Leben von -Ceres- ================================================================================ Kapitel 1: Raizel ----------------- Es war ein Tag wie jeder andere auch. Ich stand morgens um 6 auf, ging duschen und hatte nebenbei den Kaffee durchlaufen lassen, so das ich keine Zeit vergeudete und ich pünktlich das Haus verlassen konnte. Es verlief alles wie immer. Ich verließ meine Wohnung auf den Weg zur, von mir verhassten, Schule. Andere an meiner Stelle hätten es als Glück empfunden auf diese Schule zu gehen. Es war eine private Schule, voll von Söhnen und Töchtern der höheren Gesellschaft. Alle von denen trugen die beste Kleidung, hatten die besten Handys und prahlten darüber wie sie es denn heute schafften ihren Dienern das Leben zur Hölle zu machen und sich dann darüber zu wundern, warum sie so undankbar waren und es nicht einmal schafften den Tee aufs Zimmer zu bringen, bevor die werten Herren aufstanden. Zum Glück, oder auch nicht, zählte ich nicht zu diesen Leuten. Ich war weder reich, noch hatte ich Zimmermädchen, einen Koch oder Chauffeur, ja, ich hatte nicht mal meinen eigenen Arzt, der wegen jedes Wehwehchen einen heiden Aufstand machte. Als ich das Haus verließ rief ich meiner Vermieterin ein „Guten Morgen!“ Ruf zu und rannte wenige Meter Richtung Park. Sobald ich mir sicher war, dass diese Frau nicht mehr in der Lage war mich zu sehen, verfiel ich in einen schlurfenden Gang. Ich wollte nicht in die Schule, aber ich konnte den Rektor auch nicht vor dem Kopf stoßen und einfach abgehen. Noch dazu hätte ich dann das Jugendamt und weitere nervige Behörden am Hals und ich war froh das diese mich im Moment größten Teils in Ruhe ließen. In der Schule angekommen setzte ich mich auf meinen Platz in der letzten Reihe am Fenster. Sowohl vor, als auch der Tisch neben mir, waren frei. Niemand wagte es sich in meine Nähe zu kommen. Nur verstand ich den Grund dafür nicht. Ich hatte niemanden etwas getan, noch gab es einen Grund eifersüchtig auf mich zu sein. Weder schwänzte ich noch erdreistete ich es mir diese feinen Herren und Damen anzusprechen. Wenn ich ehrlich sein soll war es mir ganz Recht das sie mich so lange mieden, wie es der Unterricht zuließ. Und über die wenigen Gemeinheiten, wie Wasser in den Schuhen, oder einen toten Fisch im Pult konnte ich hinwegsehen, selbst wenn man andauernd versuchte mir im Sportunterricht ein Ball an den Kopf zu schießen, oder die Schrauben am Barren lockerte wenn ich darauf turnen sollte. Nichts davon erboste mich wirklich, sondern ich trug es mit Fassung und begnügte mich damit, das Gesetz der Gedankenfreiheit voll auszukosten. Denn wie hieß es so schön? 'Was er nicht weiß macht ihn nicht heiß!' Was mich jedoch ärgerte war dieses ständige Getuschel hinter meinem Rücken, wenn sie dachten ich höre sie nicht. Das war einer der Hauptgründe warum ich im Unterricht immer aus dem Fenster sah und auf kaum etwas reagierte. So wie auch an diesem Tag wieder. Die Schüler strömten durchs Tor und unterhielten sich anregend, einige Wagen fuhren sogar bis vor den Eingang und ließen die 'Hohen Herren' aussteigen, bevor sie wieder wendeten und davon brausten. So langsam füllte sich auch der Klassenraum, ich aber achtete nicht im Mindesten auf die Gespräche, die nun immer mehr zunahmen. Das Getuschel vor und neben mir ließ mich vollkommen kalt. Wenn ich ehrlich sein sollte war es für mich nur noch Hintergrundakustik, wie der Straßenverkehr in der Nacht oder der Gesang der Frühlingsvögel, man wusste es war da, aber es drang nicht ins Bewusstsein vor, um ihm dort eine besondere Bedeutung zuteil werden zu lassen. Selbst als die Klassenlehrerin herein kam bewegte ich mich kaum, ich nahm nur einen Stift in die Hand. Erst als die Klassenrepräsentantin zum Aufstehen forderte geriet mein Körper in Bewegung. Ich verbeugte mich vor der Lehrerin mittleren Alters und zollte ihr den Respekt, der ihr nach ihrer zwanzig jährigen Erfahrung als Lehrerin gebührte. Es war nichts weiter als eine mechanische Bewegung, eine Handlung die ohne mein Zutun erfolgte. Ich bemerkte es kaum und vergaß das ich sie überhaupt ausgeführt hatte. Es war unwichtig. Genau wie alles andere in der Schule ebenfalls. „Nun wir haben einen Mitschüler, wie ihr sicher schon erraten habt. Stell dich doch bitte vor.“ Dieser Satz von Frau Kasura ließ mich jedoch doch zur Tafel schauen und ließ den 'Neuen' meine Aufmerksamkeit zuteil werden. Aber nicht für lange, dann wanderte mein Blick wieder aus dem Fenster, auch wenn der Blick des Schülers eine Weile auf mir ruhte. „...Raizel Tavius. Freut mich euch kennen zu lernen.“ Der Name ließ auch den Rest des Satzes in mein Bewusstsein sickern und mich den Jungen noch einmal ansehen. Er musste Ausländer sein, auch wenn sein Aussehen nur auf den zweiten oder auch dritten Blick darauf schließen ließ. Neben dem Namen war diese violett-blaue Augenfarbe der einzige Hinweis darauf. Noch nie in meinem Leben hatte ich solche Augen gesehen. Seine schwarzen Haare betonten diese Augen nur noch, waren aber eigentlich typisch für Japan. Der Junge war groß und auf dem ersten Blick auch recht gut gebaut, sein Gesicht hatte einen anmutigen Schnitt und wirkte sowohl freundlich als auch ein wenig distanziert. Ich konnte daher diese Begeisterung der Damen ein wenig nach vollziehen, nur warum sie dabei immer so laut sein mussten? Sie fingen schon jetzt an Raizel zu löchern und vergötterten ihn. Dabei kannten sie ihn gerade mal zwei Minuten, wenn überhaupt. Der Name und die Augen waren eigentlich so ziemlich der einzige Hinweis darauf, dass Raizel aus dem Ausland stammte. Während die Anderen sich über seine ungewöhnlichen Augen ausließen schaltete ich meinen Kopf wieder ab und wendete mich wieder meine gewohnten Beschäftigung zu: Aus dem Fenster zu sehen und irgendetwas beobachten, was meine Interesse mehr fesselte als der Inhalt des Klassenraumes, was eigentlich so ziemlich alles war. Selbst ein Blatt auf dem Weg war fesselnder als der Unterricht. Was mich jedoch schon jetzt störte war die Tatsache, das ich nun einen Banknachbar bekam. „Setzt dich neben Okumura“ hörte ich die schon leicht zittrige Stimme der Lehrerin. Innerlich seufzte ich unwillig auf und verabschiedete mich schon mal von der mir geliebten Ruhe. Mein Blick aus dem Fenster mochte für die Meisten vielleicht als unhöflich erscheinen, aber das war ich weiß Gott nicht. Ich bekam auch das wichtige mit und reagierte dem entsprechend und nickte dem Schüler daher höflich zu. Nur um dann wieder aus dem Fenster zu sehen, leider nicht für lange. Der Lehrerin war meine Teilnahmslosigkeit natürlich nicht entgangen. „Okumura! Warum ignorierst du deinen neuen Banknachbar?!“ maulte sie mich an und einige der Mädchen stimmten finster mit ein und warfen mir noch finsterere Blicke zu. Ich knirschte kurz mit den Zähnen und drehte dann meinen Kopf wieder zu Raizel rüber und setzte ein lächeln auf, das meine Augen nicht mal annähernd erreichte. „Mein Name ist Okumura, Shirogane freut mich dich kennen zu lernen.“ sprach ich ruhig in die Richtung des Neuen, während auch meine Hand in seine Richtung wanderte. Wie auch ich, schien Raizel keinen besonderen Wert auf gepflegte Konversation zu legen, denn er schüttelte meine Hand nur kurz, nickte und schien mich dann wieder genauso zu ignorieren wie ich ihn. Von nahem hatten die Augen des Mannes noch seltsamer ausgesehen, jeder der diese Augen sah würde wissen das das Blut eines Ausländers in seinen Adern floss, obwohl so sicher war es gar nicht. Denn auch wenn Raizel genauso alt aussah wie ich, wirkte meine Wenigkeit mehr wie ein Ausländer als mein neuer Banknachbar. Denn meine Haare waren weiß - silber, meine Augen waren türkis und meine Haut recht blass. Es war daher kaum ein Wunder, das nicht gerade wenige an dieser Schule mich Albino riefen, oder irgendwelche Witze über Bäder in Bleichmittel in meine Richtung flogen. Die Witze waren mir relativ egal, meistens warf ich den Sprechern einen finsteren Blick zu, beließ es aber dabei. Albino genannt zu werden, hasste ich jedoch wie die Pest. Ich hatte einen Namen und den sollte man gefälligst benutzen! Anfangs hatte ich noch lautstark auf diese Abwertung reagiert, nun jedoch ignorierte ich den Rufer solange bis er meinen Namen verwendete oder aber von dannen zog, leider war das zweite selten der Fall. Das Ergebnis war meist eine Sauerbiermine vom feinsten, häufig wurde mein Schweigen als Provokation angesehen. Aber Niemand wagte es sich mich offen anzugreifen, man konnte sagen ich genoss einen gewissen Respekt unter den Schülern und auch Lehrern. Wie man es aus den Geschichtsbüchern kannte, wurde aus Angst schnell Hass und so kam es dann auch, das Lehrer wie eben auch Kasura-Sensei reagierten und aus einer Lappalie ein Drama machten. Wie oft war ich schon zum Rektor geschickt wurden? Ich hatte aufgehört zu zählen. Der Rektor selbst war ein freundlicher kleiner, runder Kerl der keiner Fliege etwas zuleide tat und sehr verständnisvoll mit mir umging. Eigentlich bewahrte er mich vor dem Schlimmsten, er kümmerte sich um die Bezahlung meiner Schulgelder und auch um meine Unterrichtsmaterialien, das Einzige was er als Gegenleistung verlangte waren gute Noten und das Versprechen, das ich die Schule nicht schmiss oder wechselte. Warum er sich so für mich einsetzte wusste ich nicht. Ich hatte langsam das Gefühl das er auch der einzige Mensch war, den es wirklich interessierte was mit mir geschah. Verträumt wie ich war bemerkte ich die näher fliegende Kreide erst als sie kurz davor war mich zu treffen, dennoch schaffte ich es noch auszuweichen und die Kreide traf die Wand statt meinem Kopf. Ein wenig verwundert schaute Raizel auf die Kreide, dann zu mir und schließlich zusammen mit all den anderen, einschließlich meiner Person nach vorne an die Tafel. Der Lehrer brauchte gar nichts zu sagen, ich wusste auch so schon das die Aufgabe an der Tafel für mich bestimmt war. Seufzend erhob ich mich und ging nach vorne. Schnappte mir die Kreide und schrieb die Lösung samt Weg an die Tafel, sehr zum Ärgernis der anderen Schüler und natürlich dem Lehrer selbst. Die Kreide ließ ich wieder auf dem Tisch des Lehrers fallen und setzte mich wieder auf meinem Platz. „Gut gemacht.“ kam das amüsierte Lob gleich neben mir und ließ mich verwundert die Augenbrauen hochziehen. „Du scheinst also nicht nur aus dem Fenster zu starren!“ stellte mein Nachbar fest ohne großartig in meine Richtung zu sehen. Sondern weiter nach vorne zur Tafel um auch ja Interesse am hoch interessanten Unterrichten zu mimen. „Das scheinen die Meisten zu denken. Aber ich bin nicht blöd genug um mich in eine so offensichtliche Falle locken zu lassen.“ erwiderte ich eben so leise und bekam nur ein leichtes zucken der Mundwinkel als Antwort. Also wendete ich mich wieder meinem Fenster zu und kritzelte nebenbei auf meinem Block herum. Der Unterricht verlief ohne weitere Vorkommnisse, nun die ganzen finsteren Blicke mal ausgenommen, aber daran und auch an alles andere war ich gewohnt. Als es klingelte sah ich aus dem Augenwinkel wie ein paar Hände an die Ohren seines Besitzers gingen und auch dort verharrten bis die wirklich schrille Klingel ihren Job getan und sich wieder zur Ruhe gelegt hatte. Aber wirklich achten tat ich nicht darauf, es war nur eines der seltsamen Dinge die mir am Neuen zu erst auffielen. Wie immer war ich einer der Letzten die den Raum verließen, aber ich kam gar nicht dazu, da hörte ich auch schon meinen Namen. Ich drehte mich mit einem sichtbar genervten Gesichtsausdruck um und schaute zur Lehrerin, die sich noch mit Raizel unterhielt. „Raizel halte dich doch bitte an Okumura. Er hat den selben Tagesablauf wie du und wird sich sicher gerne bereit erklären, dir mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.“ Bitte was? Wer hatte denn diesen Mist gesagt? Schrie ich in Gedanken und versuchte eine möglichst undurchdringliche Miene aufzusetzen. Was mir zu misslingen schien, denn Kasura-Sensei sah warnend zu mir und hob drohend den Finger als sich mein neuer Schatten, ebenso unglücklich wie ich, zu mir umdrehte. Ich murmelte etwas recht unfreundliches in Richtung Boden und nickte mit einem hoffentlich besser gelungenen Lächeln in des Lehrers Richtung. „Aber sicher doch.“ erwiderte ich noch, drehte mich um und ging. Der Neue würde mir schon folgen wenn er es wollte und das, zum Teufel aber auch, tat er. „Du scheinst ja nicht gerade ein gern gesehener Schüler in deiner Klasse zu sein was?“ fragte er direkt neben mir und versuchte den entgegen kommenden Schülern auszuweichen. Aber das war gar nicht nötig, denn diese machten ihm schon freiwillig platz, bildeten eine Gasse und starrten hinter ihm her. Ich zuckte nur mit den Schultern und versuchte mein Bestes um diese mörderischen Blicke in meinem Rücken zu ignorieren, besonders die weiblichen... ich musste mich wohl von dunklen Gassen fernhalten, sonst hatte ich noch ein Messer im Rücken. Bei dem Gedanken musste ich doch leise kichern, nie im Leben würden sie ihr Silberbesteck für mich opfern, sie würden wohl eher versuchen mich zu ertränken wie einen räudigen Köter. „Was war an der Frage so lustig?“ fragte Raizel mit einem verwirrten Blick in meine Richtung. „Gar nichts. Ich dachte nur gerade daran mich von Gassen fernhalten zu müssen, besonders wenn ich noch weiter mit dir rede.“ antwortete ich schmunzelnd und drehte ihm nun doch mein Gesicht zu. Das nun, fern vom Unterricht, wirklich ein wahres Lächeln zeigte. Nun schien sich Raizel auch das erste Mal wirklich um zusehen. „Ach das... das bin ich mehr oder weniger gewohnt.“ eine wegwerfende Geste und das Thema war damit für den Schwarzhaarigen erledigt. Auch ich schwieg wieder und ging weiter. Immerhin hatten wir als nächstes Sport und das war mein Lieblingsfach. Wieder und wieder schoss mir durch den Kopf das dieser Junge hier anders war als diese reichen Gören. Er war.... einfach anders. In seiner Gegenwart hatte ich nicht das Gefühl das er nach Desinfektionsspray greifen würde nur weil er mir mal die Hand geben müsste, oder das er seine Sachen wegwirft weil ich sie angesehen hatte. Es schien ihn nicht mal zu interessieren wie ich aussah, was die anderen von mir hielten, noch wie viele Diener ich besaß. Schon das alleine ließ ihn einige Pluspunkte bei mir sammeln. Sein Aussehen, das den Meisten hier wohl am stärksten zu sagte, kümmerte mich jedoch überhaupt nicht, genauso wenig wie die Blicke der Anderen, deren schlechten Witze, Gehässigkeiten oder sonstigen Abneigungen mir gegenüber. Ich hatte mich damit abgefunden das ich nicht hier her passte und teilte sogar deren Meinung, zumindest was das anging. Mit meinem ganzen Leben hatte ich mich abgefunden, sowohl mit den nächtlichen Überfällen, der Einsamkeit und auch den Blicken. Alles war mir egal geworden. Manchmal fragte ich mich wirklich was ich eigentlich noch tun sollte. Ich seufzte und trat raus auf den Schulhof, mein Schatten folgte mir, wie sollte es auch anders sein. „Du hast meine Frage nicht beantwortet Shiro!“ Wir kannten uns noch keine zwei Stunden und er hatte mir schon einen Spitznamen verpasst! Eigentlich sollte ich mich darüber aufregen, aber ich lachte stattdessen einfach nur. Ich musste keine Gedankenlesen können um zu wissen, wie er in diesem Moment über mich dachte. „Also das hat sich hier niemand getraut.“ lachte ich noch immer und die Verwirrung schien in Raizels Gesicht noch zuzunehmen. „Was?“ „Mich nicht nur beim Vornamen zu nennen, sondern daraus einen Spitznamen zu machen. Albino, das ja. Aber nie hat mich jemand mit Vornamen angesprochen und du, der mich heute das erste Mal sieht...“ ich ließ den Satz unvollendet und schüttelte noch immer belustigt den Kopf. Raizel schnaubte und sah mich durchdringend an. „Warum sollte ich mich das nicht trauen? Was ist daran so schlimm?“ fragte mit reiner Unschuldsmiene. Er war also wirklich ein Ausländer und lebte vermutlich erst seit kurzem hier... oder ihm waren die Umgangsformen hier in Japan einfach egal. Aus irgendeinem Grund tippte ich auf letzteres. Naja mir sollte es recht sein. „Nun ich weiß nicht ob es dir aufgefallen ist, aber hier in Japan sprechen wir uns nur selten mit dem Vornamen an. Es ist nur den engsten Freunden und der Familie vorbehalten. Bei uns ist es etwas respektlos.“ erklärte ich ihm dennoch, man sollte mir ja später nicht vorhalten können, ich hätte meinen Schatten nichts erklärt. „Shiro passt aber zu dir und deinem Äußeren... jedenfalls besser als...ähm...“ „Okumura.“ sprang ich ihm zu Hilfe und sah zu ihm rüber. „Genau. Shiro beschreibt dich einfach besser. Deine Eltern haben gewusst was sie dir für einen Namen geben sollen. Warum benutzt ihr sie dann nicht?“ erwiderte Raizel darauf und gestikulierte sich mit den Händen. Auf seine Frage hin musste ich leider nur mit den Schultern zucken. Ich wusste es nicht. Woher auch, es war unsere Kultur und wir fragten nicht mehr nach dem warum. Es war einfach so. „Ich nenne dich trotzdem Shiro! Gewöhne dich daran!“ zischte er mir zu und funkelte mich bereits warnend an, das Widerspruch nur verschwendete Luft und Mühe wäre. Also breitete ich einfach nur meine Arme einen kurzen Moment aus und zuckte mit den Schultern. Normalerweise hätte ich ordentlich etwas erwidert. Es war wirklich respektlos und so etwas ließ ich mir nur selten Gefallen, auch nicht von den Reichen. Aber bei Raizel war es mir komischer Weise egal. Vielleicht weil er einfach nichts der Gleichen damit verband. Für ihn war es wirklich nur ein Name, der zugebender Maßen wirklich zu mir passte. Unsere Schuluniform war weiß mit dünnen schwarzen Streifen an den Nähten und unserem Schulwappen auf der Brust, deren Farbe auch gleich unsere Klasse symbolisierte, meines war dunkel blau, der Jahrgang unter mir hatte hellgrün und der über mir schwarz golden. Ich hatte also wirklich nur wenig Farbe am Körper und lief daher wirklich fast in ganz weiß herum. Raizel war sozusagen das Gegenteil von mir, er war größer als ich, wenn auch nur einen Kopf und ich war mit meinen eins achtzig schon groß, seine Haare glichen feuchter Kohle und die Augen, nun die hatte ich glaub ich schon hinreichend erwähnt. Nur unsere blasse Haut war fast von der gleichen Farbe, seine war noch etwas heller und meine war schon sehr blass. Der Weg zur Turnhalle war zwar nicht sehr weit, aber dennoch konnte man die Sporthalle nicht sehen. Sie lag hinter einigen Bäumen versteckt und war für Neuankömmlinge daher schwer zu finden und unser Campus war wirklich nicht gerade klein. In einer Pause schaffte man es jedenfalls nicht die Grenze abzulaufen, selbst wenn mal wirklich schnell rannte schaffte man gerade mal etwas mehr als die Hälfte. Aber das interessierte hier eh niemanden, ich war vermutlich der Einzige der den ganzen Campus mehr als einem umlaufen ist. Natürlich nicht freiwillig, sondern als kleine Strafe vom Sportlehrer wenn man mal wieder zu spät kam. Aber dieses Mal schafften wir es rechtzeitig und kamen pünktlich an, auch wenn die Jungs schon Fußball spielten und die Mädchen ihren Favoriten anfeuerten. Das änderte sich jedoch als sie Raizels Gegenwart bemerkten. Sämtliche Augenpaare waren auf ihn und damit auch mich gerichtet. Ich hasste es im Mittelpunkt zustehen! Einer der Fußballer, mein ganz persönlicher Freund Kaito Yamagushi, war der Meinung die Fähigkeiten des Neuen ausprobieren zu müssen und schoss mit voller Kraft in seine Richtung. Dieser eitle Geck! Er musste es auch immer wieder übertreiben! Ich war eigentlich niemanden feindlich gesinnt und ließ jeden seine eigenen Prinzipien, aber dieser Kerl war der Meinung alle deren Familien nicht auf bestimmte Anlässe eingeladen wurden seien nur Maden die es zu zerquetschen galt. Er sah auf jeden hier herab, nichtsdestotrotz genoss er bei vielen Beliebtheit und Bewunderung, besonders bei den Frauen die das Glück genossen von ihm bemerkt zu werden. Aber egal wie reich er auch war, in Sachen Sport und körperliche Fitness konnte niemand an dieser Schule mir das Wasser reichen. Durch mein ständiges Arbeiten hatte ich eine sehr gute Ausdauer, Kraft und war sehr schnell. Im allgemeinen war ich sportlich und beherrschte auch einige Kampfsportarten, diesen Ball aufzuhalten war also nicht wirklich ein Problem, außerdem konnte ich es wohl kaum riskieren das Raizel etwas passierte, nur weil er abgelenkt war und zufälliger Weise nicht in diese Richtung sah! Ich streckte lässig meine Hand aus, spannte sämtlich Muskeln an und hielt den Ball, der kurz davor war Raizels Kopf zutreffen, auf. Der Ball selbst blieb auch in meiner Hand, nur leider hatte auch Kaito einiges an Kraft und ich keine Handschuhe an. So kam es auch das der Ball sich in meiner Hand weiter drehte und mir der Geruch von Blut und auch angesengtem Fleisch in die Nase stieg. Dem brennen in meiner Hand zu Urteilen kam der Geruch von da. Ich verzog kurz das Gesicht und nahm den Ball in meine anderen Hand und betrachtete die wirklich nicht schön anzusehende Haut. Sie brannte höllisch als ihr meine Aufmerksamkeit bewusst wurde. Aber lange konnte ich meine Hand nicht betrachten, denn sie wurde mir einfach von Raizel enteignet, der sie zu sich zog die einzelnen Bluttropfen anstarrte und dabei leise zischte. Er tastete über die Wunde und schien gar nichts mehr um uns herum wahrzunehmen, er starrte einfach nur auf meine Hand. „Das ist nur ein Kratzer.“ entgegnete ich leise und betrachtete den schwarzhaarigen Jungen noch einen Moment. Meine Stimme schien ihn wieder aus seinen Gedanken gerissen zu haben, denn er schüttelte kurz den Kopf und ließ meine Hand dann auch gleich ruckartig wieder los. „Schuldige.“ murmelte er leise und machte einen Schritt zurück. Das Verhalten von ihm war etwas seltsam, er schien beinahe Angst vor meiner Hand, oder war es das Blut, zu haben. „Schon ok... wie gesagt es ist nur ein Kratzer, das ist morgen gewiss schon wieder verheilt.“ erwiderte ich verwundert und wischte das Blut an meiner dunklen Tasche wieder ab. Und steckte meine Hand erst jetzt wieder in meine Hosentasche, nicht nur wegen Raizels scheinbarer Angst, sondern auch wegen des Geruches. Ich mochte den kupfernen Geruch von Blut einfach nicht auch nicht diese geringe Menge. Den Ball in meiner Hand hatte ich schon wieder ganz vergessen. Erst als ich mir durch die Haare fahren wollte und ihn bemerkte erinnerte ich mich wieder an Kaitos Anwesenheit knappe hundert Meter entfernt. „Yamagushi! Hier hast du deinen verdammten Ball wieder!“ rief ich in seine Richtung und schoss nun Selbst, zwar nicht mit ganzer Kraft aber doch mit Power und Kaito war nicht so athletisch wie ich und bekam den Ball auch direkt in die Magengrube. Selbst so weit von ihm entfernt schien ich das Keuchen und Würgen von ihm zu hören, während er versuchte wieder den Atem einzufangen, der seine Lunge gewiss panisch verlassen hatte. Geschah ihm ganz Recht! Er hatte nicht mal mehr die Luft dazu mich zu verfluchen und mir Drohungen an den Kopf zu werfen die, so wie ich ihn kannte, gewiss auch in seinem Ermessen lagen ausgeführt zu werden, von daher war es mir ganz Recht nicht zu vernehmen was er alles mit meiner Wenigkeit zu tun gedachte. Es klingelte nun das erste Mal, es war nur die Schulklingel und war daher leise, dennoch hielt sich Raizel die Ohren zu und schien dadurch wieder so weit zur Besinnung zu kommen, nicht auf die Stelle zu starren wo bis vor wenigen Momenten noch meine Hand war, sondern zu mir zu sehen und mir endlich in die Turnhalle zu folgen. Aber er schien noch immer irgendwie abwesend zu sein. Er lief zwar neben mir her, aber seine Augen schien ganz wo anders hinzusehen. Ich griff leicht besorgt mit meiner unverletzten Hand nach seiner Schulter und drückte leicht zu. „Hey alles in Ordnung bei dir Raizel?“ Raizel der nun schnell hintereinander blinzelte nickte leicht und rieb sich den Nacken, wobei er ganz beiläufig meine Hand von seiner Schulter rutschen ließ. „Äh...Ja alles ok. Ich habe nur etwas gegen Blut.“ versuchte er hastig sein Verhalten zu erklären und setzte ein Lächeln auf das selbst in diesem Schatten nicht mal annähernd echt aussah. Es schien eher das Gegenteil der Fall zu sein. Normalerweise wendete man sich doch von Sachen ab die man nicht mochte und starrte sie keine halbe Minute lang an und fasste sie nicht auch noch an! Raizel schien meine Skepsis irgendwie erraten zu haben, nun gut zu meiner Verteidigung muss ich sagen ich versuchte sie auch gar nicht zu verbergen, denn er erzählte schnell weiter um vom Thema abzulenken. „Dieser Yamagushi scheint ja ein ganz schöner Vollidiot zu sein!“ Dieses mal antwortete ich nur mit einem beredeten Schweigen und betrat die leere Umkleidekabine. „Bist du dir sicher das es eine gute Idee war dem Typen den Ball in den Bauch zu schießen?“ fragte er noch mal nach und schien ernsthaft darüber besorgt zu sein. Ich dachte kurz darüber nach, sicher er war der vermutlich einflussreichste Schüler hier an der Schule und konnte mir daher sicherlich gefährlich werden, aber „Nun... vom rein logischen her war es keine gute Idee. Er hat einiges an Einfluss und ist auch mit dem Boss der mächtigsten Yakuzafamilie hier in Japan verwandt, also nein es war keine gute Idee. Aber dieser Kerl geht mir schon lange auf den Geist und ein wenig Benehmen schadet diesem Balg mit Sicherheit nicht.“ erklärte ich ihm und winkte an der Türschwelle zur den Umkleidekabinen ab. Wie immer stand ich in der Nähe der Duschen, dort war es recht dunkel und man konnte mich daher nicht begutachten, wie es die Jungen hier manchmal taten. Nicht gerade selten hatten ich einige Wunden und die zu erklären wenn der Lehrer rein kam war nicht gerade angenehm. Außerdem hatte ich hervorragende Augen und konnte auch im halbdunkel noch beinahe perfekt sehen. Der aber vermutlich wichtigste Grund für mich war, dass Kaito am anderen Ende seinen Platz hatte und damit am weitesten von ihm entfernt war. Wie gesagt ich konnte diesen Typen einfach nicht ausstehen. Fertig umgezogen wartete ich noch auf Raizel, der noch mit seinen Schuhen zu kämpfen hatte, aber schnell den Sieg davon trug und aufstand. „Warum versteckst du dich hier hinten in der Ecke? Du hast eigentlich keinen Grund dazu.“ hörte ich hinter mir meinen Begleiter sagen und stockte in der Bewegung die Kabinentür wieder zu öffnen. Hatte ich da gerade richtig gehört? Hatte mir Raizel gerade ein Kompliment für meinen Körper gemacht, oder ging meine Fantasie gerade mit mir durch? „Ähm... wie meinst du das?“ fragte ich lieber noch mal nach, hatte aber schon jetzt einen leichten Rotschimmer auf den Wangen. „Dein Körper ist gut gebaut, du bist muskulös, nicht dick, groß und hast auch keine peinlichen Muttermale, deswegen verstehe ich nicht warum du dich im Dunkeln versteckst, wo doch so viel Platz im Licht ist!“ erklärte er noch mal genauer und sah mich an, als wäre das doch eine Schlussfolgerung die jeder hätte ziehen können. Blinzelt sah ich noch einmal in den Raum und sondierte die besagten Plätze noch einmal bevor ich wieder zu Raizel sah. Er war Ausländer und schien die Schlucht, welche zwischen Arm und Reich klaffte noch nicht zu verstehen. Also erklärte ich es ihm. „Du scheinst diesen Kerl wirklich nicht leiden zu können oder?“ er wollte es anscheint wirklich genau wissen. „Das ist noch freundlich ausgedrückt. So wirklich leiden kann ich hier auf der Schule niemanden. Einige Jungen sind in Ordnung, mit denen komm ich auch aus. Aber niemanden hier würde ich als meinen Freund bezeichnen. Sehr viele an dieser Schule sehen auf das 'gemeine' Volk herab und behandeln ihr Personal wie Vieh und solche Menschen kann ich aus Prinzip nicht ausstehen!“ ich machte eine kurze Pause und sah von Raizel wieder zur Tür. „Du scheinst eine Ausnahme von der Regel zu sein.“ fügte ich noch hinzu und ging dann in die Turnhalle. Wo der Lehrer noch auf die letzten paar Schüler wartete und dann mit dem Unterricht anfing. Raizel hatte nicht mehr antworten können ohne das ein Anderer mit hörte, aber er schien es auch nicht vorgehabt zu haben. Seinem Gesichtsausdruck zu urteilen dachte er noch immer darüber nach, um nach der Doppelbedeutung zu suchen. Wenn dem so war, dann war es mir jedenfalls nicht bekannt und es würde mich auch interessieren. Als ich ihn darauf hin ansprach, schüttelte er nur den Kopf und beobachtete einige Frauen die Tuschelnd die Köpfe zusammensteckten und ab und an in unsere Richtung sahen. Sie sprachen leise um nicht gehört zu werden, aber ich besaß ebenso gute Ohren wie auch Augen, deswegen hörte ich hin und wieder einige Wortfetzen, nichts davon aber fesselte wirklich meine Aufmerksamkeit, weshalb ich mich schnell wieder dem Lehrer zuwendete, der den Stundenablauf zusammen fasste. Es war ein recht langweiliges Thema. Leichtathletik. Die Jungen sollten mit Ausdauerlauf anfangen und die Mädchen mit den Sprüngen. Der Sportunterricht hier an der Schule war nur eine abgeschwächte Variante vom wirklich Unterricht auf den gängigen Schulen, aber Ausdauer war bei allen gleich, das hieß dann wohl wieder eine halbe Runde um den Campus, wer sich vom Aufräumen drücken wollte konnte auch eine ganze Runde laufen, aber bis auf meiner Wenigkeit hatte niemand von dem Angebot Gebrauch gemacht. Wie immer sollten wir uns melden wer sich für was entschied. Ich war überrascht neben meiner Hand auch noch die Kaitos, seinen engsten Freunden und auch Raizels zu sehen. Das Raizel mir Gesellschaft leistete freute mich, aber die Freude wurde durch Kaitos Anwesenheit schnell getrübt. In meinem Inneren trieb ein leises Gefühl von Misstrauen sein Unwesen und weigerte sich strickt sich wieder zu entfernen. Leicht nervös kaute ich auf meiner Unterlippe herum und ballte immer wieder meine Hand zur Faust, nur um sie dann doch wieder zu lösen. „War wohl wirklich keine gute Idee mit dem Ball. Der hat doch irgendetwas vor.“ hörte ich Raizel leise neben mir und erntete ein leichtes Nicken. Es machte also nicht nur mich nervös und im Gegensatz zu Raizel wusste ich, das Kaito sich noch nie dazu durch gerungen hatte mehr zu laufen als er denn musste. Denn zum laufen seien, seiner Meinung nach, die Diener da und nicht er. „Ich bin nervös, weil du nervös bist.“ Raizel schien auch noch Gedanken lesen zu können. Ich antwortete aber nicht auf diesen leicht beängstigenden Zufall und nahm es einfach so hin. Es gefiel mir immer weniger, alleine mit Raizel und Kaitos Truppe durch den abgeschiedenen Teil des Schulhofs zu laufen. Diese Stelle konnte man weder von der Straße, noch von der Schule oder Turnhalle einsehen, selbst die Sicht vom Dach aus wurde von den Bäumen verdeckt und bot einen hervorragenden Ort um irgendetwas zu unternehmen. „Ich hoffe du bist ein guter Läufer. Ich werde am Anfang einiges an Weg raus holen. Ihn hinter mir zu haben ist mir lieber, als neben oder gar vor mir.“ aus irgendeinem Grund schien mein Satz Raizel zu belustigen, denn er lachte leise und klopfte mir beruhigend auf die Schulter. „Keine Sorge ich bleibe an dir dran und passe auf dich auf.“ sagte er noch immer mit einem amüsierten Grinsen im Gesicht und stellte sich wirklich zwischen mich und meinem verhassten Mitschüler. Das Signal in Form eines wirklich ekelhaft hohen Pfeifen ertönte und sowohl ich als auch mein Gegenstück schossen davon. Ich rannte nicht mit voller Kraft, aber Raizel schien dennoch ohne Probleme mit mir mitzuhalten und wirkte nicht im mindesten angestrengt, also lief ich noch etwas schneller und dieser Kerl hielt noch immer mit, sah nun aber doch zu mir und nicht mehr nach vorne. Raizel nickte mir anerkennend zu und deutete mit einem leichtem Nicken an, das ich nach hinten sehen sollte. Das tat ich dann auch und schielte über meine linke Schulter nach hinten. Die anderen Läufer waren inzwischen zurück gefallen, aber Kaitos Gruppe war nicht annähernd so weit entfernt wie es mir lieb wäre. „Was dagegen wenn wir noch etwas schneller laufen?“ fragte ich, ohne eine Regung in der Stimme, zur Seite und bekam ein „Sicher. Immer lauf nur ich halte schon mit.“, als Antwort. Also liefen wir noch schneller. Ein Fluchen hinter mir ließ mich zufrieden Grinsen und zur Seite lächeln. „Bei diesem Tempo sind wir die nach wenigen Minuten los.“ fügte ich noch hinzu und blieb bei dieser Geschwindigkeit, während Raizel nun wirklich zu mir aufschloss und direkt neben mir lief. „Ist doch ganz praktisch, so sehe ich gleich noch ein wenig von der Schule.“ Jetzt war es an mir leise zu lachen. „Du bist gut in Form.“ erwiderte ich noch und sah zu ihm rüber. „Bis her konnte niemand neben mir herlaufen und dann noch reden.“ sagte ich anerkennend und glaubte neben mir ein Schnauben zu hören. „Was ist denn daran so schwer? Die anderen scheinen noch nie wirklich gearbeitet zu haben, dann könnten die das gewiss auch!“ da hatte er recht. Keiner der auf dieser Schule geht hatte je wirklich arbeiten müssen und der längste Weg den die anderen wohl je gemacht hatten, war beim Einkaufen, oder beim spazieren gehen im eigenen Garten. Niemand hatte je eigenes Geld verdienen müssen. Aber das dieser Satz von Raizel kam verwunderte mich dann doch ein wenig. Ich hatte angenommen das auch mein neuer Freund, als solchen sah ich Raizel nämlich bereits, noch nicht hatte arbeiten müssen. Wieder erriet er meine Gedanken, das wurde langsam wirklich unheimlich. „Ich stamme zwar aus einer sehr wohlhabenden Familie, aber mein Vater war schon immer der Meinung das man für sein Geld etwas tun müsse und hat mich deswegen in den Ferien arbeiten lassen. Sei es auch nur um mir den Ernst des Lebens zu zeigen und das Geld nicht als selbstverständlich anzusehen ist.“ „Ich bin beeindruckt. Damit bist wohl wirklich eine Ausnahme.“ war das letzte was ich noch sagte, dann verfielen wir wieder ins Schweigen. Es war anders als sonst keine Stille unangenehme Stille, wir beide hatten nichts mehr zu sagen und schienen es dem anderem zu überlassen, sie brechen zu können wenn er es denn wollte. Beim Laufen im Allgemeinen passierte nichts, vermutlich ließ ich deswegen meine Deckung sinken. Wir kamen gerade wieder in Sichtweite der Turnhalle, aber auch nicht so das man uns sehen konnte. Wie hieß es so schön, Vorsicht ist besser als Nachsicht, wieder einmal kam das Gesetz der universellen Schweinerei zum Tragen. Gerade als ich mit Kaito und deren Rache abgeschlossen hatte hörte ich ein leises "Flop", dann schmerzte meine Seite als mich etwas hartes traf. Ich geriet ins Straucheln und drohte hinzufallen. Wenn Raizel nicht solche unglaublichen Reflexe haben würde. Er fing mich mehr oder weniger auf. "Flop" wieder traf mich etwas, aber dieses mal meinen Oberschenkel, wieder ertönte das Geräusch und ein Schmerz zog sich von meinem Oberarm hinauf bis in die Schulter. Nun wurden wieder meine Rippen getroffen die nun doch etwas ächzten. Was zur Hölle traf mich da?! Meiner mehr oder weniger unfreiwillig trainierten Schmerztoleranz war es zu verdanken, dass ich nach oben sah. Keine Ahnung wer mehr überrascht war, ich der den Ball ohne Probleme gefangen hatte, der knurrende Raizel neben mir, oder aber der in Raizels und meiner Aufmerksamkeit stehende Schüler hinter dieser verdammten Ballmaschine. Vermutlich aber war es der Schüler, der gerade vergaß den Knopf zu drücken. Nun nahm ich mir auch die Zeit das Objekt in meiner Hand zu betrachten. Es war ein ganz normaler Baseball, wie man ihn häufig beim Baseball verwendet. Es war natürlich die harte Variante, nicht die weiche für Kinder. "Bist du denn wahnsinnig geworden? Du hirnverbrannter Idiot! Hast du eine Ahnung wie gefährlich so eine Maschine ist? Was denkst du wohl warum der Catcher Schutzkleidung trägt? Gewiss nicht weil sie so cool aussieht!" brüllte Raizel nun in des Schülers Richtung, nach dem er sich versichert hatte das der Ball wirklich in meiner Hand und nicht an meinem Kopf gelandet war, denn dort hätte er mich gewiss getroffen. Noch immer ein wenig perplex schaute ich nun wieder zur Maschine und dann, als die Schmerzen in meiner Seite mich wieder daran erinnerten was genau Raizel denn meinte, sah ich zum Schüler. Natürlich, wie sollte es auch anders sein, zählte der zu den Speichelleckern von Kaito, sein Name war mir aber entfallen und der interessierte mich auch nicht. Genauso wenig wie das nicht wirklich menschlich klingende Knurren, das in Raizels Brust zu vibrieren schien. "Ähm... I-I-Ich...Ich wusste n-nicht... ich wusste nicht das dort echte Bälle drin sind! Kaito sagte es seien nur Wasserbomben. Wir wollten es dem Albi... ähm ich meine Okumura nur das mit dem Ball heimzahlen. Wirklich ich wusste doch nicht..." "Klar Wasser und Elektronik versteht sich auch so hervorragend...Volltrottel." unterbrach ich das Stammeln und tastete zischend nach meiner Rippe. Raizel zog sogar mein Oberteil etwas nach oben um sich den immer größer werdenden Bluterguss anzusehen. Er war bereits violett, statt blau und nahm fast sämtliche Rippen auf meiner linken Körperhälfte ein. Selbst der Idiot von Schüler wurde blass als er ihn betrachtete, noch blasser aber war vermutlich ich, denn der blaue Fleck sah nicht so aus, als wäre er wie sonst nach einigen Stunden wieder verschwunden. Er schmerzte wirklich tierisch, das Raizel an meinen Rippen herum tastete machte die Sache auch nicht besser, so das ich sowohl vor der ungewohnt vertrauten Berührung als auch vor dem Schmerz zurück zuckte und dadurch einen missbilligenden Blick vom Schwarzhaarigen kassierte. Dieses mal, war ich es wieder der Gedankenlesen konnte und mich nun beeilte in die Turnhalle zu kommen. Ich wollte nicht das Raizel mich noch zur Schwester schleifte. Vermutlich war der Kerl doch schlau genug gewesen um zu verduften, bevor Raizel oder ich uns noch mal mit ihm befassen konnten, vor allem vor Raizel schien er Angst gehabt zu haben. Ich konnte es ihm nicht verübeln. Jedenfalls nicht wenn ich den nun wieder neben mir her laufenden Jungen betrachtete. Er sah noch immer so aus als wollte er irgendetwas kaputt schlagen. So wie mich Raizels Wut überraschte so überraschte mich meine eigene Ruhe. Obwohl meine komplette linke Körperhälfte schmerzte und meine Hand brannte wie Feuer, war ich ruhig und empfand nicht einen Funken Wut. "Lass gut sein mein Freund. Komm ziehen wir uns um, für heute haben wir unseren Sportunterricht geschafft." meinte ich ruhig und wurde angefunkelt. "Willst es nicht mal dem Lehrer sagen?!" fauchte Raizel in meine Richtung, aber wieder blieb ich ruhig und ging einfach weiter und fing an mich umzuziehen. Raizel war neu an der Schule, er musste noch verstehen das es hier nicht so abging wie auf öffentlichen Schulen. Hier wurden die Strafen schwächer, je mehr Einfluss deine Familie hatte und Kaitos Familie war sehr, sehr einflussreich. Selbst wenn mich der letzte Ball getroffen hätte, wäre der Junge selber mit vielleicht Nachsitzen und Kaito, wenn überhaupt, mit einer Mahnung davon gekommen und das waren schon die Einschätzungen wenn die zwei Pech hatten. "In was für eine Schule bin ich nur hinein geraten?" seufzte mein Freund nun wieder deutlich ruhiger und wartete auf mich. Sobald auch ich meine Sachen gewechselt und meine Schuhe dazu überredet hatte, doch meine Füße rein zu lassen ging ich zum Sportlehrer um mich und Raizel abzumelden. Normalerweise würde man natürlich da bleiben müssen bis der Unterricht wirklich zu ende war, aber da ich den 'Neuen' ja noch die Schule zeigen musste, durften wir gehen. Ich zeigte Raizel auch die Schule, selbst die Labore mit die alte Chinchilla-Dame, die niemanden außer mich an sich heran ließ und ihren Besitz fauchend und beißend verteidigte, wozu auch ich gehörte. Raizel war überraschender Weise wirklich still. Er sagte kein Ton, nicht mal zu der feindseligen Dame. Erst als ich ihm die Krankenstation zeigte reagierte er nicht nur mit einem leichten Nicken, sondern zwang mich auf einen der Stühle platz zu nehmen bis endlich die Schwester bei mir war und mir mein Shirt auf Raizels Anweisung hin auszog. Ich kassierte nun nicht nur genervte, sondern wirklich verärgerte Blicke. Egal wie sehr ich auch protestierte Beide, sowohl Raizel als auch die Schwester, bestanden darauf mir einen Verband anlegen zu müssen, eher weigerten sich Beide mich gehen zu lassen. Anders als die meisten Lehrer hier war diese junge Frau wirklich um mein Wohlergehen besorgt, auch wenn sie ihren Job manchmal etwas zu ernst nahm und mich hier behalten wollte. Deswegen konnte ich es auch kaum erwarten von dort wieder zu verschwinden und zum nächsten Unterrichtsraum zu gehen. Dieses mal ging die Stille beim laufen von mir aus, auch wenn mich Raizel ansprach oder irgendetwas fragte, reagierte ich nur mit sehr kurzen Antworten. Vor dem Klassenraum blieb ich noch mal stehen und sah über meine Schulter zu Raizel. "Egal was in dieser Stunde passiert. Wenn ich vielleicht nicht reagiere oder gar unhöflich werden sollte, dann hat das nichts mit dir zu tun, also nehme es dir nicht zu Herzen." warnte ich ihn vor bevor ich den Raum betrat und mich auf meine Bank setzte. Sofort verfiel ich wieder in meine Art Trance. Ich reagierte auf nichts, starrte einfach nur aus dem Fenster. Das änderte sich jedoch als eine innere Stimme mir sagte ich solle aufpassen. Als ich meinen Blick aus diesem Grund zur Tafel schweifen ließ bemerkte ich gerade noch rechtzeitig, dass ein Stück Kreide in meine Richtung zischte und drohte an meinem Kopf zu landen. Aber gegen die Baseballs war die Kreide langsam und ich hatte bereits damit gerechnet, das ich es mal wieder mit fliegenden Schreibmaterial zu tun bekam. Es kostete mir kaum Mühe die Kreide aus der Luft zu fischen und sie nun selber immer wieder in die Luft zu werfen und dann wieder aufzufangen. "Wie oft soll ich dir noch sagen das du aufpassen sollst?"brüllte Herr Moto in meine Richtung und spuckte dabei mal wieder. Deswegen war ich froh nicht in der ersten Reihe zu sitzen: die bekamen immer eine Dusche wenn Herr Moto mich mal wieder an schrie. "Das müssen sie mir nicht sagen. Herr Moto ich höre auch so zu." sagte ich ihm und gab wirklich seine letzten zehn Sätze wieder. Aber das schien ihn nur noch wütender zu machen. Wie konnte ich es auch wagen zu widersprechen und ihn auch noch vorzuführen! Der Mann lief rot an und selbst hier hinten in der letzten Reihe war ich in der Lage seine Kiefer arbeiten zu sehen, und zu hören wie Zähne aufeinander mahlten. "Dennoch arbeitest du nicht im Unterricht mit!" kläffte der Lehrer zurück und klopfte mit seinen Fingerspitzen auf seinen Lehrertisch. "Das würde ich, wenn sie endlich mal mit dem richtigen Thema anfangen würden! Ich verstehe ja das wir das Thema Mythen und Legenden anschneiden, aber gewiss nicht, dass wir dieses Thema nun schon seit über einem Monat behandeln und dann auch noch diesen Müll Biss lesen müssen. Keine, aber wirklich keine andere Schule tut das!" sagte ich noch immer im ruhigen Ton. Aber es war offensichtlich das es in mir langsam zu brodeln anfing. Der letzte Satz jedoch war ein Fehler gewesen. "Wie kannst du es wagen meinen Unterricht zu kritisieren! Ich behandle das Thema weil ich es will!!" zischte der Mann in meine Richtung und kam wenige Schritte näher, aber wie die Anderen wagte er es nicht mir wirklich nahe zu kommen. "Man hätte dir im Heim etwas Respekt einflößen sollen, du Tunichtgut! Ich kann nicht verstehen warum sie dich raus gelassen haben. Pah!Mittelloses Balg!" Abwertend sah der Lehrer auf mich hinunter und gestikulierte eine wegwerfende Bewegung. Nun war es an mir die Zähne zusammen zu beißen, um nicht die Worte entfleuchen zulassen die mir gerade auf der Zunge lagen. Die Einzigen davon die man wirklich als anständig ansehen könnte wären vermutlich 'du', 'und', 'klein' und vielleicht irgendeine Form von 'sein'. Der Kugelschreiber in meiner Hand zerbrach, ohne das ich es überhaupt bemerkte, das selbe Schicksal erlitt auch die Kreide in meiner anderen Hand. Ich bemerkte es erst als mir Raizel einen neuen Stift gab und den Lehrer ungläubig, und auch irgendwie erschrocken, ansah. "Wenn Sie so gut Bescheid wissen Albino dann haben sie gewiss auch nichts dagegen heute gegen 18 Uhr noch einmal in die Schule zu kommen und mir Ihr Wissen in Form eines Aufsatzes unter Beweis stellen." Ich war noch immer viel zu verletzt um ernsthaft Wut zu empfinden, der Stift in meiner Hand zerfiel in kleine Bruchstücke auf dem Holztisch, als ich meine Hand langsam wieder öffnete. Ich hatte keine Möglichkeit mich auch nur irgendwie zu wehren. Ich hasste diesen Mann! Er war ungerecht und gemein! Dabei wusste ich wirklich keinen Grund warum er mich so sehr verabscheute, obwohl ich wusste einen aber der bewies mir nur wieder das ich jede Recht hatte ihn zu hassen. Aber dennoch konnte ich mich nicht wehren. Nachdem ich mich dazu durch gerungen hatte mich wieder zu beruhigen ging ich wieder meiner Hauptbeschäftigung nach: Ich sah aus dem Fenster und tat nichts weiter, mein Kopf war abgeschaltet. Das hieß aber nicht das ich nicht zuhörte, wie immer hätte ich wiederholen können was der Lehrer sagte. Zu einem gewissen Grad versteht sich. Wie immer bemerkte ich erst als es klingelte, das sich meine Sinne so sehr schärften. Ich konnte Herzschläge hören, riechen was für ein Deo jeder benutzte und die Fasern des Laubes außerhalb des Raumes erkennen. Meine Hände zuckten nach oben als dieser verdammte Klingel anfing zu schreien. Sie klingelten noch einige Sekunden nachdem dieses Ding wieder geendet hatte,erst als ich wieder ohne diese bunten Punkte in meinem Blick sehen konnte nahm ich die Hände wieder runter und packte meine Sachen zusammen. Raizel war still und schien nachzudenken. Aber kaum das der Lehrer den Raum verlassen hatte, sah er ein wenig sauer zu mir nach oben. Was hatte ich denn nun angestellt? Ich erfuhr es auch dann gleich. "Warum hast du dir das gefallen lassen? Dieser Kerl sieht auf dich herab als wenn du aus einer Schlammpfütze gekrochen wärst!" schoss er in meine Richtung und stoppte mit dem packen. "Raizel... ich kann da nichts machen. An dieser Schule spielt Moral und Schulwesen eine untergeordnete Rolle, hier ist es wichtiger wie viel Geld du auf dem Konto hast und wer deine Eltern sind. Ich glaube er hat es vorhin kurz angedeutet. Ich bin nicht reich und habe eine besondere Stellung zum Rektor. Beides ist hier nicht gerne gesehen. Also muss ich halt einige unbegründete Strafen hinnehmen." erklärte ich ruhig und verließ mit Raizel im Schlepptau den Raum. Ich wollte nicht weiter darüber nachdenken, meine Laune war so schon in den Keller gegangen und das letzte davon wollte ich eigentlich behalten, zumindest bis 18 Uhr. Seufzend fuhr ich mir durch die Haare und sah auf die Uhr. Normalerweise waren jetzt nur noch Klubaktivitäten. Ich war rein theoretisch im Kunstkurs eingeschrieben, aber anwesend war ich nur einmal im Monat, die anderen Tage war ich arbeiten und war froh das meine Lehrerin es mir erlaubte und mir keine Fehlzeiten eintrug solange ich regelmäßig Bilder ablieferte und das tat ich eigentlich einmal in der Woche. "Wir sehen uns morgen Raizel. Ich bin dann mal weg." verabschiedete ich mich schon beim laufen und sprang mit einem Satz über den Zaun und lief in Richtung Wohnung. Beim Laufen betrachtete ich noch einmal meine Hand. Die Schrammen waren verschwunden, nur noch ganz leicht konnte man die neue von der alten Haut unterscheiden. Ich musste etwas vorsichtiger werden, es war schwer so etwas zu erklären und ich wollte nicht auch noch Raizel verlieren in dem er erfuhr, das ich nicht ganz normal war und meine Wunden meist innerhalb von wenigen Stunden heilten. Mein Gesicht verzog bei dem Gedanken, vielleicht war ich doch etwas einsamer als ich zugeben wollte. Bei der Wohnung angekommen erwartete mich auch schon meine Vermieterin. "Ah da bist du ja schon. Essen steht im Kühlschrank falls du Hunger bekommen solltest. Die zwei haben noch nicht ihre Hausaufgaben gemacht kümmere dich da bitte drum! Ich werde gegen halb sechs zurück sein. Bis nach her Junge." rief sie mir entgegen als ich in Hörweite war und drückte mir gleich ihren Schlüssel in die Hand. Wirklich antworten konnte ich nicht mehr, denn sie war bereits einige Meter weiter und ich stand alleine da. Viele mochten sich fragen was genau ich eigentlich tat und warum zum Teufel ich deswegen die schule schwänzte. Nun die Antwort war einfach. Ich passte auf die zwei Kinder meiner Vermieterin auf, während sie einkaufen ging oder anderes beschäftigt war. Ich bekam nicht wirklich Geld für den Job, immerhin durfte ich keinen Job haben. Aber das hatten wir einfach gelöst. Ich bekam einfach kein Geld sondern musste weder Miete zahlen noch Strom, Wasser oder Heizkosten, ab und an brachte mir die nette Dame auch Lebensmittel und andere Dinge vom Einkauf mit und ersparte es mir auch noch. Beide Parteien gewannen dabei und der Rektor war auf die Weise nicht gezwungen mich rauszuschmeißen. Kaum das ich die Tür hinter mir geschlossen hatte wurde ich auch schon überfallen und angesprungen. Mia die Jüngere der Beiden war 6 Jahre und ihr Bruder stolze 11. Ihr Vater war schon lange fort und wollte von den Beiden nichts mehr wissen, aber ich verstand ihn einfach nicht. Die zwei waren meist pflegeleicht und wirklich liebenswert. Es fiel dank ihren jungen Jahren nicht schwer sie hoch zu heben und auf dem Sofa wieder ab zusetzen. Wie jedes Kind mochten sie es gar nicht wenn man sie dazu zwang ihre Hausaufgaben zu machen,also tat ich es auch nicht. Mehr benutzte ich einen kleinen Trick. Ich spielte einfach mit ihnen und veranstaltete einen kleinen Wettbewerb daraus. Die Regeln waren einfach. Jedes Mal wenn sie eine Aufgabe richtig lösten konnten bekamen sie von mir etwas süßes oder durften sich den Fernsehkanal aussuchen. Auf diese Art und Weise waren die Hausaufgaben schnell erledigt und auch die Zeit die mir mit den Beiden noch blieb. Also entschied ich mich, mein nächstes Kunstbild in Form eines Portrait anzufertigen. Ich benutzen einen Kugelschreiber, aber der reichte mir auch vollkommen aus. Als ich das Bild dann endlich beendet hatte klappte die Tür und die junge Mutter der Kleinen trat ein. "Danke Shirogane. Ich habe dir einige Sachen aus der Stadt mitgebracht, sie stehen oben vor deiner Wohnung. Stell sie am besten gleich weg, nicht das das Eis auftaut." teilte sie mir lächelnd mit und drückte mir noch einen 10.000 Yen Schein in die Hand. Wie sie sagte war es 'Nervengeld' und das galt nicht als Bezahlung, sondern sollte nur ihr Gewissen beruhigen. Ich wäre dumm wenn ich das Geld nicht annehmen würde, also tat ich es auch und packte es weg. Für mich war dieser Schein eine Menge wert. Ich konnte damit eine ganze Weile leben ohne mir Sorgen machen zu müssen, wie ich ein weiteres Fenster bezahlen sollte! Wie geraten brachte ich noch die Tüten rein und stellte alles weg bevor ich mich auf den Weg machte zur Schule zu kommen. Wieder wurde mir bewusst wie sehr ich diesen Herr Moto doch hasste! Und meine Rippen meldeten sich auch wieder, aber die konnte ich ignorieren. Ich wollte einfach nicht glauben, dass ich sie mir vielleicht gebrochen haben könnte... diese Bälle hatten zwar Power aber doch nicht so fiel um mir gleich die Rippen zu brechen und ich hatte immerhin einen Ball gefangen und diesen Knochen war nichts weiter passiert, nun gut ich hatte mir die Haut verbrannt und vermutlich die Knochen etwas geprellt und ich war mir sehr sicher Rippen waren stabiler als diese dünnen Knochen innerhalb einer Hand. Ich wusste meine Mitschüler hatten Angst vor mir und wenn ich mir meine ungewöhnlichen Umstände ansehe, immerhin gehe ich bei ihnen auf die Schule und ich war eine Waise, da konnte man es ein wenig nachvollziehen. Aber ich wollte nicht weiter über meine Knochen oder gar diese Gören nachdenken! Es reichte mir schon nun wieder vor der Schule zu stehen und nicht zu wissen welche Gemeinheit sich der Arsch von Lehrer aus gedacht hatte. Wenig begeistert machte ich mich nach oben in sein Büro, die stand einen Spalt offen deswegen hielt ich es auch nicht für nötig anzuklopfen. Außerdem war er nicht respektvoll mir gegenüber, warum sollte ich ihn dann eben diesen Respekt vor heucheln? Schweigend und unwillig ließ ich mich auf den Stuhl nieder, vor dem Stapel mit weißem Papier und zwei Bleistiften. Mir schwante übles und ich behielt Recht. Der Liebe Herr Moto legte mir ein Aufgabenblatt vor die Nase mit der Überschrift: Mythische Wesen und ihre Bedeutung in der heutigen Literatur Ich hatte es geahnt. Ich hasste dieses Thema noch mehr als ich den Lehrer selber hasste und ich wusste bis zu dem Augenblick nicht mal das das möglich wäre. Mit einem Blick der den Tod dieses Mannes verheißen sollte starrte ich ihn an und verfluchte ihn mit jeder Faser meines Körpers. "Schreib ein Essay über genau dieses Thema!" Kam der Befehl auch schon und ging einige Schritte auf mich zu. "Du bist damit fertig sobald ich wenigstens 5000 Wörter sehe und eine Intention darin lese." raunte er in der Nähe meines Ohres, jedenfalls hörte ich ihn so, als ich mich zu ihm jedoch umdrehte stand er am Fenster und das war knappe zwei Meter entfernt. Verwirrt blinzelte ich und hörte ein seltsames Pochen im Raum, dazu ein Geruch nach After Shave und Schweiß und alles kam aus der Richtung von Moto-Sensei. Noch immer verwirrt fing ich an zu schreiben, aber meine Gedanken drehten sich noch immer um diese seltsamen Ereignisse. Irgendetwas passierte mit mir und ich konnte noch immer nicht sagen was genau. Gegen 9 Uhr war ich dann endlich fertig mit dem Aufsatz und durfte gehen. Es war bereits dunkel geworden und die Schule lag in fast vollendeter Finsternis, allein dieser Raum hier war erleuchtet, die Flure und anderen Räume waren dunkel. Nun wirklich müde ging ich los. Eigentlich dauerte mein Weg nicht sehr lange, dennoch wollte ich eine Abkürzung nehmen und ging erst durch den Park und dann schließlich durch einige Nebengassen. Die Geräusche einer Stadt verstummten nie. Aus der einen Ecke hörte man Menschen streiten, aus der anderen das Rascheln von Müll der gerade von Streunern geplündert wurde. Oder aber nur Fahrende Autos oder die Ratten im Abfluss oder den Mülltonnen. Nichts aufregendes passierte, zu mindest nicht bis ich in Sichtweite meiner Wohnung kam und ich in einen Schatten gezogen wurde, der noch dunkler war als die Nacht selbst. Brutal wurde ich gegen eine Wand gedrückt und meine Knochen protestierten knirschend und dem Druck der Frau vor mir. Wenn ich nicht in dieser dummen Situation wäre, würde ich die Frau sogar als sehr hübsch empfinden. Sie war ganz blass, aber roten Haare und ebenso roten Augen waren alles andere als hässlich. Sie war wirklich betörend schön und ich kannte sie. zu mindest erinnerte ich mich an sie. Denn niemand anderes als diese Frau hatte meine Familie umgebracht und mich beinahe ebenfalls. Sie hatte sich kein bisschen verändert, nicht mal eine Falte hatte sie dazu bekommen. Aber das war auch kein Wunder Vampire alterten nun ein mal nicht. Verbissen versuchte ich mich zu wehren, sie von mir zu stoßen oder einfach nur die Hand von meiner Kehle bekommen. Ich trat mehrmals auf ihren Oberschenkel ein und ich hörte es sogar knacken, aber nichts hatte einen Sinn. Wenn ich sie verletzte war es nur wenige Augenblicke später wieder weg und ich machte sie damit nur wütend. "Wie kommt es das du noch immer keiner von uns bist?" fauchte sie mir ins Gesicht und ritzte mit ihren Klauen eine alte Narbe wieder auf. Es brannte wie Feuer als sich ihre Klauen in meine Haut bohrten. "Lass... mich...los." keuchte ich zwischen zwei schwachen Atemzügen. Die Vampirin hob mich nach oben und drückte mich nur fester gegen die Wand. Den Boden unter den Füßen zu verlieren war nicht so angenehm wie man es vielleicht dachte. Den Boden unter den Füßen zu verlieren war für mich in Verbindung mit Schmerz und daraus folgender Anämie, wenn der Schmerz eine Woge von Bewusstlosigkeit und ständigen Dämmerzuständen platz machte. Nun versuchte ich noch verbissener freizukommen, aber die Hand um meinem Hals war schwerer auseinander zu biegen als dicke Eisenringe. Und sie schnürten mir mehr und mehr die Luft ab. Mein Widerstand wurde von Sekunde zu Sekunde weniger und mein Bewusstsein schwand ebenfalls immer mehr. Ich merkte nicht mal wie meine Hand sich von der Pranke des Vampires löste und neben meinem schlaffer werdenden Körper herab fiel. Mit letzter Kraft schaffte ich es noch meinen Arm in die sich nähernden Reißzähnen zu pressen und damit zu verhindern das ich wieder einmal gebissen wurde. Dann verschwand das Gewicht plötzlich und ich fiel wie ein nasser Sack zu Boden. Hustend zwang ich neuen Sauerstoff in meine aufschreienden Lungen und beugte mich würgend zur Seite. Vor meinen Augen flimmerte alles zwischen schwarz und einem noch dunklerem Schwarz der Bewusstlosigkeit. Dumpf hörte ich ein Fauchen und Kreischen als sich zwei Knäuel in einander verkrallt hatten und mit Klauen und Pranken auf einander einschlugen. Noch immer röchelnd stemmte ich mich an der kalten Wand nach oben und erkannte nun den zweiten Part im dem Knäuel. Es war Raizel. Ich betete das er die Vampirin besiegen würde und verbannte den noch funktionierenden Teil meines Hirn in eine dunkle Ecke, wo es alleine darüber grübeln konnte wie Raizel es überhaupt schaffte solange gegen einen Vampir zu bestehen, zwar gegen einen hungrigen und weiblichen, aber definitiv gegen einen Vampir bei dem Knochenbrüche schneller heilten als bei mir eine kleine Schramme. Noch immer brannte meine Lunge, aber ich schaffte es zu mindest wieder etwas klarer zusehen, gerade zeitig genug um ein Teil des Knäuels in einer Staubwolke davon fliegen zu sehen. Vor mir stand in leicht gebeugte Haltung ein aus mehreren Wunden blutender Raizel, der nun langsam auf mich zu kam. "Shiro... was machst...du...nur..." Raizel wurde immer leiser beim Reden und ein unheilvolles Glühen trat in seine Augen als er verstummte und fordernd auf meinen Hals starrte. "Raizel nein!" schrie ich noch, aber dann war es auch schon zu spät ich starrte verwirrt auf die Stelle wo bis eben noch Raizel gestanden hatte und öffnete meinen Mund um einen lautlosen Schrei aus zu stoßen als sich spitze Reißzähne in meine Haut, Fleisch und Ader bohrten. Der Sauerstoffmangel schien mein Gehirn in Mitleidenschaft gezogen zu haben, denn noch immer wollte mein Verstand nicht begreifen was mein Körper bereits wusste: Raizel war einer der Art, die ich am meisten verabscheute, die meine Familie umbrachte und mich seit dem fast in jeder Nacht aufsuchte und aussaugte. Raizel war ein Vampir! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)