Der Wolfsprinz von Mad-Dental-Nurse (Wenn das kälteste Eis zu schmilzen beginnt) ================================================================================ Kapitel 15: Eine ungewöhnliche Bitte ------------------------------------ Die ganze Nacht konnte Rene nicht schlafen und musste immer wieder über das nachdenken, was Lira ihm erzählt hatte. Hinter all dem steckte mehr, als er gedacht hatte. Schon allein der Mord an seinem Vater schien ihm Grund genug zu sein. Dass aber auch seine Mutter unter der Grausamkeit gelitten hatte, schien alles nur noch deutlicher zu machen wie grausam und kaltherzig die Menschen hier sein konnten. Nur um ihren eigenen Ruf nicht in den Schmutz ziehen zu lassen. Und er hatte schon gedacht, dass er und seine Familie hart gestraft sind, in solch einer scheinheiligen Gemeinde leben zu müssen. Dabei fragte er sich, was noch dahinter stecken konnte. Zwar traute er ihnen zu, dass sie ohne einen guten Grund ihn getötet hatten. Aber nun war seine Neugier gefunden und er wollte es wissen. Dabei fragte er sich wieso? Es sollte ihm eigentlich egal sein. Doch das Schicksal seiner Mutter und ihm selbst hatte ihn berührt. Hatte etwas tief in seinem Inneren getroffen. Rene sagte sich, dass es Mitleid sei. Und begann darüber nach zu denken. Über das, was mit dem Wolfsprinzen geschehen war. Wie der Schmerz sich in blanke Wut und dann in glühendem Hass verwandelt hatte. Fragte sich dabei wie groß dieser sein konnte, damit sein Herz zu Eis wurde. Rene versuchte es sich vor zu stellen, doch es war ihm einfach nicht möglich. Wahrscheinlich weil ihm solch ein Schicksal erspart geblieben war. Das was er und seine Familie durchleiden mussten, war zwar auch schlimm. Aber im Vergleich dazu, schien das bloß Schikane zu sein. Erst die Vertreibung seiner Mutter, wo man ihren Tod leichthin in Kauf genommen hatte und dann der Mord an seinem Vater, der, wie Lira es ausgedrückt hatte, das Fass zum Überlaufen brachte. Und wenn er ehrlich sein sollte, würde das alles enden, wenn er sein Leben aushauchte. Dann, so hoffte er, würde seine Familie wieder in Frieden ruhen können. Etwas Gutes musste es ja haben, dachte er und rollte sich auf die andere Seite. Das Entsetzen von Jaques Vater als er über die Verlobung seines Sohnes mit Flora erfuhr war groß. „Bist du von Sinnen?“, tobte er. „Hast du etwa vergessen, was ihrer Familie und Ihr droht!“ Dabei zeigte er auf Flora. „Nein, das habe ich nicht. Vater!“, schnaubte Jaque. „Und es ist mir egal. Mir ist es auch egal, was du und die anderen darüber denken!“ Mit diesen Worten ergriff er Floras Hand. „Ich werde Flora heiraten!“ Vincent sah von seinem Sohn zu Flora, dann wieder zu Jaque. In seinem Gesicht arbeitete es und eine Ader trat an seiner Schläfe hervor. Flora fürchtete innerlich, dass er gleich auf seinen Sohn losgehen würde. Schüttelte aber dann zu Floras Erleichterung den Kopf und fluchte murmeln vor sich hin. Laut sagte er dann:„ Du stürzt dich damit ins Verderben!“ Jaque ignorierte es. „Schlimmer als das was mir blüht, wenn diese Hunde von unserer Verlobung erfahren, kann es nicht sein!“, erwiderte er nur kühl. Vincent sagte darauf nichts, sondern presste die Lippen zusammen. Er konnte sich ebenso gut vorstellen, was die anderen davon halten würden. Schon als sie erfahren haben, dass Jaque und Flora ein Paar waren, haben sie dagegen gewettert. Vor allem aber nach dieser Sache… Und wenn sie nun von der Verlobung erfahren würden, würden sie sich sicher was einfallen lassen, um ihnen beiden auch noch das Leben schwer zu machen. Auch wenn er wusste, dass er es keinen Sinn hatte, seinem Sohn noch einmal ins Gewissen zu reden, versuchte er es dennoch. „Jaque…bitte…!“, sagte er und klang dabei eindringlich und auch besorgt. „Überlege es dir nochmal. Ich weiß ja…Du liebst Flora. Und ich habe auch nichts gegen das Mädchen…Aber bedenke, was das für Folgen haben wird…Diese Menschen…!“ „Bemühe dich nicht weiter, Vater. Ich bleibe bei meinem Entschluss!“ Als nächstes gingen sie zum Pfarrer, da er die Verlobung durchführen sollte. Seine Überraschung war ihm deutlich an zu sehen, dennoch blieb ihm nichts anderes übrig, als dem Wunsch der jungen Liebenden nach zu kommen. Mit einem glücklichen Lächeln betrachtete Flora den Ring an ihrem Finger, den Jaque in Aller Heimlichkeit geschmiedet und in der Kirche dann an ihren Finger steckte. Martha war den Tränen nahe. Elsa und Ramon hielten sich an den Händen und sahen mit einem seligen Lächeln zu Flora und Jaque. Auch Vincent wohnte der Verlobung bei. Trotz dass er Bedenken hatte, wollte er der Verlobung seines Sohnes nicht fernbleiben. Sie hatten sich schon weit genug voneinander entfernt. Er versuchte auch sich über die Verbindung der beiden zu freuen. Doch das nahende Unheil, dem sein Sohn drohte, überschattete dies. Er konnte innerlich zum Allmächtigen beten, dass sein Sohn doch noch verschont wird. Das Strahlen auf Floras Gesicht blieb noch lange als sie nachhause gingen und sie sich mit Rene hinter dem Haus auf die Bank setzten. „Du grinst schon eine ziemlich lange Zeit. Tun dir nicht irgendwann mal die Mundwinkel weh?“, fragte Rene sie nach einer Weile. „Nein!“, sagte sie und drehte die Hand, sodass der Ring glänzte. Rene grinste und schüttelte den Kopf. „Dir ist schon klar, dass du dich damit wie ein kleines Mädchen benimmst. Verliebt über beide Ohren…!“, sagte er. „Mit einem Dauergrinsen!“ „Na und!“, erwiderte Flora. „Warte ab bis du dich verliebst!“ Das Lächeln verschwand auf Renes Gesicht. „Das bezweifle ich!“, sagte er und auch Floras Grinsen verschwand. Ohne es zu wollen hatte sie etwas ausgesprochen, was niemals geschehen würde, da ihm bald ein vorzeitiges Ende erwartete. „Tut mir leid. Das wollte ich nicht!“ „Schon gut!“, sagte Rene und zwang sich zu einem schwachen Lächeln. „Das wird niemals passieren. Ich glaube kaum, dass ich mich jemals in ein Mädchen aus diesem Dorf verlieben werde!“, kam es trocken von ihm. „Die Eltern würden mich auch eher am Galgen sehen wollen, als mit ihrer Tochter vor dem Altar!“ Renes trockener Witz schaffte es nur mäßig ihr ein Lächeln ab zu ringen. Sie nahm seine Hand und drückte sie. „Ich habe mich eigentlich noch gar nicht richtig bei dir bedankt!“ Rene runzelte die Stirn. „Danken? Wofür?“ „Für alles. Dafür dass du mich vor dem Wolfsprinzen gerettet hast und…das du mir den Kopf zurecht gerückt hast!“ Rene lächelte. „Gern geschehen!“ Flora rückte ein wenig näher, schmiegte sich an ihren Bruder und legte den Kopf auf seine Schulter. „Das ist einfach nicht gerecht!“, sagte sie dann und ihre Stimme war voller Kummer. Rene sagte nichts. „Du musst sterben, damit ich leben kann…!“ „Denkt nicht weiter daran!“, kam es schwach von ihm und er drückte ihre Hand. „Wie soll ich nicht daran denken? Die Vorstellung, dass du nicht mehr hier sein wirst, ist einfach…!“, erwiderte Flora und deutlich war zu hören, dass sie gegen die Tränen ankämpfte. Rene sagte erstmal nichts. Es war wirklich dumm von ihm ihr zu rate, nicht daran zu denken. Es verging wohl kein einziger Tag, an dem sie nicht daran dachte. Dennoch wollte Rene nicht, dass ihre Freude auf die nahende Hochzeit getrübt wurde. Rene legte den Arm um seine Schwester und zog sie näher an sich heran. Flora ließ es zu und lehnte ihren Kopf an seine Schulter. „Ich weiß, ich verlange Unmögliches von dir…!“, begann er. „Aber versuche es. Stell dir stattdessen vor, wie du bald mit Jaque vor dem Traualtar stehst und dann dein Leben mit ihm verbringst!“ „Das ist ein schwacher Trost…!“, flüsterte Flora und grub ihre Finger in seinen Ärmel. „Ich würde dich so gerne dabei haben!“ Rene schloss die Augen und seufzte schwer. Auch er würde so gerne seine Schwester in einem Brautkleid sehen. „Mir geht es da nicht anders!“ „Kannst du nicht…den Wolfsprinzen bitten, es auf zu schieben. Ich meine…bis ich mit Jaque verheiratet bin?“, kam es dann zögernd von Flora und sah ihn mit leiser Hoffnung in den Augen an. Rene sah wiederum sie ein wenig verblüfft an, doch dann schüttelte er mit einem traurigen Lächeln den Kopf. „Glaubst du selbst daran?“ Flora seufzte schwer. „Nein!“ Wieder verfielen sie im tiefen Schweigen. Schauten mit nachdenklichem Blick in Leere. Ein ungewohnter sanfter Wind wehte und wirbelte den Schnee auf und ließ ihn tanzen. Renes Blick verlor sich darin. Fast hätte er meinen können in dem Umherwirbeln zarte Gestalten zu sehen. Gestalten wie Elfen. Wie die, die er aus alten Märchenbüchern kannte. Rene blinzelte paar Mal. Und die Erscheinung die glaubte zu sehen, war verschwunden. Das habe ich mir sicher nur eingebildet, dachte er. „Rene?“ Die Stimme seiner Schwester schien wie aus weiter Ferne zu kommen. Es brauchte etwas, ehe er sich ihr zuwandte. Flora wirkte besorgt. „Wird er dich nun eher töten?“, fragte sie. Rene musste nicht lange überlegen, was sie meinte. Auch er hatte sich diese Frage gestellt. Mehr als einmal. Und es hatte ihm immer wieder eisige Schauer über den Rücken laufen lassen. „Das weiß ich nicht. Und ich will es auch…!“, wollte er seinen Satz beenden, doch da sah er etwas sich hinter einem Baum verstecken. Er sah genauer hin um sicher zu sein. Da sah er wie sich etwas hinter dem Baum duckte. Eine pelzige Spitze lugte gerade noch hervor. Und Rene ahnte er sich da versteckte. Nicht schon wieder, stöhnte er. „Rene…stimmt was nicht?“, fragte Flora und sah ihren Bruder verwirrt an. Hastig wandte er sich ihr zu. „Ähm…Flora. Würdest du bitte schon mal reingehen!“, sagte er schnell. Flora Verwirrung wurde größer und wollte ihn fragen, was los sei. Doch schüttelte den Kopf. „Ich komme gleich auch rein. Aber bitte geh zuerst. Ich muss nur was nachschauen!“ Immer noch verwirrt stand Flora von der Bank auf und ging zu Renes Erleichterung ins Haus. Rene wartete einen Moment noch, dann ging er zum Baum. „Ich weiß dass du da bist. Komm schon raus!“, meinte er und der junge Wolf kam aus seinem Versteck. Mit zurückgelegten Ohren und eingekniffenem Schweif kam er hervor. „Hast du dich etwa wieder heimlich hierher geschlichen?“, fragte Rene und verschränkte die Arme vor der Brust. „Nein. Dieses Mal nicht. Ich wurde hierher geschickt!“ Rene traute sich nicht zu fragen, wer ihn geschickt hatte. „Die Herrin wünscht dich wieder zu sehen!“ Rene atmete sogleich erleichtert auf. Wenn die Herrin ihn wieder sehen wollte, brauchte er sich ja keine Gedanken zu machen. Sie war nicht so distanziert und furchteinflößend wie ihr Sohn. Wobei er sich fragte warum sie ihn sehen wollte. Sie hatte doch eigentlich nichts mit ihm zu schaffen. Mal abgesehen davon, dass er der Enkel ihrer alten und einzigen Freundin war. Also warum? Neugierig und weil er ihre Bitte nicht abschlagen wollte willigte er ein. Erleichtert wandte sich dann der Wolf ab und wollte zurückgehen. Dann blieb er jedoch stehen. „Hast du dir schon einen Namen für mich überlegt?“ Das hatte Rene vollkommen vergessen. Umso größer war das schlechte Gewissen. „Ich…ich werde mir einen überlegen!“, versprach er schnell. Daraufhin verschwand der Wolf. Nima geleitete ihn wie immer durch die Korridore des Schlosses und führte ihn zu den Gemächern der Herrin. „Kannst du mir sagen, warum deine Herrin mich sehen will?“, fragte er. Es hatte ihm keine Ruhe gelassen. Nima schaute ein wenig nachdenklich drein. „Nein. Leider nicht!“ „Aber warum auch immer. Ich glaube kaum, dass sie böse Absichten hat!“, sagte sie dann nach einer Weile. Rene war sich dessen auch sicher. Dennoch war er neugierig. „Rene. Wie schön dich wieder zu sehen!“, begrüßte Lira ihn als er eintrat. Rene lächelte ein wenig. Setzte sich dann und Lira schenkte ihm Tee ein. Ein wenig verwirrt, es aber nicht zeigen wollend, nahm er die Tasse Tee an und nippte daran. „Ich muss zugeben, dass ich ein wenig erstaunt war, als Ihr darum batet mich wieder zu sehen!“, sagte er nach einer Weile. Lira lächelte etwas. „Das kann ich mir denken!“ „Warum habt Ihr mich eigentlich rufen lassen?“, fragte Rene dann ein wenig verlegen. Immer wieder hatte er sich diese Frage gestellt. Und jetzt wo er es ausgesprochen hatte, fühlte es sich irgendwie eigenartig an. So falsch. Als hätte er kein Recht nach dem Grund zu fragen. Doch Lira schien sich an dieser Frage nicht zu stören. Stattdessen lächelte sie. „Ich wollte dich näher kennenlernen!“ Rene runzelte die Stirn. Die Frage nach einem weiteren Warum lag ihm schon auf der Zunge, verbiss es sich aber. Er sagte sich dafür, dass er froh sein sollte, in der Mutter des Wolfsprinzen einen freundlichen Menschen gefunden zu haben. Dabei fragte er sich, wieso nicht auch sie so voller Hass auf die Dörfler war wie ihr Sohn. „Auch wenn ich aus dem Dorf komme, aus dem man Euch vertrieben hatte?“ „Du hast damit nichts zu tun. Genauso wenig wie die anderen Mädchen vor dir!“, erklärte sie und schaute bitter drein. „Mein Sohn scheint das allerdings nicht zu kümmern!“ „Hattet Ihr sie nicht auch dafür gehasst, für das was sie Euch angetan haben?“ „Gehasst? Nein! Aber ich verlor den Glauben an das Gute im Menschen. Als mich sein Vater aufnahm und wir uns lieben lernten, vergaß ich es und nichts, was sich außerhalb dieses Schlosses abspielte, interessierte mich!“, erklärte sie. „Zumindest bis zu jenem Tag!“ Rene wusste sofort was sie damit meinte. „Was hatten die Dörfler für einen Grund Euren Liebsten zu töten?“, fragte er dann. Wobei er sich selbst sagte, dass diese Dörfler keinen besonderen Grund brauchten, um jemanden zu lynchen. Lira lächelte ironisch. Sie schien seine Gedanken gelesen zu haben. „Es reichte ihnen aus, dass ich mit dem Herrn der Wölfe zusammen war. Er von ihnen musste uns gesehen, als wir zusammen des Nachts durch den Wald spazieren gingen. Warum auch immer er sich dort herumtrieb. Als er uns dann beide zusammen sah, war wohl einiges für ihn klar. Sicher erzählte er den anderen davon und sogleich machten sie sich gegenseitig Angst. Sie fürchteten, dass der Herr der Wölfe sich für das rächen wollte, was sie mir angetan hatten. So stellten sie ihm eine Falle…!“ Den traurigen Teil konnte sich Rene denken. Wut und Bitterkeit stiegen in ihm hoch. Nur wegen ihrer Dummheit und Ignoranz geschah das alles. „Sie sollten alle unter eine Lawine begraben sein!“, murmelte er. Lira lächelte traurig. „Sage das nicht. Kein Mensch hat das Recht so zu reden. Und sei sein Hass und sein Zorn noch so groß!“ In diesem Moment fragte sich Rene wie alt sie wirklich war. Vom Gesicht her wirkte sie nicht älter als seine Mutter. Aber so wie sie sprach musste sie so alt sein wie seine Großmutter. Vermutlich war sie das auch. Wie war das aber möglich? „Wenn das so einfach wäre!“, kam es zögernd von ihm. Lira lachte. Tätschelte ihm die Hand. „Mein Sohn denkt genauso. Du scheinst aber noch ein wenig Vernunft zu haben!“ Rene wurde ein wenig rot. „Ist das so?“ „Manchmal komme ich mir wie ein dummer, kleiner Junge vor!“, sprach er dann nach eine kurzen Pause. „Nun ich hingegen sehe einen jungen tapferen Burschen vor mir. Der zwar erst handelt und dann denkt, aber es dennoch mit ganzem aufrichtigem Herzen tut!“, erklärte Lira. „Das ist ein schwacher Trost, wenn ich das so sagen darf. Und was bringt es mir, wenn ich sowieso sterben muss!“ Lira sah ihn mit traurigen Augen an. „Ich wünschte, ich könnte dir helfen!“ „Könnt Ihr Euren Sohn nicht bieten, mich erst dann zu töten, wenn meine Schwester verheiratet ist?“, fragte er dann. Lira sah ihn ein wenig verwirrt an. Kurz huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. Dann schüttelte sie den Kopf. „Ich fürchte, dass das nicht möglich sein wird!“ Rene ließ die Schultern hängen. Er hätte sich das eigentlich denken können. Wenn nicht mal seine Mutter ihren Sohn umstimmen konnte, konnte es keiner. „Das habe ich mir fast gedacht!“ Lira sah ihn traurig an. Beugte sich dann vor und strich ihm über die Hände. Rene schloss die Augen und schüttelte den Kopf. „Ich frage mich ob das jemals ein Ende haben wird?“, flüsterte er. Lira seufzte. Sie teilte seine Sorge, dass es immer so weitergehen wird. „Ich fürchte nein. Mandariel ist so verbissen in seinem Entschluss, dass ich bezweifle, dass es sich jemals ändern wird!“ Renes Magen fühlte sich an als würde er von innen vereisen. Die Worte Liras hatten etwas Endgültiges und Niederschmetterndes. „Und doch…will ich nicht daran glauben, das alles Gute in ihm mit seinem Vater gestorben ist!“ Nach einem Atemzug sagte sie: „ Dass du noch lebst spricht dafür!“ Dann sah sie ihn an und in ihren Augen war etwas zu sehen, was er nicht ganz deuten konnte. Er rang sich ein schwaches Lächeln ab. „Als ob das was wirklich Gutes wäre!“, kam es trocken von ihm. „Wer bereitwillig sein Leben für das eines geliebten Menschen hergibt, kann sich als mutig betrachten!“ Rene war sich nicht sicher ob er diese Ansicht teilen sollte. Wie oft hatte er sich gewünscht, dass der Wolfsprinz ihn jetzt und gleich tötete. Denn dann wäre alles vorbei und seine Familie hätte Ruhe. Aber jetzt wo der Wolfsprinz selbst offenbart hatte, was er so lange geheim halten sollte, hatte sich einiges wieder verändert. Dabei fragte er sich nun auch wieder, wieso er noch atmete? „Ihr habt doch sicher auch mitbekommen, dass er die Dörfler davor gewarnt hatte, weiterhin meiner Familie Schaden zu zufügen?“, begann er. Lira nickte ernst. „Könnt Ihr Euch erklären, wieso er mich noch nicht…!“, setzte er fort und fuhr sich statt seinen Satz zu beenden mit dem Finger über seinen Hals. Lira lächelte ein wenig. Schüttelte aber den Kopf. „Nein. Aber ich bin froh!“ „Froh?“ „Ja. Das zeigt mir, dass mein Sohn nicht gänzlich von diesem Ungeheuer verschlungen ist, vor dem sich alle fürchten!“ „Fürchtet Ihr Euch auch?“, fragte Rene vorsichtig. Wobei er sich nicht vorstellen konnte, warum sich seine Mutter vor ihm fürchten sollte. „Nein. Aber ich fürchte mich vor dem, was kommen könnte, wenn er nicht bald aufwacht!“, sagte Lira und sah in den Tee als würde sie dort etwas sehen, was ihr die Zukunft zeigt. Dann schwiegen sie und Rene ebenso. Wollte sie bei ihren Gedanken nicht stören. Natürlich fragte er sich auch, über was sie nachdachte. Nach einer Weile stellte sie die Tasse ab und sah ihn nun bittend an. „Darf ich dich um einen Gefallen bitten?“ Rene nickte nur. Fragte sich dabei um was es sich dabei handeln konnte. In seinem Magen begann es seltsam zu rumoren. Wie als wenn er vor einem Abgrund stand und ein Schritt reichte, um sich hinunter zu stürzen. Sein Mund fühlte sich auf einmal trocken an und auch wenn er fürchtete, dass es etwas sein konnte, was ihm nicht gefiel, wollte er nicht forsch sein. Wenn er ehrlich sein sollte, mochte er sie sogar ein wenig. Trotz allem schien sie sich ihre Menschlichkeit bewahrt zu haben. „Würdest du versuchen meinen Sohn näher kennen zu lernen. Auch wenn es dir schwer fällt und ich es verstehen kann, wenn du nur Groll für ihn empfindest, schmerzt es mich dennoch, dass alle in ihm nur ein Monster sehen. Dabei denke ich, dass du von allen anderen mehr Verstand und Ehrlichkeit im Leib hast als jeder andere im kleinen Finger!“ Rene war sprachlos. Glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. Hatte sie das wirklich gesagt? Meinte sie es auch so? Oder wollte sie damit etwas Bestimmtes bezwecken? Lira sah, dass ihm einiges durch den Kopf ging und das er mit sich haderte ihre Bitte an zunehmen. Sie lächelte mild. „Versuche es zumindest!“, bat sie ihn erneut. Und klang dabei ganz wie eine Mutter. In ihrer Stimme lag so viel Hoffnung aber auch Flehen, dass Rene es nicht übers Herz bringen konnte ihre Bitte abzuschlagen. So sagte er zu. Noch lange überlegte er, wie er den Wolfsprinzen näher kennen lernen sollte. Und ob sich das überhaupt lohnen würde. Ob der Wolfsprinz sich darauf einlassen würde? Er konnte sich das nicht wirklich vorstellen. Er war immer so kühl und abweisend. Wobei…wo Rene so darüber nachdachte, gab es auch Momente in denen er eine andere Seite zeigte. Bisher hatte Rene es nicht wirklich wahrhaben wollen. Doch nun… Nun fing er an darüber nach zu denken. Außerdem schien der Mutter des Wolfsprinzen sehr viel daran zu liegen, dass er sich mit ihrem Sohn verstand. Nur fragte er sich wieso. Es war wie ein Irrgarten aus Fragen. Wann immer er dachte, er hätte die Antwort auf seine Frage gefunden, kam er zu einer anderen. Und kaum hatte er sich auch diese beantwortet oder es zumindest versuchte, befand er sich in einer Sackgasse. Aus der er erstmal hinausfinden musste. Und je länger er es versuchte, desto schwerer wurden seine Lider. Bis sie irgendwann gänzlich zu vielen. Rene fand sich in einem vom Schnee bedeckten Wald. Ob es der gleiche Wald am Rande seines Dorfes war, wusste er nicht. Wenn ja schien er sich in einem ihm unbekannten Teil zu befinden. Doch das schien nebensächlich zu sein. Er stand auf einer Lichtung, die umringt war von Bäumen, die vollkommen mit Eis bedeckt waren. Der Schnee reichte ihm kaum bis zu den Fußgelenken. Über allem spannte sich ein mondloser Nachthimmel und es regte sich auch nichts. Rene fühlte sich nicht gerade wohl und schaute sich um. Fragte sich wie er hierhergekommen war. War er schlafgewandelt oder hatte der Wolfsprinz ihn gerufen und er war wie unter einem Bann hierhergekommen? Sowohl das eine als auch das andere ließ ihm kalte Schauer über den Rücken laufen. Dass er ganz allein auf der Lichtung zu sein schien, machte es nicht besser. Und je länger er in die Dunkelheit schaute und je länger die Stille, die über der Lichtung lag, andauerte, desto mehr hatte er das Gefühl doch nicht allein zu sein. Er glaubte auf einmal huschende Geräusche zu hören und drehte sich schnell in die Richtungen um, in denen er sie zu hören glaubte. Aber kaum dass er in diese schaute, sah er nichts. Rene Herz schlug immer schneller und er wünschte sich woanders zu sein. „Komm raus...Ich weiß, dass du hier bist!“, rief er in den Wald hinein. Und dann stand er plötzlich vor ihm. Mandariel! In einem Mantel aus weißem Pelz gehüllt. Seine schwarzen Haare wehten in einem Wind den es nicht gab. Trotz dass er aufrecht stand und Kraft ausstrahlte, hatte Rene den Eindruck, dass das nur Oberflächlich war. Und das etwas schwer auf seiner Seele lag. Ein Knoten bildete sich ihn seinem Hals. Rene wusste nicht mit wem oder was er gerechnet hatte, doch das war es nicht. Minutenlang sahen sie sich an. Keiner sagte etwas. Da hörte er die Stimme des Wolfsprinzen. Doch seine Lippen bewegten sich nicht. „Siehst du mich immer noch als Monster?“ Rene schluckte. Wusste nicht was er darauf sagen sollte. So blieb ihm nur eines übrig. Hilflos die Schultern zu heben. Mandariels Augen nahmen einen schmerzlichen Ausdruck an. Schien in sich zusammen zu schrumpfen. Dann stob Schnee auf und umhüllte ihn und die Gestalt des Wolfsprinzen schrumpfte nun gänzlich zusammen. Nahm eine andere Form an und als sich der Schnee legte, stand nun ein großer weißer Wolf vor ihm. Rene verschlug es dem Atem. Er erkannte das Tier. Er hatte es schon einmal gesehen. Sowohl im Dorf als auch in seinen Alpträumen. Es war der weiße Wolf mit dem Zeichen auf der Stirn. Rene stockte der Atem als er allmählich begriff, dass der Wolfprinz und der Wolfsdämon der ein und der selbe waren. Unwillkürlich machte Rene einen Schritt zurück. In den Augen des Wolfes flackerte es. Das schien ihm Beweis genug zu sein. Ein Seufzen war zu hören. Wobei es auch der Wind hätte sein können. „Dachte ich es mir doch. Egal was ich tue: In deinen Augen bin und bleibe ich es wohl!“, flüsterte er. Dann verschwamm alles um ihn herum. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)