Erzähl mir Mär von Blaetterklingen ================================================================================ Kapitel 1: Das Wasser des Lebens -------------------------------- In einem verwunschenen Königsanwesen Weit jenseits der Meere am Rande der Zeit, In welchem selbst Wunden zu Wundern genesen, Da wartet das Ende von Elend und Leid. Dort ruhen die Menschen in ewigen Träumen, Von Mythen und Märchen, von Liebe und Glück, Von wachsamen Helden, in schlummernden Räumen: Sie bringen das Licht in die Seele zurück. Und suchst du das höchste der hohen Gewässer, Das Wasser, das Alter und Krankheiten nimmt, Versuch dich als Träumer und Traumlandvermesser, Die Hoffnung war stets für die Schwärmer bestimmt. Doch kannst du nicht träumen, dann suchst du vergebens, Das heilende, heilige Wasser des Lebens. Kapitel 2: Dornröschen ---------------------- Als die Dame ihren König Jahrelang kein Kindlein schenkte, Stand sie nächtens unversöhnlich In den Wassern und sie senkte Ihren Leib ins kalte Nasse, "Lieber Mond", begann ihr Flehen, "Schenkst du mir kein Kindlein, lasse... Lasse mich gleich hier vergehen." Und der Mond erstrahlte herrlich Auf den grünen Wasserflächen, Aller Schwermut schien entbehrlich Und ein Frosch begann zu sprechen: „Ehe dreizehn Monde schwinden, Wirst du Mutterglück empfinden.“ Kapitel 3: Froschkönig ---------------------- Froschkönig: Gern erwähn' ich unsren Handel, Weil die Dummen stets verlieren, Ist die Welt noch nicht im Wandel, Wenn die Frösche euch regieren. Gräm' dich nicht ob deiner Schwächen, Krön‘ mich lieber mit den Händen – Denke wohl an dein Versprechen! – So wie ich an deine Lenden. Führe mich zu jenen Lippen – Zwischen deine zarten Schenkel: Schlägt ein Herz in Krötenrippen, Schenk' ich deinem Vater Enkel! Prinzessin: Leicht verweilst du in der Hand. Leichter fliegst du an die Wand. Kapitel 4: Schneewittchen (Königin Sanftmut) -------------------------------------------- Der Winter webt mit weiten Schwingen, Die Welt in weiche Federn ein, Sein Flügelschlaf weist allen Dingen, Den Weg ins stille Selbst hinein. Ich näh' der Jahre sanftes Ende Zu einer Decke für mein Kind, Die Nadel sticht, doch meine Hände beenden, was das Herz beginnt. Das rote Blut tropft auf den Rahmen Des Fensters und den weißen Schnee. Das Weiße geb' ich dir zum Namen, Das Rote schütze dich vor Weh – Und Kummer schwarz wie Ebenholz – Und jeden falsch verstand'nen Stolz. Kapitel 5: Allerleirauh ----------------------- „Geliebtes Abbild meiner Frau Mein Herz hat mir befohlen, Vom Himmel dir den Sternentau Und Sonnenschein zu holen. Doch sprich von Blut und Schande nicht, Auch Mondlicht soll dich ehren, Was meine Brust in Liebe spricht, Darf auch kein Gott verwehren.“ „Geliebter Vater, lass von mir, Wir woll'n im Guten scheiden; Doch jagst du mich gleich einem Tier, Sollst du mich auch so kleiden.“ „Dein Wille ist mir längst vertraut Geliebte Tochter, meine Braut.“ Kapitel 6: Aschenputtel ----------------------- Wo sich Licht und Leid vereinte, Wo die Toten ewig schlafen, Lag das Mädchen oft und weinte Über all die bösen Strafen, Welche man ihr auferlegte Ohne Grund und ohne Gnade; Bis sich einst ein Leben regte – Klein und Zierlich, grün wie Jade – Denn ein Baum spross auf dem Grabe Ihrer Mutter – und er schenkte Ihr ein Lächeln und die Gabe, Alle Bosheit die sie kränkte, Jeden Schmerz, auch die Extremen, Ohne Kummer hinzunehmen. Kapitel 7: Die Sternentaler --------------------------- "Ach Kind, wo soll das enden, Weil du alles unter wert verschenkst, Verbleibt nichts deinen Händen, Wenn du jemals an dich selber denkst." "Ich liebe aber jeden! Und ich habe so unendlich viel, Mein Hemd, mein Haar, mein Leben! Geben ist der Gaben höchstes Ziel. Und werden tausend Sterne Aus dem hohen Himmelszelt verscheucht, Erhasche ich sie gerne, Aber lieber gebe ich sie euch! Selbst wenn die Gabe jemals endet, Verschenkt ist niemals nie verschwendet." Kapitel 8: Rotkäpchen --------------------- Die Nacht verschluckt den hellen Tag Und Schatten spielen Äste. Ein Wald, wie man ihn meiden mag, Verschlingt gern seine Gäste. Ein Käppchen Rot, mit krausem Haar Und kleiner Maid darunter, Erkennt den Weg im Dunkeln zwar, Doch werden Ängste munter. Die Bäume scheuchen sie ins Bett, Doch wer gehorcht schon Bäumen? Das Gras verzehrt dort ein Skelett, Ihr ist, als würd' sie träumen. Das Unterholz wird aufgestört Ihr ist, als hätt' sie nichts gehört. Kapitel 9: Hänsel und Gretel ---------------------------- "Ich kann nicht weiter, Brüderlein" "Hier wird es lichter, riecht nach Kuchen, Da könnte eine Hütte sein, wir müssen weiter, Hilfe suchen. "Es ist gefährlich, Bruder - nein! Hier dürfen wir nicht weiter gehen..." "Was zagst du liebes Schwesterlein, Ich kann ein Licht im Schatten sehen." "Und siehst du diese Falter nicht, Die sich ins Spinnennetz verirren?" "Die Motten fliegen stets ins Licht... Der Hunger kann den Kopf verwirren. Leg einfach deine Hand in meine, Zusammen bleibt die Angst alleine." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)