The Angel who kills von abgemeldet (Azrael Chronicles) ================================================================================ Kapitel 9: A day like no other ------------------------------ Azrael wusste nicht genau, was er fühlen sollte. Er saß auf einem Sofa, in einer Wohnung, die er unter anderen Umständen nicht einmal für einen Auftrag freiwillig betreten hätte. Lieber hätte er sich auf die Fernausschaltung des Ziels konzentriert, als auch nur einen Fuß in diese Wohnung zu setzen. Nun war er aber hier, und versuchte den Geruch nach abgestandenem Bier, Essensresten und Ausdünstungen zu ignorieren. Sein Blick wanderte zu Yong Tae, der auf dem Fensterbrett saß und wohl versuchte, genug Sauerstoff durch das aufgeklappte Fenster zu bekommen, und dabei aussah, als müsste er sich gleich übergeben. Er selbst war einfach nur froh in der letzten Zeit nichts gegessen zu haben, denn das wäre ihm sonst vermutlich hochgekommen. Zwar hatte er weiß Gott keinen empfindlichen Magen, aber sogar er hatte seine Grenzen, und hätte er etwas gegessen, wäre diese Grenze schon seit geraumer Zeit überschritten worden. Besagter Arno war offensichtlich ein Dauerstudent, was Azrael durch die ganzen Abschlüsse, die an den Wänden hingen, annahm. Zumal sah Arno nicht so aus, als sei er auch nur ansatzweise im gleichen Alter von Yong Tae, oder in der Nähe davon. Seiner Einschätzung nach war Arno ungefähr Ende dreißig oder Anfang vierzig, so genau konnte er das nicht feststellen. Was er jedoch feststellen konnte war, dass Arnos Hände sich auf seiner Haut wie Schleifpapier anfühlten, und er war kurz davor ihm irgendeine Handcreme zu empfehlen, weil er dieses Gefühl absolut widerlich fand. Vielleicht lag es daran, dass er nicht oft angefasst wurde, aber er musste sich wirklich beherrschen, um Arno nicht seinen Fuß ins Gesicht zu rammen. Das tat er lediglich auch nur, um heraus zu finden, ob er schwerwiegend verletzt war und um dem Jungen seinen Seelenfrieden zu schenken. Er verzog angewidert das Gesicht als seine Rippen abgetastet wurden, und Arnos raue Hände über seine Haut schabten. Arno hatte festgestellt, dass sein Handgelenk ausgerenkt und angebrochen war, und hatte das zuallererst behoben, indem er es mit einer schwungvollen Drehung wieder gerade gerückt hatte, die Azrael die Zähne aufeinanderbeißen und die Augen zusammenkneifen ließ. Nachdem das Handgelenk sich in einer Schiene befand, um sich erholen zu können, war der Typ dazu übergegangen, sich seine Beine anzusehen. Das war auch der Grund, warum er im Moment nur in Shorts und Shirt da saß, da er sich geweigert hatte, das Shirt auszuziehen. Er hatte eine natürliche Abneigung gegen andere Menschen, aber bei diesem Arno war das ganze dann noch etwas anders. Er misstraute ihm nicht nur, er stufte ihn als potentielle Gefahr ein, die sofort zur Polizei laufen würde, wenn er die Flügel auf dem Rücken bemerkte und erkannte. „Die Rippen sind auch nur geprellt. Ich weiß ja nicht was ihr gemacht habt, aber du hattest echt Glück.“, meldete sich Arno wieder zu Wort und Azrael gab einen murrenden Laut von sich, den man mit viel Fantasie als Bestätigung ansehen konnte. Dass er viel Glück gehabt hatte, und sich in dem Wagen nicht das Genick gebrochen hatte, war ihm auch klar. Bei genauerer Betrachtung hätte heute eigentlich alles in die Hose gehen können, also konnte man wohl von Glück ausgehen. Kurz verschwand Arno in irgendein Zimmer, und Azrael blickte wieder zu dem Jungen, der immer noch am Fenster hockte, ihn aber inzwischen ansah. Anstatt etwas zu sagen, schwiegen beide, und während Yong Tae sich auf der Lippe herumkaute, angelte sich Azrael seine Hose die er wieder anzog. Kaum dass er den Knopf der Hose geschlossen hatte, kam Arno wieder ins Zimmer, in der Hand eine Tube Creme. „Zieh dich bitte wieder aus, ich muss dich damit eincremen.“ Azrael betrachtete die Tube in der Hand, von der er nicht viel lesen konnte, solange Arno sie in der Hand hielt, aber der Begriff 'Ibu' allein, teilte ihm schon mit, dass es eine antibiotikahaltige Salbe war. Er kam nicht einmal dazu den Mund zu öffnen um Arno mitzuteilen, dass er sich ganz gut selbst eincremen konnte, notfalls mit der Hilfe eines Kochlöffels, als Yong Tae auch schon vom Fensterbrett sprang und mit ein paar Schritten bei ihnen war, wo er Arno die Tube aus der Hand riss. „Danke, das mach ich! Wir müssen los!“ Azrael hob eine Augenbraue, folgte dem Jüngeren jedoch aus dem Wohnzimmer in den Flur, wo sie ihre Schuhe anzogen und zügig die Wohnung wieder verließen. Als sie ins Freie traten, holte der Blonde ein paar Mal tief Luft, um seine Lungen wieder mit Sauerstoff zu füllen, der nur von Abgasen belastet war, und nicht von allen möglichen unangenehmen Gerüchen. Sein Blick wanderte die Straße hinauf und hinunter, ehe er sich nach links wandte und hörte wie Yong Tae ihm folgte. „Und der Wagen?“ „Ich bin nicht so verrückt, einen gestohlenen Wagen in meine Tiefgarage zu stellen. Das ist so als würde ich meine Adresse in die Zeitung setzen.“, antwortete er ruhig und schob die Hände in die Hosentaschen, als Yong Tae neben ihm in seinem Blickfeld auftauchte. „Wir nehmen die U-Bahn.“, stellte er dann fest, nachdem er abgewägt hatte, ob die Bahn oder ein Taxi das sicherste Fortbewegungsmittel war. Einen großen Teil des Weges zur U-Bahn Station schwiegen sie. „Sieht aus, als müssten wir uns eine Pizza bestellen.“, seufzte der Junge und Azrael murrte. An die Lebensmittel hatte er kurzzeitig auch schon gedacht. Auf der anderen Seite war er froh, dass mit ihnen auch die Duftkerzen zurückgelassen worden waren. Zwar hatte er noch nie Duftkerzen benutzt, aber bei Mi Hae roch er das Zeug ständig, und es war teilweise wirklich eklig und penetrant. „Sieht aus, als müsste ich mir eine neue Panzerfaust bestellen.“, gab er deshalb ungerührt zurück und erntete erst einmal Schweigen, bevor sein Auge kurz zuckte, als Yong Tae ihm ein „Du hattest eine Panzerfaust in deinem Wagen?“, ins Ohr brüllte. „Schrei es doch bitte noch lauter, ich glaube die Leute auf der anderen Straßenseite haben dich noch nicht gehört.“, kam es trocken über seine Lippen, während Yong Tae sich im selben Moment die Hand vor den Mund schlug. „Außerdem finde ich es seltsamer, dass dieser Arno nichts zu meinen Waffen gesagt hat, als dass ich eine Panzerfaust in meinem Kofferraum hatte.“, hängte Azrael hinten dran und überquerte die Straße, ehe sie die Treppen zur U-Bahn Station nach unten liefen. Azrael gab einen abschätzenden Laut von sich, als er wartete bis Yong Tae ein Ticket für sie beide besorgt hatte, und er immer wieder Menschen ausweichen musste. In dieser U-Bahn Station ging es schlimmer zu als in einem Ameisenhaufen, wie er fand. Überall Menschen, die sich eilig von A nach B bewegten, ohne Rücksicht auf Verluste. Dabei war es offensichtlich vollkommen egal, ob das Hindernis ein Oberstufenschüler oder eine alte Oma mit Gehwagen war. In der U-Bahn wurde es seiner Meinung nach auch nicht besser. Abgestandene Luft, Gedränge, zu viele Parfumgerüche und eine defekte Klimaanlage machten seinen Tag einfach perfekt. Ein Sitzplatz war nirgendwo zu finden wie Yong Tae bedauernd mitteilte, aber ihm war das ganz recht, er stand sowieso lieber, weshalb er sich in die Ecke zwischen Tür und Trennwand lehnte und die Arme vor der Brust verschränkte. „Glaubst du es ist sicher, jetzt zu dir zu fahren?“, kam die Frage nach ein paar Minuten und Azrael blickte den Jüngeren an. „Wüssten sie wo ich wohne, wären sie schon längst dort aufgetaucht. Außerdem muss ich checken, wie viel Equipment ich noch da habe.“ Die Antwort kam ruhig und nicht im geringsten angespannt oder nervös über seine Lippen, was den Jungen zu beruhigen schien. Er war auch nicht wirklich beunruhigt. Wenn man den Fehler machte und ihn schon angriff, sollte man schon aus Grundprinzip keine Amateure auf ihn loslassen. Also konnte der Boss der beiden ehemals lebendigen Herren nicht sonderlich hell in der Birne sein. Allerdings würde er einen Scheißdreck tun und das Ganze auf die leichte Schulter nehmen. Azrael stieß genervt die Luft zwischen den Zähnen aus, während er die Arme vorstreckte die keine Sekunde später Yong Tae umfassten, der nach vorne stolperte als die U-Bahn ruckartig an der nächsten Station anhielt. Die Türen öffneten sich und noch mehr Menschen strömten in das Innere, quetschten sie beide zusammen, während Yong Tae sich mal wieder für seine eigene Blödheit entschuldigte und er selbst einfach nur genervt war. Als die Türen sich wieder schlossen, gab er es auf sich irgendwie aus dieser Falle, bestehend aus Ecke, Yong Tae und anderen Menschen, winden zu wollen und blieb stattdessen einfach stehen, während er die Hände wieder von dem Jungen nahm. In Gedanken schwor sich Azrael nie wieder in seinem Leben U-Bahn zu fahren, komme was da kommen wolle. Lieber würde er die ganze Stadt zu Fuß durchqueren, als noch einmal in so eine Sardinenbüchse zu steigen. „Yong Tae!“ Seine Augenbraue zuckte kurz, als der Junge angesprochen wurde und sich zwei Mädchen zwischen den ganzen Menschen zu ihnen hindurch schoben. Azrael schätzte sie ungefähr auf dasselbe Alter wie den Schwarzhaarigen, nur mit weniger Stil und vermutlich noch weniger Intelligenz. Ihm taten seine Gedanken nicht leid, da die beiden Mädchen aussahen, als würden sie den Großteil ihres Lebens in einem Solarium verbringen und hätten eine Douglas-Filiale überfallen. „Du bist heute gar nicht in der Uni.“ Die Feststellung erschien ihm etwas überflüssig, da es eigentlich offensichtlich war, dass Yong Tae nicht in der Uni war, wenn er hier in der U-Bahn stand. Und offensichtlich waren die beiden auch nicht in der Uni. Während Yong Tae sich mit den beiden unterhielt, beschränkte sich Azrael's Aufmerksamkeit auf die Stationen, damit sie ihre nicht verpassten. Seine Aufmerksamkeit wurde erst wieder auf Yong Tae gelenkt, als die Aufmerksamkeit der Mädchen offensichtlich ihm galt. Das schloss er zumindest aus dem „Willst du uns deinen gutaussehenden Freund nicht vorstellen?“, das die Kleinere und stark blondierte von sich gab. „Ist er Single?“, schob die Andere hinterher, und Azrael's Augenbrauen wanderten nach oben, als Yong Tae eine Hand auf seine Schulter legte, jedoch sagte er nichts dazu. Eigentlich sollte er sich eine plausible Ausrede einfallen lassen wer er war, woher sie sich kannten und so weiter. Auf der anderen Seite fand er es ziemlich amüsant wie Yong Tae versuchte selbst eine zu finden, weshalb er ihn einfach ließ. Denn dass der Junge so blöd sein, und herausposaunen würde, dass er ein Auftragskiller war, bezweifelte er. „Und warum ist er verletzt?“, hakte die Blondierte wieder nach. Ein Blinder mit einem Krückstock hätte gesehen, dass der Jüngere komplett überfordert war, weshalb Azrael den Mund aufmachte, um doch etwas zu sagen. „Schädlingsbekämpfung. Er hat eine Firma für Schädlingsbekämpfung.“, schoss es aus Yong Tae's Mund und er selbst klappte seinen wieder zu. So konnte man das natürlich auch schön umschreiben. „Das müssen aber fiese Schädlinge sein.“ „Ja, richtig große, böse Ratten.“, kommentierte er und hob eine Augenbraue, als der Jüngere nervös zur Bekräftigung nickte. „Ihh, Ratten.“, quiekten die beiden gleichzeitig, und er verzog leicht das Gesicht, da dieses Quieken eine Frequenz hatte, die er auf den Tod nicht ausstehen konnte. Er bekam schon Zuckungen, wenn Mi Hae bei irgendeinem angeblich blutrünstigen und brutalen Film diese Geräusche von sich gab, aber sie im Doppelpack hören zu müssen, überschritt fast seine Schmerzgrenze. „Und, ist er jetzt noch Single?“, hakte die Blonde wieder nach, während die Andere gleichzeitig ein „Woher kennst du ihn?“, verlauten ließ. Manchmal, aber nur manchmal, fragte er sich wirklich warum Frauen immer gleichzeitig reden mussten, und nicht hintereinander. Es wäre so viel einfacher sie zu verstehen, wenn sie nicht alles synchron tun würden. Die Computerstimme der U-Bahn verkündete die nächste Station, und Azrael war froh, dass es die war, an der sie raus mussten, da er dieses 'Verhör' vermutlich nicht länger ertragen würde. Und weil Yong Tae sonst vermutlich dehydrierte, so wie dieser vor Erklärungsnot schwitzte. Er legte seine Hand auf die von Yong Tae und schenkte den beiden Mädchen ein Lächeln, dass man für seine Verhältnisse schon 'strahlend' nennen konnte. „Er ist mein Freund, und wir müssen hier leider raus. Bis bald mal.“ In genau diesem Moment öffneten sich die Türen, und er stieg rückwärts auf den Bahnsteig, ehe er sich herumdrehte und Yong Tae an der Hand hinter sich her zog. Natürlich hoffte er nicht auf ein Wiedersehen mit den beiden Hühnern, aber wenn man keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollte, sollte man ab und zu auch mal gute Manieren an den Tag legen, vor allem dann, wenn man von einer solchen Menschenmasse umgeben war. Yong Tae stolperte ihm hinterher, bis sie die Treppen der U-Bahn Station erklommen hatten, und rannte in ihn hinein, als er unvermittelt stehen blieb um sich eine Zigarette anzuzünden. Bei dieser Gelegenheit ließ er auch gleich die Hand des Schwarzhaarigen los, und setzte sich dann wieder in Bewegung um zu seiner, ihrer, Wohnung zu gelangen. Den ganzen Weg über schwiegen sie sich halb tot, und aus irgendeinem Grund ging es dem Blonden auf die Nerven. Nicht dass er unbedingt mitteilungsbedürftig war, aber Yong Tae bekam seinen Mund für gewöhnlich nicht zu, und wenn doch lag das daran, dass er sich vor Angst in die Hosen schiss, schlief oder ohnmächtig war. Deswegen war seine eigene Laune auch ziemlich im Keller, als sie endlich die Wohnung betraten, und er den Schlüssel mit ziemlichem Schwung auf die Kommode warf, bevor er seine Waffen aus dem Hosenbund zog und diese, um einiges vorsichtiger, auf dem Wohnzimmertisch ablegte. Danach ging er ohne ein Wort zu sagen in sein Schlafzimmer, wo er sich Shorts, eine Jogginghose und ein Tanktop aus dem Schrank zerrte, ehe er ins Bad verschwand und geräuschvoll die Türe hinter sich schloss. Warum und worauf er auf einmal so wütend war, verstand er selbst nicht, und das machte ihn nur noch wütender. Er neigte nicht zu Gefühlsausbrüchen, und schon gar nicht in diesem Ausmaß, dass irgendeine banale Sache daran schuld sein konnte. Wenn man es genau nahm, lief sowieso alles komplett anders als sonst, seit dieser Junge in seinem Leben aufgetaucht war. Davor war alles in bester Ordnung gewesen und er hatte sich und sein seelisches Innenleben voll im Griff. Azrael stieg unter die Dusche, nachdem er seine Klamotten absolut untypisch auf dem gesamten Boden verteilt hatte, und drehte das kalte Wasser auf, nur um die Zähne zusammenzubeißen und seine Muskeln anzuspannen, um nicht an die Decke zu springen. Er hasste kaltes Wasser, oder eher Kälte im Allgemeinen, aber manchmal brauchte er das, um wieder runter zu kommen. Auch diesmal half es, und er drehte das heiße Wasser auf, wobei er wohlig seufzte und sich an die Fließen lehnte, während das Wasser auf ihn herunterprasselte. Vermutlich war er etwas länger unter der Dusche gewesen als er angenommen hatte, denn als er das Bad verließ, lief im Fernsehen eine dieser Talkshows, die nur gelangweilte Hausfrauen und Rentner ansahen um die Zeit bis zu den Krimiserien ab achtzehn Uhr zu überbrücken. Auf dem Sofa war so etwas ähnliches wie ein Krankenlager bestehend aus unzähligen Decken und Kissen aufgebaut, und außerdem roch es in der ganzen Wohnung nach Essen, weshalb er eine Augenbraue hob. Azrael ging zu seiner Kommode und zog die oberste Schublade auf, aus der er sich eine Schachtel Zigaretten sowie ein Feuerzeug fischte, und sich sofort eine Zigarette ansteckte. Er hatte noch keine zwei Schritte in Richtung Küche gemacht, als Yong Tae im Türrahmen erschien und sich die Hände an einer neongrünen Schürze abwischte. Der Blonde vermutete stark, dass die hässliche Schürze aus Yong Tae's persönlichen Dingen stammte, denn hätte sich so ein Ding in seiner Wohnung befunden, hätte er definitiv davon gewusst. Zumal er sowieso nie kochte. Er sah dem Schwarzhaarigen zu, wie dieser den Raum durchquerte und den Stapel Decken zurückschlug, bevor er darauf deutete. Langsam hob der Blonde eine Augenbraue, sagte zu dieser Aufforderung jedoch nichts, sondern ergab sich kurzzeitig in sein Schicksal und setzte sich auf das Sofa. Kurze Zeit war nichts zu hören, außer das Blubbern des Essens aus der Küche und ihrem Atem, ehe sich der Jüngere räusperte. Azrael blickte zu ihm auf und seufzte dann ergeben, als er die Tube Salbe in den Händen des Anderen bemerkte, der diese nervös hin und her drehte. Kurzzeitig war er versucht so zu tun, als würde er nicht wissen was der Schwarzhaarige von ihm wollte, bis dieser es aussprach, entschied sich dann aber dagegen. Die Zigarette klemmte er sich zwischen die Zähne, um beide Hände frei zu haben, bevor er sein Tanktop so weit nach oben zog, dass man die Prellungen und Blutergüsse sehen konnte. Yong Tae stieß die Luft aus, wohl froh darüber die Bitte nicht aussprechen zu müssen, und ging neben dem Sofa in die Hocke, ehe er damit begann die Salbe vorsichtig auf den Verletzungen zu verteilen. Der Blonde fand die Vorsicht mit der der Jüngere vorging etwas übertrieben, ließ es sich aber gefallen, dass die Fingerspitzen ein Kitzeln auf seiner Haut erzeugten, dass eine leichte Gänsehaut zur Folge hatte. „Was gibt’s zu essen?“, fragte er nach einer Weile, um das unangenehme Schweigen zu brechen und sah den Schwarzhaarigen aus dem Augenwinkel heraus an. „Na ja, bis jetzt Brühe.“ Azrael wandte dem Jüngeren das Gesicht zu, der peinlich berührt auf seinen Oberkörper starrte, während er diesen weiter einrieb, was die Peinlichkeit aber offensichtlich nicht besser machte. Er räusperte sich und blickte in die andere Richtung, ehe er wieder zu Yong Tae schielte und sich nicht mehr zurück halten konnte. Ein Prusten verließ seine Lippen. Er presste die Lippen zusammen und sah demonstrativ wieder in die andere Richtung des Wohnzimmers, um sich wieder zu beruhigen, allerdings nur mit mehr oder minder großem Erfolg, da immer wieder ein Prusten oder Glucksen seine Kehle verließ. Das „Lachst du mich gerade aus?“, des Jungen machte die Sache nicht unbedingt besser, weshalb er einfach nur den Kopf schüttelte, ehe er den Anderen wieder ansah. „Wenn wir uns Pizzabrot bestellen, können wir das in die Brühe bröseln.“ „Du bist ziemlich einfach zu ernähren, oder?“, kam es fast schon resignierend aus dem Mund des Jüngeren und Azrael zuckte mit den Schultern. Tatsächlich hatte er keine großen Ansprüche was Essen betraf. Um ihn zufriedenzustellen brauchte es lediglich Reis und irgendeine Soße darüber, oder eben Fertignahrung. Natürlich hatte er auch nichts gegen ein schönes Essen in einem Restaurant oder eben selbst gekocht, aber er musste es nicht unbedingt haben. Er spürte wie Yong Tae seine Finger von ihm nahm, und zog sein Tanktop wieder nach unten, bevor er die Zigarette wieder zwischen seine Finger klemmte und daran zog. „Gut, dann bestell Pizzabrot. Aber morgen gibt es was vernünftiges zu Essen.“ Azrael's Augenbrauen wanderten in die Höhe, jedoch gab er einen bestätigenden Laut von sich. So wie Yong Tae sich gerade anhörte, hörten sich bestimmt auch Mütter an, zumindest war das seine Vorstellung davon. Azrael stand auf und lief wieder ins Badezimmer, wo er seine Hose nach seinem Handy durchsuchte und die Nummer des Lieferservice wählte, die inzwischen schon seit ein paar Jahren im Kurzwahlspeicher stand. Er wählte und bestellte zwei Mal Pizzabrot und einmal Frühlingsrollen, ehe er sich wieder ins Wohnzimmer begab und sich auf das Sofa fallen ließ. Eine Weile betrachtete er die Waffen, die auf dem Couchtisch lagen, bis er sich entschied das Putzen seiner 'Babys' auf später zu verschieben und stattdessen seine Aufmerksamkeit dem sinnlosen Nachmittagsprogramm im Fernsehen zu widmen. In der Sendung ging es anscheinend um eine Frau von siebenundzwanzig Jahren, die ihr fünftes Kind erwartete und in einer Art Saustall lebte. Anders konnte man die Zustände in dieser Wohnung nicht mehr beschreiben. Automatisch angelte sich der Blonde die Fernbedienung vom Tisch und schaltete um. So verzweifelt, dass er sich so etwas ansah, war er nun auch wieder nicht. Nach einer Weile, in der er durch die Kanäle gezappt hatte, landete er auf einem Sender der Animes zeigte, und von dem er bis Dato noch nicht einmal gewusst hatte, dass er ihn besaß. Animes und Mangas waren der Hype schlechthin, und das seit Jahren, allerdings hatte er selbst davon keine Ahnung. Für ihn sahen diese Figuren alle gleich aus und er sah auch keinen Grund dafür, dass zu ändern. Trotzdem blieb er auf dem Sender und zupfte eine der unzähligen Decken so zurecht, dass er es bequem hatte. Er hörte wie Yong Tae aus der Küche kam und sich durch das Wohnzimmer bewegte, wendete seinen Blick jedoch nicht von dem Fernseher ab, sondern drückte lediglich seine Zigarette in dem Aschenbecher aus. Er spürte wie das Sofa hinter ihm einsank und blickte dann doch über seine Schulter, nur um festzustellen, dass Yong Tae ein Stück weit hinter ihm saß und fasziniert auf den Fernseher sah, ehe er ihn ins Visier nahm. „Du schaust Animes?“, kam es nach einer Weile von dem Schwarzhaarigen, während er Azrael angestarrt hatte, und er gab einen verneinenden Laut von sich. „Es läuft nichts besseres.“ Sein Blick wanderte wieder zu der Serie, und er legte den Kopf auf der Sofalehne ab. „Der Anime heißt 'Katekyo Hitman Reborn'.“, erklärte der Schwarzhaarige und Azrael gab einen verstehenden Laut von sich, auch wenn ihm der Titel nichts sagte. Aber zum Glück musste er nicht an seinen Laptop und Google anwerfen, da Yong Tae von sich aus erklärte worum es in dem Anime ging. Allem Anschein nach um eine Mafia-Familie, oder mehrere. Der Hauptprotagonist Tsuna irgendwas sollte der neue Boss werden, erinnerte Azrael jedoch eher an eine Heulboje als an einen ernstzunehmenden Boss einer Mafia-Familie. „Der Typ erinnert mich irgendwie an dich.“, kommentierte der Blonde deswegen und deutete auf Tsuna, der gerade wieder einen seiner feigen Momente hatte. Hinter ihm erklang ein Schnauben, und seine Mundwinkel zuckten etwas. „Dann bist du vermutlich Hibari.“ „Wer?“, hakte er nach und wandte seinen Kopf Yong Tae zu. „Kommt noch.“, grinste dieser und er blinzelte, schwieg jedoch, während er seinen Blick wieder auf den Fernseher heftete. Auch nachdem das Pizzabrot und die Frühlingsrollen gekommen waren, und sie das zusammen mit der Brühe die Yong Tae gekocht hatte gegessen hatten, guckten sie weiter. Irgendwann lief anstatt dieses Animes ein Anderer, den Yong Tae als 'Bleach' betitelte. „Vielleicht sollte ich mehr von dem Zeug schauen.“, kommentierte Azrael irgendwann, nachdem die Sonne schon untergegangen war und sie nebeneinander auf dem Sofa lagen. Yong Tae drehte seinen Kopf und sah ihn an, während er eine Augenbraue hob und schlussendlich ein „Warum?“, von sich gab. „Ist besser als der restliche Scheiß der so läuft.“, gab er schulterzuckend von sich. Eine Weile schwiegen sie wieder, während die wievielte Folge auch immer über den Bildschirm flackerte. „Morgen müssen wir unbedingt einkaufen. Ich bin nicht so einfach zu verpflegen wie du.“, kommentierte der Jüngere und Azrael murrte. „Ich dachte, das wäre bei euch Studenten normal.“ „Das ist ein Mythos.“, kam es belustigt zurück und der Blonde murrte wieder. Offensichtlich gab es so einiges, das nur ein Mythos war. „Wenn wir dann schon wieder in einen Supermarkt müssen, können wir auch gleich noch einen neuen Wagen besorgen.“ Die Polster des Sofas bewegten sich, als Yong Tae sich auf die Seite drehte, den Kopf auf die Hand stützte und ihn von oben herab betrachtete. „Einen neuen Wagen?“ „Ich werde einen Scheiß tun und weiterhin mit der U-Bahn fahren. Das ist ja grausam.“ „Du magst Menschenmengen offensichtlich wirklich nicht.“ Azrael gab einen bestätigenden Laut von sich, schwieg aber ansonsten. „Warum ist das eigentlich so?“, hakte der Schwarzhaarige nach und er sah ihn aus dem Augenwinkel an. „Ich hatte nie besonders engen Kontakt zu anderen. Mal abgesehen davon, wäre das für meinen Job auch nicht gerade von Vorteil.“ Warum er das dem Anderen überhaupt erzählte, war wieder eines dieser Mysterien von heute, weshalb er es gar nicht erst hinterfragte, sondern stattdessen lieber auf den Fernseher blickte und auch nichts sagte, als Yong Tae sich so hinlegte, dass sich ihre Schultern berührten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)