Schlangenherz und Löwenmähne von MeropeGaunt ================================================================================ Kapitel 20: Eingebrannt ----------------------- Er wollte sich nicht umdrehen. Unter gar keinen Umständen wollte er sich umdrehen zu dem süßen Geruch, den er besser kannte als jeden anderen Geruch der Welt. Lass es einen Albtraum sein, flehte er in Gedanken, während er bitter und schmerzerfüllt einen tiefen, fast zischenden Atemzug nahm. Lass das alles bitte ein Albtraum sein. Doch es war weder ein Traum, noch fühlte er sich wie in der Realität, als er sich unter den Blicken von Tante Bellatrix umdrehen musste, damit er das bestätigen konnte, was er schon längst wusste: Dass Hermine hinter ihm saß. „Draco!“ Die Stimme Bellatrix klang wütend, und Draco beschloss, sie nicht länger auf die Folter zu spannen. Immerhin wusste er, wozu sie fähig war – und was sie damals unter all den Beschimpfungen und der „Schande“ Draco's angedroht hatte. Die Drehung auf seiner Achse war langsam, bedacht, die Blick war streng auf den Boden gerichtet. Er hatte die Hände in seine Jackentasche gesteckt, damit niemand bemerkte, wie sehr er zitterte und wie sehr er wusste, welche drei Gestalten dort vor ihm saßen. Ein launiges Zischen aus Bellatrix Richtung ließ Draco den Blick anheben; sein Atem stockte, als er SIE nach so einer langen Zeit sah. Sie war dreckig, ihr Gesicht war von Tränen überströmt, einzelne, kleine getrocknete Blutflecken waren vereinzelt zu finden; sie zogen sich an ihrem Hals entlang, ihren Wangen, ihren Haaren. Ihr Atem ging stockweise, und ihre Klamotten waren durchlöchert von dem Kampf mit den Greifern. Könnte er sie nun nur umarmen, könnte er. Doch hier stand er, starrte sie an, während ihr Blick ihn ebenfalls durchbohrte, flehentlich. Hier stand er und konnte nichts tun, jede Richtung war einfach nur falsch. Verriet er sie, würden sie sterben. Verriet er sich selbst, würde er sterben, mit ihm seine Eltern, seine Familie. Was hatte ein Mensch zu tun, der an diesem widerlichen Abgrund stand? Der eingeklemmt war in diese Situation, die einem mehr als die Luft abschnürte, die einem blutrünstig das Leben aussaugte, das Herz brechen ließ, das sowieso schon in tausend Teile zerfallen war? Was hatte ein Mensch zu tun, der gefesselt war an Traditionen, die ihm seine einzige Liebe verboten, die ihm alles nahmen, was ihn glücklich machte... Doch sollte er deswegen seine Moral und seine Liebe ebenfalls verraten? Was würde sie tun... Ein Zittern ging durch seinen Körper, und ein heftiger Schauer fuhr ihm über den Rücken, als Tante Bellatrix sich räusperte, während sie den Griff an Potter's Nacken verstärkte. Aus Potters Kehle kam ein erstickter Laut. „Draco! Ich werde dich nicht noch einmal bitten, mir SOFORT zu sagen, ob es diejenigen sind, von denen wir glauben, dass sie es sind! Ich erkenne diese Schlampe doch.. Und DU erkennst sie auch!“ Ihre Stimme war hasserfüllt, und doch trug Bellatrix ein verdorbenes Grinsen im Gesicht. Ja, wie würde sie auch jemals Hermine's Gesicht vergessen können? Das Gesicht, das Schande über ihren Neffen gebracht hatte? Draco nahm all seinen Mut zusammen, während er in die braunen, tränenden Augen sah, die ihm immer noch, nach so langer Zeit, das Herz brachen. „Ich weiß es nicht, Tante.“ Die Worte waren herausgekommen, ohne dass er sie hatte sagen wollen; er hatte sein Herz sprechen lassen wollen, doch sein Kopf hatte ihn gerettet. „Wie, du weißt nicht?!“, keifte seine Tante, während sie Potter losließ und auf Draco zutrat, der seinen Blick von Hermine abwandte. „Ich weiß es nicht! Ich habe die alle …. monatelang nicht gesehen. Die hier sehen so anders aus. Ich kann es nicht sagen.“, flüsterte er. Mit einem gewaltigen Schritt war Bellatrix auf Draco zugeschritten; erst, als er ihren süßlich- rauchigen Geruch direkt neben sich hatte, sah er, dass sie ihren Dolch gezogen hatte und diesen nun seicht an seinem Hals entlang führte. „Mein Hase“, säuselte sie, während die Spitze des Dolches seinen Kehlkopf streifte; er spürte genau den leichten Druck des Messers, als sie damit fast seine Haut schnitt. „Mein lieber, lieber Draco... Du bist so ein erbärmlich schlechter Lügner. Mag sein, dass diese dreckigen minderwertigen Biester hier anders aussehen als vor ein paar Monaten, dennoch weißt du genau wie ich, wer sie sind. Die Kleine da... Du hast sie gefickt, ich weiß es. Wir haben bereits über diese Schande gesprochen.. die ich dir großmütig wie ich bin verziehen habe... Also... keinen Grund, sie nun zu verteidigen... es sei denn...“ „Bella!“, schrie die erzürnte Stimme Narzissa's, doch Bellatrix brachte sie mit einer einzigen Geste zum Schweigen. Draco schluckte und spürte sogleich den Druck des Messers an seiner Kehle. Bellatrix, die sich die vollen Lippen leckte, fuhr leise, an Draco's Ohr gebeugt, fort: „... es sei denn, du willst an ihrer Stelle sterben. Beziehungsweise... Du stirbst mit ihnen. Ich habe dir mehr als deutlich gesagt, ich verzeihe dir keinen zweiten Fehler.“ Schwindel legte sich in Draco's Kopf, sein Herzschlag stieg ins Unermessliche. Die Worte waren scharf wie der Dolch an seiner Kehle und ließen eigentlich nur eine Antwort zu, doch er brachte es einfach nicht über sein Herz... Stille herrschte, nur unterbrochen von dem leisen Weinen Hermine's, das direkt mit einem „Halt's Maul!“von einem der Greifer unterbrochen wurde. Wenn Schmerz einen Namen hatte, wenn diese grausame Situation einen Namen hatte, dann trug sie ihren Namen. Hermine. Könnte er doch nur mit ihr verschwinden, für immer. „Na gut, wie du wil....“ Plötzlich gab es einen Knall. Niemand wusste, woher er kam - es klang ganz danach, als kam es von weiter weg. Aber aus diesem Haus. Mit einem erleichterten Atemzug stellte Draco fest, dass dieser Krach ihn gerade gerettet hatte; Tante Bellatrix ließ von ihm ab und keifte Lucius an, er solle nachsehen, woher dieser Lärm käme. Sie habe zu arbeiten. Grob stieß sie Draco weg, der fast gegen Potter gestoßen wäre, der nun von einem Greifer gehalten wurde. Bellatrix ging einige Schritte um Hermine herum, deren Gesicht nun wieder nassfeucht vom Weinen war, tonlos, schmerzvoll. „Soso, meine Kleine... du bist also das widerliche, dreckige Miststück, dass ihre Krallen in meinen Neffen gerammt hat....Schämst du dich nicht?“ Bellatrix stieß den Greifer mit einem Tritt weg und nahm selbst die Hand über Hermine ein, die nun mehr als heftig zu zittern begonnen hatte. „Ich glaube, du hast noch gar keine Lektion erteilt bekommen.“ Die Stimme Bellatrix' hallte tausendfach in Draco's Kopf wider, als diese Worte ausgesprochen waren. Mit einem Mal fand er Mut, wo keiner gewesen war - all die Zeit über. „Bellatrix, du... du solltest sie nicht töten, weil.. der Dunkle Lord braucht sie ebenso wie er Potter braucht.“, waren seine Worte, die er zwar fest, jedoch leise sprach; er spürte den brennenden Blick aller Beteiligten im Raum auf seinem Körper, als sei er wie in einen Käfig gepfercht ausgestellt worden. „Wie war das?“ „Ich hab... gedacht, also der Lord meinte einmal zu mir, dass... dass er sie alle drei braucht.“ Bellatrix' dunkle Augenbrauen zogen sich zusammen, bis ihre Stirn in groben Falten lag; so konnte man ihr genau die harten Jahre in Askaban ansehen, die jegliche Schönheit aus ihrem Gesicht wischte. „Das ist dein Ernst, Draco? Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich diese Schlampe verschonen werde, oder? Nur weil du die Finger nicht von Dreck lassen konntest? Ich habe dir genau gesagt... mit aller Deutlichkeit... dass du dich nicht noch einmal meinen Befehlen widersetzen sollst. Oder ich hole ihn.“ Sie riss ihren Ärmel hoch und deutete auf ihr dunkles Mal; flammend schwarz war es dort, leicht verdickt, was in letzter Zeit bei allen vorkam, ebenso bei Draco. Er musste schlucken und sich für einen Moment fassen; er wusste genau, dass er kurz davor war, diese Schlacht mit seiner Tante haushoch zu verlieren, während Hermine bibbernd und leise wimmernd auf dem Boden kniete und mit ihren Augen nicht mehr hätte Draco's Herz zerreißen können. Sie hat dich sitzen gelassen, dachte er, als er an all die Monate dachte, an die Einsamkeit, an ihr plötzliches Gehen, ohne ein Abschiedswort. Sie hat dich sitzen gelassen... Doch musste jemand deswegen sterben? Nein. Egal, wie grausam er in letzter Zeit zu anderen gewesen war, das hier war einfach nicht er. Er räusperte sich, als er einen Schritt auf seine Tante zu tat. „Tante, ich weiß, du denkst ich... ich würde etwas für sie empfinden, aber das stimmt nicht. Ich will es machen. Sie quälen. Ihn rufen. Ich will es tun.“ Einen Moment lang herrschte bittere Stille in dem großen Raum; dann, mit einem Lachen, unterbrach Bellatrix diese. Ihr Lachen war so laut und dreckig, dass es Draco eiskalt den Rücken hinunterlief. Was hatte er getan? „Zissi...“, lachte Bellatrix und fasste Hermine grob die Haare in den Nacken, sodass diese heftig aufschrie; „Zissi, nimm alle mit, lasst uns allein....außer Draco.“ „Warum?“, war die Frage seiner Mutter, doch Draco wusste, dass sie nicht wehren würde. Die Greifer lachten bitter, doch Bellatrix fauchte nur. „Zissi! Tu, was ich sage!“ „Warum soll er als Einziger hierbleiben?“ „Er soll es mitansehen....“, war die leise zischende Antwort Bellatrix, während ihre glühenden Blicke Draco fast auffrassen. Nein, nein, nein- nicht das. Alles, alles auf der Welt, nur nicht das. Draco drehte sich zu seiner Mutter um, doch diese nickte nur. Ihr strenger Blick, der immer noch von der Enttäuschung herrührte, streifte den von Draco nur kurz; er starrte ihr fassungslos nach, während sein Vater, die Greifer, Potter und Weasley fortgetragen wurden. Die Türen gingen leise knarrend zu, während Draco mit seiner Tante und der bitterlich weinenden Hermine allein zurückblieb. Es war Eiseskälte, die den Raum erfüllte, Kälte und bitterer Schmerz, der Draco's gesamten Körper aushöhlte und erfrieren ließ. Bellatrix kalte Augen fixierten Draco, während sie um Hermine herumlief, drohend, den Dolch immer noch in der Hand haltend. „Weißt du, Draco, sie ist nicht einmal besonders hübsch! Guck sie dir an, wie sie hier kniet, dreckig und verheult... wie sie stinkt... diese Schlampe...“ Bellatrix Stimme war Gift in Draco's Ohren. Er wandte den Blick ab, zu seinen Füßen, in denen er schon seit dem Betreten der Gefangenen in dieses Haus kein Gefühl mehr hatte. „Sie ist es nicht wert zu leben, Draco, egal, wie oft sie über dich herfallen wollte und sich unser Erbe, unser Blut für ihre billige Nachzucht holen wollte...“ Hermine schluchzte heftig, während sie mit zittriger Stimme zu reden versuchte. „Bitte, ich wollte Drac... Dr.. Draco nie...“, zitterte sie, doch Bellatrix holte aus und schlug sie so fest ins Gesicht, dass sich Hermine's Kopf leicht zur Seite neigte. Draco's Herz blieb fast stehen, als er es sah. Das Blut in seinen Adern war gefroren. Wie konnte er nur aus dieser Situation wieder herauskommen? Wie konnte er sie aus dieser Situation holen? Da war nichts, nichts außer Dunkelheit. Dunkelheit überall und tief im Innern eines jeden Winkels. „Du wirst bezahlen, dass du meinen Neffen angerührt hast... du wertloses Schlammblut...“, zischte die gellende Stimme von Bellatrix, bevor sie ihren Zauberstab hochhob. Draco schloss die Augen und biss sich so fest auf die Lippe, dass er sogleich danach sein eigenes Blut schmeckte. Die Worte, die nun folgten, brannten sich tief in seine Seele ein, ein Geschrei, dass er nur zu gut kannte: „CRUCIO!“ Ohrenbetäubendes Geschrei ertönte. Draco zuckte zusammen, als er plötzlich seine Stimme wiederfand: „AUFHÖREN!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)