand zu sehen. "Anton?!" Ich betrete die Küche. Auch niemand zu sehen. Ist er ausgeflogen? Ich schaue auf die Uhr, die über der Spüle hängt. Viertel nach fünf. Vielleicht ist er ja im Velvet. Mein Blick fällt auf die vier Küchenstühle. Soll ich? 'Nein! Unmöglich!' Ich kann doch nicht einfach Antons Möbel in meine Bude schleifen. "Dann müssen meine Gäste eben stehen! Nicht wahr, Alfredo?" Antons Kater schleicht mir um die Beine. "Hast du hunger?" Lautes Miauen. "Was auch sonst?" Lachend über den gefräßigen Kater suche ich im Schrank nach seiner Dose. Ich hocke gerade über dem Napf, als ich leise Geräusche höre. Ist Anton doch da? Still bleibe ich hocken, höre nur Alfredos Schmatzen und Schnurren, und horche weiter. Ja. Da ist was! Ich räume die Dose wieder weg und laufe leise durch die Wohnung. Wo kommen die Geräusche denn nur her? Ratlos durchschreite ich das Wohnzimmer, laufe am Aufzug vorbei und dann dämmert es mir. Die Laute kommen aus dem Schlafzimmer! Ganz eindeutige Laute! Als wäre ich vor eine unsichtbare Wand gelaufen bleibe ich stehen. Ich mag das nicht hören! Und ich mag auch nicht wissen, mit wem Anton da gerade ... Ich mache auf dem Absatz kehrt und rase auf den Aufzug zu. Wie ein Irrer drücke ich auf den Knopf, bete, dass er schnell hier oben ist und stolpere erleichtert hinein, als sich die Türen öffnen. Nichts wie weg hier! Unten angekommen schließe ich die Wohnungstür hinter mir. Meine Beine sind weich wie Gummi. Anton ist da oben und hat Sex! Und wenn ich raten müsste mit wem, dann tippe ich auf diesen kleinen Twink, den er bei sich im Büro hatte! Mir wird richtig schlecht. Ich will es nicht, aber ich fühle, wie die Enttäuschung langsam aber sicher von mir Besitz ergreift. Enttäuschung und, auch wenn es mir gar nicht schmeckt, Eifersucht! Mein Boss hat Sex. Keine fünf Meter über mir! und das macht mich so eifersüchtig, dass mir die Galle hochkommt! *** ~Anton~ Skeptisch bewundere ich mich im Badezimmerspiegel. Kann ich so gehen? Oder ist das zu leger? Was trägt man auf einer Einweihungsfeier? Sicher keinen Anzug! Ich denke mal, die schwarze Jeans und das grüne Shirt sind passend genug. Nochmal teste ich den Sitz meiner Haare und zupfe sie zurecht, als sich jemand von hinten an mich schmiegt. Ich verdrehe die Augen. "Lass das!" Ich schiebe mein Bein nach hinten, was den Störenfried aber nicht ihm geringsten interessiert. Er schmust sich weiter an mich heran. "Alfredo! Hör auf! Du harrst mir die ganze Hose voll! Husch!" Das Ohr meines dicken Katers zuckt, und er blinzelt brummend zu mir auf. "Ich habe jetzt keine Zeit für dich. ... Hast du etwa hunger?" Wieso frage ich eigentlich? Bevor ich nach unten gehe, wo die Party schon im vollen Gange ist, eile ich noch schnell in die Küche, um Alfredos Napf aufzufüllen. Der steht auch prompt hinter mir und maunzt. Doch als ich die Dose herausnehme ... "Die ist ja fast leer!" Fragend schiele ich meinen Kater an, der vor seinem halbvollen Napf hockt. "Hast du heimlich genascht?" Mit Sicherheit nicht. Mein Katerchen ist zwar schlau, aber nicht so schlau, um sich selbst den Napf zu füllen. "Dann war das bestimmt Marcell, was?" Ich kraule Alfredo das Köpfchen. Marcell ... Gleich sehe ich ihn wieder ... Ich halte inne. Wenn Marcell vorhin hier oben war, wieso habe ich das nicht mitbekommen? Ich war doch die ganze Zeit über hier. Nur als ich unter der Dusche war und davor ... "Scheiße!" Die Dose fällt mir aus der Hand und Alfredo springt erschrocken zurück. "Scheiße!" Bitte lass ihn nicht hier oben gewesen sein, als ich ... "Scheiße!!!" Ich brause ein Stockwerk tiefer und sehe mich sofort einer Unmenge an Menschen gegenüber. Die Wohnungstür von Marcell steht offen, und sogar ein paar meiner Mieter und Angestellten sind unter den Gästen. Auf der Suche nach Marcell nicke ich einigen zu. Wo ist er bloß? Dann entdecke ich ihn. Er steht auf dem Balkon und unterhält sich mit einem seiner Gäste. Er lächelt. Doch als er dann zu mir sieht, gefriert ihm für den Bruchteil einer Sekunde dieses Lächeln. Er rafft sich allerdings gleich wieder zusammen und nickt mir gezwungen zu. Also hat er mich gesehen! Oh Gott! Was, wenn er es gehört hat? Was denkt er jetzt nur von mir? Ohne auf die anderen Gäste zu achten laufe ich auf den Balkon zu. "Marcell?" "Oh. Hallo. Schön, dass Sie es sich einrichten konnten." Sie? Wieso duzt er mich jetzt wieder? Oh Fuck! Das kann nur eins bedeuten. Er hat mich gehört! Vielleicht sogar gesehen! "Möchten Sie was trinken? In der Küche steht alles und ..." "Nein. Ich möchte erstmal nichts", unterbreche ich ihn und bedeute dem Kerl, mit dem sich Marcell gerade unterhalten hatte, sich zu trollen. "Können wir reden? Nur für einen Moment?" "Herr Hazold .. Ich habe Gäste und ..." "Ich bin auch einer deiner Gäste. Und dein Boss. Und dein Vermieter. Also?" Nein, ich mache das nicht gern. Aber was sein muss, muss sein. Marcell nickt ergeben und läuft an mir vorbei ins Innere der Wohnung. Ich folge ihm, bis wir in seinem Schlafzimmer ankommen. Dort schließt er die Tür, sieht mich aber nicht an. "Was wollen Sie?", fragt er leise. Irre ich mich, oder klingt er enttäuscht? "Du warst vorhin oben in meiner Wohnung. Nicht wahr?" Er schluckt hart. "Du hast mich gehört. Wie ich ..." "Ja! Ja, ich habe Sie gehört! War's das?!" Jetzt muss ich einige Male schlucken. Das er deshalb so sauer auf mich sein würde, hätte ich nicht gedacht. "Nein! Ich meine ..." "Hat es wenigstens Spaß gemacht?!" "Was?" "Ach vergessen Sie es! Es geht mich ja auch gar nichts an, mit wem sie schlafen." Marcell dreht sich um und will anscheinend wieder nach draußen gehen. Doch ich bin schneller. "Warte!" Ich lege meine Hand auf die Tür und drücke sie wieder zu. "Ich habe mit niemanden geschlafen!" Er steht nun dicht vor mir, den Kopf noch immer von mir weggedreht, hebt ihn mir jetzt aber langsam entgegen. "Ich war allein. Ich habe ... Na ja ... Handbetrieb." Okay. Ich habe noch niemals vor einem anderen Kerl zugegeben, dass ich mich vor wenigen Stunden selbst erleichtert habe. Und es ist mir peinlich. Peinlich, aber dennoch bin ich erleichtert. Vielleicht habe ich Glück, und er hat es demnach nicht gehört. Das ich vor lauter Lust ... "Handbetrieb? Sie hatten gar keinen Besuch von Sebastian?" "Sebastian?" Wie kommt er denn auf den? "Oh Gott nein! Er wäre mittlerweile wirklich der Letzte, den ich in mein Bett holen würde." "Ach so ..." Marcell schlägt sich die Hände vor's Gesicht. "Ist mir das jetzt peinlich!" "Nicht so peinlich wie mir", schmunzle ich, damit sich die gespannte Situation etwas lockert. "Das du mich dabei gehört hast ..." "Das war nur kurz! Ehrlich! Ich wollte zu dir, weil ich nach Stühlen fragen wollte, doch dann war niemand da und ich habe Alfredo gefüttert und ... Ich bin gleich abgehauen, als mir klar wurde, dass du im Bett bist." Scheu sieht er mich an, lächelt dann aber verlegen. "Ich wollte nicht lauschen. Und ich habe auch wirklich nicht viel mitbekommen." Beruhigt atme ich aus. Er hat also nicht gehört, dass ich schon wieder seinen Namen gerufen habe, als ich gekommen bin. Seinen Namen und ... "Vergessen wir das Ganze?" Erleichtert nicke ich ihm zu. "Liebend gern!" Nun atmet auch Marcell erleichtert aus und deutet auf die Türklinke. "Dann lass uns mal rausgehen und feiern. Es sei denn, du magst noch immer nichts trinken." "Wo standen die Getränke nochmal?" Marcell geht vor und ich schlänge mich ihm hinterher. Betrachte seinen Rücken, seinen Hintern, der in einer herrlich engen Jeans steckt. 'Ohh! ... Marcell ... Ich liebe ... dich ...' Mich überläuft es eiskalt. Was bin ich froh, dass er das nicht gehört hat! ****** * Wieder was zum Lachen: Anstatt Nudelverpackung hat mir mein Rechtschreibprogramm Dudelverpackung vorgeschlagen! xD Was zum Geier ist eine Dudelverpackung?! Kapitel 8: Kapitel 06 - Sabotage -------------------------------- So, hier gleich das nächste Kapi für euch. ^^ Kapitel 06 - Sabotage ~Anton~ Gedankenverloren hocke ich auf dem Boden meines Büros und starre aus dem Fenster. Weshalb? Weil Marcell dort unten hinter der Bar steht und die Gäste bedient. Zwei Wochen ist jetzt sein Einzug schon her. Zwei Wochen, in denen er mir kein einziges Mal aus dem Kopf gegangen ist. Ich habe es längst aufgegeben, gegen meine Gefühle anzugehen und ich gebe es ungern zu, aber ich habe mich wirklich ein klein Wenig in ihn verliebt. Ach, was sage ich? Ein klein Wenig trifft es nicht ganz. Noch nicht mal annähernd! Ich liebe ihn. Ich sehne mich nach ihm. So richtig klar geworden ist mir das an dem Tag der Einweihungsparty. Dem Tag, an dem mein Mund mir diese unumstößliche Tatsache vor die Füße geworfen hat. Da ist es auch nicht groß verwunderlich, dass ich so oft es geht bei ihm bin, unsre gemeinsamen Stunden am Morgen genieße (er macht mir immer noch jeden Morgen Frühstück, und ich achte peinlich genau darauf, dass es nicht wieder ausfällt) und das ich mir immer neue Ausreden einfallen lasse, damit ich ihn in mein Büro rufen kann. Nicht sehr produktiv, wenn man ein gutgehendes Geschäft führen will, ich weiß. Doch ich kann nicht anders. In seiner Nähe fühle ich mich gut. Auf der einen Seite ausgeglichen und ruhig, auf der anderen aufgeregt und erregt. Scheiße! Ich kann Nachts kaum schlafen, weil ich jede Sekunde darauf warte, dass endlich der Aufzug aufspringt, und er endlich wieder bei mir ist! Ein fröhliches Guten Morgen ruft, wie selbstverständlich in meine Küche spaziert und den Tisch deckt. Und ganz ehrlich, seit er das macht, schlafe ich auch wieder regelmäßig Zuhause. Ich bin sogar gern in meiner Wohnung! Ich dotze mit meiner Stirn gegen die Scheibe und verenge meine Augenlider. Ich brauche ein Fernglas! "Ich bin so ein armseliger Trottel", flüstere ich wobei die Scheibe beschlägt. Ich stalke doch nicht wirklich Marcell hinterher? Doch! Tue ich! Und es wird jeden Tag schlimmer, habe ich das Gefühl. "Ich muss ihn herrufen!" Das drängende Pochen in meinem Bauch wird immer unerträglicher. Kurz überlege ich, noch mal runter zu gehen und mir bei ihm einen Drink zu ordern, aber das wird langsam zu auffällig und ich bin schon ganz angedüdelt. Hinterher hält mich einer meiner Angestellten noch für einen Alkoholiker. Ich rapple mich auf, gehe zum Schreibtisch und stecke mir das kleine Headset ins Ohr. "Joe?", sage ich, während ich den Knopf an der Seite drücke. /Hier Boss./ "Bist du noch in der Nähe von der Bar?" /Ja./ "Dann ruf mir doch Marcell hoch." /Mach ich./ Sauer feuere ich das Headset auf meinen Schreibtisch. Ich hab's schon wieder getan! Da das nun nicht mehr zu ändern ist, und ich keine Ahnung habe, was ich mir diesmal als Ausrede für sein Kommen aus den Fingern saugen soll, gehe ich zurück an die Glasfront und beobachte Marcell, wie Joe ihm Bescheid gibt, er dann seinen Arbeitsplatz verlässt und durch den Gastraum läuft. "Was mach ich jetzt nur?" In nicht mal zwei Minuten wird Marcell hier oben sein und an meine Bürotür klopfen. Ich straffe mich und rufe mir in Erinnerung, dass ich der Boss bin. Ich brauche gar keine Ausrede, um einen meiner Angestellten zu mir zu rufen. Wenn ich einen von ihnen sehen will, dann ist das eben so! Mit festen Schritten gehe ich zurück an meinen Schreibtisch, setzte mich und mache einen möglichst chefmäßigen Eindruck. "Wem mach ich was vor?" Ich sacke in mich zusammen und lege meinen Kopf auf die Arme. Soll ich es ihm sagen? Hallo Marcell, schön das du da bist. Setzt dich doch, ich muss dir was beichten. Ich habe mich in dich verliebt und kann nicht mehr gescheit arbeiten, wenn du nicht in meiner Nähe bist. Deshalb bleib bitte hier sitzen, bis wir Feierabend haben. "Ich hab sie echt nicht mehr alle!" Just in diesem Moment klopf es an meine Tür. "Komm rein." "Sie haben nach mir rufen lassen?" Marcell grinst mich an und betritt das Büro. "Setzt dich doch." Was mach ich nur, was mach ich nur?! Ich brauche einen Einfall! "Was gibt's?" WAHH! "Ähm ... Ja also ... Wegen der Miete ..." Oh man! "Wir haben noch nicht darüber gesprochen." "Ich dachte, du ziehst mir einfach was vom Gehalt ab." Haben wir das nicht schon besprochen?! Ich krame in meinen Erinnerungen rum. Ja, da war was. "Ja. Nur ... Ich weiß noch nicht wie viel, und ..." "Moment mal. Können wir das nicht morgen besprechen? Unten ist die Hölle los und wir sind echt am rotieren." Shit! Ich gehe noch pleite, wenn ich Marcell immer wieder zu mir rufe! "Klar! Tut mir leid. Hab nicht dran gedacht." "Anton? Stimmt was nicht?" "Hm? Doch! Alles in Ordnung. Ich bin nur etwas neben der Spur." 'Wegen dir.' "Ist es wegen mir?" Mir rutscht das Herz in die Hose. "Bist du mir meiner Arbeit nicht zufrieden?" "Was?! Nein! Alles bestens! Du bist hervorragend!" Kann es sein, dass ich mich hier gerade ganz schön in die Scheiße reite? "Und wieso rufst du mich immer aus irgendwelchen scheinheiligen Gründen zu dir?" War ja klar das er es irgendwann merkt. "Das liegt nicht an dir. Es ist vielmehr ..." "Boss?!" Die Tür fliegt auf. Sebastian! Der hat mir noch gefehlt. "Boss! Ich muss mit Ihnen reden!" Er stürmt auf meinen Schreibtisch zu und stellt sich neben Marcell, den er gekonnt ignoriert. "Diese Mistratte Bobby hat mich übergangen! Er ist einfach ..." "RUHE!" Wütend knirsche ich mit den Zähnen. "Was fällt dir ein, einfach hier hineinzuplatzen?! Habe ich dir nicht gesagt, dass du in Zukunft anzuklopfen hast?!" "Ja, aber ..." "Nichts aber! Raus mit dir! Aber flott! Du siehst doch, dass ich gerade ein Gespräch führe! Beweg dich!" Sebbis Kinnlade klappt nach unten und er schaut erst mich, dann Marcell an. Sagen tut er nichts mehr, obwohl sich sein Blick verfinstert, und rauscht raus. Mit einem lauten Rums wirft er die Tür in die Angel. "Das schreit nach einer Kündigung", murmle ich und bin wirklich kurz davor, ihn rauszuwerfen. "Er war ganz schön aufgebracht." "Ein Kindergarten ist echt ein Scheiß dagegen." Wieso muss ich mich mit so was herumplagen? "Weißt du was? Wir bereden den Rest morgen. Geh lieber wieder hinter die Bar. Das ist wichtiger." "Alles klar Anton." Marcell steht auf und ist schon fast aus meinem Büro raus, als er noch mal innehält. "Wenn du was brauchst, sag Bescheid. Du siehst echt gestresst aus." Ich lächle ihn schmal an und nicke. Klasse! Jetzt hält er mich auch noch für gestresst! ~Marcell~ Leise schließe ich Antons Bürotür. Als Chef hat man es wirklich nicht immer leicht. Tauschen möchte ich nicht mit ihm. Die ganze Verantwortung und immer will jemand was von einem. Vielleicht täte es ihm mal ganz gut, etwas auszuspannen. Kann er überhaupt mal ausspannen? Urlaub machen? Ich könnte ja was organisieren. Ein Ausspanntag. Dafür, weil er auch sicher wegen mir etwas Stress hat. 'Und Mehrkosten ...' "Marcell?" Ich werde aus meinen Gedanken gerissen. "Ja?" Ich drehe mich um und sehe Sebbi vor mir stehen. Stand er schon die ganze Zeit da? "Du duzt den Boss?" Mist! Das hat er gehört? Vor den Anderen soll ich ihn nicht duzen. Es geht niemanden was an, dass wir uns besser kennen. "Habe ich das?" "Ja." "Ist mir gar nicht aufgefallen", lüge ich. "Pff! Mir ist schleierhaft, was er an dir Gesichtsprothese eigentlich so toll findet." Das Blut rauscht mir dröhnend in den Kopf, meine Wangen werden heiß und mir wird schwindelig. Das hat er doch gerade nicht wirklich gesagt? Ich unterdrücke meinen Zorn und ignoriere seinen dummen Kommentar einfach, mag jetzt keinen Streit provozieren, erst recht nicht, da ich Anton nicht noch mehr Ärger und Stress bereiten will, und drehe mich um. "Ich muss wieder an die Arbeit." Ich laufe zur Treppe, werde aber am Arm gepackt. Das geht jetzt definitiv zu weit! "Hey!" Sauer schiele ich Sebbi an, der mich finster mustert. "Hast du was mit ihm?" "Was?!" "Lässt du dich von ihm ficken?!" Jetzt schlägt es aber dreizehn! "Sag mal, hast du sie noch alle?! Lass mich los du Spinner!" Sauer entreiße ich ihm meinen Arm und stürme die Treppe runter. Was denkt der sich eigentlich?! Doch er rennt mir nach. "Sag es! Bist du der Grund, weshalb er mich nicht mehr anfasst?!" Ich bleibe stehen und drehe mich wieder zu ihm um. Darum geht es also? Anton will den kleinen Twink nicht mehr, und er gibt mir die Schuld daran? "Was weiß ich? Keine Ahnung, aber an mir liegt es ganz bestimmt nicht. Schon mal dran gedacht, dir an die eigene Nase zu greifen?" Ich lasse ihn einfach stehen. Von so einem frühreifen Früchtchen lass ich mich doch nicht anbrüllen und wüst beschimpfen! Wäre ja noch schöner! Hinter der Bar legt sich mein Zorn schnell wieder. Die Arbeit lenkt mich ab und ich denke nicht weiter darüber nach. Sebastian ist bloß ein dummer, kleiner, selbstgefälliger Tänzer. Was kann er mir schon großartig antun? Mich beim Boss verpfeifen?! Soll er es mal versuchen. Erst als ich Feierabend habe und in die Umkleide gehe, höre ich die nervige Stimme dieses Twinks wieder in meinen Ohren nachhallen. 'Bist du der Grund, weshalb er mich nicht mehr anfasst?' Ich lehne mich gegen den Spind. Anton hat diesem Tänzer also den Laufpass gegeben. Irgendwie beruhigt mich das. Nein, das trifft es nicht ganz. Es stimmt mich glücklich! Es erleichtert mich so sehr, wie sein Geständnis während meiner Einweihungsparty. Als ich glaubte, er würde mit einem Typ im Bett liegen, es aber sich aber als falsch erwiesen hatte. 'Anton hat also wirklich nichts mehr mit diesem dämlichen Tänzer!' Meine Mundwinkel ziehen sich nach oben und mein Herz schlägt schneller. Wir kennen uns jetzt seit zwei Wochen und mein erster Eindruck von ihm, er sei ein sexgeiler Kerl, der seine Angestellten flachlegt, hat sich noch kein einziges Mal bestätigt. Das Gegenteil ist sogar der Fall. 'Er hat diesen Twink nicht mehr angerührt!' Ich bin mit einem Mal so froh, dass ich schreien könnte! Beschwingt ziehe ich mich schnell um und schnappe meine Habseligkeiten. Die Idee, noch mal schnell bei Anton vorbeizuschauen, verwerfe ich schnell wieder. Nicht, dass noch jemand anders auf den Gedanken kommen könnte, ich und der Chef hätten was am laufen. Solche Gerüchte kann ich wirklich nicht gebrauchen! Auch nicht, weil ich mir ganz leise wünschte, es wäre wirklich so. Und falls Anton was von den Gerüchten erfahren würde, sie daraufhin alle abstreiten würde, das könnte ich nicht ertragen. Ich schlüpfe durch den Hinterausgang und kette mein Fahrrad los. Heute Abend bin ich mit Anton hier her gefahren, dafür muss ich zum Feierabend mit dem Rad nach Hause. Morgen ist es umgekehrt. Die Regelung ist ganz hilfreich. Denn wenn wir hier ankommen, sieht uns hier niemand, da alle Anderen noch nicht da sind und wenn er mich mitnimmt, nachdem der Club geschlossen hat, sieht uns auch keiner, denn die sind schon lange weg. Die perfekte Lösung. Ich schwinge mich auf mein Rad, trete in die Pedale und ... komme kaum vorwärts. Ein Blick nach unten genügt, um festzustellen weshalb. Meine Reifen sind platt! Nicht nur platt, sie wurde anscheinend aufgeschlitzt! "Das kann doch nicht wahr sein!" Ich steige ab und begutachte das zerfetzte Gummi genauer. Da hilft auch mein Flickset nicht mehr. Und jetzt? Ich atme genervt aus und schließe mein Rad wieder ab. Ich könnte mir ein Taxi rufen. Ha ha! Bekanntlich wächst das Geld ja auf den Bäumen und ich schulde ja niemanden etwas von den bunten Scheinchen. Zu allem Überfluss ist meine Wochenkarte für die Bahn Zuhause. Aber ein Ticket ist immer noch billiger als ein Taxi, also laufe ich los auf die nächste U-Bahnstation zu. Was für ein scheiß Abend! Nach vier Stationen steige ich wieder aus, froh darüber, dass ich fast alleine im Abteil war. Ich hasse es nachts alleine in die U-Bahn zu steigen. Man hört immer schlimmere Geschichten, die dort passieren. Zwei Stufen auf einmal nehmend, stehe ich endlich wieder unter freiem Himmel und steuere meine neue Wohngegend an. Auf den Weg dorthin, denke ich über meine zerfetzten Reifen nach. Natürlich habe ich einen Verdacht. Diesen Tänzer. Wer sonst hätte ein Motiv dafür? Höchstens vielleicht eine gelangweilte Straßenbande, denen mein armes Rädchen ins Auge gefallen ist und sich gedacht hat: Dem zeigen wir's! Eher unwahrscheinlich. Leider kann ich es nicht beweisen und ich beschließe, Anton davon nichts zu sagen. Es würde ihn nur aufregen und sollte es nicht stimmen, dass es der Tänzer war, stehe ich scheiße da, oder schlimmer noch: Sebbi könnte mich beschuldigen, ich wäre eifersüchtig auf ihn, da er ebenfalls was von Anton will. Also lasse ich es lieber. Müde öffne ich die Haustür mit meiner Karte, drücke dann den Aufzug herbei, trete ein und gebe Antons Code ein. Es hat sich so eingespielt, dass ich erstmal nach seinem Kater schaue, wenn ich heim komme. Manchmal nehme ich ihn auch mit runter. So eine warme Katze im Bett ist echt was feines. Heute aber bleibt es beim Katzenklo saubermachen und Wasser austauschen. Futter hat der Herr genug, weswegen er mir auch kaum Beachtung schenkt, während ich in der Wohnung herumwirble. Grinsend knie ich mich vor ihn und streiche über sein weiches Fell. "Na Alfredo? Dir geht es hier gut, was?" Er liegt auf einem weichen Kissen, das von der Fußbodenheizung gewärmt wird. "Müdes Katerchen", kichere ich, denn er gähnt herzhaft und rollt sich ein. Eins der Pfötchen legt er sich über den Kopf und ich lasse ihn wieder in Ruhe weiterschlafen. In meiner Wohnung gehe ich erst duschen und haue mich dann in die Federn. Morgen klingelt der Wecker wieder arg früh. Ich muss zum Anwalt. Mal sehen, was es dort Neues gibt. ~Anton~ Stöhnend reibe ich über meine Augen. Ich bin total KO. Dank meiner beeindruckenden Arbeitsmoral der letzten Tage musste ich heute länger machen als ich eigentlich wollte und mittlerweile ist es schon vier Uhr. Meine Mitarbeiter sind alle schon gegangen. Unter der Woche schließen wir schon um halb drei. Zeit für mich, auch Feierabend zu machen. Morgen gehe ich wieder rechtzeitig, weil ich dann Marcell wieder mit nach Hause nehme. Marcell ... Verträumt starre ich auf den Bildschirm vor mir, der flackernd ausgeht. In wenigen Stunden sehe ich ihn wieder. Zugegeben, bin ich deshalb leicht nervös. Ich habe nämlich beschlossen, es doch zu wagen. Ich werde meine Bedenken bei Seite schieben, und mich an Marcell herantasten. Das ein gegenseitiges Interesse besteht, daran zweifle ich nicht. Nur ... Wie stelle ich das an? Wie man einen Kerl fürs Bett aufreißt weiß ich. Auch, wie man ihn wieder dort heraus bekommt. Leider bin ich in Beziehungsangelegenheiten immer eine Niete gewesen. Mir fehlt das Selbstvertrauen. Mir! Der knallharte Geschäftsmann, der sich mit jedem Großhändler wegen ein paar Cent anlegen kann, und daraus als Sieger hervorgeht. Vielleicht lade ich Marcell einfach mal zum Essen ein. Ich könnte ihm Komplimente machen. Ihm sagen, wie sehr ich seine Gegenwart genieße. Das ich mir jede Nacht wünschte, er läge neben mir und nicht einen Stock unter mir. "Oh man!" Enttäuscht über meine Unfähigkeit, jemanden zu sagen, dass ich ihn mag, stehe ich auf. Ich muss ins Bett! Ich laufe zu meiner Garderobe und schnappe mir meinen Schlüssel. Gerade als ich ihn in meine Hosentasche stecken will, klopft es. Sofort schlägt mein Herz schneller. Ist es vielleicht Marcell?! "Ja?" Die Tür geht auf und ... "Was hast du hier noch zu suchen?" Sebastian! "Was wird das?" Er ist, bis auf das Glitzerzeug, mit dem sich die Tänzer meist schmücken, vollkommen nackt und fixiert mich mit glasigen Augen. "Sebastian? Was soll das?" "Ich wollte mich bei Ihnen für mein Benehmen entschuldigen", flüstert er in einer für ihn erotisch klingenden Stimmlage. Für mich hört er sich bloß lächerlich an. "So?" "Ja." Wenn er denkt, dass ich darauf einsteige, hat er sich aber geschnitten! "Ich habe diesmal an alles gedacht." Ein Kondomtütchen in der Hand läuft er auf mich zu. "Sie können alles mit mir machen. ... Wirklich alles." Noch in der Idee gefangen, wieso es nicht Marcell hätte sein können, der jetzt anstelle von Sebbi hier hereinspaziert, schüttle ich den Kopf. Mein Blick fällt auf die Couch. "Komm mit." Ich gehe hinüber zu ihr und schnappe mir die Wolldecke, die ich immer dahinter deponiert habe. "Hier. Geh runter, und zieh dich wieder an. Das mit uns hat endgültig ein Ende. Verstanden?" Sebastian blinzelt verwirrt und sieht mich fassungslos an. "Aber ... Warum?! Bin ich Ihnen nicht mehr gut genug? Herr Hazold! Ich mache alles für Sie! ALLES!" Diese Suppe habe ich mir eindeutig selbst eingebrockt. "Das zwischen uns war nur Sex. Das ist dir doch klar?" Er antwortet nicht, klammert sich nur an die Decke und kämpft mit sich. "Geh, und ich vergesse den Vorfall eben. Und mach so was nie wieder." Ich schiebe ihn zur Tür und schließe sie wieder von innen. Fünf Minuten warte ich, bis ich auch mein Büro verlasse und leise die Treppe hinabsteige. Im Bereich der Umkleiden höre ich eine Spindtür zuschlagen, weshalb ich noch mal im Dunklen warte und erst den Club verlasse, als ich die Hintertür höre. Ich hätte es eigentlich wissen müssen, oder? Sex mit Angestellten geht nie gut aus. 'Und jetzt?', frage ich mich selbst. 'Gilt das nicht auch für Marcell? Oder ist es doch etwas vollkommen anderes?' Mir nun überhaupt nicht mehr sicher, ob ich mich nicht doch besser von ihm fernhalte, steige ich in mein Auto. Was mache ich denn jetzt nur? *** ~Anton~ Die Nacht war furchtbar! Ich habe von Sebastian geträumt, wie er letzte Nacht in mein Büro kam und ich ihn rausgeschmissen habe. Doch dann war es plötzlich Marcell, der da vor mir stand und mich anflehte, ihm doch wenigstens eine Chance zu geben, um alles wieder gutzumachen. Aber ich blieb hart, jagte ihn aus meinem Club und schrie ihm nach, er solle nie wieder kommen. Ich wachte schreiend auf und wollte ihm nach, ihm sagen, dass er nicht gehen soll. Dass mir meine Worte leid täten. Leider fiel ich dabei halb aus dem Bett heraus und knackste mir den Fuß an. Er pocht noch immer unangenehm und ich traue mich gar nicht unter die Bettdecke zu schauen. Sicher ist er blau und dick. "Geschieht mir recht. Warum träume ich auch so einen Müll?" Ich öffne die Augen. Draußen ist es schon hell und ich kann leichten Kaffeeduft ausmachen. Marcell ist also schon da! Wieso habe ich den Aufzug nicht gehört, wie sonst auch? So schnell es mit meinem angeknacksten Fuß geht, steige ich in eine bequeme Hose und in ein T-Shirt. Als ich meine Schlafzimmertür öffne, kann ich leise Musik aus der Küche hören. Der Duft nach frischem Kaffee wird stärker und das nagende Stechen in meinem Bauch ebenfalls. Was mache ich denn jetzt? Freundschaft oder mehr? Privates oder Arbeit? "Morgen! ... Ach je! Du humpelst ja!" Marcell lässt das Buttermesser fallen und springt auf. "Bleib sitzen. Ist nix Schlimmes", winke ich ab. "Was ist denn passiert?" "Bin aus dem Bett gesegelt." Marcell runzelt die Stirn und legt den Kopf schief. "Daher bestimmt der Schlag heute Nacht." "Das hast du gehört?" Er nickt. Dann geht er zu meinem Kühlschrank und wühlt im Gefrierfach rum. "Hast du keine Cold Packs?" "Nein." "Dann eben das hier." Ich fange an zu lachen. Marcell hält einen Pack eingefrorenes Gemüse hoch. "Lach nicht! Das hilft auch." Das gute Gemüse wird in ein Handtuch eingewickelt und ich werde auf einen Stuhl verfrachtet. "Fuß hoch!" Ich gehorche und das eingewickelte Gemüse landet auf meinem dicken Knöchel. "Hoffentlich ist nichts gebrochen." "Sicher nicht. Dann würde es anders aussehen." "Wenn du meinst." Wir fangen an, in aller Ruhe zu frühstücken. Na ja, ich jedenfalls. Marcell schaut immer wieder auf die Uhr. "Hast du noch was vor?" "Ja. Der Besuch beim Anwalt. Vergessen?" "Der ist heute?" "Jepp." Auch das noch! "Sag mir das doch! Ich gehe schnell duschen." Ich lasse mein angefangenes Brötchen fallen und stemme mich auf meine Beine. "Du musst nicht mit! Schone deinen Fuß lieber noch etwas." "Natürlich fahre ich mit. Keine Diskussion darüber!", teile ich ihm in bester Chef-Manier mit. "Außerdem muss dich einer fahren." "Du? Mit dem Fuß?" "Geht schon." Ich gebe mir große Mühe, beim Weg aus der Küche, nicht zu arg zu humpeln. Vielleicht rufe ich doch besser ein Taxi. Autsch! *** ~Marcell~ "Ich hab's doch gesagt!" Habe ich. Oder? "Das hilft uns jetzt auch nicht weiter!" Anton stöhnt genervt aus. Er kommt ja noch nicht mal bis zur Haustür, ohne das Gesicht zu einer schmerzenden Grimasse zu verziehen. "Wir machen jetzt folgendes: Ich verschiebe den Termin beim Anwalt und dann ..." "Nein! Der ist wichtig! Erst zum Anwalt." So ein Sturkopf! "Du musst in ein Krankenhaus! Das muss sich ein Arzt ansehen." "Erst zum Anwalt! Das ist wichtiger." Anton zückt sein Handy und ruft ein Taxi. "Wie willst du denn so laufen?" "Das klappt schon. Die Kanzlei liegt doch ebenerdig." "Sturer Esel!" Anton schaut mich böse an. Ups. "Sagt man so was zu seinem Chef?" "Tut mir leid! Ich wollte nur ..." "Spar's dir", grinst er und ich bin gleich erleichtert. "Na gut. Von mir aus! Aber wehe, du jammerst, wenn dir der Fuß abfällt." "Das passiert schon nicht. ... Kann das wirklich passieren?" Oh je! Vom Taxi bis zur Kanzlei sind es gut acht Meter. Dazu müssen wir über eine Fußgängerampel, die wir gerade so während der Grünphase geschafft haben zu überqueren. "Wird es schlimmer?" "Ich weiß nicht ...", presst Anton hervor und klammert sich an mich. "Ich glaube, der schwillt immer mehr an." Das hat er jetzt von seiner Sturheit! "Wir hätten gleich ins Krankenhaus fahren sollen!" "Jetzt gehen wir erst zu Herrn Friedrich, wo wir schon mal hier sind." "Ist ja schon gut." Mir schleicht sich ein hämisches Grinsen auf die Lippen, das ich aber gleich wieder unterdrücke. "Ich hoffe nur, deine Schuhe waren nicht so teuer." "Warum?" "Falls sie dich da herausschneiden müssen." Bin ich gemein?! "Hallo. Wir haben ein Termin." Ich lächle die Sekretärin freundlich an und wir werden gleich weiter gebeten. Anton ist verstummt und mustert seinen Fuß. Er denkt doch jetzt nicht wirklich, dass er aus dem Schuh geschnitten wird? "Das wird schon. Mach dir mal keinen Kopf", versuche ich ihn zu trösten. "Ich wollte dich doch nur etwas hochnehmen." "Hm." Toll! Ist er jetzt sauer auf mich? Gern hätte ich ihn das gefragt, doch wir werden schon von Herrn Friedrich hineingebeten. Alles in allem bekomme ich von ihm erklärt, dass mein Ex noch immer nicht aufgetaucht ist, was ich mir aber schon gedacht habe. Die ganzen Forderungen an mich sind erstmal auf Eis gelegt und das nimmt mir noch mal eine riesige Last von den Schultern. Einzig die Miete ist noch ein Problem, da ich erstens mit im Mietvertrag stand und ich nicht beweisen kann, dass ich meinen Mietanteil meinem Ex in bar bezahlt habe. Aber ich solle mir darum keinen großen Kopf machen. Vielleicht taucht er ja noch auf und gesteht. Und morgen stoppen wir die Klimaerwärmung und finden unausgebrütete Dodoeier im Bernsteinzimmer! Trotz allem bin ich nach dem Gespräch mit dem Anwalt richtig erleichtert. Einzig mein sturer Boss bereitet mir jetzt noch Kummer. Nach dem Gespräch verfrachte ich ihn auf die kleine Couch, die im Warteraum steht und rufe uns ein Taxi. Danach setze ich mich neben ihn und atme tief durch. "Wie geht es deinem Fuß?" "Besser. Fahren wir gleich nach Hause?" "Was? Nein! Das sieht sich zuerst ein Arzt an!" "Ach was! Das heilt auch von alleine." Spinne ich jetzt, oder er? "Du humpelst doch noch! Wir gehen da kein Risiko ein." "Wir?! Es ist immer noch mein beschissener Fuß und mein beschissenes Geld, das uns das Taxi dorthin kostet!" Erschrocken über Antons Gefühlsausbruch schlucke ich hart. "Ist ja schon gut. Tut mir leid." Scheiße! Das hat eben echt gesessen! Mit dem Boss befreundet sein zu wollen ist wohl doch keine gute Idee gewesen. Arbeit und Privates vermischen sich dennoch immer mal wieder. So was bleibt nicht aus, wenn man sich ständig sieht. Ich senke den Kopf und spiele an meinen Fingern rum. Anscheinend bin ich zu weit gegangen. Wir kennen uns ja kaum und ich behandle ihn wie einen alten Bekannten. Schlimmer noch: Ich versuche meine Gefühle für ihn unter dem Deckmantel der Freundschaft zu verbergen. Klappt nur nicht. Weder das eine, noch das andere. Anton ist und bleibt mein Boss. "Herr Hazold? Ihr Taxi ist da." Ich springe zuerst auf, nicht sicher, ob Anton geholfen haben will. Deswegen bleibe ich stehen und zucke zusammen, als er meinen Arm ergreift. "Ich wollte dich nicht anbrüllen." "Ist schon okay. Dann fahren wir nach Hause." Nach Hause, in die sauteure Wohnung, die meinem Boss gehört und in der ich mich auch noch hinein schmarotzt habe. "Nein. Zum Krankenhaus. ... Hilfst du mir hoch?" Ich nicke perplex und stütze ihn, damit er aufstehen kann. Woher kam denn auf einmal dieser Sinneswandel? *** ~Anton~ Ich dämlicher Idiot! Ich Dummkopf! Ich selten behämmertes Schaf! Warum bin ich nur so ausgetickt? Eigentlich muss ich mich das erst gar nicht groß fragen. Ich weiß es. Leider hilft mir das jetzt auch nicht weiter. Dank meines Wutausbruchs vorhin, benimmt sich Marcell wieder genau so, wie zu Anfang unsres Kennenlernens. Wir sitzen in der Notaufnahme, zusammen mit vielen anderen Verletzten und Marcell sitzt still und in sich gekehrt neben mir. Auf Fragen reagiert er nur automatisch und schaut mich dabei noch nicht mal an. Ich habe alles kaputt gemacht! Wenn ich das wieder reparieren will, muss ich ihm sagen, weshalb ich so drauf war. Allerdings sagt man so was nicht seinem Angestellten. Auf gar keinen Fall! 'Er ist aber kein einfacher Angestellter', protestiert mein Gewissen. 'Er ist viel mehr. Das war er schon von Anfang an.' Weshalb sonst habe ich ihn auch eingestellt, obwohl er sich zu spät für die Stelle beworben hat und danach sogar die Flasche zerdeppert hat? Und warum sonst lasse ich ihn bei mir wohnen, vermittle ihm meinen Anwalt und habe ihm beim Einzug geholfen? Das hätte er auch alles alleine hinbekommen. Ich hätte ihm den Weg zu meinem Anwalt aufschreiben können und auch eine Umzugsfirma bestellen können. Aber nein. Ich habe das alles selbst gemacht, weil er von der ersten Sekunde an mein Interesse geweckt hat und weil ich 'ihn liebe.' Ich räuspere mich. "Marcell?" "Ja?" Er hebt nur den Kopf an, schaut mich aber nicht direkt an. "Bitte hör auf damit." "Mit was denn?" "Damit, wieder so eingeschüchtert zu sein." "Bin ich doch gar nicht. Du bist mein Boss. Du hast jedes Recht dazu, mich in meine Schranken zu weisen." Fuck! Das tut weh! "Hier bin ich aber nicht dein Boss. Hier bin ich ... ein verängstigter Trottel, der solche Angst vor Ärzten hat, dass er einem ihm sehr wichtigen Menschen ungerecht behandelt hat." Endlich schaut er mich an. Überrascht mustert er mich, während sich bei mir das Gesicht rötet. "Du hast Angst vor Ärzten und wolltest deshalb nicht hier her?" "Ja. Jämmerlich, was?" "Mensch Anton!" Marcell lehnt sich zu mir und schiebt seine Hand in meine. "Jeder hat doch vor irgendwas Angst." Er lächelt mir aufmunternd zu und drückt sanft meine Hand. "Kommst du mit ins Behandlungszimmer?" "Klar." Wären hier jetzt nicht so viele Menschen, und hätte ich nicht so viel Bammel vor der nahenden Behandlung, hätte ich Marcell jetzt sicher an mich gezogen. Oder auch nicht. In Liebesdingen bin ich eben ein noch viel größerer Feigling als in einem Krankenhaus umgeben von Ärzten, denen ich keinen Schritt über den Weg traue. Und ausgerechnet ich verletzte mich am Fuß, sodass ich vor diesen Halbgöttern in weiß nicht flüchten kann. 'Wenigstens du bist bei mir', denke ich und lächle Marcell an, der zurücklächelt und mir sagt, dass alles gut wird und ich keine Angst zu haben brauche. Fast könnte ich ihm glauben. ****** Kapitel 9: Kapitel 07 - Fließender Strom ---------------------------------------- Kapitel 07 - Fließender Strom ~Anton~ "Kannst du so liegen?" "Ja." "Ist es auch bequem?" "Furchtbar bequem." Ich fange an zu schmunzeln. Marcells Fürsorge erheitert mich. Im Krankenhaus ist er keine Sekunde von meiner Seite gewichen, hat alles ganz genau beobachtet und sich jedes Wort eingeprägt, das der Arzt zu uns gesagt hat. Mein Knöchel ist geprellt. Nicht arg schlimm, aber ich habe einen verflucht engen Verband drum gewickelt bekommen, den ich aber in drei Stunden wieder abmachen soll. Vor allem aber soll ich den geprellten Knöchel kühlen. Marcell hat dafür extra Kühlpacks aus seinem Eisschrank geholt, die er mir nun um den Fuß herumdrapiert. Sehr hübsch! Und farblich passen sie perfekt zu meinem blauen Verband. Außerdem habe ich eine Salbe und ein Schmerzmittel bekommen. "Sag mal Marcell, kannst du Auto fahren?" "Ja." "Super! Dann kannst du mich nachher in den Club fahren!" Marcell guckt mich an, als hätte ich sie nicht mehr alle. "Du willst Arbeiten?!", fragt er mich entsetzt. "Der Arzt hat gesagt, dass du zwei Tage erstmal gar nichts machen sollst!" Ich verdrehe die Augen. "Im Club sitze ich doch eh nur auf meinem Bürostuhl." "Du sollst deinen Fuß still und hoch halten." "Ich stell einen Stuhl hin und lege ihn da drauf", sage ich achselzuckend. "Zwei Tage! Danach reden wir über das Thema Arbeit vielleicht mal weiter." Marcells Tonfall duldet keinen Widerspruch. Kann der streng sein! Doch so schnell gebe ich nicht auf. "Ich kann den Club nicht allein lassen. Das ist unmöglich!" Marcell, der sich nun neben mir aufs Bett setzt, denkt nach. Dabei kaut er auf seiner Unterlippe rum, was einfach zum anbeißen aussieht. "Kannst du nicht jemanden fragen, ob er das für dich übernehmen kann?" "Ich wüsste nicht wen." "Die Buchhaltung kannst du ja nachholen." Ich stöhne genervt aus. Buchhaltung nachholen! Als ob ich nicht schon genug zum Nachholen habe. "Oder ich mach sie." "Du?!" "Glaub es, oder glaub es nicht, aber ich kann Zahlen in einen Computer eintippen." "Darum geht es doch gar nicht. Die Abrechnung muss gemacht werden! Bestellungen, Preisverhandlungen, die Meldungen der Arbeitnehmer … Da müsste ich dich erst einarbeiten." Hilflos atmet Marcell tief ein und wieder aus. "Fakt ist auf jeden Fall, dass du jetzt krank bist und dich schonen musst. Da führt kein Weg dran vorbei. Überlege doch noch mal, ob du da wirklich niemanden kennst der sich damit auskennt. Ich kümmere mich in der Zwischenzeit um den Einkauf, damit du mir nicht noch verhungerst." Geschlagen nicke ich, verschränke aber die Arme miteinander. Im Grunde müsste mir nur jemand die Abrechnung vorbeibringen und das Geld zum Bankschließfach bringen. Den Rest kann ich auch noch in drei Tagen erledigen oder an meinem Laptop, auch wenn sich die Arbeit bis dahin sicher auf meinem Schreibtisch stapelt. Und außerdem ... So sehr ich auch meine Arbeit liebe und auch ganz gern mal Überstunden mache, seit zwei Wochen tue ich das alles gar nicht mehr sooo gerne. An was, oder sollte ich besser sagen: An wen das nur liegt? Nach langem hin und her überlegen habe ich schlussendlich Theo angerufen. Er will gleich vorbeikommen, dann besprechen wir alles Wichtige. Theo ist der Einzige, dem ich die Aufgaben im Club anvertrauen kann und der sich zudem mit den Abläufen im Arbeitsalltag dort auskennt. Ich bin eben ein Kontrollfreak und alles was meinen Club angeht mache ich lieber selbst, damit ich auch weiß, dass es ordentlich gemacht ist. Wenn ich könnte, würde ich wahrscheinlich alles alleine machen. Was natürlich nicht geht. Der Aufzug gibt ein monotones PLING von sich. Das kann nur Marcell sein! "Der Verband muss ab!", tönt es auch schon zu mir ins Schlafzimmer herüber und schon steht er im Türrahmen und strahlt mich an. Mein Herz schlägt sofort schneller, was meinen Knöchel unangenehm pulsieren lässt. "Endlich! Der schnürt mir allmählich die Blutzufuhr ab", brumme ich und ruckle mich in eine sitzende Position. Marcell setzt sich wieder auf mein Bett und betastet ganz vorsichtig meinen Fuß. Niedlich. "Dann zeigt mal her eure Füßchen." Schicht für Schicht wickelt Marcell mir den Verband vom Fuß und ich atme erleichtert aus, als er endlich ab ist. "Ganz blau", sagt er und streicht vorsichtig mit einem Finger drüber. Ich bekomme auf der Stelle eine Gänsehaut. "Ich mach dir die Salbe mal drauf." Ist es nicht goldig, wie er sich um mich kümmert? Und es fühlt sich auch verdammt gut an, wie er mir die Salbe auf die Haut schmiert. Dabei geht er so sachte vor, dass sich die Gänsehaut noch einmal verstärkt. Doch der Spaß hält nicht lange an. Das nächste Mal verstauche ich mir eine größere Stelle. 'Oder eine andere ...' "Ich muss heute ja erst später in den Club. Solange bleibe ich bei dir und falls was sein sollte, wenn ich im Velvet bin, dann ruf mich an, ja?" "Du musst nicht meine Krankenschwester spielen." "Mach ich aber!", pflaumt er mich an und grinst dabei frech. "Gut. Wenn du hier bleiben willst, dann komm her." Ich klopfe auf die freie Bettseite neben mir und halte die Luft an. Wird er es tun? "Ich soll mich neben dich legen?" "Anders geht's nicht. Ich darf ja nicht aus dem Bett." Nach einem kurzen Zögern, wobei man ihm genau ansieht, dass er mit sich kämpft ob er es tun soll oder nicht, entscheidet er sich für das Richtige. Er steht auf, geht um mein Bett herum und krabbelt neben mich. Ich habs doch gesagt! Wie ich einen Kerl in mein Bett bekomme, weiß ich. "Wollen wir etwas fern sehen?" "Können wir." Tja. In meinem Bett habe ich ihn zwar, aber wie mache ich jetzt weiter? ~Marcell~ Gott, wie schnell mein Herz schlägt! Jetzt, wo ich neben ihn liege, muss ich an meine kleine Spannerei von vor zwei Wochen denken. Wie Anton hier gelegen hat. Nackt und zum anbeten. Und im Moment trägt er auch nur eine Boxershort, da es mit dem Fuß einfach bequemer für ihn ist. Ich darf gar nicht darüber nachdenken! Gezwungen starre ich auf den Bildschirm vor uns an der Wand, bekomme aber gar nichts von der Handlung darin mit. Antons unmittelbare Nähe lässt meine Härchen aufrecht stehen und meine Haut kribbeln. Als stünde er unter Strom und ich merke die von ihm ausgehende Spannung, spüre die geladenen Teilchen, die zwischen uns umherschwirren. Seine Hand liegt direkt neben mir. Mit ihr hält er die Fernbedienung und zappt immer mal wieder auf ein anderes Programm. "Es läuft nichts Ordentliches", brummt er und wedelt mit der Fernbedienung vor meinem Gesicht herum. "Such du was aus." Ich denke nicht groß nach, greife mir das Ding und berühre so einen seiner Finger. Ganz zufällig natürlich, aber die zuvor gespürte Spannung zwischen uns springt rüber zu mir und ich ziehe erschrocken meine Hand zurück. Die Fernbedienung fällt auf die Bettdecke "Oh! ... Sorry", hauche ich leise. "Nix passiert ..." Wir sehen uns an. Nicht einfach mal so zwischendurch. Es ist dieses nervenaufreibende Anstarren, wobei man sich nicht sicher ist, ob der andere es auch spürt, dass gerade etwas zwischen uns entsteht und die ersten Funken sich beginnen zu formen. So wie damals im Fahrstuhl, nur noch viel intensiver. Soll ich es wagen? Soll ich mich einfach zu ihm rüberlehnen und ... Zu spät! Ich keuche auf und kann es kaum fassen, aber Anton hat seine Hand auf meine Wange gelegt und kommt immer näher. Der Funke ist eindeutig übergesprungen! Ich schließe die Augen und hebe mein Kinn an, um ihm zu signalisieren, dass ich es auch will. Unbedingt! Und als sich unsre Lippen endlich berühren, bringen die heißen Funken meinen Körper zum glühen und zum kribbeln. Ich kann es nicht glauben, dass das 'nur ein erster, scheuer Kuss' sein soll. Das ist mehr! Viel mehr! Das ist alles! Dabei tun wir noch gar nichts, außer unsre Lippen aufeinander zu legen und in spannender Erwartung abzuwarten, was der andere als nächstes tun wird. Und dann ist es wieder Anton, der zuerst handelt, seine Lippen leicht öffnet, sie gegen meine bewegt und mich dazu animiert ihn zurück zu küssen. Ich könnte auf der Stelle sterben! Glücklich sterben und in diesem Kuss zerfließen! Der Kuss dauert nicht lange, zwar kommt es mir so vor, aber ich weiß, dass das nur ein erstes, vorsichtiges Antasten war. Ein Test, ob es sich lohnt weitere Küsse miteinander auszutauschen. Und das tut es! Hierfür lohnt sich alles! Ich öffne meine Augen wieder und schaue in Antons schokobraune Gegenstücke. Sie leuchten und sind geweitet. Ein mehr als gutes Zeichen! Anton öffnet seinen Mund, sagt was, aber ich kann nicht hören was. So laut rauscht das Blut in meinen Ohren. Ebenso wie mein Herzschlag, der laut gegen meine Brust donnert. Ich lächle einfach und setzte zu einem zweiten Kuss an, doch Antons Hand legt sich auf meine Brust und lässt mich innehalten. "... klingelt." "Was?" "Es hat geklingelt. Könntest du ...?" Jetzt höre ich es auch. Warum gerade jetzt?! "Bin schon unterwegs", sage ich mit rauer, etwas enttäuschter Stimme und stehe auf. Vorm Aufzug drücke ich auf die Sprechanlage. Nur um sicher zu gehen räuspere ich mich einige Male. "Hallo?" "Theo." Theo? Warum ist ... Ach! Ich erinnere mich wieder! Er wollte vorbeikommen wegen dem Bürokram im Velvet. "Komm hoch." Ich schalte den achten Stock frei und lehne mich gegen die Wand neben dem Aufzug. Ist das eben im Bett wirklich passiert? Haben Anton und ich uns wirklich geküsst? Ich lecke mir über die Lippen. Ja. Haben wir. Oh Gott! Wir haben uns geküsst! Und es war der beste Kuss meines Lebens! ~Anton~ "Klopf, klopf." Theo steht vor mir und schaut auf mich runter. "Wie ist den das passiert?" Leicht amüsiert mustert er meinen blauen Knöchel. "Bin aus dem Bett gefallen ... Ist Marcell noch da?" "Nein. Der ist mit dem Aufzug wieder runtergefahren." Panik steigt in mir hoch. Wieso ist er gegangen?! "Ich muss zu ihm!" Ich rapple mich auf, doch Theo drückt mich runter. Dieser vermaledeite Kraftprotz! "Theo!" "Du bleibst liegen. Marcell hat mir aufgetragen, dass du dich nicht rühren darfst." "Hat er was gesagt, warum er gegangen ist?" "Sicher will er uns nicht stören." Hoffentlich ist es nur das! Was, wenn ihm der Kuss nicht gefallen hat? "Sag mal Anton. Muss ich da was wissen?" Ich blicke zu Theo, der sich vor mein Bett hockt. Was solls? Ihm kann ich es erzählen. "Wir haben uns eben geküsst." "Echt? War es deswegen hier?" "Nein, quatsch!" Ich rutsche in eine sitzende Lage, ganz vorsichtig natürlich und schalte den Fernseher aus, der noch immer läuft. "Er wohnt unten in der freien Mietwohnung." Theo hebt eine Augenbraue. Schweigsam wie immer, der Gute. "Du willst alles von Anfang hören?" Er nickt. "Dann setzt sich lieber neben mich. Könnte etwas dauern das Ganze." Und dann fange ich an. Erzähle ihm alles bis zu der Sekunde, in der er hier aufgetaucht ist und unsre Zweisamkeit unterbrochen hat. Nichts lasse ich dabei aus. Auch nicht die peinlichen Details wie die Sauerei in meinem Gästebett und meiner Angst vor Ärzten. Es sprudelt einfach aus mir und es tut gut, es endlich jemanden zu erzählen. Theo, der im Schneidersitz am Fußende meines Bettes sitzt, hat sich dies alles still angehört und schweigt noch immer, obwohl ich schon vor Minuten aufgehört habe zu reden. Er denkt nach. Das kenne ich von ihm schon zu Genüge. "War der Kuss so gut?", fragt er schließlich und verzieht keine Miene dabei. "Mehr als das", gebe ich zu. "Es war, als wäre die Welt um uns herum stehen geblieben. Das habe ich noch nie erlebt. ... Ich weiß nicht, ob du das verstehen kannst." Theo schmunzelt und klopft mir aufs Schienbein. "So ungefähr kann ich das nachfühlen." "Ach ja. Dein Matthias." Eben fällt es mir wieder ein. Theo hat ja auch jemanden gefunden. "Genau. Mein Matthias." Theo sieht wirklich viel entspannter aus als sonst. Und verdammt glücklich. "Muss schön sein, jemanden an seiner Seite zu haben." "Das Schönste überhaupt", sagt er und bekommt richtig leuchtende Augen. Seufzend fahre ich mir mit der Hand durch die Haare. "Du überlegst, ob du es wagen sollst. Hab ich recht?" Seit wann ist Theo ein so guter Gedankenleser geworden? "Woher wusstest du, dass Matthias derjenige welcher ist? Warst du dir von Anfang an sicher?", stelle ich ihm eine Gegenfrage. "Eigentlich ja. Du kennst mich Anton. Meine Liebe musste man sich bis jetzt immer erkämpfen. Doch bei Matthias war das ganz anders. Wir lernten uns kennen, redeten noch nicht mal viel miteinander und schon küssten wir uns." "So glatt lief das mit euch?" Beneidenswert! "Nun ja. Nicht ganz. Meine Eifersucht stand mir öfter im Weg, aber ich denke, wir haben das bis jetzt hinbekommen und werden auch weiterhin schaffen. Spätestens wenn Matthi endlich zu mir zieht." "Uff! Echt? Ihr wollt den nächsten Schritt wagen?" "Ja." Mein Bauch kribbelt, als ich Theos Lächeln sehe. Ich will das auch. Ich wusste es zwar vorher nicht, aber ja. Ich will auch so dümmlich grinsen, Herzchen in den Augen haben und mein Leben mit jemanden teilen. Nein! Nicht mit irgendjemanden! Mit Marcell. "Okay! Jetzt sag mir, was ich im Club alles erledigen werden soll, während du außer Gefecht gesetzt bist!" Theo strafft sich und kramt einen kleinen Block hervor. "Du bist ja gut vorbereitet." "Sonst vergesse ich noch die Hälfte", sagt er leise und kritzelt wahllos auf dem Block rum. "Es wird nur zwei Tage dauern. Dann bin ich wieder einsatzbereit." "Denkst du! Ein geprellter Fuß ist nicht auf die leichte Schulter zu nehmen! Merk dir das!" "Ja ja." Genervt verdrehe ich die Augen. Sollen sie doch alle reden. Ich mache eh das, was mir passt. "Wenn du in zwei Tagen wieder im Velvet auftauchst, prügle ich dich eigenhändig nach Hause!" "Grobian!" Theo schmunzelt und ich fange an ihm alles Wichtige zu erklären. Als ich damit fertig bin, kratzt er sich ungläubig am Kopf. "Das machst du alles? Jeden Tag?" "Ja." Nun sieht er mal, was man als Selbstständiger alles zu erledigen hat, damit der Laden läuft. "Bekomme ich eine Gehaltserhöhung?" Lachend stimme ich zu. "Du wirst sowieso Überstunden machen müssen, wenn es ganz dicke kommt." "Ganz dicke?!" "Na, wenn die Lieferanten wieder Stress machen, oder deine Kollegen kommen und Sonderwünsche bezüglich der Arbeitsaufteilung haben. Telefonate mit den Wochenendliveacts und deren Gagenhöhe ..." "Moment mal! Diese Gagengespräche ... Soll ich die wirklich machen? Vertraust du mir so sehr?" "Bespreche sie vorher mit mir. Mein Handy liegt immer griffbereit und wegrennen kann ich auch nicht." Das beruhigt Theo. "Keine Sorge. Ich bin mir sicher, wenn es einer schafft meinen Club zu schmeißen, dann du." "Dein Vertrauen in mich hätte ich auch gern." "Mach dir keinen Kopf. Falls was ist, ruf mich an. Ich komme vorbei und ..." "Forget it! Du kümmerst dich jetzt erstmal um dich! Wie lange hast du das schon nicht mehr gemacht?" Ich zucke mit den Achseln. "Ohne Arbeit gehe ich eben ein", erkläre ich, da Theos linke Augenbraue nach oben wandert. "Weißt du was? Sieh das mit deinem Fuß als Zeichen, dass du die Arbeit mal hintenan stellen solltest. Du hast außerdem viel wichtigeres zu erledigen wie es scheint." Theo zwinkert mir zu, was bei einem Mann von seinem Kaliber nur lächerlich aussieht. Sorry Theo, aber das ist es nun mal. "Ja, gut. Ich liege brav in meinem Bett und glotze fern." "Und sagst Marcell, dass er dich gesundpflegen soll." Hm ... Das könnte mir sogar mehr gefallen, als in meinem Büro zu hocken und meinem süßen Barkeeper beim Arbeiten zuzusehen. *** ~Marcell~ "Du hast alles?" "Ja." "Mein Handy habe ich einstecken. Nur für den Notfall." "Ich weiß." Anton grinst mich breit an und zieht sich die Decke höher. "Also sprechen wir später darüber, was hier vorhin passiert ist?" Uh! Ich hatte gehofft, diesem Thema erstmal aus dem Weg gehen zu können. "Gibt es denn darüber was zu besprechen?", frage ich und bin froh, dass ich schon im Türrahmen stehe und nicht direkt vor seinem Bett. "Ich weiß nicht. Eigentlich ist alles klar, oder?" Ich nicke. "Ich wollte auch nur wissen, ob das eine einmalige Sache war, oder ob ..." "Nein! Ich meine ... Es war schön!" Was stottere ich mir denn da zurecht? "Der Kuss war wirklich schön", sage ich noch mal und schaue in Antons Augen. "Ja. Das war er." Kurz verschleiern sich seine Augen, dann atmet er tief ein und deutet auf seinen Fuß. "Kannst du mir noch mal die Salbe drauf machen? Dann brauch ich mich nachher nicht mehr zu verrenken." "Natürlich!" Ich stoße mich vom Türrahmen ab und trete an den Nachttisch, auf dem die Salbe liegt. Sein Fuß ist schnell eingerieben und ich lege die Salbe wieder zurück, will mich gerade von Anton verabschieden, als er mich am Arm packt. "Anton!" Erschrocken bleibe ich stehen und sehe zu, wie er sich nach mir ausstreckt, meinen Arm gleichzeitig mit sanfter Gewalt nach unten zieht. Nach der ersten Schrecksekunde muss er das aber gar nicht mehr, denn ich beuge mich ihm ganz von selbst entgegen. Unsre Lippen treffen sich und wie beim ersten Mal explodieren in mir sämtliche Atome und ich scheine nur noch zu existieren, weil Anton mich berührt. Benommen komme ich wieder zu mir, mein Gesicht noch immer ganz dicht vor Antons. Ich habe gar nicht mitbekommen, dass ich zu ihm ins Bett gestiegen bin! Seine Arme liegen auf meinem Rücken, wobei eine seiner Hände meinen Nacken krault. Halb auf der Matratze, halb auf ihm sortiere ich meine durcheinandergeratenen Gedanken. "Ich muss los", flüstere ich und rutsche vom Bett. "Kommst du danach zu mir?" "Wenn du willst." "Unbedingt!" Mit wird ganz heiß bei seinen Worten. Wenn ich jetzt nicht gehe, dann muss ich mich bei meinem Boss leider krankmelden. Damit meine ich diesmal nicht Anton. Theo übernimmt ja jetzt all seine Aufgaben. "Bis nachher." "Ich warte auf dich." Eilig haste ich zum Aufzug, drücke wie ein Bekloppter auf die Taste und bete, dass er da ist, bevor ich es mir doch noch anders überlege. 'Ich warte auf dich.' Mir rinnen heiße Schauer über die Haut. Mit den Nerven völlig am Ende, steige ich aus Antons Wagen. Ich bin lange kein Auto mehr gefahren und jetzt weiß ich auch wieder wieso. Der Stadtverkehr ist mörderisch! Piepsend verriegele ich die Luxuskarre und laufe zum Hintereingang des Clubs. In der Umkleide ziehe ich mir schnell das T-Shirt über und binde mir im Gehen die Schürze um. Ich bin fast zehn Minuten zu spät! "Wo bleibst du denn?!" Laurin guckt mich böse an. "Tut mir leid. Ich hatte einen kleinen Notfall." "Was Ernstes?" Besorgt mustert mich Laurin, doch ich beruhige ihn. "Nein. Es gab nur noch was zu regeln." "Dann ist gut. ... So! Ab jetzt an die Front!" "Verstanden Herr Obergeneral!" Ich stehe stramm und Laurin schüttelt den Kopf, bevor er mich grinsend hinter die Bar jagt. Dann mal ran an den Speck! Ich will ja nicht, dass Antons Club den Bach runter geht solange er Zuhause liegt und seinen Fuß schonen muss. *** ~Marcell~ Sorgfältig hänge ich meine Schürze in den Spind und ziehe das Shirt aus, welches gleich in die Wäschetonne neben dem Regal mit den frischen Shirts für Morgen steht, hinein wandert. Jetzt noch mal schnell auf die Toilette und dann nichts wie nach Hause! Ich freue mich schon so auf Anton! Vielleicht können wir ja dort weitermachen, wo wir aufgehört haben? Der Flur ist leer und ich betrete den Waschraum. Ich schließe mich in eine der Kabinen ein, da ich ungern an die Pissoirs stelle. Ist so eine Macke von mir. Und meine Entscheidung scheint richtig gewesen zu sein, denn kaum bin ich fertig, und möchte gerade die Spülung drücken, kommen zwei meiner Kollegen rein. "Theo! Bitte! Sein Wagen ist doch hier! Warum ist er nicht hier?! Wo ist er?" Das ist doch die Stimme dieses Tänzers! Sebastian! Ich halte inne und lausche neugierig weiter. "Er ist krank. Habe ich dir doch schon gesagt." "Und wie kommt sein Auto hier her?" "Keine Ahnung." Es plätschert leise. Ist dieser Sebastian Theo etwa bis ans Becken gefolgt?! Wie unangenehm! "Theo!" "Zisch schon ab Kleiner. Oder ich feuer dich." Ui! "Das kannst du gar nicht." "Sei dir da mal nicht so sicher." Vielleicht sollte ich Theo von meinem Verdacht berichten, was mit meinem Fahrrad passiert ist? Lieber nicht. Nicht, dass meine Befürchtungen doch noch wahr werden und Sebastian irgendwelchen Schwachsinn über Anton und mich ausplaudert. "Das würde der Boss niemals zulassen. Ich bin sein Liebling." Theo lacht sarkastisch, sagt noch was, doch das höre ich nicht mehr. Ich sinke auf den Toilettendeckel nieder und muss einige Male schlucken. Dieser miese, kleine Twink! Denkt der immer noch, Anton würde ihm Sonderleistungen zusprechen? "Hau schon ab Sebbi. Ich kann dir auch nichts Genaues über den Boss sagen." Das Theo lügt nehme ich ihm noch nicht mal übel. Diesem Twink würde ich auch nichts verraten. Die Spülung geht, dann Wasserrauschen. Die Tür schlägt zu und ich lausche. Alles still. Vorsichtig öffne ich die Kabinentür und schaue mich um. Ich bin wieder allein. Ich würde doch mal zu gern wissen, was da zwischen Anton und diesem Tänzer lief, dass er so davon überzeugt ist, Antons Liebling zu sein. Erfahren werde ich es wahrscheinlich nie, denn ich werde Anton ganz sicher nicht darüber ausfragen. Und Sebastian erst recht nicht! Endlich wieder aus diesem höllischen Auto entstiegen, schwanke ich auf die Eingangstür zu. Selbst hinter dem Steuer zu sitzen ist einfach nichts für mich! Morgen besorge ich mir auf alle Fälle neue Fahrradreifen. Das hält auch hoffentlich eine bestimmte neugierige Tänzernase aus Sachen raus, die sie nichts angehen. Ich fahre gleich hoch in den Achten, steige leise aus dem Fahrstuhl und werde sofort von Alfredo belagert. Da hat jemand hunger. Ich füttere ihn schnell, damit er mit seinem Gejaunse nicht noch Anton weckt und gehe dann nachschauen, ob bei meinem Boss alles okay ist. Vorsichtig stecke ich meinen Kopf durch die Schlafzimmertür. Anton schläft. Tür wieder leise zu und dann düse ich wieder runter in meine Wohnung. Dort springe ich schnell unter die Dusche, ziehe mich an, packe noch etwas zu Essen für Morgen früh ein und fahre wieder hoch in Antons Wohnung. Es ist wirklich besser, wenn ich die nächsten Nächte hier bleibe. Nur für alle Fälle. Nicht, dass ich denken würde, Anton bräuchte jetzt allumfassende Betreuung und Pflege, aber ich traue ihm durchaus zu, dass er nicht auf den Ratschlag des Arztes hört und unerlaubte Arbeiten erledigt. Falls er das vorhat, werde ich das hoffentlich unterbinden können. Und außerdem ... Ich würde es gar nicht alleine unten in der Wohnung aushalten nach unserem Kuss. Ich muss nur daran denken und schon setzt das heiße Kribbeln ein, das in meinem Schoss beginnt und sich über meine Wirbelsäule hinauf in meinen gesamten Körper ausbreitet. Mich hats erwischt! Und zwar volle Breitseite! So schnell ich kann verlasse ich meine Wohnung, springe in den Aufzug und fahre wieder hoch. Das Essen in den Kühlschrank gepackt, schaue ich noch mal nach meinem Patienten und seufze leise, weil ich am liebsten zu ihm ins Bett krabbeln möchte, es aber besser sein lasse. Wir haben uns erst zwei Mal geküsst! Da kann ich nicht einfach zu ihm unter die Decke krabbeln! Schweren Herzens schließe ich die Tür wieder und gehe ins Gästezimmer. Dann mal fix die Augen zu und schlafen, damit ganz schnell der nächste Morgen beginnt und ich sehen werde, was der morgige Tag so bringen wird. *** ~Anton~ Kaffee. Frische Brötchen. Kann ich da sogar Marmelade erschnüffeln? Erdbeere, wenn mich nicht alles täuscht und ... Mrrr! Katzenfutter! "Alfredo! Runter da! Husch!" Marcell verscheucht meinen aufdringlichen Kater. Ich unterdrücke nur schwer ein Grinsen und bin froh, dass mein Gesicht fast gänzlich im Kissen verborgen ist. So kann ich mich noch schlafend stellen und aus ganz, ganz schmalen Schlitzen Marcell dabei beobachten, wie er meinen grauen Kater aus dem Schlafzimmer jagt. "Sei mal froh, dass du ihn nicht wach gemacht hast!", zischt er leise und bedenkt meinen Kater mit einem strafenden Blick, der sich davon aber wenig beeindrucken lässt. Nun sitzt er vor der offenen Schlafzimmertür und putzt sich das Fell. "Der hat mich nicht geweckt. Das war eher der leckere Duft nach Frühstück und Kaffee." "Oh!" Marcell dreht sich zu mir. "Morgen. Wie geht es deinem Fuß?" "Weiß nicht." Ich bin noch nicht mal richtig wach und er will wissen, wie es meinem Fuß geht? "Ich glaube, er pocht etwas." "Lass mal sehen!" Ungnädig wird mir die Bettdecke entrissen und kalte Luft strömt an meine Beine. "Bist du morgens immer so rabiat?", will ich wissen und ziehe wenigstens meinen gesunden Fuß wieder unter die warme Decke. "Nein, ich ... Tut mir leid. Du willst sicher noch ein wenig schlafen." Decke zu und Marcell huscht schon wieder in Richtung Zimmertür. "Marcell?" "Ja?" "Hau jetzt bitte nicht ab." Ich drehe mich auf den Rücken und rutsche in eine bequemere Position. "Wie war es gestern im Club? Lief alles wie gewohnt?" "Willst du das jetzt besprechen, bevor du was im Magen hast?" "So schlimm lief es?" Oh je! Ich habs gewusst! Ohne mich geht alles drunter und drüber! "Das meine ich nicht damit. Ich mache dir nur schnell ein Tablett mit was zu Beißen fertig, dann reden wir." Mein knurrender Magen scheint auch der Ansicht zu sein, dass Essen jetzt viel wichtiger ist als mein Lebenswerk, weshalb ich zustimme und abwartend in meinem Bett ausharre. Dabei fällt mir auf: Ich muss mal! Marcell ist noch in der Küche beschäftigt, also nichts wie auf die Toilette. Leider erwischt er mich, als ich wieder in mein Bett schleichen will. "Was wird das? Du sollst liegen bleiben!" "Ich musste mal. Oder willst du das für mich in die Hand nehmen?", klaube ich ihm den Wind aus den Segeln. "Äh ... Nee!" Jetzt wird er rot. Niedlich! Ungeachtet des vollen Tabletts, das er vor sich trägt, greife ich in seinen Nacken und ziehe ihn zu mir ran. Geschirr klappert und sein abgehackter Atem streift mein Gesicht, bevor ich ihm einen ganz kleinen Kuss raube und mich dann auf dem Bett niederlasse. "Wie lief es gestern? Erzähl schon." "Also ... ähm ..." "Gib das Tablett her und setzt dich", unterbreche ich Marcells Gestottere. "So. Wie wars gestern Abend?" Marcell hat es sich neben mir gemütlich gemacht und zum Glück wieder etwas gefangen, als er beginnt mir alles zu erzählen. "Es lief wie immer. Zwar wurde gefragt, wo du warst, aber Theo erklärte allen, dass du krankt bist und er die nächsten Tage alles regelt. Bei Fragen sollen wir uns an ihn wenden und so weiter und sofort." "Das hört sich doch gut an." Zufrieden genehmige ich mir ein Marmeladenbrötchen. "Und war sonst noch was?" "Nein. ... Na ja. Bis auf Sebastian." Oh nein! Was ist den mit ihm schon wieder? "Er hat gesehen, dass dein Auto hinterm Club steht und hat Theo gelöchert, wo du bist. Er hat einfach nicht geglaubt, dass du nicht da bist." Genervt stöhne ich auf und trinke einen Schluck Kaffee. "Am besten, ich fahre wieder mit dem Rad hin." "Ja. Ist sicher besser so", sage ich nachdenklich. Es passt mir ganz und gar nicht, dass Marcell alleine, mitten in der Nacht, mit seinem Rad durch die Straßen fährt. Oh je! Jetzt werde ich auch noch zur Glucke! Was ein Kuss doch alles verändern kann. Oder besser gesagt: Drei Küsse. Hmm ... Ich glaube, die nächsten Tage werden noch arg interessant werden! Das fühle ich ganz deutlich, als ich Marcell neben mir anschaue, wie er mich scheu anlächelt und ich das Selbe in seinen Gesichtszügen sehe, das auch ich fühle. Sehnsucht nach dem nächsten, unglaublich schönen Kuss. ****** Kapitel 10: Kapitel 08 - Geladene Teilchen ------------------------------------------ Kapitel 08 - Geladene Teilchen ~Marcell~ "Das gibts nicht! Verdammt!" Zum x-ten Mal durchwühle ich meinen Spind. "Was denn?" "Meine Schürze ist weg!" "Vielleicht hast du sie Zuhause liegen lassen", sagt Laurin achselzuckend. "Habe ich nicht! Gestern Abend habe ich sie hier reingehängt! Da bin ich mir sicher!" "Nimm dir eine Neue und komm endlich. Theo tobt schon." "Ist gut." Soll Theo doch toben! Ich bin geladen! Was ich Laurin nämlich verschwiegen habe ist, dass das schon die dritte Schürze ist, die aus meinem Spind verschwunden ist. Heute Abend nehme ich sie mit nach Hause! Soviel steht fest. Eilig nehme ich mir eine Neue, binde sie mir um und betrete meinen heutigen Arbeitsbereich. Gleich bin ich mitten drin im Trubel, bediene sofort meinen ersten Gast für heute und erhalte ein saftiges Trinkgeld. Vielleicht wird der Abend ja doch noch gut! Wie immer vergeht die Zeit wie im Flug, wenn ich arbeite. Der Job macht mir noch immer riesigen Spaß und ich merke gar nicht, dass meine Ablöse schon da ist. "Du hast schon längst Feierabend!", brüllt mir Sören zu, der plötzlich neben mir auftaucht. "Du sollt aber noch mal zu Theo hoch, hat mir eben Joe gesagt." "Ist gut!" Ich ziehe noch schnell meinen letzten Gast für heute ab und trolle mich, damit ich den anderen Jungs nicht im Weg rumstehe. Was ich bei Theo soll, kann ich mir schon denken. Sicher bekomme ich gleich einen Ordner in die Hand gedrückt, den ich mit zu Anton nehmen soll. Seit vier Tagen hat Theo nun schon das Zepter des Clubs in der Hand, und es läuft wie geschmiert. Anton hat die Chance genutzt und kuriert sich richtig aus, was mich ungemein erleichtert. Nicht nur, weil ich schon vorher der Meinung war, dass er dringend mal ausspannen sollte. Und ich gebe mein Bestes, dass er das auch ausgiebig tut. "Theo?" Ich klopfe an die Bürotür und höre ein gebrummtes Herein. "Du wolltest mich sehen?" "Ja. Kannst du das gleich mitnehmen? Anton muss da was unterschreiben und gleich wegfaxen. Hat er ein Fax bei sich in der Wohnung?" "Gute Frage. Keine Ahnung." "Er wird schon wissen, was zu tun ist." Ich bekomme einen dinA4 großen Umschlag in die Hand gedrückt. "Schönen Abend euch noch." "Danke ..." Ich will echt nicht wissen, was Theo über mich und Anton denkt. Wahrscheinlich, dass zwischen uns was läuft. Tja, aber leider kann ich das nicht gerade bestätigen, falls mich jemand zu einer wahren Antwort zwingen würde. Außer gelegentlichen, kleineren Knutschattacken läuft bei uns nämlich gar nichts! Keinen Schimmer woran es hängt, aber es will nicht so richtig anlaufen zwischen uns. Das kann auch daran liegen, dass ich viel zu schüchtern in der Angelegenheit bin. Die Küsse gehen deshalb auch immer nur von ihm aus. Ich selbst traue mich einfach nicht, mich ihm anzunähern. Das sollte ich aber vielleicht mal tun! Ja, ja Marcell. Das nimmst du dir jetzt wieder vor und dann kneifst du wieder! Immer das Selbe! Ich verabschiede mich von Theo und gehe wieder runter in den Club. In Gedanken versunken laufe ich in die Umkleiden, ziehe das Shirt aus und packe meine Schürze in eine Tüte. Die kommt jetzt mit! Dem Umschlag stecke ich auch dabei und laufe dann zum Hinterausgang hinaus. Umständlich krame ich den Schlüssel für mein Fahrradschloss aus meiner Hosentasche und gehe zu der Straßenleuchte, an der ich mein Rädchen angekettet habe und schreie ungläubig auf. "Scheiße!" Mein Fahrrad ist weg! Dort, an der Laterne, wo ich es vorhin noch angebunden habe, liegt nun das geknackte Schloss auf dem Boden und sieht aus, als habe es jemand mit einem Bolzenschneider bearbeitet. "Verflucht!" Angepisst schaue ich mich um. Niemand zu sehen. Und nun? Ich habe natürlich wieder meine Monatskarte nicht dabei und Geld habe ich auch keins. Ach doch! Mein Trinkgeld! Aber was stelle ich jetzt wegen meinem Fahrrad an? Ich meine, es ist ein alter Drahtesel, aber die Reifen waren dank der Messerattacke neulich brandneu. Und teuer. Da ich aus Erfahrung weiß, dass eine Anzeige so gut wie nichts bringt und ich um diese Uhrzeit sowieso nicht mehr viel erreichen kann, beschließe ich erstmal nach Hause zu fahren. Ich habe jetzt echt keinen Kopf mir darüber noch Gedanken zu machen. Aber wenn ich raten müsste, wer mein Fahrrad entführt hat, dann bräuchte ich nicht lange darüber nachzudenken. ~Anton~ Zufrieden begutachte ich mein Werk. "Perfekt!" Lobe ich mich selbst. Jetzt nur noch etwas Musik und das wars. Alfredo ist im Gästezimmer eingesperrt, damit er nicht das gute Essen ruinieren kann und ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass Marcell gleich hier sein müsste. Ich habe mir von meinem Lieblingsrestaurant ein dreigängiges Menü nach Hause liefern lassen. Nur für Marcell und mich. Sozusagen als Dankeschön, dass er sich so hinreißend um mich gekümmert hat die letzten Tage. Und natürlich auch, um unser kleines Techtelmechtel endlich ein klein wenig zu vertiefen. Ich weiß nicht wieso, aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass da noch was zwischen uns steht. Leider habe ich keine Ahnung, was genau das sein könnte, sonst hätte ich schon längst was dagegen getan. Aber ich werde es schon noch aus der Welt schaffen. Ganz sicher! Vielleicht braucht Marcell einfach noch etwas mehr Sicherheit. Oder es liegt an seinem Ex, dass er noch nicht bereit dazu ist, war Neues anzufangen. Falls es an Letzteren liegt, werde ich mich wohl oder übel noch ein wenig gedulden müssen. So was braucht sicher Zeit, die ich ihm natürlich auch gerne geben werde. Inzwischen ist es mir auch total egal, dass ich damit meine eigens aufgestellten Regeln breche. Ich muss nur in Marcells Augen blicken, ach was sage ich?! Ich muss nur an ihn denken, schon weiß ich, dass ich nur ihn will und werde unruhig, weil ich die Sekunden zähle, bis er endlich wieder bei mir ist. Kurzum: Ich bin total verschossen in meinen kleinen Barkeeper! Und ich kann noch nicht mal genau sagen, wann es mich so dermaßen erwischt hat. Diese Gefühle waren plötzlich da und lassen sich partout nicht mehr verscheuchen. Hinter mir höre ich, wie der Aufzug nach unten fährt. Er kommt! Schnell zünde ich die Kerzen an und nein! Die sind nicht zu viel des Guten. Kerzenschein gehört eben zu einem Abendessen dazu! Das ist jedenfalls meine Meinung. Das vertraute PLING kündigt meinen Gast an. Aufgeregt laufe ich zum Aufzug und stelle mich direkt daneben ins Dunkle. Ich will Marcells überraschtes Gesicht sehen, wenn er den gedeckten Tisch direkt vor dem Aufzug sieht und ich habe mir nicht zu viel versprochen. Grinsend sehe ich zu, wie Marcell aus dem Aufzug tritt und mit offener Kinnlade stehen bleibt. "Was ist denn hier los?" "Überraschung", sage ich leise und gehe ein paar Schritte auf ihn zu. "Das sehe ich. Wieso hast du ...?" Ihm bleiben die Worte weg. "Weil ich mich bei dir bedanken will. Für deine Hilfe und deine fürsorgliche Krankenpflege." "Du willst dich bei mir bedanken? Eigentlich sollte es doch andersherum sein!" Ich zucke mit den Schultern. "Ist doch egal jetzt. Das Essen ist da und darüber zu diskutieren würde es nur kalt werden lassen." Ich reiche ihm meinen Arm und führe ihn humpelnd an seinen Platz. "Riecht das gut." "Ich hoffe, es schmeckt dir. Ich wusste nicht genau, was du alles isst. Wenn du was nicht magst, dann lass es liegen." Marcell lächelt mich an und meine Knie werden weich. Diese dämlichen Schmetterlinge! Vorsichtig schenke ich ihm etwas Wein ein, damit nichts daneben geht. Ich fasse es nicht, aber ich bin tatsächlich aufgeregt! Ich erhebe das Glas und Marcell tut es mir gleich. "Dann auf uns und darauf, dass sich deine Probleme schnell klären werden!" "Auf uns! Und auf das Velvet." Klirrend treffen sich unsere Weingläser. "Hm. Der ist gut." "Natürlich! Oder meinst du, ich biete meinen Barkeepern schlechten Wein an?" "Nein. Aber könntest du. Von Weinen habe ich nämlich keine große Ahnung." "Ehrlich gesagt, ich auch nicht", gebe ich zu, was Marcell zum lachen bringt. Mein Herz schlägt schneller. "Wie war die Arbeit heute?", lenke ich schnell ein, bevor ich was Dummes sage. Wein löst meine Zunge leider immer viel zu schnell, was aber nach Marcells Umzugsaktion vor einigen Wochen nicht das Schlechteste war, wie ich mich erinnere. Dennoch. Ich passe besser auf, dass ich nicht zu viel davon trinke. "Nach einem holprigen Start lief es ganz gut." "Holprig?" "Ach, ich habe meine Schürze liegen lassen." Seine Schürze? "Nichts Weltbewegendes." Wieso nur habe ich das Gefühl, dass hier schon wieder was nicht stimmt? Ich lasse es erstmal auf sich beruhen und frage nicht weiter nach. Der gemeinsame Abend soll schön werden und nicht von Arbeits-Gequatsche beherrscht werden. Zugegeben, ich habe damit angefangen, aber nur aus der Not heraus. Aber über was könnten wir uns sonst noch unterhalten? Zwar war Marcell die letzte Zeit über sehr oft bei mir, aber so richtig unterhalten haben wir uns noch nicht miteinander. "Machst du Sport?", frage ich ihn einfach aufs gerade Wohl heraus. "Früher bin ich oft schwimmen gegangen. Doch im Moment fehlt mir die Zeit einfach dafür." "Verständlich", antworte ich. "Und du? Hast du Hobbys?" "Nicht so wirklich. Mein Hobby ist mein Club. Armselig, was?" "Nein, das ist doch schön. Du kannst das machen was du gerne tust und damit dein Geld verdienen." "Ach? Dann magst du deine Arbeit etwa nicht?" "Doch! Klar mag ich sie." Er schaut mich ganz erschrocken an. "Nur ist Drinks mixen eben nicht mein Hobby." "Was dann?", will ich wissen und nippe an meinem Wein. Hatte ich nicht gesagt, dass ich damit langsam machen wollte? "Ich schwimme wie gesagt gern und fahre Inliner. So was eben." Ich lege das Besteck hin und stütze mein Kinn auf den Händen ab. Scheiß auf Knigge! Leicht grinsend musterte ich meinen süßen Barkeeper. "Was denn?", frag dieser scheu. "Du verschweigst mir was." "Nein!" "Doch. Das sehe ich dir an. Du wirst ganz rot um die Nase herum." Hat er etwa ein schmutziges Geheimnis? Ich will es wissen! "Na ja. Also ... Ich schreibe ..." "Oh." Das ist alles? "Das weiß bis jetzt niemand." Ich verstehe nicht ganz warum ihm das peinlich ist. Es sei denn ... "Was genau schreibst du denn?" Ha! Bingo! Marcell läuft rot an. "So so. DAS schreibst du also?", schmunzle ich und greife schon wieder zum Wein. "Nicht nur! Es sind halt Geschichten mit unterschiedlichen Themen." Die Geschichten kann ich mir schon vorstellen! "Guck nicht so!" "Ich sage doch gar nichts!" Marcell legt seinen Kopf schief und grinst hämisch. "Jetzt verrate mir mal dein schmutzigstes Geheimnis, nachdem ich dir meins verraten habe." "Ich habe keine schmutzigen Geheimnisse. Und außerdem ist das schreiben von Büchern nichts Schmutziges." "Das sagst du." "Das macht mich ja geradezu neugierig auf deine Schreibkünste", feixe ich und lehne mich näher zu ihm rüber. "Lenk nicht ab! Dein Geheimnis! Los!" "Hm." Ich überlege. Habe ich wirklich ein düsteres, peinliches Geheimnis? Da fällt mir eigentlich nur eins ein. "Okay. Aber wehe du sagst es jemanden", beschwöre ich ihn. "Ich werde schweigen wie ein Grab!" "Na dann ..." Ich trinke mir noch ein bisschen Mut an und rede drauf los. "Es passierte vor ein paar Jahren. Gerade als ich das Velvet eröffnet hatte. Die Eröffnung war Bombe gewesen und ich war so glücklich, dass ich nach Feierabend meine Angestellten noch zum Feiern einlud. Die Getränke gingen auf mich und wir tranken uns ordentlich einen an. Der Morgen kam, der Alkoholspiegel stieg und ich verabschiedete mich in mein Büro. Ich war so dicht! Na ja. Theo war mir gefolgt, hatte noch eine halbvolle Flasche Sekt in der Hand und meinte: "Die muss weg, bevor sie schlecht wird!" Wir hauten uns auf den Fußboden, weil darin noch nichts stand außer ein klappriger Schreibtisch, und tranken die Flasche leer. Wir lachten und kicherten die ganze Zeit über, keine Ahnung warum. Sicher vom vielen Alkohol. Und dann, plötzlich, lag Theo auf mir, schob mit total ungeschickt die Zunge in den Hals und ich dachte, warum nicht? Doch der Kuss war katastrophal. Es stimmte einfach gar nichts dran. Theo lies mich wieder los, schaute mich wie ein verschrecktes Karnickel an und dann ... lachten wir wie irre los. Wir haben nie wieder darüber gesprochen, aber seitdem sind wir so was wie Freunde." Marcell hat ganz gebannt zugehört und runzelt die Stirn, nachdem ich mit meiner Beichte fertig bin. "Du hast mit Theo geknutscht? Ohne Scheiß?" Ich nicke. "Hammer!" Erleichtert greife ich wieder zur Gabel. Für einen winzigen Augenblick hatte ich Angst, er könnte deswegen sauer sein. ~Marcell~ Mit Theo also. Ein so furchtbar schmutziges Geheimnis ist das zwar nicht, aber ich gebe mich damit zufrieden. Anton und ich unterhalten uns noch recht gut während dem Essen und ich muss zugeben, dass mich seine Überraschung richtig glücklich macht. Ich meine, so was Romantisches! Ein Abendessen mit Kerzenschein. Das hat bist jetzt noch niemand für mich gemacht. Irgendwie traurig, wenn ich es recht bedenke, da ich schon einige Beziehungen hatte. "Das war alles unglaublich lecker. Danke." Satt bis zum Anschlag lehne ich mich zurück und schiebe den Teller von mir. "Fragt sich nur, wie ich jetzt noch schlafen soll, so vollgestopft wie ich bin." "Wir könnten ja noch was machen." "Du mit deinem Fuß ganz sicher nicht!", blaffe ich Anton an. "Ich will ja auch keinen Dauerlauf mit dir starten. Ich spreche von einer DVD. Lust?" Und wie! Anton pustet die unzähligen Kerzen aus und lässt das dreckige Geschirr einfach auf dem großen Esstisch stehen. Das hat noch bis Morgen zeit, meint er. Anstatt uns auf die Couch zu hauen, gehen wir in Antons Schlafzimmer und werfen dort die DVD ein. Hier kann er sein Fuß besser hochlegen und ich schreie eine stumme Dankeshymne zum Himmel, dass das mit seinem Fuß passiert ist. Ohne diesen kleinen Vorfall, hätten wir uns vielleicht gar nicht geküsst und ich würde jetzt ganz sicher nicht hier neben ihm liegen und einen Film gucken. "Ach!" Da fällt mir doch gerade was ein! "Was?!" Anton, schon ganz vertieft in den Anfang des Films, zuckt zusammen. "Tschuldigung, aber drück mal auf Pause." Ich renne schnell zu meiner Tasche und ziehe den Umschlag heraus. "Theo hat mir das gegeben. Da muss ganz dringend eine Unterschrift drunter", erkläre ich Anton, und gebe ihm besagten Umschlag. "Jetzt?" "Er sagte, es sei wichtig." Anton schaltet das Licht an, wobei ich die Gelegenheit gleich mal nutze und seinen Fußknöchel untersuchen. Ob da noch mal etwas von der Salbe drauf muss? "Ach Mist! Nicht das noch!" Ich trete zurück, denn Anton schwingt seine Beine aus dem Bett. "Guck du ruhig weiter. Das ist wirklich wichtig." "Hätte ich dir das schon eher geben müssen?" Hab ich jetzt was falsch gemacht? "Nein. Die lesen das eh erst Morgen früh. Ich mach das schnell." Weg ist er. Och Mensch! Alleine macht Filmgucken keinen Spaß! *** ~Marcell~ Zwei Leute unterhalten sich. Es hört sich so an, als komme es von ganz weit her. Ich versuche zu verstehen, was die da zu bereden haben, erkenne aber keinen Sinn hinter ihrem Gerede. Plötzlich ertönt ein komischer Laut, wie ein Zischen das abrupt abstirbt. Die Stimmen sind verstummt und es wird dunkel. Aber Moment mal! War es eben überhaupt hell gewesen? Ich weiß es nicht, denn ich habe die Augen geschlossen. Schlafe ich? Ja. Bis eben habe ich noch ganz fest geschlafen. Meine Schlafstätte schwankt und etwas legt sich auf mich. Eine Decke, wie ich bemerke. Ich werde immer wacher und zwinge meine Augenlider nach oben. "Was ...?" "Habe ich dich geweckt? Das wollte ich nicht." Eindeutig Antons Stimme. "Bleib ruhig liegen. Mein Bett ist breit genug." Ach her je! Ich liege immer noch in Antons Bett? Jetzt fällt es mir wieder ein. Ich bin eingeschlafen während dem Filmgucken, weil Anton die ganze Zeit über verschwunden war, um diese Papiere zu studieren. "Was hat den so lange gedauert?", frage ich ihn gähnen und rutsche mich unter der Decke zurecht. Die Jeans nervt. Ob ich sie ausziehen darf? "Ich musste mir das erst alles durchlesen. Tut mir leid. Das mit dem Film wiederholen wir aber, oder?" "Ist gut." Warum sollte ich meine Jeans nicht ausziehen dürfen? Ich tu's einfach! Hab ja 'ne Shorts drunter. Im Liegen fummle ich mich aus der Hose und schiebe sie aus dem Bett. Viel besser! Ich ziehe die Decke enger um mich und schließe die Augen. Mittlerweile bin ich viel zu müde, um mir einen Kopf darüber zu machen, dass ich gerade neben meinem Boss im Bett liege, er nur wenige Zentimeter von mir entfernt liegt und was das alles bedeuten könnte. 'Wahrscheinlich gar nichts', denke ich noch mit argem Bedauern, als ich schon wieder langsam in den Schlaf abdrifte. Wie gut das hier duftet! Wo kommt nur dieser Duft her? Ich rutsche mit meinem Kopf voran und merke etwas Hartes, gegen das ich sanft stoße. Das muss die Quelle des guten Duftes sein und tatsächlich! Als ich meine Nase dort entlangreibe, reicht es schon viel intensiver. Ich robbe mit meinem ganzen Körper an das lecker duftende Ding und lege meinen Arm um dieses Etwas. Es bewegt sich, wie ich verwirrt feststelle. Etwas legt sich nun um mich, zieht mich fester an den Duftende Körper und ich seufze leise. 'Das ist Anton', wird mir bewusst und ich beginne zu lächeln. Ich muss noch näher an ihn ran, auch wenn es kaum noch möglich ist, aber ich reibe meinen gesamten Körper gegen seinen, bis wir wie angegossen ineinander passen. 'Wie füreinander gemacht', schießt es mir in den Sinn und mit diesem Gedanken schlafe ich schon wieder ein. Das Nächste, das ich mitbekomme ist, wie Antons Fingerspitzen durch meine Haare kraulen und ich mich frage, ob er das bewusst tut, oder ob er noch schläft. Neugierig öffne ich ein Auge und ... halte die Luft an. "Morgen." Anton ist eindeutig wach und scheint mich schon eine ganze Zeit lang angeschaut zu haben. Sein Gesicht liegt so nah vor meinem, dass sich fast unsere Nasen berühren. "Ich dachte schon du wachst nie auf." "Dachtest du?", krächze ich und harre aufgeregt der noch kommenden Dinge. "Ich hoffe, du hast gut geschlafen." "Habe ich." "Wie schön." Bei seiner tiefen, halb geflüsterten Stimme bekomme ich eine Gänsehaut und ich glaube, weiter unten stellt sich noch was ganz anderes auf. Ich kann mich nicht regen, werde von seinem Blick ganz gefangen genommen und spüre, wie seine Hand, die eben noch in meinen Haaren vergraben war, langsam hinabsinkt, hinter meinem Ohr entlangstreift, mich dadurch erschaudern lässt und sich dann auf meine Wange legt. Sanft streichelt er mich dort und rutscht kurz danach unter mein Kinn, das er leicht anhebt, um mich küssen zu können. Ich schließe erneut die Augen und gehe auf den Kuss ein, fühle das altbekannte Kribbeln und die heißen Stromschläge, die mich jedes Mal überfallen, wenn sich unsere Lippen berühren. Meine Hände finden von ganz allein Antons Oberkörper und befühlen die feste Beschaffenheit unter seinem Shirt. Bilder von unserem ersten Aufeinandertreffen kommen mir in den Sinn. Ich muss jetzt einfach wissen, wie sich die Haut darunter anfühlt! Außerdem bin ich noch in dem wunderbaren Dazwischensein, zwischen schlafen und wachen, was mich alle Zurückhaltung vergessen lässt. Und während sich Antons Zunge in meinen Mund stiehlt, schlüpfen meine Finger unter den Stoff seines Shirts und wandern auf der seidigen Haut umher. Kleine geladene Teilchen kitzeln meine Fingerspitzen. Der pure Wahnsinn! Anton seufzt in den Kuss und dreht sich halb auf mich. Der Kuss wird stürmischer und in mir brennt jede Sicherung durch. Komplettstromausfall in meinem Hirn sozusagen. Die unteren Regionen übernehmen das Denken und das ziemlich eindeutig. Ich schiebe meine Hände auf Antons Rücken, bringe ihn somit dazu, sich ganz auf mich zu legen und ich will schon meine Beine für ihn auseinandergleiten lassen, da löst er sich von mir und zieht zischend die Luft ein. Ich kapiere erst gar nicht was los ist, möchte einfach nur, dass er endlich weitermacht, aber Anton rollt von mir runter und schlägt die Decke auf. Jetzt sickert mir nach und nach die Erkenntnis ins wieder langsam anlaufende Hirn. Sein Knöchel! ~Anton~ So ein Mist! "Autsch!" Ich betaste meinen schmerzenden Knöchel vorsichtig, ziehe meine Hand aber wieder zurück. Warum musste das gerade jetzt passieren? "Verdammt! Zeig her!" Marcell materialisiert sich neben meinem Fuß und streicht sanft über die schmerzende Stelle. "Tut es sehr weh?" "Es geht schon wieder. Als ich mich eben auf dich gelegt habe, bin ich nur blöd aufgekommen." Ich Dämmlack! Vor lauter Geilheit habe ich nicht mehr dran gedacht, dass ich meinen Fuß noch schonen muss! "Salbe?", fragt mich mein süßer Krankenpfleger. Warum nicht? Die Salbe tut wirklich gut und Marcells Berührungen erst recht, der sie mir zärtlich in die Haut einreibt. Damit fertig, legt er die Salbe wieder neben mir auf den Nachttisch. Doch ich bin schneller, schnappe seine Hand, die Salbe fällt runter und er schaut mich überrascht an. Kommentarlos ziehe ich ihn zu mir hinunter und hebe ihn auf mich drauf, sodass er rittlings auf mir zum Sitzen kommt. "Ich glaube, die Stellung ist fußschonender", raune ich ihm zu und lege meine Hände auf seinen Bauch, der sich schnell hebt und senkt. Marcells Augen sind so groß wie Untertassen. "Was ist? Willst du nicht mehr?" "Und wie ich will!", ruft er grinsend und stürmt meinen Mund. Himmlisch! Wir können gar nicht mehr voneinander lassen, loten die fremden Gebiete mit unseren Zungen aus und ziehen uns gegenseitig die T-Shirts über den Kopf. Da ich quasi wehrlos bin mit meiner Prellung und Marcell auch noch über mir thront, komme ich in den Genuss seiner Liebkosungen, die er gleichmäßig auf Gesicht, Hals und Brust verteilt. Auch wenn wir beide ganz eindeutig spüren können, dass wir mehr als erregt sind, bleibt es nur dabei. Die Gürtellinie ist tabu, was mich aber auch nicht weiter stört. Ich genieße das Brennen in mir, die heiß aufwallende Erregung, das mir dieses Spiel ermöglicht. Wie ein Kind im Süßigkeitenladen, das aber nur eine Praline naschen darf, jedoch genau weiß, dass es den Rest bald auch kosten wird. Alles zu seiner Zeit ... Ich beschränke mich darauf auf seinem Rücken umherzuwandern, die Wirbelsäule zu ertasten und über die dortigen Muskelstränge zu streicheln. Marcell erschaudert dabei in regelmäßigen Abständen und seufzt gegen meine feuchte Haut. Immer wieder rutscht er zu mir herauf, raubt mir atemlose Küsse und verschwindet wieder nach unten. Als er zum wiederholten Male wieder über mir schwebt, umfasse ich sein Gesicht. "Was wird das eigentlich?" "Was denn?" Er grinst mich frech an und leckt sich über die rot-geschwollenen Lippen. Seine neu entdecke Forschheit gefällt mir! "Von deinem Auf- und Abgetauche wir einem ja ganz schwindelig." "Echt?" Ich nicke. "Na gut. Dann bleibe ich eben unten." Lachend winde ich mich unter Marcel, den der Frechdachs taucht mit seiner Zunge in meinen Bauchnabel, wo ich verdammt kitzelig bin. "Gefällt dir das auch nicht?" "Das kitzelt!" "Interessant", wispert er und küsst die empfindliche Haut rund um meinen Bauchnabel herum. Keuchend zucke ich immer wieder zusammen und fasse in sein Haar. Eine Mischung aus Erregung und kribbelndem Kitzeln sucht mich heim und lässt mich wanken zwischen seinen Kopf näher ziehen und wegschieben. Marcell macht mich wahnsinnig! "Marcell! Bitte!" Scheiße! Ich flehe ihn doch nicht etwa gerade wirklich an?! "Bitte was?" Oh, zwing mich nicht dazu, noch weiter zu winseln! "Ich will dich küssen", presse ich hervor und umgehe damit ein weiteres Flehen. Es hilft. Marcell rutscht wieder zu mir hoch, schenkt mir ein strahlendes Lächeln und leckt mir über die Lippen. Jetzt übernehme ich die Führung, ziehe meine Beine an und klemme mit meinen Oberschenkeln seine Hüfte ein. Diesmal passe ich auf meinen Fuß auf und mein Manöver klappt ohne dass ich mir ein weiteres Mal Schmerzen bereite. Mit meinen Händen packe ich seinen Kopf, natürlich nicht zu fest, und halte ihn umfasst, während ich seinen Mund erobere und stürmisch plündere. "Anton ...!" Wie mich das geil macht, wenn er meinen Namen so verlangend hervorpresst! Seine Hüfte reibt gegen meine und ich gerate ins wanken. Soll ich es wagen? Die ausgewachsene Beule in seiner engen Shorts ist kein Stück mehr zu leugnen und meine erst recht nicht. Ganz vorsichtig schiebe ich eine Hand zwischen uns, fahre mit meinen Fingern über den Stoff und fühle einen kleinen feuchten Fleck auf der Erhebung. In mir schmoren alle Leuchten durch, die vorher noch Alarm geschlagen haben, dass ich das hier nicht überstürzen soll. Ich will ihn! Und zwar jetzt! "Marcell! Ich ..." Es klingelt! Marcell und ich schauen uns an wie zwei schwangere Milchkühe und horchen angestrengt mit angehaltenen Atem in die nun wieder herrschende Stille. "Hast du das auch gehört?", fragt er mich. "Ja. War das meine Kling..." Da war sie schon wieder! "Mist!" "Ich mach auf", erklärt sich Marcell bereit und rutscht von mir runter. Mit trockenen Mund schaue ich ihn an. Wie er da steht, nur mit einer Shorts bekleidet, in der man eigentlich mehr erkennen kann, als dass sie verbirgt. So geht er nicht vor meine Tür! "Marcell!" Ich steige aus meinem Bett und humple ihm nach. "Geh zurück in mein Schlafzimmer!" "Aber ich bin doch schon ..." "Geil!" Seine Augenbrauen heben sich. "Ähm ..." Was quassle ich denn da? "Du hast ... Du bist ..." Zum besseren Verständnis zeige ich auf seinen Schritt. "Oh." "Das ... Ich will nicht, dass dich jemand anderes so ..." "Verstehe schon", grinst er. Es klingelt ein drittes Mal. "Aber bei dir sieht die Sachlage nicht gerade besser aus." Ich schaue an mir herunter. "Oh." "Gucken wir doch erstmal, wer da unten nach dir verlangt", schlägt er vor und drückt auf eins der Knöpfchen meiner Gegensprechanlage. "Ja?", frage ich genervt in die kleinen Schlitze. /Hey Boss! Ich bin es, Sebastian./ Na, das nenne ich mal einen Coitus interruptus! Mein Schwanz entschließt sich schnell das Weite zu suchen und verkrümelt sich in den Untiefen meiner Shorts. Danke Sebbi! "Was willst du?" /Ich mache mir Sorgen um Sie. Weil Sie schon so lange krank sind. Ich habe auch frisches Obst dabei, damit sie schnell wieder gesund werden. Und wie Sie wissen, kann ich bestimmt auch dafür sorgen, dass Sie ganz bequem ihn Ihrem Bett zum liegen 'kommen'./ So ein Biest! /Wenn Sie möchten, spiele ich wieder den kleinen, versauten Pfleger für Sie./ Shit! Der hat sie doch nicht mehr alle! "Verschwinde Sebastian! Mir geht es gut und ich brauche deine Pflege nicht!" /Aber .../ Marcell nimmt den Finger vom Knopf und würgt somit Sebastians Gemähre ab. "So ein Spinner!", ärgere ich mich über den unerwünschten Störenfried vor meiner Haustür und schaue Marcell nach, der ins Schlafzimmer geht. Gute Idee! "Der hat Nerven, einfach am frühen ... Was tust du da?" Ich stutze. "Mich anziehen." "Wieso?!" Nein, nein, nein! Er glaubt doch jetzt nicht, dass da was zwischen mir und Sebastian läuft! "Falls du denkst, da würde was ..." "Sebastian weiß also wo du wohnst?" Enttäuscht schaut mich Marcell an. Das sieht nicht gut aus. ~Marcell~ "Keine Ahnung! Aber das ist ja auch kein Staatsgeheimnis!" Anton humpelt auf mich zu, doch ich knöpfe mir gerade die Jeans zu. "Du willst doch nicht wegen dem jetzt gehen?" "Ich hab noch was zu erledigen", lüge ich und ringe mir ein Lächeln ab, wonach mir gerade allerdings nicht im geringsten ist. "Ich komme nachher noch mal hoch, ja?" Ich lege meine Hand auf seine Wange und rausche aus dem Schlafzimmer. "Aber ... Marcell!" "Hab's eilig!" Mit zittrigen Fingern drücke ich auf den Aufzugknopf, der gerade noch rechtzeitig kommt. Ich trete ein und drücke auf mein Stockwerk. "Marcell, lass uns doch miteinander reden!" Anton erscheint vor dem Aufzug, doch zu spät. Die Tür schließt sich und ich sause nach unten. In meiner Wohnung lehne ich mich mit dem Rücken gegen die Wohnungstür und könnte mir auf der Stelle in den Arsch treten. "Super hinbekommen!", lobe ich mich selbst. "Was denkt Anton jetzt bloß von mir?" Mein Bauch krampft sich zusammen. 'Und wie Sie wissen, kann ich bestimmt auch dafür sorgen, dass Sie ganz bequem ihn Ihrem Bett zum liegen 'kommen'. Wenn Sie möchten, spiele ich wieder den kleinen, versauten Pfleger für Sie', hallt es durch meinen Kopf. Ich hab's gewusst! Da lief was zwischen den beiden! Vielleicht immer noch, denn wieso sonst weiß dieser Twink, wo Anton wohnt? Bestimmt haben die zwei es schon mal in Antons Bett ... Ich mag gar nicht darüber nachdenken! Meine Kehle schnürt sich zu und erst jetzt wird mir bewusst, wie sehr ich meinen Boss mag. Wie sehr ich mich schon in ihn verliebt habe. Bin ich am Ende doch nur ein Spielzeug für ihn? Wie Sebastian? Ende ich auch mal wie er vor Antons Haustür und klingle ihn und seine neuste Eroberung aus dem Bett? Ich will mir das erst gar nicht zu lebhaft vorstellen. Ich will daran glauben, dass das zwischen uns was Besonderes ist, aber das kann ich gerade nicht. Ich will nicht wieder von einem Menschen hintergangen werden, den ich liebe! Das halte ich nicht noch mal aus. ****** Jaaa, ich bin gemein. Doofes Ende für ein Kapitel, aber ich kann nix dafür! Ehrlich! Wenn ich es euch doch sage! Ach, Mann. Mir glaubt ja eh niemand. -____-“ Kapitel 11: Kapitel 09 - Schnurrendes Katerchen ----------------------------------------------- Kapitel 09 - Schnurrendes Katerchen ~Marcell~ Den ganzen Tag über konnte ich mich vor einer Konfrontation mit Anton drücken. Keine zehn Minuten nach meiner Flucht aus seiner Wohnung hat er an meiner Haustür Sturm geklingelt und ich wette, er war kurz davor einfach seine Schlüsselkarte zu nehmen und sich damit einfach Zugang zu verschaffen. Weshalb er es doch nicht getan hat bleibt mir ein Rätsel, doch ich bin froh darum, dass er es nicht getan hat. Vielleicht hat er es ja aus Respekt mir gegenüber nicht getan? Wäre auch zu schön ... Mein Exfreund hätte die Tür schon längst geöffnet. Zur Not auch mit härteren Mitteln. Ich raufe mich zusammen. An meinen Ex will ich jetzt nicht auch noch denken! Auf keine Fall! Es ist kurz nach einundzwanzig Uhr und meine Schicht im Velvet hat schon längst begonnen. Ich muss meine Gedanken im Zaum halten und die Gäste bedienen! Trotz allem bin ich immer noch hier angestellt und eine Kündigung kann ich mir nicht leisten. Nachdem ich mich gezwungen habe, nur noch zu funktionieren und die Bestellungen abzuarbeiten, geht mir zum Glück alles viel leichter von der Hand. Bis mich einer der Sicherheitsleute heranwinkt. Ich ahne nichts Gutes! "Was ist denn?", frage ich und hoffe, dass es nichts Schlimmes ist. Anton wird mich doch nicht wirklich feuern wollen?! "Du sollst hoch ins Büro zu Theo kommen." Oh oh! Ich nicke bloß und gehe die Treppen nach oben. Was, wenn Anton Theo angerufen hat und ihn gebeten hat, mich rauszuschmeißen? Würde er das tun? Ist Anton vielleicht nachtragend und wollte mich tatsächlich nur für das Eine, und jetzt, da er es von mir nicht bekommen hat, feuert er mich wieder? Eigentlich war ich mir doch so sicher gewesen, dass Anton doch nicht der ist, für den ich ihn anfangs gehalten habe. Aber jetzt? Ich weiß es nicht. Echt nicht. Nicht, nachdem dieser Twink sich so schamlos angeboten hat. Das macht doch kein normaler Angestellter! Zwischen ihm und Anton muss also vorher schon Einiges gelaufen sein! Es dreht mir den Magen um, wenn ich daran denke. Mir die beiden in Antons Bett vorzustellen, bringt mich fast um den Verstand. Mit jedem Schritt, den ich mich dem Büro nähere, werden meine Beine schwerer und mein Herz schlägt schneller. Als ich dann an die Tür klopfe, bin ich ein nervliches Wrack. Es kommt kein Herein oder sonst irgendein Laut, weswegen ich noch mal anklopfe. Abrupt wird die Tür geöffnet und Theo schaut mich unergründlich an. "Komm rein und setzt dich." Er tritt zur Seite und lässt mich eintreten. "Anton hat mich angerufen." Oh Gott! Ich habe es gewusst! "Also bin ich jetzt gefeuert?", frage ich geradeheraus und setzte mich mit wackligen Knien. Verdammt! Wahrscheinlich ist gerade wieder irgendeine Umzugsfirma damit beschäftigt meine Sachen zurück in einen Lagerraum zu bringen! "Nein. Wie kommst du darauf?" Theo sieht mich verständnislos an und schüttelt den Kopf. "Wieso bin ich dann hier." "Weil du sicher nicht gekommen wärst, wenn ich dich gerufen hätte", sagt eine Stimme, die aus dem angrenzenden Raum, dem kleinen Badezimmer, kommt. Anton! "Danke Theo." Theo nickt, lächelt unserem Boss zu und verlässt das Büro. "Können wir jetzt reden? Termine kannst du schließlich nicht haben. Nicht, während deiner Arbeitszeit." Mir rauscht das Blut in den Kopf. Jetzt kann ich mich wohl nicht mehr vor einem Gespräch mit ihm drücken, oder? Anton kommt auf mich zu und bleibt am Rand seines Schreibtisches stehen. Mit einer Hand stützt er sich daran ab und entlastet seinen geprellten Fuß. ~Anton~ "Dein Fuß", flüstert Marcell, der noch immer wie ein Häufchen Elend auf seinem Stuhl sitzt. "Der tut fast nicht mehr weh. Aber weißt du, was mir gerade wehtut?" Marcell kaut auf seiner Unterlippe rum und senkt den Blick. Sieht aus, als kenne er die Antwort auf meine Frage, was auch nicht schwer zu erraten ist. "Das du einfach abgehauen bist. Doch was noch schlimmer war, dass du gesagt hast, du würdest dich bei mir melden, hast du dann aber nicht. Und als ich zu dir wollte um das zu klären, hast du mir nicht aufgemacht und ich habe erfolglos vor deiner Tür gestanden, obwohl ich wusste, dass du Zuhause bist." Das hat mir tatsächlich wehgetan. Mehr als mir lieb ist und ich zweifelte sogar für einige Sekunden daran, dass das mit uns was werden könnte. Denn, wenn er mir jetzt schon so wehtun kann, wie viel Schmerz würde es mir dann bereiten, wenn es richtig ernst zwischen uns wird und er sich vielleicht dazu entschließen würde mich zu verlassen? Doch dann dachte ich, besser so, als es erst gar nicht versucht zu haben. Ich bin gerade an einen Punkt, an dem ich mir vollkommen sicher bin, dass ich Marcell will. Ich will mit ihm zusammen sein. Ich will ihn bei mir haben und ich will jede meiner freien Sekunden mit ihm teilen. "Das wollte ich nicht", flüstert er und knetet seine Finger durch. "Nur ..." "Nur?" Ich ignoriere meinen Fuß und gehe vor ihm in die Hocke. "Anton! Dein ..." "Nein! Nur was? Wieso hast du so bestürzt auf Sebastians dämliche Aktion reagiert?" Ich kann es mir schon denken, will es aber aus seinem Mund hören, damit ich ihm sagen kann, dass mir dieser kleine Tänzer nicht den kleinsten Hauch bedeutet. "Marcell? Rede schon. Das Rumgehocke ist nicht gerade gut für meinen Fuß." Das wirkt. Marcell schaut mich an und atmet tief ein. "Du hast mit ihm geschlafen. Oder?" Ich nicke. "Tust du es noch?" "Nein. Will ich auch gar nicht." "Wieso hast du es dann vorher getan?!", fragt er mich aufgebracht, wird dann leicht rot um die Nase und sinkt ein Stück in sich zusammen. "Tut mir leid. Das geht mich eigentlich gar nichts an ..." "Doch. Das geht dich was an." Ich lege meine Hände auf seine und streichle mit meinen Daumen über seine zarte Haut. "Ich habe mit ihm geschlafen, weil er verfügbar war", sage ich der Wahrheit entsprechend. "Das hatte nichts zu bedeuten. Es war Sex und noch nicht mal richtig guter." "Und was ist das mit uns?" Seine Stimme ist so leise, dass ich ihn gerade so verstanden habe. "Das mit uns ist was ganz anderes. Es ist tief und intensiv. Wenn du bei mir bist, dann ist alles andere egal." Er sieht mich wieder an, mit seinen großen Augen und runzelt leicht die Stirn. Vielleicht muss ich es ihm noch deutlicher machen. "Sogar meine Arbeit rückt in den Hintergrund. Sonst wäre ich sicher nicht so viele Tage Zuhause geblieben, hätte jede Minute auf die Uhr geschaut, wann du endlich Feierabend hast und zu mir zurück kommst." "Anton", wispert er und zieht seine Hände unter meinen hervor. Doch nicht, um sie mir zu entziehen, sondern um jetzt meine zu packen. "Ist das dein Ernst?" "Noch nie war ich mir einer Sache so sicher", antworte ich und meine es auch so. Ich richte mich auf und robbe zwischen seine Beine, entwinde mich seinen Händen nun wieder und lege sie in seinen Nacken. Ganz nahe rücke ich an ihn heran, fange seine Augen mit meinen ein und halte kurz vor seinen Lippen regungslos inne. "Marcell, ich ..." "Boss?! Du bist wieder ..." Sebastian! Wütend drehe ich meinen Kopf Richtung Tür. "RAUS!", schreie ich und starre ihn giftig an. So sauer wie in diesem Moment war ich noch nie! "SOFORT!" Seine Kiefer arbeiten, seine Augen wechseln von mir zu Marcell und dann strafft er sich abrupt, ehe er mein Büro wieder verlässt. Mit einem lauten Knall zieht er die Bürotür hinter sich zu. Es wird Zeit, dass ich mir was für ihn einfallen lasse. "Er schafft es immer wieder zum falschen Zeitpunkt aufzutauchen." Der Zauber des Augenblicks ist dahin. "Sieht so aus." Marcell blickt noch immer zur Tür und seufzt leise und schaut dann wieder zu mir. "Weißt du, ich habe so viel Scheiße wegen meinem Ex durchgemacht. Ich hatte einfach Angst, dass ich schon wieder in was hineinschlittere, das mir am Ende das Genick brechen könnte. Verstehst du das?" "Natürlich verstehe ich das. Mehr als du vielleicht glaubst." In gewisser Weise sind Marcell und ich uns darin mehr als ähnlich. Wir beide haben Angst, dass der andere etwas tut, das alles zerstört, was zwischen uns ist. "Ich übernehme deine Schulden", sage ich unüberlegt. Marcell scheint sich vor diesem Satz genauso erschrocken zu haben wie ich. Doch je länger ich darüber nachdenke, desto sicher werde ich mir. Marcell schnappt nach Luft und schüttelt immer heftiger den Kopf. "Nein! Nein, Anton! Das kann ich nicht annehmen!" "Zahl es mir zurück, wenn du willst. Mir ist es gleich." "Nein!" Er will mich zur Seite schieben, will sich aus meinem Griff befreien, doch das lasse ich nicht zu. "Nur deine Mietschulden, ja? Die anderen Schulden werden dir ganz sicher erlassen, wenn sie deinen Ex endlich haben und deine Unschuld bewiesen ist. Du wirst schon sehen." Marcell ist immer noch total konfus. Seine Augen schwirren ziellos über mein Gesicht, bis ich es nicht mehr aushalte und ihn küsse. Erst versteift er sich, löst sich aber recht schnell und heißt meine Zunge willkommen, die zart über seine Unterlippe fährt. Als wir uns voneinander trennen, ist Marcell schon etwas ruhiger. "Ich liebe dich", flüstere ich ihm zu und halte gespannt den Atem an. ~Marcell~ Lautes Rauschen. Heftiges Herzklopfen. Habe ich ihn eben richtig verstanden? Hat er eben gesagt, dass er mich liebt? Mich?! "Du musst nichts sagen. Ich wollte auch nur, dass du es weißt", sagt Anton schließlich, weil ich noch immer nichts anderes tun kann, als ihn dumm anzustarren. Dabei will ich ihm doch so viel sagen! So vieles und noch viel mehr! Doch ich kann nicht. Das laut rauschende Blut in meinen Ohren macht es mir unmöglich einen klaren Gedanken zu fassen und mein Herz klopft so schnell, dass sich meine Kehle zuschnürt. Noch nie hat mein Körper auf eine Liebeserklärung so heftig reagiert. Was doch eins beweist: Ich liebe ihn auch! Als ob ich dafür noch eine Bestätigung bräuchte. Anton rappelt sich wieder auf, stützt sich dabei am Schreibtisch ab und steckt sich den Knopf ins Ohr, mit dem er seine Angestellten kontaktieren kann. "Theo? Kannst du mich wieder nach Hause fahren?" Er will gehen? Jetzt? "Danke." Das Mini-Headset fliegt wieder auf den Schreibtisch, während Anton sich stöhnend gegen den Schreibtisch lehnt. "Ich hätte früher niemals geglaubt, dass ein einfacher, geprellter Fuß so weh tun kann." In mir dreht sich alles. Was soll denn der Smaltalk jetzt? Gerade hat er doch ... Und dann geht ein Ruck durch meinen Körper, der mich quasi aus den Stuhl herauskatapultiert und mich in Antons Arme jagt. Ich umschlinge seinen Nacken und stürme seinen Mund. Überrascht versteift er sich für eine Sekunde, lacht aber kurz danach leise gegen meine Lippen. Atemlos löse ich mich wieder von ihm. "Was war das denn jetzt?" Kann er sich das nicht denken? "Ich ..." Die Tür geht auf und Theo rauscht ins Büro. "Wir können lo... oh! Soll ich noch mal raus gehen?" Er grinst schelmisch und bleibt in der Tür stehen. "Kommst du mit?", fragt mich Anton. "Jetzt?" "Wann denn sonst?" "Ich muss arbeiten!", erwidere ich. "Ich kann doch nicht einfach blau machen." "Dein Chef gibt dir den Rest des Abends frei." Antons Finger fahren durch mein Haar. "Und weswegen?" Er beugt sich vor und flüstert in mein Ohr. "Wegen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Darüber müssen wir uns ausführlich unterhalten." Die Härchen an meinen Armen richten sich auf. "Wie Sie wünschen Boss ..." Unsere Lippen treffen sich wie von selbst. "Ähäm. Braucht ihr mich jetzt noch, oder nicht? Ich habe nämlich einen Haufen Arbeit." "Wir kommen ja schon. Bring uns nach Hause Theo." Anton strahlt mich an und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich ihn genauso anschaue, wie er mich. "Alles klar Boss", antwortet Theo lächelnd. Auf dem Weg nach draußen, wobei ich Anton den tatkräftigen Händen Theos überlasse (er ist eben stärker als ich), gehen wir langsam die Treppen nach unten. Dort angekommen, zieht mich Anton an sich ran und legt dabei einen Arm um mich. Mein Gesicht wird heiß. "Ist dir das unangenehm vor deinen Arbeitskollegen?", fragt er mich. Ich überlege kurz. Eigentlich nicht. Im Gegenteil. Irgendwie bin ich stolz darauf, dass dieser Mann mich liebt. Scheiß auf das Gerede im Club! "Nein. Irgendwann erfahren sie es doch sowieso", sage ich deswegen und umfasse nun ebenfalls seine Taille. "Der Flurfunk funktionierte auch schon vorher. Nur, falls du es wissen willst." Theo zwinkert mir zu und läuft voraus. Es wusste schon jemand zuvor? Ich schaue mich um. Einige meiner Kollegen grinsen, nicken mir zu. Ob das jetzt boshaft gemeint ist, oder nicht, bleibt mir unersichtlich. Als ich mich weiter umblicke, bleibe ich an Sebastian hängen. Der turnt gerade auf einer der Plattformen herum, hat ein grimmiges Gesicht aufgelegt und sieht direkt zu uns rüber. Ich kann es natürlich nicht genau sagen, aber ich würde drauf wetten, dass er wieder hinter all dem Gerede steckt. *** ~Anton~ "Ich zieh dir erstmal die Schuhe aus." Marcell geht vor mir auf die Knie und werkelt an meinen Schuhen herum. Grinsend beobachte ich ihn dabei. Wie fürsorglich er doch ist! Mein Kater kommt sofort zu uns schwänzelt und miaut laut, aber Marcell scheucht ihn weg. "Zuerst ist dein Herrchen dran", schimpft er ihn grinsend an und als hätte er ihn verstanden, trollt sich mein dicker Kater. "Du willst mich füttern?" "Was? Nein!" Er runzelt die Stirn. "Hast du hunger?" Meine Schuhe sind ausgezogen, weshalb ich mich nach vorn beuge und Marcell einen Kuss raube. "Den habe ich. Aber nicht auf was Essbares." Marcell erstarrt, keucht dann leise und küsst mich retour. Da wir uns gerade im Wohnzimmer befinden, stehen wir auf und laufen langsam zu den Schlafzimmern. "Zu dir oder zu mir?", frage ich. "Zu dir. Ich denke mal, du hast dort alle nötigen Zutaten?" Worauf er wetten kann! Wir landen also in meinem Schlafzimmer, wo wir vor meinem Bett stehen bleiben und ich Marcell ganz dicht an mich ranziehe und ihm den Mund verschließe. Seine Hände finden den Weg unter den Stoff meines Oberteils und streifen scheinbar ziellos auf meiner Haut umher. Ich drücke mich ihm entgegen und seufze leise. Diesmal werden wir uns von nichts und niemanden stören lassen! Langsam gehe ich rückwärts, bis ich an den Rand meines Bettes stoße. Vorsichtig setzte ich mich auf die Matratze, ziehe Marcell mit mir und lege mich hin. Mein Süßer kichert in den Kuss hinein und klettert ganz auf die Matratze. Breitbeinig kniet er über mir und schiebt mein Hemd nach oben. "Darf ich?" "Ich bitte drum." Da fragt er noch? Marcell taucht ab und tupft mir kleine Küsse auf den Oberkörper. Genießend schließe ich die Augen und kralle mich in sein Shirt, das ich ihm auch nach und nach höher ziehe, bis ich es ihm einfach über den Kopf reiße. Lachend setzt sich Marcell auf. Frech schaut er auf mich nieder und legt den Kopf schief. Wie begehrenswert er in diesem Moment aussieht! "Weiß du eigentlich, wie verrückt du mich machst?", flüstere ich und öffne den Knopf seiner Hose. "Tue ich das?" Ich bejahe dies und ziehe den Reißverschluss nach unten. "Und weißt du eigentlich, wie heiß du mich gemacht hast, als du nur mit einem Handtuch bekleidet in deinem Büro aufgetaucht bist?" Ich schmunzle leise. "Das habe ich dir angesehen. Du bist total rot angelaufen." Ich ziehe am Bund seiner Hose, die ich allerdings nur bis zu seinem Po runtergezogen bekomme. Marcell leckt sich über die rosaroten Lippen und beugt sich wieder zu mir hinunter. Sein Zeigefinger zeichnet kleine, kurvige Linien auf meiner Brust. "Ich habe mir vorgestellt, dass ich jeden dieser kleinen, vorwitzigen Wassertropfen, die an dir hinabgeperlt sind, mit meiner Zunge von deiner Haut lecke, sie mit meinem Mund von deinem Hals sauge und dir dabei ganz langsam das Handtuch von den Hüften schäle, damit ich weiter unten mit meiner Arbeit ..." "Sprich weiter und ich garantiere gleich für gar nichts mehr", unterbreche ich ihn zischend. Mein Freund da unten sprengt sowieso gleich die Hose. Da muss ihn Marcell nicht noch extra anheizen. "Und was soll ich stattdessen tun?", will er wissen und kreist mit seinen Daumen über meine Brustwarzen. "Stillhalten." Er runzelt die Stirn und ich nutze die Chance. Ich begrabe ihn unter mir und schäle ihn aus seiner Jeans. "Hey!" Lachend packt er meine Hände. "Das war hinterhältig!" "Nein. Das war effizient." Er will noch was drauf erwidern, doch ich unterbinde dies, indem ich ihm meine Lippen aufdrücke. Seine Gengewähr hält sich wie erwartet in Grenzen, weshalb ich nun auch meine Hose öffne und sie mir bis zu den Kniekehlen runterziehe. Marcells Finger wandern sofort an meine Shorts. "Anton?" "Hm?" Genüsslich schnappe ich nach seiner Unterlippe. "Ich muss dir noch ein Geständnis machen", brummt er, was mich innehalten lässt. "Ein Geständnis?" Was hat er den nun wieder angestellt? "Ja", haucht er leise und wird eine Spur dunkler um die Nase herum. "Als ich bei dir übernachtet hatte, du weißt schon. Meine erste Nacht hier, nachdem du mich im Velvet gefunden hast." Ich nicke. "Naja ... Ich bin früh morgens wach geworden und habe die Küche gesucht, habe aber dein Badezimmer gefunden und ..." Er druckst herum und senkt den Blick. Was mag da jetzt nur kommen? "Die Tür zu deinem Schlafzimmer war ein Spalt breit offen und ..." Ich ahne es. Nur schwer kann ich ein Grinsen unterdrücken. Erst soll er fertig erzählen. "Du lagst auf dem Bett. Nackt und ... Ich habe alles gesehen." "Was gesehen?", frage ich unnötigerweise nach. "Na ... Dich! Nackt auf der Bettdecke." Beschämt sieht er mich an, wobei seine Augen allerdings funkeln wie eine 100-Watt-Birne. "Ha." Ich hebe eine Augenbraue und setze mich auf. "Du hast mich also schon nackt gesehen?" "Ja. Ich wollte dir das nur sagen. Also bevor wir ..." "Das ist unfair!" Marcell stockt. "Mehr als unfair!" "Es tut mir leid! Ich wollte ja weggucken. Aber ich konnte nicht! Ich hab ... AHHH!" "Schluss mit Ausreden!", donnere ich lachend und packe ihn bei der Hüfte. "Dann schaffen wir mal gleiche Verhältnisse." Mit einem Ruck ist sein Höschen unten und er liegt nackt vor mir. Seine Männlichkeit ragt sich mir steil entgegen und kommt zuckend auf seiner Bauchdecke zum liegen. "Schon besser", raune ich ihm zu und lege mich auf ihn. Seine Wangen sind jetzt vollends rot angelaufen und ich muss ihm einfach einen Kuss aufdrücken. "Wärst du an diesem Morgen einfach zu mir ins Schlafzimmer gekommen, anstatt dich zu zwingen, mich nicht weiter anzusehen, wäre mir das viel lieber gewesen", flüstere ich ihm zu. "Anton ..." Marcell blinzelt mich an. "Willst du wissen, was ich von dir dachte, als ich dich zum ersten Mal gesehen habe?" Er nickt. "Ich war von der ersten Sekunde an von dir angetan. Ich wusste, dass du was Besonderes bist und ich wollte unbedingt wissen, wer du wirklich bist." "Ist das wahr?" "Natürlich. Und weißt du, wann ich mich in dich verliebt habe?" "Wann?", fragt er mich mit dünner Stimme. "Als wir zusammen auf meinem Balkon standen. Es war mir da nur noch nicht richtig aufgefallen. Das war es erst, als wir zusammen mit der Matratze im Aufzug standen." Ja, so war es gewesen. Es muss so gewesen sein, denn seit diesem Moment ist er mir kein einziges Mal mehr aus dem Kopf gegangen. Marcell hat mein Herz im Sturm erobert, wovon mein Verstand allerdings erst später etwas mitbekommen hat. Mein Kleiner schaut verlegen zu mir auf und beginnt dann zu lächeln. "Bei mir war es so ähnlich", gesteht er und legt eine Hand auf meine Wange. Sanft kraulen seine Finger die Stelle hinter meinem Ohr. "Als du mir zum Spaß gesagt hattest, dass ich mit dir schlafen soll, dachte ich nur: Himmel ja! Ich will, dass er mit mir schläft! Aber dann war ich selbst total erschrocken von diesem Gedanken, dass ich nicht wusste was ich tun soll. Und dann, als ich im Lagerraum in deinen Armen landete, da war es völlig um mich geschehen." Ich fange an zu lachen. "Ich weiß. Du warst so auffällig bemüht mir unauffällig aus dem Weg zu gehen, dass ich es gar nicht übersehen konnte." "Ich kann mich eben schlecht verstellen", murmelt er peinlich berührt. "Das ist eins der Dinge, die ich so an dir mag. Du verstellst dich nicht. Du bist der, der du bist. Du bist nicht so wie Sebastian, der hintenrum alle versucht auszubooten. Du bist ... echt." Ich weiß nicht, ob er versteht, wie ich das meine. Aber ich hoffe es. Ich will, dass er das weiß. Dass er sich mit seiner Ehrlichkeit und seiner offenen Art direkt in mein Herz geschlichen hat. "Anton ... Das ist ... Ich ..." "Psst." Ich lege meinen Zeigefinger auf seine Lippen. "Jetzt ist endlich Schluss mit Reden. Findest du nicht auch?" Er nickt leicht. "Du glaubst gar nicht, wie lange ich hierauf gewartet habe", flüstere ich und versiegle seine Lippen, während sich eine meiner Hände um seine Erektion legt. ~Marcell~ Ich gebe nach, was nicht zuletzt an seiner zupackenden Hand liegt. Er hat schließlich recht. Zum Reden ist nachher auch noch Zeit, obwohl ich ihm doch noch so gern ebenfalls gesagt hätte, dass ich ihn liebe. Das habe ich doch noch gar nicht! Jedenfalls nicht richtig. Aber als Anton mein Glied umfasst, rücken Worte definitiv in den Hintergrund. Ich hebe meine Hüfte an, bewege sie langsam vor und zurück, verstärke so die Reibung und stoße kleine Seufzer gegen Antons Mund. Er greift fester zu und massiert an meiner pulsierenden Härte gleichmäßig auf und ab. Unterdessen bin ich dabei, ihm endlich diese verdammte Shorts vom Hintern zu zerren, bekomme das aber nicht so hin, wie ich mir das vorstelle, da noch immer seine Jeans den Weg nach unten versperrt. Anton lacht dunkel und richtet sich auf. "Soll ich das machen?" "Ja!" Meine Güte! War das eben meine Stimme?! Ich höre mich verflucht kratzig und (sorry, so ist es nun mal) notgeil an! "Na, wenn du es dir wünschst ..." Antons Blick nimmt mich gefangen und nur aus den Augenwinkeln erkenne ich, dass er sich zuerst die Jeans von den Beinen strampelt, ganz vorsichtig versteht sich, und danach die Shorts ganz langsam abstreift. Sie bleibt an seinen Kniekehlen hängen, als er nach meinen Händen greift und sie sich auf den Bauch legt. "Was ist? Hat es dir die Sprache verschlagen?" Ich schüttle den Kopf und traue mich endlich den Blick weiter runter wandern zu lassen. Anton ist rasiert! Mir wird heiß. Außerdem ist er mindestens genauso erregt wie ich. Meine Hände setzten sich ganz von selbst in Bewegung, fahren über die glatte Haut an seinem Bauch, streifen an den Leisten entlang, teilen sich dort und rutschen hinunter zu seinen Hoden. Mein Boss schließt die Augen, stöhnt heißer und sein Glied zuckt mehrmals. Mein Unterleib zieht sich blitzend zusammen. Kleine Pfeile schießen mir direkt in den Schoß und ich keuche leise. Aufgeregt und mächtig erregt, regen* sich meine Hände wieder und legen sich nun auf Antons Schaft. "Marcell! ... Oh ja!" Dunkel schaut er auf mich herab. Man kann ihm ganz genau im Gesicht ablesen, was er gerade denkt und vor allem fühlt. Das spornt mich weiter an und ich pumpe langsam seinen Schwanz, bis er vorn überkippt und auf mir zum Liegen kommt. Unsere Lippen suchen und finden sich, beißen sich fast, als hätten wir uns ewig nicht mehr geküsst. Antons Körpermitte reibt über meine und ich lege die Hände auf seinen Hintern, stelle meine Beine auf, damit ich ihn noch dichter an mich drücken kann. Er spielt mit mir, hebt immer wieder seinen Hintern an und lacht leise, wenn ich deswegen aufmurre. "Mein kleines Katerchen", meint er plötzlich, was mich total aus dem Konzept bringt. "Katerchen?!" Ich halte mit meinen Liebkosungen inne. "Ja. Du schnurrst und brummst wie mein Kater, wenn ich ihm nicht genug Aufmerksamkeit schenke." Soll ich mich jetzt beleidigt fühlen?! "Schau nicht so! Ich meine das doch nicht böse." "Ach nein?" So ganz bin ich mir noch nicht sicher, ob mir das gefällt. "Ich mach's wieder gut, ja?" Anton grinst noch immer verschmitzt. "Und wie?", will ich wissen. "Lass dich überraschen ..." Er löst sich von mir und rutscht in tiefere Gefilde. Gute Wiedergutmachung! Sehr gute! ~Anton~ Marcells Bauchdecke hebt und senkt sich schnell. Ich küsse ihn dort kurz, direkt unter seinem Bauchnabel, bevor ich meine Lippen um seine rote Spitze schiebe. "Haaah!" Marcell biegt den Rücken durch und schließt die Augen. Wie heiß das aussieht! Ich nehme ihn tiefer auf, sauge fest an dem harten Stab und entlasse ihn wieder ruckartig. Marcell zuckt zusammen und greift mit der Hand nach meiner, die auf seinem Hüftknochen liegt. "Noch mal?" Marcell nickt leicht und er leckt sich über die feuchten Lippen. Seine Muskeln spannen sich immer wieder an, begleitet von seinem heißen Keuchen, als ich damit weiter mache. Es scheint ihm wirklich zu gefallen, was ich mit ihm anstelle, also wiederhole ich dieses kleine Spiel noch ein paar Mal, bis Marcell gar nicht mehr ruhig liegen kann. Erst jetzt setzte ich mich auf und steige aus dem Bett, wobei meine Shorts vollends den Abgang macht. Von mir unbeachtet bleibt sie auf dem Boden liegen. "Anton?" Verwirrt sieht Marcell zu mir auf und rappelt sich ein Stück auf. "Was ist? Habe ich was falsch gemacht?" "Was falsch ge... Nein! Aber ich muss schnell was im Bad holen. Etwas Geduld bitte der Herr." Stirnrunzelnd schaut er mir nach, wobei ich seine fragenden Blicke förmlich in meinem Rücken fühlen kann. Im Badezimmer öffne ich meinen Spiegelschrank und hole eine neue Tube Gleitgel hervor. Es mag dämlich klingen, aber ich benutze keine angebrochene Tube für mein Katerchen, die ich schon für andere Betthasen in Gebrauch hatte. Es kommt mir irgendwie falsch vor. Ein Grinsen schlüpft mir auf die Lippen. Marcell hat somit also schon einen Spitznamen von mir bekommen. Hoffentlich gefällt er ihm irgendwann auch. Denn mir gefällt er ausgesprochen gut und ich habe nicht vor mir einen anderen auszudenken. Als ich das Schlafzimmer wieder betrete, sitzt mein Katerchen erwartungsvoll auf dem Bett. Er hat sich die Decke um den Schoß geschlungen und sieht bedröppelt zu mir auf. "Keine Lust mehr?", frage ich und setzte mich neben ihn. "Doch. Aber ich wusste ja nicht, was du da drin machst." Ich präsentiere ihm die Tube. Marcells Augen weiten sich. "Ach so ..." Nun lächelt er wieder und nimmt mir das Gleitgel ab. Die Decke fliegt von seinem Schoß und prompt landet er auf seinem Rücken. "Hand her", fordert er mich auf und öffnet die Tube. Kühles Gel landet in meiner Handfläche, ehe Marcell die noch geöffnete Tube einfach neben sich auf die Matratze wirft. Ihn fest im Blick, beuge ich mich zu meinem Katerchen hinab und schlüpfe mit meiner Zunge in seinen Mund. Schnurrend legt er seine Hände um mich und massiert mir den Nacken. Unterdessen gleitet meine Hand zwischen uns, verteilt das glitschige Zeug erst auf Marcells langen Schaft, bevor ich tiefer gehe und zwei Finger zwischen seinen Beinen verschwinden lasse. Marcell keucht erstickt in meinen Mund und erschaudert leicht. Ich schaue ihm dabei ins Gesicht, schaue zu, wie seine Lider sich flatternd öffnen. Nur ein Stück, doch ich kann seine Augen darunter aufflackern sehen. Das Grün seiner Iris dunkler als sonst. Davon angespornt bahne ich mir küssend einen Weg nach unten. Leicht drücke ich gegen seinen Eingang, kreise in kleinen Bewegungen über den äußeren Muskelring, bis ich meiner Meinung nach für genug Spannung (oder Entspannung, je nachdem wie man es sieht) gesorgt habe. Behutsam dringe ich in ihn ein, begleitet von seinem hellen Stöhnen. Zentimeter für Zentimeter drifte ich tiefer in sein Reich, öffne ihn für mich, ziehe mich wieder zurück und warte ab, bis Marcell mich anfleht weiterzumachen. Unterdessen sauge ich an seinem Stab und koste die ersten salzigen Tropfen. Da ich es selbst kaum noch aushalten kann, beginne ich ihn zügiger vorzubereiten und spreizte meine Finger in ihm. Unter lustvollen Seufzern windet sich mein Katerchen vor mir und drängt mich dazu, endlich hin zu machen. Gut. Wenn er das so will. Denn wie gesagt, meine Geduld hat auch ihre Grenzen. Ein schneller Griff, Gummi überrollen und schon liege ich auf meinem Süßen. Er zieht mich zu sich, küsst mich stürmisch und umschlingt mich mit Armen und Beinen. So exquisit in die Mangel genommen, schiebe ich eine Hand zwischen uns und bin kurz danach dabei, ihn so sanft es geht zu erobern. Fast unmöglich, doch ich schaffe es, ohne das mein Katerchen zu fauchen beginnt. "Marcell?" Pure Lust spiegelt sich in seinen Augen. "Ich bin so froh, ... dass du in mein Leben ... gepurzelt bist! ... Nnnahh!" Die Fähigkeit, weitere sinnvolle Worte zu bilden schwindet mit jeder Sekunde weiter dahin. Alles was ich jetzt will ist, mein süßes Katerchen mit mir zusammen in den Himmel düsen zu lassen. Dieses Ziel fest vor Augen lasse ich mich gehen, treibe uns beide stetig voran und keuche auf, wenn mein Süßer seine Muskeln um mich herum anspannt und mich damit noch schneller dem Ende entgegen rasen lässt. Ich greife in Marcells Haar und ziehe seinen Kopf etwas nach hinten, sodass sein Hals mir schutzlos ausgeliefert ist, und sauge mich daran fest. Küsse ihn dort, kratze mit meinen Zähnen über die weiche Haut und presche danach in seinen Mund vor, wo sich unsere Zungen heiß zu einem ausgiebigen Duell treffen. So drehe ich mich mit ihm einmal herum, liege nun unten und presse mich immer schneller in meinen süßen Barkeeper. Ich bin schon verdammt nahe! Ich löse eine Hand aus Marcells verschwitzen Haar und schiebe sie zwischen uns. Und kaum finde ich sein Glied und umfasse es fest, da kommt es ihm plötzlich. Er bäumt sich auf, zuckt mit seinem Becken ruckartig vor und zurück und reißt mich somit mit sich. Ich weiß nicht genau, wann ich von diesem unglaublichen Höhenflug wieder heruntergekommen bin, aber als meine Gehirnzellen ihre Arbeit wieder aufnehmen, liegt mein Katerchen leise schnurrend an meine Seite gedrängt und streichelt zart über meine Brust. Ich traue mich gar nicht etwas zu sagen, genieße die Stille und die ruhige Anwesenheit Marcells. Das hier will ich ab jetzt für immer ... Zart streifen Marcells Lippen auf meinem Hals entlang, wandern hoch zu meinen Kieferknochen und halten kurz unter meinem Ohrläppchen an. "Ich liebe dich auch, Anton", flüstert er leise und saugt mein Ohrläppchen ein. Kribbelnde Schauer überlaufen mich. Ich drehe meinen Kopf zu Marcell herum und öffne die Augen. Müde lächelt er mich an. Glücklich lächle ich zurück, bevor ich meine Lippen auf seine lege. ****** *Hier regt sich ja eine Menge Oo Kapitel 12: Kapitel 09 - Schnurrendes Katerchen (Ohne Adult) ------------------------------------------------------------ Kapitel 09 - Schnurrendes Katerchen (Ohne Adult) ~Marcell~ Den ganzen Tag über konnte ich mich vor einer Konfrontation mit Anton drücken. Keine zehn Minuten nach meiner Flucht aus seiner Wohnung hat er an meiner Haustür Sturm geklingelt und ich wette, er war kurz davor einfach seine Schlüsselkarte zu nehmen und sich damit einfach Zugang zu verschaffen. Weshalb er es doch nicht getan hat bleibt mir ein Rätsel, doch ich bin froh darum, dass er es nicht getan hat. Vielleicht hat er es ja aus Respekt mir gegenüber nicht getan? Wäre auch zu schön ... Mein Exfreund hätte die Tür schon längst geöffnet. Zur Not auch mit härteren Mitteln. Ich raufe mich zusammen. An meinen Ex will ich jetzt nicht auch noch denken! Auf keine Fall! Es ist kurz nach einundzwanzig Uhr und meine Schicht im Velvet hat schon längst begonnen. Ich muss meine Gedanken im Zaum halten und die Gäste bedienen! Trotz allem bin ich immer noch hier angestellt und eine Kündigung kann ich mir nicht leisten. Nachdem ich mich gezwungen habe, nur noch zu funktionieren und die Bestellungen abzuarbeiten, geht mir zum Glück alles viel leichter von der Hand. Bis mich einer der Sicherheitsleute heranwinkt. Ich ahne nichts Gutes! "Was ist denn?", frage ich und hoffe, dass es nichts Schlimmes ist. Anton wird mich doch nicht wirklich feuern wollen?! "Du sollst hoch ins Büro zu Theo kommen." Oh oh! Ich nicke bloß und gehe die Treppen nach oben. Was, wenn Anton Theo angerufen hat und ihn gebeten hat, mich rauszuschmeißen? Würde er das tun? Ist Anton vielleicht nachtragend und wollte mich tatsächlich nur für das Eine, und jetzt, da er es von mir nicht bekommen hat, feuert er mich wieder? Eigentlich war ich mir doch so sicher gewesen, dass Anton doch nicht der ist, für den ich ihn anfangs gehalten habe. Aber jetzt? Ich weiß es nicht. Echt nicht. Nicht, nachdem dieser Twink sich so schamlos angeboten hat. Das macht doch kein normaler Angestellter! Zwischen ihm und Anton muss also vorher schon Einiges gelaufen sein! Es dreht mir den Magen um, wenn ich daran denke. Mir die beiden in Antons Bett vorzustellen, bringt mich fast um den Verstand. Mit jedem Schritt, den ich mich dem Büro nähere, werden meine Beine schwerer und mein Herz schlägt schneller. Als ich dann an die Tür klopfe, bin ich ein nervliches Wrack. Es kommt kein Herein oder sonst irgendein Laut, weswegen ich noch mal anklopfe. Abrupt wird die Tür geöffnet und Theo schaut mich unergründlich an. "Komm rein und setzt dich." Er tritt zur Seite und lässt mich eintreten. "Anton hat mich angerufen." Oh Gott! Ich habe es gewusst! "Also bin ich jetzt gefeuert?", frage ich geradeheraus und setzte mich mit wackligen Knien. Verdammt! Wahrscheinlich ist gerade wieder irgendeine Umzugsfirma damit beschäftigt meine Sachen zurück in einen Lagerraum zu bringen! "Nein. Wie kommst du darauf?" Theo sieht mich verständnislos an und schüttelt den Kopf. "Wieso bin ich dann hier." "Weil du sicher nicht gekommen wärst, wenn ich dich gerufen hätte", sagt eine Stimme, die aus dem angrenzenden Raum, dem kleinen Badezimmer, kommt. Anton! "Danke Theo." Theo nickt, lächelt unserem Boss zu und verlässt das Büro. "Können wir jetzt reden? Termine kannst du schließlich nicht haben. Nicht, während deiner Arbeitszeit." Mir rauscht das Blut in den Kopf. Jetzt kann ich mich wohl nicht mehr vor einem Gespräch mit ihm drücken, oder? Anton kommt auf mich zu und bleibt am Rand seines Schreibtisches stehen. Mit einer Hand stützt er sich daran ab und entlastet seinen geprellten Fuß. ~Anton~ "Dein Fuß", flüstert Marcell, der noch immer wie ein Häufchen Elend auf seinem Stuhl sitzt. "Der tut fast nicht mehr weh. Aber weißt du, was mir gerade wehtut?" Marcell kaut auf seiner Unterlippe rum und senkt den Blick. Sieht aus, als kenne er die Antwort auf meine Frage, was auch nicht schwer zu erraten ist. "Das du einfach abgehauen bist. Doch was noch schlimmer war, dass du gesagt hast, du würdest dich bei mir melden, hast du dann aber nicht. Und als ich zu dir wollte um das zu klären, hast du mir nicht aufgemacht und ich habe erfolglos vor deiner Tür gestanden, obwohl ich wusste, dass du Zuhause bist." Das hat mir tatsächlich wehgetan. Mehr als mir lieb ist und ich zweifelte sogar für einige Sekunden daran, dass das mit uns was werden könnte. Denn, wenn er mir jetzt schon so wehtun kann, wie viel Schmerz würde es mir dann bereiten, wenn es richtig ernst zwischen uns wird und er sich vielleicht dazu entschließen würde mich zu verlassen? Doch dann dachte ich, besser so, als es erst gar nicht versucht zu haben. Ich bin gerade an einen Punkt, an dem ich mir vollkommen sicher bin, dass ich Marcell will. Ich will mit ihm zusammen sein. Ich will ihn bei mir haben und ich will jede meiner freien Sekunden mit ihm teilen. "Das wollte ich nicht", flüstert er und knetet seine Finger durch. "Nur ..." "Nur?" Ich ignoriere meinen Fuß und gehe vor ihm in die Hocke. "Anton! Dein ..." "Nein! Nur was? Wieso hast du so bestürzt auf Sebastians dämliche Aktion reagiert?" Ich kann es mir schon denken, will es aber aus seinem Mund hören, damit ich ihm sagen kann, dass mir dieser kleine Tänzer nicht den kleinsten Hauch bedeutet. "Marcell? Rede schon. Das Rumgehocke ist nicht gerade gut für meinen Fuß." Das wirkt. Marcell schaut mich an und atmet tief ein. "Du hast mit ihm geschlafen. Oder?" Ich nicke. "Tust du es noch?" "Nein. Will ich auch gar nicht." "Wieso hast du es dann vorher getan?!", fragt er mich aufgebracht, wird dann leicht rot um die Nase und sinkt ein Stück in sich zusammen. "Tut mir leid. Das geht mich eigentlich gar nichts an ..." "Doch. Das geht dich was an." Ich lege meine Hände auf seine und streichle mit meinen Daumen über seine zarte Haut. "Ich habe mit ihm geschlafen, weil er verfügbar war", sage ich der Wahrheit entsprechend. "Das hatte nichts zu bedeuten. Es war Sex und noch nicht mal richtig guter." "Und was ist das mit uns?" Seine Stimme ist so leise, dass ich ihn gerade so verstanden habe. "Das mit uns ist was ganz anderes. Es ist tief und intensiv. Wenn du bei mir bist, dann ist alles andere egal." Er sieht mich wieder an, mit seinen großen Augen und runzelt leicht die Stirn. Vielleicht muss ich es ihm noch deutlicher machen. "Sogar meine Arbeit rückt in den Hintergrund. Sonst wäre ich sicher nicht so viele Tage Zuhause geblieben, hätte jede Minute auf die Uhr geschaut, wann du endlich Feierabend hast und zu mir zurück kommst." "Anton", wispert er und zieht seine Hände unter meinen hervor. Doch nicht, um sie mir zu entziehen, sondern um jetzt meine zu packen. "Ist das dein Ernst?" "Noch nie war ich mir einer Sache so sicher", antworte ich und meine es auch so. Ich richte mich auf und robbe zwischen seine Beine, entwinde mich seinen Händen nun wieder und lege sie in seinen Nacken. Ganz nahe rücke ich an ihn heran, fange seine Augen mit meinen ein und halte kurz vor seinen Lippen regungslos inne. "Marcell, ich ..." "Boss?! Du bist wieder ..." Sebastian! Wütend drehe ich meinen Kopf Richtung Tür. "RAUS!", schreie ich und starre ihn giftig an. So sauer wie in diesem Moment war ich noch nie! "SOFORT!" Seine Kiefer arbeiten, seine Augen wechseln von mir zu Marcell und dann strafft er sich abrupt, ehe er mein Büro wieder verlässt. Mit einem lauten Knall zieht er die Bürotür hinter sich zu. Es wird Zeit, dass ich mir was für ihn einfallen lasse. "Er schafft es immer wieder zum falschen Zeitpunkt aufzutauchen." Der Zauber des Augenblicks ist dahin. "Sieht so aus." Marcell blickt noch immer zur Tür und seufzt leise und schaut dann wieder zu mir. "Weißt du, ich habe so viel Scheiße wegen meinem Ex durchgemacht. Ich hatte einfach Angst, dass ich schon wieder in was hineinschlittere, das mir am Ende das Genick brechen könnte. Verstehst du das?" "Natürlich verstehe ich das. Mehr als du vielleicht glaubst." In gewisser Weise sind Marcell und ich uns darin mehr als ähnlich. Wir beide haben Angst, dass der andere etwas tut, das alles zerstört, was zwischen uns ist. "Ich übernehme deine Schulden", sage ich unüberlegt. Marcell scheint sich vor diesem Satz genauso erschrocken zu haben wie ich. Doch je länger ich darüber nachdenke, desto sicher werde ich mir. Marcell schnappt nach Luft und schüttelt immer heftiger den Kopf. "Nein! Nein, Anton! Das kann ich nicht annehmen!" "Zahl es mir zurück, wenn du willst. Mir ist es gleich." "Nein!" Er will mich zur Seite schieben, will sich aus meinem Griff befreien, doch das lasse ich nicht zu. "Nur deine Mietschulden, ja? Die anderen Schulden werden dir ganz sicher erlassen, wenn sie deinen Ex endlich haben und deine Unschuld bewiesen ist. Du wirst schon sehen." Marcell ist immer noch total konfus. Seine Augen schwirren ziellos über mein Gesicht, bis ich es nicht mehr aushalte und ihn küsse. Erst versteift er sich, löst sich aber recht schnell und heißt meine Zunge willkommen, die zart über seine Unterlippe fährt. Als wir uns voneinander trennen, ist Marcell schon etwas ruhiger. "Ich liebe dich", flüstere ich ihm zu und halte gespannt den Atem an. ~Marcell~ Lautes Rauschen. Heftiges Herzklopfen. Habe ich ihn eben richtig verstanden? Hat er eben gesagt, dass er mich liebt? Mich?! "Du musst nichts sagen. Ich wollte auch nur, dass du es weißt", sagt Anton schließlich, weil ich noch immer nichts anderes tun kann, als ihn dumm anzustarren. Dabei will ich ihm doch so viel sagen! So vieles und noch viel mehr! Doch ich kann nicht. Das laut rauschende Blut in meinen Ohren macht es mir unmöglich einen klaren Gedanken zu fassen und mein Herz klopft so schnell, dass sich meine Kehle zuschnürt. Noch nie hat mein Körper auf eine Liebeserklärung so heftig reagiert. Was doch eins beweist: Ich liebe ihn auch! Als ob ich dafür noch eine Bestätigung bräuchte. Anton rappelt sich wieder auf, stützt sich dabei am Schreibtisch ab und steckt sich den Knopf ins Ohr, mit dem er seine Angestellten kontaktieren kann. "Theo? Kannst du mich wieder nach Hause fahren?" Er will gehen? Jetzt? "Danke." Das Mini-Headset fliegt wieder auf den Schreibtisch, während Anton sich stöhnend gegen den Schreibtisch lehnt. "Ich hätte früher niemals geglaubt, dass ein einfacher, geprellter Fuß so weh tun kann." In mir dreht sich alles. Was soll denn der Smaltalk jetzt? Gerade hat er doch ... Und dann geht ein Ruck durch meinen Körper, der mich quasi aus den Stuhl herauskatapultiert und mich in Antons Arme jagt. Ich umschlinge seinen Nacken und stürme seinen Mund. Überrascht versteift er sich für eine Sekunde, lacht aber kurz danach leise gegen meine Lippen. Atemlos löse ich mich wieder von ihm. "Was war das denn jetzt?" Kann er sich das nicht denken? "Ich ..." Die Tür geht auf und Theo rauscht ins Büro. "Wir können lo... oh! Soll ich noch mal raus gehen?" Er grinst schelmisch und bleibt in der Tür stehen. "Kommst du mit?", fragt mich Anton. "Jetzt?" "Wann denn sonst?" "Ich muss arbeiten!", erwidere ich. "Ich kann doch nicht einfach blau machen." "Dein Chef gibt dir den Rest des Abends frei." Antons Finger fahren durch mein Haar. "Und weswegen?" Er beugt sich vor und flüstert in mein Ohr. "Wegen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Darüber müssen wir uns ausführlich unterhalten." Die Härchen an meinen Armen richten sich auf. "Wie Sie wünschen Boss ..." Unsre Lippen treffen sich wie von selbst. "Ähäm. Braucht ihr mich jetzt noch, oder nicht? Ich habe nämlich einen Haufen Arbeit." "Wir kommen ja schon. Bring uns nach Hause Theo." Anton strahlt mich an und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich ihn genauso anschaue, wie er mich. "Alles klar Boss", antwortet Theo lächelnd. Auf dem Weg nach draußen, wobei ich Anton den tatkräftigen Händen Theos überlasse (er ist eben stärker als ich), gehen wir langsam die Treppen nach unten. Dort angekommen, zieht mich Anton an sich ran und legt dabei einen Arm um mich. Mein Gesicht wird heiß. "Ist dir das unangenehm vor deinen Arbeitskollegen?", fragt er mich. Ich überlege kurz. Eigentlich nicht. Im Gegenteil. Irgendwie bin ich stolz darauf, dass dieser Mann mich liebt. Scheiß auf das Gerede im Club! "Nein. Irgendwann erfahren sie es doch sowieso", sage ich deswegen und umfasse nun ebenfalls seine Taille. "Der Flurfunk funktionierte auch schon vorher. Nur, falls du es wissen willst." Theo zwinkert mir zu und läuft voraus. Es wusste schon jemand zuvor? Ich schaue mich um. Einige meiner Kollegen grinsen, nicken mir zu. Ob das jetzt boshaft gemeint ist, oder nicht, bleibt mir unersichtlich. Als ich mich weiter umblicke, bleibe ich an Sebastian hängen. Der turnt gerade auf einer der Plattformen herum, hat ein grimmiges Gesicht aufgelegt und sieht direkt zu uns rüber. Ich kann es natürlich nicht genau sagen, aber ich würde drauf wetten, dass er wieder hinter all dem Gerede steckt. *** ~Anton~ "Ich zieh dir erstmal die Schuhe aus." Marcell geht vor mir auf die Knie und werkelt an meinen Schuhen herum. Grinsend beobachte ich ihn dabei. Wie fürsorglich er doch ist! Mein Kater kommt sofort zu uns schwänzelt und miaut laut, aber Marcell scheucht ihn weg. "Zuerst ist dein Herrchen dran", schimpft er ihn grinsend an und als hätte er ihn verstanden, trollt sich mein dicker Kater. "Du willst mich füttern?" "Was? Nein!" Er runzelt die Stirn. "Hast du hunger?" Meine Schuhe sind ausgezogen, weshalb ich mich nach vorn beuge und Marcell einen Kuss raube. "Den habe ich. Aber nicht auf was Essbares." Marcell erstarrt, keucht dann leise und küsst mich retour. Da wir uns gerade im Wohnzimmer befinden, stehen wir auf und laufen langsam zu den Schlafzimmern. "Zu dir oder zu mir?", frage ich. "Zu dir. Ich denke mal, du hast dort alle nötigen Zutaten?" Worauf er wetten kann! Wir landen also in meinem Schlafzimmer, wo wir vor meinem Bett stehen bleiben und ich Marcell ganz dicht an mich ranziehe und ihm den Mund verschließe. Seine Hände finden den Weg unter den Stoff meines Oberteils und streifen scheinbar ziellos auf meiner Haut umher. Ich drücke mich ihm entgegen und seufze leise. Diesmal werden wir uns von nichts und niemanden stören lassen! Langsam gehe ich rückwärts, bis ich an den Rand meines Bettes stoße. Vorsichtig setzte ich mich auf die Matratze, ziehe Marcell mit mir und lege mich hin. Mein Süßer kichert in den Kuss hinein und klettert ganz auf die Matratze. Breitbeinig kniet er über mir und schiebt mein Hemd nach oben. "Darf ich?" "Ich bitte drum." Da fragt er noch? Marcell taucht ab und tupft mir kleine Küsse auf den Oberkörper. Genießend schließe ich die Augen und kralle mich in sein Shirt, das ich ihm auch nach und nach höher ziehe, bis ich es ihm einfach über den Kopf reiße. Lachend setzt sich Marcell auf. Frech schaut er auf mich nieder und legt den Kopf schief. Wie begehrenswert er in diesem Moment aussieht! "Weiß du eigentlich, wie verrückt du mich machst?", flüstere ich und öffne den Knopf seiner Hose. "Tue ich das?" Ich bejahe dies und ziehe den Reißverschluss nach unten. "Und weißt du eigentlich, wie heiß du mich gemacht hast, als du nur mit einem Handtuch bekleidet in deinem Büro aufgetaucht bist?" Ich schmunzle leise. "Das habe ich dir angesehen. Du bist total rot angelaufen." Ich ziehe am Bund seiner Hose, die ich allerdings nur bis zu seinem Po runtergezogen bekomme. Marcell leckt sich über die rosaroten Lippen und beugt sich wieder zu mir hinunter. Sein Zeigefinger zeichnet kleine, kurvige Linien auf meiner Brust. "Ich habe mir vorgestellt, dass ich jeden dieser kleinen, vorwitzigen Wassertropfen, die an dir hinabgeperlt sind, mit meiner Zunge von deiner Haut lecke, sie mit meinem Mund von deinem Hals sauge und dir dabei ganz langsam das Handtuch von den Hüften schäle, damit ich weiter unten mit meiner Arbeit ..." "Sprich weiter und ich garantiere gleich für gar nichts mehr", unterbreche ich ihn zischend. Mein Freund da unten sprengt sowieso gleich die Hose. Da muss ihn Marcell nicht noch extra anheizen. "Und was soll ich stattdessen tun?", will er wissen und kreist mit seinen Daumen über meine Brustwarzen. "Stillhalten." Er runzelt die Stirn und ich nutze die Chance. Ich begrabe ihn unter mir und schäle ihn aus seiner Jeans. "Hey!" Lachend packt er meine Hände. "Das war hinterhältig!" "Nein. Das war effizient." Er will noch was drauf erwidern, doch ich unterbinde dies, indem ich ihm meine Lippen aufdrücke. Seine Gengewähr hält sich wie erwartet in Grenzen, weshalb ich nun auch meine Hose öffne und sie mir bis zu den Kniekehlen runterziehe. Marcells Finger wandern sofort an meine Shorts. "Anton?" "Hm?" Genüsslich schnappe ich nach seiner Unterlippe. "Ich muss dir noch ein Geständnis machen", brummt er, was mich innehalten lässt. "Ein Geständnis?" Was hat er den nun wieder angestellt? "Ja", haucht er leise und wird eine Spur dunkler um die Nase herum. "Als ich bei dir übernachtet hatte, du weißt schon. Meine erste Nacht hier, nachdem du mich im Velvet gefunden hast." Ich nicke. "Naja ... Ich bin früh morgens wach geworden und habe die Küche gesucht, habe aber dein Badezimmer gefunden und ..." Er druckst herum und senkt den Blick. Was mag da jetzt nur kommen? "Die Tür zu deinem Schlafzimmer war ein Spalt breit offen und ..." Ich ahne es. Nur schwer kann ich ein Grinsen unterdrücken. Erst soll er fertig erzählen. "Du lagst auf dem Bett. Nackt und ... Ich habe alles gesehen." "Was gesehen?", frage ich unnötigerweise nach. "Na ... Dich! Nackt auf der Bettdecke." Beschämt sieht er mich an, wobei seine Augen allerdings funkeln wie eine 100-Watt-Birne. "Ha." Ich hebe eine Augenbraue und setze mich auf. "Du hast mich also schon nackt gesehen?" "Ja. Ich wollte dir das nur sagen. Also bevor wir ..." "Das ist unfair!" Marcell stockt. "Mehr als unfair!" "Es tut mir leid! Ich wollte ja weggucken. Aber ich konnte nicht! Ich hab ... AHHH!" "Schluss mit Ausreden!", donnere ich lachend und packe ihn bei der Hüfte. "Dann schaffen wir mal gleiche Verhältnisse." Mit einem Ruck ist sein Höschen unten und er liegt nackt vor mir. "Schon besser", raune ich ihm zu und lege mich auf ihn. Seine Wangen sind jetzt vollends rot angelaufen und ich muss ihm einfach einen Kuss aufdrücken. "Wärst du an diesem Morgen einfach zu mir ins Schlafzimmer gekommen, anstatt dich zu zwingen, mich nicht weiter anzusehen, wäre mir das viel lieber gewesen", flüstere ich ihm zu. "Anton ..." Marcell blinzelt mich an. "Willst du wissen, was ich von dir dachte, als ich dich zum ersten Mal gesehen habe?" Er nickt. "Ich war von der ersten Sekunde an von dir angetan. Ich wusste, dass du was Besonderes bist und ich wollte unbedingt wissen, wer du wirklich bist." "Ist das wahr?" "Natürlich. Und weißt du, wann ich mich in dich verliebt habe?" "Wann?", fragt er mich mit dünner Stimme. "Als wir zusammen auf meinem Balkon standen. Es war mir da nur noch nicht richtig aufgefallen. Das war es erst, als wir zusammen mit der Matratze im Aufzug standen." Ja, so war es gewesen. Es muss so gewesen sein, denn seit diesem Moment ist er mir kein einziges Mal mehr aus dem Kopf gegangen. Marcell hat mein Herz im Sturm erobert, wovon mein Verstand allerdings erst später etwas mitbekommen hat. Mein Kleiner schaut verlegen zu mir auf und beginnt dann zu lächeln. "Bei mir war es so ähnlich", gesteht er und legt eine Hand auf meine Wange. Sanft kraulen seine Finger die Stelle hinter meinem Ohr. "Als du mir zum Spaß gesagt hattest, dass ich mit dir schlafen soll, dachte ich nur: Himmel ja! Ich will, dass er mit mir schläft! Aber dann war ich selbst total erschrocken von diesem Gedanken, dass ich nicht wusste was ich tun soll. Und dann, als ich im Lagerraum in deinen Armen landete, da war es völlig um mich geschehen." Ich fange an zu lachen. "Ich weiß. Du warst so auffällig bemüht mir unauffällig aus dem Weg zu gehen, dass ich es gar nicht übersehen konnte." "Ich kann mich eben schlecht verstellen", murmelt er peinlich berührt. "Das ist eins der Dinge, die ich so an dir mag. Du verstellst dich nicht. Du bist der, der du bist. Du bist nicht so wie Sebastian, der hintenrum alle versucht auszubooten. Du bist ... echt." Ich weiß nicht, ob er versteht, wie ich das meine. Aber ich hoffe es. Ich will, dass er das weiß. Dass er sich mit seiner Ehrlichkeit und seiner offenen Art direkt in mein Herz geschlichen hat. "Anton ... Das ist ... Ich ..." "Psst." Ich lege meinen Zeigefinger auf seine Lippen. "Jetzt ist endlich Schluss mit Reden. Findest du nicht auch?" Er nickt leicht. "Du glaubst gar nicht, wie lange ich hierauf gewartet habe", flüstere ich und versiegle seine Lippen, während sich eine meiner Hände nach unten schiebt. * ~Anton~ Ich weiß nicht genau, wann ich von diesem unglaublichen Höhenflug wieder heruntergekommen bin, aber als meine Gehirnzellen ihre Arbeit wieder aufnehmen, liegt mein Katerchen leise schnurrend an meine Seite gedrängt und streichelt zart über meine Brust. Ich traue mich gar nicht etwas zu sagen, genieße die Stille und die ruhige Anwesenheit Marcells. Das hier will ich ab jetzt für immer ... Zart streifen Marcells Lippen auf meinem Hals entlang, wandern hoch zu meinen Kieferknochen und halten kurz unter meinem Ohrläppchen an. "Ich liebe dich auch, Anton", flüstert er leise und saugt mein Ohrläppchen ein. Kribbelnde Schauer überlaufen mich. Ich drehe meinen Kopf zu Marcell herum und öffne die Augen. Müde lächelt er mich an. Glücklich lächle ich zurück, bevor ich meine Lippen auf seine lege. ****** Kapitel 13: Kapitel 10 - Beziehungs-Allerlei -------------------------------------------- Kapitel 10 - Beziehungs-Allerlei ~Marcell~ Gut gelaunt lasse ich mich auf die Couch im Pausenraum fallen und werde ganz sentimental. Hier hat alles angefangen. In Gedanken versunken fahre ich mit der Handfläche über das Polster. Das Ding hat auch schon bessere Tage gesehen. Na was solls? Hauptsache man kann sich mal für eine Viertelstunde setzten. "Hey Marcell." Ich schaue auf. "Hallo Laurin." Mein Kollege kommt auf mich zu und plumpst neben mir auf die Couch. Dabei bläst er laut die Luft zwischen seinen Lippen hindurch. "Viel los heute, was?", frage ich ihn. "Oh ja! Manchmal stürmen sie alle auf einmal auf einen ein! Da weiß man manchmal gar nicht wo man anfangen soll!" "Stimmt ..." Ja, manchmal ist es stressig hier, aber ich freue mich immer, wenn es hinter der Theke brummt. Schließlich ist das nur gut für Anton. Für meinen Anton ... Sofort sehe ich ihn vor mir. Wie er mich anlächelt und dabei seine kleine Zahnlücke aufblitzt. Ich liebe es mit meiner Zunge an ihr entlangzufahren. Und ich liebe es, wenn seine Zunge dabei ... "Hey, Marcell! Hörst du mir überhaupt zu?" "Was?" Oh Shit! Hat Laurin mich eben was gefragt? "Sag mal, was ist denn heute mit dir los? Du bist schon den ganzen Abend so abwesend und grinst dümmlich vor dich hin." Oh oh! Das ist nicht gut. Ich zucke mit den Schultern. "Weiß nicht was du meinst", lüge ich. Natürlich weiß ich was er meint. Ich kann nämlich nur an eins denken: An Anton. "Oh doch, das weißt du ganz genau!", lacht mein Arbeitskollege und setzt sich schräg zu mir. Ein Bein legt er dabei auf die Sitzfläche und ich sehe aus den Augenwinkeln, wie er mich ganz genau mustert. "Liegt das etwa daran, dass du gestern Abend einfach mit unserem Boss stiften gegangen bist?" Doppel Oh oh! "Vielleicht ..." Meine Mundwinkel ziehen sich nach oben. Verräter! "Erzähl! Los!", jubelt Laurin und klammert sich an meinem Arm fest. "Was ist das zwischen euch? Liebe? Sex? Beides?" Verwundert starre ich ihn an. Seit wann ist er denn so auf Tratsch aus? "Sorry Laurin, aber ich denke, dass Anto... unser Boss! Dass es unser Boss nicht gern sieht, wenn in seinem Club gleich wieder allerlei Gerüchte in den Umlauf gebracht werden." "Gerüchte?! Meinst du, ich würde das weiterplaudern? Ich werde wie ein Grab schweigen! Ich schwöre! Außerdem ... Ich habe auch ein kleines Geheimnis." "Ach?" Laurin nickt. "Du?" Er nickt heftiger. "Und was für eins?" "Es dreht sich um Justin. Er hat in Spanien einen Verflossenen, den Vince und ich letztens angerufen haben. Ramon heißt er und kommt bald zu uns." "Da wird er sich aber freuen." Justin hat also einen Lover in Spanien. Kein Wunder, dass er auf die Anmachen unserer Gäste und teilweise auch von unseren Kollegen nicht eingeht. "Mal sehen. Als es ernster zwischen den beiden wurde, ist er abgehauen. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir das hinbekommen. Justin ist noch immer in Ramon verliebt. Das sehe ich ihm an." "Dann drücke ich euch die Daumen, dass das alles klappt." Ei, ei, ei. Überall nur Liebesdramen. Außer bei mir und Anton … Ich bin so glücklich! "Danke. Aber pssst! Justin darf nichts spitz bekommen. Du verrätst nichts und ich verrate von dir auch nichts. Einverstanden?"* "Na gut", gebe ich klein bei. "Aber wirklich kein Wort zu niemanden! Auch wenn hier sowieso schon alle am rumtratschen sind deswegen." "Versprochen!" Ich glaube, Laurin kann ich es anvertrauen. Über ihn wurde in der Vergangenheit auch immer viel getratscht. Hauptsächlich ging es darum, dass er bei den Gästen den Ruf hatte, jeden eiskalt abblitzen zu lassen. Daher auch sein Spitzname 'Eisprinzessin'. Es liefen sogar die abenteuerlichsten Wetten auf ihn! Er weiß also wie es ist, wenn über einen geredet wird.** "Anton hat mir vor kurzer Zeit aus der Patsche geholfen", beginne ich und spreche so leise wie möglich. Es ist zwar niemand hier, aber man weiß ja nie. "Ich habe ein Haufen Ärger wegen meinem Ex am Hals, der auf einmal verschwunden ist und unauffindbar abgetaucht zu sein scheint. Jedenfalls bin ich wegen ihm aus meiner Wohnung geflogen. Da stand ich also mitten in der Nacht, hatte meinen ersten Arbeitstag im Velvet erst hinter mir und fand niemanden der mich aufnehmen konnte. Deshalb bin ich hier her zurückgekommen und wollte auf der Couch übernachten." "Oh. Hier?" "Ja. Aber Anton hat mich entdeckt. Ich dachte erst, jetzt ist es vorbei. Der schmeißt dich hochkant raus, aber dem war nicht so. Er gab mir eine freie Wohnung in seinem Mietshaus, half mir dabei meine Sachen aus dem Lagerraum zu holen, in dem mein ehemaliger Vermieter alles gestopft hatte und er hat sich sogar um einen Anwalt für mich bemüht. Na ja und dann hat Anton sich den Fuß geprellt. Ganz klar, dass ich ihm meine Hilfe angeboten habe und dann kamen wir uns dabei immer näher und ..." Laurins große Augen werden noch größer. "Wir haben gestern miteinander geschlafen!", quietsche ich aufgeregt. Sorry Anton, aber ich musste das jetzt jemanden erzählen! "Echt?" Ich nicke. "Wahnsinn! Und wie wars?" Ich lache leise. "Wahnsinnig schön!" Laurin legt einen Arm um mich und wuschelt mir durchs Haar. So was! "Heißt das jetzt, da läuft was zwischen euch?" Meine Mundwinkel ziehen sich immer wieder nach oben. "Ja. Das heißt es." Ich kann es immer noch nicht fassen. Aber: "Heute morgen hat mich Anton gefragt, ob ich mit ihm zusammen sein will und ich hab einfach ja gesagt." Jepp. So war es gewesen. "Wie geil ist das denn?!", jauchzt Laurin. "Ich freue mich ja so für euch! Ich hab doch gewusst, dass sich da was zwischen euch angebahnt hat! Schon beim Probearbeiten!" Meine Wangen werden heiß. Da hat man es schon gemerkt? "Der Boss war ganz beeindruckt von dir", kichert er und lässt mich wieder los. Vor der Tür rappelt plötzlich was. "Was ist denn da passiert?", frage ich und schaue zur geschlossenen Tür. "Da muss wohl jemanden was aus der Hand gefallen sein." Kann sein ... Laurin steht auf. "So! Unsere Pause ist um. Kommst du? Die durstigen Gäste warten." Ich ergreife Laurins Hand, die er mir entgegenstreckt und lasse mich von ihm hochziehen. *** ~Marcell~ Inzwischen komme ich mit Antons Wagen schon viel besser klar. Heute Mittag bestand er darauf, dass ich mit der Karre zur Arbeit fahre. "Sonst lasse ich dich nicht gehen. Außerdem ahnen es doch sowieso schon alle, dass wir ein viel intensiveres Verhältnis zueinander haben, als es für einen Chef und Angestellten üblich ist", hatte er mir zugeraunt, ehe mich zum zigsten Mal aus meiner Kleidung befreite. Ich hatte schlussendlich klein bei gegeben und bin mit dem Protzwagen losgedüst. Nicht zuletzt wegen der Tatsache, dass ich so viel schneller wieder bei ihm bin, wenn ich Feierabend habe. Was gerade jetzt der Fall ist. Noch ein paar Minuten und ich bin Zuhause. Zuhause ... Wie sich das anhört! Trotzdem ist es ja noch gar nicht richtig mein Zuhause. Irgendwie müssen wir das noch regeln mit der Wohnung. Eine Endlösung ist das meiner Meinung nach noch nicht und ich will ihm auch nicht weiterhin auf der Tasche liegen. Allerdings ... ausziehen will ich auch nicht. Nicht wegen der schönen teuren Wohnung, die ich so 'billig' in Beschlag genommen habe, sondern natürlich wegen meinem netten Vermieter. Ich mag natürlich bei ihm bleiben. Es gibt also noch viel zu klären zwischen uns. Wieder muss ich an den heutigen Morgen denken. Wie schön es gewesen war, neben Anton aufzuwachen. Als ich die Augen aufschlug, lag er schon da, seinen Kopf auf einen Arm abgelegt und schaute mich an. "Morgen", hatte er mir zugeflüstert und schickte seine freie Hand auf die Reise unter die Bettdecke. In kreisenden Bewegungen glitt sie über meine Haut und ließ mich wieder dahindämmern. Bis sein Mund sich auf meine linke Schulter legte und mir dort unzählige Küsse verpasste. Dabei sah er mich die ganze Zeit über an. Gott! Das war so schön gewesen! Als ob wir uns schon ewig kennen würden! Ich klammere mich am Lenkrad fest und gebe Gas. Nichts wie nach Hause! Die Garage liegt hinter dem Haus, weshalb ich einmal halb um das Gebäude laufen, oder mich durch den anliegenden, kleinen Garten kämpfen muss, um zur Vorderseite zu gelangen. Meist nehme ich den Garten. Das geht schneller und ich liebe es an den weichen Blättern des Ahorns entlangzustreifen. So auch diesmal. Pfeifend hopse ich von dem kleinen Vorsprung hinab und laufe die zwei Meter Gehweg bis zur Haustür. Ich bin ganz in Gedanken und bemerke es erst, als ich fast direkt vor der Tür stehe. Da steht mein Fahrrad! Mir donnert die Kinnlade nach unten. Direkt neben der Haustür steht mein kleiner Drahtesel an die Wand gelehnt! Nur sieht es echt erbärmlich aus! Total demoliert steht es da, die Reifen sind erneut aufgerissen, der Rahmen ist verbogen und die Front- sowie die Rückleuchte sind kaputtgeschlagen. Doch als wäre das noch nicht genug, hängen an seinem krummen Lenker meine vermissten Schürzen. Alle mit weißer Pampe beschmiert. "Wer macht denn so was?", flüstere ich fassungslos, kann es mir aber eigentlich schon denken. Sebastian! Klarer Fall! Aber was mache ich jetzt? Hier stehen lassen kann ich das Teil nicht und Anton möchte ich auch ungern etwas davon sagen. Oder sollte ich es ihm doch sagen? Um ehrlich zu sein beunruhigt mich der Anblick meines Fahrrads schon ein wenig. Dieser kleine Tänzer muss mich ja wirklich hassen. Doch vor allem: Er weiß, dass ich jetzt hier wohne. Sonst stände mein Rad ja nicht hier. Das hier ist ganz deutlich eine Drohung. Unentschlossen starre ich das Frack vor mir weiter an und kratze mir unwohl in meiner Haut über die Arme. 'Was mach ich den jetzt?' Ob ich Theo anrufen soll? Ich beginne mich gerade mit der Idee anzufreunden, da geht die Haustür auf. "Marcell! Wo bleibst du?" Anton! "Was machst du denn ... Was ist denn das?" Und da haben wir den Salat! "Ist das dein Fahrrad?" "Das war es mal gewesen", antworte ich und atme tief ein. Die Idee mit Theo kann ich mir wohl vorerst in die Haare schmieren. "Wie ist denn das passiert?" Anton beugt sich über mein armes, misshandeltes Rädchen und legt den Kopf schief. "Sind das die Schürzen aus dem Velvet? Du meine Güte! Wer macht denn so was?" Mit gerunzelter Stirn sieht er mich an. "Marcell?" "Ich weiß nicht", lüge ich. Ich kann es ihm nicht sagen. Und ich will ihm nicht noch mehr Gründe dafür geben, dass er sich um mich sorgt. Er tut schon so viel für mich. "Irgendwelche Raudis." Ich zucke mit den Achseln und hoffe, dass er mir diese Ausrede abkauft. "Raudis? Und wo kommen die Schürzen her?" "Die wollte ich waschen. Ich muss sie auf meinem Rad liegen lassen haben." Ich wundere mich echt, wie ich mir so schnell all die Ausreden aus den Fingern saugen kann. "Hattest du es nicht in die Garage gestellt?" "Doch." "Ja aber ...?" Anton seufzt und ich zucke erneut mit den Schultern. "Na gut. Stellen wir es erstmal neben hin, damit es nicht die Anwohner nervt." Entschlossen packt Anton mein Radel und schiebt es um die Ecke. "Morgen lasse ich es entsorgen. Da ist nichts mehr dran zu retten." "Leider." Anton guckt mich traurig an und legt seinen Arm um mich. Dankbar lehne ich mich an ihn. "Mach dir keinen Kopf. Ab jetzt nimmst du eben mein Auto." Er platziert einen Kuss auf meinen Haarschopf und zieht mich mit sich. Du lieber, fürsorglicher Kerl! Vielleicht sollte ich doch mal mit Theo reden, bevor Sebbi noch total, Achtung Wortspiel, am Rad dreht. ~Anton~ "Ich habe uns was zu Essen bestellt", rufe ich Marcell zu, der es sich auf meiner Couch bequem gemacht hat. Er ist noch immer ganz durch den Wind. "Das kommt sicher gleich." "Du musst doch nicht immer was bestellen. Ich hätte auch was kochen können." Mit zwei Gläsern und einer Flasche Wasser in der Hand humple ich zu ihm rüber. Meinem Fuß geht es zum Glück schon wieder ganz gut. Ansonsten hätte mich mein Katerchen bestimmt nicht die Getränke holen lassen. Oder aber, er macht sich doch noch Gedanken um sein Rad. "Um diese Uhrzeit? Sicher nicht! Dafür gibt es Leute, die das für einen machen." Ich setzte mich neben ihn und ziehe ihn in meine Arme. Ohne Widerstand fällt er gegen mich. "Mach dir keine Gedanken um dein Rad. Wenn du willst kaufe ich dir ein Neues." "Ich will kein Neues. Dazu habe ich auch gar kein Geld im Moment." "Ich habe doch gesagt, dass ich dir eins kau..." "Anton!" Verärgert schaut mein Schatz zu mir auf. "Lass das jetzt bitte! Ich habe keine Lust mit dir darüber zu diskutieren. Ich will einfach nur hier sitzen und dich bei mir haben." "Okay ..." Nachdenklich drücke ich meine Nase in sein Haar. Ich bin anscheinend wirklich ein totaler Beziehungsanalphabet. Sonst hätte ich doch wohl gewusst, was mein Katerchen gerade will. Oder nicht? Und das Thema Geld lasse ich in Zukunft wohl auch erstmal lieber sein. Aber das ihn sein demoliertes Rad so mitnimmt ... Na gut. Dann tröste ich ihn eben still und leise und verkneife mir jedes weitere Wort. So sitzen wir da, sagen kein Wort und halten uns fest, bis das Essen geliefert wird. "Ich geh schon!" Marcell rappelt sich auf, doch ich halte ihn am Arm fest. "Alles wieder gut?", frage ich ihn und streichle mit meinem Daumen über seinen Unterarm. "Ja. Alles wieder gut. Ich war nur ein bisschen traurig." Er lächelt mich an und geht zum Aufzug. "Dann ist ja gut", flüstere ich schenke uns Wasser ein. Während dem Essen war Marcell wieder wie immer. Trotzdem bereitet mir der Vorfall von vorhin noch etwas Kopfzerbrechen. Wie wollen wir das in Zukunft miteinander hinbekommen, wenn ich es noch nicht mal zustande bringe, ihn wegen einem dämlichen Fahrrad zu trösten? Ich reiche Marcell gerade einen der schmutzigen Teller, damit er ihn in die Geschirrspülmaschine stellen kann, da platzt es aus mir heraus. "Marcell? Du musst mir sagen, wenn etwas ist!" "Was?" Er hält mitten in der Bewegung inne und schaut mit kugelrunden Augen zu mir auf. "Es ist nichts!" "Ich meine doch wegen vorhin. Als wir auf der Couch gesessen haben. Falls ich in Zukunft wieder mal was falsch mache, dann sag es mir. Ich habe praktisch null Erfahrung in Beziehungsangelegenheiten. Ich hatte bis jetzt nur eine und die war ... bestenfalls anstrengend. Wenn ich also mal was mache, was dich nervt, oder du Zeit für dich brauchst, dann sag es mir einfach. Okay? Ich ... Ich bemerke so was eben nicht immer." Nervös verziehe ich meine Lippen zu einem schmalen Spalt. "Du hast nichts falsch gemacht. Und außerdem", er stellt den Teller in die Spülmaschine und schmiegt sich an mich, "glaube ich, dass du eher mal etwas Zeit für dich alleine brauchen wirst, wenn du wirklich noch niemals in einer festen Beziehung warst." Spitzbübisch grinst er mich an. "Vielleicht nervt es dich schon bald, wenn ich ständig um dich herumwusle." Was?! Niemals! "Ich will aber, dass du ständig um mich herumwuselst!" "Sicher?" "Sehr sicher", bestätige ich ihm und schmuse mit meiner Nase über seine. Marcell gluckst vergnügt. "Das frage ich dich in zwei Monaten noch mal. Mal sehen was du dann dazu sagst." Er tupft mir einen Kuss auf die Nasenspitze, dann wendet er sich wieder von mir ab und räumt weiter das dreckige Geschirr weg. "Warum?", hake ich nach. "Warum? Weil wir uns sicher früher oder später zanken werden." "Glaube ich nicht." Niemals! "Glaube es mir", seufzt Marcell und schlägt die Spülmaschine zu. "Man muss sich eben erst aneinander gewöhnen. Man lernt nach und nach die Macken des anderen kennen und muss sich damit arrangieren. Das geht häufig mit Streitereien umher." Er lehnt sich gegen die Arbeitsplatte und mustert mich. "Du glaubst mir nicht." "Nein. Weil ich weiß, dass du keine Macken hast." Jawohl! Das weiß ich! Marcell ist perfekt! Kopfschüttelnd klopft er mir auf die Brust und geht an mir vorbei. Was soll denn das? "Marcell? Hey!" Ich eile hinterher. "Dann sag mir doch einfach, was du deiner Meinung nach für Macken hast!", flehe ich ihn an. "Dann bin ich vorgewarnt." Er bleibt mitten im Wohnzimmer stehen und dreht sich zu mir um. "Das weiß ich nicht." "Hä? Aber du sagtest doch gerade ..." "Ach Anton! Das ist in jeder Beziehung anders. Thomas zum Beispiel, mit ihm war ich vor vier, fünf Jahren zusammen. Der hasste es, wenn ich vor der Wohnung nicht die Schuhe ausgezogen habe und ich habe das natürlich jedes Mal vergessen. Ich wiederum hasste es, wenn er nach dem Baden nicht die Wanne heiß ausgespült hat. Er hasste es, wenn ich meine Zahnbürste in seinen Becher gestellt habe, ich hasste es, wenn er nicht ohne seine zweihundert Kopfkissen schlafen konnte. Er hasste es, wenn ..." "Stopp mal!" Das ist ja nicht zum aushalten! "Und das war bei jeder deiner Beziehungen so?" "Im Großen und Ganzen, ja." "Und habt ihr euch deshalb getrennt?" Mir wird ganz flau im Magen. "Quatsch! Man streitet sich mal darüber und dann versöhnt man sich auch wieder. Das ist doch normal." Marcell greift sich meine Hand und zieht mich zur Couch. "Hattest du eigentlich schon viele Beziehungen?", frage ich ihn leise, als wir es uns vor dem Fernseher gemütlich gemacht haben. "Ich hatte einige. Viele, die nicht lange gehalten haben, aber auch die ein oder andere ernsthafte Beziehung." "Und wie viele waren das?" "Ernsthafte?" "Ja." Ich will das wissen! "Vier. Mein letzter Ex miteinberechnet." Das flaue Gefühl kehrt zurück. Ich verschränke meine Finger mit seinen. "Hast du ihn sehr geliebt?" Marcell versteift sich in meinen Armen. "Warum willst du das wissen?" "Nur so." Das ungute Gefühl verstärkt sich. "Ja, ich habe ihn sehr geliebt. Sonst wäre ich ja auch nicht mit ihm zusammengezogen. Aber die Gefühle für ihn sind längst verschwunden. Seit die erste Mahnung in meinen Briefkasten geflattert ist." Eindringlich sieht mich Marcell an, legt dann seine Handfläche auf meine linke Brusthälfte. "Diese Gefühle habe ich jetzt für dich. Mehr noch. Diesmal fühlt es sich anders an." "Wie, anders?" Ist das jetzt gut oder schlecht? Er scheint kurz zu überlegen. Fixiert mein Oberteil und spricht leise weiter. "Bis jetzt habe ich mich noch niemals so schnell zu jemanden hingezogen gefühlt, wie zu dir. Um mich in einen Mann verlieben zu können habe ich bis jetzt immer viel Zeit, Nähe und Vertrautheit gebraucht. Ich musste diesen Menschen kennen, verstehst du? Niemals habe ich einen mir noch gänzlich unbekannten Mann angesehen und: Wumms! Es war um mich geschehen. Das irritierte mich." Na klar schmeicheln mir Marcells Worte. Nur wie ich jetzt damit umgehen soll, weiß ich leider nicht. Marcell atmet durch und lächelt mich an. "Ich bin froh, dass ich dir begegnet bin." "Das bin ich auch." Ich ziehe ihn an mich ran und umarme ihn fest. "Jetzt regeln wir das noch mit deinem Ex und dann gibt es nur noch uns." "Hört sich gut an", flüstert Marcell und zupft am Kragen meines Shirts herum. "Sag mal, stört dich schon was an mir?", frage ich ihn neugierig. "Nein ... Obwohl." Mir rutscht das Herz in die Hose. Ihn stört etwas an mir?! "Dränge mir nicht immer dein Geld auf, ja?" Ähm ... "Das ist mir unangenehm." Das ist ihm unangenehm? "Das wusste ich nicht! Ich will dir doch nur helfen", erkläre ich und schaue ihn ratlos an. "Das ist ja auch lieb von dir, aber ich komme mir dabei dämlich vor. Auch wenn du sagst, dass ich es dir wieder zurückzahlen soll ... Mal ehrlich. Wovon soll ich allein die Miete für die Wohnung hernehmen?" Marcell setzt sich wieder auf und wirkt nervös. Macht es ihm wirklich so viel aus, dass ich ihm helfen will? Hier herrscht wohl noch einiges an Klärungsbedarf! "Marcell? Ich bin weder auf das Geld deiner Miete angewiesen, noch lebe ich auf so großen Fuß, dass ich auf jeden Cent achten muss. Das Einzige, was ich will ist, dass du aus der ganzen Sache, die dir dein Ex angehängt hat, heil wieder heraus kommst. Deshalb greife ich dir unter die Arme. Deswegen und weil ich dich liebe. Wäre es andersherum, würdest du mir da nicht auch helfen wollen?" "Doch. Natürlich", gibt er klein bei. "Aber hier dreht es sich um hohe Beträge! Nicht nur um ein paar Euros für ein kaputtes Fahrrad! Das ist ..." "Das ist das, was ich will. Dir helfen. Außerdem, wenn du dir die Miete nicht leisten kannst, dann zieh eben bei mir ein." Ich halte die Luft an. Die Idee kam ganz von selbst. Eigentlich ist das doch die logische Konsequenz aus allem. Oder nicht? "Bei dir einziehen? Das willst du wirklich? Jetzt schon?" "Du wohnst doch sowieso schon fast bei mir", antworte ich achselzuckend. "Schlafen tun wir auch zusammen, also sehe ich darin kein Problem." "Ich weiß nicht ..." Meinem Katerchen scheint die Idee gar nicht zu schmecken. Fieberhaft denke ich über eine Lösung des Problems nach und komme auch schon auf eine. "Wie wäre es mit einer Testphase?" "Testphase?" "Ja! Schaff dein Zeug, das du täglich brauchst, nach oben und wir testen das Zusammenleben." Das hört sich wahrscheinlich bescheuert an, doch wenn Marcell sich damit vorerst besser fühlt, dann tue ich mal so, als würden wir eine Testphase einlegen. "Keine schlechte Idee", meint Marcell schließlich und reibt sich an mir. "Du, Anton?" "Ja?" "Das mit dem zusammen Schlafen eben … das hat sich nicht schlecht angehört eben. Was meinst du?" Frecher, kleiner Kater! "Du willst ins Bett?" Marcell bejaht. "Soll ich dir eine Gutsnachtgeschichte vorlesen?" "Unbedingt ..." Mir wird über die Unterlippe geleckt. Typisch Katerchen! *** ~Marcell~ "Bis heute Abend!" "Du gehst jetzt schon?" Anton kommt humpelnd aus seinem Büro gestürmt. "Hey! Langsam mit deinem Fuß!", tadle ich ihn. "Und ja. Ich fahre vorher noch bei meiner Mutter vorbei." Und dann will ich vor meiner Schicht noch ins Velvet, damit ich mit Theo reden kann. Das muss Anton aber nicht wissen. "Ach? Und du willst mich nicht mitnehmen und mich ihr vorstellen?" "Heute nicht. Zuerst muss ich ihr gestehen, dass ich mit Holger Schluss gemacht habe. Und dann, je nachdem wie sie das aufgenommen hat, dass ich eine neue Bleibe habe und dann, aber auch nur eventuell, dann sage ich ihr, dass ich mit meinem Vermieter, Schrägstrich, Boss in die Kiste gehe. ... Tschau!" Ich verabreiche ihm einen schnellen Abschiedsschmatzer und laufe zum Fahrstuhl. "Na dann ... Bis heute Abend." Er lächelt mir zu, ich lächle zurück und flutsche in die Kabine des Aufzugs. Weg bin ich. Mein Herz wird schwer. Es passt mir nicht, Anton anzulügen. Ich fahre zwar zu meiner Mutter, aber die Sache mit Sebbi und meinem Fahrrad schwebt seit gestern Abend wie ein drohendes Pendel über uns. Nur merkt Anton gar nicht, dass wir schon längst in der Grube sitzen. Ich bete inständig, dass Theo uns da raushilft, noch ehe Anton was davon mitbekommt. Mit dem Auto bin ich fix bei meiner Mutter angekommen. Ich parke extra einige Meter vor ihrer Wohnung entfernt, damit sie den Protzschlitten meines Bosses nicht zu Gesicht bekommt. Ich höre jetzt schon ihre Fragen. 'Woher hast du denn den teuren Wagen? Hast du eine Bank überfallen? Bist du in was Zwielichtiges hineingeraten? Warum willst du mir nicht sagen woher du ihn hast?' Und so weiter, und so fort ... Aufgeregt klingle ich an der Haustür. Eigentlich versuche ich es ihr immer zu ersparen, sie mit irgendwelchen großen Neuigkeiten zu überraschen. Seit sie mit einem Herzinfarkt im Krankenhaus lag, habe ich immer Angst, ihr könnte das noch mal passieren. Sie beschwert sich immer, dass ich sie mit Samthandschuhen anfassen würde, was ja auch stimmt. Doch das werde ich vor ihr niemals zugeben! Daher serviere ich ihr große Ereignisse immer Häppchenweise. Ganz unauffällig. /Mengel?/ "Ich bins Mama." /Marcell? Ach wie schön! Komm rein!/ Der Summer geht und kaum das ich eingetreten bin, kommt meine Mutter auf mich zugestürmt. Sie trocknet sich gerade die Hände mit einem Handtuch trocken. "Warum nimmst du denn nicht den Hausschlüssel?", fragt sie mich, bevor sie mich in ihre Arme schließt. "Habe ich vergessen." Reine Lüge. Der hängt an meinem Schlüsselbund. Ich hab bloß wieder Schiss, dass sie sich erschrickt, wenn ich plötzlich in der Wohnung auftauche. Meine Mutter seufzt, sagt aber nichts dazu. "Komm mit in die Küche. Wir bereiten gerade das Mittagessen zu. Magst du mitessen?" "Gerne." Ich betrete hinter meiner Mutter die Küche, wo mein Onkel am Tisch sitzt und Gemüse schnipselt. "Hallo Bernd." "Tagchen Marcell." Bernd ist der Bruder meines Vaters, der schon früh verstorben ist. Und wie das Leben nun mal so spielt, haben sich Bernd und meine Mutter danach zusammengefunden. Das war eine turbulente Zeit. Fast jeder in der Familie war empört darüber, dass meine Mutter mit dem Bruder ihres verstorbenen Ehemannes auf Tuchfühlung geht, doch mittlerweile haben sich die Wogen geglättet, worum ich sehr froh bin. Schon allein meiner Mutter wegen. "Karotte?" Bernd hält mir ein Stück Karotte entgegen. "Nachher. Danke." Ich setzte mich neben Bernd auf einen der Stühle. "Was verschafft uns die Ehre deines Besuches?" Mama schielt mich neugierig an und stellt mir ein Brettchen mit Zwiebeln vor die Nase. Jetzt bekomme ich auch noch Küchenarbeit aufgebrummt! "Ich bin umgezogen", erwähne ich so beiläufig wie möglich. "Ach? Spontan?" Sie zieht sich einen Stuhl zurecht und setzt sich ans Kopfende des Tisches. "Ja ... Ich musste aus der Wohnung raus." Ich versuche mir nichts anmerken zu lassen, aber Mama merkt alles. "Holger?" Ich nicke. "Ich habe es gesagt! Oder nicht Bernd?" "Hast du", murmelt er und schnibbelt einen Kohlrabikopf klein. Ich verdrehe die Augen. "Wir haben uns auseinandergelebt. Es ist vorbei, aber mir geht es gut." Ich lächle sie an und zerkleinere die Zwiebeln. Nicht heulen! "Wie heißt er?", fragt sie spitz. "Wer?" "Der Kerl, der sich zwischen dich und Holger gedrängt hat." "Wie kommst du darauf, dass sich ein Kerl zwischen uns gedrängt hat?" So war das ja nicht. Aber so ähnlich, weshalb ich wieder nur über meine Mutter staunen kann. "Marcell, ob du es glaubst oder nicht, aber ich war auch mal jung." Ich grinse schräg und erspare mir einen Kommentar. Ich wollte es ihr zwar heute nicht sagen, aber wenn sie schon so anfängt: "Es hat sich niemand zwischen uns gedrängt, aber ... da ist jemand. Ich habe ihn nach der Trennung kennengelernt." "Ist das wieder so ein junger Windhund, der nicht weiß was er will?", zetert sie und Bernd beginnt zu lachen, während er auf einem Streifen Karotte herumkaut. "Er ist kein Windhund", sage ich genervt. "Und wenn du schon so fragst: Er ist diesmal älter als ich und hat seinen Eigenen Laden." "Oh!" Jetzt ist meine Mutter wirklich überrascht. "Was hat er denn für einen Laden?" "Einen Tanzclub. Ich arbeite dort. So haben wir uns kennengelernt." "Der Chef von dem komischen orientalischen Schuppen, in dem du arbeitest?" Bernd legt den Kopf schief. "Nein. Ich hab einen neuen Job", lasse ich nun auch noch die letzte Bombe platzen. Besorgt mustere ich meine Mutter, doch die sieht relativ gelassen aus. "Er heißt Anton und weiß definitiv was er will." Und wie er das weiß. Ich muss nur an letzte Nacht denken, als er mich schon vor dem Bett ... "Anton. Ein anständiger Name!" Ich blinzle Bernd an. Ich darf am Küchentisch meiner Mutter nicht an den Sex mit Anton denken! Sicher glüht meine Birne wie ein rotes Ampelmännchen. "Junge, Junge. Bei dir ist ja mal wieder der Teufel los", stöhnt sie auch schon und steht auf, um in den Töpfen rum zu rühren. "Und wann lernen wir deinen anständigen Anton kennen?" Anständiger Anton. Pffhaa! Wenn wir unter uns sind, ist er meist gar nicht so anständig ... "Bald, denke ich. Aber vorher muss ich noch etwas regeln." "Was denn?" Sie hört kurz mit dem Gerühre auf. "Nur denn allgemeinen Umzugskram", lüge ich. "Wenn der Stress rum ist, schleife ich ihn mit hier her. Versprochen. Er war sowieso schon ganz scharf drauf, euch kennenzulernen." "Echt?" Meine Mutter lacht auf. "Das ist ja mal ganz was Neues! Der scheint ja doch ziemlich in Ordnung zu sein." "Mehr als das", grinse ich. "Er ist der pure Wahnsinn!" Ich bleibe noch den ganzen Nachmittag Zuhause bei Mama und Bernd. Das mache ich wirklich zu selten. Spätestens als Bernd mich beim Pokern abzieht (wir spielen immer Karten, wenn ich hier bin), weiß ich auch wieder warum. Ich hasse es zu verlieren! Nachdem ich dann genug Familienaction hatte, mache ich mich Punkt halb sieben auf den Weg in den Club. Theo ist sicher schon da und ich werde immer aufgeregter. Was sage ich ihm? Das ich mir sicher bin, dass Sebbi hinter den ganzen Sabotageversuchen steckt? Beweisen kann ich das nicht. Aber auch wenn, was kann Theo schon groß gegen ihn ausrichten? Eigentlich erhoffe ich mir von ihm bloß einen Ratschlag, was ich jetzt tun soll. Ich wäre für alles offen, außer es Anton beichten zu müssen. Der Gedanke gefällt mir nämlich gar nicht. Es mag kleinlich klingen, aber ich möchte nicht, dass er schon wieder mit dem tanzenden Twink konfrontiert wird. Ja, ich bin eifersüchtig. Es ist nicht nötig, dennoch bin ich es. Warum kann dieser kleine, zickige Twink sich nicht einfach in Luft auflösen? ****** *Ihr könnt alles darüber in der Story 'Barkeeper in Love' nachlesen, wenn ihr mögt. LINK: http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/723837/336938/ **'Barkeeper auf EIS'. Die Vorgeschichte zu 'Barkeeper in Not'. LINK: http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/723837/334036/ Beide Storys kann man auch getrennt voneinander lesen. Muss man aber nicht. ;-) Kapitel 14: Kapitel 11 - Sorgen und Wut --------------------------------------- Kapitel 11 - Sorgen und Wut ~Marcell~ "Ja?" Mein Magen fängt an sich zusammen zu ziehen, als ich in Antons Büro eintrete. Theo sitzt dort am Schreibtisch und schaut fragend zu mir rüber. "Marcell? Was gibt's?" "Hättest du mal ein paar Minuten für mich?", frage ich ihn leise und bete, dass man mir meine Unsicherheit nicht anhört. "Klar. Komm rein." Als würde ich zu meiner eigenen Hinrichtung gehen, laufe ich auf den großen Schreibtisch zu. Dabei habe ich doch gar nichts gemacht! Sebbi ist hier der Schuldige. 'Trotzdem bin ich die Petze', denke ich mit einem bitteren Beigeschmack. "Um was geht es?" "Ich wollte dich um einen Rat fragen", beginne ich und setzte mich auf den Besucherstuhl. Nervös knete ich meine Hände durch. Die Situation ist mir echt unangenehm, auch wenn ich gar keine andere Wahl habe, als wenigstens Theo von Sebbis Sabotageversuchen zu berichten. Trotzdem verpetzte ich nicht gern andere. Sogar als ich wegen der Sache mit meinem Ex zur Polizei gegangen bin, fühlte ich mich dabei wie ein Verräter. Vorerst natürlich nur, denn als ich das ganze Ausmaß seiner Machenschaften verstand, überwog meine Wut ihm gegenüber. Wut, die ich immer noch gegen ihn verspüre. "Geht es um Anton?", holt mich Theo auf das Wesentliche zurück. "Indirekt. Es geht um Sebastian." Theo hebt die Augenbrauen, sieht mich erst überrascht, dann wissend an. Seufzend lehnt er sich auf dem leise knarrenden Bürostuhl zurück und fährt sich durch die Haare. Mir fällt jetzt erst auf, dass er sie offen trägt. So habe ich ihn noch nie gesehen. "Was hat er angestellt?", fragt er mich knurrend. Fast könnte ich loslachen, wenn die Sache nicht so ernst wäre. Theo kennt die Macken dieses Twinks wohl auch schon viel zu gut. Sicher nervt er ihn jeden Tag mit Fragen nach Anton. "Ich bin mir nicht sicher, aber ich habe ihn in Verdacht mein Fahrrad zerstört zu haben." "Wie kommst du darauf?" Er glaubt mir nicht, oder? Gut. Dann erkläre ich eben alles von Anfang an. "Na ja. Zuerst waren meine Reifen zerschnitten. Und als ich neue Reifen drauf hatte, war es plötzlich ganz verschwunden. Zudem sind ständig meine Schürzen weg. Gestern dann stand mein demoliertes Fahrrad vor Antons Haus. Auf seinem verbogenen Lenker hingen die vermissten Schürzen von hier. Alle total mit irgendeiner Pampe eingesaut. Es muss also jemand von hier gewesen sein, denn wer sonst kommt an meine Schürzen ran?" "Und du meinst, derjenige wäre Sebastian?" "Ich wüsste nicht, wer sonst dafür in Frage käme. Er hat mich auch schon mal mehr als wüst beschimpft. Ob ich mit Anton ins Bett gehen würde und so Scherze. Da waren wir aber noch gar nicht zusammen. Vorgestern dann, hat er Anton und mich hier in einer ziemlich eindeutigen Pose erwischt." Theo nickt. Glaubt er mich doch? "Aber direkt beweisen kannst du es nicht?" "Nein." "Hm." Nachdenklich tippt er auf der Schreibtischunterlage herum. "Ehrlich gesagt geht mir der Typ auch ganz schön auf die Nerven. Doch solange er nichts anstellt, was wir ihm auch beweisen können, sehe ich keine Möglichkeit ihn zu feuern." "Ihn feuern?" Ich mag Sebbi zwar nicht besonders, aber ihn gleich zu feuern ... Ich weiß nicht. Obwohl mir der Gedanke, diesen Twink nicht ständig in Antons Nähe zu wissen, sehr gut gefällt ... "Ich denke schon länger darüber nach. Er bereitet den anderen nichts als Ärger. Aber nichts was er tut, würde eine Kündigung rechtfertigen." Theo seufzt und starrt an mir vorbei auf die große Fensterfront. "Ich glaube aber auch nicht, dass es deine Situation verbessert, wenn er nicht mehr hier arbeiten würde." "Wie meinst du das?" Jetzt fokussiert er wieder mich. Sein Blick verheißt nichts Gutes. "Ich sag's nicht gern, aber Anton hätte mit diesem Kerlchen niemals in die Kiste springen dürfen. Manchmal denke ich sogar, dass Sebastian ihn stalkt." Mich überläuft es eiskalt. "Er stalkt ihn?" Ich glaube es nicht! "Ich habe ihn mal erwischt, als er Anton nachspioniert hat und das mehr als einmal. Außerdem hat er verdächtig viele Fotos von ihm auf dem Handy." Mir wird verdammt schlecht. Ich kralle mich in den Seiten der Sitzfläche unter mir fest, damit ich nicht vom Stuhl kippe. "Woher weißt du das?", frage ich ihn mit kratziger Stimme. Theo grinst schief. "Ich bin schon lange im Velvet und fühle mich für die Sicherheit hier verantwortlich. Manchmal sehe ich mich dazu gezwungen zu handeln." Ich schlucke hart und zwicke mich in den Arm, um sicher zu gehen, dass ich nicht träume. Das hört sich an, wie in einem billigen Krimi! "Weiß Anton Bescheid?" "Ich habe ihn mal drauf angesprochen, doch er meinte, er regle das." Das ist so typisch Anton! Ich kenne ihn jetzt zwar noch nicht so lange wie Theo ihn kennt, doch der Spruch ist so typisch für ihn. "Soll ich noch mal mit ihm reden?" Ich überlege. Soll er? "Du solltest ihm das auch mit dem Fahrrad sagen. Sicher ..." "Nein! Ich will nicht, dass er deswegen Stress hat. Ich hatte nur gehofft, du könntest mir einen Rat geben, was ich tun könnte." Theo sieht mich lange an. Dann beugt er sich auf die Schreibtischplatte und meint: "Ich weiß, dass Sebastian ein nerviges Subjekt ist. Und vielleicht ist dir das nicht bewusst, aber Stalking ist nicht auf die leichte Schulter zu nehmen." "Und wieso tut Anton nichts dagegen?", frage ich leise. "Anton kommt damit klar. Glaub mir. Um ihn habe ich mir niemals Sorgen gemacht. Er ist nicht so leicht unterzukriegen. Aber das du jetzt aufgetaucht bist, macht Sebastian ganz schön zu schaffen. Ich mache mir deshalb eher Sorgen um dich. Er bedroht ja auch nicht Anton, sondern du bist sein Ziel." Habe ich schon mal erwähnt, dass ich Krimis nie besonders leiden konnte? "Sag es ihm. Wer weiß, was sich dieses Kerlchen noch einfallen lässt." "Ich überlege es mir", flüstere ich. "Gut. Und wenn was ist, wenn er dir hier dumm kommt: Ein Wort von dir und ich versohle ihm den Arsch." Theo zwinkert mir zu, was wohl beruhigend wirken soll. Klappt aber nicht. Zu sehr bin ich in wirren Gedanken über kaputte Räder und einem Anton-nachschleichenden Sebastian versungen. "Ich merke es mir. Danke Theo." Mit sehr, sehr gemischten Gefühlen verlasse ich Theos Büro. Was mache ich denn jetzt? Sage ich es Anton? Oder warte ich ab, ob sich das nicht von selbst regelt? Ich stecke in der Zwickmühle! *** ~Anton~ "Hallo mein Katerchen." Gleich faucht er. ... Oder auch nicht. Marcell grinst mich schmal an und schlüpft aus seiner Hose. "Stressigen Abend gehabt?" "Es geht", seufzt er und krabbelt zu mir ins Bett. "Ist irgendwas?" Irre ich mich, oder sieht er bedrückt aus? "Bin bloß müde. Das ist alles." Er schlüpft an meine Seite und bettet seinen Kopf auf meiner Brust. "Müde also. Schade. Und ich dachte, ich könnte dich jetzt mit einer guten Neuigkeit fröhlicher stimmen." "Eine gute Neuigkeit?" Schon ist mein Katerchen wieder hellwach. Er rappelt sich auf und mustert mich abwartend. Mit einem sehr eindeutigen Kribbeln im Bauch fahre ich mit meinem Daumen über seine Wange. "Jepp. Ab morgen gehe ich nämlich wieder arbeiten", verkünde ich ihm. "Der Arzt hat mir grünes Licht gegeben. Keine faulen Tage mehr!" Marcell guckt mich an wie ein Fisch auf dem Trockenen. "Ich dachte, die Info würde dich begeisterter stimmen", überlege ich laut. "Ich bin begeistert", japst er. "Nur ein wenig überrascht." Muss ich das jetzt verstehen? "Falls du dir Gedanken ums Fahren machst, das brauchst du nicht. Wozu gibt's Taxis?" Marcell strafft sich und setzt sich auf. Leider kann ich ihn so nicht mehr über die weiche Haut streicheln, aber die wunderbare Sicht auf seinen freien Oberkörper entschädigt dies allemal. Zum anbeißen ... "Taxi? Das ist viel zu teuer!" "Das rechne ich über die Spesen ab", winke ich ab und lege meine Hände nun auf seinen Bauch. So warm und genauso weich wie seine Wange ... "Spesen?!" Mein Katerchen bringt sich aus der Reichweite meiner Hände. "Das ich nicht lache! Ich fahr mit der U-Bahn!" "Ich will aber nicht, dass du mitten in der Nacht mit der U-Bahn durch die Gegend gondelst!" Ist das so schwer zu verstehen? "Und ich habe dir gestern schon mal gesagt, dass es mir unangenehm ist, wenn du alles für mich bez..." Er schließt kurz die Augen, seufzt und sieht mich wieder an. "Reden wir morgen darüber?" "Wenn du willst." "Will ich!", sagt er erleichtert und legt sich wieder halb auf mich. "Ich mag nicht mit dir streiten." "Wir streiten doch gar nicht." Haben wir das? "Dann ist ja gut", murmelt er und schließt die Augen. "Nacht." "Gute Nacht, mein fauchendes Katerchen." Ich bekomme ein leises Gebrumme als Antwort, dann scheint er eingeschlafen zu sein. Ich lösche das Licht, bleibe aber noch wach und grüble über das Transportproblem nach. Ich komme allerdings auf keine Lösung. Womöglich hat Marcell recht. Morgen denkt es sich bestimmt besser nach. Dahindämmernd zwischen noch schlafen und dem Erwachen, bemerke ich etwas Weiches an meinem linken Hüftknochen, sowie warme Luft, die dagegen schlägt. Leise feuchte Geräusche, die auf meinem Körper eine Gänsehaut entstehen lassen. Wenn das mal nicht mein Katerchen ist, das mich gerade liebkost. "Marcell?" Immer noch halb am schlafen hebe ich meine Augenlider ein Stückchen. Und da ist er: Grinst zu mir auf und knabbert an meinem Hüftknochen herum. "Was wird das?" "Nach was sieht es denn aus?", wispert er und langt nach meinem schon sehr wachen Geschlecht. "Ich blase dir jetzt den Schlaf aus den Augen." Ich fange an zu lachen, was aber in einem langezogenen Stöhnen übergeht. Ganz hinterhältig hat sich die Zunge meines Katerchens an meinem Schaft zu schaffen gemacht. Leider viel zu kurz! Ich knurre ungeduldig. "Wach?" "Nein", antworte ich. Marcell grinst frech und schiebt seinen köstlich warmen Mund über meine Erregung. In stetigen Bewegungen verwöhnt er mich bis zum Äußersten, bläst mir tatsächlich den Schlaf aus den Augen, denn Fakt ist, so schnell war ich noch nie morgens völlig wach! Ich lasse mich gehen, schaue meinem Schatz bei seiner 'Arbeit' so lange es geht zu und ergieße mich viel zu schnell in großen Schüben in seinem Mund. Klasse! Jetzt bin ich wieder müde und KO! Marcell entlässt mich wieder und legt sich bäuchlings auf mich. "Ich habe eine Lösung gefunden", murmelt er und knabbert dabei an meinem Schlüsselbein. Ich sollte ihn in Hündchen umtaufen, so wie er es heute anscheinend auf meine Knochen abgesehen hat. "Zu was für einem Problem?", frage ich ihn leise. Ich könnte auf der Stelle wieder einpennen. "Der Weg zur Arbeit." Ich rege mich und sehe ihn fragend an. "Du nimmst mich mit, und abends wieder mit nach Hause. So einfach geht das." "Wir haben aber nicht die selben Arbeitszeiten", erinnere ich ihn. "Und? Dann hänge ich eben so lange bei dir im Büro herum. Ob ich jetzt hier auf der Couch hocke, oder bei dir, das ist doch egal. Außerdem wäre ich dann bei dir. Definitiv besser, als hier alleine herumzuhocken." Wieder lutscht er mir das Schlüsselbein feucht. Diesmal das andere. "Eigentlich keine schlechte Idee. Nur ..." "Nur?" "Wie soll ich mich auf meine Arbeit konzentrieren, wenn du dich auf meiner Couch herumräkelst?" Er zuckt mit den Schultern und macht ein unschuldiges Gesicht. "Das ist dein Problem", meint er lapidar. Freches Aas! "Mein Problem, ja?" "Hmhm." "Du hast aber gerade auch eins, so wie ich das sehe", raune ich ihm zu und hebe mein Becken an. Marcell keucht auf und drängelt sich mir entgegen. "Sorry, mein Katerchen. Aber wie gesagt: Dein Problem." Ich bemühe mich, nicht einfach loszulachen, schubse ihn sanft von mir runter und stehe auf. "Ich geh duschen." "Äh ... Anton?" Nicht umdrehen! Ja nicht umdrehen! "Anton!" Ich höre Schritte hinter mir und noch ehe ich auch nur in der Nähe meines Badezimmers angekommen bin, spüre ich seine Arme auf meinem Bauch, die sich von hinten um mich legen. "Geh nicht." Ich bleibe stehen. "Nicht?" "Nein", murmelt er zwischen meine Schulterblätter. "Kümmere dich um mein Problem. Bitte." "Und was ist mit meinem? Muss ich mich darum alleine kümmern, wenn ich in meinem Büro hocke und du in meiner unmittelbaren Nähe herumlümmelst?" Marcell verteilt kleine Küsschen auf meinem Rücken bevor er antwortet: "In deinem Büro darfst du alles mit mir machen was du willst." Bei dem Gedanken wird mir ganz heiß und 'klein' Anton reckt sich ebenfalls neugierig nach oben. "Alles?" "Alles", bestätigt mir mein Katerchen. "Na wenn das so ist ..." Ich drehe mich um und packe meinen Schatz an der Hüfte. "Ab ins Bett mit dir, damit ich mir dein Problem mal genauer anschauen kann!" *** ~Marcell~ "Ein Bier! Kommt sofort!" Ich eile zum Zapfhahn und schiele zur Uhr. Noch zehn Minuten! Dann habe ich Feierabend. Endlich! Heute ist der erste Arbeitstag, wo Anton und ich beide gemeinsam im Club sind. Theo darf endlich wieder Barkeeper sein, was ihm sichtlich mehr Spaß macht als den Boss zu spielen. Und ich? Ich werde immer ungeduldiger und erwische mich öfter wieder dabei, wie ich hoch zu der großen Gläserfront blicke und mir vorstelle, dass Anton dort oben ist und auf mich wartet. Ja, ja. Wahrscheinlich arbeitet er und denkt noch nicht mal an mich, aber es ist einfach schön zu wissen, dass er da ist und ich gleich wieder bei ihm sein kann. Dazu kommt, dass Sebastian heute nicht hier ist. Ein wundervoller Abend also! "Bitte sehr!" Ich schiebe dem Gast sein Bier rüber. Danach fertige ich noch ein Paar fast verdurstete Gäste ab und dann ist es soweit. Feierabend! Ich schlängle mich erst durch meine Mitarbeiter, dann durch die tanzenden Besucher und renne zu den Umkleiden. Nichts wie umziehen und dann auf zu Anton! Frisch verliebt zu sein ist immer das Schönste überhaupt. Und das will ich voll und ganz auskosten. Besonders heute, nach diesem wundervollen Tag. Als wir es heute morgen nach einigen Anläufen aus dem Bett geschafft haben und uns viel Zeit in der Dusche gelassen haben, lud mich Anton zum Frühstück ein. Danach landeten wir in meiner Wohnung, wo wir ein paar meiner Sachen zusammengesucht haben, die ich mit nach oben nehmen wollte. Doch am Ende landeten wir in meinem Bett und ... sagen wir es mal so: Bis zum Mittag waren wir dort beschäftigt gewesen. Mein Sachen endlich in seiner Wohnung, war es nur eine Frage der Zeit, bis wir wieder in den Laken landeten. Es ist nicht zu glauben, aber ich kann einfach nicht genug von Anton bekommen! Klar war es auch in meinen vorigen Beziehungen so und wir hatten auch da oft Sex. Aber so? Nein. Mit Anton ist wirklich alles anders. Besser und intensiver. Ich liebe ihn von Minute zu Minute immer mehr, falls das überhaupt noch möglich sein kann. Meine Füße schweben fast die Treppen hinauf, als ich zum Büro meines Bosses hochgehe. Mein Bauch kribbelt, als ich an die Tür klopfe und mein Herz schlägt einige Takte schneller, als ich Antons Stimme höre und er mich herein bittet. Im Nu bin ich durch die Tür getreten und werde plötzlich gegen sie gedrückt. Ein leises Klacken. Die Tür ist abgeschlossen. "Endlich!", keucht Anton und stürmt meinen Mund. Ich bin sofort Wachs in seinen Händen. Ich werde herumgewirbelt, rückwärts in den Raum gedrängelt, bis ich etwas an meinen Wanden spüre. Den Rand der Couch. Keuchend lande ich auf ihr. Anton plumpst mit mir auf die Sitzfläche und sieht mich gierig an. "Gilt dein Angebot von heute morgen noch?", fragt er mich atemlos. "Welches?" Begierig knöpfe ich sein Hemd auf. "Das ich in meinem Büro alles mit dir machen kann." Ah stimmt. Da war ja was ... "Gilt noch", japse ich und öffne endlich den letzten Knopf an seinem weißen Hemd. Gleich darauf mache ich mich über seinen Body her. "Zieh dich aus!" Ich halte inne. Die Idee ist wirklich nicht schlecht, aber in dieser Position geht das nicht. "Dann musst du zuerst aufstehen." Anton nickt, klaut mir einen schnellen Kuss und rutscht von mir. Schon mächtig angeheizt stelle ich mich direkt vor ihn. Dabei fällt mein Blick zu der langen Fensterfront keine zwei Meter neben mir. "Die können uns nicht sehen. Nicht wahr?" Ich weiß eigentlich, dass man von dort unten nicht das geringste Bisschen von dem Treiben in Antons Büro erhaschen kann, doch ist man hier oben, könnte man das glatt meinen. "Natürlich nicht", lacht Anton und schält sich aus seinem Hemd. "Wir könnten uns direkt davor stellen und keiner dort unten würde auch nur erahnen, was wir tun." Er steigt aus seiner Hose. Diesmal bin ich allerdings zu sehr in Gedanken, als das ich seinen nackten Anblick genießen könnte. Der Grund ist Sebbi. "Das weißt du so genau, weil du es schon ausprobiert hast", frage ich ihn leise. Ich hasse mich dafür, aber ich konnte die Frage nicht zurückhalten. Anton öffnet den Mund, schließt ihn aber wieder. Das ist Antwort genug. "Verstehe." Vor meinem inneren Auge sehe ich ihn und den kleinen Twink in inniger Vereinigung genau neben mir an die Glasscheibe gedrückt. Mir wird übel. Warum muss ich auch ausgerechnet jetzt an diesen miesen Twink denken? "Das war noch bevor ich dich kennengelernt habe", dringt Antons Stimme in mein Ohr. "Marcell?" "Ja! Ich weiß doch." Ich schaue ihn an und atme tief durch. "Tschuldige. Es war auf einmal in meinem Kopf und ... Anton?" Verdutzt schaue ich ihm dabei zu, wie er aufsteht und nach seiner Hose greift. Er will sich doch nicht etwa wieder anziehen?! ~Anton~ Ich habe echt keinen blassen Schimmer, weshalb Marcell immer noch über Sebastian nachdenkt, aber das werde ich ihm jetzt ein für allemal austreiben! Er denkt also darüber nach, wie es war, als ich und dieser kleine Tänzer zusammen hier rumgevögelt haben? Gut. Dann zeige ich es ihm. "Du willst es also wissen?", frage ich ihn leise und reiße die Verpackung des Gummis auf, die ich mir eben aus meiner Hose gefischt habe. "Wie ich Sebastian hier genagelt habe, ja?" Marcell schluckt und schaut zur Seite. Bin ich jetzt zu weit gegangen? "Schau mich bitte an Marcell." Zögernd kommt er meiner Bitte nach. "Das war bloß Sex. Da war nichts dahinter. Nicht so wie bei uns." "Ich weiß", murmelt er. "Es ist nur ..." Sein Blick weicht meinem aus. Was hat er nur? Ich bin doch nicht der Erste mit dem er zusammen ist, der vorher was mit anderen am laufen hatte. Außerdem war er doch ebenfalls mit anderen Kerlen zusammen gewesen, bevor wir uns das erste Mal getroffen haben. Oder glaubt er mir immer noch nicht, dass ich mit diesem kleinen Tänzer nicht mehr in die Kiste springe? Mit einem großen Schritt bin ich bei ihm und umfasse sein Gesicht. Zwinge ihn so, mich wieder anzuschauen. "Ich liebe dich." Marcells Augen flackern auf. "Ich dich auch. Es tut mir leid." Ich begreife es immer noch nicht. Eigentlich müsste ich derjenige sein, der unsicher und ängstlich ist. Nicht er. Aber vielleicht braucht Marcell einfach nur noch etwas Zeit und vor allem viel Bestätigung, dass das mit uns wirklich klappt. Denn das es mit uns funktionieren kann, dessen bin ich mir voll und ganz sicher. Am besten, ich fange gleich mit dem Bestätigen an, damit er es hoffentlich endlich begreift, dass ich nur noch ihn will. Langsam beginne ich ihn auszuziehen, streife ihm sein Shirt über den Kopf, knöpfe danach seine Hose auf und lasse sie nach unten gleiten. Dann ist seine Unterhose dran, die ebenfalls nach unten segelt. Dabei lasse ich ihn keine einzige Sekunde aus den Augen. Als er nackt vor mir steht, schwirrt sein Blick unsicher zu den Fenstern. "Die sehen uns nicht", schmunzle ich. Marcell lächelt nun ebenfalls. Endlich! "Traust du dich, dich an der Scheibe abzustützen?" "Hält die das aus?" "Die ist dick genug. Glaub mir." Marcell atmet tief durch und dreht sich Richtung Scheibe, vor die er sich nun stellt. Ich stelle mich geradewegs hinter ihn und packe seine Hände, die ich auf die Scheibe lege. Dabei verschränke ich meine Finger mit seinen und küsse den mir schon so vertrauten Nacken vor mir. Dort hat er eine feine Gänsehaut bekommen. "Schau sie dir an. Wie sie alle tanzen, ihren Spaß haben und immer auf der Jagt nach dem nächsten Hintern sind. Jeden Abend das Selbe." Ich schließe die Augen und reibe meine Erektion in seiner Spalte auf und ab. "Und jetzt sieh uns an. Wir sind hier oben. Zusammen und allein. Das ist alles, was ich mir jemals gewünscht habe, auch wenn ich es lange Zeit nicht mal geahnt habe. Stattdessen habe ich diese Sehnsucht in mir versucht mit beliebigen Sex auszufüllen. Aber das brauche ich nicht mehr. Ich brauche ihn nicht mehr." Ich löse eine Hand von seiner und greife zwischen meine Beine. "Ab jetzt bist du der Einzige, mit dem ich hier vor diesem Fenster stehe und das hier mache." Vorsichtig schiebe ich mich durch seinen Muskelring. Marcell keucht auf und erschaudert, schiebt sich mir aber dennoch entgegen. Als ich fast zur Gänze in ihm bin, ergreife ich wieder seine Hand und stoße komplett in ihn. Wir stöhnen gleichzeitig auf und Marcells Hinterkopf landet auf meiner Schulter. Zärtlich küsse ich mich seinem Hals entlang, sauge an seinem Adamsapfel und verpasse ihm den ein und anderen Biss. Rote Male erscheinen auf seiner hellen Haut. "Alles meins", flüstere ich und bewege mich gemächlich in ihm. ~Marcell~ Mir wird schwindelig und das liegt nicht allein an Anton, der mir mit seinen langsamen Bewegungen den noch restlich vorhandenen Verstand raubt. Vielmehr liegt es daran, dass sich der Club fast direkt unter meinen Füßen auftut und ich mir immer wieder bewusst machen muss, dass ich gar nicht fallen kann. Höhenangst lässt grüßen. Doch mit jedem Stoß wird diese Angst geringer, wandelt sich in vollkommen andere Gefühle: Liebe und Lust. Antons zuvor gefallene Worte hallen mir noch immer im Kopf nach. Ich hätte gern was dazu gesagt. Zum Beispiel, dass ich mir doch gar keine Sorgen mehr darum mache, ob er nicht eventuell doch noch mit Sebastian in die Kiste springt. Ich hätte ihm gern den wahren Grund meiner niedergedrückten Stimmung verraten, doch ich konnte es nicht. Und jetzt geht das erst recht nicht. Nicht, wenn mich Anton gegen die Scheibe pinnt und mir schmutzige Worte ins Ohr säuselt. "Ich liebe es so tief in dir zu sein ... Ich kann dich in der Spiegelung des Fenster sehen ... Dein Seufzen macht mich so verdammt geil …", sind nur einige Beispiele. Während er mir all dies zuflüstert, ändert er immer wieder Tempo und Winkel, katapultiert somit den kläglichen Rest meines Verstandes über Bord und lässt mich in meiner Lust dahinrauschen. Ich fühle, wie er sich in mir versenkt und mit mir eins wird. Ein wahnsinniges Gefühl! Ich presse meine Wange an das kühle Glas und mittlerweile ist es mir auch egal, dass unter mir das blühende Leben tobt. Ebenfalls der unheimliche Gedanke, von ihnen vielleicht doch gesehen zu werden, ist mir schnuppe. Allein das Schwindelgefühl bleibt, weswegen ich nicht mehr lange auf meinen Beinen stehen kann. Ich ziehe eine meiner Hände hervor und lege sie auf Antons Hals. "Ich kipp ... gleich um", japse ich mit rauer Stimme. Es wird kühl hinter mir und noch ehe ich mich versehe werde ich einmal um meine eigene Achse gedreht und lande mit dem Rücken zur Fensterfront auf dem weichen Teppich. Jetzt weiß ich, wieso er einen Teppich hat im Büro verlegen lassen. Sehr bequem. Anton kniet nun vor mir, packt mich am Hintern und zieht mich auf seinen Schoß. Keinen Augenblick später ist er wieder in mir und stöhnt gedehnt. Ich lasse mich gegen die kalte Scheibe sinken und vergrabe meine Finger im Teppich. Gleichmäßig jagt mein Boss in meine Enge und beginnt nach wenigen Stößen meinen Schwanz im selben Rhythmus zu pumpen. Ich schließe die Augen und lasse mich gehen. So herrlich von Anton stimuliert merke ich, wie sich in mir alles bereit macht, wie ich immer höher rase, bis mich mein Orgasmus überrollt und ich nur noch bunte Striche vor mir sehe. "Oh Marcell!" Anton beugt sich vor zu mir, umarmt mich und kommt ebenfalls, zuckt einige Male zusammen und knurrt dabei ein weiteres Mal meinen Namen. Vor meinem inneren Auge dreht sich alles und ein paar vereinzelte bunte Pünktchen tanzen noch immer vor meinen Lidern umher. Ich werde erst wieder munterer, als mich Anton hochhebt und zur Couch trägt, wo er mich in eine Decke einwickelt, die er hinter der Couch hervorgezogen hat. "Danke." Müde lehne ich mich an ihn. "Du kannst jetzt weiter arbeiten", sage ich erschöpft und gähne demonstrativ. "Das hast du dir ja fein ausgemalt", gluckst mein Boss und umfasst mein Kinn. "Satt und zufrieden rollst du dich nun hier ein und ich darf weiter schuften? Du freches Katerchen." Ich hebe eine Augenbraue. Wieso nennt er mich andauernd so? "Keiner zwingt dich dazu. Außerdem ist die ganze Aktion allein von dir ausgegangen", schieße ich zurück. "Du wolltest nicht?" "Das spielt keine Rolle." Anton lacht und verpasst mir einen groben Schmatzer. Das hat was ... "Ich gehe mich schnell frisch machen und dann muss ich leider wirklich noch ein bisschen was tun. Aber nicht mehr lange. Versprochen." "Ist gut", gähne ich ein weiteres Mal und wickle die Decke fester um mich. "Darf ich nach dir auch schnell duschen?" "Komm doch einfach mit", ruft er mir zu, doch ich verneine. Sonst halte ich Anton noch länger von seiner Arbeit ab. Was bedeutet, dass wir später nach Hause fahren. Dann warte ich lieber noch etwas, kuschle mich ein und beobachte die tanzenden Besucher da unten. Inzwischen ist nicht mehr allzu viel los. Kein Wunder um diese Uhrzeit. Auch meine Kollegen haben weniger zu tun als noch vorhin. Noch einmal gähne ich herzhaft und döse so vor mich hin, da entdecke ich ein bekanntes Gesicht. "Das kann nicht sein!" Ich strample mich aus der Decke und hänge im Nu an der Fensterscheibe. Ich drücke mir die Nase platt, nur um mich zu vergewissern, dass ich mich hoffentlich bloß getäuscht habe. Habe ich aber nicht, wie ich entgeistert feststelle. "Du kannst." Anton! "Anton! Da!" Ich poche auf das Fensterglas. "Da ist er!" Mit einem Schlag bin ich wieder hellwach. "Wer?" "Holger! Mein Ex!" Hastige Schritte nähern sich mir, da klebt mein Freund schon neben mir an der Scheibe. "Wer?" "Der mit den hellbraunen Haaren und dem roten Shirt. Da vorn nahe der Eingangstreppe. Siehst du ihn?" Ich bin ganz hektisch. "Warte ... Ja! Das ist er? Der Kerl, der dich hintergangen hat?" "Ja." Ich knirsche mit den Zähnen. Wäre ich jetzt nicht nackt, sicher stände ich jetzt schon da unten und würde ihm die Meinung geigen. "Behalte ihm im Auge", weist mich Anton an und rennt zum Schreibtisch. "Joe? Hör mir zu!" Anton saust wieder neben mich. "Ist er noch da?" Ich nicke. Was hat er vor? "Gut ... Joe? Drinnen im Club ist ein junger Kerl im roten Shirt. Er hat braune Haare und steht nahe der Eingangstreppe. ... Nein. Der wird gesucht. Also bloß festhalten. ... Ich komme." Anton zieht sich das Headset vom Kopf. "Was hast du vor?" "Die Polizei rufen. Was sonst?", meint er und geht auf die Tür zu. "Warte! Ich komme mit!" Hektisch suche ich nach meiner Kleidung. "Du bleibst hier." "Aber ...!" "Solange, bis Joe und die anderen ihn haben und die Polizei da ist. Klar?" "Aber ...!" "Marcell! Du bleibst hier wo du sicher bist. Klar?" Ich nicke zähneknirschend. Wenn Anton so mit einem spricht, duldet er keinen Widerspruch. Das eben war seine typische Chefansage. "Ich hole dich dann, falls es erforderlich ist." Weg ist er. Trotz seiner Standpauke ziehe ich mich schnell an und verfolge alles vor der Fensterfront stehend. Sehe zu, wie Holger von zwei Security Leuten nach hinten in den Mitarbeiterbereich geführt wird und Anton ihnen mit grimmiger Miene folgt. Soll ich wirklich brav hier oben warten und nichts tun? Und dann, von einer Sekunde auf die andere, als hätte ich jetzt erst so richtig verstanden, dass er wirklich hier ist, kommt mit einem Mal wieder alles in mir hoch. Der Schrecken, als Holger plötzlich nicht mehr da war. Diese dämliche Ansage, dass seine Nummer nicht existieren würde. Die Panik und die Angst, als ich die erste Mahnung in den Händen hielt, es nicht fassen konnte, was da gerade geschah. Mein Vermieter, der mich im Hausflur abfing und mir brühwarm erzählte, er wolle endlich seine Miete sehen. Wie sich nach und nach alles vor mir zusammensetzte, wie ein großes, furchtbares Puzzle und ich mir immer sicherer wurde, einem miesen Schwindler in die Arme gelaufen zu sein. Dazu noch das Gefühl, dass meine Beziehung (die wahrscheinlich noch nicht mal echt war) den Bach runter gegangen war und ich vorher noch nicht mal was bemerkt habe. All das stürmt auf mich ein, bringt mich zum kochen und macht mich unglaublich wütend. Da unten ist mein Ex, auf den ich so sauer bin, dass ich ihm am liebsten an die Gurgel gehen würde. Ich will ihm einen Faustschlag verpassen, ihn dabei anschreien und beschimpfen und anschließend fragen, warum er das getan hat. Warum er mich so dermaßen hintergangen hat, mich so tief in die Scheiße hineingeritten hat, dass ich alles verloren habe und für eine Zeit lang weder ein noch aus wusste. Nein! Ich kann hier nicht rumstehen und gar nichts tun! Ich muss ihm ins Gesicht sehen und ihm wenigstens einmal sagen, was für ein dummes Schwein er ist! Ich straffe mich und haste zur Tür. In wenigen Momenten werde ich den Mann wiedersehen, der mir alles genommen hat. Ich werde ihm gegenübertreten und ihm zeigen, dass ich noch immer da bin und dass ich ihn auf keinen Fall ungeschoren davonkommen lassen werde. Erst recht nicht mehr, nachdem er sich so frech in dem Club hat blicken lassen, der mir seit kurzem mehr bedeutet, als alles andere. Dessen Besitzer mir mehr bedeutet, als mir mein Ex jemals bedeutet hat. ****** Yeah! Zeig's ihm Marcell!!! Kapitel 15: Kapitel 11 - Sorgen und Wut (Ohne Adult) ---------------------------------------------------- Kapitel 11 - Sorgen und Wut (Ohne Adult) ~Marcell~ "Ja?" Mein Magen fängt an sich zusammen zu ziehen, als ich in Antons Büro eintrete. Theo sitzt dort am Schreibtisch und schaut fragend zu mir rüber. "Marcell? Was gibt's?" "Hättest du mal ein paar Minuten für mich?", frage ich ihn leise und bete, dass man mir meine Unsicherheit nicht anhört. "Klar. Komm rein." Als würde ich zu meiner eigenen Hinrichtung gehen, laufe ich auf den großen Schreibtisch zu. Dabei habe ich doch gar nichts gemacht! Sebbi ist hier der Schuldige. 'Trotzdem bin ich die Petze', denke ich mit einem bitteren Beigeschmack. "Um was geht es?" "Ich wollte dich um einen Rat fragen", beginne ich und setzte mich auf den Besucherstuhl. Nervös knete ich meine Hände durch. Die Situation ist mir echt unangenehm, auch wenn ich gar keine andere Wahl habe, als wenigstens Theo von Sebbis Sabotageversuchen zu berichten. Trotzdem verpetzte ich nicht gern andere. Sogar als ich wegen der Sache mit meinem Ex zur Polizei gegangen bin, fühlte ich mich dabei wie ein Verräter. Vorerst natürlich nur, denn als ich das ganze Ausmaß seiner Machenschaften verstand, überwog meine Wut ihm gegenüber. Wut, die ich immer noch gegen ihn verspüre. "Geht es um Anton?", holt mich Theo auf das Wesentliche zurück. "Indirekt. Es geht um Sebastian." Theo hebt die Augenbrauen, sieht mich erst überrascht, dann wissend an. Seufzend lehnt er sich auf dem leise knarrenden Bürostuhl zurück und fährt sich durch die Haare. Mir fällt jetzt erst auf, dass er sie offen trägt. So habe ich ihn noch nie gesehen. "Was hat er angestellt?", fragt er mich knurrend. Fast könnte ich loslachen, wenn die Sache nicht so ernst wäre. Theo kennt die Macken dieses Twinks wohl auch schon viel zu gut. Sicher nervt er ihn jeden Tag mit Fragen nach Anton. "Ich bin mir nicht sicher, aber ich habe ihn in Verdacht mein Fahrrad zerstört zu haben." "Wie kommst du darauf?" Er glaubt mir nicht, oder? Gut. Dann erkläre ich eben alles von Anfang an. "Na ja. Zuerst waren meine Reifen zerschnitten. Und als ich neue Reifen drauf hatte, war es plötzlich ganz verschwunden. Zudem sind ständig meine Schürzen weg. Gestern dann stand mein demoliertes Fahrrad vor Antons Haus. Auf seinem verbogenen Lenker hingen die vermissten Schürzen von hier. Alle total mit irgendeiner Pampe eingesaut. Es muss also jemand von hier gewesen sein, denn wer sonst kommt an meine Schürzen ran?" "Und du meinst, derjenige wäre Sebastian?" "Ich wüsste nicht, wer sonst dafür in Frage käme. Er hat mich auch schon mal mehr als wüst beschimpft. Ob ich mit Anton ins Bett gehen würde und so Scherze. Da waren wir aber noch gar nicht zusammen. Vorgestern dann, hat er Anton und mich hier in einer ziemlich eindeutigen Pose erwischt." Theo nickt. Glaubt er mich doch? "Aber direkt beweisen kannst du es nicht?" "Nein." "Hm." Nachdenklich tippt er auf der Schreibtischunterlage herum. "Ehrlich gesagt geht mir der Typ auch ganz schön auf die Nerven. Doch solange er nichts anstellt, was wir ihm auch beweisen können, sehe ich keine Möglichkeit ihn zu feuern." "Ihn feuern?" Ich mag Sebbi zwar nicht besonders, aber ihn gleich zu feuern ... Ich weiß nicht. Obwohl mir der Gedanke, diesen Twink nicht ständig in Antons Nähe zu wissen, sehr gut gefällt ... "Ich denke schon länger darüber nach. Er bereitet den anderen nichts als Ärger. Aber nichts was er tut, würde eine Kündigung rechtfertigen." Theo seufzt und starrt an mir vorbei auf die große Fensterfront. "Ich glaube aber auch nicht, dass es deine Situation verbessert, wenn er nicht mehr hier arbeiten würde." "Wie meinst du das?" Jetzt fokussiert er wieder mich. Sein Blick verheißt nichts Gutes. "Ich sag's nicht gern, aber Anton hätte mit diesem Kerlchen niemals in die Kiste springen dürfen. Manchmal denke ich sogar, dass Sebastian ihn stalkt." Mich überläuft es eiskalt. "Er stalkt ihn?" Ich glaube es nicht! "Ich habe ihn mal erwischt, als er Anton nachspioniert hat und das mehr als einmal. Außerdem hat er verdächtig viele Fotos von ihm auf dem Handy." Mir wird verdammt schlecht. Ich kralle mich in den Seiten der Sitzfläche unter mir fest, damit ich nicht vom Stuhl kippe. "Woher weißt du das?", frage ich ihn mit kratziger Stimme. Theo grinst schief. "Ich bin schon lange im Velvet und fühle mich für die Sicherheit hier verantwortlich. Manchmal sehe ich mich dazu gezwungen zu handeln." Ich schlucke hart und zwicke mich in den Arm, um sicher zu gehen, dass ich nicht träume. Das hört sich an, wie in einem billigen Krimi! "Weiß Anton Bescheid?" "Ich habe ihn mal drauf angesprochen, doch er meinte, er regle das." Das ist so typisch Anton! Ich kenne ihn jetzt zwar noch nicht so lange wie Theo ihn kennt, doch der Spruch ist so typisch für ihn. "Soll ich nochmal mit ihm reden?" Ich überlege. Soll er? "Du solltest ihm das auch mit dem Fahrrad sagen. Sicher ..." "Nein! Ich will nicht, dass er deswegen Stress hat. Ich hatte nur gehofft, du könntest mir einen Rat geben, was ich tun könnte." Theo sieht mich lange an. Dann beugt er sich auf die Schreibtischplatte und meint: "Ich weiß, dass Sebastian ein nerviges Subjekt ist. Und vielleicht ist dir das nicht bewusst, aber Stalking ist nicht auf die leichte Schulter zu nehmen." "Und wieso tut Anton nichts dagegen?", frage ich leise. "Anton kommt damit klar. Glaub mir. Um ihn habe ich mir niemals Sorgen gemacht. Er ist nicht so leicht unterzukriegen. Aber das du jetzt aufgetaucht bist, macht Sebastian ganz schön zu schaffen. Ich mache mir deshalb eher Sorgen um dich. Er bedroht ja auch nicht Anton, sondern du bist sein Ziel." Habe ich schon mal erwähnt, dass ich Krimis nie besonders leiden konnte? "Sag es ihm. Wer weiß, was sich dieses Kerlchen noch einfallen lässt." "Ich überlege es mir", flüstere ich. "Gut. Und wenn was ist, wenn er dir hier dumm kommt: Ein Wort von dir und ich versohle ihm den Arsch." Theo zwinkert mir zu, was wohl beruhigend wirken soll. Klappt aber nicht. Zu sehr bin ich in wirren Gedanken über kaputte Räder und einem Anton-nachschleichenden Sebastian versungen. "Ich merke es mir. Danke Theo." Mit sehr, sehr gemischten Gefühlen verlasse ich Theos Büro. Was mache ich denn jetzt? Sage ich es Anton? Oder warte ich ab, ob sich das nicht von selbst regelt? Ich stecke in der Zwickmühle! *** ~Anton~ "Hallo mein Katerchen." Gleich faucht er. ... Oder auch nicht. Marcell grinst mich schmal an und schlüpft aus seiner Hose. "Stressigen Abend gehabt?" "Es geht", seufzt er und krabbelt zu mir ins Bett. "Ist irgendwas?" Irre ich mich, oder sieht er bedrückt aus? "Bin bloß müde. Das ist alles." Er schlüpft an meine Seite und bettet seinen Kopf auf meiner Brust. "Müde also. Schade. Und ich dachte, ich könnte dich jetzt mit einer guten Neuigkeit fröhlicher stimmen." "Eine gute Neuigkeit?" Schon ist mein Katerchen wieder hellwach. Er rappelt sich auf und mustert mich abwartend. Mit einem sehr eindeutigen Kribbeln im Bauch fahre ich mit meinem Daumen über seine Wange. "Jepp. Ab morgen gehe ich nämlich wieder arbeiten", verkünde ich ihm. "Der Arzt hat mir grünes Licht gegeben. Keine faulen Tage mehr!" Marcell guckt mich an wie ein Fisch auf dem Trockenen. "Ich dachte, die Info würde dich begeisterter stimmen", überlege ich laut. "Ich bin begeistert", japst er. "Nur ein wenig überrascht." Muss ich das jetzt verstehen? "Falls du dir Gedanken ums Fahren machst, das brauchst du nicht. Wozu gibt's Taxis?" Marcell strafft sich und setzt sich auf. Leider kann ich ihn so nicht mehr über die weiche Haut streicheln, aber die wunderbare Sicht auf seinen freien Oberkörper entschädigt dies allemal. Zum anbeißen ... "Taxi? Das ist viel zu teuer!" "Das rechne ich über die Spesen ab", winke ich ab und lege meine Hände nun auf seinen Bauch. So warm und genauso weich wie seine Wange ... "Spesen?!" Mein Katerchen bringt sich aus der Reichweite meiner Hände. "Das ich nicht lache! Ich fahr mit der U-Bahn!" "Ich will aber nicht, dass du mitten in der Nacht mit der U-Bahn durch die Gegend gondelst!" Ist das so schwer zu verstehen? "Und ich habe dir gestern schon mal gesagt, dass es mir unangenehm ist, wenn du alles für mich bez..." Er schließt kurz die Augen, seufzt und sieht mich wieder an. "Reden wir morgen darüber?" "Wenn du willst." "Will ich!", sagt er erleichtert und legt sich wieder halb auf mich. "Ich mag nicht mit dir streiten." "Wir streiten doch gar nicht." Haben wir das? "Dann ist ja gut", murmelt er und schließt die Augen. "Nacht." "Gute Nacht, mein fauchendes Katerchen." Ich bekomme ein leises Gebrumme als Antwort, dann scheint er eingeschlafen zu sein. Ich lösche das Licht, bleibe aber noch wach und grüble über das Transportproblem nach. Ich komme allerdings auf keine Lösung. Womöglich hat Marcell recht. Morgen denkt es sich bestimmt besser nach. Dahindämmernd zwischen noch schlafen und dem Erwachen, bemerke ich etwas Weiches an meinem linken Hüftknochen, sowie warme Luft, die dagegen schlägt. Leise feuchte Geräusche, die auf meinem Körper eine Gänsehaut entstehen lassen. Wenn das mal nicht mein Katerchen ist, das mich gerade liebkost. "Marcell?" Immer noch halb am schlafen hebe ich meine Augenlider ein Stückchen. Und da ist er: Grinst zu mir auf und knabbert an meinem Hüftknochen herum. "Was wird das?" "Nach was sieht es denn aus?", wispert er und langt nach meinem schon sehr wachen Geschlecht. "Ich blase dir jetzt den Schlaf aus den Augen." Ich fange an zu lachen, was aber in einem langezogenen Stöhnen übergeht. * ~Anton~ Marcell entlässt mich wieder und legt sich bäuchlings auf mich. "Ich habe eine Lösung gefunden", murmelt er und knabbert dabei an meinem Schlüsselbein. Ich sollte ihn in Hündchen umtaufen, so wie er es heute anscheinend auf meine Knochen abgesehen hat. "Zu was für einem Problem?", frage ich ihn leise. Ich könnte auf der Stelle wieder einpennen. "Der Weg zur Arbeit." Ich rege mich und sehe ihn fragend an. "Du nimmst mich mit, und abends wieder mit nach Hause. So einfach geht das." "Wir haben aber nicht die selben Arbeitszeiten", erinnere ich ihn. "Und? Dann hänge ich eben so lange bei dir im Büro herum. Ob ich jetzt hier auf der Couch hocke, oder bei dir, das ist doch egal. Außerdem wäre ich dann bei dir. Definitiv besser, als hier alleine herumzuhocken." Wieder lutscht er mir das Schlüsselbein feucht. Diesmal das andere. "Eigentlich keine schlechte Idee. Nur …" "Nur?" "Wie soll ich mich auf meine Arbeit konzentrieren, wenn du dich auf meiner Couch herumräkelst?" Er zuckt mit den Schultern und macht ein unschuldiges Gesicht. "Das ist dein Problem", meint er lapidar. Freches Aas! "Mein Problem, ja?" "Hmhm." "Du hast aber gerade auch eins, so wie ich das sehe", raune ich ihm zu und hebe mein Becken an. Marcell keucht auf und drängelt sich mir entgegen. "Sorry, mein Katerchen. Aber wie gesagt: Dein Problem." Ich bemühe mich, nicht einfach loszulachen, schubse ihn sanft von mir runter und stehe auf. "Ich geh duschen." "Äh ... Anton?" Nicht umdrehen! Ja nicht umdrehen! "Anton!" Ich höre Schritte hinter mir und noch ehe ich auch nur in der Nähe meines Badezimmers angekommen bin, spüre ich seine Arme auf meinem Bauch, die sich von hinten um mich legen. "Geh nicht." Ich bleibe stehen. "Nicht?" "Nein", murmelt er zwischen meine Schulterblätter. "Kümmere dich um mein Problem. Bitte." "Und was ist mit meinem? Muss ich mich darum alleine kümmern, wenn ich in meinem Büro hocke und du in meiner unmittelbaren Nähe herumlümmelst?" Marcell verteilt kleine Küsschen auf meinem Rücken bevor er antwortet: "In deinem Büro darfst du alles mit mir machen was du willst." Bei dem Gedanken wird mir ganz heiß und 'klein' Anton reckt sich ebenfalls neugierig nach oben. "Alles?" "Alles", bestätigt mir mein Katerchen. "Na wenn das so ist ..." Ich drehe mich um und packe meinen Schatz an der Hüfte. "Ab ins Bett mit dir, damit ich mir dein Problem mal genauer anschauen kann!" *** ~Marcell~ "Ein Bier! Kommt sofort!" Ich eile zum Zapfhahn und schiele zur Uhr. Noch zehn Minuten! Dann habe ich Feierabend. Endlich! Heute ist der erste Arbeitstag, wo Anton und ich beide gemeinsam im Club sind. Theo darf endlich wieder Barkeeper sein, was ihm sichtlich mehr Spaß macht als den Boss zu spielen. Und ich? Ich werde immer ungeduldiger und erwische mich öfter wieder dabei, wie ich hoch zu der großen Gläserfront blicke und mir vorstelle, dass Anton dort oben ist und auf mich wartet. Ja, ja. Wahrscheinlich arbeitet er und denkt noch nicht mal an mich, aber es ist einfach schön zu wissen, dass er da ist und ich gleich wieder bei ihm sein kann. Dazu kommt, dass Sebastian heute nicht hier ist. Ein wundervoller Abend also! "Bitte sehr!" Ich schiebe dem Gast sein Bier rüber. Danach fertige ich noch ein Paar fast verdurstete Gäste ab und dann ist es soweit. Feierabend! Ich schlängle mich erst durch meine Mitarbeiter, dann durch die tanzenden Besucher und renne zu den Umkleiden. Nichts wie umziehen und dann auf zu Anton! Frisch verliebt zu sein ist immer das Schönste überhaupt. Und das will ich voll und ganz auskosten. Besonders heute, nach diesem wundervollen Tag. Als wir es heute morgen nach einigen Anläufen aus dem Bett geschafft haben und uns viel Zeit in der Dusche gelassen haben, lud mich Anton zum Frühstück ein. Danach landeten wir in meiner Wohnung, wo wir ein paar meiner Sachen zusammengesucht haben, die ich mit nach oben nehmen wollte. Doch am Ende landeten wir in meinem Bett und ... sagen wir es mal so: Bis zum Mittag waren wir dort beschäftigt gewesen. Mein Sachen endlich in seiner Wohnung, war es nur eine Frage der Zeit, bis wir wieder in den Laken landeten. Es ist nicht zu glauben, aber ich kann einfach nicht genug von Anton bekommen! Klar war es auch in meinen vorigen Beziehungen so und wir hatten auch da oft Sex. Aber so? Nein. Mit Anton ist wirklich alles anders. Besser und intensiver. Ich liebe ihn von Minute zu Minute immer mehr, falls das überhaupt noch möglich sein kann. Meine Füße schweben fast die Treppen hinauf, als ich zum Büro meines Bosses hochgehe. Mein Bauch kribbelt, als ich an die Tür klopfe und mein Herz schlägt einige Takte schneller, als ich Antons Stimme höre und er mich herein bittet. Im Nu bin ich durch die Tür getreten und werde plötzlich gegen sie gedrückt. Ein leises Klacken. Die Tür ist abgeschlossen. "Endlich!", keucht Anton und stürmt meinen Mund. Ich bin sofort Wachs in seinen Händen. Ich werde herumgewirbelt, rückwärts in den Raum gedrängelt, bis ich etwas an meinen Wanden spüre. Den Rand der Couch. Keuchend lande ich auf ihr. Anton plumpst mit mir auf die Sitzfläche und sieht mich gierig an. "Gilt dein Angebot von heute morgen noch?", fragt er mich atemlos. "Welches?" Begierig knöpfe ich sein Hemd auf. "Das ich in meinem Büro alles mit dir machen kann." Ah stimmt. Da war ja was … "Gilt noch", japse ich und öffne endlich den letzten Knopf an seinem weißen Hemd. Gleich darauf mache ich mich über seinen Body her. "Zieh dich aus!" Ich halte inne. Die Idee ist wirklich nicht schlecht, aber in dieser Position geht das nicht. "Dann musst du zuerst aufstehen." Anton nickt, klaut mir einen schnellen Kuss und rutscht von mir. Schon mächtig angeheizt stelle ich mich direkt vor ihn. Dabei fällt mein Blick zu der langen Fensterfront keine zwei Meter neben mir. "Die können uns nicht sehen. Nicht wahr?" Ich weiß eigentlich, dass man von dort unten nicht das geringste Bisschen von dem Treiben in Antons Büro erhaschen kann, doch ist man hier oben, könnte man das glatt meinen. "Natürlich nicht", lacht Anton und schält sich aus seinem Hemd. "Wir könnten uns direkt davor stellen und keiner dort unten würde auch nur erahnen, was wir tun." Er steigt aus seiner Hose. Diesmal bin ich allerdings zu sehr in Gedanken, als das ich seinen nackten Anblick genießen könnte. Der Grund ist Sebbi. "Das weißt du so genau, weil du es schon ausprobiert hast", frage ich ihn leise. Ich hasse mich dafür, aber ich konnte die Frage nicht zurückhalten. Anton öffnet den Mund, schließt ihn aber wieder. Das ist Antwort genug. "Verstehe." Vor meinem inneren Auge sehe ich ihn und den kleinen Twink in inniger Vereinigung genau neben mir an die Glasscheibe gedrückt. Mir wird übel. Warum muss ich auch ausgerechnet jetzt an diesen miesen Twink denken? "Das war noch bevor ich dich kennengelernt habe", dringt Antons Stimme in mein Ohr. "Marcell?" "Ja! Ich weiß doch." Ich schaue ihn an und atme tief durch. "Tschuldige. Es war auf einmal in meinem Kopf und ... Anton?" Verdutzt schaue ich ihm dabei zu, wie er aufsteht und nach seiner Hose greift. Er will sich doch nicht etwa wieder anziehen?! ~Anton~ Ich habe echt keinen blassen Schimmer, weshalb Marcell immer noch über Sebastian nachdenkt, aber das werde ich ihm jetzt ein für allemal austreiben! Er denkt also darüber nach, wie es war, als ich und dieser kleine Tänzer zusammen hier rumgevögelt haben? Gut. Dann zeige ich es ihm. "Du willst es also wissen?", frage ich ihn leise und reiße die Verpackung des Gummis auf, die ich mir eben aus meiner Hose gefischt habe. "Wie ich Sebastian hier genagelt habe, ja?" Marcell schluckt und schaut zur Seite. Bin ich jetzt zu weit gegangen? "Schau mich bitte an Marcell." Zögernd kommt er meiner Bitte nach. "Das war bloß Sex. Da war nichts dahinter. Nicht so wie bei uns." "Ich weiß", murmelt er. "Es ist nur ..." Sein Blick weicht meinem aus. Was hat er nur? Ich bin doch nicht der Erste mit dem er zusammen ist, der vorher was mit anderen am laufen hatte. Außerdem war er doch ebenfalls mit anderen Kerlen zusammen gewesen, bevor wir uns das erste Mal getroffen haben. Oder glaubt er mir immer noch nicht, dass ich mit diesem kleinen Tänzer nicht mehr in die Kiste springe? Mit einem großen Schritt bin ich bei ihm und umfasse sein Gesicht. Zwinge ihn so, mich wieder anzuschauen. "Ich liebe dich." Marcells Augen flackern auf. "Ich dich auch. Es tut mir leid." Ich begreife es immer noch nicht. Eigentlich müsste ich derjenige sein, der unsicher und ängstlich ist. Nicht er. Aber vielleicht braucht Marcell einfach nur noch etwas Zeit und vor allem viel Bestätigung, dass das mit uns wirklich klappt. Denn das es mit uns funktionieren kann, dessen bin ich mir voll und ganz sicher. Am besten, ich fange gleich mit dem Bestätigen an, damit er es hoffentlich endlich begreift, dass ich nur noch ihn will. Langsam beginne ich ihn auszuziehen, streife ihm sein Shirt über den Kopf, knöpfe danach seine Hose auf und lasse sie nach unten gleiten. Dann ist seine Unterhose dran, die ebenfalls nach unten segelt. Dabei lasse ich ihn keine einzige Sekunde aus den Augen. Als er nackt vor mir steht, schwirrt sein Blick unsicher zu den Fenstern. "Die sehen uns nicht", schmunzle ich. Marcell lächelt nun ebenfalls. Endlich! "Traust du dich, dich an der Scheibe abzustützen?" "Hält die das aus?" "Die ist dick genug. Glaub mir." Marcell atmet tief durch und dreht sich Richtung Scheibe, vor die er sich nun stellt. Ich stelle mich geradewegs hinter ihn und packe seine Hände, die ich auf die Scheibe lege. Dabei verschränke ich meine Finger mit seinen und küsse den mir schon so vertrauten Nacken vor mir. Dort hat er eine feine Gänsehaut bekommen. "Schau sie dir an. Wie sie alle tanzen, ihren Spaß haben und immer auf der Jagt nach dem nächsten Hintern sind. Jeden Abend das Selbe." Ich schließe die Augen und reibe mich an ihm. "Und jetzt sieh uns an. Wir sind hier oben. Zusammen und allein. Das ist alles, was ich mir jemals gewünscht habe, auch wenn ich es lange Zeit nicht mal geahnt habe. Stattdessen habe ich diese Sehnsucht in mir versucht mit beliebigen Sex auszufüllen. Aber das brauche ich nicht mehr. Ich brauche ihn nicht mehr." Ich löse eine Hand von seiner und greife zwischen meine Beine. "Ab jetzt bist du der Einzige, mit dem ich hier vor diesem Fenster stehe und das hier mache." Vorsichtig vereinige ich mich mit ihm. Marcell keucht auf und erschaudert, schiebt sich mir aber dennoch entgegen. Zärtlich küsse ich mich seinem Hals entlang, sauge an seinem Adamsapfel und verpasse ihm den ein und anderen Biss. Rote Male erscheinen auf seiner hellen Haut. "Alles meins", flüstere ich und bewege mich gemächlich in ihm. * ~Marcell~ Vor meinem inneren Auge dreht sich alles und ein paar vereinzelte bunte Pünktchen tanzen noch immer vor meinen Lidern umher. Ich werde erst wieder munterer, als mich Anton hochhebt und zur Couch trägt, wo er mich in eine Decke einwickelt, die er hinter der Couch hervorgezogen hat. "Danke." Müde lehne ich mich an ihn. "Du kannst jetzt weiter arbeiten", sage ich erschöpft und gähne demonstrativ. "Das hast du dir ja fein ausgemalt", gluckst mein Boss und umfasst mein Kinn. "Satt und zufrieden rollst du dich nun hier ein und ich darf weiter schuften? Du freches Katerchen." Ich hebe eine Augenbraue. Wieso nennt er mich andauernd so? "Keiner zwingt dich dazu. Außerdem ist die ganze Aktion allein von dir ausgegangen", schieße ich zurück. "Du wolltest nicht?" "Das spielt keine Rolle." Anton lacht und verpasst mir einen groben Schmatzer. Das hat was ... "Ich gehe mich schnell frisch machen und dann muss ich leider wirklich noch ein bisschen was tun. Aber nicht mehr lange. Versprochen." "Ist gut", gähne ich ein weiteres Mal und wickle die Decke fester um mich. "Darf ich nach dir auch schnell duschen?" "Komm doch einfach mit", ruft er mir zu, doch ich verneine. Sonst halte ich Anton noch länger von seiner Arbeit ab. Was bedeutet, dass wir später nach Hause fahren. Dann warte ich lieber noch etwas, kuschle mich ein und beobachte die tanzenden Besucher da unten. Inzwischen ist nicht mehr allzu viel los. Kein Wunder um diese Uhrzeit. Auch meine Kollegen haben weniger zu tun als noch vorhin. Nochmal gähne ich herzhaft und döse so vor mich hin, da entdecke ich ein bekanntes Gesicht. "Das kann nicht sein!" Ich strample mich aus der Decke und hänge im Nu an der Fensterscheibe. Ich drücke mir die Nase platt, nur um mich zu vergewissern, dass ich mich hoffentlich bloß getäuscht habe. Habe ich aber nicht, wie ich entgeistert feststelle. "Du kannst." Anton! "Anton! Da!" Ich poche auf das Fensterglas. "Da ist er!" Mit einem Schlag bin ich wieder hellwach. "Wer?" "Holger! Mein Ex!" Hastige Schritte nähern sich mir, da klebt mein Freund schon neben mir an der Scheibe. "Wer?" "Der mit den hellbraunen Haaren und dem roten Shirt. Da vorn nahe der Eingangstreppe. Siehst du ihn?" Ich bin ganz hektisch. "Warte ... Ja! Das ist er? Der Kerl, der dich hintergangen hat?" "Ja." Ich knirsche mit den Zähnen. Wäre ich jetzt nicht nackt, sicher stände ich jetzt schon da unten und würde ihm die Meinung geigen. "Behalte ihm im Auge", weist mich Anton an und rennt zum Schreibtisch. "Joe? Hör mir zu!" Anton saust wieder neben mich. "Ist er noch da?" Ich nicke. Was hat er vor? "Gut ... Joe? Drinnen im Club ist ein junger Kerl im roten Shirt. Er hat braune Haare und steht nahe der Eingangstreppe. ... Nein. Der wird gesucht. Also bloß festhalten. ... Ich komme." Anton zieht sich das Headset vom Kopf. "Was hast du vor?" "Die Polizei rufen. Was sonst?", meint er und geht auf die Tür zu. "Warte! Ich komme mit!" Hektisch suche ich nach meiner Kleidung. "Du bleibst hier." "Aber ...!" "Solange, bis Joe und die anderen ihn haben und die Polizei da ist. Klar?" "Aber ...!" "Marcell! Du bleibst hier wo du sicher bist. Klar?" Ich nicke zähneknirschend. Wenn Anton so mit einem spricht, duldet er keinen Widerspruch. Das eben war seine typische Chefansage. "Ich hole dich dann, falls es erforderlich ist." Weg ist er. Trotz seiner Standpauke ziehe ich mich schnell an und verfolge alles vor der Fensterfront stehend. Sehe zu, wie Holger von zwei Security Leuten nach hinten in den Mitarbeiterbereich geführt wird und Anton ihnen mit grimmiger Miene folgt. Soll ich wirklich brav hier oben warten und nichts tun? Und dann, von einer Sekunde auf die andere, als hätte ich jetzt erst so richtig verstanden, dass er wirklich hier ist, kommt mit einem Mal wieder alles in mir hoch. Der Schrecken, als Holger plötzlich nicht mehr da war. Diese dämliche Ansage, dass seine Nummer nicht existieren würde. Die Panik und die Angst, als ich die erste Mahnung in den Händen hielt, es nicht fassen konnte, was da gerade geschah. Mein Vermieter, der mich im Hausflur abfing und mir brühwarm erzählte, er wolle endlich seine Miete sehen. Wie sich nach und nach alles vor mir zusammensetzte, wie ein großes, furchtbares Puzzle und ich mir immer sicherer wurde, einem miesen Schwindler in die Arme gelaufen zu sein. Dazu noch das Gefühl, dass meine Beziehung (die wahrscheinlich noch nicht mal echt war) den Bach runter gegangen war und ich vorher noch nicht mal was bemerkt habe. All das stürmt auf mich ein, bringt mich zum kochen und macht mich unglaublich wütend. Da unten ist mein Ex, auf den ich so sauer bin, dass ich ihm am liebsten an die Gurgel gehen würde. Ich will ihm einen Faustschlag verpassen, ihn dabei anschreien und beschimpfen und anschließend fragen, warum er das getan hat. Warum er mich so dermaßen hintergangen hat, mich so tief in die Scheiße hineingeritten hat, dass ich alles verloren habe und für eine Zeit lang weder ein noch aus wusste. Nein! Ich kann hier nicht rumstehen und gar nichts tun! Ich muss ihm ins Gesicht sehen und ihm wenigstens einmal sagen, was für ein dummes Schwein er ist! Ich straffe mich und haste zur Tür. In wenigen Momenten werde ich den Mann wiedersehen, der mir alles genommen hat. Ich werde ihm gegenübertreten und ihm zeigen, dass ich noch immer da bin und dass ich ihn auf keinen Fall ungeschoren davonkommen lassen werde. Erst recht nicht mehr, nachdem er sich so frech in dem Club hat blicken lassen, der mir seit kurzem mehr bedeutet, als alles andere. Dessen Besitzer mir mehr bedeutet, als er mir jemals bedeutet hat. ****** Yeah! Zeig's ihm Marcell!!! Kapitel 16: Kapitel 12 - Auf Wiedersehen ---------------------------------------- Kapitel 12 - Auf Wiedersehen ~Anton~ Nachdem ich den Beamten die Sachlage ausführlich erklärt habe, mache ich Platz für sie, damit sie die Personalien des Kerls aufnehmen können. Sie wirken sehr routiniert darin, aber das kenne ich schon zu Genüge. Es kommt immer mal wieder vor, dass ich die Polizei in meinen Club rufen muss, da hier jemand randaliert, oder einen der Gäste bedrängt. Nur ist es etwas komplett anderes, wenn man selbst darin verstrickt ist. Meinem Anwalt habe ich ebenfalls Bescheid gesagt. Er versprach mir, alles erdenkliche zu tun, dass Marcells Ex erstmal in Haft bleibt, was aber schwer sein dürfte, meinte er. Na ja. Wenigstens haben wir ihn erstmal ausfindig gemacht. Vielleicht haben wir Glück und es besteht Fluchtgefahr für diesen Mistkerl. Dann könnte er in U-Haft bleiben. "Herr Hazold? Wir führen ihr erstmal ab." "Ist gut." "Alles weitere wird die Staatsanwaltschaft klären." Ich nicke dem stämmigen Beamten zu und mustere weiterhin diesen Schweinehund, der im Griff des anderen Polizisten hängt. In ihn war Marcell also einmal verliebt gewesen. Marcells Ex. Er sieht ganz gewöhnlich aus. Nicht nett, aber auch nicht so, als würde er seine Mitmenschen skrupellos ausnehmen. Als er abgeführt wird, schaut er mich noch nicht mal an, betrachtet den Boden unter seinen Füßen und trägt eine ungerührte Miene vor sich her. Wahrscheinlich ahnt er noch nicht mal, dass Marcell und mich viel mehr verbindet, als bloß ein schnöder Arbeitsvertrag. Das ist vielleicht sogar ganz gut so. Sie haben Marcells Ex schon fast aus der Hintertür hinausgeschafft, da höre ich meinen Schatz hinter mir aufschreien. "Lass mich vorbei! ... Nein! ANTON!" "Marcell!" Ich bin sofort bei ihm und helfe Theo, der mein Liebling händeringend versucht in Zaum zu halten und auf ihn einredet. Doch er hört nicht auf ihn, weshalb ich auf Marcell einrede. "Hey! Marcell! Hör auf!" Ich versuche seine Aufmerksamkeit zu erlangen, aber er fixiert weiterhin das Ende des Flures, wo eben noch sein Ex zu sehen gewesen war. "HOLGER DU SCHWEIN! DU HAST MEIN LEBEN ZERSTÖRT!" "Marcell!" Mit einem kräftigen Ruck packe ich ihn und zerre ihn in den Aufenthaltsraum, wobei mir Theo erschrocken aus dem Weg springt. "Anton! Lass mich! Ich muss ... Scheiße! Dieser Arsch!" Seine Augen fliegen wirr im Raum umher, dann sackt er vollkommen in sich zusammen. Heulend lehnt er sich gegen meinen Oberkörper. "Ganz ruhig ... Schscht." Ich streichle ihm über Kopf und Rücken, versuche ihn so zu beruhigen. "Sie nehmen ihn mit aufs Revier. Dort bleibt er vorerst. Jetzt wird alles wieder gut, hörst du?" Ich deute Theo an die Tür zu schließen und uns allein zu lassen. "Sie haben ihn. Das ist doch erstmal das Einzige was zählt." "Ich wollte aber ... Ich muss ihm doch sagen, dass ..." Ich kann erahnen was er gerade durchmacht. Mir ging es damals auch nicht viel anders. Am liebsten hätte ich meinen damaligen Ex ebenfalls angeschrien, ihn vor all unsren Kollegen bloßgestellt, so wie er mich bloßgestellt hat. Aber das geht nicht immer. Und meist ist es besser, wenn man die Ruhe bewahrt und die Dinge sachlich angeht. Es ist schwer, ich weiß. Doch da es hier nicht nur um einen bloßen Streit unter zwei Ex-Verliebte geht, ist die Lage zu vertrackt, um sich gegenseitig vor der Polizei zu beschimpfen und anzuschreien. "Ich habe unsren Anwalt angerufen. Der regelt das. Hörst du?" Ich schaue ihn eindringlich an. "Wir müssen einen kühlen Kopf bewahren. Zuerst muss deine Unschuld bewiesen werden, ja?" Marcell nickt schwach und drückt erneut sein Gesicht gegen meine Brust. "Alles wird gut. ... Ganz bestimmt. Das stehen wir zusammen durch." Marcell beruhigt sich allmählich und auch von mir weicht die Anspannung nun langsam ab. Sie macht Platz für die einsetzende Erleichterung. Endlich ist Marcells Ex gefunden und kann hoffentlich für all das verantwortlich gemacht werden, was er meinem Schatz angetan hat. *** ~Marcell~ "Morgen ... Geht es dir wieder besser?" Die Matratze senkt sich und Anton lächelt mich besorgt von oben herab an. "Etwas", wispere ich und atme tief ein. Mein 'Zusammenbruch', oder sollte ich lieber mein Ausraster sagen, ist mir im Nachhinein total peinlich. "Du hast mich schon wieder gerettet." Sanft streicht sein Daumen über meine Stirn. "Jeder Zeit wieder", antwortet er nach einer Weile, beugt sich zu mir und küsst mich. Was würde ich nur ohne ihn tun? Und wie kann ich das alles wieder bei ihm gut machen? "Hast du hunger?" "Ein bisschen." Mein Magen fühlt sich noch immer nicht ganz erholt an, nach dem ganzen Hin und Her gestern. Holgers Auftauchen hat mir mehr zugesetzt, als ich wahrhaben will. "Dann steh auf und begleite mich." Anton steht auf und grinst mich fröhlich an. "Ich habe Frühstück gemacht." Da gerate ich jetzt aber ins Staunen. "Du? Ein richtiges Frühstück?" "Jawohl! Das habe ich heimlich von dir abgeschaut." Da bin ich jetzt aber mal gespannt! In der Küche dann die Überraschung. Der Tisch ist leer! "Hier Marcell. Auf der Terrasse." Langsam tapse ich wieder aus der Küche und schiele nach links. Und da sitzt er: An einem reichlich gedeckten Tisch, bestückt mit allerlei Leckereien. "Das hast du nicht selbst gemacht!", lache ich wissend. "Nie im Leben!" "Woher willst du das wissen?" "So wie du grinst, habe ich daran keinen Zweifel." "Ertappt", gesteht er. "War wohl zu viel des Guten?" "Oh ja! Aber dennoch sieht es verdammt lecker aus." Ich setzte mich Anton gegenüber und mopse mir eins der Mini-Mohnschneckchen. "Sehr lecker." Anton lacht leise und probiert auch gleich eine davon. "Sag mal … Hat sich Herr Friedrich eigentlich schon gemeldet?" "Nein", antwortet Anton knapp. "Hör auf dir Gedanken zu machen. Er wird alles in seiner Macht stehende tun, damit dein Ex erstmal in Haft bleibt." "Bestimmt." Ich lächle Anton an und grapsche mir eins der Vollkornbrötchen. Leider bin ich nicht so optimistisch wie er, dass Holger wirklich fürs Erste in Haft bleibt. Wenn er beweisen kann, dass er weder flüchtig noch fluchtgefährdet ist, dann lassen sie ihn sicher wieder von dannen ziehen. Deutscher Rechtsstaat lässt grüßen. Solange seine Schuld nicht bewiesen ist, ist das Recht auf seiner Seite, was in anderen Fällen ja nicht gerade verkehrt ist. Nichtsdestotrotz frühstücken wir in Ruhe weiter und reden nicht mehr über den gestrigen Vorfall, worüber ich mehr als froh bin. Er hat eine Menge wieder aufgewühlt. Eigentlich hatte ich gedacht, über die Sache so gut wie hinweg zu sein. Das war wohl falsch gedacht. Holger und die Nummer, die er mit mir abgezogen hat, haben noch einen ganz gewaltigen Einfluss auf mich und meine Gefühle. Falls es wirklich zu einem Prozess kommt, dürfte das ein ziemlicher Kraftakt für mich werden. Ich schaue rüber zu Anton, der sich gerade Kaffee einschenkt und nach seinem Tablet greift, um wie jeden Morgen die Nachrichten zu checken. In den wenigen Wochen ist er wirklich wichtig für mich geworden. Sehr wichtig. Nicht nur, weil er mir hilft, mich bei sich arbeiten und wohnen lässt. Ich liebe ihn. Mehr als irgendjemanden zuvor. "Habe ich mich mit Marmelade bekleckert?" Erst jetzt bemerke ich, dass Anton mein Starren erwidert. "Ähm … Ja! Warte. Ich mach's dir weg." Ich beuge mich über den Tisch und wische ihm auf der Wange herum. "Ist weg", lüge ich, da er gar nichts an seiner Wange hatte. Gerade als ich mich wieder nach hinten lehnen möchte, ergreift er meine Hand und hält mich fest. Seine Lippen sind so schnell auf meinen, dass ich gar nicht reagieren kann. "Erwischt, mein Süßer", flüstert er mir zu und grinst schelmisch. Mein Herz bollert wie wahnsinnig. Und wie ich ihn liebe! Satt und angezogen mache ich mich dran, meine Kleidung in Antons Schrank zu räumen. 'Schrank' ist vielleicht falsch ausgedrückt. Einkleidungszimmer trifft es nämlich schon eher. Natürlich hat Anton ein extra Zimmer für seine Kleidungsstücke. Es ist zwar nicht allzu groß, aber mehr als ausreichend für meinen Geschmack. Dennoch muss mein Freund erst für mein Zeugs Platz schaffen. Wie kann Mann nur so viel Kleidung besitzen? Selbst für einen schwulen Mann sind diese Wäscheberge enorm. "Ich wollte sowieso schon lange mal ausmisten", erklärte er mir vorhin auf meine Frage, ob das auch in Ordnung sei, dass ich mich hier so breit mache. Und jetzt steht neben mir, räumt um, wirft einzelne Kleidungsstücke durch die Tür ins Schlafzimmer, die er anscheinend ausmisten möchte und schafft für mich Platz. Muss ich noch erwähnen, dass ich noch ganz neben mir stehe, weil der Gedanke, dass ich tatsächlich bei ihm einziehe, mich ganz kribbelig macht? Zwar ist es nur probeweise, aber für mich ist dass das Selbe, als wenn ich schon jetzt ganz zu ihm ziehen würde. Ich bin so glücklich! Immer wieder blicke ich zu Anton rüber und schmunzle vor mich hin. Er ist hochkonzentriert bei der Sache, mustert ein Kleidungsstück, überlegt und entscheidet sich dann, was er damit machen will. Er sieht so süß dabei aus! Wieder landet eins auf den mittlerweile mächtig angewachsenen Altkleiderhaufen. "So viel willst du weggeben?" "Ich hatte das ganze Zeug ewig nicht mehr an. Also weg damit. Sollen sich andere darüber freuen." Ein weiteres Textilstück fliegt an mir vorbei. "Reicht dir die Hälfte?" "Welche Hälfte?" "Von meinem Kleiderzimmer." Ich mache große Augen. "Die Hälfte ist viel zu viel! Ein Viertel langt dicke." So viel Kleidung habe ich jetzt auch nicht. Nicht so viel wie er jedenfalls. Bei weitem nicht. Anton atmet laut aus und stemmt seine Arme in die Hüften. Dabei geht er seinen Stauraum durch. "Also diese Ecke hier?" Er zeigt auf eine Kleiderstange. Daneben sind fünf freie Wandrealreihen. "Dann könnten wir noch eine Reihe frei machen, falls es nicht langen sollte. "Gute Idee." "Dann kaufen wir nachher noch ein kleines Schuhboard. Das stellen wir hier drunter und dort kann vielleicht noch ein schmales Regal oder Schränkchen hin." Es ist richtig putzig, dass er sich so viele Gedanken um meinen Kram macht. "Hast du auch Anzüge oder so was?" "Ähm ... Zählt ein gutes Hemd auch dazu?" "Alles was nicht gefaltet werden sollte", sagt er und dreht sich um. "Keine Ahnung." Ich sage jetzt besser nicht, dass ich in Kleidungsdingen eher praktisch veranlagt bin. Bei mir landet auch mal was ungebügelt oder bloß zusammengeknäult im Schrank. Doch wie es aussieht, muss ich das ab sofort ändern. Anton hat alles picobello aufgereiht. Sogar seine Socken, die brav aufgerollt und farblich sortiert in einer extra Schublade liegen. In Reih und Glied versteht sich. "Falls ja, dann hänge es einfach hier rein." Er zeigt auf einen schmalen Schrank und öffnet ihn. Da hat er also seine Anzüge drin versteckt. Achtlos lasse ich meine Hose fallen, die ich eben aus der Kiste gekrammt habe und bestaune seine Auswahl. "Sind das viele!" "Kleiner Tick von mir", meint er achselzuckend. Tick ist gut! Sieht alles teuer und edel aus. Als Geschäftsführer muss man wohl einige Standards einhalten. Neugierig wie ich bin, begutachte ich seine Anzüge und bleibe an einem hängen. "Der ist ja schön!" "Findest du?" "Ja." "Den hatte ich noch nie an." "Echt nicht?" Erstaunt lege ich den Kopf schief. "Nein ... Wollen wir weiter machen? Damit wir heute noch fertig werden." "Ist gut." Was hat er denn auf einmal? Täusche ich mich, oder ist mein Schatz nun mürrisch? Wegen eines dämlichen Anzugs? "Wenn du ihn nicht anziehst, solltest du ihn vielleicht auch zu den Altkleidern geben", schlage ich vorsichtig vor. Mal sehen, wie er reagiert. "Ich dachte, er gefällt dir." "Und? Wenn er dir nicht gefällt, dann ..." "Er bleibt!", braust er auf und reißt eine der Schubladen auf. Hoppla! Jetzt werde ich erst recht neugierig, was es mit diesem Teil auf sich hat. ~Anton~ Wohin jetzt mit meinen Socken? Oder soll ich lieber meine Unterwäsche wegräumen? Am besten, ich kaufe für Marcells Socken eine Box. Oder wir tun sie zu meinen. Ich knirsche mit den Zähnen. Was interessieren mich meine Socken? Ich kann ganz deutlich Marcells neugierige Blicke in meinem Rücken fühlen. Sie durchbohren mich. Warum musste er auch diesen dummen Anzug erwähnen? "Also schön!", sage ich vielleicht etwas zu laut als geplant. "Der Anzug war ein Geschenk von meinem Exfreund." Laut schlägt die Sockenschublade wieder zu. Geknickt schaue ich zu Marcell rüber, der wissend nickt. "Dein damaliger Arbeitskollege? Aus dem Restaurant?" "Ja. Wir wollten zusammen auf die Hochzeit seiner Schwester. Dazu haben wir uns Anzüge im Partnerlook gekauft." Ich lache freudlos auf und schüttle den Kopf. "So was dämliches! Als wollten wir ..." Ich breche ab. "Verstehe", flüstert Marcell und kommt auf mich zu. "Das heißt, du kannst dich nicht von diesem Anzug trennen." "Das heißt es. Ich wünschte, es wäre anders, aber ..." "Er erinnert dich an eine schöne Zeit." Für einen Moment schließe ich die Augen, öffne sie wieder und lächle. "Bescheuert was?" "Total bescheuert! Aber glaube mir, mit bescheuerten gefühlsduseligen Dingen kenne ich mich auch aus. Ich habe noch einen kleinen potthässlichen Stoffelefanten von meinem ersten Freund. Ich kann ihn nicht wegwerfen, bewahre ihn aber in einer kleiner Box auf, weil ich ihn nicht sehen will. Bei sentimentalen Dingen, ticken wir alle ein wenig aus." Mein Marcell. Steht da, erklärt mein inneres Chaos bezüglich dieses dummen Anzugs mit so einfachen, schnellen Worten, als wäre es das Normalste auf der Welt. Ich lege meine Arme um ihn und drücke ihn fest an mich. "Anton! Du zerquetschst mich!", lacht er und zappelt wild. Mein Griff wird fester. "Auaaa!" Noch einmal sauge ich seinen Duft ein, dann gebe ich nach und lasse ihn frei. Natürlich nicht bevor ich ihm noch einen dicken Schmatzer verpasst habe. "Wofür war das denn gerade?" "Für dein Verständnis", antworte ich und gehe auf meine Anzüge zu. "Was hast du vor?" Marcell ist mir gefolgt und stellt sich neben mich. "Anton?" "Der kommt endlich weg! Ab damit." Entschlossen greife ich mir den Anzug, den mir mein Ex vor Jahren geschenkt hat. "Sicher?" "Sehr sicher. Ich brauche keinen ollen Anzug, der mich an eine verflossene Liebschaft erinnert. Ich mache jetzt Platz für dich." Marcell schnappt nach Luft. Es ist immer wieder zu goldig mit anzusehen, wie er auf manche meiner Worte reagiert. Der Anzug fliegt, ebenso Marcell, der nun an mir hängt und mir die Luft aus den Lungen drückt. "Ich liebe dich", säuselt er direkt an mein Ohr, küsst es und flutscht wieder aus meiner erwiderten Umarmung. "Und jetzt raus mit deinem alten Kram!" Laut lachend greift er sich eins meiner Shirts und wirft es in die Luft. "Das behalte ich aber noch! ... Hey!" "Na gut. Dann nehmen wir ... Oh. Mein. Gott!" Mein Katerchen hat allem Anschein nach was Furchtbares gefunden. Oder das Gegenteil. "Was hast du da?" Ich schiele über seine Schulter, sehe aber nichts. Als er aber hat, was ihn so ausflippen lässt, rauscht er herum und hält es mir vor die Nase. "Was ist das?!", kreischt er und lacht wie bekloppt. "Das ist nicht dein Ernst!" "Was denn?" So schlimm ist das Teil nun auch nicht. "Ein Tanga mit Leoparden-Muster?! Ich fasse es nicht!" Gut, dass ich den noch nicht an hatte ... "Hast du noch mehr solcher ... Albträume?" "Tangas?" Marcell nickt eifrig. "Kann sein. Damals waren die halt total sexy." "Sexy?!" Jetzt nicke ich. "Uhwaahh!" Mein Süßer schüttelt sich und schnalzt meinen Leo-String aus der Tür hinaus. "Der kommt weg! Bah!" Ich überlege, ob ich jetzt eingeschnappt sein soll. "Was hast du denn dagegen?" Fassungslos richtet sich Marcell vor mir zu seiner vollen Größe auf. "Was ich dagegen habe? Diese Dinger sind ja so was von ... Bahh!" Nun sieht er so aus, als habe er in einer Zitrone gebissen. "Da ist ja nix ... Alles ist da so ..." Wild gestikulierend fuchtelt er mit seinen Händen in der Luft rum. "Da fällt doch alles ... Buuwwahh!" "Das soll's doch auch", lache ich. Marcell dagegen schüttelt sich ein weiteres Mal vor Ekel. "Zieh so ein Ding an und ich penne auf der Couch." Ist ja nicht zu glauben, was er für ein Aufriss wegen eines Strings macht! Er macht sich wieder daran, meine Kleidung zu durchforsten. Aufreizend wackelt sein Hinterteil vor mir dabei hin und her. Ich schleiche mich leise von hinten an ihn ran. "Was trägst du denn heute drunter, wenn ich fragen darf?", wispere ich und schlage meine Finger in seine knackigen Rundungen. Marcell gluckst, hält aber still. "Finde es heraus." Mein Blut rauscht binnen Sekunden in die untere Hälfte meines Körpers. "Du kannst vorher aber auch einfach mal raten." "Hm ... Ich nehme an, ein Tanga wird's nicht sein." Grinsend spüre ich mein Katerchen unter mir erbeben. Leider nicht aus Lust. "Anton!" "Ist ja schon gut", lache ich. "Okay. Die Farbe zuerst. Lila." "Nein." "Blau." "Nein." "Orange?" "Nein." "Etwa Weiß?" "Nein!" Ich befummle Marcells Hintern eingehender, als könne ich dadurch die Farbe ertasten. "Dann ist dein Höschen ... schwarz." "Bingo!" Na, was sag ich? "Damit treten wir im Fernsehen auf", kichere ich. Mein Süßer stimmt mit ein. "Nur, wenn du auch die Marke errätst." "Tommy Hilfiger", antworte ich wie aus der Pistole geschossen. "Woher ...?" Marcell dreht seinen Kopf zu mir. "Deine Jeans sitzt ganz schön tief. Besonders wenn du dich nach vorn beugst." "Du hast geschummelt!" "Gar nicht!" "Wohl!", faucht mein Katerchen und steht auf. "Du mogelst!" Sein Zeigefinger trifft meine Brust. "Schummler! Du Höschenspanner!" Lachend wehre ich halbherzig seinen pochenden Finger ab. "Das wollte ich nicht!" "Lügen tust du auch noch? Schäme dich!" "Später vielleicht", kontere ich und schnappe mir seinen vorlauten, zupieksenden Finger. "Jetzt würde ich mich gerne für ganz andere Dinge schämen ..." Tief schaue ich ihm in die Augen, während ich den Zeigefinger in meinen Mund gleiten lasse. "Wehe, du schämst dich nicht ordentlich", keucht mein Liebling. "Habe ich dich in dieser Hinsicht jemals enttäuscht?" Kopfschütteln. "Na siehst du. Und jetzt" ich lüpfe seine Hose "zeig mir mal den Schnitt deines Höschens. Ich will sehen, ob ich mit meiner Vermutung richtig liege." "Was vermutest du denn?", schnurrt er und zupft schon an seinem Hosenknopf herum. "Da es kein Tanga ist ... Au! Ist ja schon gut." Frechheit! Piekst mich einfach mit der anderen Hand weiter. "Bestimmt eine enge Pantie." "Mal sehen, ob du recht hast." Und unten ist die Jeans. Natürlich hatte ich recht! Habe ich doch immer ... *** ~Marcell~ Anton liegt leise schnarchend neben mir. Nach unserer Schrankakrobatik haben wir es uns noch mal im Bett gemütlich gemacht. Ich checke die Uhrzeit. Halb vier schon. Perfekt! So leise es geht steige ich aus dem Bett und ziehe mir was über. Danach stolpere ich fast über Alfredo, der mich halb verhungert anschreit und mich somit überredet, seinen Napf zu füllen. Erst dann begebe ich mich in meine noch-Wohnung und suche meinen eReader. Wo habe ich den nur hin getan? In meiner Nachttischschublade finde ich ihn schließlich. Der kleine Schwerenöter ist ganz nach hinten gerutscht. Nervös schalte ich ihn an und suche eine Kurzgeschichte aus. Als ich die meiner Meinung nach Richtige gefunden habe, tippe ich sie an und begebe mich mit dem Reader wieder nach oben. Ich finde, es ist mal an der Zeit, dass Anton endlich mehr von meinem Hobby kennenlernt. Zugegeben, ich bin total nervös deswegen. Bis jetzt weiß noch keiner meiner Freunde und Bekannten, was ich in meiner Freizeit alles so dahin tippe. Anton ist der erste Mensch, dem ich meine Schreibkünste bewusst präsentiere. Wieder in Antons Wohnung (und meiner natürlich! Ich muss mich erst noch dran gewöhnen), lege ich den Reader auf mein Kopfkissen. Mal schauen, ob er ihn findet wenn er wach wird. In der Zwischenzeit mache ich es mir auf dem Balkon gemütlich. Die Sonne scheint so herrlich und es wäre eine Schande, jetzt in der Bude hocken zu bleiben. Mit einer Zeitschrift, etwas zu Trinken und zu Naschen bewaffnet, haue ich mich auf eine der Liegen. Ich bin sofort ganz vertieft in meine Zeitschrift, dass ich Anton erst bemerke, als sich zwischen mich und die Sonne schiebt. "Oh." Die Zeitung ist vergessen. "Schon wach?" "Und wie", sagt er. Seinen Gesichtsausdruck kann ich leider nicht erkennen, da sein Gesicht im Schatten liegt. "Du liest?" "Ja." Ich bekomme Bauchschmerzen. Hat er den Reader gefunden? Hat er meine Geschichte gelesen? "Habe ich auch gerade." Er hat! Aufgeregt richte ich mich auf. "Wie fandest du es?", frage ich vorsichtig nach. "Rückst du mal ein Stück?" Ich mache Platz und Anton setzt sich breitbeinig auf das Fußende der Liege. "Es war interessant", beginnt er. Das kann aber viel heißen. Interessant abartig. Interessant skurril. Interessant verkackt. "Und heiß. Sehr heiß." Mir fällt die Zeitschrift aus der Hand. "Ich wusste ja gar nicht, dass du so eine blühende Fantasie hast." "Na ja ..." Werde ich gerade rot? Bitte nicht! Ich wusste doch, dass er sie liest! "Am besten fand ich die mit den beiden, die es in dem Gartenhäuschen getrieben haben. Sehr prickelnd." "Du hast auch noch die anderen gelesen?" Das gibt's nicht! "Sollte ich nicht?" "Ähm ... Doch. Aber ..." "Nur die Ruhe Marcell. Ich habe nur drei von deinen Kurzgeschichten durchgelesen und fand sie alle richtig gut." "Wirklich?" "Ja. Absolut." Bin ich erleichtert! "Danke", sage ich leise. "Wofür?" "Das du sie gelesen hast. Deine Meinung ist mir sehr wichtig." Anton lächelt und deutet mir an, ihm noch etwas mehr Platz zu machen. Kaum bin ich zur Seite gerutscht, drängelt er sich neben mich. "Die Liege quietscht. Du bist zu schwer", kichere ich und wackle als Beweis mit meiner Hüfte hoch und runter. "Die hält das schon aus." "Wenn du meinst." "Meine ich", gurrt er und legt seine Hand in meinen Nacken. Unsere Lippen finden sich wie zwei Magneten. Zärtlich streicht seine Zunge über meine Oberlippe, stiehlt sich dann weiter hinab, um dann in meinen Mund zu gleiten. Ich seufze leise, schließe die Augen und gehe auf Antons Zungenkuss ein. Er kann aber auch küssen sage ich euch! Als wir uns wieder voneinander lösen, schwebe ich auf Wolke sieben."Weißt du, was wir jetzt machen?" Ich verneine, kann es mir jedoch fast schon denken. "Wie gesagt, die Story im Gartenhäuschen war wirklich sehr anregend. Da dachte ich, das probieren wir doch mal aus." Mein Unterleib beginnt zu kribbeln. Hab ich es mir doch gedacht! Doch als er sein Handy zückt, werde ich stutzig und mir kommen plötzlich ganz andere Ideen. In Gedanken gehe ich die Kurzgeschichte durch, die er meint und ich weiß ganz genau, auf was er damit anspielt. "Du willst uns filmen?" Ist das wirklich sein Ernst? Es ist ja schön, dass ihn meine Fantasie genauso einheizt wie mich, aber die Wirklichkeit ist dann doch einen Zacken waghalsiger. Nicht, dass ich ihm misstraue, aber ich will ungern ein Video von mir haben, auf dem ich mit jemanden Sex habe! "Vielleicht ... Vorerst langen mir aber auch Fotos." Die Linse wird auf mich gehalten. "Sag Kääääse!" Es klickt. "Käse", murmle ich. "Das kannst du doch besser!" Noch ein Klicken. "Du willst kein Video, in dem wir beide ...?" Anton grinst mir schräg an, verpasst mir einen Schmatzer, den er auch ablichtet. "Heute nicht. Aber lass uns kitschige Pärchenfotos fürs Familienalbum machen." So ein Spinner! "Wenn's weiter nichts ist", gluckse ich und strecke der kleinen Linse die Zunge raus. *** ~Anton~ Verflixt! Stöhnend reibe ich mir über die Augen. Sie brennen höllisch. Ich sollte mal eine Pause einlegen. Zum hundertsten Mal nehme ich mein Handy in die Hand und schalte es an. Marcell lächelt mir entgegen. Auf der Stelle wird meine Laune besser und auch meine Augen scheinen kaum noch zu brennen. Unsere kleine Fotosession auf der Terrasse war ziemlich erfolgreich gewesen. Es war aber auch zu schön mit ihm dort zu liegen. Wie er in meinen Armen lag und wie wir wie verliebte Teenager dumm herumgeblödelt haben, uns in Pose gesetzt haben und Grimassen für die Kamera geschnitten haben. Das schönste Bild von uns habe ich mir gleich als Bildschirmsperre und Hintergrund eingerichtet. Zärtlich wische ich über Marcells Wange. Mit einem leisen Klick löst sich die Sperre und öffne den Fotoordner. Viele Bilder waren dort vor der Fotosession nicht drin. Ich schieße nicht oft welche. Na, dass wird sich ab jetzt wohl ändern, denn mein Katerchen ist wirklich unglaublich fotogen. Bauchkribbeln. Bei jedem einzelnen Bild. Marcell lacht, zieht eine Schnute, küsst mich, streckt der Kamera die Zunge raus, versucht sich hinter meinem erhobenen Arm zu verstecken. Bei jedem weiteren Bild bekomme ich mehr Bauchkribbeln. So geht das nicht! Ich muss ihn jetzt einfach sehen! Nein, das reicht nicht. Ich muss jetzt dringend bei ihm sein! Ganz nahe. Der Bürostuhl rollt leise zischend von meinem Schreibtisch zurück und ich stehe auf. Vor der Fensterfront bleibe ich stehen und blicke zum Barbereich. Mein Liebling ist allerdings nicht zu sehen. Ich gucke auf die Uhr. Viertel vor neun. Vielleicht macht er Pause. Dann wird er im Aufenthaltsraum sein. Tja, wenn das so ist, sollte ich ihn dort einfach mal besuchen, oder? Ich laufe den Flur entlang, tripple eiligst die Treppe hinunter, sprinte zwischen den Besuchern meines Clubs hindurch, passe auf, dass ich niemanden umrenne und wuchte die Tür zum Mitgliederbereich auf. In dem langen Flur dort begrüße ich zwei meiner Angestellten und ziele den Aufenthaltsraum an. "Marcell?!" Stolpernd komme ich vor der Couch zum stehen. Sie ist leer. Ich schaue mich um. Niemand zu sehen. Dann ist er in der Umkleide! Doch als ich sie betrete, ist mein Katerchen auch dort nicht zu finden. "Hey Boss. Suchst du was?" Laurin betritt hinter mir die Umkleide. "Marcell. Hast du ihn gesehen?" "Ähm. Der war eben noch hinter der Bar." "Wann eben?" "Vor so ca. zehn Minuten. Vielleicht macht er Pause." "Nein." Plötzlich beschleicht mich ein ganz ungutes Gefühl. Ich hole mein Handy hervor und wähle seine Nummer. Es klingelt hinter mir in seinem Spind. "Er muss hier sein", sage ich und lege wieder auf. "Er geht nicht ohne sein Handy vor die Tür. Und erst recht nicht ohne mich." "Dann ist er bestimmt frische Luft schnappen. Lass uns mal draußen nachschauen." Ich fahre mir mit der Hand übers Gesicht und folge Laurin schließlich nach draußen. Der Hinterhof ist ebenfalls leer. Kein Marcell. "Das gibt's doch nicht!" Langsam werde ich richtig panisch. Wo ist er? "Hast du drinnen alles abgesucht?" "Nein." "Sicher ist er irgendwo im Club. Er kann sich ja schlecht in Luft auflösen, oder?" Wahrscheinlich hat Laurin recht. Dieses ungute Gefühl in mir hat bestimmt auch nichts zu bedeuten. Beschützerinstinkt lässt grüßen. Außerdem habe ich es nicht gern, wenn ich nicht weiß was in meinem Club vorgeht. Laurin und ich machen uns auf den Weg in den Clubbereich, da klingelt mein Handy. Erst denke ich, das kann nur Marcell sein, doch der hat ja sein Handy noch im Spind. Ein Blick auf den Bildschirm verrät mir, dass es Herr Friedrich, mein Anwalt, ist. Jetzt steigert sich das ungute Gefühl in Panik. Da stimmt was nicht! Dessen bin ich mir mit einem Schlag hundert pro sicher. "Ja?" Meine Stimme zittert. /Herr Hazold? Schön, dass ich Sie noch erreiche. Ich habe leider eine schlechte Neuigkeit für Sie./ Meine Beine werden taub und ich muss mich an der Wand anlehnen. /Holger Küngel wurde aus der U-Haft entlassen. Ich konnte leider nichts mehr ausrichten./ "Wann wurde er entlassen?", frage ich hastig. /Schon heute Nachmittag./ "Und da rufen Sie mich erst jetzt an?" /Es tut mit leid. Meine Sekretärin hat mir eine Notiz hinterlassen, die ich eben erst .../ "Schon gut. Ich muss auflegen. Danke." Ich zerquetsche fast mein Handy vor Wut und Angst. Wut wegen der Unfähigkeit dieser Sekretärin und meinem Anwalt, der mich erst jetzt anruft, und Angst vor der Ungewissheit, was mit Marcell ist. Es kann einfach kein Zufall sein, dass Marcells Ex wieder auf freiem Fuß ist und Marcell nun unauffindbar ist. "Boss? Wer war das?" Bis eben hatte ich das Muster der Bodenfliesen studiert, schaue jetzt aber zu Laurin, der mich noch immer vor mir steht. "Wir müssen Marcell finden. Unbedingt." "Was ist passiert?" "Ich hoffe, dass noch nichts passiert ist." Das hoffe ich inständig. ****** Hier mal ein bisschen Eigenwerbung: http://farathornstorys.blogspot.de/ Klein Fara hat jetzt einen Blog. ^^ Wenn ihr also wissen wollt, was ich gerade so mache, oder auch nicht, dann könnt ihr das dort nachlesen. Kapitel 17: Kapitel 13 - Eingesperrt ------------------------------------ Hier kommt schon gleich das nächste Kapitel! ^^ Kapitel 13 - Eingesperrt ~Marcell~ Ich versuche die Augen zu öffnen, bekomme meine Lider aber nur wenige Millimeter nach oben gestemmt. Sie sind einfach zu schwer und fühlen sich an, als würde jede einzelne Wimper so viel wie eine Tonne wiegen. Einzig weiße Schleier und Schlieren kann ich erkennen, die mir die wenige Sicht nehmen, die ich mir überhaupt mühsam erkämpfen kann. Also lasse ich es vorerst sein und versuche mit meinen anderen Sinnen zu sehen. Ich liege auf einer schmalen Bank. Mit dem Rücken lehne ich gegen so etwas wie einer Rückenlehne und mit den Beinen erspüre ich, dass diese Bank nicht sehr breit sein kann. Ich habe außerdem das Gefühl, dass ich mich bewege. Dass sich der Raum bewegt, in dem ich bin. Ein Auto oder Transporter. Ja, das muss es sein. Ich merke, wie das Fahrzeug sich in die Kurve legt, wie die Schlaglöcher der Straße mich mal sachte, mal fester durchschütteln und höre nun auch das Brummen des Motors. Auch in meinem Kopf brummt und dröhnt es furchtbar und ich komme mir vor, wie in Watte verpackt. Deshalb rühre ich mich nicht, würde mir aber ganz gern an den pochenden Hinterkopf fassen. Nur kann ich das nicht. Meine Handgelenke sind hinter dem Rücken zusammengebunden, stelle ich plötzlich erschrocken fest. Panik wallt in mir auf, was das hämmernde Klopfen in meinem Schädel vervielfacht. Was ist nur passiert? "Und was jetzt?!", höre ich jemanden wütend zischen und zucke innerlich zusammen, ehe ich furchtsam erstarre und weiter lausche. "Wie, und was jetzt?" Hysterisches Lachen. Ich mag es nicht, obwohl es mir bekannt vorkommt. "Wohin mit ihm? Wir können ihn nicht hier lassen oder gar zu einem von uns in die Bude schleifen!" "Lass das mal meine Sorge sein. Ich habe da schon eine Idee." Reden die über mich? Bestimmt, denn über wen sonst sollten sie sich unterhalten? Oder liegt hier noch jemand gefesselt herum? "Und dann? Die suchen ihn doch bestimmt schon!" "Ja und? So schnell werden sie ihn sowieso nicht finden." Die Angst in mir wächst. Wo werde ich hingebracht? Wer sind die zwei Männer, die über mich reden und augenscheinlich auch entführt haben? Und warum haben sie das überhaupt? Entführt ... Krampfhaft versuche ich mich an das Letzte zu erinnern, das ich noch weiß. Ich war im Velvet und musste auf die Toilette. Und als ich die Kabine wieder verlassen wollte, da ... Ich weiß es nicht mehr. Ab da an ist alles schwarz und das Nächste, an das ich mich erinnere ist, wie ich eben hier aufgewacht bin. "Scheiße! Das geht doch nach hinten los!" "Jetzt mal den Teufel nicht an die Wand. Wir haben doch einen Plan." Einen Plan? Die haben es geplant mich zu entführen? "Trotzdem ..." "Nichts trotzdem!", braust der andere auf. "Ich dachte, du bist glücklich darüber, wenn er erstmal aus dem Verkehr gezogen wird." "Stimmt." "Du bekommst deinen Traummann und ich die Kohle." Welche Kohle? Von was sprechen die denn? Ich habe doch gar keine Kohle. Sind die auf Lösegeld scharf? Ich höre jemanden seufzen. "Mein Traummann ... Endlich werde ich Anton bekommen, wenn dieser dämliche Barkeeper verschwunden ist. Und dann werde ich mit ihm glücklich, nachdem ich ihn über seinen ach so tragischen Verlust hinweggetröstet habe." Anton? Mein Herz pumpt immer schneller. Dieser Kerl will Anton 'bekommen'? Dann kann dieser Typ vor mir nur einer sein: Sebastian! Wer sonst? Doch um sicher zu gehen, sammle ich all meine Kraft und stemme die Augen auf. Blitzend-heißer Kopfschmerz! Aber wenigstens erkenne ich jetzt, dass ich wirklich in einem Auto bin. Ich liege auf der Rückbank. Durch das Frontfenster erkenne ich, dass es noch Nacht ist. Dann können wir noch nicht lange unterwegs sein. Und wie ich vermutet habe, sitzt der miese Twink Sebastian am Steuer und neben ihm? Kein geringerer als mein Ex Holger. Ich schließe die Augen wieder. Fassungslos bliebe ich still liegen, frage mich, wie es nur möglich ist, dass die beiden jetzt zusammen vor mir sitzen und mich irgendwohin verschleppen wollen. Wie um alles in der Welt ist Holger aus der U-Haft gekommen und wie haben er und Sebbi sich gefunden? Und wann haben sie diesen Plan ausgeheckt, mich zu verschleppen? Das furchtbare Pochen in meinem Kopf wird immer schlimmer. Ich muss die Ruhe bewahren und mir was ausdenken, wie ich hier herauskommen kann. So unauffällig wie es geht, versuche ich meine Hände aus den Fesseln zu befreien. Doch was ich auch tue, sie lockern sich kein bisschen. 'Ich bin am Arsch', hallt es durch mein Hirn. In was für eine Lage bin ich da nur wieder hineingerutscht? Entführt von dem Stalker meines Freundes, der mich ganz offensichtlich aus dem Weg schaffen will und obendrein hat mein Ex anscheinend spitzbekommen, dass bei meinem jetzigen Freund eine Menge Kohle zu holen ist. 'Ich bin nicht nur an Arsch, ich stecke verdammt tief in der Scheiße.' Ich hätte auf Theo hören sollen. Ich hätte Anton von meinem Verdacht bezüglich Sebastian erzählen müssen. Doch das hilft mir jetzt auch nicht weiter. Jetzt heißt es abwarten, was die beiden mit mir vorhaben und dann meine Chancen abwägen. Kampflos lasse ich mich ganz sicher nicht von den Zweien 'aus dem Weg schaffen'. ~Anton~ "Beruhige dich." "Beruhigen?! Marcell ist verschwunden, die Polizei will nichts machen und ich soll mich beruhigen?!" Aufgebracht pfeffere ich das Telefon von meinem Schreibtisch. Laurin zuckt zusammen. "Wir müssen ihn suchen! Da steckt mit Sicherheit Marcells Ex dahinter! Er hat ihn!" "Dann suchen wir ihn", sagt Laurin leise. "Hast du eine Ahnung, wo er sein könnte? Dieser Holger?" "Nein, verflucht noch mal! Marcell hat mir kaum was über ihn erzählt. Und auch wenn, bestimmt hat er ihn nicht in sein neues Zuhause gebracht!" Unruhig laufe ich in meinem Büro hin und her. Unten im Club geht alles wie gewohnt seinen Gang. Nur eins fehlt: Mein Marcell, der wie immer hinter der Theke steht und jeden der Gäste fröhlich anlächelt. Angst, Wut und Hilflosigkeit erfassen mich, halten mein Herz umklammert und Hintern mich daran Luft zu bekommen. "Wo ist er nur?" Auch Laurin wirkt ratlos und besorgt. Die Tür geht auf und ich bleibe stehen. "Theo!" Endlich! "Sorry Boss. Ich hatte vorm Club zu tun. Du wolltest mich sprechen?" "Marcell ist weg!", poltere ich los. "Niemand weiß wo er ist!" Theo schaut erst mich, dann Laurin an. "Ist er abgehauen?" "Nein!", brülle ich und atme tief ein. Ich muss mich wohl wirklich etwas beruhigen. "Nein, es hat was mit seinem Ex zu tun. Das spüre ich. Er ist heute Nachmittag entlassen worden und mein beschissener Anwalt hat mir heute Abend erst Bescheid gesagt, doch da war Marcell schon unauffindbar." Ich fahre mir wirr durch die Haare. "Die Polizei macht auch nichts, da kein dringender Tatverdacht besteht und Marcell noch keine vierundzwanzig Stunden verschwunden ist." Ich stelle mich dicht vor Theo und blicke ihn flehend an. "Du musst mir helfen. Bitte. Ich weiß sonst nicht, wen ich fragen soll." Als Theo nickt, atme ich erleichtert aus. "Du meinst meine Kontakte?" "Ja." "Ich denke nicht, dass die uns hier weiterhelfen können." "Was? Aber ich dachte, du kennst Leute, die bei der Polizei und bei so einer staatlichen Truppe sind?" Theo brummt grimmig. "Ich kenne Leute, ja. Nur glaube ich, dass wir es erstmal selbst versuchen sollten." Ich puste sarkastisch auf. "Und wo sollen wir anfangen? Marcell könnte überall sein!" "Sebastian", flüstert Theo. "Schon mal an ihn gedacht?" "Sebastian? Was ist mit dem?" Was interessiert mich dieser nervige Gogo-Boy? "Mensch Anton! Das habe ich dir schon mal gesagt! Dieser Pisser stalkt dich! Kapiere es endlich. Außerdem ist er heute nicht zu seiner Schicht erschienen. Er mag zwar ein widerliches, nerviges Bündel sein, doch an seiner Arbeitsmoral hat es noch nie gehapert und den Grund dafür kennen wir beide." Theos blau-grüne Augen fixieren mich. Stimmt das? Könnte es sein, dass Sebastian hinter all dem steckt? Ich schlucke hart. Wegen mir? "Bist du dir sicher?", frage ich ihn mit dünner Stimme. Theo nickt verhalten und senkt den Kopf. "Marcell hat nicht mit dir geredet." "Über was soll er mit mir geredet haben?!" Was will er denn jetzt schon wieder damit andeuten? "Marcell glaubt, dass Sebastian ihm nachspioniert und sogar sein Rad demoliert hat. Er hat keine Beweise, aber ich halte es für möglich." "Er hat Marcells Rad so zugerichtet?" Warum hat er mir das denn verschwiegen? "Das traue ich Sebastian auf jeden Fall zu." Mir bricht der kalte Schweiß aus. War ich wirklich so blind?! So dumm? Ist mein Schatz jetzt bloß in Gefahr, weil ich Sebastian unterschätzt habe? "Ich ruf ihn an", presse ich hervor und laufe zu meinem Schreibtisch. Davon muss ich mich selbst überzeugen! Seine Nummer ist schnell rausgesucht. Unterdessen hat Laurin mein Telefon aufgehoben und hält es mir nervös hin. Es klingelt ungewöhnlich lange. Normalerweise geht Sebbi sofort dran, wenn ich ihn anrufe. Ich will gerade schon auflegen, da höre ich seine Stimme. "Sebastian?" /Anton! Wie schön, dass du ... Scheiße! ... Hör auf!/ "Hallo?" /Leg auf!/ Da ist jemand bei ihm! Marcell ist es nicht. Die Stimme ist anders. Gereizt und knurrend. /Das ist aber mein Boss! Hey!/ "Was ist?", fragt mich Laurin leise. Ich zucke mit den Schultern und drücke auf Lautsprecher. /Gib mir mein Handy wieder! Das ist wich... ANTON!/ Ein ziehen in meiner Brust. "Marcell ... MARCELL!" Aufgelegt. Fassungslos höre ich das monotone Tuten aus den Lautsprechern. "Nein! Nein, dass kann nicht ... Ihr habt ihn auch gehört, oder?" Ich sehe erst zu Theo, dann zu Laurin. "Ja", bestätigt mir Laurin schließlich. "Sebastian hat ihn tatsächlich." Wie von Sinnen drücke ich auf Wahlwiederholung, doch nur noch die Mailbox meldet sich. "SCHEIßE!" Wieder fliegt mein Telefon. Diesmal überlebt es den Aufprall allerdings nicht. Es kracht und dann liegt es in Einzelteilen verteilt auf dem Boden meines Büros. "Anton? Wir gehen jetzt noch mal zur Polizei. Diesmal müssen sie es ernst nehmen." Ich nicke Theo zu. Diesmal müssen sie es ernst nehmen ... Himmel! Ich habe solche Angst um meinen Süßen. 'Bitte lass ihm nichts geschehen!' ~Marcell~ "ANTON!" Das war Anton! Eben an Sebastians Telefon! Ich habe seine leise Stimme gehört. Wie er nach mit gerufen hat. Doch jetzt ist sie verstummt. Holger hat ihm schon längst das Handy entrissen und ausgeschaltet. Dennoch rufe ich noch immer seinen Namen, bis: "Halt die Klappe!" Holger verpasst mir eine Ohrfeige, die mich zurück auf den Sitz katapultiert. Geschockt bleibe ich liegen und starre ihn an. Nicht wegen dem Schmerz, sondern wegen dem Umstand, dass er mir eine verpasst hat. Holger hat mich geschlagen! "Das ist alles nur deine Schuld! Wieso musstest du anhalten und an das dämliche Handy gehen?!" "Das war Anton! Ich kann ihn doch nicht einfach wegdrücken!" Sebastians Stimme überschlägt sich. "Ganz toll gemacht! Jetzt weiß er, dass wir seinen Toyboy haben! Und jetzt? Wie geht dein Plan weiter?" "Mein Plan?" "Ja! Dein beschissener Plan!" "Das war auch dein Plan, wenn ich dich daran erinnern darf!" "Ach scheiß drauf!", kreischt Holger. "Wir müssen ihn loswerden und dann abhauen!" Mir kommen die Tränen. Ich will nicht, aber ich kann sie nicht aufhalten. Wie viel Hass in Holgers Stimme mitschwingt. Eben noch hatte ich die leise Hoffnung, er würde vielleicht ein schlechtes Gewissen bekommen, sich an unsere gemeinsame Zeit erinnern und mir helfen, doch da habe ich falsch gehofft. War er von Anfang an nur hinter meinem Geld her? Hat uns nie was verbunden? Bestand unsere gesamte Beziehung nur in meiner Fantasie? "Fahr los! Wir dürfen keine Zeit verlieren. ... Hörst du schlecht? ... Ey sag jetzt nicht, dass du heulst!" "Ich konnte doch nicht wissen, dass er wach ist", schluchzt Sebastian. "Jetzt hasst mich Anton sicher." Ich sehe, wie Holger wieder zornig wird, sich aber wieder fängt und ruhig weiter redet. "Bestimmt nicht Sebastian. Er wird das verstehen." "Wirklich?" "Wirklich. Er wird einsehen, dass du nur aus Liebe gehandelt hast. Und wer weiß? Wenn wir alles richtig machen, beeindruckt es ihn vielleicht, dass du all das nur für ihn geplant und durchgeführt hast." Ich traue meinen Ohren nicht. Das kann doch nicht wahr sein! Holger ist wirklich ein eiskaltes, manipulierendes Mistschwein! Wie habe ich mich nur so von ihm täuschen lassen können? Ich will erst dazwischen gehen, Sebastian sagen, dass Holger nur lügt, um ihn für seine Zwecke zu gewinnen, doch ich lasse es. Wahrscheinlich lande ich dann vom Regen in der Traufe. Also was nützt es mir? Denn egal was ich sage, das ändert nichts daran, dass mich Sebastian hasst und mir die Pest an den Hals wünscht, weil ich mit Anton zusammen bin. Am besten, ich stelle mich wieder bewusstlos und versuche zu erkennen, wohin die mich bringen. Die Dunkelheit und mein schwimmendes Hirn machen mir das jedoch nicht leicht. Erst erkenne ich noch einige Gebäude und sogar Werbetafeln, doch schon bald vermischt sich das alles zu einem einheitlichen Brei, dem ich nicht mehr folgen kann. Die Kopfschmerzen werden immer heftiger, auch dank der Ohrfeige. Mir wird schlecht. So schlecht, dass ich ... "Oh fuck! Marcell kotzt!" Ich beuge mich über die Sitzfläche und spucke in den Fußraum. "Wir sind ja gleich da", winkt Holger ab. Die Nachricht ist mir mit einem Mal total egal. Ich würge immer noch und weiß was das bedeutet. Die müssen mir vorhin im Waschraum einen Schlag auf den Kopf verpasst haben. Wenn ich Pech habe, habe ich eine Gehirnerschütterung. Das würde die Schmerzen und die Übelkeit erklären. Ebenso das wattige Gefühl, das mich einhüllt. Ob es was nutzen würde, wenn ich ihnen von meiner Diagnose erzähle? Sicher nicht. ~Anton~ "Sind Sie sich sicher?" So ein arroganter ... Seinen überheblich, gelangweilten Gesichtsausdruck kann der sich sonst wo hinstecken! "Ob ich mir ...?" Ich knirsche mit den Zähnen und schlucke meine Wut hinunter. "Ich bin mir absolut sicher", knurre ich und muss mich arg zurücknehmen, nicht sofort über diesen billigen Schreibtisch zu langen und ... Theo klopft mir aufs Bein, ehe auch er sich an den uniformierten Beamten wendet. "Wir haben ihn alle gehört. Marcell ist entführt worden. Ganz sicher." "Von dem Stalker von Herrn Hazold?", hakt der Polizist nach. Man kann ihm ganz genau ansehen, was er gerade über uns denkt. Die Verachtung und sogar eine Spur Ekel. Ein schöner beschützender Arm des Gesetztes! Ausgerechnet jetzt geraten wir an einen homophoben Polizisten! "Ja, verdammt! Von Sebastian Gesterlind! Und jede weitere Sekunde, wo wir ihre beschiss..." "Anton." Theos strenger Blick lässt mich verstummen. Shit! Ich will endlich was unternehmen! Das ganze Gerede ist doch total unnötig und vor allem Zeitverschwendung! Zeit, die wir nicht haben. Zeit, die mein Schatz vielleicht nicht hat. Ich mag gar nicht weiter darüber nachdenken. "Nun gut. Ich werde eine Fahndung nach Herrn Gesterlind ausgeben." "Eine Fahndung?", frage ich den Beamten fassungslos. "Bloß eine Fahndung?" "Das ist am Besten. Glauben Sie mir." In mir braut sich ein Gewitter zusammen. Ich kann förmlich spüren, wie der Zorn in mir aufkocht. "Danke Herr Rücker. Komm Anton." Theo zerrt mich auf die Beine, noch bevor ich explodieren kann und Herrn Rücker meine Meinung über sein Verhalten zuschreien kann. Im Endeffekt ist es wahrscheinlich auch besser so. Ich sollte den Beamten nicht noch mehr beleidigen und anschreien. Draußen im Flur trete ich jedoch ungehalten gegen einen der Besucherstühle, der knarrend über den Boden kratzt und dann wackelnd gegen einen anderen kracht. "Das können die doch nicht machen!", fahre ich Theo an, auch wenn er nichts dafür kann. "Eine Fahndung?! Eine lächerliche Fahndung? Was, wenn sie irgendwo sind, wo kein Mensch ist? Was dann? Dann findet ihn keiner!" Ich raufe mir die Haare. Wenn das so weitergeht, dann bin ich bald kahl. Aber irgendwas muss doch zu machen sein! Irgendwas muss ich doch tun können! "Ein Privatdetektiv!", kommt es mir wirr in den Sinn. "Ein Sicherheitsunternehmen! Irgendwas! Am besten, ich rufe alle an, die ich für Geld bekommen kann. Ich stelle eine private Fahndung an! Jawohl!" Ich schalte mein Handy an. Doch als ich Marcells Gesicht sehe, fange ich an zu zittern. Kraftlos falle ich auf den Besucherstuhl, den ich eben noch getreten habe. Was bringen mir alle Privatdetektive und Sicherheitsunternehmen der Welt, wenn ich keinen Schimmer habe, wo sich mein Liebling aufhält? Vielleicht ist er ja gar nicht mehr in der Stadt. Mein Magen zieht sich zusammen. Nur nicht dran denken. "Wir müssen ihn finden", flüstere ich. "Wir müssen." Neben mir geht Laurin in die Hocke und Theo setzt sich neben mich. "Wir finden ihn. Ich trommle selbst ein paar Leute zusammen und dann fahren wir die Stadt ab. Frank habe ich auch schon informiert. Er klemmt sich ebenfalls dahinter." Er klemmt sich dahinter. Mir egal, was das genau bedeutet, Hauptsache wir finden ihn. Und das bald. "Genau! Ich rufe Vince und Justin an. Die sollen sich mit unseren Bekannten auch auf den Weg machen und zuvor schicken ihnen ein Bild von Marcell und Sebastian." "Ja", knurre ich und stehe wieder auf. "Suchen wir ihn, wenn die Polizei nichts macht." Denn alles ist besser, als hier dumm auf dem Polizeirevier herum zu sitzen und zu hoffen, dass diese uniformierten Typen mal ihre Hintern bewegen. ~Marcell~ "Rein da!" Holger, der mich eben noch am Kragen gepackt gehalten hat, stößt mich von sich. Ich stolpere in den engen Raum vor uns hinein und kann mich gerade so noch abfangen, damit ich nicht auf die Fresse falle. Vor mir dreht sich alles, weshalb ich Schwierigkeiten habe, mich zu orientieren. Sind Sebastian und Holger hinter, oder neben mir? Ich kann es nicht genau sagen, bis ich ersteren sprechen höre. "Hier wird es dir gefallen. Hast ja so gute Erinnerungen dran." Sebastian steht neben mir und packt mich am Hinterkopf. "Nur diesmal ist kein Anton da, um dir die Zeit im Lagerraum zu versüßen." Er weiß davon? Eigentlich logisch, denn wieso sonst hätten sie sich gerade einen Lagerraum aussuchen sollen, in dem sie mich sperren können? Purer Zufall ist es also nicht, dass ich gerade hier lande. Das ich hier abgestellt werde, wie ein altes Möbelstück, das keiner mehr braucht. Mehr bin ich für die beiden allem Anschein nach nicht. Für Sebastian bin ich nur ein Hindernis, jemand, der sich zwischen ihn und Anton geschoben hat und für Holger bin ich bloß der nervige Ex, der auch noch die Frechheit besessen hat, ihn wegen seiner Abzockerei anzuzeigen. Ich werde losgelassen und gegen die blecherne Wand geschubst. Mittlerweile ist mir schon wieder schlecht, weshalb ich mich einfach an ihr hinabgleiten lasse und auf dem Boden sitzen bleibe. "Sag Käse", zischt mein Ex. Ein Blitz. 'Das kannst du doch besser! ... Lass uns kitschige Pärchenfotos fürs Familienalbum machen.' "Anton ..." Ich lasse den Kopf hängen. Ob er mich hier finden wird? "Hör auf seinen Namen zu sagen!" Sebastian stürmt auf mich zu. "Sag ihn niemals wieder!" Er will mich packen und ich drehe eher aus Reflex halbherzig mein Gesicht von ihm weg, doch Holger hält ihn auf. "Das reicht. Wir müssen von hier weg, bevor uns die Bullen finden." Sebastian schaut verächtlich auf mich herab, während Holger ihm sein Handy wiedergibt. Interessant. Sebastian verzieht noch nicht mal eine Miene und steckt es vertrauensselig ein. Ist der kleine Twink wirklich so blöd? Selbst ich mit meiner Gehirnerschütterung durchschaue das, was sich soeben vor meinen Augen abgespielt hat. Mein Ex hat gerade ein Foto von mir mit Sebastians Handy gemacht. Sieht so aus, als wolle er allen Verdacht auf ihn lenken, falls sie auffliegen. Wahrscheinlich will er jetzt endgültig von hier verschwinden, vorher Sebastian die Schuld an meiner Entführung anhängen und mich schon wieder mit allen Schulden und Gläubigern sitzen lassen. Das heißt natürlich, falls mich hier jemand findet. "Holger?" Doch bevor er seinen Plan durchzieht, muss ich ihn noch eins fragen. Er bleibt stehen, die Arme schon nach oben gestreckt, damit er das Rolltor schließen kann. "Hast du mich jemals geliebt?" Ich könnte ihm jetzt so viel sagen, ihn anschreien, beschimpfen können. Doch dazu fehlt mir die Kraft. Außerdem stelle ich mir eben diese Frage seit der Ohrfeige, die er mir im Auto verpasst hat. Ich will wissen, ob er mich nur benutzt hat, mich ebenfalls manipuliert hat, nur um das zu bekommen, was er will. Mein Geld und meine Gutmütigkeit. War da wirklich nichts zwischen uns? Er sieht mich lange an. Dabei studiere ich sein Gesicht, das aber völlig ausdruckslos bleibt. "Vielleicht", flüstert er schlussendlich. "Ein kleines Bisschen. Aber nicht für lange." Seine Muskeln spannen sich an. Das Rolltor rattert nach unten und es wird dunkel um mich herum. "Tschau, du kleine Zecke!", lacht der widerliche Tänzer und schlägt einmal gegen das Tor. "Viel Spaß da drinnen!" Autotüren schlagen zu. Ein Motor startet. Dann wird es ruhig. Ich bin allein. Gefangen und allein ... 'Er hat mich niemals geliebt.' Wie konnte ich mich nur so täuschen lassen? *** ~Marcell~ Ich muss eingeschlafen oder ohnmächtig geworden sein, denn als ich wieder zu mir komme, liege ich auf der Seite und kann schwaches Licht durch den Schlitz des Rolltors erkennen. Es ist also schon Tag da draußen. Inzwischen müsste mich wenigstens Anton suchen, falls er mich nicht hat schreien hören letzte Nacht im Auto, als er mit Sebbi telefoniert hat. "Au!" Meine Gelenke und Muskeln sind total steif vom auf dem Boden liegen. Stöhnend richte ich mich auf und bleibe erstmal aufrecht sitzen, bis sich die Wände aufgehört haben zu drehen. Dann strecke ich meinen Oberkörper und versuche meine Arme, die noch immer hinter meinem Rücken zusammengebunden sind, unter meinen Hintern zu schieben, damit ich wenigstens meine Arme in eine bequemere Lage bringen kann. Nur klappt das nicht. Ziehende und stechende Schmerzen in meinen Schultern sind das Einzige, was ich davon habe. Hatte ich nicht mal im Fernsehen gesehen, dass das klappen würde? Alles nur Lug und Betrug! Ich lehne mich wieder zurück und versuche ein paar klare Gedanken zu bekommen. Gestern war Mittwoch. Demnach ist heute Donnerstag. Ein Feiertag, um genau zu sein. Auf dem Weg hier her habe ich mitbekommen, dass wir ganz hinten bei den Lagerräumen angehalten haben. Das ist ein schlechtes Zeichen, oder? Werden nicht erst die Vorderen belegt? Falls ja, dann kommt hier vielleicht so schnell niemand vorbei. Erst recht nicht, wenn alle langes Wochenende haben und wegfahren. Und die Angestellten hier? Gibt es hier nicht auch Sicherheitspersonal? Schwankend komme ich auf die Beine und versuche mich an den Lagerraum zu erinnern, in dem meine Sachen waren. Licht wäre nicht schlecht. Tja. Pech nur, dass ich an das Seil für die Lampe nicht drankomme. Ich müsste springen und es mit dem Mund versuchen zu schnappen. Mit einer Gehirnerschütterung, die ich mit Sicherheit habe, da mein Schädel noch immer brummt wie ein Bienenstock, versuche ich es besser erst gar nicht. Bleibt nur noch eins. Ich gehe auf das Rolltor zu und trete dagegen. Es rappelt furchtbar laut. Gut! "HILFE! ... Aua, mein Kopf!" Ich reiße mich zusammen. Lieber Kopfschmerzen, als hier drinnen zu verrotten! Noch ein Tritt gegen das Tor. Diesmal noch fester. "HIIIILFE! ... Hört mich denn niemand?! HILFE!" Hoffentlich hört mich jemand. ~Anton~ "Soll ich mal fahren? Du bist ganz blass. Vielleicht legst du dich besser mal für ein paar Minuten hin." "Nein!" Ich umklammere das Lenkrad. "Halt du lieber Ausschau, ob du nicht Marcell oder Sebastian irgendwo siehst." Laurin seufzt, sagt aber nichts mehr und starrt aus dem Fenster. Vor einer roten Ampel schaue ich auf die Uhr. "Schon fast vierzehn Uhr", stelle ich deprimiert fest. "Scheiße ... Verfluchte ..." Ich lege meine Stirn auf das Lenkrad. Wo ist er nur? Die ganze Nacht haben wir ihn gesucht. Sind sogar in Sebastians Wohnung gewesen (wie wir da reingekommen sind, verschweige ich lieber), doch auch da war keine Spur von ihm zu entdecken. Es war keiner da. Wäre ja auch zu einfach gewesen. Alle halbe Stunde rufe ich bei der Polizei an, doch auch die haben nichts. Nichts. Immer wieder höre ich diesen Satz. "Wir haben noch nichts, Herr Hazold. Aber wir suchen weiter." Einen Scheiß tun die! "Anton? Es ist grün." Ich gebe Gas. "Fahr mal hier auf den Parkplatz." "Hast du ihn gesehen?!" Mit einem Schlag bin ich wieder hellwach. "Nein. Aber du brauchst eine Pause." "Quatsch!" "Du hältst jetzt an!", pampt mich Laurin an. "Ich hole uns einen Kaffee und du informierst dich in der Zwischenzeit bei den anderen um den Stand der Dinge. Einverstanden?" Ich nicke. Laurin kann ja richtig laut werden. Auf dem kleinen Parkplatz des Supermarktes rolle ich auf einen der freien Plätze und ziehe die Handbremse an. Den Motor lasse ich laufen. Sicher ist sicher. Laurin steigt aus, drückt mir aber noch mal die Hand bevor er in die Bäckerei hinein verschwindet. Derweil greife ich mein Handy. Wahlwiederholung. "Hallo Theo. Und?" /Keine Spur von ihm./ Mist. Ich fahre mir mit der freien Hand müde übers Gesicht. Ich bin nahe am verzweifeln. /Wo seit ihr?/ "Auf dem kleinen Parkplatz vor dieser Wiener Bäckerei", murmle ich in den Hörer. "Laurin holt Kaffee." /Wir sind in der Nähe. Sind gleich da./ "Gut." Eigentlich hätte ich protestieren sollen. Es ist besser, wenn wir verteilt bleiben und die Augen offen halten, aber was soll's. Ich bin müde und mein Hirn arbeitet nur noch auf Sparflamme. Bei den anderen wird es genauso sein. Eine Pause tut uns vielleicht wirklich ganz gut. Ich simse Laurin, er soll noch zwei extra Kaffee mitbringen und schließe die Augen, nachdem ich die Umgebung noch einmal haargenau abgeschaut habe. Doch es ist wie schon seit Stunden. Keine Spur von meinem Schatz. Seufzend lehne ich mich zurück. Kräfte sammeln. Kaum habe ich das getan, sehe ich meinen Schatz vor mir. Wie wir gestern um diese Zeit in meinem Ankleidezimmer waren. Wie wir uns geküsst haben, uns gestreichelt und auf dem weichen Teppich dort verausgabt haben. Die aufkeimende Sehnsucht ist fast nicht zum aushalten. Dann sehe ich unser erstes Treffen vor mir. Wie niedlich er ausgesehen hat, als ich ihm nur mit einem Handtuch bekleidet gegenübergestanden habe. Unwillkürlich kommt mir Sebastian in den Sinn. Diese miese kleine Kröte. Warum bin ich nur so dumm gewesen? Theo hat mir schon vor Monaten gesagt, dass er ein ungutes Gefühl bei ihm hat. Ich nahm ihn nicht für voll. Was sollte dieser Tänzer mir schon anhaben können? Doch da gab es Marcell auch noch nicht in meinem Leben. Ich vergaß Theos Worte, was ein großer Fehler gewesen war. Wer konnte aber auch ahnen, dass Sebbi tatsächlich so besessen von mir ist, dass er meinen Freund entführt? Außer Theo selbstverständlich. "Ich hätte auf ihn hören sollen", sage ich erstickt zu mir selbst. "Es tut mir so leid, Marcell." Auf Theos Menschenkenntnis habe ich schon immer große Stücke gehalten. Warum nur bei Sebastian nicht? 'Weil ich dachte, alles im Griff zu haben', höre ich eine Stimme in mir flüstern. Ich habe Sebastian unterschätzt. Habe seine Gefühle mir gegenüber unterschätzt. Ich habe einen fatalen Fehler begangen, obwohl ich ihm doch von Anfang an klar gemacht habe, dass das mit uns nichts Ernstes geben wird. Die Beifahrertür geht auf. Laurin "Hier." "Danke." Ich nehme den mir dargereichten Kaffeebecher entgegen und trinke ihn mit großen Schlucken halb leer. "Theo und Matthias sind gleich da", erkläre ich und deute auf die zwei verbliebenen Kaffeebecher. "Gut. Die sind bestimmt auch schon total geschafft." Laurin lehnt sich zurück und schließt die Augen. "Bei Vince und Justin hat sich auch noch nichts getan." "Wo sind sie noch mal?" "Hinten im Industriegebiet West." "Ah ja. ... Stimmt." Laurin und Theo haben eine ganze Menge Freunde und Bekannte mobilisiert, die mittlerweile fast die gesamte Stadt abdecken. "Warum finden wir ihn nicht? So viele Leute halten Ausschau nach ihnen. Aber noch immer keine Spur von Marcell oder diesem Bastard." Ich schlage auf mein Lenkrad ein. Einmal, zweimal, dreimal. Bis Laurin meine Hand greift und sie sanft drückt. "Wo ist er nur?" "Wir finden ihn. Ganz sicher." Ich hoffe, bete und flehe alle höheren Mächte an, dass Laurin Recht behält. "Da kommen Matthi und Theo." Ich ziehe den Schlüssel aus dem Zündschloss, ehe wir aussteigen und auf Theos Wagen zulaufen. "Eben hat Frank angerufen. Er hat seine früheren Beziehungen spielen lassen", ruft uns Theo zu, noch ehe wir bei ihnen angekommen sind. "Und?!", frage ich ihn aufgeregt. "Haben die was?" "Nein." Ich presse meine Kiefer zusammen. Dieses Auf und Ab macht mich noch ganz fertig. "Aber er hat die Fotos an sie weitergegeben und ihnen gesagt, wie dringend es ist. Falls Sebastian also irgendwo versucht hier unterzutauchen, oder ins Ausland verschwinden will, dann haben sie ihn. Sogar noch schneller als die Polizei." Untertauchen. Ins Ausland absetzen. Mir wird schlecht. "Anton?" Matthias und Theo greifen nach mir. "Was soll das?" Warum halten sie mich fest? "Du wärst eben beinahe umgekippt. Hast du das nicht gemerkt?" Umgekippt? Was faseln die da? "Setz dich lieber." Theo will mich zu seinem Wagen zerren, doch ich reiße mich von ihm los. "Wir müssen weiter!", zische ich ihn an. "Aber du ..." "Nichts, aber du! Mir setzt bloß die Hitze etwas zu! Das ist alles!" Die Sonne scheint heute echt unbarmherzig auf uns nieder. Und dann noch die ganze Fahrerei im Auto. Kein Wunder, wenn mir mal schwindelig wird. "Hoffentlich hast du keinen Hitzschlag!" Laurin packt mir an die Stirn, was ich nicht verhindern kann. "Du bist wirklich etwas warm. Gehen wir lieber mal für ein paar Minuten in den Schat..." Angesäuert schlage ich Laurins Hand weg. Seine Fürsorglichkeit in allen Ehren, aber danach steht mir jetzt überhaupt nicht der Kopf! "Schluss mit der Pause! Wir fahren weiter", bestimme ich und drücke Laurin meinen Autoschlüssel in die Hand. "Du fährst. Zufrieden?" Damit hoffe ich ihn wenigstens für eine Weile ruhig zu stellen. Wütend stampfe ich auf mein Auto zu. Mir egal, wenn sie mich jetzt für einen Arsch halten. Obwohl ich das nicht denke. Aber die Angst um Marcell zerfrisst mich. Da kann ich mich nicht um einen eventuellen Sonnenstich kümmern! Das Einzige, was jetzt zählt ist, dass ich meinen Schatz wieder unbeschadet zurückbekomme. Um alles andere mache ich mir erst dann Sorgen, wenn ich Marcell wieder gesund und munter in meinen Armen halte. "LAURIN!" Ich ziehe die Beifahrertür zu. So fest, dass der Schlag über den gesamten Parkplatz donnert. "Bin schon da. Wo lang?" Der Wagen springt an. "Fahren wir die Hauptstraße bis zur Kreuzung entlang und dann noch mal hinunter zu der Laubenanlage." "Ist gut." Im Vorbeifahren nicke ich Theo und Matthias dankbar zu und schon klebt mein Blick auf der Umgebung um uns herum. Wir müssen ihn endlich finden! ~Marcell~ "Shit!" Auf den Knien rutsche ich so weit es nur geht rückwärts von der Wand weg. Es nutzt allerdings nichts, denn der Geruch folgt mir. Zum wiederholten Male habe ich mich nun schon in einer Ecke des Lagerraums erbrochen. Inzwischen kommt nur noch Magensäure, weshalb sich meine Kehle wie ein brennendes Reibeisen anfühlt. Vom dem säuerlichen Geschmack, den ich schon seit gestern Abend in meinem Mund kleben habe, will ich erst gar nicht sprechen. Kurzum: Ich habe Durst! Die Hitze, die sich in dem kleinen Lagerraum staut, macht es auch nicht besser. Allein diese drei Begebenheiten sind schon schlimm genug, aber dazu kommen noch meine schneidenden Kopfschmerzen. Es fühlt sich an, als würde meine Schädeldecke bei jedem Herzschlag in zwei brechen. Ich kann es sogar hören. Bumm ... Bumm ... Bumm ... Bei jedem Schlag horche ich angespannt, ob es nicht endlich knackt. Eventuell brächte mir das ein bisschen Linderung. Wenn der Druck weg wäre ... Ach was denke ich da! Ehe das passiert, ist mein Hirn verkocht. Ich muss hier raus! Ich strecke meinen Hals durch, was meinen Kopfschmerz minimal abschwächt und trete monoton, wie schon seit gefühlten Ewigkeiten, gegen das Rolltor. Bis jetzt hat noch niemand auf meine Rufe oder den Lärm, den ich veranstalte, reagiert. Anscheinend gibt es hier überhaupt kein Sicherheitspersonal. Kein Laut von außen dringt zu mir. Hin und wieder zwitschert ein Vogel, der die Sommersonne zu genießen scheint, sich auf einem schattigen Ast niedergelassen hat und fröhlich sein Liedchen trällert. Ansonsten nimmt niemand Notiz von mir. "HILFE!" Wieder ein Tritt. "Warum hört mich denn niemand?" Ich bin so müde und würde gern schlafen, habe aber riesige Angst davor. Darf man mit einer Gehirnerschütterung schlafen? Ich denke nicht. Ich hatte wohl bloß Glück, dass ich vorhin überhaupt wieder aufgewacht bin. Noch ein Tritt gegen diese verflixte Rolltür. Wären meine Hände frei, vielleicht hätte ich sie irgendwie da oben aushebeln können. Nur habe ich noch immer nicht meine Fesseln lösen können. In diesem beschissenen Lagerraum gibt es absolut nichts, woran ich sie mir hätte aufraspeln können. "Hilfe ..." Mit halbgeschlossenen Augenlidern schaue ich auf den kleinen Schlitz unter dem Tor. Das Licht wird immer rötlicher. Die Sonne muss demnach schon ziemlich tief stehen. Die Chancen, dass heute jemand sein Lager aufsucht, das sich auch noch ausgerechnet in der Reihe befindet, wie jenes, in dem ich gerade festsitze, schwinden immer mehr. Flatternd schließen sich meine Augen. Ich kann sie einfach nicht mehr offen halten. Sie brennen so furchtbar und die Augäpfel unter meinen geschlossenen Lidern fühlen sich heiß an. Ich habe sicher Fieber. "Ich muss hier raus ..." Mein Fuß stößt an das blecherne Tor, doch nicht fest genug. Jetzt habe ich noch nicht mal die Kraft dafür, mich bemerkbar zu machen. "Hilfe ..." Immer wieder muss ich an Anton denken. Frage mich, ob er mich sucht. Eigentlich bin ich mir sogar sicher, dass er das tut, doch hat er eine Ahnung, dass ich entführt worden bin? Oder wer mich überhaupt entführt hat? Ich atme tief durch den Mund ein. Warum habe ich nicht auf Theo gehört und Anton von meinem Verdacht berichtet? "Theo!" Ich reiße die Augen auf und starre an die Decke über mir. "Theo weiß aber Bescheid!" 'Und was nützt mir das?', wabert es durch mein pochendes Hirn. 'Wie soll Theo darauf schließen, dass du in einem Lagerraum eingesperrt bist?' "Sie werden Sebastian finden", antworte ich mir selbst. 'Nicht, wenn er wie Holger abhaut.' Mir fallen erneut die Augen zu. "Dann sieht's scheiße für mich aus." Ich bin zwar kein Arzt, aber selbst ich weiß, dass man ohne Wasser nicht lange auskommt. Zudem, wenn man ständig am kotzen ist, weil die Schädeldecke kurz davor ist, sich in zwei Hälften zu teilen. "Anton ..." Meine Wangen werden feucht. Ich würde ihm jetzt so gern sagen, wie sehr ich ihn liebe. Wenn wir uns wiedersehen, muss ich ihn das unbedingt sagen! Sofort. ... Aber was, wenn ich ihn nie wieder sehe? Ihn und meine Familie? Meine Freunde? Oh Gott! Meine Mutter! Ihr Herz! Panisch raffe ich mich auf und trete ein paar Mal gegen das Rolltor. Das darf nicht sein! Ich muss hier raus! "Hilfe!", rufe ich nicht mal halb so laut, wie ich es eigentlich wollte. Und auch die Tritte werden immer schwächer. Meine Kräfte schwinden schneller als gedacht. "Warum hört mich denn niemand? ... Anton ..." Kraftlos kippe ich nach hinten gegen die Wand und gönne mir etwas Ruhe, damit ich die nötige Kraft sammeln kann und mich weiter bemerkbar machen kann, falls doch noch jemand da draußen auftaucht. *** ~Marcell~ Ein Knall lässt mich auffahren. Bin ich vorhin eingeschlafen? Das wollte ich doch vermeiden! Aus schmalen Schlitzen fixiere ich den Spalt neben mir. Schwaches Abendlicht. Ja. Ich bin definitiv eingepennt. Leider geht es mir dennoch nicht besser. Mir ist schon wieder schlecht und ... Moment! Was war das eben eigentlich für ein Knall, der mich aufgeweckt hat? Ist da draußen jemand? Ich werde wieder munterer und strecke meinen Rücken durch. Die Hoffnung, dass endlich jemand da draußen vor den Lagerräumen steht, lässt meine Lebensgeister neu erwecken. "HILFE!", krächze ich so laut ich kann und trete erneut gegen das Rolltor. "HIIILFE!" Zwei-, dreimal noch kicke ich gegen das vermaledeite Tor und lausche. Sind das Schritte? "Hallo?" Oh Gott! Da ist tatsächlich jemand! Wie von Sinnen trete ich weiter gegen das Tor. "HIER!!! ICH BIN HIER EINGESPERRT!" Ich brülle. Die zerberstenden Kopfschmerzen sind mir plötzlich völlig egal. Ich will nur hier raus! "HIIILFE!!!" ****** Der Autor zieht sich in sein einsames Landhaus zurück, damit ihn die aufgebrachten Leser bis zum nächsten Kapitel nicht ausfindig machen können. *zischhhhh* Kapitel 18: Kapitel 14 - Rettung -------------------------------- Sehr einfallsreich, der Titel, was? ^^ Aber da weiß man wenigstens was auf einen zukommt. xD Kapitel 14 - Rettung ~Anton~ Ich hocke auf dem Beifahrersitz meines Autos. Die Tür ist offen, die Beine habe ich auf den Asphalt gestellt und mein Gesicht ist in meinen Händen verborgen. Händeringend suche ich nach einer Lösung, einen Weg, wie ich ihn finden kann. Doch mir fällt nichts ein. Ich habe keine Ahnung, wo Sebastian meinen Schatz hin verschleppt haben könnte. Ob es ihm dort gut geht? Was hat Sebastian mit ihm vor, oder was hat er schon mit ihm getan? So genau möchte ich darüber eigentlich nicht nachdenken. Viel zu viel Angst habe ich vor diesen Gedanken. Marcell darf nichts passieren! Vielleicht hört sich das jetzt bescheuert an nach der kurzen Zeit, die wir uns nun schon kennen, aber ich kann und will mir ein leben ohne ihn nicht vorstellen. Der Druck hinter meinen Augen nimmt zu. Um ihm nicht nachzugeben, fixiere ich einen kleinen Stein, der neben meinem Fuß liegt. Wieso ruft nicht endlich jemand an, der mir sagt, dass alles wieder in Ordnung kommt? Dass man Marcell wohlauf gefunden hat und es ihm gut geht. Immer noch nichts! Keine Spur von meinem Liebling. Die Sonne rutscht immer tiefer am Horizont herab, die Uhrzeit schreitet unaufhaltsam voran. 19:43 steht auf der Digitalanzeige in meinem Auto. Noch zweieinhalb Stunden und Marcell gilt ganz offiziell für vierundzwanzig Stunden als vermisst. "Anton? Theo und Matthi sind gerade bei Vince und Justin. Sie waren noch einmal bei Sebastian Zuhause, doch wie es aussieht, war er seit unsrem letzten Besuch nicht mehr dort." In meinem Kopf schwirrt alles wild durcheinander. Was soll ich darauf denn antworten? Ich weiß langsam nicht mehr, was ich machen soll. Ich komme mir vor wie in einem Albtraum! "Da ist aber noch was." Ich hebe mein Gesicht an und blicke zu Laurin auf, der an der Autotür lehnt. "Theo hat jemanden auf diesen Holger angesetzt. Nur so zur Sicherheit, was sich jedoch als gut herausgestellt hat, denn der ist ebenfalls ganz plötzlich verschwunden." "Holger?" Bestürzt komme ich auf die Beine. "Ich dachte, der wäre vom Tisch? Wir haben doch eindeutige Beweise, dass Marcell bei Sebastian ist!" "Du kennst doch Theo. Ich weiß nicht wie er das macht, aber er hat ein Riecher für so was. Und du hast doch selbst gesagt, du hättest eine weitere Stimme gehört, die weder Sebastian noch Marcell ähnelte." Das wird ja immer schlimmer! "Was, wenn er auch noch darin verstrickt ist?" Ich mag gar nicht daran denken. Marcells Ex und Sebastian, die mein Schatz gefangen halten. Das kann doch nur ein Albtraum sein! "Gib mir die Autoschlüssel. Ab jetzt fahre ich wieder." Von Laurin kommen keine Gegenworte, obwohl ich ihm ansehe, dass er die Idee nicht für gut befindet. Jedoch ich schätze, egal wer von uns beiden fährt, es macht keinen Unterschied. Wir sind alle am Ende. Doch wir geben nicht auf! Ich erst recht nicht. Nicht, bevor ich weiß wo Marcell ist und ich mir sicher sein kann, dass es ihm gut geht. ~Marcell~ "Bleib hier! Ich laufe schnell vor." "Ist gut. ... Beeil dich!" "Ja!" Laute, eilige Schritte, die sich entfernen. Ich presse meine Stirn gegen das Rolltor. Ich bin gerettet! Fast jedenfalls. "Hey. Hörst du mich?", fragt mich einer meiner beiden Retter. "Ja." Ich könnte loslachen vor Freude, was ich aber nicht tue. Ich bin so müde und das Schreien und Treten zuvor hat mich komplett ausgelaugt. "Wie heißt du?" "Marcell", antworte ich der gesichtslosen Stimme auf der anderen Seite des Tores. "Ich bin Leon. Wir holen dich da gleich raus. Warte nur noch etwas, ja?" Ich nicke, was Leon ja nicht sehen kann. "Wie bist du da rein geraten?" "Eingesperrt." "Was?" "Eingesperrt!" Das Reden fällt mir immer schwerer. Meine Zunge ist pelzig und fühlt sich wie ein Fremdkörper in meinem Mund an. "Wie lange schon?" "Seit gestern Abend." "Oh man ... Hast du Verletzungen?" "Durst", flüstere ich. Keine Ahnung, ob der Kerl auf der anderen Seite das gehört hat. "Soll ich einen Rettungswagen rufen?" Ich nicke wieder und rufe mir ins Gedächtnis, dass dieser Leon das noch immer nicht sehen kann, bekomme aber keinen Ton mehr raus. Mir fallen die Augen zu und ich dämmere weg. "Hey! Marcell!" Ich stöhne schmerzgeplagt auf, da Leon gegen das Tor hämmert. "Bin wach", krächze ich und platziere meinen Kopf besser wieder an die Wand hinter mir. "Ich rufe einen Rettungswagen, ja?" "Ja!" Kurze Stille, dann höre ich, wie Leon mit der Rettungsstelle telefoniert. Er gibt alles durch, sogar die Lagerraumnummer. "Warten Sie. Ich frag ihn noch mal. ... Marcell? Kannst du mir sagen, ob du Verletzungen hast?" "Ich ... Mein Kopf!" Das muss reichen. Wieder redet er mit der Person am Handy. Ich drifte wieder ab, tauche in das wattige Pochen in meinem Schädel, als erneut hastige Schritte zu vernehmen sind. Es klackert metallisch, gehetzte Worte und dann, dann geht endlich das Tor auf und ich muss meine Augen fest zusammenkneifen, weil mir das wenige Licht lauter schmerzhafte Explosionen im Kopf beschert. "Du meine Güte! Marcell?" Ich werde gepackt. "Marcell!" "Schüttle ihn doch nicht so!", sagt eine tiefe Stimme und dann berührt mich eine kühle Hand an der Wange. Ich schmiege mich sofort an sie. So schön kühl ... "Er verglüht fast!" "Kein Wunder. Raus mit ihm und Sie! Holen Sie Wasser und etwas zu Trinken! Schnell!" Trinken hört sich gut an ... Ich hab so einen Durst. Ich werde gepackt und nach draußen getragen. Kühle Abendluft umweht mich und trotz des Kopfschmerzen geht es mir schon viel besser. "Leon? Vorn im Handschuhfach liegt ein Klappmesser. Hol es mir mal bitte." "Anton ..." Ich muss Anton Bescheid geben. "Nein. Ich bin nicht Anton. Aber fast richtig. Ich bin Aaron." Vorsichtig werde ich wieder abgesetzt. Im Schatten, wie ich bemerke. "Danke Leon. ... Marcell? Nicht erschrecken. Ich befreie dich erstmal von den Stricken, ja?" Seufzend lehne mich mich gegen den großen Brustkorb vor mir und merke, wie der Druck um meine Handgelenke endlich verschwindet. Langsam werde ich nach hinten bedrückt, bis ich gegen etwas Hartem lehne. Als dieser Aaron meine Arme langsam nach vorne zieht, schmerzt jeder Muskel in ihnen und in den Schultern. Meine Hände fangen schon nach kurzer Zeit an wie wahnsinnig zu kribbeln. Jemand ergreift sie und knetet sie durch. Wer auch immer das ist, ich bin ihm dankbar. "Sollten wir ihn vielleicht lieber vor bringen? Zum Eingang?" "Besser wir bewegen ihn nicht so viel." Besser ist das wohl. Außerdem will ich nur noch schlafen ... "Marcell? Hörst du mich?" Diesmal kann ich Leon zunicken. Eine große Erleichterung für mich. "Möchtest du, dass wir jemanden anrufen?" "Anton", wispere ich nochmal. "Anton … Hazold." "Anton Hazold?" Der Kerl, mit der tieferen Stimme stutzt. Kennt er meinen Freund etwa? "Der Chef vom Velvet?" Ich schlage die Augen auf, auch wenn es mir schwer fällt und hauche dem großen Kerl ein Ja zu. "Du kennst ihn?", fragt ihn Leon an meiner Stelle. "Ich nicht. Aber ich kenne jemanden, der ihn kennt." Schon zückt er sein Handy. "Jack? Ich bin es, Aaron. Hast du Theos Nummer? Ich muss ihn dringend anrufen." Theo! Dieser Aaron kennt Theo! Was für ein Glück! "Es ist aber wichtig. ... Ihr sucht jemanden?" Aaron, der eben noch auf und ab getigert ist, bleibt jetzt stehen und sieht mich an. "Heißt dieser jemand zufällig Marcell? ... Ja. Der ist hier. ... Nein, kannst du nicht. Aber ich kann dir sagen wo wir sind." Und dann gibt er diesem Typen, der Theo kennt, die Adresse der Lagerraum-Centers durch. "Marcell? Da suchen eine Menge Leute nach dir", sagt Aaron grinsend. "Jack sagt Theo Bescheid und dann ist dein Anton bald bei dir, ja?" "Danke." Mir fallen die Augen wieder zu. Vor Erleichterung könnte ich glatt losheulen, beherrsche mich aber. Wahrscheinlich würde eh kein einziger Tropfen herauskommen, so ausgetrocknet wie ich bin. Keine Minute später wird mir endlich Wasser gebracht, das ich gierig schlucke und dann geht der ganze Trubel erst richtig los. Zuerst kommt der Krankenwagen an. Ich werde untersucht, bekomme dabei allerlei Fragen gestellt, die ich meist mit Ja beantworten kann. Die vorläufige Diagnose: Gehirnerschütterung. Wie ich vermutet habe. Der Notarzt trifft ein und verpasst mir eine Infusion, bevor er mich am Hinterkopf untersucht. Anscheinend habe ich eine kleine Platzwunde, die ich gar nicht bemerkt hatte. Wie auch, mit gefesselten Händen? Sie wird gereinigt, was mich öfters schmerzhaft keuchen lässt. Doch wieder ist es Leon, der mich beruhigt, während der ganzen Prozedur meine Hand hält und leise auf mich einredet. Der kleine blonde Lockenkopf hat für alle Zeit ein Stein bei mir im Brett. Genau wie sein großer, dunkelhaariger Freund Aaron. Ohne sie läge ich noch immer in diesem miesen Lagerraum. Während mein Kopf verbunden wird, schaue ich immer wieder dort hin. In das leere Lager. Ich war knapp einen Tag da drinnen, doch es kommt mir viel länger vor. Niemals wieder werde ich so ein Ding betreten! Ganz sicher nicht. Als die Polizei eintrifft, verstärkt sich der Trubel um mich herum noch mal. Aaron wird befragt und auch mich wollen sie Interviewen, doch der Notarzt verjagt zum Glück den Beamten. Ich bräuchte Ruhe, erklärt er dem Polizisten, der daraufhin nickt und abzischt. "Marcell? ... Marcell? Wo ist ...?" Das ist Anton! "Oh Gott sei Dank! Marcell!" Da steht er. Schaut mich mit großen, erleichterten Augen an und kommt mit eiligen Schritten auf mich zu. Leon bemerkt meine sofortige Unruhe und lächelt mich an. "Da ist er ja endlich. Dein Anton", gluckst er und lässt mich los. An seine Stelle tritt ein besorgt drein blickender Anton, der mit einem Satz neben mir im Krankenwagen ist. Die Ärzte lassen es ihm durchgehen. Sie haben auch gar keine andere Wahl, denn ansonsten hätten sie mich gleich mit aus dem Krankenwagen verweisen müssen. Denn so fest, wie wir uns Sekunden später in den Armen liegen, bekommt uns gar nichts mehr getrennt. "Oh Marcell! Endlich habe ich dich wieder!", japst er hörbar erleichtert. "Ich hatte solche Angst um dich." Jetzt kann ich die Tränen nicht mehr aufhalten. Mit einem Mal bricht alles aus mir heraus. Nur mit Mühe bringe ich das heraus, was ich ihm so unbedingt sagen wollte, wenn wir uns wiedersehen. "Ich liebe dich", sage ich so leise und erstickt, dass ich fast schon glaube, Anton habe es nicht verstanden. Jedoch spüre ich, wie seine Umarmung sofort fester wird. Ich drücke mein Gesicht gegen Antons Halsbeuge und klammere mich an ihn, als würde es um mein Leben gehen. Alle Anspannung weicht von mir und würde mein Kopf nicht noch immer schmerzhaft wummern, würde ich hin bitten, mich auf der Stelle von hier wegzubringen. "Ich bin so froh", wispert er noch einmal und schiebt mich sanft von sich. Sein Gesicht drückt noch immer Besorgnis aus. Damit steht er allerdings nicht alleine da. Jetzt, wo ich ihn genauer betrachte, erkenne ich, dass auch er, gelinde gesagt, mitgenommen aussieht. "Du siehst fertig aus." Tiefe, dunkle Ringe haben sich unter seine Augen gegraben. Er hat sicher kaum geschlafen. "Das ist nichts. Jetzt, wo ich dich wieder habe, geht es mir wieder gut", beruhigt er mich und lächelt erleichtert. "Du bist verletzt?" Sorgenvoll streift seine zitternde Hand den Verband um meinem Kopf. "Bloß eine kleine Platzwunde und eine Gehirnerschütterung." Das hört sich so lächerlich an. Dabei sind die Kopfschmerzen wirklich furchtbar! "Sie müssen mich mit ins Krankenhaus nehmen." "Natürlich!", nickt Anton. "Ich komme mit." "Du? In ein Krankenhaus? Freiwillig?" Ein leichtes Grinsen huscht mir über die Lippen. "Meinst du, ich würde dich jetzt noch mal eine Sekunde aus den Augen lassen?", fragt er mich leicht empört und schon sitzt er neben der Liege und schaut zusammen mit mir den Sanitätern zu, wie sie alles für die Abfahrt bereit machen. Ich werde angewiesen mich hinzulegen. Draußen vor der noch offenen Tür sehe ich Theo, Laurin und noch einen Mann stehen, den ich nicht kenne. Ebenso Leon und Aaron. Sie lächeln mir zu und Laurin winkt sogar. Ich winke zurück und dann klappt einer der Sanitäter die Türen zu. Ab geht's ins Krankenhaus. Endlich hat dieser Albtraum ein Ende. *** ~Anton~ Zärtlich streichle ich durch Marcells Haare und passe auf, dass ich dabei nicht den Verband berühre. Wie friedlich er schläft. Tief und fest. Was bin ich so froh, dass er wieder bei mir ist! Als der Anruf gestern Abend kam, war ich so erleichtert! Ich konnte es kaum fassen, als mir Theo am Telefon erzählte, man habe Marcell gefunden. In einem Lagerraum! Es ist unfassbar, aber sie hatten ihn tatsächlich in so einem Ding eingesperrt. Mein armer Liebling. Aber jetzt ist er ja wieder in Sicherheit und nur das zählt. Zufrieden betrachte ich Marcells schlafendes Gesicht. Ich werde ihn keine Sekunde mehr aus den Augen lassen. Nicht, bevor diese Schweine gefasst sind. Vorhin im Krankenwagen berichtete Marcell mir, wer ihn gestern Abend aus dem Velvet verschleppt hatte. Theos Spürnase verdient einen Oskar. Er hatte mit allem recht. Sebastian und Holger hatten sich zusammengerottet und einen unfassbaren Plan gefasst. Wie sie den ursprünglich umsetzen wollten, liegt noch im Dunkeln. Wer weiß was sie getan hätten, wenn ich Sebastian nicht angerufen, und Marcell nach mir gerufen hätte. Ich will auch nicht mehr darüber nachdenken. Das habe ich während den furchtbaren Stunden, in denen wir meinen Schatz gesucht haben, schon genug getan. Jedoch hat mir Marcell irgendwas von Geld erzählt, das sich Holger wohl von mir erhofft hat. Und was Sebastians Ziel war, das brauchte er mir erst gar nicht zu erzählen. Seine Beweggründe dürfe mittlerweile jeder kennen. "Ich sorge dafür, dass sie dir nie wieder zu nahe kommen. Das verspreche ich dir", flüstere ich meinem schlafenden Liebling zu und tupfe ihm einen Kuss auf die Stirn. Der Arzt meinte, dass Marcell eine leichte Gehirnerschütterung hat und jetzt viel Ruhe bräuchte. Dazu war er etwas dehydriert, weshalb er noch am Tropf hängt. Die Wunde an seinem Kopf ist mit ein paar Stichen genäht worden und weniger dramatisch. Alles in allem hatte mein Liebling Glück im Unglück. Es wäre auch nicht auszudenken gewesen, wäre ihm was Schlimmes passiert. Das hätte ich mir niemals verziehen. "Anton?" Marcell regt sich und kräuselt die Nase. "Ich bin da. Schlaf weiter. Ruh dich noch etwas aus." Unter seinen Wimpern kann ich seine Pupillen erkennen. Doch nur ganz kurz, dann fallen seine Augen wieder zu. "Du musst auch schlafen", flüstert er leise. "Mir geht es gut." "Hm ..." Er scheint wieder eingeschlafen zu sein. Vorsichtig bette ich meinen Kopf auf meine Arme, die ich neben ihm auf die Matratze gelegt habe, und nehme seinen Rat zu Herzen. Etwas Schlaf täte mir ganz gut und solange ich seine Hand festhalte, kann ihn mir auch niemand mehr vor der Nase weg entführen. *** ~Anton~ "Ihr habt für immer was bei mir gut. Ehrlich!" "Ach was! Hätte doch jeder gemacht." "Trotzdem. Ich würde vielleicht immer noch in diesem Lagerraum hocken, wenn ihr nicht gewesen wärt." Ist das Marcells Stimme? "Oh ... Psst! Sonst wecken wir ihn doch noch auf." Meine Mundwinkel ziehen sich nach oben. Marcells Finger kraulen ganz leicht meine Kopfhaut. Er hat anscheinend Besuch und es geht ihm schon wieder besser, so wie er sich anhört. Wie mich das freut! "Und gibt es schon eine Spur von deinen Entführern?", fragt eine dunkle Stimme meinen Schatz. "Glaube nicht. Theo kümmert sich darum. Er will Anton und mir Bescheid geben, wenn es was Neues gibt." Ich atme ruhig weiter, genieße das Kraulen und stelle mich weiter schlafend. "Was für ein Glück, dass wir gerade an einem Feiertag unseren Kram einlagern wollten. Fast hätten wir das aufs Wochenende verschoben", höre ich eine höhere, fast schon schüchterne Stimme sagen. So allmählich dämmert es mir, wer da gerade Marcell besucht. Das sind die beiden, die ihn befreit haben! Ich schnelle nach oben, vielleicht ein bisschen zu schnell, denn plötzlich starren mich drei Augenpaare erschrocken an. Die aufkommenden Muskelschmerzen dabei (vornübergebeugt zu schlafen ist nicht die beste Art zu schlafen), verdränge ich. "Ihr seid das!", rufe ich. "Die zwei, die Marcell aus dem Lagerraum befreit haben!" Ich mustere die beiden und fange an zu grinsen. "Aaron?" "So sieht man sich wieder", lacht er und reicht mir die Hand. "Ihr kennt euch also wirklich?" Der Kleinere von Marcells Rettern guckt uns erstaunt an. Was für ein putziges Kerlchen. Blonde Locken rahmen sein Gesicht ein und er wirkt so unschuldig wie ein Engel. Wie ist Aaron denn an den geraten? "Oh ja. Du weißt doch noch, dass ich öfter mal Streitereien hatte?" Der Blonde nickt wenig begeistert. "Ich hätte damals fast Hausverbot bekommen und bin deswegen arg mit Herrn Hazold aneinander geraten." Daran kann ich mich noch sehr gut erinnern. Aaron war vor noch nicht allzu langer Zeit verbittert und streitsüchtig gewesen. Davon ist jetzt allerdings gar nichts mehr zu bemerken. Ich muss nicht groß losraten, an was, oder besser gesagt, an wen das wohl liegt. "Ich habe mich regelmäßig mit den Gästen und der Security im Velvet angelegt. Das tut mir wirklich leid." "Vergeben und vergessen", winke ich ab. "Das gehört schon der Vergangenheit an. Ich bin euch so dankbar. Ohne euch ..." Ich schaue zu Marcell neben mir, der aufrecht in dem Krankenhausbett sitzt und uns verwundert beobachtet. "Ihr habt mir das Kostbarste auf der Welt wiedergebracht." Marcells Kopf ruckt zu mir herum. Er wird sogar ein klein wenig rot um die Nase. Ich zwinkere ihm zu und wende mich wieder Aaron und ... "Entschuldige, aber wie heißt du eigentlich?" Ich kenne noch nicht mal den Namen von Aarons Freund. "Leon." "Freut mich wirklich dich kennenzulernen Leon", erwidere ich und strecke ihm meine Hand hin. "Ich bin Anton. Und das gilt auch für dich." Damit meine ich Aaron. "Sagt mir was ich für euch tun kann." "Für uns tun?" Aarons Augenbraue hüpft nach oben. "Ja. Als Dank für die Rettung." Das ist doch selbstverständlich, oder nicht? Aaron schmunzelt und lehnt sich auf dem Besucherstuhl zurück. "Sag das nicht zu laut, bevor du dein Angebot bereust." "Tue ich nicht", sage ich entschlossen. "Sicher? Wir sind nämlich gerade am Umbauen und Umziehen. Hinterher verdonnern wir dich zum Möbelschleppen." Ich fange laut an zu lachen. "Kein Problem! Darin habe ich seit kurzem Übung." Ich schiele zu Marcell, der ebenfalls breit grinst. "So sind wir uns näher gekommen", schiebe ich erklärend hinterher. "Er zog in eine meiner Wohnungen und ich half ihm dabei." Die Erinnerung daran lässt meinen Bauch warm kribbeln. Mein Marcell ... Nie wieder werde ich es zulassen, dass ihm etwas zustößt. ~Marcell~ Antons Händedruck wird fester. An was denkt er denn wieder? Vorhin im Schlaf hatte er das öfter gemacht. Dann etwas unverständliches gemurmelt und die Stirn kraus gezogen. Bestimmt hängt ihm noch meine Entführung in den Knochen. Mir geht es da nicht anders. Besonders weil mein Schädel noch immer wehtut. Nicht mehr so stark wie im Lagerraum, aber ich merke, dass mit mir noch immer nicht alles okay ist. "Na wenn du so ein Umzugsass bist, rufen wir dich ganz bestimmt mal an, sobald wir einen Möbelpacker brauchen." "Könnt ihr. Oder ich bezahle euch eine Umzugsfirma", grinst Anton Aaron zu. "Ich weiß was Besseres", werfe ich ein. "Wir helfen euch euer Haus auf Vordermann zu bringen und wenn Einweihung gefeiert wird, spendieren wir die Getränke." Es war nur eine fixe Idee, aber kaum ausgesprochen, bereue ich sie fast schon wieder. Freigetränke! Das hätte ich erst mit Anton besprechen sollen. Unsicher schaue ich ihn an. Der jedoch sieht richtig begeistert aus. "Genau! Wir spendieren euch eine riesige Einweihungsparty!" Uff! Bin ich erleichtert! Er nimmt mir meine voreilige Idee nicht übel. "Darüber reden wir noch mal", meint Aaron und steht auf. "Wir gehen dann mal wieder. Du brauchst sicher noch deine Ruhe." "Schön, dass ihr hier wart." Ich lächle beiden dankbar zu. "Klar! Und wir bleiben in Kontakt?" "Unbedingt!", antworte ich Leon, den ich schon richtig lieb gewonnen habe und wedle mit meinem Handy. Vorhin haben wir Nummern ausgetauscht. Als die beiden aus meinem Krankenzimmer verschwunden sind, rutsche ich wieder in die Waagerechte. So ist das Pochen fast gar nicht mehr zu spüren. "Willst du schlafen?" "Nein." Ich schüttle leicht den Kopf. "Erzähl mir was." "Und was?" "Keine Ahnung. Irgendwas." Ich liege gerade mal einen Tag im Krankenhaus, doch mir ist schon so stinke langweilig hier, dass mir die Decke auf den Kopf fällt. TV fällt auch flach. Das darf ich nicht mit meiner Gehirnerschütterung. "Wie geht es eigentlich Alfredo?" Der ist sicher im ganzen Trubel untergegangen. "Ganz gut. Na ja. Nachdem Theo in gefüttert hat." "Sag bloß, du hast den armen Kater vergessen!" Anton verzieht das Gesicht und starrt auf unsre ineinander verflochtenen Finger. "Habe ich." Oh wei! "Katzen sind zäh. Die halten auch mal einen Tag ohne Futter aus", versuche ich ihn aufzuheitern. Das es ja eigentlich meine Schuld ist, dass sein Kater hungern musste, macht es für mich auch nicht besser. Der kleine Kater tut mir richtig leid. "Wenn ich hier raus bin, bekommt er von mir eine Wagenladung Leckerlis und eine neue Massagebürste." Schon fühle ich mich besser. "Da wird er sich freuen", gluckst Anton. "Bestimmt." "Darf ich dich was fragen, ohne das du dich aufregst?" "Warum sollte ich mich aufregen?" Was geistert ihm den jetzt schon wieder im Kopf herum? "Es hat was mit Sebastian zu tun." Daher weht also der Wind. Ich bin mir sogar ziemlich sicher, was er mich über ihn fragen will. "Frag ruhig", erlaube ich ihm deswegen. Wozu diese fällige Unterhaltung noch aufschieben? "Theo hat mir alles erzählt. Deine Befürchtungen gegenüber diesem Tänzer. Das du vermutest, er hat dein Fahrrad so zugerichtet." Ich bejahe leise. "Ich frage mich schon die ganze Zeit, warum du mir nichts davon erzählt hast. Ich bin nicht sauer auf dich, aber wieso hast du mir das nicht anvertraut, sondern Theo?" Er schaut mich traurig an. Ich dagegen weiche seinem Blick schnell aus und zerkaue mir die Unterlippe. Soll ich es ihm sagen? Den wahren Grund? "Marcell, bitte." Also schön. "Einmal lag es daran, dass ich nicht wollte, dass du dir schon wieder um mich Sorgen machen musst. Außerdem habe ich nicht die geringsten Beweise, dass er der Täter ist. Und zum dritten" ich senke den Kopf. Ihm das jetzt zu beichten, ist mir unendlich peinlich. "Ich wollte nicht, dass du diesem Twink wieder zu nahe kommst." Nun ist es raus. Ich bin noch immer ein klein wenig eifersüchtig auf diesen Kerl. Anton seufzt angestrengt. Jetzt denkt er sicher, ich würde ihm noch immer nicht vertrauen. Aber das tue ich. Habe ich schon die ganze Zeit, was ich ihm auch sage. Er sieht mich lange an, mustert mich intensiv, was mir fast schon unangenehm ist. Sagen tut er jedoch zuerst nichts. Bis er sich streckt und seine zweite Hand unter meine schiebt. "Vergessen wir es", sagt er leise. "Es ist nun mal geschehen, aber es ist vorbei." "Dann bist du nicht sauer, weil ich dir die Sache verschwiegen habe?" "Nein. Ich bin eher sauer auf mich, dass ich nicht von selbst darauf gekommen bin, was Sebastian für ein Wesen an den Tag gelegt hat. Ich hätte es wissen müssen. Du hast nichts Falsches gemacht." Froh über seine Worte wage ich es wieder zu lächeln. Wir schauen uns an. Aber nicht bloß so. Nein. Unsre Blicke verschmelzen förmlich. Irre ich mich, oder knistert es gerade? Kein Wunder, denn wir haben uns noch kein einziges Mal geküsst, seit ich aus dem Lagerraum raus bin. Dazu war einfach keine Zeit. Ständig werkelten irgendwelche Doktoren an mir herum, oder Schwestern huschten in meiner Nähe umher, die sich um mich kümmerten. Und wenn sie alle weg verschwunden waren, sind uns die Augen zugefallen, wenn wir uns nicht gerade über die Geschehnisse unterhalten haben. Und mit einem Schlag wird das Bedürfnis ihn zu küssen fast übermächtig. Mit der freien Hand deute ich ihm mit dem Zeigefinger an, dass er sich zu mir beugen soll. Antons Grinsen wächst zu einem strahlenden Lächeln heran. Als er in meiner Reichweite ist, ziehe ich ihn am Nacken zu mir herunter und schnappe nach seinem Mund. Der Kuss ist keinesfalls sanft, wie man es vielleicht erwarten könnte nach so einem Erlebnis. Nein. Überhaupt nicht. Gierig sauge ich an seinen Lippen, empfange seine Zunge und keuche erregt, als sie sich mit meiner duelliert. Wie habe ich das vermisst! "Endlich", seufze ich und küsse ihn ein weiteres Mal stürmisch. Auch Anton murmelt was, das ich aber nicht verstehe. Alles was zählt ist, dass wir zu guter Letzt wieder zusammen sind. Unsre Nasenspitzen berühren sich. So dicht beieinander kann ich das gierige Glitzern in Antons Blick erkennen. Er fühlt das Selbe ich wie ich. Sanft reibe ich meine Nase gegen seine, strecke meinen Hals etwas durch und erwische wieder seinen Mund. Antons Hand hat sich derweil auf meinen Hals gelegt und sein Daumen streichelt mich zärtlich am Kinn. Wenn wir jetzt nicht in einem Krankenhaus wären, dann ... "Ähäm!" Wir zucken zusammen und lösen uns perplex voneinander. "Deshalb habt ihr auf unser Klopfen nicht reagiert." "Kaum dreht man den beiden den Rücken zu, hängen sie wieder aufeinander." "Hat der Arzt euch das schon erlaubt?" Theo und Laurin! Ich kann sie zwar nicht sehen, aber hören. "Hallo ihr beiden", sage ich räuspernd, während Anton wieder von mir rutscht. Ich habe gar nicht gemerkt, dass er sich halb auf mich gelegt hat. "Hallo ihr vier, trifft es besser." Und jetzt sehe ich es auch. Neben Laurin und Theo stehen noch Vince und Matthias. Das ist mir jetzt aber peinlich! "Schön, dass es dir wieder besser geht!" Laurin kommt auf mein Bett zu und zieht mich in seine Arme. "Du hast uns vielleicht einen Schrecken eingejagt!" Die vier ziehen sich weitere Stühle heran und verteilen sich um mein Bett herum. Ich bin richtig umzingelt von ihnen. "Gibt es was Neues?", fragt Anton Theo sogleich. "Oh ja!" Theo blickt zu mir. "Soll ich es erzählen, oder ist es noch zu früh?" "Ich will es auch wissen", rufe ich atemlos. Es gibt also Neuigkeiten über Sebbi und meinem Ex! "Erzähl schon!" Theo lehnt sich auf dem klapprigen Krankenhausstuhl zurück und verschränkt die Arme. Für so einen starken Kerl sind diese Plastikstühle einfach nicht geschaffen. "Holger wurde am Flughafen gefasst." Am Flughafen? Dann wollte er sich tatsächlich absetzen, dieses Mistschwein! "Und ihr werdet es nicht glauben, aber Sebbi tauchte gestern Abend im Velvet auf." "Bitte?!" Anton und mir klappen einträchtig die Kinnladen herunter. "Ich konnte es auch nicht fassen, aber er kam zu mir und fragte, ob du da wärst." "Was hast du gemacht?", will ich wissen. "Na was wohl? Ihn festgehalten bis die Polizei da war und es ihm dabei so ungemütlich wie möglich gemacht." Theo grinst hinterhältig. Erinnerung an mich selbst: Leg dich niemals mit Theo an. Manchmal ist er mir unheimlich, was ich aber niemals laut zugeben werde. "Dann sind beide jetzt bei der Polizei?", frage ich unsicher nach. "Ja. Und dort bleiben sie auch erstmal." Was bin ich erleichtert! "Deine Aussage muss noch aufgenommen werden. Das war es dann fürs erste", erinnert mich Theo. "Danach mahlen die Mühlen des Gesetzes. Und das kann dauern." "Hauptsache die zwei sind jetzt weggesperrt", grummelt Anton. "Dann werde ich nachher unseren Anwalt anrufen und mit ihm alles Weitere besprechen. Er will sicher auch bei deiner Aussage dabei sein." Ich nicke. Es wäre mir sowieso lieber, wenn Herr Friedrich dabei zugeben ist. "Hat Sebastian auch was erzählt?", möchte ich von Theo wissen, der daraufhin Anton fragend anschaut. "Sag schon! Ich muss das wissen." "Ja, er hat was erzählt", seufzt er ergeben. "Nicht viel, aber ich hab herausbekommen, wie es zu dem ganzen Plan gekommen ist." Mit einem mulmigen Grummeln im Bauch schaue ich Theo gespannt an. "Sebastian muss mitbekommen haben, wie du Laurin was über deinen Ex erzählt hast und wie es der Zufall so wollte, hatte er dann auch noch den Zwischenfall im Velvet beobachtet und zugesehen, wie man Holger festgenommen hatte. Eins führte zum anderen und dank dem Gerede unserer Mitarbeiter wusste er bald auch, dass Holger eben jener Ex ist." "Oh Mann!" Das gibt's doch nicht! "Ihr beide standet wirklich die ganze Zeit unter Sebastians Beobachtung. Ich habs dir gesagt, Anton." Grimmig messen sich die beiden mit Blicken, wobei Anton als erster aufgibt. "Ich hätte auf dich hören sollen", flüstert mein Schatz geknickt. "Ist doch egal jetzt", gehe ich dazwischen. "Endlich hat der ganze Albtraum ein Ende. Das ist alles was zählt." Ich schaue in die Runde. Dabei fällt mir auf: Ich habe mich noch gar nicht bei ihnen allen bedankt. Anton hat mir erzählt, dass jeder von ihnen ohne Pause nach mir gesucht haben. "Danke für eure Hilfe Leute. Das bedeutet mir wirklich eine Menge." "Jeder Zeit wieder", erwidert Matthias, Theos Freund. "Nichts gegen euer Engagement, aber so was will ich niemals wieder durchmachen." Nie, nie wieder. Und hoffentlich sehe ich weder Holger, noch Sebastian jemals wieder. Die können mir so was von gestohlen bleiben! ****** Kapitel 19: Kapitel 15 - Dampflokomotive ---------------------------------------- *schnüüüff* Das letzte Kapitel. ;____; Ich hoffe, ihr hattet Spaß mit Marcell und Anton und bleibt ihnen noch etwas treu, denn hier und da tauchen sie sicher noch mal in meinen Storys auf. ^^ Nächste Woche gibt es ein kleines Wiedersehen mit Theo und Matthias. Wer vielleicht in meinem Blog die unzähligen Einträge *hust* gelesen hat, weiß es ja eventuell schon. ^_^ Doch bis dahin: Viel Spaß mit dem letzten Kapitelchen! Kapitel 15 - Dampflokomotive ~Anton~ "Na? Wie sehe ich aus?" Ich breite die Arme aus und drehe mich vor Marcell einmal im Kreis. "Gut." Ich lasse eine Augenbraue nach oben wandern. "Gut? Nur gut?" Mein Süßer legt den Kopf schief. "Kann es sein, dass du aufgeregt bist?" "Ach was!" Und wie! Marcell lacht leise und steht von der Couch auf. Geschmeidig schmiegt er sich an mich und legt seine Arme um meinen Hals. "Du siehst umwerfend aus, was aber ganz sicher nicht an deiner Kleidung liegt." Oho! Welch ein wundervolles Lob von meinem verschmusten Katerchen. Feurig erwidert er meinen Kuss, denn so ein Lob muss doch gleich mit einem Leckerli belohnt werden. Zu meinem Bedauern hält der Kuss nicht lange an und Marcell rückt wieder von mir ab. "Können wir jetzt los?" "Nur wenn du mir sagst, dass ich in diesem Aufzug unbedenklich vor deine Eltern treten kann!" Ich muss es wissen! "Ach Mensch Anton", seufzt mein Schatz und schlüpft in seine Schuhe. "Natürlich kannst du so mit zu meinen Eltern. Wenn du wüsstest, wen ich schon alles mit nach Hause geschleppt habe!" "Falsches Thema Marcell. Ganz falsches Thema." Frech wie er ist, streckt er mir die Zunge raus. Damit hat er seinen Lob-Bonus von eben wieder verspielt. Das gibt heute Abend nur die aller notwendigsten Streicheleinheiten und kein Bonusleckerli. Strafe muss sein. Wir steigen in den Aufzug und sausen nach unten. Egal, was ich eben zu Marcell gesagt habe: Ich bin total aufgeregt! Seit er mir unterbreitet hat, er wolle mich jetzt endlich mal seinen Eltern vorstellen, hat sich in mir heiße Panik ausgebreitet. Man wird ja schließlich nicht jeden Tag seinen Schwiegereltern vorgesetzt. Schwiegereltern ... Das ich nun welche habe, hätte ich vor einem halben Jahr noch nicht mal ansatzweise für möglich gehalten. Hoffentlich mögen sie mich und halten mich nicht für einen protzigen alten Mann, der ihnen ihren Sohn wegschnappen will. Altersmäßig liegen wir zwar nicht arg weit auseinander, aber man weiß ja nie, was besorgte Mütter so alles denken. Oh Mann! Bis wir da sind habe ich graue Haare! Marcell lotst mich durch den Stadtverkehr und mit jedem gefahrenen Meter werde ich noch nervöser. Man merkt es mir mittlerweile auch ganz sicher an. Meine Kiefermuskeln sind schon ganz verspannt. "Mach dir keine Gedanken. Sie werden die lieben." Na, was sage ich? Marcell hat spitz gekriegt, dass ich doch nicht so selbstsicher bin, wie ich getan habe. "Das sagst du jetzt bloß, um mich zu beruhigen." "Bestimmt nicht." Er kann ja viel sagen. Am Ende kommt es auf den ersten Eindruck an und den darf ich nicht vermasseln. "Meine Oma würde jetzt sagen: Mädchen, mach dir net ins Hemd, der Jung is ne goude Fang." "Mädchen?!" "Na ja ... Das hat sie wohl mal zu meiner Mutter gesagt. So erzählt sie es jedenfalls immer. Sie war auch ganz aufgeregt, als sie meinen Großeltern meinen Vater vorgestellt hat." "Ah so." Schön für seine Mutter. Aber erstens bin ich kein Mädchen und zweitens bin ich trotzdem noch aufgeregt. "Die Nächste links, dann sind wir da." Marcell fuchtelt mit seiner Hand vor meinen Augen rum und deutet auf die Seitenstraße. Wenn ich jetzt Gas gebe und vorbei fahre, habe ich vielleicht noch eine Galgenfr... Was soll's? Ich komme doch sowieso nicht drum herum. Ich setze brav den Blinker und biege in das ruhig gelegene Wohnviertel ab. Hübsche kleine Reihenhäuser drängen sich dicht aneinander. Sieht spießig aus. Wie die Wohngegend, in der ich aufgewachsen bin. Der Unmut in mir wächst. 'Jetzt bleib mal ruhig, Anton! Das heißt ja noch lange nicht, dass Marcells Familie so ist wie deine', beruhige ich mich selbst. 'So schlimm kann sie wirklich nicht sein.' Ganz bestimmt nicht. Wie meine Familie sind die Wenigsten, was auch sehr gut ist. Wenn ich an meine Mutter denke, denke ich bloß an ihren kalten und abweisenden Blick. In den Jahren, in denen ich 'Zuhause' gelebt habe, habe ich sie kein einziges Mal lächeln sehen. Oft sah ich sie sowieso nicht. Sie ist, genau wie mein Vater es war, eine Eigenbrötlerin. Wie die beiden sich überhaupt gefunden haben, bleibt mir für immer ein Rätsel. Mit dem Rest der Familie hatten sie keinen Kontakt, ich deshalb auch nicht. Meine Großeltern kenne ich nur von Fotos her. Ebenso meine Onkel und Tanten. Doch es macht mir nichts aus. Sie wollen mit mir nichts zu tun haben, weil ich der Sohn meiner Eltern bin. Ich weiß nicht was damals vorgefallen ist, dass sie meine Eltern so hassen und es ist mir auch egal. Mittlerweile stehe ich drüber. Ich habe mein eigenes Leben und das genieße ich mit vollen Zügen. Marcell deutet mir an zu bremsen. "Und hier bin ich aufgewachsen. Willkommen in meiner Jugend", grinst Marcell und löst seinen Gurt. Oi! Das kann was werden! ~Marcell~ Aufgeregt trottet Anton hinter mir her. "Los. Mach schon." Ich zerre ich an der Hand an meine Seite. "Immer mit der Ruhe. Ich bin doch bei dir. Ich passe schon auf, dass sie dir kein Härchen krümmen." Anton verzieht das Gesicht zu einem ... Äh, ja was eigentlich? Er sieht jedenfalls nicht glücklich aus. Hoffentlich legt sich das schnell, denn er muss wirklich keine Angst vor meiner Mutter haben. Vor Bernd sowieso nicht. Sicher schleift der ihn gleich mit in sein Hobbyzimmer. Hm ... Vielleicht sollte Anton doch Angst haben. Ich drücke das kleine Klingelknöpfchen, wobei Anton immer zittriger wird. "Anton? Sag ihnen aber bitte nichts von meiner Entführung. Okay?" "Noch mal: Über meine Lippen wird nichts dergleichen kommen." "Danke." Ich hauche ihm einen Kuss auf. Es ist mir wirklich wichtig, dass meine Mutter davon nichts mitbekommt. Undenkbar, wenn sie sich deswegen aufregen würde! Einen weiteren Herzinfarkt, ausgelöst durch diesen Vorfall, würde ich mir niemals verzeihen. "Marcell!" Die Tür geht auf. "Bernd!" Ich lasse Antons Hand nicht los (das würde auch nicht klappen, so fest wie sie umklammert wird) und umarme meinen Stiefvater mit dem freien Arm. "Hallo." "Hallo ihr beiden. Kommt erstmal rein. Sonst schlüpft die ganze Hitze ins Haus." Wir treten an Bernd vorbei und bleiben im Flur stehen. "Bernd? Das ist Anton. Mein Neuer", lache ich und zwinkere Anton zu. Der reagiert gar nicht drauf, sondern streckt Bernd militärmäßig seine Hand entgegen. "Schön Sie kennenzulernen", spult er nervös ab. "Ebenfalls. Aber bitte kein Sie. Ich bin Bernd." "Anton." Und siehe da, mein Schatz wirkt ein klitzekleines bisschen entspannter als noch vor der Tür. "Marcell?" Im Stechschritt saust meine Mutter um die Ecke. "Habe ich doch richtig gehört!" "Hallo Mama." Dahin ist Antons mühsam zusammengekratzte Entspanntheit. Stehen ihm da gerade Schweißperlen auf der Stirn? Sicher von der Hitze. ... Oder? "Schön, dass ihr endlich hier seit." Ich bekomme meinen unumgänglichen Schmatzer aufgedrückt und danach wird Anton genauer unter die Lupe genommen. "Und Sie sind dann wohl Anton. Cellis neuer Freund?" Schock-schwere-Not! Hat sie mich vor Anton eben Celli genannt?! AHH! "Ja, der bin ich. Ich freue mich sehr Sie endlich persönlich kennenzulernen." Anton, ganz der perfekte Gentleman, drückt meiner Mutter einen Kuss auf den Handrücken. Ist das jetzt nicht ein wenig zu viel des Guten?! "Ach? Tun Sie das?" Kichert meine Mutter gerade? "Aber nennen Sie mich doch bitte Maria. Bei Sie fühle ich mich immer so alt." "Gerne, Maria. Allerdings nur, wenn du mich auch duzt. Und mir Verlaub, aber du und alt? Das nehme ich dir nicht ab." Wieder kichert sie. Ich und Bernd schauen uns verblüfft an. Von wegen nervös! Anton wirkt alles andere als nervös! Der tut ja gerade so, als hätte er in seinem Leben nie was anderes gemacht, als Schwiegermütter zu besäuseln! Meine Mutter glüht noch immer wie ein junges, frisch verliebtes Glühwürmchen, als sie uns raus auf die Terrasse führt. "Schleimer", flüstere ich Anton zu und ziehe meine Nase kraus. Er zuckt nur mit den Schultern und grinst frech. So ein Poser! "Setzt euch. Ich habe extra Kuchen gebacken. Cellis Lieblingskuchen: Fantakuchen mit Pfirsichen." Wenn sie nicht bald mit Celli aufhört, pfeffere ich ihr den Fantakuchen ins Gesicht! "So? Das ist dein Lieblingskuchen, Celli?" Ich hab's geahnt! Als ängstliches Bündel hat mir Anton definit besser gefallen! "Ja Tony. Mein absoluter Lieblingskuchen." Hehe. Das hat er nun davon! Er hasst es, Tony genannt zu werden. So auch jetzt. Er wirft mir einen mürrischen Blick zu, den ich gekonnt ignoriere. "Greift ruhig zu. Es gibt Reichlich." Patsch! Auf meinem Teller landet ein riesiges Stück Pfirsich-Fantakuchen. Lecker. "Mein Sohn hat uns erzählt, dass du eine Disco in der Stadt betreibst?" Bei dem Wort Disco hätte ich mich beinahe verschluckt. Anton nimmt es gelassen und lächelt meine Mutter in bester Manier an. "Ja. Einen Szeneclub." "Ich war schon ewig nicht mehr in einer Disco", seufzt meine Mutter. "Du und Bernd könnt gerne mal im Velvet reinschauen." Jetzt verschlucke ich mich doch. "Oder Marcell?" "Öhm ..." "Dir ist es doch nicht etwa peinlich, wenn dich deine Mutter auf der Arbeit besucht?" Wie ich es hasse, wenn meine Mutter in der dritten Person von sich spricht! "Nein", räuspere ich mich und schlucke die Reste vom halb-verschluckten Kuchen hinunter. "Aber das ist ein Schwulenclub. Ich glaube nicht, dass es dir gefallen würde, was man dort hin und wieder zu sehen bekommt." Verärgert zieht sie ihren Mund kraus. "Na hör mal Marcell! Ich habe deine Pubertät miterlebt. Das bisschen Rumgefummel und Geknutsche auf der Tanzfläche wird mich da schon nicht umhauen!" Tooo much information ... Ich schiele rüber zu Anton, der sich einen abgrinst. Na warte! "Ich meine ja nur", sage ich kleinlaut und beschließe ab jetzt die Klappe zu halten. 'Iss deinen Kuchen und gut is!' Und ich dachte, das wird ein schöner Tag heute. So kann man sich irren ... *** ~Anton~ Was für ein schöner Nachmittag. Alle Anspannung ist vom ersten Moment an von mir gewichen und ich bin so froh, dass ich mich mit Marcells Mutter von Anfang an gut verstehe. Es hätte ja auch anders kommen können. Ich denke, mit Maria muss ich mich irgendwann ein bisschen näher unterhalten. Sie hat sicher ein paar interessante Geschichten über meinen 'Celli' zu erzählen. Celli ... Jetzt habe ich einen weiteren Spitznamen für mein Katerchen. Ich frage ihn lieber nicht, welcher von den beiden ihm eher zuspricht. "Und das hier ist ein Postwagenwagon. Den habe ich auf dem Flohmarkt gefunden und spottbillig erstanden, dabei ist der gut 50 Euro wert." Bernd strahlt übers ganze Gesicht. "Das ist ja toll", antworte ich und lächle zurück. Das mich seine Modelleisenbahn nicht wirklich vom Hocker reißt, erwähne ich natürlich nicht. "Diese Lok hier habe ich schon seit Kindertagen. Sie fährt nicht mehr, aber für mich ist sie immer noch was Besonderes." Liebevoll streicht er mit seinen Fingern über die besagte Lok. "Wirklich eine riesige Sammlung hast du hier." Schon irgendwie beeindruckend, auch wenn ich mich nicht für Modelleisenbahnen interessiere. Dennoch war ich ganz schön geplättet, als mich Bernd vor einer Viertelstunde in seinen Hobbyraum geführt hat. Die Wände stehen voll mit Schaukästen, Regalen und Vitrinen, in denen sich Züge aller Art tummeln. Und in der Mitte des Raumes hat er eine Landschaft aufgebaut, auf der unzählige Züge umherfahren. "Ja. Mit der Zeit sammelt sich was an. Besonders wenn man Rentner ist." "Das glaube ich." "Hast du auch ein Hobby?", fragt er mich und stellt eine Weiche um. "Meine Arbeit ist mein Hobby." "Das zählt nicht!" "Nicht?" "Nein." Er schüttelt den Kopf und ordnet einige Figuren auf der Landschaft um. "Ich liebe meinen Job", verteidige ich mich halbherzig. "Das mag ja sein, aber ein Mann braucht einen Ausgleich." Mir huscht ein Grinsen übers Gesicht. "Seit Marcell bei mir ist, brauche ich weder Hobby noch Arbeit. Er ist mein Ausgleich." Bernd lässt die Figuren Figuren sein und richtet sich vor mir auf. "Ihr seit richtig ineinander verliebt. Das sieht man euch sofort an." "Wirklich?" Ich dachte, Marcell und ich hätten wenigstens ein bisschen Anstand vor Maria und Bernd bewahrt. "Und wie!", lacht er und schaltet seine Modelleisenbahnstrecke aus. "Die Liebe ist schon ein dolles Ding, was?" "Ja", bestätige ich. "Ein ganz dolles Ding." Kameradschaftlich klopft er mir auf die Schulter. "Weißt du, in der Liebe ist es wie mit Dampfloks. Je mehr Kohle man ins Feuer wirft, desto schneller und heißer wird die Fahrt." Bernd fängt an laut zu lachen und ich? Ich weiß nicht, was ich darauf erwidern soll. Der Spruch ist mir jetzt irgendwie peinlich. Ein Klopfen rettet mich aus der Situation. "Anton?" Marcell, mein Retter! "Hey." Ich flüchte ihm quasi in die Arme und schaue ihn hilfesuchend an. Er ahnt meine Not und schaut mich gespielt vorwurfsvoll an. "Wo bleibst du denn? Ich wollte dir doch noch mein Zimmer zeigen." Dann wendet er sich dann an Bernd. "Hast du ihm alles gezeigt?" "Ja, ja. Nimm ihn schon mit", erlöst mich Marcells Stiefvater und ich eile erleichtert meinem Schatz hinterher in den Flur. "Danke", flüstere ich ihn zu und lege meinen Arm um seine Schulter. "So schlimm?", fragt er mich, als wir die Treppen in den zweiten Stock erklimmen. "Eigentlich nicht. Aber Bernd hat da einen Vergleich über die Liebe und Dampfloks losgelassen ... Ich habe mich plötzlich ganz unwohl gefühlt." Marcell lacht wissend und steuert auf eine dunkle Holztür zu. "So ist er eben. Lach einfach über seine Witze und gut ist. Da gewöhnst du dich schon dran." Das werde ich anscheinend müssen. "Bereit, mein Kinderzimmer zu besichtigen?" "Ich bin schon ganz gespannt", antworte ich ihm und folge meinem Schatz in sein ehemaliges Reich. Neugierig schaue ich mich um. "Viel ist nicht mehr da. Meine Mutter hat nach meinem Auszug das Meiste weggegeben." "Sie hat einfach deine Sachen weggegeben?" "Alles Wichtige habe ich bei meinem Auszug natürlich mitgenommen." "Ach?" Glucksend laufe ich auf das Bücherregal zu. "Und das?" "Das ähm ..." Noch immer grinsend nehme ich das kleine Stofftierchen vom Regal runter. Eine Katze mit total ausgeleierten Hals. "Das war mein erstes Kuscheltier. Mama wollte es unbedingt aufheben und jetzt ist mein ganzer sentimentaler Kinderkram hier untergebracht." "Och! Ein Babysöckchen? Wo ist das andere?" "Verschwunden." Marcell zuckt mit den Achseln. "Willst du was Cooles sehen?" "Klar." Ich lege die Katze ohne Genick zurück an ihren Platz und durchquere das kleine Zimmerchen, bis ich neben Marcell stehe. "Und? Was gibt's hier so cooles zu sehen?", möchte ich wissen. "Siehst du es nicht?" Hm? "Das kränkt mich jetzt aber." Verunsichert schaue ich mich um. Schreibtisch: Nichts Besonderes. Auf dem Bücherregal war auch nichts wirklich 'Cooles' zu sehen, also blicke ich zum Kleiderschrank. Außer einem alten Poster von irgendeiner Boyband ist da auch nichts aufregendes. Oder meinte er das Poster? "Du warst Fan von denen?" "Was? ... Oh. Ja. Das war mal." Dann meinte er das Poster doch nicht. "Anton? Du suchst in der ganz falschen Richtung." Falsche Richtung? Dann muss das besagte coole Etwas hinter Marcell sein. Ich drehe mich wieder zu Marcell und ... "Wow." Wie konnte mir das nur entgehen?! "Das ist aber alles andere als cool", merke ich an. "Ist es nicht?" "Nein. Das ist heiß. ... Sehr heiß." Mein Süßer beißt sich auf die Unterlippe. "Heiß? Dann mach es mir nach. Nicht, dass du mir verbrennst." So langsam kapiere ich den Spruch mit der Dampflokomotive und der Kohle. Nur ich würde ihn ganz anders interpretieren. Und zwar: Je weniger Klamotten dein Gegenüber noch am Leib hat, desto heißer wird es einem und desto schneller kommt Mann in Fahrt. Ich kann's bezeugen, denn ich bin gerade von Null auf Hundert gestartet, als ich meinen halbnackten Marcell vor mir erblickt habe. In diesem Moment zippt er den Reißverschluss nach unten, sodass ich die Beule darunter deutlich ausmachen kann. "Hast du ...?" "Abgeschlossen? Natürlich." "Und deine Eltern? Werden die nicht ...?" "Die haben mich früher schon nicht gehört, da werden sie jetzt auch nichts mitbekommen." Die Hose rutscht Richtung Norden. "Früher?" Da war doch was gewesen heute morgen. "Du meinst die, die du deinen Eltern vor mir vorgestellt hast? Die, die du vor mir hier angeschleppt hast?" Ich erinnere mich wieder. "Eifersüchtig?" Ich will verneinen, kann es aber nicht. "Echt? Du bist eifersüchtig auf meine Ex ..." Marcell schnappt nach Luft. "Holger? Richtig?" "Ja", krächze ich. "Tut mir leid. Ich wollte dich nicht daran erinnern. Aber es liegt nahe." Marcells Schultern fallen nach unten. "Du fragst dich, ob ich auch mit ihm hier war." Ich senke den Blick, komme mit unglaublich dämlich und ertappt vor. "Ich kann dich beruhigen. Wir waren zwar mal hier, aber nicht in meinem Zimmer." "Ich wollte nicht ...", fange ich ein weiteres Mal an zu haspeln, doch Marcell legt mir seinen Zeigefinger auf den Mund. "Jetzt weißt du, wie es sich für mich in deinem Büro angefühlt hat, oder?" Ich nicke. "Und du weißt noch, was du daraufhin zu mir gesagt hast?" Ich nicke wieder und finde endlich mein Lächeln wieder. "Dann weißt du auch, was jetzt kommt, oder?" Anstatt wieder zu nicken, öffne ich meinen Mund und sauge Marcells Finger ein. Zärtlich fahre ich mit meiner Zunge an der leicht rauen Haut entlang und fixiere Marcells Blick. Zeit, ihm einzuheizen. ~Marcell~ Meine Knie werden weich. Verdammt! Er tut nichts weiter als an meinem Zeigefinger zu lutschen und mir knicken fast die Beine weg! Zum Glück steht das Bett direkt hinter mir, weshalb ich mich einfach drauf fallen lasse. Dabei löst sich unser Kontakt, doch Anton verschwendet keine Sekunde, zerrt sich die Kleidung vom Leib und geht zwischen meinen Beinen auf die Knie. "Du hattest doch sicher erotische Träume und Wünsche, als du hier noch gewohnt hast", flüstert er mit rauer Stimme und blickt zu mir auf. "Ja", gebe ich zu. "Sehr viele sogar." Praktisch sofort sucht mich meine Vergangenheit heim. Als ich entdeckt hatte, dass ich auf Männer stehe und nicht auf Mädchen. Wie ich mir vorgestellt hatte, wie es wohl wäre mit meinem damaligen Schwarm die versautesten Dinge anzustellen, die ich mir nur ausmalen konnte. Sehr unschuldige, versaute Dinge, im Vergleich zu denen, die ich mittlerweile schon getan habe. Die Meisten davon auch schon mit Anton ... "Welche waren das? Beschreibe sie mir." Ohne das ich es möchte, oder es gar steuern kann, merke ich, wie meine Wangen heiß werden. Als Anton das bemerkt, lacht er leise, sagt aber nichts dazu. Stattdessen legen sich seine Hände auf meine Oberschenkel, die sie sanft streicheln. Seine Lippen legen sich auf mein linkes Knie. Dann wartet er. Sicher auf eine Antwort von mir. Also gut. Es ist ja nicht so, dass mich die Vorstellung daran, Anton meine kleinen früheren Geheimnisse zu offenbaren, nicht anmachen würde. Vielleicht erfüllt er sie mir ja sogar. Wer weiß? "Ich habe mich oft gefragt, wie es sich anfühlen würde, wenn mich ein anderer Mann streicheln würde. Meine Härte in seine warmen, kräftigen Hände nehmen würde und ..." Ich halte die Luft an. Denn Anton tut tatsächlich das, was ich geahnt habe. Seine Fingerspitzen schieben sich unter meinen Slip und ertasten meinen bereits harten Schwanz. "So?", fragt er mich und packt mit einer Hand fester zu. Ich kann bloß aufkeuchen und nicken. "Und was noch? Du hattest doch sicher auch ganz andere Gelüste." "Ja", hauche ich und versuche mir den nächsten Schritt ins Gedächtnis zu rufen. "Immer schneller und fester wären seine Streicheleinheiten geworden." Anton spielt die imaginäre Szene nach. Aber etwas stört noch. "Er hätte mir die Shorts von den Beinen gestreift, damit sein Mund mich weiter verwöhnen kann", seufze ich und hebe mein Becken an. Weg ist der störende Stoff. Ich spreize meine Beine ein Wenig mehr, damit Anton mehr Platz dazwischen hat. Mit halb geöffneten Augen schaue ich ihm zu, wie er meine aufgerichtete Härte mit beiden Händen umfasst, sie zwei, drei Mal durch seine Innenflächen gleiten lässt und sie endlich in seiner Mundhöhle verschwinden lässt. Gut, dass ich sitze. Ich kippe nach hinten weg und lande in den weichen Laken. Antons Zunge umspielt meine Eichel, drückt sich gegen die kleine Öffnung, was mich dazu bringt, laut nach Luft zu schnappen. Immer wieder nimmt er meine Länge komplett auf, schluckt und gibt sie wieder frei, während ich ihm laut kundtue, wie geil mich sein Tun macht. Genau deswegen bin ich auch reichlich frustriert, als er seine Liebkosungen plötzlich einstellt und tatenlos zwischen meinen Beinen hocken bleibt. "Anton?" "Was hast du dir früher noch so alles vorgestellt? Hm?" Er will dieses Spiel weiterspielen? Schön. Aber wie? Ich klopfe neben mir auf die Matratze. Anton gehorcht umgehend und legt sich neben mich. "Ich wollte damals immer wissen, wie es sich anfühlt, wenn man ..." Anstatt es ihm zu erklären, setzte ich mich auf und beuge mich über ihn. Das Objekt meiner Begierde direkt vor mir, greife ich danach und lecke der Länge nach nach oben, verweile an der dunkelroten Spitze und lege meine Lippen darum. Anton keucht leise auf, als ich an der seidigen Haut sauge. Gemächlich, im immer gleichen Rhythmus, verwöhne ich meinen Schatz, bis ich mich wieder aufrichte und auf ihn nieder schaue. "Das hast du aber nicht zum ersten Mal gemacht. Oder?", japst er grinsend. "War ich so gut?" "Oh ja!" "Hm .. Dann bin ich wohl ein Naturtalent", kichere ich und lege mich auf ihn. "Ganz sicher, mein süßes Katerchen." Dafür bekommt er einen leichten Biss in die Nase. "Hey! Lass das, Celli!" "Nenn mich nicht so!" Was hat meine Mutter da wieder angerichtet? "Wieso nicht? Ich finde den Namen aber süß." Grrr! "Willst du etwa, dass immer, wenn du mich Celli nennst, ich an meine Mutter denken musst?" Zum besseren Verständnis lasse ich ihn meine Härte spüren. "Oh", sagt er und macht große Augen. "Überredet." Das ging aber schnell. "Hattest du noch andere Wünsche damals?" Ich blinzle kurz, um auf den eigentlichen Grund unsres derzeitigen Daseins zurückzukommen. "Ja. Da gab es noch was", gestehe ich. "Das war aber ..." "Sag's schon." "Hast du Kondome einstecken?" Anton schmunzelt und schiebt mich von sich. Warum frage ich noch? Er kramt in seiner Hose und kommt zu mir zurück. Soll ich es wirklich wagen? Unsicher strecke ich die Hand nach dem kleinen Tütchen aus. Ohne mit der Wimper zu zucken reicht er es mir. Ich reiße die Verpackung auf, hole das Gummi raus und starre es an. Falls er es nicht will, dann komme ich mir blöd vor. Aber er hat ja gefragt! Also muss er damit leben. Flink rolle ich mir das Latexteilchen selbst über und schaue unsicher auf. "Das hast du dir immer vorgestellt?" Ich nicke. Als ich noch jung war, war der Gedanke daran, 'die Frau zu sein', für mich unerträglich. Jetzt aber, nachdem ich schon lange weiß, wie schön das sein kann, macht es mir natürlich nichts mehr aus. Doch wie ist es mit Anton? "Soll ich mich hinlegen?" Er hat nichts dagegen? "Marcell?" "Ähm ... Nein." Kribbelnde Vorfreude packt mich. Anton ist dazu bereit! Ich lege mich der Länge nach aufs Bett und schiebe mir ein Kissen unter den Kopf. Dann klopfe ich auf meine Oberschenkel. Auch diesmal gehorcht mir Anton anstandslos, hockt sich breitbeinig über mich und greift nach meiner Hand, die er sich an den Mund führt. Er befeuchtet gleich zwei meiner Finger auf einmal, lutscht sie richtig nass, ehe er sie zwischen seine Beine führt. Mein Herz pocht schmerzhaft laut, als ich mit ihnen zaghaft über seinen Damm nach hinten streife. Aufgeregt sehe ich zu Anton auf, der allerdings ganz entspannt wirkt. Meine Aufregung verfliegt auf der Stelle. Jetzt genieße ich den wundervollen, erregenden Anblick vor mir. Genieße es, Anton so zu sehen. Wie er über mir thront, mir lustvoll entgegenblickt und langsam seine Härte massiert, während ich ganz vorsichtig mit der Spitze des ersten Fingers in ihn eindringe. Anton seufzt, schließt die Augen und legt seinen Kopf in den Nacken. Immer tiefer wage ich mich vor, ziehe mich wieder zurück und schiebe meinen Finger danach erneut in die hitzige Enge. Dabei bewegt sich Anton aufreizend vor und zurück, pumpt weiterhin sein steifes Glied und genießt mein Tun immer mehr. Ich greife ebenfalls nach meinem Schwanz. Anton bemerkt es und lacht leise. "Was?", frage ich ihn. "Nichts." Nichts? Ich entziehe ihm meinen Finger. "Marcell?" "Nichts", antworte ich. Er runzelt die Stirn, japst aber plötzlich erstickt auf, als ich ihn wieder erobere. Diesmal mit zwei Fingern. ~Anton~ Wusste ich es doch. Wenn man mein Katerchen reizt, faucht er. Endlich gibt er mir mehr. Bedauerlicherweise reicht mir das immer noch nicht. Ich lasse von meinem Glied ab und beuge mich nach vorn, umfasse Marcells Kinn und schaue in seine vor Lust und Schalk sprühenden Augen. "Katerchen? ... Oh!" Fest rammen sich seine Finger in mein Inneres. "Mehr hast du nicht drauf?" Ich grinse in mich hinein. Marcell im Bett herauszufordern habe ich bis jetzt noch nie bereuen müssen. So auch jetzt nicht. "Das hier ist noch gar nichts", zischt er und presst mir seine Lippen auf. Unterdessen gleiten seine Finger aus mir und werden umgehend von seiner Eichel ersetzt. In meinem Unterbauch explodiert prickelnde Vorfreude. Ich war schon lange kein Bottom mehr, koste es aber zu gern aus, auch mal die Kontrolle abzugeben. Unser stürmischer Kuss endet in einer wilden Zungenschlacht, die ich nun aber vorerst unterbreche. Trotz der Provokation meines Katerchens ist er mir viel zu vorsichtig. Ich setzte mich wieder auf und "Anton!" Marcell bäumt sich auf, fällt aber sofort wieder zurück auf die Matratze. Ich schnappe nach Luft und brauche einige Momente, um mich an Marcells Länge in mir zu gewöhnen. Marcell krallt sich in meiner Hüfte fest. Seine Fingernägel bescheren mir gerade so viel Schmerz, dass es für mich erregend ist. "Anton? ... Du bist wahnsinnig", keucht mein Schatz. "Sag mir was Neues", lache ich und beginne mich auf ihm zu bewegen. Ich lehne mich weiter zurück und kreise immer zügiger mit meinem Becken auf und ab. Marcell löst seine Fingerchen von meinem Becken, legt sie mir stattdessen um mein Glied. Unsre heiseren Laute erfüllen Marcells ehemaliges Zimmer. Die anschwellende Spannung in mir wird immer größer, baut sich in meinem Unterleib auf, bis ich es fast nicht mehr aushalte. Ich stoppe, beuge mich wieder nach vorn und raube Marcell gierige Küsse. Mit einer Hand rutscht er zu meinem Hintern und winkelt die Beine an. Feste Stöße schütteln mich durch, zeigen mir ganz andere Dimensionen der Lust. Es ist ein berauschendes Gefühl. Unglaublich intensiv. "Ich liebe dich", schnaufe ich angestrengt meinem Schatz gegen die Lippen. Seine Augen öffnen sich für einen Moment, dann schließen sie sich wieder und ein erstickter Schrei löst sich aus seiner Kehle. Unkontrolliert pumpt er in mich und erschaudert mehrere Male unter mir. Ich greife zwischen uns, übernehme die Arbeit von Marcells Hand und reibe mich schnell. Es dauert nicht lange, da folge ich ihm und zucke unter den Wogen meines Höhepunktes zusammen. *** ~Marcell~ "Hier." "Danke." Ich lasse mich neben Anton auf mein früheres Bett fallen. "Würdest du es mir glauben, wenn ich dir sagen würde, dass ich das noch nie zuvor mit einem Mann hier getan habe?" Anton, der sich gerade mit dem dargereichten Handtuch den Bauch säubert, schaut mich überrascht an. "Ich dachte, du hättest deine früheren Freunde ...?" "Das schon, aber noch nie sind wir aufs Ganze gegangen. Wenn du verstehst was ich meine." Lachend schüttelt Anton den Kopf. "Du kleines Früchtchen! Du wolltest mich vorhin testen!" "Vielleicht ...", flöte ich. "Aber es hat sich gelohnt. Findest du nicht?" "Hat es das?" "Ja. Das kleine Spielchen hat mir wirklich sehr gut gefallen." Ich stütze mich mit dem Kinn auf Antons Schulter ab. "Machen wir das ab jetzt öfter?" Ich hoffe, ihm ist klar, was genau ich damit meine. "Wenn du drauf bestehst ..." Ich richte mich auf. "Darauf bestehen? Hat es dir etwa nicht gefallen?" Es sah doch gar nicht danach aus, als ob es ihm missfallen hätte, 'unten zu liegen'. Das Handtuch fliegt auf den Boden. "Natürlich hat es mir gefallen, mein süßes Katerchen", gluckst Anton und schubst mich hinterrücks auf die Matratze. Ich kann gar nicht so schnell reagieren, wie er plötzlich rittlings auf mir sitzt. "Sehr gut sogar ..." Seine Hände schieben sich unter mein Oberteil. Ich habe mich doch eben erst angezogen! Das er noch immer nackt ist, fällt mir jetzt erst so richtig auf. "Allerdings immer hier her zu fahren, nur um miteinander zu schlafen … Findest du nicht auch, dass das etwas übertrieben ist?" Mir klappt die Kinnlade nach unten. "So hatte ich das doch gar nicht gemeint!" Anton fängt an zu kichern und ich verpasse ihm einen Klaps gegen die Schulter. So ein Idiot! Leider macht sich der besagte Idiot wieder daran, mir das Shirt vollends auszuziehen. "Anton? Wir sollten jetzt wirklich besser wieder nach unten gehen." Noch eine Runde stehe ich nicht durch. Dann packe ich es nicht mehr nach Hause, geschweige denn auf die Arbeit. "Ich mag aber nicht", murmelt er gegen meinen Bauch, den er mit kleinen Küsschen überseht. Die Gegenwehr in mir schmilzt. Wer kann dem schon widerstehen? Der Stoff meines Oberteils rutscht mir schon bis zum Hals. Antons Mund folgt der freigelegten Haut. "Du bist wieder hart", bemerkt er und reibt sein Becken gegen meins. "Noch eine Runde?" Hnnnn! Ja oder nein? "Wir haben doch eben erst", krächze ich halbherzig. "Seit wann hält dich dieser Umstand ab?" Hnnnnn!!! Na gut! Aber nur ganz, ganz kurz! Ich fummle mir an der Hose herum, versuche sie aufzubekommen, da höre ich die Treppenstufen knarren. Da kommt wer! "Anton! Runter!" "Was ...?" "Hab nicht abgeschlossen!", japse ich und stolpere zur Tür. "Hattest du vorhin nicht gesagt, dass du abgeschlossen hättest?" Ich verdrehe die Augen. "Kleine Notlügen sind im Eifer des Gefechts erlaubt", flüstere ich im zu und drehe den Schlüssel herum. Gerade noch rechtzeitig, denn "Marcell? Wollt ihr noch Abendbrot essen?" "Äh ... Nein danke Mama! Wir müssen gleich los." "Sicher? Überlegt es euch noch mal." "Wir kommen gleich runter, ja?" "Ist gut." Ihre Schritte entfernen sich wieder. "Uff!" Ich dotze mit der Stirn gegen die Tür. Hinter mir höre ich ein leises Kichern. Warme, starke Arme legen sich um mich. "Sowas. Beinahe hätte sie uns erwischt." Antons Zunge tanzt über meine Ohrmuschel. "Ja. Fast." Ich winde mich aus Antons Armen und hebe seine Hose vom Boden auf. "Anziehen! Los!" "Na schön. Aber so leicht kommst du mir heute nicht davon", grummelt er und raubt mir einen Kuss. Wären wir doch nur schon Zuhause! ~Anton~ Sollte ich jetzt anfangen zu lachen, scheuert mir Marcell sicher eine. Aber er sieht einfach zu putzig aus, wie er mit knallroten Kopf neben mir die Treppe runter steigt. Er hat auch allen Grund dazu, denn bestimmt wissen Maria und Bernd längst, was wir solange in Marcells Zimmer getrieben haben. Sein Kopf glüht noch immer hochrot, als wir die Küche betreten. "Da seit ihr ja endlich! Kommt, setzt euch." Marcells Mutter und Bernd sitzen am gedeckten Küchentisch. Belegte Brote, Gurken und Tomaten stehen in der Mitte. Lecker. Bevor Marcell was erwidern kann sitze ich auch schon. Mann bekommt eben hunger nach so einem geilen Ausdauersport. Mein Süßer setzt sich zögerlich neben mich und fischt sich eins der Brote vom Teller. Es beginnt sofort ein Gespräch zwischen Maria, Bernd und mir, nur mein Celli hält sich bedeckt. Das bemerkt auch seine Mutter recht schnell. "Marcell? Ist irgendwas?" "Nee", brummelt er, sieht sie jedoch nicht an. Er schämt sich noch immer. Es wird still. Jedoch nicht für lange, denn Bernd räuspert sich und mustert mich auf eine merkwürdige Weise. Habe ich 'ne Gurke im Gesicht?! "Ah! Du hast dem Ofen der Dampflok eben ordentlich eingeheizt, hab ich Recht?", fragt mich Bernd plötzlich. Mir klappt die Kinnlade runter. Ich weiß nicht ob ich lachen, oder peinlich berührt nach Ausflüchten suchen soll. Mein Körper hat sich allerdings schon entschieden, denn ich fange lauthals an zu lachen. "Was'n jetzt los? Anton?" Marcell runzelt die Stirn. "Nichts", kichere ich. "Das war ein Insider." "Ihr habt Insider?" Marcells Kopf schwenkt von mir zu Bernd und wieder zurück. "Jetzt schon?" "Wir verstehen uns prächtig", lacht Bernd. Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob ich wie Marcell rot anlaufen, oder es mit Humor nehmen soll. Letzteres ist vielleicht Nerven schonender. *** ~Marcell~ Zu dritt stehen wir im Flur. "Ihr wollt wirklich schon los?" Ich nicke. "Und ihr wollt nichts mitnehmen? Es ist noch Kuchen da." "Danke Mama, aber wir müssen jetzt wirklich los. Die Arbeit ruft." "Wirklich?" Ich nicke noch einmal. "Ach, wie schade!" Sie kommt auf mich zu und wir schließen uns in die Arme. "Finde ich hauch, aber mein Boss kann ungehalten reagieren, wenn ich zu spät im Club auftauche." "So ein Schuft!", lacht sie und umarmt dann meinen Schuft von Boss. "Och, so schlimm ist er gar nicht. Man muss eben wissen, wie man ihn anzupacken hat." Ich grinse Anton über die Schulter meiner Mutter hinweg an. Der hebt bloß eine Augenbraue. Ich weiß, was das bedeutet: Wir sprechen uns noch, Kleiner. "Ihr wollt schon gehen?" Bernd rauscht aus dem Wohnzimmer heran. "Ja", antworte ich und umarme auch ihn. "Schön, dass ihr da wart. Und besucht uns bald wieder, ja?" Ich nicke meine Mutter zu. "Auf Wiedersehen, Maria und Bernd. Es war wirklich schön bei euch. Bis bald." "Bis bald", lacht Bernd meinem Freund zu und zwinkert. Was geht da denn zwischen den beiden bloß ab? Das frage ich Anton auch, als wir draußen sind und die Haustür hinter uns ins Schloss gefallen ist. "Was soll zwischen uns schon sein?", fragt er scheinheilig und schlendert auf das Auto zu. "Was war das vorhin am Tisch? Was meinte er mit: Dampflok?" Ich kann nicht sagen wieso, aber ich habe ein höchst ungutes Gefühl bei der Sache. Anton drückt auf den Knopf für die Zentralverriegelung. Quietschend blinkt der Wagen auf. "Willst du es wirklich wissen?" "Ja!" Ich werde zu ihm herangezogen. Auf offener Straße packt mir dieses Aas von Boss am Hintern und grinst schäbig. "Das werde ich. Aber erst Zuhause. Dann kann ich dir das in aller Ausführlichkeit erklären." Ein schneller, aber intensiver Kuss folgt. Na, da bin ich jetzt aber mal gespannt! *** Sehr, sehr viele Monate später: ~Marcell~ Ich stehe total neben mir. Ich fasse es nicht. Es ist endlich vorbei. Um mich herum herrscht lautes Stimmengewirr. Leute unterhalten sich, stehen sich in dem schmalen Flur die Füße platt. Ein Mann taucht vor mir auf. Herr Friedrich, mein Anwalt, ist es, der nach meiner rechten Hand greift und sie schüttelt. Er lächelt und redet mit mir, doch ich verstehe ein einziges Wort. Ich lächle zurück und nicke brav. Anton erscheint neben ihm. Er lächelt ebenfalls, schaut aber plötzlich ziemlich ernst drein. Ich drehe mich um, folge seinem Blick. Sebastian wird eine Tür weiter hinausgeführt. Zehn Monate hat er bekommen, sowie die Auflage, Anton und mir nicht mehr zu nahe zu kommen. Keine Anrufe, Briefe oder sonstige Annäherungsversuche. Ob er sich dran hält bleibt abzuwarten. Falls er es nicht tut, verlängert sich seine Haftstrafe, beziehungsweise er wandert wieder in den Knast, sollten die zuvor abgesessenen zehn Monate rum sein. Wenigstens etwas. Hinter Sebastian taucht mein Ex auf. Holger wird von zwei Beamten hinausbegleitet. Einer rechts, einer links. Er trägt sogar Handschellen. Für ihn ist die ganze Sache noch lange nicht vorbei. Für die Entführung, die eindeutig von ihm aus ausgegangen war, hat er 2 Jahre bekommen. Sein Schuldeingeständnis hat ihm eine noch längere Haft erspart, jedoch muss er noch einmal vor Gericht. Wegen der Betrugsmasche, die er abgezogen hat, während wir noch zusammen waren. Da er das auch alles zugegeben hat, bin ich somit aus dem Schneider. "Da gehen sie dahin", knurrt Anton. "Endlich hat es ein Ende." "Ja", flüstere ich nachdenklich und schaue Holger hinterher, bis er um die Ecke ist. "Für uns schon." "Hast du etwa Mitleid?" Stirnrunzelnd drehe ich mich zu Anton um. "Natürlich nicht. Aber ich frage mich noch immer, was ihn dazu bewogen hat, mir das anzutun. Ich habe ihm niemals einen Grund dafür gegeben." Das habe ich wirklich nicht. So oft ich mir auch den Kopf nach der Trennung und auch nach der Entführung darüber zerbrochen habe, ich fand nichts, was seine Taten rechtfertigen würde. Die einzige Begründung, die mir einfällt ist, dass er mich niemals geliebt hat. Das ist echt bitter. "Er war einfach habgierig", meint Anton und legt seinen Arm um mich. "Lass uns gehen. Wir werden hier nicht mehr gebraucht." "In Ordnung." Ich blicke noch einmal in den Gerichtssaal, in dem wir fast eine Ewigkeit ausgeharrt haben. "Nichts wie weg hier." Im Auto schnalle ich mich an und merke langsam, wie alle Anspannung von mir weicht. "Sag mal, hast du einen großen Reisekoffer?" "Einen Reisekoffer?" Was will Anton den jetzt damit? "Falls nicht, kaufen wir jetzt schnell einen." "Willst du mich los haben?", frage ich und bekomme ein ungutes Gefühl. "Nein. Aber ich dachte, etwas Urlaub nach dem ganzen Stress täte uns ganz gut." Urlaub? Ein irres Grinsen breitet sich auf meinem Gesicht aus. "Wie kommst du denn jetzt darauf?" "Ramon hat mich vor nicht allzu langer Zeit angerufen und mich gefragt, ob wir nicht mit Laurin und den anderen mitfliegen wollen."* "Ramon?! Echt?" Anton nickt. "AHHH! Ist das geil!" Aufgeregt zapple ich auf dem Beifahrersitz herum. "Wir fliegen nach Malle?!" "Erraten." "Wann?" "Dieses Wochenende." Dieses Wochenende schon? "Für wie lange?" Anton zuckt mit den Schultern. "Mal sehen. Bis die beiden uns rausschmeißen." "Und der Club?" "Ich habe einen neuen Buchhalter, den ich eingearbeitet habe. Der wird mich vertrauensvoll vertreten. So wie du es mir schon seit Monaten vorpredigst." "Wann denn das?" "Seit Anfang April", grinst er schelmisch. "Davon habe ich ja gar nichts gewusst!" Was für ein Heimlichtuer! "Sollte ja auch eine Überraschung werden." "Du hinterlistiger Fuchs!" Mit einem Handgriff habe ich mich wieder abgeschnallt und schmeiße mich in Antons Arme. "Ich freue mich ja schon so!" "Freu dich mal lieber nicht zu früh, mein Katerchen." "Nicht?" "Ähäh." Er schüttelt den Kopf und grinst hinterhältig. "Auf Malle musst du bei mir deine restlichen Schulden abarbeiten. So lange, bis du mir jeden Cent zurückgezahlt hast." "Das dauert aber. Ich hoffe das weißt du." "Natürlich", raut er mir zu, legt seine Hand um mein Kinn und kommt mir ganz nahe. Dann beginne ich doch schon mal damit, meine 'Schulden' zu tilgen. "Und? ... Was ist jetzt ... mit dem ... Reisekoffer?", fragt er zwischen meinen Knutschattacken. "Hab genug ... Koffer." Scheiß auf den Koffer! Auf Malle brauche ich nur zwei Dinge: Ein knappes Badehöschen und meinen ober-geilen Boss in Selbiger. "Hiiiii!!!", quietsche ich aufgeregt, als ich mir Anton in einer Badeshorts vorstelle. Anton glotzt mich fragend an, was ich ignoriere und ihm dafür wieder den Mund versiegle. Hach, wird das geil! Endlich Urlaub mit meinem, wie sagte Ramon immer? Mit Mi corazón!** Ende *Die Story von Justin und Ramon findet ihr hier, http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/723837/336938/ falls ihr sie noch nicht kennt und es euch interessiert, wie es zu dem Malletripp gekommen ist. ** Mi corazón = Mein Herz Kapitel 20: Kapitel 15 - Dampflokomotive (Ohne Adult) ----------------------------------------------------- *schnüüüff* Das letzte Kapitel. ;____; Ich hoffe, ihr hattet Spaß mit Marcell und Anton und bleibt ihnen noch etwas treu, denn hier und da tauchen sie sicher noch mal in meinen Storys auf. ^^ Nächste Woche gibt es ein kleines Wiedersehen mit Theo und Matthias. Wer vielleicht in meinem Blog die unzähligen Einträge *hust* gelesen hat, weiß es ja eventuell schon. ^_^ Doch bis dahin: Viel Spaß mit dem letzten Kapitelchen! Kapitel 15 - Dampflokomotive (Ohne Adult) ~Anton~ "Na? Wie sehe ich aus?" Ich breite die Arme aus und drehe mich vor Marcell einmal im Kreis. "Gut." Ich lasse eine Augenbraue nach oben wandern. "Gut? Nur gut?" Mein Süßer legt den Kopf schief. "Kann es sein, dass du aufgeregt bist?" "Ach was!" Und wie! Marcell lacht leise und steht von der Couch auf. Geschmeidig schmiegt er sich an mich und legt seine Arme um meinen Hals. "Du siehst umwerfend aus, was aber ganz sicher nicht an deiner Kleidung liegt." Oho! Welch ein wundervolles Lob von meinem verschmusten Katerchen. Feurig erwidert er meinen Kuss, denn so ein Lob muss doch gleich mit einem Leckerli belohnt werden. Zu meinem Bedauern hält der Kuss nicht lange an und Marcell rückt wieder von mir ab. "Können wir jetzt los?" "Nur wenn du mir sagst, dass ich in diesem Aufzug unbedenklich vor deine Eltern treten kann!" Ich muss es wissen! "Ach Mensch Anton", seufzt mein Schatz und schlüpft in seine Schuhe. "Natürlich kannst du so mit zu meinen Eltern. Wenn du wüsstest, wen ich schon alles mit nach Hause geschleppt habe!" "Falsches Thema Marcell. Ganz falsches Thema." Frech wie er ist, streckt er mir die Zunge raus. Damit hat er seinen Lob-Bonus von eben wieder verspielt. Das gibt heute Abend nur die aller notwendigsten Streicheleinheiten und kein Bonusleckerli. Strafe muss sein. Wir steigen in den Aufzug und sausen nach unten. Egal, was ich eben zu Marcell gesagt habe: Ich bin total aufgeregt! Seit er mir unterbreitet hat, er wolle mich jetzt endlich mal seinen Eltern vorstellen, hat sich in mir heiße Panik ausgebreitet. Man wird ja schließlich nicht jeden Tag seinen Schwiegereltern vorgesetzt. Schwiegereltern ... Das ich nun welche habe, hätte ich vor einem halben Jahr noch nicht mal ansatzweise für möglich gehalten. Hoffentlich mögen sie mich und halten mich nicht für einen protzigen alten Mann, der ihnen ihren Sohn wegschnappen will. Altersmäßig liegen wir zwar nicht arg weit auseinander, aber man weiß ja nie, was besorgte Mütter so alles denken. Oh Mann! Bis wir da sind habe ich graue Haare! Marcell lotst mich durch den Stadtverkehr und mit jedem gefahrenen Meter werde ich noch nervöser. Man merkt es mir mittlerweile auch ganz sicher an. Meine Kiefermuskeln sind schon ganz verspannt. "Mach dir keine Gedanken. Sie werden die lieben." Na, was sage ich? Marcell hat spitz gekriegt, dass ich doch nicht so selbstsicher bin, wie ich getan habe. "Das sagst du jetzt bloß, um mich zu beruhigen." "Bestimmt nicht." Er kann ja viel sagen. Am Ende kommt es auf den ersten Eindruck an und den darf ich nicht vermasseln. "Meine Oma würde jetzt sagen: Mädchen, mach dir net ins Hemd, der Jung is ne goude Fang." "Mädchen?!" "Na ja ... Das hat sie wohl mal zu meiner Mutter gesagt. So erzählt sie es jedenfalls immer. Sie war auch ganz aufgeregt, als sie meinen Großeltern meinen Vater vorgestellt hat." "Ah so." Schön für seine Mutter. Aber erstens bin ich kein Mädchen und zweitens bin ich trotzdem noch aufgeregt. "Die Nächste links, dann sind wir da." Marcell fuchtelt mit seiner Hand vor meinen Augen rum und deutet auf die Seitenstraße. Wenn ich jetzt Gas gebe und vorbei fahre, habe ich vielleicht noch eine Galgenfr... Was soll's? Ich komme doch sowieso nicht drum herum. Ich setze brav den Blinker und biege in das ruhig gelegene Wohnviertel ab. Hübsche kleine Reihenhäuser drängen sich dicht aneinander. Sieht spießig aus. Wie die Wohngegend, in der ich aufgewachsen bin. Der Unmut in mir wächst. 'Jetzt bleib mal ruhig, Anton! Das heißt ja noch lange nicht, dass Marcells Familie so ist wie deine', beruhige ich mich selbst. 'So schlimm kann sie wirklich nicht sein.' Ganz bestimmt nicht. Wie meine Familie sind die Wenigsten, was auch sehr gut ist. Wenn ich an meine Mutter denke, denke ich bloß an ihren kalten und abweisenden Blick. In den Jahren, in denen ich 'Zuhause' gelebt habe, habe ich sie kein einziges Mal lächeln sehen. Oft sah ich sie sowieso nicht. Sie ist, genau wie mein Vater es war, eine Eigenbrötlerin. Wie die beiden sich überhaupt gefunden haben, bleibt mir für immer ein Rätsel. Mit dem Rest der Familie hatten sie keinen Kontakt, ich deshalb auch nicht. Meine Großeltern kenne ich nur von Fotos her. Ebenso meine Onkel und Tanten. Doch es macht mir nichts aus. Sie wollen mit mir nichts zu tun haben, weil ich der Sohn meiner Eltern bin. Ich weiß nicht was damals vorgefallen ist, dass sie meine Eltern so hassen und es ist mir auch egal. Mittlerweile stehe ich drüber. Ich habe mein eigenes Leben und das genieße ich mit vollen Zügen. Marcell deutet mir an zu bremsen. "Und hier bin ich aufgewachsen. Willkommen in meiner Jugend", grinst Marcell und löst seinen Gurt. Oi! Das kann was werden! ~Marcell~ Aufgeregt trottet Anton hinter mir her. "Los. Mach schon." Ich zerre ich an der Hand an meine Seite. "Immer mit der Ruhe. Ich bin doch bei dir. Ich passe schon auf, dass sie dir kein Härchen krümmen." Anton verzieht das Gesicht zu einem ... Äh, ja was eigentlich? Er sieht jedenfalls nicht glücklich aus. Hoffentlich legt sich das schnell, denn er muss wirklich keine Angst vor meiner Mutter haben. Vor Bernd sowieso nicht. Sicher schleift der ihn gleich mit in sein Hobbyzimmer. Hm ... Vielleicht sollte Anton doch Angst haben. Ich drücke das kleine Klingelknöpfchen, wobei Anton immer zittriger wird. "Anton? Sag ihnen aber bitte nichts von meiner Entführung. Okay?" "Noch mal: Über meine Lippen wird nichts dergleichen kommen." "Danke." Ich hauche ihm einen Kuss auf. Es ist mir wirklich wichtig, dass meine Mutter davon nichts mitbekommt. Undenkbar, wenn sie sich deswegen aufregen würde! Einen weiteren Herzinfarkt, ausgelöst durch diesen Vorfall, würde ich mir niemals verzeihen. "Marcell!" Die Tür geht auf. "Bernd!" Ich lasse Antons Hand nicht los (das würde auch nicht klappen, so fest wie sie umklammert wird) und umarme meinen Stiefvater mit dem freien Arm. "Hallo." "Hallo ihr beiden. Kommt erstmal rein. Sonst schlüpft die ganze Hitze ins Haus." Wir treten an Bernd vorbei und bleiben im Flur stehen. "Bernd? Das ist Anton. Mein Neuer", lache ich und zwinkere Anton zu. Der reagiert gar nicht drauf, sondern streckt Bernd militärmäßig seine Hand entgegen. "Schön Sie kennenzulernen", spult er nervös ab. "Ebenfalls. Aber bitte kein Sie. Ich bin Bernd." "Anton." Und siehe da, mein Schatz wirkt ein klitzekleines bisschen entspannter als noch vor der Tür. "Marcell?" Im Stechschritt saust meine Mutter um die Ecke. "Habe ich doch richtig gehört!" "Hallo Mama." Dahin ist Antons mühsam zusammengekratzte Entspanntheit. Stehen ihm da gerade Schweißperlen auf der Stirn? Sicher von der Hitze. ... Oder? "Schön, dass ihr endlich hier seit." Ich bekomme meinen unumgänglichen Schmatzer aufgedrückt und danach wird Anton genauer unter die Lupe genommen. "Und Sie sind dann wohl Anton. Cellis neuer Freund?" Schock-schwere-Not! Hat sie mich vor Anton eben Celli genannt?! AHH! "Ja, der bin ich. Ich freue mich sehr Sie endlich persönlich kennenzulernen." Anton, ganz der perfekte Gentleman, drückt meiner Mutter einen Kuss auf den Handrücken. Ist das jetzt nicht ein wenig zu viel des Guten?! "Ach? Tun Sie das?" Kichert meine Mutter gerade? "Aber nennen Sie mich doch bitte Maria. Bei Sie fühle ich mich immer so alt." "Gerne, Maria. Allerdings nur, wenn du mich auch duzt. Und mir Verlaub, aber du und alt? Das nehme ich dir nicht ab." Wieder kichert sie. Ich und Bernd schauen uns verblüfft an. Von wegen nervös! Anton wirkt alles andere als nervös! Der tut ja gerade so, als hätte er in seinem Leben nie was anderes gemacht, als Schwiegermütter zu besäuseln! Meine Mutter glüht noch immer wie ein junges, frisch verliebtes Glühwürmchen, als sie uns raus auf die Terrasse führt. "Schleimer", flüstere ich Anton zu und ziehe meine Nase kraus. Er zuckt nur mit den Schultern und grinst frech. So ein Poser! "Setzt euch. Ich habe extra Kuchen gebacken. Cellis Lieblingskuchen: Fantakuchen mit Pfirsichen." Wenn sie nicht bald mit Celli aufhört, pfeffere ich ihr den Fantakuchen ins Gesicht! "So? Das ist dein Lieblingskuchen, Celli?" Ich hab's geahnt! Als ängstliches Bündel hat mir Anton definit besser gefallen! "Ja Tony. Mein absoluter Lieblingskuchen." Hehe. Das hat er nun davon! Er hasst es, Tony genannt zu werden. So auch jetzt. Er wirft mir einen mürrischen Blick zu, den ich gekonnt ignoriere. "Greift ruhig zu. Es gibt Reichlich." Patsch! Auf meinem Teller landet ein riesiges Stück Pfirsich-Fantakuchen. Lecker. "Mein Sohn hat uns erzählt, dass du eine Disco in der Stadt betreibst?" Bei dem Wort Disco hätte ich mich beinahe verschluckt. Anton nimmt es gelassen und lächelt meine Mutter in bester Manier an. "Ja. Einen Szeneclub." "Ich war schon ewig nicht mehr in einer Disco", seufzt meine Mutter. "Du und Bernd könnt gerne mal im Velvet reinschauen." Jetzt verschlucke ich mich doch. "Oder Marcell?" "Öhm ..." "Dir ist es doch nicht etwa peinlich, wenn dich deine Mutter auf der Arbeit besucht?" Wie ich es hasse, wenn meine Mutter in der dritten Person von sich spricht! "Nein", räuspere ich mich und schlucke die Reste vom halb-verschluckten Kuchen hinunter. "Aber das ist ein Schwulenclub. Ich glaube nicht, dass es dir gefallen würde, was man dort hin und wieder zu sehen bekommt." Verärgert zieht sie ihren Mund kraus. "Na hör mal Marcell! Ich habe deine Pubertät miterlebt. Das bisschen Rumgefummel und Geknutsche auf der Tanzfläche wird mich da schon nicht umhauen!" Tooo much information ... Ich schiele rüber zu Anton, der sich einen abgrinst. Na warte! "Ich meine ja nur", sage ich kleinlaut und beschließe ab jetzt die Klappe zu halten. 'Iss deinen Kuchen und gut is!' Und ich dachte, das wird ein schöner Tag heute. So kann man sich irren ... *** ~Anton~ Was für ein schöner Nachmittag. Alle Anspannung ist vom ersten Moment an von mir gewichen und ich bin so froh, dass ich mich mit Marcells Mutter von Anfang an gut verstehe. Es hätte ja auch anders kommen können. Ich denke, mit Maria muss ich mich irgendwann ein bisschen näher unterhalten. Sie hat sicher ein paar interessante Geschichten über meinen 'Celli' zu erzählen. Celli ... Jetzt habe ich einen weiteren Spitznamen für mein Katerchen. Ich frage ihn lieber nicht, welcher von den beiden ihm eher zuspricht. "Und das hier ist ein Postwagenwagon. Den habe ich auf dem Flohmarkt gefunden und spottbillig erstanden, dabei ist der gut 50 Euro wert." Bernd strahlt übers ganze Gesicht. "Das ist ja toll", antworte ich und lächle zurück. Das mich seine Modelleisenbahn nicht wirklich vom Hocker reißt, erwähne ich natürlich nicht. "Diese Lok hier habe ich schon seit Kindertagen. Sie fährt nicht mehr, aber für mich ist sie immer noch was Besonderes." Liebevoll streicht er mit seinen Fingern über die besagte Lok. "Wirklich eine riesige Sammlung hast du hier." Schon irgendwie beeindruckend, auch wenn ich mich nicht für Modelleisenbahnen interessiere. Dennoch war ich ganz schön geplättet, als mich Bernd vor einer Viertelstunde in seinen Hobbyraum geführt hat. Die Wände stehen voll mit Schaukästen, Regalen und Vitrinen, in denen sich Züge aller Art tummeln. Und in der Mitte des Raumes hat er eine Landschaft aufgebaut, auf der unzählige Züge umherfahren. "Ja. Mit der Zeit sammelt sich was an. Besonders wenn man Rentner ist." "Das glaube ich." "Hast du auch ein Hobby?", fragt er mich und stellt eine Weiche um. "Meine Arbeit ist mein Hobby." "Das zählt nicht!" "Nicht?" "Nein." Er schüttelt den Kopf und ordnet einige Figuren auf der Landschaft um. "Ich liebe meinen Job", verteidige ich mich halbherzig. "Das mag ja sein, aber ein Mann braucht einen Ausgleich." Mir huscht ein Grinsen übers Gesicht. "Seit Marcell bei mir ist, brauche ich weder Hobby noch Arbeit. Er ist mein Ausgleich." Bernd lässt die Figuren Figuren sein und richtet sich vor mir auf. "Ihr seit richtig ineinander verliebt. Das sieht man euch sofort an." "Wirklich?" Ich dachte, Marcell und ich hätten wenigstens ein bisschen Anstand vor Maria und Bernd bewahrt. "Und wie!", lacht er und schaltet seine Modelleisenbahnstrecke aus. "Die Liebe ist schon ein dolles Ding, was?" "Ja", bestätige ich. "Ein ganz dolles Ding." Kameradschaftlich klopft er mir auf die Schulter. "Weißt du, in der Liebe ist es wie mit Dampfloks. Je mehr Kohle man ins Feuer wirft, desto schneller und heißer wird die Fahrt." Bernd fängt an laut zu lachen und ich? Ich weiß nicht, was ich darauf erwidern soll. Der Spruch ist mir jetzt irgendwie peinlich. Ein Klopfen rettet mich aus der Situation. "Anton?" Marcell, mein Retter! "Hey." Ich flüchte ihm quasi in die Arme und schaue ihn hilfesuchend an. Er ahnt meine Not und schaut mich gespielt vorwurfsvoll an. "Wo bleibst du denn? Ich wollte dir doch noch mein Zimmer zeigen." Dann wendet er sich dann an Bernd. "Hast du ihm alles gezeigt?" "Ja, ja. Nimm ihn schon mit", erlöst mich Marcells Stiefvater und ich eile erleichtert meinem Schatz hinterher in den Flur. "Danke", flüstere ich ihn zu und lege meinen Arm um seine Schulter. "So schlimm?", fragt er mich, als wir die Treppen in den zweiten Stock erklimmen. "Eigentlich nicht. Aber Bernd hat da einen Vergleich über die Liebe und Dampfloks losgelassen ... Ich habe mich plötzlich ganz unwohl gefühlt." Marcell lacht wissend und steuert auf eine dunkle Holztür zu. "So ist er eben. Lach einfach über seine Witze und gut ist. Da gewöhnst du dich schon dran." Das werde ich anscheinend müssen. "Bereit, mein Kinderzimmer zu besichtigen?" "Ich bin schon ganz gespannt", antworte ich ihm und folge meinem Schatz in sein ehemaliges Reich. Neugierig schaue ich mich um. "Viel ist nicht mehr da. Meine Mutter hat nach meinem Auszug das Meiste weggegeben." "Sie hat einfach deine Sachen weggegeben?" "Alles Wichtige habe ich bei meinem Auszug natürlich mitgenommen." "Ach?" Glucksend laufe ich auf das Bücherregal zu. "Und das?" "Das ähm ..." Noch immer grinsend nehme ich das kleine Stofftierchen vom Regal runter. Eine Katze mit total ausgeleierten Hals. "Das war mein erstes Kuscheltier. Mama wollte es unbedingt aufheben und jetzt ist mein ganzer sentimentaler Kinderkram hier untergebracht." "Och! Ein Babysöckchen? Wo ist das andere?" "Verschwunden." Marcell zuckt mit den Achseln. "Willst du was Cooles sehen?" "Klar." Ich lege die Katze ohne Genick zurück an ihren Platz und durchquere das kleine Zimmerchen, bis ich neben Marcell stehe. "Und? Was gibt's hier so cooles zu sehen?", möchte ich wissen. "Siehst du es nicht?" Hm? "Das kränkt mich jetzt aber." Verunsichert schaue ich mich um. Schreibtisch: Nichts Besonderes. Auf dem Bücherregal war auch nichts wirklich 'Cooles' zu sehen, also blicke ich zum Kleiderschrank. Außer einem alten Poster von irgendeiner Boyband ist da auch nichts aufregendes. Oder meinte er das Poster? "Du warst Fan von denen?" "Was? ... Oh. Ja. Das war mal." Dann meinte er das Poster doch nicht. "Anton? Du suchst in der ganz falschen Richtung." Falsche Richtung? Dann muss das besagte coole Etwas hinter Marcell sein. Ich drehe mich wieder zu Marcell und ... "Wow." Wie konnte mir das nur entgehen?! "Das ist aber alles andere als cool", merke ich an. "Ist es nicht?" "Nein. Das ist heiß. ... Sehr heiß." Mein Süßer beißt sich auf die Unterlippe. "Heiß? Dann mach es mir nach. Nicht, dass du mir verbrennst." So langsam kapiere ich den Spruch mit der Dampflokomotive und der Kohle. Nur ich würde ihn ganz anders interpretieren. Und zwar: Je weniger Klamotten dein Gegenüber noch am Leib hat, desto heißer wird es einem und desto schneller kommt Mann in Fahrt. Ich kann's bezeugen, denn ich bin gerade von Null auf Hundert gestartet, als ich meinen halbnackten Marcell vor mir erblickt habe. In diesem Moment zippt er den Reißverschluss nach unten, sodass ich die Beule darunter deutlich ausmachen kann. "Hast du ...?" "Abgeschlossen? Natürlich." "Und deine Eltern? Werden die nicht ...?" "Die haben mich früher schon nicht gehört, da werden sie jetzt auch nichts mitbekommen." Die Hose rutscht Richtung Norden. "Früher?" Da war doch was gewesen heute morgen. "Du meinst die, die du deinen Eltern vor mir vorgestellt hast? Die, die du vor mir hier angeschleppt hast?" Ich erinnere mich wieder. "Eifersüchtig?" Ich will verneinen, kann es aber nicht. "Echt? Du bist eifersüchtig auf meine Ex ..." Marcell schnappt nach Luft. "Holger? Richtig?" "Ja", krächze ich. "Tut mir leid. Ich wollte dich nicht daran erinnern. Aber es liegt nahe." Marcells Schultern fallen nach unten. "Du fragst dich, ob ich auch mit ihm hier war." Ich senke den Blick, komme mit unglaublich dämlich und ertappt vor. "Ich kann dich beruhigen. Wir waren zwar mal hier, aber nicht in meinem Zimmer." "Ich wollte nicht ...", fange ich ein weiteres Mal an zu haspeln, doch Marcell legt mir seinen Zeigefinger auf den Mund. "Jetzt weißt du, wie es sich für mich in deinem Büro angefühlt hat, oder?" Ich nicke. "Und du weißt noch, was du daraufhin zu mir gesagt hast?" Ich nicke wieder und finde endlich mein Lächeln wieder. "Dann weißt du auch, was jetzt kommt, oder?" Anstatt wieder zu nicken, öffne ich meinen Mund und sauge Marcells Finger ein. Zärtlich fahre ich mit meiner Zunge an der leicht rauen Haut entlang und fixiere Marcells Blick. Zeit, ihm einzuheizen. ~Marcell~ Meine Knie werden weich. Verdammt! Er tut nichts weiter als an meinem Zeigefinger zu lutschen und mir knicken fast die Beine weg! Zum Glück steht das Bett direkt hinter mir, weshalb ich mich einfach drauf fallen lasse. Dabei löst sich unser Kontakt, doch Anton verschwendet keine Sekunde, zerrt sich die Kleidung vom Leib und geht zwischen meinen Beinen auf die Knie. "Du hattest doch sicher erotische Träume und Wünsche, als du hier noch gewohnt hast", flüstert er mit rauer Stimme und blickt zu mir auf. "Ja", gebe ich zu. "Sehr viele sogar." Praktisch sofort sucht mich meine Vergangenheit heim. Als ich entdeckt hatte, dass ich auf Männer stehe und nicht auf Mädchen. Wie ich mir vorgestellt hatte, wie es wohl wäre mit meinem damaligen Schwarm die versautesten Dinge anzustellen, die ich mir nur ausmalen konnte. Sehr unschuldige, versaute Dinge, im Vergleich zu denen, die ich mittlerweile schon getan habe. Die Meisten davon auch schon mit Anton ... "Welche waren das? Beschreibe sie mir." Ohne das ich es möchte, oder es gar steuern kann, merke ich, wie meine Wangen heiß werden. Als Anton das bemerkt, lacht er leise, sagt aber nichts dazu. Stattdessen legen sich seine Hände auf meine Oberschenkel, die sie sanft streicheln. Seine Lippen legen sich auf mein linkes Knie. Dann wartet er. Sicher auf eine Antwort von mir. Also gut. Es ist ja nicht so, dass mich die Vorstellung daran, Anton meine kleinen früheren Geheimnisse zu offenbaren, nicht anmachen würde. Vielleicht erfüllt er sie mir ja sogar. Wer weiß? * ~Marcell~ Er hat sie mir erfüllt. Und wie! "Hier." "Danke." Ich lasse mich neben Anton auf mein früheres Bett fallen. "Würdest du es mir glauben, wenn ich dir sagen würde, dass ich das noch nie zuvor mit einem Mann hier getan habe?" Anton, der sich gerade mit dem dargereichten Handtuch den Bauch säubert, schaut mich überrascht an. "Ich dachte, du hättest deine früheren Freunde ...?" "Das schon, aber noch nie sind wir aufs Ganze gegangen. Wenn du verstehst was ich meine." Lachend schüttelt Anton den Kopf. "Du kleines Früchtchen! Du wolltest mich vorhin testen!" "Vielleicht ...", flöte ich. "Aber es hat sich gelohnt. Findest du nicht?" "Hat es das?" "Ja. Das kleine Spielchen hat mir wirklich sehr gut gefallen." Ich stütze mich mit dem Kinn auf Antons Schulter ab. "Machen wir das ab jetzt öfter?" Ich hoffe, ihm ist klar, was genau ich damit meine. "Wenn du drauf bestehst ..." Ich richte mich auf. "Darauf bestehen? Hat es dir etwa nicht gefallen?" Es sah doch gar nicht danach aus, als ob es ihm missfallen hätte, 'unten zu liegen'. Das Handtuch fliegt auf den Boden. "Natürlich hat es mir gefallen, mein süßes Katerchen", gluckst Anton und schubst mich hinterrücks auf die Matratze. Ich kann gar nicht so schnell reagieren, wie er plötzlich rittlings auf mir sitzt. "Sehr gut sogar ..." Seine Hände schieben sich unter mein Oberteil. Ich habe mich doch eben erst angezogen! Das er noch immer nackt ist, fällt mir jetzt erst so richtig auf. "Allerdings immer hier her zu fahren, nur um miteinander zu schlafen … Findest du nicht auch, dass das etwas übertrieben ist?" Mir klappt die Kinnlade nach unten. "So hatte ich das doch gar nicht gemeint!" Anton fängt an zu kichern und ich verpasse ihm einen Klaps gegen die Schulter. So ein Idiot! Leider macht sich der besagte Idiot wieder daran, mir das Shirt vollends auszuziehen. "Anton? Wir sollten jetzt wirklich besser wieder nach unten gehen." Noch eine Runde stehe ich nicht durch. Dann packe ich es nicht mehr nach Hause, geschweige denn auf die Arbeit. "Ich mag aber nicht", murmelt er gegen meinen Bauch, den er mit kleinen Küsschen überseht. Die Gegenwehr in mir schmilzt. Wer kann dem schon widerstehen? Der Stoff meines Oberteils rutscht mir schon bis zum Hals. Antons Mund folgt der freigelegten Haut. "Du bist wieder hart", bemerkt er und reibt sein Becken gegen meins. "Noch eine Runde?" Hnnnn! Ja oder nein? "Wir haben doch eben erst", krächze ich halbherzig. "Seit wann hält dich dieser Umstand ab?" Hnnnnn!!! Na gut! Aber nur ganz, ganz kurz! Ich fummle mir an der Hose herum, versuche sie aufzubekommen, da höre ich die Treppenstufen knarren. Da kommt wer! "Anton! Runter!" "Was ...?" "Hab nicht abgeschlossen!", japse ich und stolpere zur Tür. "Hattest du vorhin nicht gesagt, dass du abgeschlossen hättest?" Ich verdrehe die Augen. "Kleine Notlügen sind im Eifer des Gefechts erlaubt", flüstere ich im zu und drehe den Schlüssel herum. Gerade noch rechtzeitig, denn "Marcell? Wollt ihr noch Abendbrot essen?" "Äh ... Nein danke Mama! Wir müssen gleich los." "Sicher? Überlegt es euch noch mal." "Wir kommen gleich runter, ja?" "Ist gut." Ihre Schritte entfernen sich wieder. "Uff!" Ich dotze mit der Stirn gegen die Tür. Hinter mir höre ich ein leises Kichern. Warme, starke Arme legen sich um mich. "Sowas. Beinahe hätte sie uns erwischt." Antons Zunge tanzt über meine Ohrmuschel. "Ja. Fast." Ich winde mich aus Antons Armen und hebe seine Hose vom Boden auf. "Anziehen! Los!" "Na schön. Aber so leicht kommst du mir heute nicht davon", grummelt er und raubt mir einen Kuss. Wären wir doch nur schon Zuhause! ~Anton~ Sollte ich jetzt anfangen zu lachen, scheuert mir Marcell sicher eine. Aber er sieht einfach zu putzig aus, wie er mit knallroten Kopf neben mir die Treppe runter steigt. Er hat auch allen Grund dazu, denn bestimmt wissen Maria und Bernd längst, was wir solange in Marcells Zimmer getrieben haben. Sein Kopf glüht noch immer hochrot, als wir die Küche betreten. "Da seit ihr ja endlich! Kommt, setzt euch." Marcells Mutter und Bernd sitzen am gedeckten Küchentisch. Belegte Brote, Gurken und Tomaten stehen in der Mitte. Lecker. Bevor Marcell was erwidern kann sitze ich auch schon. Mann bekommt eben hunger nach so einem geilen Ausdauersport. Mein Süßer setzt sich zögerlich neben mich und fischt sich eins der Brote vom Teller. Es beginnt sofort ein Gespräch zwischen Maria, Bernd und mir, nur mein Celli hält sich bedeckt. Das bemerkt auch seine Mutter recht schnell. "Marcell? Ist irgendwas?" "Nee", brummelt er, sieht sie jedoch nicht an. Er schämt sich noch immer. Es wird still. Jedoch nicht für lange, denn Bernd räuspert sich und mustert mich auf eine merkwürdige Weise. Habe ich 'ne Gurke im Gesicht?! "Ah! Du hast dem Ofen der Dampflok eben ordentlich eingeheizt, hab ich Recht?", fragt mich Bernd plötzlich. Mir klappt die Kinnlade runter. Ich weiß nicht ob ich lachen, oder peinlich berührt nach Ausflüchten suchen soll. Mein Körper hat sich allerdings schon entschieden, denn ich fange lauthals an zu lachen. "Was'n jetzt los? Anton?" Marcell runzelt die Stirn. "Nichts", kichere ich. "Das war ein Insider." "Ihr habt Insider?" Marcells Kopf schwenkt von mir zu Bernd und wieder zurück. "Jetzt schon?" "Wir verstehen uns prächtig", lacht Bernd. Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob ich wie Marcell rot anlaufen, oder es mit Humor nehmen soll. Letzteres ist vielleicht Nerven schonender. *** ~Marcell~ Zu dritt stehen wir im Flur. "Ihr wollt wirklich schon los?" Ich nicke. "Und ihr wollt nichts mitnehmen? Es ist noch Kuchen da." "Danke Mama, aber wir müssen jetzt wirklich los. Die Arbeit ruft." "Wirklich?" Ich nicke noch einmal. "Ach, wie schade!" Sie kommt auf mich zu und wir schließen uns in die Arme. "Finde ich hauch, aber mein Boss kann ungehalten reagieren, wenn ich zu spät im Club auftauche." "So ein Schuft!", lacht sie und umarmt dann meinen Schuft von Boss. "Och, so schlimm ist er gar nicht. Man muss eben wissen, wie man ihn anzupacken hat." Ich grinse Anton über die Schulter meiner Mutter hinweg an. Der hebt bloß eine Augenbraue. Ich weiß, was das bedeutet: Wir sprechen uns noch, Kleiner. "Ihr wollt schon gehen?" Bernd rauscht aus dem Wohnzimmer heran. "Ja", antworte ich und umarme auch ihn. "Schön, dass ihr da wart. Und besucht uns bald wieder, ja?" Ich nicke meine Mutter zu. "Auf Wiedersehen, Maria und Bernd. Es war wirklich schön bei euch. Bis bald." "Bis bald", lacht Bernd meinem Freund zu und zwinkert. Was geht da denn zwischen den beiden bloß ab? Das frage ich Anton auch, als wir draußen sind und die Haustür hinter uns ins Schloss gefallen ist. "Was soll zwischen uns schon sein?", fragt er scheinheilig und schlendert auf das Auto zu. "Was war das vorhin am Tisch? Was meinte er mit: Dampflok?" Ich kann nicht sagen wieso, aber ich habe ein höchst ungutes Gefühl bei der Sache. Anton drückt auf den Knopf für die Zentralverriegelung. Quietschend blinkt der Wagen auf. "Willst du es wirklich wissen?" "Ja!" Ich werde zu ihm herangezogen. Auf offener Straße packt mir dieses Aas von Boss am Hintern und grinst schäbig. "Das werde ich. Aber erst Zuhause. Dann kann ich dir das in aller Ausführlichkeit erklären." Ein schneller, aber intensiver Kuss folgt. Na, da bin ich jetzt aber mal gespannt! *** Sehr, sehr viele Monate später: ~Marcell~ Ich stehe total neben mir. Ich fasse es nicht. Es ist endlich vorbei. Um mich herum herrscht lautes Stimmengewirr. Leute unterhalten sich, stehen sich in dem schmalen Flur die Füße platt. Ein Mann taucht vor mir auf. Herr Friedrich, mein Anwalt, ist es, der nach meiner rechten Hand greift und sie schüttelt. Er lächelt und redet mit mir, doch ich verstehe ein einziges Wort. Ich lächle zurück und nicke brav. Anton erscheint neben ihm. Er lächelt ebenfalls, schaut aber plötzlich ziemlich ernst drein. Ich drehe mich um, folge seinem Blick. Sebastian wird eine Tür weiter hinausgeführt. Zehn Monate hat er bekommen, sowie die Auflage, Anton und mir nicht mehr zu nahe zu kommen. Keine Anrufe, Briefe oder sonstige Annäherungsversuche. Ob er sich dran hält bleibt abzuwarten. Falls er es nicht tut, verlängert sich seine Haftstrafe, beziehungsweise er wandert wieder in den Knast, sollten die zuvor abgesessenen zehn Monate rum sein. Wenigstens etwas. Hinter Sebastian taucht mein Ex auf. Holger wird von zwei Beamten hinausbegleitet. Einer rechts, einer links. Er trägt sogar Handschellen. Für ihn ist die ganze Sache noch lange nicht vorbei. Für die Entführung, die eindeutig von ihm aus ausgegangen war, hat er 2 Jahre bekommen. Sein Schuldeingeständnis hat ihm eine noch längere Haft erspart, jedoch muss er noch einmal vor Gericht. Wegen der Betrugsmasche, die er abgezogen hat, während wir noch zusammen waren. Da er das auch alles zugegeben hat, bin ich somit aus dem Schneider. "Da gehen sie dahin", knurrt Anton. "Endlich hat es ein Ende." "Ja", flüstere ich nachdenklich und schaue Holger hinterher, bis er um die Ecke ist. "Für uns schon." "Hast du etwa Mitleid?" Stirnrunzelnd drehe ich mich zu Anton um. "Natürlich nicht. Aber ich frage mich noch immer, was ihn dazu bewogen hat, mir das anzutun. Ich habe ihm niemals einen Grund dafür gegeben." Das habe ich wirklich nicht. So oft ich mir auch den Kopf nach der Trennung und auch nach der Entführung darüber zerbrochen habe, ich fand nichts, was seine Taten rechtfertigen würde. Die einzige Begründung, die mir einfällt ist, dass er mich niemals geliebt hat. Das ist echt bitter. "Er war einfach habgierig", meint Anton und legt seinen Arm um mich. "Lass uns gehen. Wir werden hier nicht mehr gebraucht." "In Ordnung." Ich blicke noch einmal in den Gerichtssaal, in dem wir fast eine Ewigkeit ausgeharrt haben. "Nichts wie weg hier." Im Auto schnalle ich mich an und merke langsam, wie alle Anspannung von mir weicht. "Sag mal, hast du einen großen Reisekoffer?" "Einen Reisekoffer?" Was will Anton den jetzt damit? "Falls nicht, kaufen wir jetzt schnell einen." "Willst du mich los haben?", frage ich und bekomme ein ungutes Gefühl. "Nein. Aber ich dachte, etwas Urlaub nach dem ganzen Stress täte uns ganz gut." Urlaub? Ein irres Grinsen breitet sich auf meinem Gesicht aus. "Wie kommst du denn jetzt darauf?" "Ramon hat mich vor nicht allzu langer Zeit angerufen und mich gefragt, ob wir nicht mit Laurin und den anderen mitfliegen wollen."* "Ramon?! Echt?" Anton nickt. "AHHH! Ist das geil!" Aufgeregt zapple ich auf dem Beifahrersitz herum. "Wir fliegen nach Malle?!" "Erraten." "Wann?" "Dieses Wochenende." Dieses Wochenende schon? "Für wie lange?" Anton zuckt mit den Schultern. "Mal sehen. Bis die beiden uns rausschmeißen." "Und der Club?" "Ich habe einen neuen Buchhalter, den ich eingearbeitet habe. Der wird mich vertrauensvoll vertreten. So wie du es mir schon seit Monaten vorpredigst." "Wann denn das?" "Seit Anfang April", grinst er schelmisch. "Davon habe ich ja gar nichts gewusst!" Was für ein Heimlichtuer! "Sollte ja auch eine Überraschung werden." "Du hinterlistiger Fuchs!" Mit einem Handgriff habe ich mich wieder abgeschnallt und schmeiße mich in Antons Arme. "Ich freue mich ja schon so!" "Freu dich mal lieber nicht zu früh, mein Katerchen." "Nicht?" "Ähäh." Er schüttelt den Kopf und grinst hinterhältig. "Auf Malle musst du bei mir deine restlichen Schulden abarbeiten. So lange, bis du mir jeden Cent zurückgezahlt hast." "Das dauert aber. Ich hoffe das weißt du." "Natürlich", raut er mir zu, legt seine Hand um mein Kinn und kommt mir ganz nahe. Dann beginne ich doch schon mal damit, meine 'Schulden' zu tilgen. "Und? ... Was ist jetzt ... mit dem ... Reisekoffer?", fragt er zwischen meinen Knutschattacken. "Hab genug ... Koffer." Scheiß auf den Koffer! Auf Malle brauche ich nur zwei Dinge: Ein knappes Badehöschen und meinen ober-geilen Boss in Selbiger. "Hiiiii!!!", quietsche ich aufgeregt, als ich mir Anton in einer Badeshorts vorstelle. Anton glotzt mich fragend an, was ich ignoriere und ihm dafür wieder den Mund versiegle. Hach, wird das geil! Endlich Urlaub mit meinem, wie sagte Ramon immer? Mit Mi corazón!** Ende *Die Story von Justin und Ramon findet ihr hier, http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/723837/336938/ falls ihr sie noch nicht kennt und es euch interessiert, wie es zu dem Malletripp gekommen ist. ** Mi corazón = Mein Herz Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)