Atonement von IvoryRadioStar (Buße) ================================================================================ Kapitel 10: The Hidden Grave – Das versteckte Grab -------------------------------------------------- 10. The Hidden Grave – Das versteckte Grab „Steh auf!“ Die Worte wurden harsch ausgesprochen, als die Decke kurzerhand von Hermione Grangers schlafender Gestalt gerissen wurde. Sie schaute verschlafen auf die verschwommene Gestalt von Draco Malfoy, die sich als Silhouette gegen das Licht vom Flur abzeichnete. Sie stützte sich auf ihre Ellbogen und fuhr sich benommen über ihr Gesicht. „Malfoy, was machst du?“, stöhnte sie und warf einen kurzen Blick zur Uhr. „Ugh... es ist halb 8 am Morgen.“ Sie drehte sich auf ihren Bauch und vergrub ihr Gesicht im Kissen, schnaufte vor Verärgerung. „Ich sagte, du sollst jetzt aufstehen!“, knurrte er und griff nach ihrem Arm. Sie jaulte auf, als er sie vom Bett zerrte, wodurch ihr Körper mit dem Boden kollidierte. „Was ist dein Problem?!“, knurrte sie, rieb sich erneut über ihr Gesicht und blinzelte ihn verschlafen an. Ihre Augen benötigten ein paar Sekunden, bis sie sich auf ihn fokussierten. Er sah zerzaust und abgezehrt aus und er hatte tiefe Augenringe. Er trug immer noch das gleiche weiße Hemd und die grauen Hosen vom Abendessen am Tag zuvor, jedoch waren sie jetzt furchtbar zerknittert, die eine Seite seines Hemdes schaute aus seiner Hose, die Ärmel seines Hemdes waren ungleichmäßig hochgekrempelt. „Zieh das an.“ Er warf ihr ein Paar Stiefel und einen schweren Umhang vor die Füße. „Warum?“, fragte sie, griff jedoch nach den Stiefeln und begann sie anzuziehen. Sie waren viel zu groß. „Weil ich dich wo hinbringen werde“, erklärte er und beobachtete mit vor der Brust verschränkten Armen, wie sie sich den zweiten Stiefel anzog. „Wohin?“, fragte sie, stand auf vom Schlaf noch schweren Beinen und kämpfte damit, den Umhang über ihre Schultern zu legen, schloss ihn über ihrem Pyjama und ignorierte dabei den Geruch nach Thymian, der sie umgab. „Folge mir einfach“, sagte er schroff und ging zur Tür. Sie stand einfach nur da und beobachtete ihn – sie war verwirrt und desorientiert. Er drehte sich um als er merkte, dass sie ihm nicht folgte und seufzte verärgert, schritt zu ihr und griff ihren Arm, sodass sich seine Finger in die zarte Haut ihres inneren Handgelenks bohrten. Sie schrie auf, als er sie grob hinter sich her zog. Sie stellte ihm ohne Ende Fragen, während er sie durch das Manor und die Eingangstür zerrte. Er marschierte entschlossen zur Baumgrenze auf der östlichen Seite des Grundstücks. Hermione stolperte ihm blind hinterher und hielt den Umhang fest um sich, ihre Füße rutschten in den Stiefeln und ihre Spuren blieben im frischgefallenen Schnee sichtbar. Die Sonne war noch nicht einmal wirklich aufgegangen, als er in den Wald stürmte und sie über abgebrochene Zweige stolperte, bis zu den Knien in den Schnee versank und bis zu den Knochen erfroren war. Er brummelte vor sich hin, als er sie auf ihre Füße zog und weiter durch das Unterholz stürmte, als ob er ein verrückter Mann wäre. Sie stellte ihm weitere Fragen, versuchte sich ab und an gegen ihn zu wehren, drohte ihm, ihn blind zu hexen, wenn er sie nicht loslassen würde. Er machte über diese leere Drohung nicht einmal eine abfällige Bemerkung – er stürmte einfach weiter in den Wald hinein, die Bäume wuchsen dichter, je weiter sie kamen. Die Morgensonne zwängte sich ihren Weg durch die dicken Zweige, als sie so tief im Wald waren, dass die Bäume zu dicht standen, um weiter voran zu kommen. Sie waren stehen geblieben, standen nebeneinander – seine Hand hielt ihr Handgelenk immer noch fest umgriffen – und starrten auf die Bäume vor sich. „Hermione“, sagte er mit sanfter, leicht zitternder Stimme und sie schaute zu ihm. „Was?“, fragte sie und kniff ihre Augen zusammen, schaute ihn leicht anklagend an. „Das ist das Passwort“, sagte er und starrte weiter ausdruckslos zu den Bäumen. „Passw...“, Hermione schnitt sich selber ihre Worte ab, als sie seinem Blick folgte – sie sah, wie sich Bäume selber entwurzelten und zur Seite traten und ihre Wurzeln erneut zurück in die Erde gruben, während sich ihre Zweige zu einer Art Torbogen verflochten. Er zog sie durch den entstandenen Gang und Hermione beobachtete entsetzt, wie sich der Weg hinter ihnen wieder verschloss. Plötzlich wurde sie mit einem Ruck nach vorne gezogen und verlor ihr Gleichgewicht in seinen übergroßen Stiefeln, weshalb sie auf ihre Knie fiel, der Schnee biss ihre gefrorenen Hände. Sie blickte auf und sah einen großen Felsbrocken, dessen Vorderseite zu einer flachen, schimmernden Fläche geschliffen war. „Aperio“, sagte Malfoy leise und Hermione beobachtete den Stein, doch nichts passierte. „Aperio!“, sagte er erneut, doch dieses Mal etwas kraftvoller und als immer noch nichts geschah, schaute Hermione genau in dem Moment zu ihm, als er „Oh, leck mich am Arsch!“ murmelte, aus seiner Tasche seinen Zauberstab zerrte und ihn schließlich auf die glatte Seite des Steines richtete. „Verdammtes scheiß Aperio!“ Die Magie ließ ihre Haare ein bisschen wehen, als der Zauber an ihr vorbei schoss und sie drehte sich wieder zum Stein. Sie schnappte nach Luft über das, was sie sah, und krabbelte rückwärts nach hinten, bis ihre Schultern mit Malfoys Beinen kollidierten. Sie keuchte schwer, als die Worte „RON BILIUS WEASLEY“ komplett in Stein gemeißelt waren, „3. MÄRZ 1980 – 25. JULI 1997“ stand direkt darunter. Ihre Tränen vereisten auf ihrem Gesicht, während sie widerwillig auf den Grabstein schaute, ihr Herz schlug wie wild in ihrer Brust. Sie hatten nach dem Körper gesucht, darauf gewartet, dass er sich irgendwo zeigen würde, ein Beweis für einen weiteren der zahlreichen Siege Voldemorts. Doch er war nie aufgetaucht. Sie hatte bereits die Hoffnung aufgegeben, Ron jemals eine angemessene Beerdigung zu geben und begrub stattdessen ihre Erinnerungen an ihn in ihrem Herzen. Ihre Finger krümmten sich auf Malfoys Schuhen, sie drückte sich selber fest an seine Beine – versuchte, soweit wie möglich von dem Grab entfernt zu sein. „Nachdem er gefangen genommen wurde“, sagte Malfoy mit sanfter Stimme, „wurde ihm seine Kleidung abgenommen und er wurde mit einer Lederpeitsche geschlagen.“ „Hör auf“, sagte Hermione, kniff ihre Augen fest zusammen und drehte ihr Gesicht zu seinem Knie, presste ihre Stirn an seinen Oberschenkel. „Nein, du musst das hören, Hermione“, sagte er mit einer noch immer sanften Stimme, seine Hand berührte ihre Schulter, „du musst wissen, wie mutig er war.“ Hermione schluckte schwer, drehte ihren Körper so, dass sie an seinem Hosenbein hing, während er weitersprach. „Er hat nie etwas gesagt. Nicht mal gestöhnt oder aufgeschrieen, noch weniger hat er etwas über euren Aufenthaltsort verraten. Sie nannten ihn einen Feigling; sie nannten ihn einen Blutsverräter, der weiterlebte, während sich Harry versteckte. Ron hat niemals ein Wort gesagt.“ „Bitte“, schluchzte Hermione, drückte ihr Gesicht noch fester an seine Beine. „Bitte, tu das nicht.“ „Dann schickten sie mich zu ihm“, führte er weiter fort und seine Finger verfestigten den Griff an ihrer Schulter, „um ihn zu brechen.“ Sie entließ einen Schluchzer. „Nach der vierten Runde des Cruciatus fing er schließlich an zu schreien. Doch er gab nie etwas preis. Er erzählte niemandem, wo ihr wart. Er war stark, und mutig, und ehrlich... bis zum Ende.“ „Warum...“, würgte Hermione hervor, ihre Brust bebte durch ihre Schluchzer, „warum erzählst du mir das?“ „Weil er mich, bevor ich ihn getötet habe, gefragt hat, ob ich dir sagen kann, dass er dich liebt. Er fragte, ob ich auf dich aufpassen kann, egal was passiert. Er bat mich darum sicherzugehen, dass dir nichts von alledem jemals widerfährt. Er sagte, dass ich ihm zumindest das schulde. Dass ich das euch allen schulde.“ Er war für einen Moment still, ließ sie an seinen Beinen weinen – ihre Hände umklammerten ihn, hielten sich verzweifelt an ihm fest. Sie konnte seine Hand fühlen – sie zitterte leicht, bewegte sich von ihrer Schulter zu ihrem Haar, seine Finger glitten langsam durch ihre verwuschelte Mähne, seine Nägel kratzten beruhigend über ihren Kopf. „Ich bin nicht stolz über das, was ich getan habe.“ Seine Stimme war kaum zu hören, nicht einmal in der Stille des Waldes. „Ich hatte Angst; alles sah so entsetzlich aus. Wir fanden die Horkuxe nicht. Harry hatte keinen Hinweis, wohin wir gehen und nach was wir suchen sollten, und obwohl du drei Bücher am Tag gelesen hast, waren sie keine Hilfe. Der Dunkle Lord gewann immer weiter an Macht, jeden Tag mehr. Ich hatte alles, was mir beigebracht wurde, weggeschmissen und bin das erste Mal in meinem Leben meinem Herzen gefolgt, und ich habe Panik bekommen. Ich habe den Glauben an Harry verloren. Ich habe den Glauben in mich selber verloren. Ich hatte Angst und bin zurück gegangen. Ich bin dem Dunklen Lord vor die Füße gefallen, habe um seine Gnade gebettelt und er gewährte sie mir... solange ich ihm Harry auslieferte.“ „Nachdem ich das getan hatte, nachdem Harry tot war und mein Vater und meine Mutter...“, er hielt kurz inne, schluckte schwer, „kam ich an diesen Ort zurück – mein Zuhause aus meiner Kindheit, mein Schloss, und ich habe es in Fetzen zerrissen, habe alles verbrannt, was meinem Vater jemals etwas bedeutet hatte und hoffte damit, dass ich alles, was er mir eingetrichtert hatte, damit zerstören konnte. Ich erinnere mich an den Geruch – brennendes Zedernholz, und Papier – und an die Schreie der Portraits, als sie in Flammen aufgingen. Doch auch wenn ich alles versucht habe... ich konnte mein schlechtes Gewissen nicht verbrennen. Harry zu sagen, dass er in diesen Wald gehen sollte, war eines der schwersten Dinge, die ich bis jetzt in meinem gesamten Leben machen musste – es war schwerer, als meinem Vater den Rücken zu kehren, schwerer als alles, was ich jemals wusste, hinter mir zu lassen. Aber nichts davon war so hart wie die Tatsache vorzutäuschen, dass ich dich nicht lieben würde.“ Sie schnappte nach Luft, ihre Tränen hörten vor Schock auf zu laufen. Hatte sie ihn richtig verstanden? Sie konnte ihn nicht richtig verstanden haben. „Deshalb fragte mich Ron, ob ich dich beschützen würde. Er wusste...“, Malfoy lachte ein leises, ungläubiges Lachen. „Ich dachte, ich hatte es so gut verborgen, doch er – der Mann, den du ausgewählt hattest, den du liebtest – wusste es und er nutzte seinen letzten Atemzug, damit ich schwören würde, das ich dafür sorge, dass dir nichts geschieht.“ „Die Todesser hatten darüber diskutiert, was sie mit seinem Körper machen sollten. Einige von ihnen wollten ihn Stück für Stück auseinander nehmen und euch die Teile nach und nach zuschicken. Andere wollten ihn für jeden sichtbar an den nächsten Baum hängen. Während sie nach einer Entscheidung suchten, schlich ich mich hinein und brachte ihn hierher. Bis heute glauben sie immer noch, dass ihn euer Haufen irgendwie bekommen hat.“ Er lachte erneut, doch das Lachen verstarb schnell, seine Stimme klang bei seinen nächsten Worten nüchtern. „Ich habe ihn so begraben, dass er nach Westen schaut – Richtung Devon, zum Fuchsbau...“ Mit diesen Worten schüttelten heftige Schluchzer Hermiones Körper; zitternd sah sie wieder zu dem Stein, der Rons Namen trug – sie wusste nun, dass sein Körper unter ihrem war, in der Erde, sicher und komplett. Für die längste Zeit war das alles, was sie wollte. Einen Teil dieser Hoffnung hatte sie während ihrer Gefangenschaft im Malfoy Manor vergessen, doch jetzt war es, als ob sich Frieden über sie legte. „Ich weiß...“, Malfoy hielt kurz inne, seine Stimme von Gefühlen bestimmt. „Ich weiß, dass es zu viel verlangt ist nach Vergebung zu bitten; und dass deine Liebe etwas ist, von dem ich nur träumen kann. Allerdings musst du verstehen, dass indem ich dich hierher zum Manor gebracht, dich als Gefangene gehalten habe... das war mein Weg gewesen, dich in Sicherheit, in meine Nähe zu bringen, sodass ich auf dich aufpassen und sicher gehen konnte, dass dir nichts geschieht. Nicht nur, weil Ron mich darum gebeten hat...“, er hielt erneut kurz inne und nahm einen zittrigen Atemzug, „sondern weil ich dich liebe.“ Sie schnappte nach Luft und schaute zu ihm auf, ihre sanften, braunen Augen trafen seine silbernen, fanden eine emotionale Tiefe, von der sie sich nicht mal bewusst war, das er sie besitzen könnte. Er biss sich auf seine Lippe und legte dann eine Hand an ihre Wange. Der Geist eines Lächelns lag auf seinen Lippen, als er seinen Daumen über ihren Wangenknochen strich. „Ich weiß, dass du mich niemals lieben kannst. Ich bin ein Monster, da gibt es keine Zweifel. Aber ich hoffe, dass vielleicht...“, er machte eine Pause, schaute in den Himmel und seufzte, „ich vielleicht eines Tages mit den schrecklichen Sachen, die ich getan habe, leben kann. Dazu fähig sein werde, dich anzusehen und mich einfach dich lieben lasse, mich einfach diesem Gefühl hingeben kann und es nicht mit Sarkasmus und gemeinen, schneidigen Gehässigkeiten bekämpfe. Ich will mich dem hingeben, selbst wenn du mich nicht zurück liebst, weil es ehrlich und richtig und gut ist – all die Dinge, die ich unbedingt sein will, aber nicht bin.“ Dann war er still, schaute zu ihr nach unten und ließ ein letztes Mal seinen Daumen über ihre Unterlippe gleiten. Dann machte er sich von ihr los. Sie zitterte aufgrund des Verlustes seiner Wärme, saß im Schnee und blickte zu ihm auf wie ein Kind. „Ich werde dich jetzt mit ihm alleine lassen“, sagte Malfoy sanft und machte sich auf den Weg, die Bäume schufen für ihn einen Weg. „Nimm dir die Zeit, die du brauchst.“ „Draco“, sagte sie und sah, wie er stehen blieb und sich sein Blick auf sie richtete. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Ihre Gedanken kreisten so wirr in ihrem Kopf umher, ihr Gehirn arbeitete schwer und versuchte alles, was er gesagt hatte, zu verarbeiten. Sie wollte so sehr mit ihm reden und mehr hören, allerdings wusste sie, dass es nichts weiter gab. Er hatte ihr das einzige Geschenk, das er besaß und etwas bedeutete, gegeben. Er hatte ihr die Wahrheit gesagt. Sie schluckte schwer, bevor sie ihn leicht anlächelte. „Fröhliche Weihnachten.“ Er schaute verwundert zu ihr und lächelte dann sanft, nickte ihr zu, als die Bäume den Weg wieder verschlossen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)