Be my drug von minowari (and stun me) ================================================================================ Kapitel 29: Trepidation ----------------------- Es roch nach Geröll. Und Benzin. Die beiden einzigen Gerüche, die sich momentan in seiner Nase festgesetzt hatten, wie ein Kaugummi unter den Schuhsohlen. Lästig war, dass es kaum eine andere Möglichkeit gab, etwas anderes wahrzunehmen. Er spitzte die Ohren, als ein neues Geräusch in seine Reichweite erklang. Geruch- und Hörsinn waren momentan das einzige, was ihm etwas Orientierung gab. Er lag immer noch auf einem kalten Boden in irgendeiner Ecke und lehnte mit Mühe aufrecht an einer Wand. Zumindest vermutete er, dass es eine Wand war. Durch ein Band oder ein Tuch – wahrscheinlich eher letzteres, waren seine Augen verbunden, was natürlich das Klischeehafteste bei einer Entführung war. Wäre auch zu schön gewesen, wenn nicht. Das Geräusch von der Seite wurde lauter und nun konnte er sogar Stimmen hören. Gestapfe von Schuhen, die mehr als 70kg tragen mussten, kamen langsam näher. Er unterdrückte ein Zittern, als er durch seine Ohren versuchte wahrzunehmen, wo genau sich die Personen befanden. Seine Ohren waren zwar noch gut intakt, aber dennoch war es ihm nicht möglich das Gespräch zu verfolgen, das er nun aus der Ferne wahrnehmen konnte. Bruchteile von Wörtern konnte er verstehen, doch es war nicht genug um irgendwelche Hinweise auf seine Entführer zu geben. Er wusste nicht, wie lange er schon hier verweilte oder wie er überhaupt hierhergekommen war. Das letzte an das er sich erinnern konnte war eine Tasse Tee. Eine Tasse Tee, die er sich nach einem anstrengenden Tag gegönnt hatte; zusammen mit ein paar selbstgebackenen Keksen von Ruri und einer angenehmen Sofalehne in seinem Rücken. Es war ein anstrengender Tag gewesen, aber auch ein produktiver Tag. Aber das war alles was er von dem Tag in Erinnerung hatte. Er konnte sich nicht erklären wie genau er- Ein plötzliches Klingeln riss ihn aus seinen Gedanken. Der bekannte Klingelton seines Handys erfüllte den kalten Raum, in dem er sich befand und hallte laut an den Wänden wider. Gleichzeitig konnte er andere Stimmen aus der Ferne hören, die fluchend näher kamen. Es vibrierte nicht weit von ihm, irgendwo auf dem Boden. Kasuka wunderte sich, warum man ihm sein Handy noch längst nicht abgenommen hatte. Waren seine Entführer wirklich so dämlich oder war es pure Absicht? Hatten sie es absichtlich in seiner Nähe gelassen? Das Klingeln dauerte an, während das Stampfen von Schuhen lauter wurde. Instinktiv versuchte er sich aufzurichten, doch wenn Hände und Füße verbunden waren, war das gar nicht so einfach. Sein Kopf begann zu schwirren, als er die Kraft aufwand, sich hochzuhieven. „Er ist es. Perfekt!“ Eine dunkle Stimme, die ihm nicht bekannt vorkam. Anscheinend haben seine Entführer auf diesen Anruf gewartet, denn das Gewusel wurde lauter, während mehrere Leute sich versammelten. Das Mobiltelefon wurde vom Boden aufgesammelt, denn das vibrierende Geräusch verschwand. „Hier“, hörte man jemanden sagen, bevor wahrscheinlich das Telefon rumgereicht wurde. Es wurde leiser, und dann ein Klicken. „Heiwajima-san, ungewöhnlich, dass du so lange brauchst um deinen Bruder anzurufen~“, säuselte einer von ihnen, während seine Stimme Höhen und Tiefen mit sich nahm. „Ist dir dein kleiner Superstar doch nicht so wichtig, huh?“ Kasuka krampfte zusammen. Nii-san! Nein. Sie haben das alles nur… Nur wegen… Wegen ihm. Wegen seinem Bruder. Er biss sich auf die Lippe. Es waren mehrere Männer, das konnte Kasuka einschätzen, doch wie viele genau konnte er nicht sagen. Vielleicht vier? Oder sogar fünf? Kasuka lauschte gebannt, als das Lachen der Männer verklang und sonst nichts weiter zu hören war. Nur ein rauschendes Geräusch, was wahrscheinlich die Lautsprecherfunktion des Handys war, damit alle besser zuhören konnten. „Hmm? Sprachlos oder einfach nur überrascht?“, höhnte einer der Männer, doch noch immer kam keine Antwort. Unzufriedenes Gemurmel breitete sich aus, während einer von den Männern kurz davor war, erneut zu sprechen – doch dann tat sich was. Das Rauschen wurde lauter und dann plötzlich hörte man eine Stimme. „Oh? Ist das ein Trick? Bin ich hier im Radio? Ich scheine mich wohl verwählt zu haben…“ Kasukas Augen weiteten sich. „Huh? Wer bist du?“, verlangte einer der Männer zu wissen, doch dieser erntete eine Schelle an seinem Arm, bevor das Telefon weiter gereicht wurde. „Wer ich bin? Spielen wir nun doch ein Spiel? Ah, ich wusste, ich bin im Radio! Ich grüße meine Eltern, meine-“ „Heiwajima-san, ich glaube nicht, dass du Zeit für’s Scherzen hast.“ Die Stimme wurde dunkel, vermischt mit Ungeduld, die auch Verwirrung zeigte. Kasuka wusste nicht, was er denken sollte. Er kannte die Stimme am Telefon. Er hatte sie oft genug in seiner Kindheit gehört. Auch wenn sie leicht verzerrt klang – irgendwie anders. „Oh, ich fürchte dasselbe gilt dann auch für euch.“, kam die neckische Stimme aus dem Telefon geschossen und brachte die Stimmung zum Schwanken. Was denkt er eigentlich wer er ist? Wir lassen uns doch nicht verarschen! Weiß er denn nicht-! Man hörte wütendes Gemurmel, provozierte Stimmen, die im nächsten Moment von dem Anführer der Truppe zur Ruhe gebracht wurden. „Ich nehme an, dass Sie uns kennen.“ Der Anführer wechselte in eine ernsthaftere Stimme und begann den Herrn am Telefon zu siezen. Doch das schien den Anrufer kein Stück zu interessieren. „Ne ne, Kasu-chan? Dein Bruder ist wirklich ein Idiot!“, die Stimme seufzte kurz, bevor sie fortfuhr, „Tut mir Leid, das musste ich nochmal loswerden.“ Die Stimme klang, als ob es ihm überhaupt nicht Leid tat, und das merkten auch die Entführer, die sich langsam von dem dreisten Herrn verarscht fühlten. Kasuka spürte die wachsende Aufmerksamkeit, die sich langsam auf seine Person richtete. Ein kleines Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Izaya war schon immer ein gewitzter Kerl. Und er war auch der einzige, der ihn Kasu-chan nannte. „Oi…“ Schritte die sich ihm näherten, bevor er eine grobe Hand in seinen Haaren spürte. Kasuka zischte unter seinem Atem und ließ sich nicht anmerken, dass es in Wahrheit ziemlich schmerzte. „Wer ist der Kerl am Telefon, hah? Spuck’s aus!“ Kasuka wandte sich in seinem Griff und versuchte den Schauer aus Ekel standzuhalten, der ihn überfuhr, als der Mann mit seinem Mund viel zu nahe an seinem Ohr war. Wenn er überhaupt eine Chance haben wollte, durfte er Izayas Namen niemals aussprechen. Er traute dem Mann noch immer nicht über den Weg, doch im Moment war das sein einziger Hoffnungsschimmer, an den er sich klammern konnte. Er wusste Izaya hatte ein sehr großes Netzwerk an Informationen, das er nutzen konnte. Hatte man ihn gebeten, ihm aus den Händen seiner Entführer zu befreien? Unwahrscheinlich. Also was war Izayas Motiv? „Lass ihn los.“, kam eine andere, sehr viel ruhigere Stimme an Kasukas Ohren, die aber wohl mit Autorität sprach. Der Griff in seinen Haaren lockerte sich, bis Kasukas Körper nicht mehr in der Luft hing. Mit dem Ellenbogen landete er auf dem steinernen Boden, versuchte den Schmerzenslaut zu unterdrücken, der in seiner Kehle hochkam und zu entschlüpfen versuchte. „Antonio-san…war der Name, ne?“ Das immer noch jemand am Telefon war, schien die halbe Mannschaft vergessen zu haben, denn es wurde plötzlich totenstill. Keiner wagte was zu sagen, bis plötzlich Angesprochener nach dem Handy verlangte, denn Kasuka spürte den Luftzug der Person mit der ruhigen Stimme, als er vorbei ging. „Müssen wir wirklich noch Verstecken spielen? Ich mag es nicht, wenn man sich nicht persönlich vorstellen kann.“, wurde geantwortet, die Stimme weiterhin ruhig. Ein Lachen kam aus dem Telefon, das Kasuka schon mehr als einmal gehört hatte. Doch durch das Telefon klang alles nochmal etwas anders. „Persönlich vorstellen? Ich bitte Sie, Antonio-san. Sind Sie wirklich so vergesslich?“ Angesprochener verengte die Augen misstrauisch, doch bevor er darauf antworten konnte, fuhr die Stimme am Telefon fort. „Ich möchte einen Deal vorschlagen.“ „Einen Deal?“ Gemurmel war unter den Anwesenden zu hören und nicht nur die Entführer begannen sich zu wundern, was dieser ganze Auftritt zu bedeuten hatte. Auch Kasuka kam das Ganze nicht richtig vor. So schön es auch klingen mag, Izaya war bestimmt nicht hier, um ihm aus der Patsche zu helfen. Er glaubte nicht daran. Aber so wie mit höchster Wahrscheinlichkeit Kasuka benutzte, so konnte Kasuka den Spieß auch umdrehen. „Wir sollten lieber zusammen arbeiten, meinen Sie nicht auch? Denn wenn wir das gleiche Ziel haben, erleichtert das so einiges.“, kam es aus dem Telefon, Antonio schien kurz zu überlegen, bevor er selber ein röhriges Lachen von sich gab. Kasuka biss sich auf die Lippe. Izaya war wie eh und je: Erzfeind seines Bruders. Als ob er sich so eine Chance entgehen ließ… Das war die perfekte Gelegenheit um Shizuo zu erwischen. Denn er würde kommen. Kasuka wusste, dass Shizuo ihn suchte. Er würde nicht aufgeben, bis er wusste, wo sein Bruder steckte. „Tut mir Leid, aber ich muss Ihr Angebot leider ausschlagen.“ Kasukas Mund öffnete sich überrascht. Was? Kasuka war kurz davor laut in den Raum zu rufen. Wie kommt es, dass seine Entführer ein solches Angebot ausschlugen? Ahnten sie, dass der Herr am Telefon nichts Gutes bedeutete? Spürten sie instinktiv, dass da was im Busch war? Natürlich. Wer würde auch schon auf jemanden hören, der nicht einmal seinen Namen preisgab? „Also wirklich, Antonio-san…wer ist nun hier kindisch? Hat sich der Herr nicht einmal den Deal angehört und dann gleich abgelehnt…tsk, tsk.“ Aus dem Telefon kamen tadelnde Geräusche, bevor das Ganze in einem Seufzer endete. Kasuka lauschte gebannt, als in der unangenehmen Stille die nun hier im Raum herrschte, die Luft zu vibrieren schien. Antonio schien sich nicht einmal einen Hehl draus zu machen, denn im nächsten Moment schnaubte er belustigt. „Ich brauche keinen Deal mit Ihnen einzugehen, Orihara-san. Es ist nur wirklich schwer sich mit anzusehen, wie sich Shizuo Heiwajima aus seiner eigenen Dummheit hierher begibt. Das wissen Sie sicherlich am besten…nicht wahr?“ Für eine Weile kam gar nichts aus dem Handy. Es blieb still. Kasuka konnte fast nicht glauben, dass noch jemand so wortgewandt war wie Izaya. Kasuka hatte nicht die geringste Ahnung, was seine Entführer mit seinem Bruder wollten. Sicherlich nichts Gutes, das war klar, jedoch ließ das Motiv ihn nachdenken. Was war der Grund? Der Grund dafür, Shizuo Heiwajima hierher zu locken? „Manchmal ist Dummheit gar nicht so verkehrt, Antonio-san.“ Die Stimme hatte ein Tacken mehr Ernsthaftigkeit, das Neckische war für einen Augenblick verschwunden. Anscheinend war der Informant nicht so sehr überrascht von der Tatsache, dass die Mafia ihn bereits selbst im Visier hatte, als Antonio dachte. „Es kommt glaube ich ganz darauf an, wie Sie Dummheit definieren.“, erwiderte der Agent und ging ein paar Schritte in Richtung Kasuka, der instinktiv spürte, dass jemand auf dem Weg zu ihm war. Der Superstar unterdrückte ein Zittern, als sich der andere zu ihm hinkniete. Die Aura, die von ihm ausstrahlte wirkte gefährlich. Dafür musste Kasuka den Mann nicht einmal sehen können. „Dummheit kann auf der Basis von Aktionen liegen, die einem selbst schaden. Dummheit kann aber auch darauf basieren, mit welchen Personen man in seinem Umfeld zu tun hat.“ Kasuka spürte, wie Antonio mit der Hand durch seine Haare fuhr, nichts weiter tat, als sie in seine Hand zu nehmen und mit dem Daumen zu betasten. Die Angst war immer noch als eine Gänsehaut an seinem Körper sichtbar, doch in seinem Gesicht ließ er sich nichts anmerken. „Glauben Sie wirklich daran, Antonio-san?“, kam es aus dem Handy, dieses Mal viel näher an seinen Ohren als vorher. Kasuka hielt den Atem an, als Antonio plötzlich in seiner Bewegung stoppte. „Oh, aber natürlich.“ Er gab ein kurzes Lachen von sich. „Ich habe zwei Beispiele vor mir, die mir das bestätigen.“ „Hmm, ich frage mich, was Sie damit meinen?“ Izayas Stimme wankte, so als ob er nicht wusste, was er erwarten sollte. „Sie wissen, wovon ich spreche.“ Das spielerische aus der Stimme war verschwunden. Antonio schien nicht gewillt sein, weiter das Thema auszuführen. Seine Finger verkrampften sich um Kasukas Haare, wobei Kasuka versuchte seinen Herzschlag zu beruhigen. „Jedenfalls ist der Deal gestorben, Orihara-san.“ Mit diesen finalen Worten, erhob sich der Agent aus der Hocke, ließ Kasuka schlussendlich in Ruhe, welcher aus Reflex begann auszuatmen. Ein Lachen ertönte aus dem Mobiltelefon, das eine ganze Weile andauerte. Keiner sagte etwas, denn sie alle hatten wohl zu viel vorm Fernseher gehockt, und wussten, dass ein solches Lachen am Ende nie was Gutes bedeutete. „Zu schade, wirklich zu schade! Ich hatte mich schon so sehr auf einen grandiosen Showdown gefreut! Nun ja, auch nicht weiter wild. Sie sind sowieso nur Nebenbesetzung, Antonio-san.“ Die Unterhaltung wurde immer feuriger, zumindest hörte Kasuka im nächsten Moment ein leises Zischen, das eindeutig von Antonio kam, welcher immer noch direkt neben ihm stand. „Orihara-san. Mischen Sie sich weiter ein und es wird unangenehm für Sie.“ „Uaah! Jetzt wird mir im Radio schon gedroht, wie gruselig!“ Izayas scherzende Stimme schien nicht nur Antonio aufzuregen. Alle Agenten waren aufgeladen - wie eine Ladung Volt. Denn Izaya liebte die Gefahr. Wie früher, so auch noch heute. „Orihara-“ „Sie haben den Deal abgelehnt - schon vergessen? Was für neue Möglichkeiten mir das bietet, scheinen Sie nicht bedacht zu haben.“ Wären Kasukas Augen nicht verbunden, hätte er die verengten Augen von Antonio und den grimmigen Blick darin sehen können. „Eine Sache, Orihara-san.“ „Hmm?“ „Sagen Sie Heiwajima-san, dass er sich beeilen soll.“ „Ehhh?“, kam es theatralisch aus dem Handy, während das Wort in die Länge gezogen wurde. Kasuka krampfte zusammen. Aus irgendeinem Grund spürte er Gefahr. Noch mehr Gefahr, als es momentan sowieso schon war. Irgendwas stimmte nicht. Zittern – viel stärker als vorher - machte sich an seinem Körper bemerkbar. „Was lässt Sie glauben, dass ich mich auch nur einen Zentimeter für Sie bewege, Antonio-san?“ Ein plötzlicher Schuss ertönte. Ein schmerzender Schrei folgte. Qualvolles Jauchzen und Atmen war für eine ganze Weile zu hören, dass den kompletten Raum erfüllte. Alle anderen waren still. Manche starrten nur entsetzt auf die Szene vor ihnen, während andere es mit einem gelassen Blick hinnahmen. Keiner sagte etwas. Weder aus dem Handy kam etwas, noch sonst ertönten Geräusche. Nur das qualvolle Stöhnen war präsent, dass immer noch andauerte. Antonio bewegte den Kopf nach vorne, nahm das Handy nahe an seinen Mund, bevor er sprach. „Ich weiß, dass Ihnen Kasuka Heiwajima egal ist.“ Er unterbrach sich kurz selbst, als er seine Waffe im Hintergrund nachlud. „Aber Shizuo Heiwajima ist es nicht.“ Mit der Stille die darauf folgte, hatte Antonio ehrlich gesagt nicht gerechnet. Das Stöhnen ließ langsam nach, jedoch konnte man es immer gut im Hintergrund wahrnehmen. „Und was glauben Sie, was passieren wird, wenn Shizuo Heiwajima seinen Bruder verliert…?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)