Song of the Raven von Moku ================================================================================ Prolog: Stich Zero ------------------ Autor: Moku "And the raven, never flitting, still is sitting, still is sitting on the pallid bust of Pallas just above my chamber door; And his eyes have all the seeming of a demon's that is dreaming, And the lamp-light o'er him streaming throws his shadow on the floor; And my soul from out that shadow that lies floating on the floor Shall be lifted - nevermore!" ~Edgar Allen Poe ~ The Raven Sie küssten sich innig. Ihre heißen Körper bewegten sich im gleichen Rhythmus, berührten sich leidenschaftlich. Dann hob die untere Person ihre Beine, schlang sie um die Taille der anderen und presste sie noch enger an sich. Er löste den Kuss. Tränen rannen aus seinen katzengrünen Augen und er schloss sie. Aus seinem leicht geöffneten Mund drang ein leises Stöhnen. Sein Partner öffnete die Augen und bemerkte die Tränen, küsste sie weg und hielt für einen Moment in seiner Bewegung inne. Er sprach mit schwacher Stimme, wisperte leise Worte in das Ohr des anderen, doch der schüttelte nur den Kopf. "Ich liebe dich so sehr. Nie werde ich dich hergeben. Nie! Selbst wenn ich sterben sollte." "Deins." "Für immer..." -~-~-~-~-~-~- "Armer Junge!" "Sie waren die besten Freunde und liebevolle Geschwister." "Nicht nur Geschwister... Zwillinge." "Eineiige Zwillinge." "Will er jetzt allein in diesem Apartment wohnen?" "Ob er überhaupt das Geld zusammen bekommt?" "Sonst wohnten sie zu zweit, gingen beide Arbeiten." "Joe ist der intelligenteste von den beiden. Er schafft das!" "Stimmt, Jeff war mehr der... das Gegenteil von seinem Bruder." -~-~-~-~-~-~- Er betrat das Apartment und lächelte den Jungen, der am Küchentisch saß, an. Das Hemd war bis zum Bauchnabel aufgeknöpft und hing lose über seine Schultern. Seine grünen Augen funkelten schelmisch, als er bemerkte, dass der Junge eingetreten war. Dann lachte er sanft und drehte sich um. "Hey, Joe!" Joe grinste, ließ seine Tasche fallen und lief auf den anderen zu, sprang auf dessen Schoß und küsste ihn stürmisch auf den Mund. Seine Hände streichelten über die Arme, wanderten zum Bauch und dann zur Brust. "Hallo Jeff." "Begrüßt du mich jetzt immer so?" "Was immer du willst." -~-~-~-~-~-~- "Hey Joe." Der schwarzhaarige Junge wandte sich von den Hausaufgaben ab und lächelte das Mädchen, welches sich neben ihn setzte, an. "Ich habe gehört, dass dein Bruder gestorben ist.", sagte sie mitfühlend, verschränkte ihre Arme auf dem Tisch und bettete ihren Kopf darin. "Das tut mir wirklich Leid. Und das, nachdem Ligeia umgezogen ist." Joe nickte nur, blickte dann nachdenklich auf seine Aufgaben. "Ich wusste nicht, dass du einen Bruder hattest." Er zuckte nur mit den Schultern. "Ich wette, Ligeia wusste es. Schließlich ward ihr ein Paar." Plötzlich wurde der Schwarzhaarige hellhörig, legte seine Hausaufgaben zur Seite und blickte das Mädchen fragend an. "Was willst du, Caitlin?" "Ich will Jeff." -~-~-~-~-~-~- "Sie weiß etwas!", schrie Jeff und warf Joe auf das Bett. "Hast du ihr irgendwas erzählt?" Sein Ebenbild richtete sich wieder auf, sah ihn ernst an. "Ich habe ihr nichts erzählt, Jeff!" Der Angesprochene setzte sich neben seinen Bruder und sah ihn entschuldigend an. "Natürlich hast du ihr nichts gesagt.", meinte er zärtlich und beugte sich zu Joe runter, küsste ihn flüchtig auf den Mund. Als er sich aufrichten wollte, wurde er von Joe festgehalten und in einem Kuss gefangen. "Wir sollten Ligeia endlich loswerden." "Bin ganz deiner Meinung." -~-~-~-~-~-~- Er trat an den Grabstein und legte eine Lotusblüte und Veilchen auf das Grab. Dann kniete er sich nieder, fuhr mit den Fingerspitzen über die Inschrift und las jeden Buchstaben einzelnd vor. Leise, so dass keiner hören konnte, was er sagte. J-E-F-F E-B-O-N-Y 19. 01. 1986 - 07. 10. 2003 Sein schwarzes Haar wehte im sanften Wind und Tränen rannen seine Wangen hinab, tropften auf seine Lippen. Dann beugte er sich vor und küsste den kalten Grabstein. Er wusste, dass sie ihn sah. Hoffte, sie würde so reagieren, wie er es sich dachte. Und sie tat es, ging einen Schritt auf ihn zu, blieb dann stehen. Der Kiesel unter ihren Füßen knirschte, obwohl ihre Beine sich nicht bewegten. Er lehnte sich zurück, fuhr noch einmal über die Inschrift. Dann legte sich eine Hand auf seine Schulter. Er sah auf, blickte in Caitlins Gesicht. "Bedeuten die Veilchen, was ich denke, was sie bedeuten?" Er nickte stumm. "Aber er war mein Bruder.", sagte er, wandte sich ab. Caitlin blieb hinter ihm, lächelte. "Ich will dich, Jeff! Und ich werde dich bekommen." Dann drehte sie sich um und ging davon. Der schwarzhaarige Junge rührte sich nicht, seine grünen Augen funkelten und sein Körper war angespannt. "So bekommst du Ärger, Caitlin.", wisperte er zum Wind, ging dann weiter. -~-~-~-~-~-~- "Caitlin, hm?" Jeff nickte und ließ sich auf die Couch fallen. "Sie ist doch das Mädchen, das mit mir den Mathekurs besucht... wenn ich mich nicht irre... Wie sieht sie denn aus?" "1.69cm, langes schwarzes Haar, grüne Augen, trägt eine Lesebrille, flach wie ein Brett-" "Genau! Das ist Caitlin Inky! Die aus meinem Mathekurs. Was hat sie getan?" Der schwarzhaarige Junge kratzte sich am Hinterkopf, warf dann seine braunhaarige Perücke auf den Couchtisch, zog sich das Kleid aus, das er in der Schule angehabt hatte, wechselte es mit einem bequemen T-Shirt und einer Jeans. Die braunen Kontaktlinsen behielt er drinnen. Es war lästig sie zu entfernen und wieder einzusetzen. Dann ging er auf Joe zu, schlang seine Arme um den Körper des anderen. "Ich soll meine Hände von ihrem Joe lassen." Sein Bruder lachte, legte seine Hände auf die Jeffs. "Böse Ligeia... Kannst du nicht deine Hände von mir lassen?" Jeff grinste, presste seine Lippen auf den Hals des Jüngeren, wanderte mit seinen Händen die Brust hinab, stoppte kurz am Hosenbund, bevor er mit der Hand unter die Boxershorts fuhr. Joe keuchte überrascht auf, warf seinen Kopf in den Nacken. "Soll ich denn die Hände von dir lassen, liebster Bruder?" Er antwortete nicht, wandte seinen Kopf zu seinem älteren Bruder, zog den Kopf des anderen zu sich und küsste ihn. -~-~-~-~-~-~- "Ich möchte euch zwei neue Klassenkameraden vorstellen." Die Lehrerin deutete mit einer Hand auf die beiden Personen neben sich. Die eine war ein Mädchen, die andere ein Junge. "Das sind Joe Ebony und Ligeia Allan. Ich möchte, dass ihr sie in der Klassengemeinschaft freundlich willkommen heißt." Die Schüler nickten nur, betrachteten die beiden Personen, die dicht aneinander standen. Das Mädchen - Ligeia Allan - hatte lange, braune Haare und dunkelbraune Augen. Sie war von schmächtiger Statur, hatte keine besonders auffälligen Merkmale, außer ihr schlankes, makelloses und hübsches Gesicht, mit den schmalen Lippen und den dünnen Augenbrauen. Im linken Ohr trug sie einen kleinen silbernen Ohrring in Form eines Engels und im rechten war das Zeichen der Schlange. Joe Ebony wirkte auf dem ersten Blick wie ein Mädchen. Seine Haare waren kurz und schwarz und seine Augen grün - wie die einer Katze. Der Körperbau war schmächtig, aber schien trotzdem sportlich. Er war genauso groß wie das Mädchen, hatte fast das selbe Gesicht und die identischen Ohrringe. Bei ihm war nur rechts der Engel und links das Schlangenzeichen. Sie standen dicht beieinander und zeigten der Klasse, dass sie sich schon lange kannten, vielleicht sogar schon immer zusammen waren und eine Beziehung zueinander hatten. Doch sie war von so zurückhaltender Natur, schien so rein und zart, wie die, zwischen zwei naiven Kindern, dass jeder bei dieser Beziehung von Freundschaft ausging. -~-~-~-~-~-~- "Was willst du mit dieser Perücke, Jeff?" "Wir bauen uns ein freies Leben." "Was?" "Ich will mich nicht verstecken." "Aber blond?" "Ich wollte schon immer wissen, wie ich als Blondine aussehen würde." "So wie immer, bloß ... mit blonden Haaren." "Mach dich nicht über mich lustig, Joe." "Das mach ich doch gar nicht." "Wie sehe ich aus?" "... Blond." "Argh! SPINNER!" "Wer ist denn hier der Spinner?" "..." "Jeff..." "..." "Komm her..." "..." "Sei doch nicht so kindisch..." "Ich bin nicht kindisch..." "Doch." "Nein!" "Doch." "Nein!!" "Doch." "NEIN!!!" "Okay, dann bist du nicht kindisch... und du bist auch kein Spinner. Aber warum möchtest du dich als Mädchen verkleiden?" "Wenn uns Menschen auf der Straße sehen, wenn wir uns küssen, werden wir immer so komisch angestarrt. Ich mag diese Blicke nicht. Und ich will mich genauso verhalten können, wie andere gewöhnliche Liebespaare auch." "Wir sind aber kein gewöhnliches Liebespaar." "Ich weiß..." "Und wie wollen wir Joe-Jeff-Ebony-Weiblich nennen? "Ligeia..." "Und Nachname, oder war's das?" "Hm, wie wäre es mit Allan?" -~-~-~-~-~-~- "Sie ruiniert mir mein ganzes Leben!" "Jeff!" "Ich hasse diese Person." "Wie kannst du eine Person hassen, die du selbst geschaffen hast?" "Das verstehst du nicht, Joe." "Dann erklär's mir!" "Ich kann nicht." "Dann lass sie verschwinden. Lass Ligeia verschwinden." -~-~-~-~-~-~- "Du willst schon wieder umziehen?" Joe nickte geistesabwesend, blickte dann zu seinem älteren Bruder. "Soll ich schon wieder sterben?" Der Jüngere nickte wieder. "Ich bin es langsam Leid. Dieses ständige Hin und Her. Hast du außerdem schon einmal daran gedacht, was passiert, wenn wir entdeckt werden?" "Mach dir keine Sorgen. Uns kann nichts passieren." -~-~-~-~-~-~- "Du hast dich verändert, Jeff." Er nickte als Zustimmung, hatte selbst bemerkt, dass eine Wandlung in ihm vorging. Und sie gefiel ihm nicht. Joe kuschelte sich an seinen Bruder, schlang seine Arme um den Oberkörper, zog ihn an sich. "Du bist so kalt geworden." "Zu dir auch?" "Nein." "Vielleicht, weil ich so oft gestorben bin. Wenn Menschen sterben, werden sie kalt, verlieren ihre Wärme, ihre Gefühle..." "Sag das nicht." "Früher, bevor alles anfing... da war ich anders..." "Ja." "Glücklicher, naiver..." "...unbefangen, kindisch... Bist du vor mir erwachsen geworden?" Er lachte. "Ich werde nicht erwachsen. Meine Zeit ist schon längst stehen geblieben... seit ich das erste Mal gestorben bin..." -~-~-~-~-~-~- "Drillinge?" "Ja." "Drei Jungen?" "Ja." "Ein Geschenk Gottes." "Ja." "Drei Jungen..." "Ja." -~-~-~-~-~-~- Drillinge? -~-~-~-~-~-~- Und der Rabe rührt' sich nimmer, sitzt noch immer, sitzt noch immer Auf der bleichen Pallas-Büste überm Türgesimse wie vorher; Und in diesem Augenhöhlen eines Dämons Träume schwelen, und das Licht wirft seinen scheelen Schatten auf den Estrich schwer; und es hebt sich aus dem Schatten auf dem Estrich dumpf und schwer meine Seele - nimmermehr. ~Edgar Allan Poe - Übersetzung ~ Der Rabe Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)