You've got a note von HellyKitto ================================================================================ Kapitel 2: note 2 ----------------- note 2 Jack staunte nicht schlecht, als er den kleinen Laden betrat. Es war das Paradies! Er liebte solche kleinen Läden, in denen alles so scheinbar willkürlich verteilt war, in jeder Ecke eine andere Überraschung wartete und man aus dem Staunen nicht mehr herauskam. Der kleine Laden hatte erst seit heute geöffnet, auch wenn vieles so wirkte, als stünde es schon jahrelang an diesem einen Platz. Jack war sofort gefangen von dem Zauber dieses Ortes und sein junges Herz spürte, dass hier etwas ganz Großartiges auf ihn wartete. Er nahm sich sehr viel Zeit, um wirklich alles zu erkunden, was es hier zu erkunden gab, und hätte er nur mehr Geld bei sich, würde er wohl viel mehr kaufen als nur ein kleines Geschenk für seine geliebte Schwester. Ein aus Holz geschnitztes Karussell, das wie eine Spieluhr funktionierte. Eine künstliche Kristallhöhle, in der winzige Zwerge mit noch winzigeren Werkzeugen arbeiteten. Ein Wecker, der eine Liebesgeschichte erzählte. Jack wünschte sich, er könnte all diese zauberhaften Gegenstände mitnehmen, doch er wusste, dass er sich für eines entscheiden musste. Und das sollte nach Möglichkeit nicht nur ihm, sondern auch - und vor allem! - Emma gefallen. Immerhin war sie die Beschenkte. Aber Jack konnte sich unmöglich entscheiden. Er war ein Spielkind, war es schon immer gewesen, und sich für ein Spielzeug zu entscheiden hatte er noch nie in seinem Leben gekonnt. Wie sollte er sich also jetzt für das perfekte Geschenk entscheiden? Wie aus dem Nichts tauchte ein alter Mann neben ihm auf, und Jack hätte schwören können, dass er vor einer Sekunde noch nicht da gewesen war. »Junger Mann«, krächzte er freundlich und seine Augen zogen sich zusammen, als er lächelte, »kann ich Ihnen helfen?« Jack beschloss, diesem Mann die Entscheidung zufallen zu lassen. »Ich suche nach einem Geschenk für meine kleine Schwester.« Der Mann nickte stark und sein schütteres, graues Haar flog um seinen Kopf. »Ich verstehe, gut, gut. Nun ... Wie alt ist denn Ihre Schwester?« »Dreizehn.« »Ein schönes Alter«, schwärmte der Alte und er begann die Regale abzulaufen. »Meine Enkelin ist auch dreizehn geworden. So ein liebes Mädchen, sehr kreativ.« Er nahm verschiedene Gegenstände in die Hand, legte sie aber nach kurzem Nachdenken wieder in die Regale. »Was mag Ihre Schwester? In dem Alter sind die typischen Spielsachen nicht mehr so angesagt.« »Das ist wahr. Aber Emma mag ... eigentlich alles. Hauptsache, es ist schön.« Der Mann machte komische Geräusche und bog am Ende des Ganges nach links ab. Seine Griffe in die Regale wurden nun zielgerichteter, langsam schien er zu wissen, wonach er suchte. Und tatsächlich, in der Mitte des Ganges blieb er schließlich stehen, machte laut »Aha!« und zog einen bunten Karton aus dem untersten Regal. Jack konnte eine Schneekugel erkennen, die auf der Vorderseite abgebildet war. Eine Schneekugel mit einem Pinguin, der vor einem Iglu stand. Das war es. Begeistert nahm Jack den Karton entgegen und der Alte lächelte zufrieden. »Die nehm' ich. Danke.« »Sehr schön, sehr schön!« Jack folgte dem Mann zur Kasse, bezahlte und wartete darauf, dass die Kasse einen Kassenzettel ausspuckte. »Möchten Sie eine Tüte?« Der Mann wies auf eine einsame rote Tüte, die neben der Kasse stand. »Das ist eine ganz besondere Tüte, müssen Sie wissen! Sie steckt voller Weihnachtswunder!« »Weihnachtswunder, hm?«, wiederholte Jack leise und grinste. Wenn er das Emma erzählte, hätte sie mehr Spaß an der Tüte als an der Schneekugel. Er nickte. »Kann nicht schaden.« Er sah zu, wie der Verkäufer den Karton vorsichtig in die Tüte legte, und er nahm sie entgegen, als er ihm die Tüte reichte. »Ich wünsche Ihnen viel Spaß mit dem Geschenk und frohe Weihnachten!« »Das wünsche ich Ihnen auch, danke.« Zufrieden und auch ein bisschen wehmütig verließ Jack den wundervollen Laden, erwischte gerade noch so die nächste Straßenbahn und quetschte sich zwischen die Menschen hinein. Nach fünf Stationen stieg Jack wieder aus und betrat kurze Zeit später die Wohnung, die er sich mit zwei seiner Freunde teilte. Er war alleine zuhause, die anderen beiden waren gerade beim Arbeiten. Es roch nach selbstgebackenen Plätzchen und Jack konnte nicht verhindern, dass er einen kleinen Umweg durch die Küche machte und einen von Tooths Schokokeksen probierte. Traumhaft! Er mochte diese Kekse, die förmlich auf der Zunge zergingen und er nahm sich noch eine Handvoll Wegzehrung für den wahnsinnig langen Marsch in sein Schlafzimmer mit. Ein Weihnachtslied summend, schmiss er die rote Tüte auf sein Bett und legte die Plätzchen auf seinem Schreibtisch ab. Aus dem Schrank, der im Flur stand, fischte er eine Rolle Geschenkpapier hervor, ein blau glänzendes mit silbernen Sternen. Zurück in seinem Zimmer griff er nach der Tüte, stülpte sie um - und staunte nicht schlecht, als ein kleiner Teddybär zum Vorschein kam. »Wie jetzt ...« Jack war verwirrt. Wo kam das Kuscheltier her? Das hatte er doch gar nicht gekauft! Der Karton mit der Schneekugel war verschwunden, wie er schockiert feststellte. Jack nahm den Bären zwischen Zeige- und Mittelfinger und hielt ihn auf Armlänge vor sein Gesicht. Er war echt, daran bestand kein Zweifel. Er bildete sich den Bären nicht ein. Und er bildete sich auch nicht ein, dass er gesehen hatte, wie der Verkäufer den Karton mit der Schneekugel in diese Tüte gelegt hatte. Er hatte es gesehen! Aber wie kam der Bär hier her? Er legte das Kuscheltier zurück auf das Bett und nahm stattdessen die Tüte in die Hand. Probeweise kippte er sie noch einmal um, schüttelte sie sogar - und mit einem lauten Krachen polterte der bunte Karton mit der Schneekugel auf der Vorderseite heraus. Jack verstand die Welt nicht mehr. War er jetzt vollkommen durchgedreht? Gerade eben war der Karton noch verschwunden gewesen, das hatte er doch genau gesehen! Und nun? Nun lag er hier vor ihm auf dem Boden, als wäre er nie woanders gewesen. Argwöhnisch starrte er auf die Verpackung. Irgendjemand trieb doch einen Scherz mit ihm! Vorsichtig berührte er den Karton mit seinem Fuß. Er gab nach, so wie es für einen materialistischen Gegenstand üblich war. Sein Fuß stieß auf Widerstand, der Karton rutschte etwas nach hinten. Ganz normal. Jack fand das ein wenig unheimlich und er zweifelte extrem an seiner Zurechnungsfähigkeit. Vielleicht hatte er in den letzten Tagen zu sehr unter Stress gestanden ... Die Tüte, die er noch immer verkehrt herum in den Händen hielt, fing an zu vibrieren und erschrocken ließ Jack sie fallen. Als sie auf dem Boden aufkam, kullerte ein schwarzer Kugelschreiber heraus. »Also gut, was wird hier gespielt?« Genervt drehte Jack sich um und blickte zu seiner Schlafzimmertür, doch niemand war dort zu sehen. Nein. Er war allein, das hatte er vorher schon festgestellt. Es war niemand hier, der ihm einen Streich spielen könnte, obwohl er es seinem besten Kumpel Bunny durchaus zutrauen konnte. Aber wie sollte er das machen, wenn er gar nicht hier war? Irgendetwas war hier faul. Er hob die Tüte und den Kugelschreiber auf und blickte beides an. Als die Tüte erneut vibrierte, ließ er sie dieses Mal nicht fallen, sondern warf einen Blick hinein und er fand einen Lippenstift, der auf dem Boden leicht umher kullerte. Verwirrt griff er danach und drehte ihn in seinen Händen. Dann sah er erneut in die Tüte, spürte die Vibration und er sah, wie aus dem Nichts eine Packung Taschentücher entstand. Einfach so. Sie erschien auf dem Boden der Tüte, zuerst nur ein durchsichtiger Schimmer, dann immer genauer, bis sie schließlich fest und da war. Auch danach griff Jack und nun hielt er die drei Gegenstände in der Hand, die auf magische Weise aus dieser Tüte gekommen waren. Was hatte das zu bedeuten? Fakt war, irgendjemandem mussten diese Gegenstände gehören. Und irgendwie brachte der Eigentümer es fertig, dass seine Gegenstände plötzlich bei Jack landeten. Ob das wirklich an dieser Tüte lag? Er erinnerte sich an die Worte des Verkäufers: Sie steckt voller Weihnachtswunder! Mit der Tüte in der einen und den drei Gegenständen in der anderen Hand lief Jack in die Küche und öffnete alle Schränke, bis er schließlich Mehl fand. Er bestäubte den Kugelschreiber, den Lippenstift und die Taschentücher mit Mehl, nahm sie in die Hände, sprach ein kurzes Stoßgebet und warf die Gegenstände in die Tüte. Er sah zu, wie sie verschwanden, als sie den Boden berührten, und er starrte wie gebannt in die Tüte. Das war unglaublich! Einfach unglaublich! Es dauerte eine kleine Weile, ehe sich etwas tat, und Jack dachte schon, dass er sich das alles doch nur irgendwie eingebildet hatte, als plötzlich ein Ruckeln durch die Tüte ging und auf dem Boden ein gelber Zettel erschien. Hastig griff Jack danach und las die drei Worte, die dort mit einem roten Stift geschrieben worden waren: Wer bist du? Jack musste lachen. Da war jemand! Irgendjemand, der genauso verwirrt war wie er, weil aus dem Nichts Gegenstände entstanden oder ins Nichts verschwanden. Da war jemand! Auf der Rückseite des Notizzettels klebte ein weißer Zettel, der sich als Kassenzettel herausstellte. Die Person schien im gleichen Laden wie er eingekauft zu haben, und sie schien diesen Teddy gekauft zu haben. Plötzlich fand Jack das alles gar nicht mehr unheimlich, sondern vielmehr unheimlich spannend und aufregend. Er schnappte sich die Tüte und den Kassenzettel und verschwand wieder in seinem Schlafzimmer. Er setzte sich an seinen Schreibtisch, nahm sich einen blauen Filzstift und schrieb auf den fremden Kassenzettel seinen Namen: Jack. Dann warf er ihn in die Tüte und wartete gespannt darauf, was als Nächstes kommen würde. Vor Aufregung stopfte er sich mit Plätzchen voll. Es dauerte nicht lange, da wackelte die Tüte erneut und sofort griff Jack wieder hinein. Ein weiterer Notizzettel, mit der gleichen Handschrift beschrieben. Rote Tüte? Diese Person war also auch im Besitz einer dieser roten Tüten. Eine rote Tüte, die voll war mit Weihnachtszauber. Jack war so aufgeregt, dass er nicht wusste, was er tun sollte, bis ihm sein eigener Kassenzettel einfiel, den er in seinem Geldbeutel hatte. Schnell hatte er diesen herausgeholt. Mit seinem blauen Stift malte er ein Häkchen in die untere rechte Ecke des Papiers, auf dem seine Schneekugel stand. Daneben malte er noch ein 100/100 P, warf den Zettel in die Tüte und wartete gespannt. Wieder ein Plätzchen. Das war gute Nervennahrung. Die Tüte vibrierte und Jack fischte einen Zettel mit einem lachenden Smiley darauf hervor. Kurz darauf noch ein Zettel, dieses Mal mit einem Namen: Elsa. Elsa. Eine Frau. Na klar, das erklärte den Lippenstift. Jack war aufgeregt. Er starrte eine gefühlte Ewigkeit auf diese vier Buchstaben, dass ihn das erneute Vibrieren der Tüte aus seinen Gedanken riss. Bist du noch da? Er lachte. Noch ein Zettel. Langweilig. Und ein trauriger Smiley. Jacks Blick fiel auf das letzte Plätzchen. Er warf es in die Tüte und eine Erklärung hinterher: Selbst gebacken. Dass nicht er die Kekse gebacken hatte, schrieb er nicht dazu. Die Antwort kam etwas später. Lecker! Rezept? Jetzt hatte er den Salat. Er musste Tooth nachher unbedingt nach dem Rezept fragen! Besorge ich dir. Ist dir immer noch langweilig? Als Antwort bekam er ein gähnendes Gesicht. Jack sah sich in seinem Zimmer um und überlegte krampfhaft, ob es irgendein Spiel gab, welches sie spielen konnten in ihrer ungewöhnlichen Lage. Das einzige, was ihm einfiel, waren klassische Kartenspiele, und so machte er sich auf die Suche nach Spielkarten. Er wurde fündig im Wohnzimmerschrank und zurück auf seinem Bett begann er, die Karten zu mischen. *** Elsa lag auf dem Rücken auf ihrem Bett, starrte die Zimmerdecke an und summte ein Weihnachtslied. Neben ihr stand die Tüte, die magische, rot glänzende Tüte, die immer wieder wundersame Dinge hervorbrachte. Jack, ihr Gesprächspartner auf der anderen Seite, schien ein äußerst witziger Typ zu sein, und sie hatte ihn schnell in ihr Herz geschlossen. Sie wusste weder das Alter, noch sein Aussehen, doch beides war nicht wichtig. Sie fühlte sich ihm verbunden, ihm nahe, und das war eine Erfahrung, die sie so noch nie gemacht hatte. Ihre bisherigen Erfahrungen mit Männern beschränkten sich auf die äußerst uninteressanten Nachrichten, die sie bisweilen auf Facebook bekam, und auf die eindeutigen Blicke, die man ihr zuwarf, wenn sie in der Stadt unterwegs war. Ihr war es meist unangenehm und so schottete sie sich recht schnell ab gegen jegliche Annäherungsversuche des anderen Geschlechts. Doch nicht hier. Bei Jack war es anders, und sie bemerkte das daran, dass sie tatsächlich aufgeregt war, was er wohl als nächstes bringen würde. Mit dem Plätzchen hatte er sie zuerst überrascht, danach hatte er plötzlich wahllos Karten durch die Tüte geworfen und irgendwann eine Erklärung hinterher geschickt, dass sie jetzt Karten spielen würden, und das hatten sie ganze zwei Stunden getan. Zwischendurch hatten sie sich gegenseitig Fragen zur Person gestellt, und so hatte sie erfahren, dass Jack eine kleine Schwester hatte, die gerade mitten in der Pubertät war, dass er in einer WG mit zwei Freunden lebte, die beide arbeiteten - er selber studierte und hatte gerade Semesterferien - und dass er in einem komplett anderen Stadtteil wohnte als sie. Sie im Gegenzug hatte ihm viel von Norwegen erzählt, ihrer Heimat, in der es noch echten Schnee gab, von ihrer eigenen, kleinen Schwester, die nicht mehr in der Pubertät war, dass sie alleine lebte und das genoss. Es dauerte nicht lange und zwischen ihnen hatte eine gewisse Vertrautheit geherrscht. Und so war es nicht verwunderlich, dass der nächste Schritt schon bald eintraf. *** Jacks Hände zitterten, als er dem Bären den gelben Notizzettel an den Bauch klebte. Bei allem, was er in der letzten Zeit durch die Tüte geschickt hatte, hatte er den Bären vollkommen vergessen. Oder verdrängt? Insgeheim befürchtete er, dass Elsa aufhören würde mit ihm zu kommunizieren, sobald sie erst den Teddy zurück hatte, aber er wusste, dass es nicht fair sein würde, ihr Eigentum bei sich zu behalten. Aber er wollte nicht, dass es endete, er wollte diese Person in seinem Leben behalten, egal wie. Sie hatten sich kennengelernt im Laufe des Nachmittags, sie hatte ihm viel über sich erzählt, genauso wie er viel über sich erzählt hatte. Zwischen ihnen herrschte eine gewisse Verbundenheit, und Jack spürte, dass es Elsa genauso erging. So war es unvermeidlich, dass in ihm der Wunsch nach mehr keimte. Er wollte ihr nicht nur schreiben, mit ihr Karten spielen, oder kleine Bilderrätsel erstellen. Er wollte mehr. Er wollte sie sehen. Jack zögerte. Sollte er es wirklich wagen? Der Teddy lachte ihn mit seinem aufgenähten Mund an. Auf seinem Bauch klebte der gelbe Zettel mit der Frage, die ihm so viel Mut zu schreiben gekostet hatte. Wollen wir uns treffen? Er starrte in die schwarzen Knopfaugen. »Also, Kleiner«, sprach er den Bären an, »du bist mein Glücksbärchi. Alles hängt jetzt an dir. Enttäusche mich nicht.« Er drückte den Bären an sich, streichelte über den weichen Kopf, schickte ein Stoßgebet zum Himmel und ließ den Bären dann langsam in die Tüte fallen. Er sah zu, wie er verschwand, er stellte sich vor, wie er an einer anderen Stelle auftauchte, und wie ihn eine Frau aus der Tüte nahm, ihn überrascht ansah, die Notiz auf seinem Bauch sah ... Und wenn sie nun nein sagte? Mit jeder Sekunde, die verging, wurde er nervöser. Sie sagt bestimmt nein, dachte er sich. Nie und nimmer wird sie zustimmen. Er hielt es nicht aus, er stand auf und tigerte vor seinem Bett auf und ab, ließ die Tüte dabei nicht aus den Augen. Sie antwortet nicht. Also ein Nein. Seine Hoffnung, die von Anfang an nicht sonderlich groß war, schwand. Es würde keine Antwort kommen. Irgendwie sagte ihm sein Magen das. Umso überraschter war er, als die Tüte vibrierte. Sofort blieb er mitten in seiner Bewegung stehen und starrte auf das rot glänzende Ding auf seinem Bett. Er hatte sich das doch nicht nur eingebildet, oder? Sie hatte ihm eine Antwort geschickt. Sie hatte geantwortet. Ob er nachsehen sollte? Jack traute sich nicht, zu sehr fürchtete er sich vor einem Rückschlag. Unsicher machte er einen Schritt auf das Bett zu. Und noch einen. Vorsichtig warf er einen Blick in die Tüte. Auf dem Boden lag ein gelber Notizzettel. Mehr nicht. Ob es ein nein war? Er wollte nicht nachsehen. Aber er musste es wissen! Jack atmete tief ein, kniff die Augen zusammen und streckte zögerlich die Hand nach dem Zettel aus. Sehr langsam öffnete er erst das eine Auge und war überrascht, dass da mehr zu stehen schien als nur ein einfaches nein. Er öffnete das Auge weiter und er sah ein lachendes Gesicht hinter ihrer Antwort. Hoffnung wallte auf und überschwemmte ihn fast. Er öffnete auch das andere Auge und las ihre Antwort. Ich dachte schon, du fragst nie. Ein Lacher der Erleichterung kam über seine Lippen und dann noch einer. Ein Grinsen zog sich über seine Lippen, es wurde breiter und breiter, bis seine Mundwinkel schmerzten. Sie hatte ja gesagt! Sie wollte ihn treffen! Er konnte sein Glück kaum fassen. Sie hatte ja gesagt! Mit einem Aufschrei der Freude packte er das wundervolle Wunder in Form der roten Tüte, drückte sie an sein Herz, drehte sich mit ihr im Kreis, war dieser Tüte auf ewig dankbar - bis das wohl hässlichste Geräusch ertönte, welches er sich in dieser Situation vorstellen konnte: Das Zerreißen von Papier. Geschockt starrte er auf die rote Tüte, über deren Seite sich ein grässlicher Riss bis fast zum Boden zog. »Nein!« In Panik geraten griff Jack nach dem erstbesten Gegenstand, den er zu greifen bekam - sein blauer Filzstift - und warf ihn in die Tüte. Auch nach mehreren Sekunden, in denen Jack beschwörerisch auf den Boden der Tüte gestarrt hatte, verschwand der Stift nicht. Er lag da, so wie er gelandet war, und lag und dachte nicht daran zu verschwinden. »Nein ...« Er griff nach dem Stapel Notizzettel, die noch unbeschrieben waren, warf ihn hinein, doch auch er blieb lieben, ohne Anstalten des Verschwindens zu machen. »Bitte nicht ...« Die Tüte war nun nicht mehr als das, was sie war: eine rote Tüte mit einem Riss. Ohne Magie. Ohne Verbindung zu ihrem Gegenstück. Ohne Verbindung zu Elsa. Er hatte sie verloren. Er hatte sie verloren, ehe er sie gefunden hatte. Seine Hoffnung zerplatzte wie eine Seifenblase. Nun gab es keine Möglichkeit mehr mit Elsa in Kontakt zu treten. Wie sollten sie einen Treffpunkt ausmachen? Wie sollten sie sich jetzt treffen? Sollte es das gewesen sein mit dem Weihnachtszauber? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)