Satisfy Me! - Ein neues Mitglied für Team Satisfaction! von Mitsuki_Insanity ================================================================================ Kapitel 11: Twelfth Satisfaction: Was ist nur mit Kiryuu los? ------------------------------------------------------------- Langsam öffnete ich meine Augen. Ich lag nicht gerade weich mit dem Kopf, aber dafür auf etwas sehr Warmen. Als ich mich erhob, fühlte ich wieder, wie ich errötete. Schon wieder hatte ich mit dem Kopf auf Kyousukes Brust geschlafen. Als ich weiter mich umsah, merkte ich, dass ich noch zu allem Überfluss mit meinem rechten Bein halb auf ihm lag. Kyousuke schien noch zu schlafen, doch als ich ganz aufstehen wollte, fühlte ich seine Hand an meinem linken Handgelenk. „N-Nicht... Nicht weggehen...“, hörte ich ihn verschlafen nuscheln und mir stieg noch mehr die Hitze ins Gesicht. Vorsichtig legte ich mich wieder neben ihn, ohne ein Wort zu sagen. Er wirkte immer noch, als würde er schlafen und als hätte er nur im Schlaf gesprochen. Aber seine Augen blinzelten müde und langsam öffnete er diese, während er sich zur Seite drehte und mich dann ansah. „Morgen...“ „Morgen, Kyousuke-kun.“ Er ließ mein Handgelenk los und setzte sich auf. Seine Haare waren wie immer morgens total zerzaust und fielen ihm ins Gesicht, während er herzhaft gähnte. Ein Anblick der mich schmunzeln ließ. „Gut geschlafen?“, fragte ich lächelnd. Kyousuke drehte seinen Kopf wieder zu mir und nickte. „Einigermaßen, ja.“ Ich beobachtete ihn, wie er sich seine Haare richtete und sich sein lilafarbenes Bandana umband, das auf „seinem“ Nachttisch gelegen hatte. Er zog es immer nur zum Schlafen aus. Nun gut. Zum Duschen vermutlich auch. Mir fiel auf, dass er irgendwie ernst wirkte. So, als hätte er eher noch stundenlang gegrübelt, als zu Schlafen, während ich schon längst ins Land der Träume entflohen war. Nachdenklich starrte er vor sich hin. „Schon zehn Jahre nun....“, hörte ich ihn leise murmeln und fragte mich, was er damit wohl meinte. Scheinbar hatte er meinen fragenden Blick bemerkt und setzte sofort einfach sein typisches Lächeln auf. Mit einer Hand wuschelte er mir wie immer durch meine Haare. „Lass uns mal aufstehen!“ Er sah zu der Digitaluhr. „Wir haben schon fast 13 Uhr.“ Er lachte verlegen, aber irgendwie klang sein Lachen heute nicht so wie sonst. „Wir waren ja auch ziemlich lange wach.“, sagte ich und knuffte ihm mit einem aufmunternden Lächeln in die Seite. Dann stand ich auf und schlüpfte in die Hausschuhe, die Martha mir gegeben hatte. Auf unserem Weg durch Marthas Haus trafen wir auch die Anderen, mit denen wir uns kurz unterhielten. Natürlich hatten die Anderen schon gefrühstückt und so machte uns Martha einfach wieder ein paar Sandwiches, als wir sie in der Küche antrafen. Dabei nahm sie mich zur Seite. „Und? Hast du es ihm gesagt?“, fragte sie mich flüsternd, woraufhin ich wieder die Röte in meinem Gesicht fühlte und heftig den Kopf schüttelte. „Es gibt nichts zu sagen!“, log ich leise und setzte mich wieder an den Tisch. Kyousuke schien kaum Appetit zu haben. Etwas, was auch eher ungewöhnlich war. Normalerweise war er ein recht guter Esser, wie ich oft schon festgestellt hatte. Doch heute war es anders. Auch wenn er noch so sehr versuchte, auf fröhlich zu tun, man sah ihm einfach an, dass irgendwas nicht stimmte. Zumindest sah ich es ihm an. Crow schien Kyousuke die fröhliche Masche abzukaufen und bei Jack wusste ich es nicht. Auch Yuusei schien bemerkt zu haben, dass da was anders war als sonst. Er sagte jedoch nichts. Insgeheim hoffte ich ja, dass der Kuchen, den Martha und ich gebacken hatten, ihm vielleicht gut tun würde. Martha hatte mir leise versprochen, den würde es nachmittags geben. Nach dem wir gefrühstückt hatten, hatte Kyousuke Yuusei, Crow und Jack zusammen mit mir erneut aufgesucht und zu fünft saßen wir nun wieder in meinem und Kyousukes Gästezimmer. Kyousuke hatte die Karte von Satellite auf dem Boden ausgebreitet und wir saßen im Kreis drum herum. „Also Folgendes: Ich habe gestern, beziehungsweise heute früh vor dem Schlafengehen, mit Ryoko-chan ausgemacht, dass wir noch bis zum zehnten November hier bleiben werden, weil sie gerne noch ihren Geburtstag hier feiern würde. Da sie nun aber wieder gesund und einsatzfähig ist, haben wir uns gedacht, dass wir jetzt schon weiter machen werden mit unserem Plan. Da wir Zone T durch haben, würde ich vorschlagen, wir nehmen Zone W als nächstes in Angriff. Die liegt direkt darunter und ist daher am günstigsten.“, erklärte unser großer Leader. Ich nickte mit jedem Wort, dass er sagte, aber seufzte innerlich. Der Elan in seiner Stimme war zwar da, aber dennoch fehlte die Begeisterung, mit der er sonst sprach. „Und wann machen wir das?“, meldete sich Jack. „Heute.“, gab Kyousuke unvermittelt als Antwort, was selbst mich dazu brachte, aufzuzucken. „Heute? So ganz ohne Vorbereitung?“ Crow blinzelte baff. „Du hast nicht gesagt, dass wir heute schon-“, begann ich, aber Kyousuke sah nur zu Crow und schnitt mir dann das Wort ab. „Je eher, umso besser! Wir können schließlich nicht ewig herumsitzen und chillen, als wäre die Welt in Ordnung! Wir sind immerhin Team Satisfaction und je länger wir warten, umso mehr werden unsere Gegner denken, sie hätten wieder freie Bahn und wir hätten aufgegeben. Heute Nachmittag gegen siebzehn Uhr geht es los. Der Plan ist wie folgt, Ryoko-chan geht mit mir, Crow spielt den Lockvogel … Yuusei und Jack, ihr zwei folgt Crow im guten Abstand. Wir treffen uns dann, wenn wir alle Mitglieder der Gang dort zusammen haben! Verstanden? Irgendwelche Fragen?“ Crow hob seine Hand. „Kiryuu, ist alles okay bei dir? Du klingst, als hättest du ein Militär-Regelbuch verschluckt.“ Kyousuke starrte ihn an. Ich konnte sehen, dass er minimal seufzte. „Natürlich geht’s mir gut!“, antwortete er und rügte Crow mit einem Blick der soviel sagte wie: „Was soll die dumme Frage?“ „Warum nehmen wir uns nicht eigentlich Bezirk M vor?“, fragte Jack daraufhin, um das Thema zu wechseln. Scheinbar ahnte er, genauso wie ich, dass Crow sonst nur weiter gebohrt hätte und es unweigerlich zu einer unschönen Diskussion ausgeartet wäre. Ich wollte Kyousuke so schnell nicht wieder so wütend erlebend, wie bei der Team Zombie-Geschichte. Doch anhand von Kyousukes Blick konnte ich daraus schließen, dass Jacks Frage genauso dämlich war, wie die von Crow. Kyousuke sah zu Jack und blickte dann eine Weile auf die Karte. Es herrschte Stille. Vielleicht nur eine Minute lang, aber es kam mir länger vor. „Den nehmen wir uns als letztes vor, Jack. Gerade weil es auch der größte ist, haben wir dort... Die meiste Arbeit. Außerdem ist die Duel Gang dort...“ Er machte eine Pause. „Wenn keine weiteren Fragen mehr sind, dann treffen wir uns um siebzehn Uhr vor dem Haus.“ Ich hockte mich aufs Bett, nachdem ich wieder mit Kyousuke alleine war. Kyousuke rollte die Karte von Satellite zusammen und stopfte sie sich in seine hintere Hosentasche. Langsam trat er zur Tür. „Wo willst du hin?“, fragte ich verwirrt. Er blieb stehen, ohne zu mir zu schauen. „Nur ein wenig an die frische Luft. Ich glaub, ich hab ein bisschen Kopfschmerzen. Ist nichts schlimmes, keine Sorge...“ Er versuchte zu lächeln, so viel konnte ich von meinem Platz aus erkennen, aber es gelang ihm nicht wirklich. Als er das Zimmer verlassen hatte, fühlte sich alles in mir komisch an. Ich zog meine Beine so dicht wie möglich an meinen Körper und legte meinen Kopf auf meine Knie. Was war nur los mit ihm? Am Tag zuvor hatte er sich noch nicht so merkwürdig benommen. Zumindest hatte ich davon nichts mitbekommen. Es machte den Eindruck, als wäre er irgendwie ständig mit den Gedanken woanders. Am liebsten wollte ich ihn fragen, aber ich traute mich nicht. Er stritt ja schon vor den Anderen ab, dass es ihm nicht gut ging, obwohl mittlerweile selbst Crow gemerkt hatte, dass etwas nicht stimmte. Ich hatte Angst vor nachher. So, wie Kyousuke heute drauf war, hatte ich meine Bedenken, ob das heute so eine gute Idee war, sich wieder zu duellieren. Ein Klopfen an der Tür ließ mich zusammenfahren. „Ja?“ Es war zu meiner Überraschung Yuusei, der hereinkam. „Yuusei-kun?“ „Ist Kiryuu...?“, begann er, blickte sich um aber schüttelte den Kopf, als er merkte, dass Kyousuke nicht hier war. Er drehte seinen Kopf zu mir und ging zu mir. „Du hast es auch gemerkt oder?“, fragte er mich. „Was gemerkt?“, gab ich als Antwort, obwohl ich ahnte, worauf Yuusei hinaus wollte. „Kiryuu. Er verhält sich heute merkwürdig.“ Zögerlich nickte ich. „Ich weiß. Schon seit dem Aufstehen. Ich weiß nicht, was los mit ihm ist. Er kommt mir vor, als wäre er gedanklich irgendwo ganz anders...“ Yuusei setzte sich zu mir. „Das ist mir auch aufgefallen. Sonst ist er immer mit Begeisterung bei der Sache, aber heute... Ich dachte, du wüsstest vielleicht, was los ist. Ob er gestern vielleicht noch etwas gesagt hat.“ Kopfschüttelnd zuckte ich mit den Schultern. „Ich weiß jetzt, was sein größter Wunsch ist. Eigentlich war es offensichtlich, aber... Ich denke nicht, dass sein Verhalten heute etwas damit zu tun hat...“ Ich fragte mich auch, warum er bei Jacks Frage so komisch reagiert hatte. Yuusei schien kurz zu lächeln. „Du hast es herausgefunden?“ „Ich hab ihn gefragt.“ Seufzend drehte ich meinen Kopf Richtung Fenster. „Manchmal wüsste ich nur zu gern, was in seinem Kopf vor sich geht...“ „Hast du Kiryuu-kun gesehen?“ Marthas Stimme ließ mich herumfahren, als ich aus dem Bad kam. Es musste gegen 15:30 herum gewesen sein. „Äh nein.“, antwortete ich ehrlich. „Ich wollte den Kuchen nun aufschneiden, den wir gemacht haben. Ist irgendwas nicht in Ordnung mit ihm? Ihr seid doch sonst immer zusammen.“ Schulterzuckend blickte ich angespannt geradeaus. „Keine Ahnung. Ich wollte ihn eh gerade suchen gehen.“, antwortete ich knapp. Ich ging weiter, ohne mich auch noch einmal umzudrehen. Marthas Haus, dass trotz der Baufälligkeit so freundlich und charmant gewirkt hatte, ließ mich heute nichts weiter, als Kälte fühlen. Meine innere Unruhe wurde immer intensiver. Wenn ich an Kyousuke dachte, hatte ich nicht wie sonst Schmetterlinge im Bauch, sondern eher Ameisen. So ließ sich dieses Kribbeln beschreiben. Der Verdacht, dass heute noch irgendwas schlimmes passieren würde, breitete sich in mir aus wie eine quälend langsame Krankheit. Ich suchte das ganze Haus nach Kyousuke ab, aber fand ihn nirgends. Mein ungutes Gefühl schien sich zu bestätigen. Eigentlich sollte ich in so einer Situation mit den Anderen sprechen, aber ich tat es nicht. Ich wusste nicht einmal, ob es richtig war, nach ihm zu suchen. Deswegen wartete ich. Es wurde immer später. Martha hatte es aufgegeben, den Kuchen servieren zu wollen und nachdem mich Crow schon zum gefühlten hundertsten Mal gefragt hatte, ob ich wusste, wo Kyousuke steckte, hatte ich ihn so angeschriehen, dass ihm vermutlich jetzt noch die Ohren klingelten. „Wir haben gleich Siebzehn Uhr.“, sagte Jack, als wir zusammen im Wohnzimmer saßen. Er starrte schon seit Minuten stoisch die Wand mit der Uhr an. „Dann sollten wir rausgehen.“, hörte ich Yuusei murmeln. „Und wenn er nicht auftaucht?“, fragte Crow in den Raum. Allgemeines Schulterzucken. Ich hatte wieder die Angst in mir, dass etwas passiert war. Vielleicht hatte er sich auf eigene Faust mit einer Duel Gang angelegt? Aber andererseits traute ich ihm eine so große Dummheit nicht zu. Er war mutig, ohne Frage. Manchmal auch extrem stürmisch und unberechenbar. Aber er war keineswegs so dumm, sich alleine mit einer ganzen Duel Gang anzulegen. Das würde er nicht tun. Punkt siebzehn Uhr standen wir draußen. Es regnete in Strömen. Der Regen hatte die Erde matschig und rutschig werden lassen. Große Schlammpfützen hatten sich gebildet. Von Kyousuke jedoch fehlte aktuell noch jede Spur. Bis... „Da seid ihr ja! Dann kann's ja losgehen.“ Kyousukes Stimme ließ nicht nur mich, sondern auch die anderen herumfahren. Er stand vor uns. Weiß der Teufel, von wo er herkam. Seine Hose war voller Schlammspritzer und seine Haare klebten ihm nass im Gesicht. Ein Blitz erhellte den bereits dunklen Himmel. „Wo warst du!?“ Jacks Frage klang eher wie ein Befehl. „Ich hab die Gegend ausgekundschaftet. Können wir jetzt gehen?“ Er grinste zwar breit, aber man merkte deutlich, dass ihm im Grunde gar nicht nach Grinsen zumute war. Keiner fragte weiter nach. Ich denke, es war Niemandem danach, sich mit Kyousuke anzulegen. Also gab es nur ein stilles Nicken. Kyousuke nahm mich zur Seite, als wir losliefen. „Du bleibst bei mir, Ryoko-chan. Ich hab ja gesagt, ab sofort bleibst du immer in meiner Nähe. Keine Einzelaktionen oder so, verstanden!?“ Schluckend nickte ich. „V-Verstanden.“ Am liebsten hätte ich ihn angeschnauzt, weil er mit mir sprach, als wäre ich ein kleines Kind. Kyousuke nahm mein Gesicht in seine Hände. Sofort ging mir wieder die Pumpe. Gefühlt schneller als ein Rennwagen. Trotz dem Anflug von Wut in mir. „Ich will nicht, dass dir noch einmal etwas zustößt...“ Da war wieder dieser Blick. Seine weiche Stimme ließ meine Kehle trocken werden. Die Umarmung die daraufhin folgte, brachte mich dazu, zu erstarren. Nach einer gefühlten Ewigkeit ließ er mich wieder los und wir gingen weiter. Als wir Sektor W betraten, lief Crow auch gleich schon los um seine Mission als Lockvogel zu erfüllen. Yuusei und Jack folgten ihm im Anschluss. Ich bildete mit Kyousuke das Schlusslicht. Wir gingen die Hauptstraße entlang, die groß und breit durch diese Gegend führte. Der kalte Wind peitschte mir unangenehm ins Gesicht und der Regen schien noch stärker zu werden. Verschlechterte die Sicht nach vorn. Ich wollte Kyousuke die ganze Zeit fragen, was in ihm vorging, aber ich bekam kein Wort heraus. Er sah immer wieder zu mir, als fürchtete er, ich würde die Flucht ergreifen. Nach einer gefühlten Ewigkeit reagierte das Signal von Crows Duel Disk auf die unseren. „Jetzt geht’s los!“, hörte ich Kyousuke nur sagen und schon war er vorgeprescht. Ich rannte ihm nach, hatte aber Mühe, mit ihm mitzuhalten. „Kyousuke-kun!“ Unser Ziel war ein altes, leerstehendes Parkhaus. Die Treppen waren nur mangelhaft begehbar, weshalb wir die Auffahrten hoch rannten. Die oberen Stockwerke waren eingestürzt. Oben, im letzten Stockwerk, das wir so noch erreichen konnten, blieb Kyousuke stehen. Er ging langsam ins Innere und ich folgte ihm. Drinnen war keine Spur von den Anderen. Weder von Yuusei und Jack, noch von Crow. Das einzige, was wir vorfanden, war Crows zerstörte Duel Disk. Ich ging davon aus, dass es seine war. Kyousuke blieb vor ihr stehen und hob sie auf. „Was... was ist hier passiert?“, hörte ich ihn nuscheln. Ich konnte sein Gesicht nicht sehen, aber ich konnte ihn mit den Zähnen knirschen hören. Ich fragte mich selber, wo die Anderen waren. Ob Crow etwas passiert war? Ehe ich etwas sagen konnte, war Kyousuke auch schon losgelaufen. Das Parkdeck war riesig und dunkel. So wie Kyousuke heute drauf war, so unvorsichtig, das war doch sonst nicht seine Art! Er lief zwischen einigen kaputten Autos hindurch, die noch hier und da standen. „KYOUSUKE-KUN!“ Das flaue Gefühl in meinem Magen, nahm neue Dimensionen an, als ich merkte, dass ich ihn aus den Augen verloren hatte. Gehetzt rannte ich durch die Parkflure. Bis mich eine Stimme innehalten ließ. „Ryoko-chan?“ „Crow!?“ Crow kam aus einer Ecke heraus. Er hatte einige blaue Flecken und Schrammen vorzuweisen, schien aber sonst unverletzt. „Wo ist Kiryuu?“, fragte er mich aufgewühlt. „I-ich weiß es nicht! Er muss hier irgendwo sein! Was ist hier los, Crow?“ Crow schluckte. „Sie... Sie haben mir meine Duel Disk abgenommen, nachdem ich freiwillig verloren hatte, um euch herzulocken. Dann wurde ich verfolgt und musste mich verstecken. Die kämpfen mit ganz unfairen Mitteln!“ Nun musste auch ich schlucken. „Wir.. Wir haben deine Duel Disk gefunden.. sie lag ziemlich am Eingang.. Kiryuu-kun hat sie aufgehoben und ist einfach los und ich.. ich hab ihn aus den Augen verloren! Crow stampfte auf. „Das ist 'ne Falle! Hundert-pro! Wir sollten ihn suchen!“ „W-Was ist mit Yuusei und Jack?“ „Keine Ahnung! Die sollten auch irgendwo hier sein, aber scheinbar werden sie aufgehalten.“ „Dreck!“ Fluchend rannte ich wieder los. Ich musste Kyousuke unbedingt finden! Ich suchte das ganze Parkdeck ab, aber nirgends eine Spur... bis mir etwas auffiel, als ich nach oben sah. Über mir klaffte in der Decke ein riesiges Loch, wo man hoch kam, in das eingestürzte Stockwerk. Vielleicht war Kyousuke ja dort. Ich brauchte auch nicht lange zu überlegen, wie er da hochgekommen war. Direkt vor mir stand ein alter Minibus. Mit etwas Anlauf sprang ich auf die Motorhaube von diesem und kletterte auf das Dach. Crow, rief mir etwas nach, aber ich überhörte ihn. Vom Dach aus sprang ich nach oben, hielt mich am Rand fest und versuchte mich hochzuziehen. Für Kyousuke war das alles sicherlich wesentlich einfacher gewesen. Mit seinen über eins-achtzig Metern. Ich dagegen mit meinen zierlichen eins-zweiundfünfzig hatte ziemlich zu kämpfen. Keuchend hatte ich es schließlich aber dennoch geschafft, mich hochzuziehen. Das eingestürzte Parkdeck war staubig, marode und jeder Schritt, den ich vorsichtig tat, hallte noch lauter wider. Schutt und Kies knarzte unter den Sohlen meiner Stiefel. Einzeln fielen schwache Sonnenstrahlen durch die kaputte Decke. Viel war von diesem Teil des Parkhauses nicht mehr begehbar. Ich zuckte zusammen, als ich Stimmen vernahm und versteckte mich hinter einer der Säulen. Vorsichtig lugte ich um die Ecke. Da standen sie. Fünf Kerle. Alle in Etwa in Kyousukes Alter. Aber sehr viel muskulöser als er. Kyousuke war auch da, aber zu meinem Entsetzen in alles andere, als einer guten Verfassung. Zwei der Kerle hielten ihn fest, während ein anderer ihm gerade in den Magen trat. Ein weiterer hatte sich Kyousukes Deck aus seiner Duel Disk genommen und sah sich dieses seelenruhig durch. Crows Duel Disk lag auch bei ihnen. „Mhh sind ja schon ein paar nette Karten dabei...“ „Scheint, als würden deine Freunde nicht kommen, um dir zu helfen. Team Satisfaction ist wohl doch nicht so toll, wie man munkelt.“ Ich fühlte, wie die blanke Wut in mir hochstieg. Diese verdammten... Ich zog das Butterfly-Messer, dass ich dem Mädchen von Team Zombie abgeluchst hatte, aus meinem Stiefel und trat aus dem Schatten der Säule hervor. „Sagt wer!?“, fauchte ich. Die fünf Typen zuckten zusammen und auch Kyousuke hob angeschlagen, aber verblüfft seinen Kopf. „R-Ryoko....!?“ Einer der Typen fing bei meinem Anblick lauthals zu lachen an. „Ich werd' nicht mehr! Ein kleines putziges Mädchen!“ Er drehte sich zu Kyousuke um und trat gegen sein Schienbein, was meine Wut nur noch mehr entfachte. „Mehr hat dein Team nicht zu bieten? Ein kleines, schwaches Mädchen?! Mir scheint, als wären die ganzen Geschichten über das unschlagbare Team Satisfaction nichts weiter als Grütze!“ Der Typ spuckte neben Kyousuke auf den Boden. Kyousuke jedoch antwortete ihm nicht sondern sah zu mir. „Ryoko, lauf! Das war eine Falle! Ich... Ich komm allein zu recht, versuch, Jack und Yuusei zu kontaktieren!“ Ich schüttelte jedoch nur den Kopf. „Jack und Yuusei kommen sicher nicht so schnell. Und ich hab keinen Bock zu wegzulaufen!“, rief ich zurück und stürmte dann einfach auf die Typen zu. „Was willst du denn schon-“, begann einer der Typen. Offensichtlich hatte er nicht damit gerechnet, dass ich angreifen würde. Ich stürzte mich auf einen der Beiden, die Kyousuke festgehalten hatten und rammte ihm einfach das Butterfly-Messer in den Arm. Blut spritzte und ein lauter Aufschrei war zu hören. „Sie... Das kleine Biest ist bewaffnet!“ „Kyousuke-kun, lauf!“ Kyousuke konnte sich losreißen, starrte mich für ein paar Sekunden an und schlug dem Anderen, der ihn festgehalten hatte mit voller Wucht in den Magen, dass dieser in die Knie ging. „Beleidige nie wieder meine Freunde!“ Ich zog mein Messer wieder aus dem Arm meines Gegners, wich flink einem seiner Schläge aus und griff dann den Kerl an, der sich Kyousukes Deck geklaut hatte. Mein Messer landete in seiner Kniekehle und er fiel auf den Hintern. Kyousukes Karten flogen durch die Luft. Von Weitem hörte ich die Stimme von Crow und nicht nur seine, auch die von Yuusei und Jack, die zu uns kamen. Ich weiß gar nicht mehr, wie wir es damals geschafft hatten, unsere Gegner so fertig zu machen. Alles woran ich mich noch erinnere ist, dass sie schließlich alle auf einem Haufen in der Ecke lagen. Übersät mit blauen Flecken, Schnittwunden, der einen oder anderen gebrochenen Nase und Schrammen. Der Anführer hatte sich eine schöne Bisswunde am Arm von mir eingefangen, nachdem er versucht hatte, mich zu schnappen. Crow hatte Kyousukes Karten aufgesammelt und ihm diese zurückgegeben. Genauso wie seine Duel Disk. Kyousuke wankte etwas und musste von Yuusei gestützt werden und auch ich schnaufte. „Was war DAS bitte für eine saudämliche Aktion, Kiryuu!?“, fauchte Jack schließlich wütend. „Du bist doch sonst nie so unvorsichtig!“ Kyousuke rieb sich das Blut vom Gesicht, was an seinem Mundwinkel hing. „Ich... es.. Es tut mir Leid, Leute...“, nuschelte er kleinlaut. „Ich weiß... Ich weiß selber nicht, was heute los ist...“ „Wenn was ist, kannst du doch mit uns reden, Mensch. Ich dachte, wir sind ein Team!“, beklagte sich nun auch Crow. Kyousukes Blick war nur schwer zu deuten, als er uns alle ansah. Er wirkte wie ein getretener Hund. In seinen Augen konnte ich zumindest erkennen, wie fertig er war. „Tut mir echt Leid, Leute. Ich... Dürfte ich kurz, allein sein?“ Yuusei ließ ihn los. „Kiryuu...“ Kyousuke trottete los in Richtung des Ausgangs zur Auffahrt auf dieses Dach, welche mit Schutt und Geröll übersät war, wie ich von Außen bereits gesehen hatte. In diesem Moment fasste ich einen weiteren Entschluss. Ich würde endlich mutig sein und ihn fragen! So lief ich ihm einfach nach einer Weile nach. Kyousuke hatte sich auf einem der Bruchstücke, der runter gekrachten Mauer nieder gelassen, als ich ihn erreicht hatte. Das Gesicht in den Händen gestürzt, stierte er vor sich hin. Zaghaft setzt ich mich neben ihn. „Wenn du es schon nicht den Anderen sagst, dann rede wenigstens mit mir... Ich hab schon heute Morgen gemerkt, dass etwas nicht okay ist.“ Kyousuke sah auf und blickte flüchtig zu mir. „R-Ryoko-chan....“ „Ich... Ich hab gehört, wie du etwas von „Schon zehn Jahre“ oder so, vor dich hingemurmelt hast...“ „Das hast du...?“ Er schüttelte den Kopf. „Nicht so wichtig.“ „Nicht so wichtig?! Weißt du, das kotzt mich echt an! Du weißt mittlerweile voll viel über mich! Aber ich weiß kaum etwas über dich! Findest du das nicht unfair!?“, fauchte ich. Ich wusste kaum was hier passierte, was ich hier tat. Plötzlich hatte ich ihn umarmt und mir liefen wieder die Tränen hinab. „Du Idiot! Denkst du etwa, es geht dir besser, wenn du nie über deine Probleme redest!? Du bist immer noch wie ein Fremder für mich und ich will nicht, dass du mir fremd bist, weil ich.. w-weil ich mein ganzes Vertrauen in dich gesteckt habe! Ich vertraue dir, also ist es doch wohl nicht zu viel verlangt, wenn du auch....“ Ich fühlte, wie meine Tränen in sein T-Shirt sickerten, fühlte wie ich zitterte. Kyousuke rührte sich kaum und als ich meinen Kopf hob, bemerkte ich, wie völlig baff und erstaunt er mich ansah. War es denn so seltsam für ihn, dass es einen Menschen gab, der sich wirklich für IHN interessierte? „R-Ryoko-chan...“ Sprachlos drückte er mich an sich und ich fühlte, wie mein Herzschlag sich beschleunigte. „Ich... Es tut mir Leid...“, murmelte er wieder und seufzte leise. „Vor zehn Jahren... ist mir etwas ziemlich Schlimmes passiert...“, begann er plötzlich. Er holte tief Luft. Scheinbar fiel es ihm schwer, darüber zu sprechen. Ich zuckte auf. Immerhin hatte ich geglaubt, wieder nichts zu erfahren. Erstaunt und mit geröteten Augen sah ich ihn an. „Am Besten, ich erzähl dir soweit die Sachen, die ich noch weiß. Du... Du bist echt die Erste, die Etwas über mich wissen will...“ „Ich...“ Ich nickte nur. Irgendwie war ich nun doch perplex. Kyousuke stand langsam auf, ließ mich los und blickte in die Ferne. „Meine Eltern starben durch den Zero Reverse. Da war ich... Keine Ahnung, vielleicht fünf oder sechs Jahre alt. Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, wie ich diese Naturkatastrophe überlebt habe...“ Schweigend hörte ich ihm zu. Er war also echt eine Waise... Und genauso wie ich zum damaligen Zeitpunkt, hatte er noch geglaubt, dass der Zero Reverse eine Naturkatastrophe gewesen war. So wie es uns Menschen von Satellite eben damals erzählt worden war. „Ich glaub, ich bin einige Wochen alleine herumgeirrt. Hab geklaut, so wie du. Vor allem Essen. Bis mich ein Mann gefunden hat und bei sich aufgenommen hat. Er war wie ein Vater für mich. Und auch so etwas, wie mein Mentor. Er hat mir Lesen und Schreiben und auch Duel Monsters beigebracht. Hat mir gezeigt, wie ich auf der Straße überlebe. Er hat sich... Immer gewünscht, dass Satellite eines Tages ein Ort wird, wo man sich sicher und wohl fühlt. Wenn man hier aus diesem Drecksloch schon nicht rauskommt, dann sollte man sich hier wenigstens wohl fühlen können. Ein bisschen zumindest....“ „Dein Mentor? Er...“ Zaghaft stand ich ebenfalls auf und legte eine Hand auf seine Schulter. Kyousuke drehte seinen Kopf zu mir und nickte. Dann sah er jedoch wieder Richtung dunkler Horizont. Der Regen hatte aufgehört und mittlerweile glitzerten wieder Sterne am Firmament. „Er starb vor zehn Jahren. Heute vor zehn Jahren, um genau zu sein. Ich war unterwegs gewesen und als ich wieder kam, in unser Versteck, da lag er am Boden. Im sterben. Eine ziemlich brutale Duel Gang war aufgekreuzt und.. Und hatte unser Versteck überfallen...“ Ich schluckte schwer. Langsam verstand ich immer mehr den Grund, warum Kyousuke so verbissen gegen die anderen Duel Gangs kämpfte. Warum er heute so seltsam drauf war. Er hatte einen wichtigen Menschen verloren. Genauso wie ich auch. Mitfühlend umarmte ich ihn einfach. Auch wenn mein Herz beinahe zerbarst, so schnell wie es schlug. Aber ich konnte nicht anders. „Ich war damals erst zehn oder elf. Zu jung, um etwas tun zu können. Aber ich hab mir geschworen, den Wunsch meines Mentors zu erfüllen. Eines Tages, wenn ich älter bin und erfahrener. Als ich Yuusei und die anderen vor etwa einem halben Jahr oder so kennenlernte, wusste ich gleich, dass sie die Richtigen sein würden. Dass sie diejenigen sein würden, die mir helfen können und ich war so froh, dass sie sich auf Team Satisfaction eingelassen haben. Dass ich auch ihnen irgendwo helfen konnte, so wie sie mir helfen. Und ich war froh, als ich dich getroffen hab... Irgendwo... Weißt du... Irgendwo hast du mich an mich selber erinnert. Vielleicht war das im allerersten Moment der Grund, warum ich dich dabei haben wollte. Weil du auch ein Streuner warst, wie ich...“ Meinen Kopf zögerlich an seine Schulter gelehnt, lauschte ich meinem eigenen Herzschlag. Ich erinnerte ihn also an ihn selbst... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)